Es gibt Milongas, die habe ich mal sehr gern besucht. Das war vor der Zeit, als es modern wurde, auch auf lokalen, allwöchentlichen oder monatlichen Tanzveranstaltungen allenthalben zu fotografieren und anschließend auf Facebook imposante Bilderstrecken zu veröffentlichen. Den Fotografen beschert das regelmäßig viele„Likes“ und Kommentare wie „danke für die tollen Fotos“ o. ä. Diese Reaktionen dürften zeigen, dass es vielen TänzerInnen offenbar gefällt, in Nahaufnahme abgelichtet zu werden und die Bilder hernach im sozialen Netzwerk veröffentlicht zu sehen, nicht selten gar mit Namensnennung.
Leider finden sich auch diejenigen, die diese Praxis nicht schätzen und die nichts „liken“,
auf Facebook wieder. Und es sind, auch das soll hier erwähnt werden, auf den Fotos auch solche Personen zu sehen, die gar nicht auf FB sind und demnach gar nicht wissen, dass ihr Bild veröffentlicht ist.
Spätestens hier dürfte jeder merken: Das ist heikel.
So geht es nicht.
Um es vorweg klar zu machen: Es geht nicht darum, dass nun niemand mehr fotografieren sollte. Günstig indessen wäre, wenn jeder, der bei Milongas o. ä. den Fotoapparat bedient, weiß, was er tut, wenn er die Linse scharf stellt für Close ups und anschließend die Nahaufnahmen ohne vorherige Zustimmung der Betroffenen veröffentlicht.
Wir befinden uns nämlich schon beim Fotografieren einer Person auf dem glatten Parkett der Persönlichkeitsrechte. Dieses Bündel von Rechten dienen dem Schutz der Persönlichkeit vor Eingriffen in deren Lebens- und Freiheitsbereich. Zu den Persönlichkeitsrechten gehört das Recht am eigenen Bild. Das Foto von einer Milonga, auf der eine oder mehrere Personen gut erkennbar abgebildet sind, unterliegt diesem Recht am eigenen Bild. Das Recht am eigenen Bild ist eine besondere Ausprägung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts. Es besagt, dass jeder Mensch grundsätzlich selbst darüber bestimmt, ob überhaupt und in welchem Kontext Bilder von ihm veröffentlicht werden.
Um aufzuzeigen, wie viel Fingerspitzengefühl und, ja, auch eine solide Kenntnis der Rechtslage im Umgang mit dem Recht am eigenen Bild, vonnöten ist, wenn man auf Milongas, bei Encuentros, Marathons etc. knipst und anschließend die Ergebnisse, nicht selten hundert und mehr Fotos, im sozialen Netzwerk veröffentlicht, soll hier kurz der juristische Aspekt in aller Kürze dargestellt werden.
Man mag das „Gewicht“ des Rechtes am eigenen Bild übrigens schon daran erkennen, dass es seinen Ursprung im Strafrecht hat und der Verstoß bis heute strafbewehrt ist, im äußersten Fall mit Freiheitsstrafe.
Die Rechtsgrundlage für das Recht am eigenen Bild bildet das Gesetz betreffend das Urheberrecht an Werken der bildenden Künste und der Photographie kurz: Kunsturheberrechtsgesetz (KunstUrhG) vom Januar 1907. Bis heute relevant sind dessen §§ 22, 23, 24 sowie die Strafvorschrift in § 33.
Auch wenn es etwas mühsam und wenig unterhaltsam ist, sollen hier die drei Herzstück bildenden Paragraphen aufgeführt werden – um zu zeigen, wie streng der Gesetzgeber es nimmt mit dem Recht am eigenen Bild. Und wie scharf das Schwert der Sanktion mit § 33 ist.
Vielleicht irgendwann am Eingang der Milonga? Fotografieren verboten! (Bildnchweis: Wikipedia) |
§ 22 KunstUrhG bestimmt:
§ 23 KunstUrhG zählt Ausnahmen auf:„Bildnisse dürfen nur mit Einwilligung des Abgebildeten verbreitet oder öffentlich zur Schau gestellt werden. Die Einwilligung gilt im Zweifel als erteilt, wenn der Abgebildete dafür, dass er sich abbilden ließ, eine Entlohnung erhielt. Nach dem Tode des Abgebildeten bedarf es bis zum Ablaufe von zehn Jahren der Einwilligung der Angehörigen des Abgebildeten. Angehörige im Sinne dieses Gesetzes sind der überlebende Ehegatte oder Lebenspartner und die Kinder des Abgebildeten und, wenn weder ein Ehegatte oder Lebenspartner noch Kinder vorhanden sind, die Eltern des Abgebildeten.“
§ 24 KunstUrhG betrifft die Zulässigkeit von Fahndungsfotos.
- (1) Ohne die nach § 22 erforderliche Einwilligung dürfen verbreitet und zur Schau gestellt werden:
- Bildnisse aus dem Bereiche der Zeitgeschichte;
- Bilder, auf denen die Personen nur als Beiwerk neben einer Landschaft oder sonstigen Örtlichkeit erscheinen;
- Bilder von Versammlungen, Aufzügen und ähnlichen Vorgängen, an denen die dargestellten Personen teilgenommen haben;
- Bildnisse, die nicht auf Bestellung angefertigt sind, sofern die Verbreitung oder Schaustellung einem höheren Interesse der Kunst dient.
- (2) Die Befugnis erstreckt sich jedoch nicht auf eine Verbreitung und Schaustellung, durch die ein berechtigtes Interesse des Abgebildeten oder, falls dieser verstorben ist, seiner Angehörigen verletzt wird.
§ 33 KunstUrhG ist eine Strafvorschrift
- (1) Mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer entgegen den §§ 22, 23 ein Bildnis verbreitet oder öffentlich zur Schau stellt.
- (2) Die Tat wird nur auf Antrag verfolgt.
Wer sich durch den obigen, etwas sperrigen Gesetzestext gearbeitet hat, wird mühelos erkennen, wie eng die Grenzen schon allein für das Fotografieren einer Person ohne deren ausdrückliche Einwilligung sind.
Da TänzerInnen bei Milongas fraglos nie das -um den im Gesetz verwendeten Begriff zu verwenden- Beiwerk der Veranstaltung noch Milongas im Sinne des Gesetzes Versammlungen sind, müssten, um dem Gesetz Genüge zu tun, sämtliche dort Versammelten nach ihrem Einverständnis befragt werden, bevor sie auch nur fotografiert werden.
Sie müssten erst recht befragt werden, bevor Fotos von ihnen im sozialen Netzwerk veröffentlicht werden. Die von Fotografen eingeräumte Option, auf Wunsch nachträglich bereits veröffentlichte Fotos zu entfernen, ist juristisch völlig irrelevant und wohl eher eine Art persönliche Beruhigungspille für den Fotografen. Zumal inzwischen jeder wissen dürfte, dass nachträglich auf FB entfernte Fotos zwar nicht mehr sichtbar, aber für FB durchaus noch, ebenso wie einmal überlassene persönliche Daten, verfügbar sind.
Besonders erstaunlich ist, dass von Veranstaltern von Marathons, Encuentros etc bestellte professionelle Fotografen, die sich von Berufs wegen mit dem Recht am eigenen Bild bestens auskennen müssten, damit offenkundig sorglos hantieren, indem sie noch während laufender Veranstaltung oder nach deren Ende wahre Fotoschlachten auf Facebook entfesseln. Erklärlich ist das wohl nur mit der Überzeugung, dass die allermeisten Abgelichteten ganz begeistert sind und sich wahrgenommen fühlen, wenn Fotos von ihnen im Veranstaltungskontext veröffentlicht werden. Es zeigt indessen auch einen beklagenswerten Mangel der Fotografen an Respekt denjenigen gegenüber, die diese Form vermeintlicher Aufmerksamkeit nicht wünschen. Und da sind wir noch nicht bei der Rechtslage. Denn diese ist, siehe oben, ja eindeutig und verbietet ungefragtes Veröffentlichen ohne Einschränkung.
Nun könnten Freunde des spontanen Fotografierens womöglich argumentieren: Wenn es den meisten Freude macht, sollen doch die wenigen Miesmacher, die nicht fotografiert werden wollen, denen nicht den Spaß verderben. Hört sich locker an, ist aber mit dem Recht am eigenen Bild jedes Einzelnen von uns nicht vereinbar. Persönlichkeitsrechte sind keine Party und nicht verhandelbar.
Kein Veranstalter kann und möchte verbieten, dass auf seiner Milonga, seinem Marathon, Encuentro etc. fotografiert wird. Muss er auch nicht, weil er rechtlich nicht in der Pflicht ist. Das sind einzig und allein die Fotografen, ganz gleichgültig ob Hobbyisten, Semiprofis oder Profis. Wenn sie sich jedesmal, wenn sie den Fotoapparat hoch halten, klar machten -hunderttausend „Likes“ hin, große Lobeskommentare auf Facebook her, dass sie mit den Persönlichkeitsrechten der Anvisierten spielen, dann macht es vielleicht bei dem einen oder anderen „klick“ und er/sie verzichtet lieber auf das Foto. Am Ende sind fast alle Bilder von Milongas, Encuentros, Marathons ohnehin austauschbar und ewig gleich.
Eine interessante und rechtlich unbedenkliche Fotografiervariante ist die Selfie-Box, wie sie unlängst bei einem Encuentro aufgestellt war, eine Art moderner Foto-Fix-Apparat für Selbstporträts. Wer sich selbst davor placiert, in ernster, witziger, origineller Pose, womöglich mit Freund und/oder Freundin, weiß, was er tut, alle wissen, was sie tun. Soll das so entstandene Foto auf Facebook veröffentlicht werden, müssten freilich alle darauf Abgebildeten zuvor zustimmen.
74 Anmerkung(en):
Ja, wurde Zeit, das einmal zu sagen. Soviel ich weiß, war es zumindest in früheren Zeiten (bevor die Touristen kamen)in den
klassischen Milongas in Buenos Aires nicht erwünscht,ungefragt die Leute zu fotografieren. Bei uns knipst man fleißig drauflos.
Obwohl ein natürliches Gefühl (so man noch hat) einem doch sagen müsste, dass das insbesondere in einer vertraulichen Atmosphäre wie einer Tango-Milonga (naja, manchmal schwebe ich mit meiner Tanz-Partnerin schon auf Wolke7)ein Tabu-Bruch ist.
Es ist doch ganz klar,dass man die einzelnen Personen zuvor um Erlaubnis fragt oder z.B. öffentlich ansagt, dass jetzt im Verlauf der nächsten Tanda jemand fotografiert.
Danke für das Ansprechen des Themas!
ergänzender Hinweis auf eine Arbeitshilfe Datenschutz Nr.
2 „Bildrechte, Fotos
und Lizenzen in der Praxis“, die Hinweise zum rechtskonformen Umgang mit Bildmaterial bei Veröffentlichungen in Print- oder Onlinemedien gibt:
http://www.thm.de/datenschutz/images/stories/arbeitshilfe-datenschutz-2-bildrechte-fotos-lizenzen-in-der-praxis.pdf
Danke für den Artikel. Wenn ich etwas in der Milonga sage, dann ernte ich nur Hohn und Spott. Es beruhigt mich, dass ich nicht die einzige bin, die das "Abschießen" stört.
in dem Fall volle Zustimmung. Auch ich habe ich kein FB Account, und höre immer wieder ich sei auf FB zu sehen, diesen Paparazzies gehört ein Boleo auf die Kamera. Da sollten die Codigos kurz ausser Kraft treten. Es sollte der Veranstalter sein der hier agieren muesste, beim Eintritt an der Kasse Fragen, dann dem Fotografen sagen, ok oder nicht.
Gruesse Bert
Ein absurder Beitrag, der die wahren Gründe für Photophobie verschweigt. Natürlich ist eine Milonga eine Versammlung und an einer Milonga nehmen Personen teil. Daher darf man dort photografieren. Probleme mit Photos von Milongas haben nur Tänzer, die ihrem Partner verschweigen, daß sie tanzen gehen.
http://www.rechtambild.de/2011/08/fotorechtliche-probleme-bei-der-event-und-partyfotografie/
erklärt es ganz gut.
an Anonymous 19:00
"Wichtig ist jedoch, dass der Vorgang an sich abgebildet werden soll und der Fokus nicht auf einzelnen Personen liegt."
Heisst keine Paarabbildungen
gruesse Bert
Der Beitrag war überfällig und ist noch immer vonnöten, dass sich Veranstalter wie auch Fotografen an Milongas überlegen, was sie denn tun. Überfällig deshalb, weil das Thema längst diskutiert ist im Bereich der Social Media und weil ich beobachte, dass seit einigen Monaten viel weniger Fotos auf Facebook von Milongas und Tänzern gepostet wird und noch weniger getaggt wird. Das scheint an Attraktivität verloren zu haben.
Danke Anonym mit dem 'ergänzenden Hinweis', das ist klar dargestellt was der Gesetzestext meint.
Anonym 'absurder Beitrag' sollte den unbedingt anschauen. Es stimmt nicht, dass ein fotografierter Tänzer einfach wegen seinem Partner nicht gesehen werden will. Da gibt es tausend Gründe. Ich selber beobachte mich, wenn ich solche Fotos anschaue, wie ich nur darauf schaue: wer war da von meinen Bekannten? warum kommt dieser da, der immer so positiv ist, nicht an meine Milonga? hat diese da nicht gesagt, sie wäre krank und könne nicht? aha, der tanzt mit dieser, über welche er immer so schnödet!
Es gibt wunderschöne Fotos von Tanzpaaren an Milongas. Mir persönlich gefallen die Fotos generell und auf FB - ich gebe es zu - bin ich armer schüchterner Egozentriker stolz, wenn ein Foto von mir und einer schönen Frau, die nicht die meine ist, abgebildet werden. Aber das gilt nicht für alle - merkts euch, Ihr Fotografen!
Danke für diesen Beitrag !
Nur die Vorstellung das da von mir Fotos bei FB rumgeistern, hat mich geschockt, denn auch ich habe keinen Account und kann nichtmal aktiv werden, so ich wollte.
Neulich sah ich sogar jemanden filmen auf einer Milonga und habe überlegt, sag ich jetzt was oder lass ich es bleiben !?
Der Beitrag hier hat mich nun, wenn auch erst im Nachherein dazu ermunter das nächstemal etwas zu sagen, denn ich möchte definitiv auf gar keinen Fall auf so einem Film landen !!! Und auch fotografiert werden, ohne mein Wissen, mein Einverständnis möchte ich nicht mehr !
Ich denke auch das ein Teil der Verantwortung beim Veranstalter liegt, unabhängig von der rechtlichen Verantwortung die beim Fotografen liegt. Zumindest sollte der Veranstalter ein Auge drauf haben und die Fotografen ansprechen und auch seine Gäste mal dazu befragen.
Als Tänzer/in bekommt man nicht so gut mit wer einen da gerade fotografiert und außerdem habe ich wenig Lust auf einer Milonga diejeniegen zu suchen, die einfach drauflos fotografieren, um sie darauf hinzuweisen, dass ich auf ihren Fotos nicht erscheinen möchte !!! Das empfinde ich als Zumutung, wenn ich ehrlich bin.
Ich finde es immer ein wenig schwierig, mich zu Gastbeiträgen zu äußern. Üblicherweise versuche ich mich zurück zu halten. An dieser Stelle möchte ich jedoch einige erweiternde Überlegungen teilen.
Zunächst: Es geht nicht um ein Verbot des Fotografierens im Tango. Für meine Begriffe geht es, und so habe ich auch Felix verstanden, um die Berücksichtigung elementarer Persönlichkeitsrechte, die durch entsprechende gesetzliche Regelungen geschützt sind. Im Netz findet man von einer aktuellen Veranstaltung (Anfang des Jahres) eine Bilderstrecke von über 500 Fotos. Gefühlte 80 - 90 % der Bilder sind CloseUps. Unabhängig von der sehr persönlichen Frage, ob man solche bildfüllenden Portraits von sich mag oder eben nicht, stellt sich die Frage nach der Motivation. Was treibt Fotografen an, solche Bilder zu machen und was veranlasst Fotografen und Veranstalter, solche Bilder zu veröffentlichen? Für mein Empfinden haben diese Portraits wenig mit Tango zu tun. Wenn ich also nachfühle, warum solche Strecken veröffentlicht werden, dann bleibe ich immer wieder bei dem Moment der Werbung für diese Veranstaltung stecken. Da wird für mein Empfinden mit der Brechstange nachgeholfen, die Veranstaltung zu hypen.
Es geht mir (und so verstehe ich auch den Beitrag von Felix) nicht um das Erinnerungsphoto mit dem SmartPhone oder mit einer kleinen digitalen Kamera. Es geht um die Fotos, die mit DSLRs in Verbindung mit sehr langen Brennweiten (äquivalent Kleinbild ab 130mm aufwärts) meist von ambitionierten Amateuren oder Profis erstellt werden.
Unabhängig von der Frage, ob nun obiger Gastbeitrag absurd ist oder nicht. Es geht schlicht um die Rechtslage und die lässt m.E. wenig Spielraum für persönliche Auslegung. Solche Bilder sind ein klarer Eingriff in die Persönlichkeitsrechte und unterliegen gesetzlichen Regelungen, die wenig bis gar keinen Platz für individuelle Deutungen lassen.
Dabei gibt es für meine eigenen Vorbehalte zwei wesentliche Gründe. Zum einen mag es Menschen geben, die - aus welchen Gründen auch immer - es nicht mögen, wenn von ihnen Großaufnahmen angefertigt und in der Folge veröffentlicht werden (die Gründe für eine solche Einstellung können vielfältig und höchst subjektiv sein; sie sind in letzter Konsequenz ohne Belang - das Gesetz spricht eine deutliche Sprache). Andererseits können manche Fotografen auch furchtbar stören. Das Wegklappen des Spiegels bei digitalen Spiegelreflexkameras macht hörbar Lärm und ist geeignet, Tänzerinnen und Tänzer aus der Konzentration zu reißen (ich vergleiche das gerne mit großflächigen Spiegeln in der Milonga - nach meiner Wahrnehmung ist es fast immer bemerkbar, wenn eine Partnerin während einer Tanda in den Spiegel schielt, die Ablenkung durch das Klappern des Spiegels einer Kamera ist m.E. vergleichbar, nur ist das eine akustische Beeinträchtigung, die von außen kommt).
Eine weitere Frage, die jetzt nichts im Kern mit der Rechtslage zu tun hat, ist die Frage nach der repräsentativen Auswahl. Nach meinem Verständnis sollte eine Bilderstrecke eine Geschichte erzählen. Größenordnungsmäßig würde ich behaupten, 12 bis 15 Bilder (in Ausnahmefällen vielleicht auch 20) erzählen die Geschichte einer Milonga. Ein Tango-Wochenende kann in 30 - 50 Bildern erzählt werden. Nach meinem Verständnis ist es Aufgabe des Fotografen, aus der Bilderflut eine Auswahl heraus zu suchen, die die Geschichte der Veranstaltung erzählt. Dabei sind Aufnahmen vom Tango im Raum (der vielleicht sogar besonders schön ist) immer aussagekräftiger als bildfüllende Portraits von mehr oder weniger verzückten Teilnhemern. Und noch eine persönliche Einschätzung: Ich denke, sorgfältig komponierte Fotos mit einer leichten Weitwinkel-Festbrennweite (vielleicht 35mm äquivalent KB) sind immer schöner als „Abschüsse° mit dem 70-200er Tele-Zoom.
[2 von 2 | 4096-Zeichen-Sperre] Ich habe in der Vergangenheit verschiedenste Interaktionen mit diesen digitalen Jägern gehabt. Wie im oben verlinkten Artikel (Ewald der Eventfotograf) beschrieben, stelle sich ein Fotograf auf die Tanzfläche um an die besten Bilder zu kommen. In einem anderen Fall baute sich ein sehr ambitionierter Amateur bei einer Veranstaltung an der Ecke der Tanzfläche auf und fotografierte jedes vorbeikommende Paar. Im Rahmen der Möglichkeiten habe ich versucht durch leichtes Kopfschütteln zu signalisieren, dass ich nicht fotografiert werden möchte, er grinste mich frech an, zielte mit seinem Monster-Tele und fertigte per Serienauslösung eine Strecke an. Später am Abend habe ich diesen Fotografen angesprochen und er klärte mich auf, dass er die Rechtslage kenne und ich keine Ahnung hätte. Eine Intervention beim Veranstalter blieb erfolglos.
Zusammengefasst: Niemand wird etwas gegen ein paar persönliche Erinnerungsfotos haben und Gruppenfotos am Schluss einer Veranstaltung sind i.d.R. ebenfalls unbedenklich. Jeder/jedem sollte klar sein, was passiert, wenn ein solches Bild vorbereitet wird (die Gruppe sortiert sich, der Fotograf justiert die Kamera auf dem Stativ etc.). Bei den Strecken von bildfüllenden Portraits während des Tanzens (möglicherweise anschließend in Adobe Lightroom digital aufgemöbelt) könnte ein Umdenken angezeigt sein.
Die Konsequenz aus dem Beitrag kann nur sein: nicht fotografieren. Das stößt aber die große Mehrheit vor den Kopf, die die Fotos will. Es hat sogar Beschwerden gegeben von Leuten, die nicht auf den Fotos waren, sie verlangten nach einem "professionellen" Fotografen, der ungeachtet der persönlichen Freundschaft zu den abgebildeten einfach alle gleichmäßig fotografiert.
Das kann nur dazu führen, dass es Milongas mit Fotos und welche ohne gibt, als ob wir nicht schon genug Spaltungen im Tango hätten.
Wenn die Fotografen ein wenig Rücksicht beim Fotografieren und bei der Auswahl üben würden, und die anderen die Kirche im Dorf lassen würden, wäre es doch einfacher.
Es gibt bei FB viele Möglichkeiten, die Verbreitung der Bilder zu steuern, das einfachste ist Löschen, und das ist wirklich gelöscht, zumindest für 99% der normalen Nutzer. Man kann auch seinen Namen entfernen, oder verhindern, dass das Bild in der eigenen Timeline erscheint.
Ich kann @chamuo nur zustimmen. Das Fotografieren hat neben den rechtliche mindestens eine soziale und emotionale Seite. Der Beitrag hat uns an unsere Rechte erinnert (ich denke jede Europäer, sollte sie kennen) und die Rechtslage (wenn auch nur sehr oberflächlich) dargestellt - dafür vielen Dank. Ja, es stimmt - jeder der auf der Milonga ohne Model Release (individueller Vertrag über Rechte und Pflichte zw. Fotograf und Model) fotografiert, bewegt sich auf dünnen Eis. Es ist auch klar, jeder der Fotots auf Facebook (oder einen andere Social Network) postet gibt ein nicht unerheblichen Teil der Rechte auf den Fotos an Facebook ab. Und nicht zuletzt - es gibt Tänzer, die sich durch das Fotografieren gestört fühlen - das muss man respektieren.
Ich finde, der Versuch Fotografieren auf eine Milonga zu untersagen nicht fair. Das Vorschlag von @casiel, nur Fotos mit Erinnerungswert (mit Handy) und Errinerungsbilder in Gruppenformt zu zulassen kann ich nicht akzeptieren - Fotografieren ist für mich wesentlich mehr.
Leider habe ich auch keinen vernünftigen Vorschlag, wie man diese Konflikte lösen kann. Da unter Fotografen diese Thema seit mehr als 30 Jahre diskutiert wird (z.Bsp. bei der sog. Street Fotografie), erwarte ich auch nicht, dass diese Diskussion zu einen solchen führen wird. Und über Tipps und Tricks beim Fotografieren (Brennweite, mit oder ohne Blitz, Kameratyp) werde ich hier auch nicht diskutiere - das hat mit Tango wirklich nichts zu tun.
Chamuyo: Vielleicht haben wir verschiedene Texte gelesen. Zitat Felix:
"Um es vorweg klar zu machen: Es geht nicht darum, dass nun niemand mehr fotografieren sollte. Günstig indessen wäre, wenn jeder, der bei Milongas o. ä. den Fotoapparat bedient, weiß, was er tut..."
und Zitat Cassiel:
"Zunächst: Es geht nicht um ein Verbot des Fotografierens im Tango. Für meine Begriffe geht es, und so habe ich auch Felix verstanden, um die Berücksichtigung elementarer Persönlichkeitsrechte, die durch entsprechende gesetzliche Regelungen geschützt sind."
Wie kommst Du dann zu der Folgerung: "Die Konsequenz aus dem Beitrag kann nur sein: nicht fotografieren. Das stößt aber die große Mehrheit vor den Kopf, die die Fotos will."?
Wir kommen um die rechtlichen Bestimmungen nicht herum. Da können wir lange diskutieren. Die von Cassiel geschilderten Vorfälle sind glaubhaft, ähnliches habe ich auch erlebt. Nun die Diskussion zu verkürzen und auf die Frage Fotografieren ja oder nein zu reduzieren halte ich für nicht zweckdienlich.
Swetoslaw: Die Schilderung der rechtlichen Seite mag knapp ausgefallen sein aber deutlich (schau doch mal bei Wikipedia, da stehts genauso). Nun wird es etwas hart, es ist unerheblich, was fotografieren für Dich ist sobald die Persönlichkeitsrechte von Milongabesuchern beeinträchtigt werden. Da spätestens muß ein Kompromiss gefunden werden. Die Anregungen von Casseil zu diesem Thema sind ein erster Schritt.
@B.G. selbstverständlich, ist es unerheblich, was fotografieren für mich bedeutet. Ich wollte nur klar stellen, dass ein Kompromiss, wahrscheinlich nicht möglich ist. “Ein bisschen” Fotografieren mit reglementierte Motive führt zu Verletzung andere Grundrechte, so dass der Ausweg einen Fotografieverbot auf Milongas bedeutet. Ob damit Veranstalter und Milongabesucher erfreut werden, kann ich nicht beurteilen. Für mich wäre das kein großes Verlust - ich habe noch nie Fotos aus einer Milongas kommerziell verwertet :)
Kommentator Bird sprach über das Filmen und für mich ist ein Video in der Milonga nicht so schlimm wie die nervigen Teleobjektive. Bei einem Video liegt der Schwerpunkt eher bei verschiedenen Paaren und nicht hauptsächlich auf einem Gesicht. Deswegen stört es mich nicht so.
die Gesetzeslage zu diskutieren, macht für einen Lösungsansatz keinen Sinn. Darauf hat ja auch schon Bird hingewiesen. Wie Felix schreibt: Persönlichkeitsrecht sind nicht verhandelbar. Es scheint eine gewisse Anzahl von Tänzern und Tänzerinnen zu geben, denen es nicht angnehm ist, fotografiert zu werden, erst recht, wenn Fotos von und mit ihnen später veröffentlicht werden. Ebenso wenig wie ein bisschen schwanger geht, geht auch nicht Persönlichkeitsrecht light, etwa: nur ein paar Bilder mit Leuten, die es nicht mögen,nur ein Video o. ä. Ein Kompromiss könnte sein: Auf einer Milonga wird nur "nach Ansage" fotografiert - für eine, zwei, drei Tandas. Wer nicht wünscht, dass Fotos von ihm gemacht werden, bleibt halt sitzen. Es sollte dann selbstverständlich sein, dass Fotografen nur Leute auf der Tanzfläche ablichten und keine von den sitzenden. Sollte sich herausstellen, dass bei solchen "angesagten" Tandas die meisten Leute sitzen bleiben, wäre das doch eine unübersehbare "Abstimmung mit den Füßen" - oder mit dem Sitzfleisch.
Hi S.B.
ich möchte auf gar keinem fremden Rechner landen ohne gefragt worden zu sein und kann mir nicht vorstellen, dass das erlaubt ist, selbst für sog. private Nutzung.
an @
dass das Filmen eher größere Gruppen betrifft stimmt so nicht unbedingt. Besagte Person von der ich sprach, hat Aufnahnem von Ihrer Freundin gemacht. Ob der Tanguero gefragt worden ist, keine Ahnung. Und wer sagt mir denn, was wer wie sorgfällitg fotographiert oder filmt ? Ich habe wenig Lust demnächst, sollte das mehr werden, auf Milongas die jeweiligen Fotografen oder Filmer zu suchen, um zu sagen, dass ich auf ihren Rechnern nicht erscheinen möchte, geschweige denn anderswo.
Würden die Menschen sorgfältig mit diesem Thema umgehen und fragen, wäre dieser Beitrag nicht erschienen. Das ich auf einem Bild mit mehreren Personen, einer Art Gruppe erscheine, dagegen, wenn es ein Einzelfall ist sage ich nichts, selbst bei einem Film.
Die 1 Tanda-Lösung, zum Filmen oder Fotografieren, finde ich keine schlechte Idee. Zwei bis drei Tanden, dass finde ich hingegen wesentlich zu lang ! Das würde mich ja für fast eine dreiviertel Stunde von der Tanzfläche fern halten. Finde ich, steht in keinem Verhältnis zum Wunsch derer die gerne fotografieren und derer die gerne fotografiert werden wollen.
Ich finde das 1-Tanda Regel auch gut und praktikabel. Ich selbst, praktiziere es auch. Ich habe folgendes aus Fotografen/Paparezzie-Sicht überlegt: bei Milonga und Vals ist eine vernünftige Fotografieren fast unmöglich - die Paare bewegen sich zu schnell um richtig zu fokussieren. Nach eine Milonga/Vals-Tande kommt meistens eine ruhigeres Tanda. Deswegen baue ich mich am Ende das Vals/Milonga-Tanda auf und mache ein Paar Probeaufnahmen. Da ich relativ groß bin und keine Tele verwende, können mich alle Tanzende sehen und verstehen, dass ich jetzt fotografiere. Dann fotografiere ich die nächste Tanda. Es reicht vollkommen - während eine Tanda (ca. 15 min) mache ich so viele Fotos, dass es für eine Strecke von 12-15 Bilder reicht.
Und noch ein Tipp habe ich für die Führende. Ich praktiziere es wie auf die Tanzfläche - vor jede (Serien-) Aufnahme suche ich den Blickkontakt mit den Führenden im Paar. So weiß er, dass ich jetzt fotografiere und hat die Möglichkeit durch eine Gäste mir eine Einwilligung zu erteile oder nicht. Ich gebe zu, es klappt nicht immer und mir ist bewusst, dass diese Kommunikation eine Störung darstellen kann, ist aber besser als gleich losschießen.
Bislang dachte ich, ich wäre allein. Es gibt doch noch Überraschungen. Eine Frage hätt´ ich dann allerdings noch, wer ist denn nun in letzter Konsequenz verantwortlich. Der Photograph oder der Veranstalter?
Steht im Text: verantwortlich ist immer und ausschliesslich der Fotograf.
Der Fotograf ist dafür verantwortlich, dass er sich zwei Einwilligungen von den “Model” einholt: 1. dafür, dass er Fotos erstellen darf und 2. dafür, dass er die Fotos verwerten darf, schreib auf Facebook veröffentlichen. Selbstverständlich muss das vor den Fotografieren stattfinden. Der Veranstalter kann lediglich das Fotografieren auf der Veranstaltung untersagen.
Ich glaube nicht ernsthaft, dass ein Veranstalter das 1-Tanda Regel durchsetzen kann/will - das muss jeder Fotograf selbst entscheiden.
Ich sehe Veranstalter insofern auch ein wenig in der Pflicht, als sie natürlich durch ihr Verhalten Fotografen zur Zurückhaltung oder zum aggressiven Knipsen ermuntern. Deswegen sehe ich -fernab von allen rechtlichen Überlegungen- Veranstalter auch in der Pflicht.
Mir scheint so, dass die Diskussion allmählich abflacht, deswegen erlaube ich mir einige Gedanken aufzuschreiben. Wie einige wissen und andere schon bemerkt haben stehe ich auf die andere Seite der Linse. Trotzt dem ist mir wichtig, die Meinung der fotografierten Tänzer zu kennen.
Man kann das Thema (fotografieren auf eine Milonga) aus verscheiden Seiten betrachten und einen Zugang suchen. Die soziale Seite wäre mindestens so spannend wie die emotionale. Die rechtliche Seite ist für mich problematisch. Wir alle sind keine Experten auf diesem Gebiet und unser Rechtsempfinden unterscheidet sich erheblich von der Rechtsprechung (alle gültige Urteile, die die o.g. Paragraphen deuten). Das führt zu Schlussfolgerungen, die in der Praxis nicht haltbar sind.
Folgende Vorgehensweise wäre denkbar:
Da jeder weiß, dass auf Tangoveranstaltungen (lokale Milongas nehme ich jetzt raus - dort kennen sich die Tänzer und können jedes Problem allein aushandeln) fotografiert wird und das Fotograf gut sichtbar an der Rand der Tanzfläche steht, kann man von eine implizite Erlaubnis zum Fotografieren ausgehen. Die Tänzer, die aus bestimmten Gründen nicht fotografiert werden möchten, können das ausdrücklich kundtun - eine kleine Geste beim Tanzen ist völlig ausstreichend. Der Fotograf muss diese bemerken können/wollen.
Tänzer, die auf Facebook & Co. angemeldet sind, wissen, dass Fotos von ihm veröffentlicht werden können (s. z.Bsp. AGB von Facebook). Ergo - ich kann als Fotograf nur diejenige um Einwilligung bitten, die nicht auf die Social Networks aktiv sind. Die FB-Teilnehmer können jederzeit der impliziten Einwilligung, die bei der Anmeldung auf Facebook zustande gekommen ist, widersprechen und ich muss dann die Fotos löschen (das geht und die Fotos werden auch wirklich gelöscht).
Ist diese Vorgehensweise rechtlich unbedenklich? Auf keinen Fall. Sie reduziert aber das Konfliktpotenzial auf einen Minimum.
Ist diese Vorgehensweise von einem “nicht professionellen” Fotografen machbar? Ich denke nicht.
Tangotypisch ist das Fotografieren auf eine Milonga stets ein Geben und Nehmen. Als Tänzer verzichtet man nicht auf ein Persönlichkeitsrecht, sondern willigt die Verarbeitung und das öffentliche zur Schau Stellung seiner Abbildung (auch implizit und nicht schriftlich) ein. Dafür bekommt man (hoffentlich) schöne Fotos, die bestimmte soziale "Vorteile" und auch Freude bringen. Als Fotograf verzichtet man auf das Recht die hergestellten Bilder zu vermarkten und bereitet (hoffentlich) positive Emotionen bei den Fotografierten. Oder auch nicht... Man setzt sein Persönlichkeitsrecht auf dem eigenen Bildnis durch und verklagt den Fotografen. Die wenigsten Fälle landen vor Gericht und die Klagen enden meistens mit einer Abmahnung und mit einen Verbot die Bilder zu verwerten. In Gegensatz zu einige Meinungen befinden wir uns nicht in der wesentlich härtere Paparazzi-Gesetzgebung - "Gesetz zum verbesserten Schutz der Intimsphäre" bzw. §201a StGB. Ich empfinde es als unfair, fotografierende Leute als Paparazzi zu bezeichnen - es ist eine reglementierte Bezeichnung und sie trifft in diesen Fall nicht zu. So oder so - der Fotograf zieht den Kürzeren, im Deutschland - im Frankreich, Italien und England sieht es ein wenig anders aus.
Ich bin aus diese Diskussion bis jetzt nicht schlauer geworden und bedauere sehr, dass überwiegend Verfechter des “Rechts an eigene Bildnis” (das war jetzt nicht abwertend gemeint) diskutiert haben. Aus meiner Praxis weiß ich, dass es auch viele Tänzer entzückt sind ästhetisch hochwertige Fotos zu sehen, ja Fotos, die eine Geschichte erzählen, wie @cassiel eine Fotoserie bezeichnete. Alle andere muss ich respektieren.
Lieber Swetoslaw Beltschew!
Es ist ja sehr nett, dass Du Dir komplexe Gedanken zum Thema machst. Letztendlich läuft es aber doch darauf hinaus, dass Du wie gehabt weitermachen willst. Wer Deine Kamera nicht gesehen hat(soll ja beim Kopf-an-Kopf-Tanzen beim Tango vorkommen)und also unaufmerksam kein Zeichen gab, kann locker fotografiert/gefilmt werden. Letztendlich kann er dann ja noch bei Facebook und Co. sein Veto einlegen. Alles easy! Du drehst hier einige soziale Muster auf den Kopf! In der sozialen Pflicht bist Du hier - nicht die Milonga-Besucher!
Es hilft nichts. Da müssen wir doch noch einmal genauer hinschauen. Lieber Sweti, vielen Dank für Deine engagierten Beiträge aus der Sicht eines Fotografen. Ich achte Deine Bemühungen, in der Sache eine Lösung zu finden, aber so wie Du es in Deinem letzten Kommentar dargestellt hast, kann es m.E. nicht gehen. Deswegen schreibe ich noch einmal. Freilich kann man einwenden, dass ich auch keine praktikable Lösung präsentieren kann. Wir müssen also weitersuchen.
Aber vielleicht gehe ich im Einzelnen auf Deinen Text ein. Du schreibst:
„Wir alle sind keine Experten auf diesem Gebiet und unser Rechtsempfinden unterscheidet sich erheblich von der Rechtsprechung (alle gültige Urteile, die die o.g. Paragraphen deuten).“
Ich bin da anderer Meinung. Auch wenn der alte Spruch: „Vor Gericht und auf hoher See ist man in Gottes Hand.“ natürlich nach wie vor gilt, ich finde, wir haben das Privileg in einer Gesellschaft zu leben, die klare Regeln (u.a. in der Form von Gesetzen) vorgibt. Jetzt die Auslegung allein den Juristen zuzuschieben und darauf zu verweisen, wir seien keine Experten, geht für meine Begriffe am Ernst der Situation vorbei. Auch wenn die Formulierungen des Gesetzestextes vielleicht etwas sperrig sein mögen, der Sinn der Norm wird trotzdem überdeutlich. Eine Abwägung, wie Du sie vornimmst (gegen die soziale oder emotionale Seite), findet sich nicht im Gesetzestext. Insofern mögen Deine Ausführungen zwar für die Milonga praktikabel sein, sie sind allerdings m.E. klar rechtswidrig. Der Schutz der Persönlichkeitsrechte ist dort (mit abzählbar vielen Ausnahmeregelungen) festgezimmert.
Ganz anderer Meinung bin im Bezug auf Facebook. Wenn ich Deine Argumentation richtig verstanden habe, siehst Du in der Anmeldung bei Facebook (und der damit verbundenen notgedrungenen Akzeptanz der AGBs) den gleichzeitigen Verzicht auf alle Rechte am eigenen Bild. Eine solche Rechtsauffassung ist m.E. hochgradig problematisch. Das führt dazu, dass Menschen, die nicht fotografiert werden wollen, sehr viel rigoroser auf Fotografen in der Milonga reagieren werden. Ich denke, es gilt, was Felix im Beitrag geschrieben hat:
„Niemand darf niemandes Foto ungefragt veröffentlichen. Da hilft auch der wohlwollend klingende Textzusatz der Fotografen nicht, dass, wer sein Bild auf Facebook entfernt haben möchte, es bitte mitteilen möge.“
Leider ist es so kompliziert.
Ich denke, die Auffassung, Teilnehmer einer Milonga würden implizit einwilligen, fotografiert zu werden und auch die Veröffentlichung quasi konkludent billigen, ist juristisch nicht haltbar. Da stehen die gesetzlichen Regelungen klar entgegen. Und zivilrechtlich ist dieser Anspruch regelmäßig durchsetzbar, egal ob der Fall tatsächlich beim Amtsrichter landet oder ob es eine Einigung vorab gibt. Die strafrechtlichen Bestimmungen für Paparazzi lassen wir jetzt bei unseren Überlegungen einmal außen vor. Ich denke, die sind in der Milonga nicht einschlägig.
Abschließend bleibt mir nur, ebenfalls zu erklären, ich bin durch die Diskussion (noch) nicht schlauer geworden. Natürlich gibt es Tänzerinnen und Tänzer, die entzückt von ihren Bildern in einer Milonga sind, das entrechtet (um es einmal so drastisch zu formulieren) aber nicht diejenigen, die in Fotos von ihnen, Persönlichkeitsrechtsverletzungen sehen. Wir müssen vielleicht noch ein wenig sprechen und suchen…
Um es vorwegzunehmen: Ich selbst fotografiere unentgeltlich auf Marathons
Ich kenne bei Marathons nur eine Hand voll Fotografen, die als Gegenleistung vom Veranstalter freien Eintritt, und gerade mal 2, die dafür auch Geld bekommen.
Was bewegt also Jemanden bei Tanzevents zu fotografieren?
Ganz sicher ist es nicht von Interesse, Leute zu fotografieren, die das gar nicht wollen, sei es weil sie auf der Aufnahme gar keine gute Figur machen, oder was auch immer...
Mir persönlich geht es darum ästhetisch schöne Aufnahmen zu machen, die gern auch für Profilbilder hergenommen werden.
Weniger gelungene werden ohnehin gelöscht, weil ja die "Entlohnung" nicht monetär, sondern "likes" und positive Kommentare sind.
Es ist schlichtweg absurd davon zu sprechen, sich eine "Erlaubnis zur Veröffentlichung" nicht erwünschter Fotos einzuholen.
Andererseits frage ich mich auch, welcher Typ Mensch sich derart in der Öffentlichkeit (Milonga) bewegt bzw. handelt, dass es für ihn unangenehm/unakzeptabel ist, später von nicht anwesend Gewesenen auf Fotos erkannt zu werden.
Wohin soll das hier eigentlich führen?
Gesetz dem Fall, hier zur Einigung zu gelangen, welchen Einfluss hat das wohl auf den großen weiten Welt-Tango-Markt?
Jörg: "Wohin soll das hier eigentlich führen? Gesetz dem Fall, hier zur Einigung zu gelangen, welchen Einfluss hat das wohl auf den großen weiten Welt-Tango-Markt?"
Ich sehe es so, hier wird einmal diskutiert. Ob das Folgen hat, bleibt abzuwarten. Nur weil es in den Milongas teilweise zugeht wie am roten Teppich der Berlinale, heißt das noch lange nicht, daß das rechtlich okay ist.
Mein 2 ct
Die Diskussion finde ich gut und notwendig. Dank für den Beitrag und die vielen Kommentare. Ein Teilaspekt des Problems wurde häufiger am Rande berührt, jedoch nie ausdiskutiert. Wir haben hier nämlich sehr häufig eine Situation mit drei Beteiligten. Dem Fotografen, dem Veranstalter und den Fotografierten. Das muss man berücksichtigen auf der Suche nach einer Lösung. In einem winzigen Detail bin ich anderer Ansicht als Felix. Ich sehe durchaus einen Anteil des Problems beim Veranstalter. Durch die zunehmende Zahl der Veranstaltungen nimmt er Fotos als willkommene Werbemöglichkeit in Social Media. Damit generiert er eine Nachfrage, die inzwischen zum Problem wurde. Jeder kennt diese unglaublichen Bilderstrecken bei Facebook. Und es gibt immer mehr größere Veranstaltungen, die in dieser Liga mitspielen oder mitspielen wollen. Deswegen ist das Problem in den letzten Jahren drängender geworden. Damit ist es nicht mehr nur eine Frage zwischen Fotograf und Fotografiertem. Der Veranstalter mit seinen Anforderungen oder unausgesprochenen Erwartungen ist Teil des Spiels. Das macht die Sache komplizierter. Allein die Anzahl einhelliger Wortmeldungen in Kommentaren zeigt, das Problem ist massiv da. Die Unzufriedenheit gährt. Ein reines Zurückziehen auf die rechtlichen Details wird keine Lösung bringen, ein Pochen auf den Umstand, die Tänzer wollen Fotos von sich, kann aber auch keine Lösung sein.
Ich stimme Anonym (Kommentar vom 21. Jan. , 08:52, unbedingt zu, dass die Diskussion gut und notwendig ist.
Anknüpfen und vielleicht einen Schritt weiter gehen möchte ich da, wo A. auf drei Beteiligte zu sprechen kommt. Aus meiner Sicht sind es nicht drei, sondern vier beteiligte Parteien, von denen drei fast symbiotisch miteinander verbunden sind.
Es sind:
1.) die Fotografen,
2.) die Veranstalter,
3.) diejenigen im Publikum, die sich gern und oft fotografieren lassen und sich gern auf Facebook veröffentlicht sehen
4.) diejenigen im Publikum, die nicht oder nicht ungefragt fotografiert werden und ihre Fotos nicht oder nicht ungefragt auf Facebook veröffentlicht haben möchten.
Wie in einem der oben stehenden Beiträge zu lesen war, ist des Fotografen Lohn, wenn er für die auf FB veröffentlichten Fotos möglichst viele Likes und Lobesworte bekommt. Beides erhält er in erster Linie von denjenigen, die sich besonders gut getroffen fühlen, die wiederum für besonders attraktive Fotos von ihren FB-Freunden geliked werden. Es profitieren also Fotograf und Fotografierter unmittelbar voneinander.
Der Veranstalter mag auch interessiert sein an schönen Fotos von tatsächlich oder vermeintlich schönen und/oder „wichtigen“ Menschen, um damit die Attraktivität seiner Veranstaltung dokumentiert zu sehen. Auch er profitiert am Ende von den veröffentlichten Fotos.
Swetoslaw Beltschew schrieb in einem seiner oben nachlesbaren Beiträge, dass es „ein Geben und Nehmen“ sei zwischen den Fotografierten und dem Fotografen. Der Tänzer willige ein, dass der Fotograf ihn ins Visier nehme, dafür erhalte der Tänzer „schöne Fotos, die bestimmte soziale Vorteile und auch Freunde bringen“. Perfekter Deal also.
In diesem Konzert aber komplett unberücksichtigt bleibt die Partei Numero 4: Diejenigen, die nicht fotografiert werden und/oder ihre Fotos nicht veröffentlicht haben wollen. Sie wollen dem Fotografen nichts geben und auch nichts nehmen. Sie verzichten auf die vermeintlichen oder tatsächlichen sozialen Vorteile und den von Swetoslaw Beltschew in Aussicht gestellten Zuwachs an Freunden.
Sofern sie gar nicht auf Facebook sind, auch solche Leute soll es ja noch geben, sind ihnen die ihnen die Zuwachsmöglichkeiten sozialer Vorteile und Freunde ohnehin wurscht.
Wie die vorausgegangene Diskussion zeigt, sind es nicht etwa ein paar verklemmte Heimlichtuer, die sich nicht fotografieren lassen wollen, sondern es scheint eine durchaus erhebliche Zahl ganz normaler Bürger zu sein, die sich ihrer Persönlichkeitsrechte bewusst sind und diese gewahrt wissen wollen. Dafür müssen sie sich weder entschuldigen noch schämen. Und wir alle sollen uns hüten, einfach und leichthin über sie hinweg zu gehen.
Anders als Anonym sehe ich Veranstalter übrigens nicht in der Pflicht. Das Fotografieren auf einer Milonga, einem Encuentro oder Marathon zu verbieten, wäre schon deshalb Unfug, weil es ja, siehe oben, immer auch eine ganze Reihe von Leuten gibt, die sich gern fotografieren lassen.
Rechtlich sind sie es ohnehin nicht. Da stehen sich allein der Fotograf und der Fotografierte gegenüber.
In einem Beitrag oben kam als Vorschlag der „Foto-Tanda mit Ansage“.
Das könnte doch ein Schritt in die Richtung sein, die Interessen aller alle vier Parteien zu wahren.
Ich bin ja mal gespannt wieviel auf der Tanzfläche wären, sollte eine Fototanda angekündigt werden. Wahrscheinlich kaum einer, ertappte Eitelkeiten, wer zeigt das schon :)
Gruesse Bert
hier klingt gelegentlich an, dass man sich einigen müsse, eine Lösung finden, die den Interessen auch der Fotografen gerecht wird. Wieso? Mal abgesehen davon, dass die Rechtslage eindeutig ist. Woraus ergibt sich ein moralisch/ethisch/sozialer oder sonstig gearteter Anspruch eines Fotografen, andere Menschen ohne deren ausdrückliche oder konkludente Einwilligung ablichten zu können, außer dem Wunsch des Fotografen, dies zu tun? Weil er schöne Fotos macht, die vielleicht der eine oder die andere irgendwo veröffentlicht sehen wollen? Ohne Rücksprache mit den Motiven ist dies höchst spekulativ und kann keine Grundlage für eine klare Rechtsverletzung sein. Ein seriöser Künstler wird sich nicht scheuen, sein Vorhaben vorher mit den Modellen zu besprechen. Wer darauf verzichtet, wird sich unterstellen lassen müssen, dies aus berechtigter Sorge vor einer Ablehnung zu unterlassen.
...ja, ich fotografiere auch auf Veranstaltungen (encuentros).
Allerdings versuche ich so gut es geht unbemerkt zu bleiben, d.h. ich benutze niemals ein Blitzgerät und fotografiere sitzend oder im Hintergrund. Dadurch entstehen meist sehr natürliche Aufnahmen.
Bisher fragte ich im Vorfeld die Veranstalter, ob es in Ordnung sei, wenn ich fotografiere. Die Aufnahmen habe ich in fb mit dem 'üblichen Hinweis', auf bestimmte Personengruppen beschränkt, veröffentlicht.
Angeregt durch den Beitrag von Felix und die entsprechenden Kommentare habe ich mir überlegt, während der Veranstaltung einen Hinweis auszuhängen, dass nur diejenigen auf Bildern zu sehen sein werden, die mich persönlich ansprechen und ihre Zustimmung geben.
Von allen anderen gibt es eben keine Bilder mehr.
Ich halte nichts von einer 'Tanda mit Foto-Ansage'. Das ist wie ein künstliches Schaulaufen und es entstehen keine Schnappschüsse von tollen Situationen.
Vielleicht ist dies eine Möglichkeit mit der möglichst viele Teilnehmer leben können.
hier gibt es noch eine interessante Vorstellung (und Bewertung) eines aktuellen Urteils des BGH:
https://www.datenschutzbeauftragter-info.de/urteil-bgh-relativiert-das-recht-am-eigenen-bild/
Überraschenderweise (warum dies "überrascht" liest man am besten dort nach) muss nach Ansicht des BGH selbst bei solch alltäglichen Anlässen das Recht am eigenen Bild hinter der Meinungs- und Pressefreiheit zurücktreten.
Zu dem Link und dem entsprechenden BGH-Urteil aus dem Jahr 1991. Man sollte den Text des Datenschutzbeauftragten allerdings bis zum Ende lesen. Da steht nämlich (zu der Ausgangssituation, für die dieses Urteil entschieden wurde):
"Man sollte dabei allerdings berücksichtigen, dass die Verbreitung der Broschüre hier relativ beschränkt war. Eine Veröffentlichung im Internet dürfte wahrscheinlich auch weiterhin rechtlich nur schwer zu begründen sein."
ansonsten zur Klarheit: das zitierte BGH-Urteil ist aus dem Jahr 2014 ... !
http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=en&Datum=Aktuell&Sort=12288&nr=67921&pos=8&anz=530
Ein Sturm im Wasserglas. Maulheld Cassiel und der System - und Lügenblog haben einen Artikel geschrieben und die Tango-Spiesser und Gutmenschen sind wieder empört. Lernt doch einfach Tango wie er richtig getanzt wird. Dann braucht ihr nicht rumheulen. Ich kann tanzen und sehe dabei gut aus. Ich brauche keine Regeln. Mich darf man immer fotografieren.
Hallo @Wolfgang,
schön, dass Du auch schreibst, so bin ich nicht so allein :)
von der 'Tanda mit Foto-Ansage' halte ich auch nichts - die Fotos werden ähnliche Charme wie gestellte Gruppenfotos haben :)
Eine ähnliche Gedanke, wie deine anvisierte Hinweis hatte ich auch. Nur… wie machen wir dann das praktisch. Wenn sich einzelne Personen melden (davon gehe ich bei Encuentros aus), warte ich dann bis sich daraus sich Paare bilden und fotografiere dann nur diese Paar auf die Tanzfläche? Wenn sich mehrere Personen melden (50-60, daraus gehe ich aus), wie merke ich mir dann die einzelne Personen, die ich, besonders bei Encuentros, nicht kenne? Wenn sich jemand aktiv meldet, dann erwartet er auch Fotos von mir. Wenn ich das nicht leisten kann (ich bin nur eine “Hobbist”), dann ist derjenige auch unzufrieden. Ich traue mich jetzt nicht mehr vorzuschlagen, dass sich nur diejenige bei mir melden sollen, die ausdrücklich nicht fotografiert werden möchten….
@Swetoslaw:
Denkbar sind für mich zwei Wege:
1. Der Veranstalter kündigt an, dass Bilder gemacht werden und wer es nicht will, soll sich melden. Zur 'Gedächtnisstütze' kann man ein Foto von den Personen machen, die keine Fotos wollen.
2. Der Veranstalter hat nichts dagegen, dass Bilder gemacht werden und über einen Aushang erfahren die Teilnehmer, dass sie sich melden können, wenn sie zustimmen aufgenommen zu werden. Als 'Gedächtnisstütze' werden von diesen Personen Bilder gemacht. Daraus entsteht aber keine Verpflichtung von allen die sich gemeldet haben auch Aufnahmen zu machen.
Die als 'Gedächtnisstütze' gemachten Bilder können vor der Veröffentlichung zum Abgleich genutzt werden.
Für fast alle encuentros gibt es mittlerweile fb-Gruppen (meistens geschlossen oder geheim). Dort könnte man einen Hinweis auf das Fotografieren bei der Veranstaltung als Kommentar veröffentlichen. Somit sind die meisten Teilnehmer informiert und können sich im Vorfeld überlegen, wie sie sich entscheiden möchten.
Danke @Wolfgang, klingt alles plausibel. Besonders die Idee mit der 'Gedächtnisstütze'
Liebe begeisterte Photographen!
Wenn Ihr das mit der öffentlich angekündigten Foto-Tanda nicht wollt, dann kommt Ihr - Ihr könnt es drehen und wenden wie Ihr wollt - nicht darum herum, die Besucher vorher(!)um Erlaubnis zu fragen! Die "natürlichen" Aufnahmen, von denen ihr sprecht, betreffen beim Tango doch oft Paare, die im Moment der Aufnahme in einer anderen Welt träumen. Ihr dringt in eine sehr private Situation ein. Ihr verdrängt dieses Wissen, um weiter ohne Hindernisse Eurem Hobby nachzugehen!
Und soll ich jetzt als "Foto-Ablehnender" in der Milonga Memory-Aufnahmen von mir machen lassen,zur Erinnerung für den Fotografen? Oh Mann!
Lasst mich auf dieser Welt bitte für diese paar Minuten wenigstens beim Tango in Ruhe entspannen!
Zur Haltung von Fotografen auf einer stinknormalen Milonga, die allmonatlich irgendwo in diesem Lande stattfindet, mit mehr oder minder den gleichen Personen als Stammpublikum und einer denen gegenüber eher geringen Anzahl an auswärtigen Gästen mal hier ein Fallbeispiel. Es ist eine real erlebte Situation. Auf dieser Milonga ist so gut wie jedesmal auch ein hochambitionierter Hobbyfotograf vertreten, der nicht müde wird, all die vielen bekannten Gesichter immer wieder, Monat für Monat erneut, zu fotografieren und wenige Tage später die Fotofülle auf Facebook zu präsentieren. Diesen Fotografen sprach ich persönlich am Rande dieser Milonga an und wies ihn freundlich darauf hin, dass er bitte davon absehen möge, mich zu fotografieren.
Die Reaktion war deutlich und nachhaltig. „Ja, wenn du nicht willst! Andere sind froh, wenn ich sie fotografiere“, war die für mich erstaunlich brüske Antwort. Damit war es aber nicht getan. Seit diesem Zwiegespräch grüßt mich der Fotograf nicht mehr, wenn wir uns auf Milongas sehen. Unfreiwillig musste ich mitanhören, wie er einen auch mir bekannten Milongabesucher beglückte mit seiner Erkenntnis: „Die ist total zickig.“
Es scheint das Ego des Fotografen doch sehr mit kollektiver Dankbarkeit und Bewunderung für seine Kunst verknüpft zu sein. Beides bekommt er nur, wenn er im großen Stil seine Bilder veröffentlicht. Wer das nicht wünscht und kund tut, ist in diesem Spiel der Dumme.
Danke nochmals an F.Bergmann für diesen Gastbeitrag.
Ich habe einiges dazu gelernt.
In meiner Funktion als Teil-Mitveranstalter einer kleinen Milonga, für den Fotografieren, von Filmen will ich hier mal ganz absehn, bis jetzt kein Thema war, habe ich verstanden das ich das, bei gegebenem Anlass deutlich angehen muss.
Ich werde dirket auf denjenigen zugehen der Fotos macht, dass unterbinden und deutlich machen, dass er/sie sich erstmal das Einverständnis holen müssen. Und Fotos derjenigen die nicht fotografiert werden wolllen wird es bei mir auch nicht geben. Das wäre ja gerdazu paradox. Nö, nö das funktioniert andersherum. Die Fotografen werden sich merken müssen wer ihnen sein Einverständnis gegeben hat. Das können sie gerne mit Hilfe eines Fotos tun.
...es gibt einen viel einfacheren Weg:
Mit meinen Aufnahmen habe ich vielen Teilnehmern von encuentros eine Freude gemacht. Sie waren als Erinnerung an schöne gemeinsame Stunden gedacht.
In Zukunft wird es evtl. noch ein paar Aufnahmen von der Deko und den Schuhen geben und das war es dann. Vielleicht spare ich mir auch die lästige Schlepperei der Ausrüstung und kann noch mehr tanzen.
Somit sind alle glücklich und zufrieden - oder?
PS: Von den Veranstalter wünsche ich mir aber dann ein ebenso konsequentes Einschreiten bei 'Karabolage'-Tänzern...denn dies geht in Richtung Körperverletzung
Korrektur des PS:
Von den Veranstaltern wünsche ich mir aber dann ein ebenso konsequentes Einschreiten bei 'Karambolage'-Tänzern...denn dies geht in Richtung Körperverletzung
Leider habe ich nur sehr wenig Zeit. Ich würde mir wünschen, dass die Debatte ruhig und besonnen geführt wird. Jetzt irgendwie emotional zu werden hilft nicht weiter (auch wenn ich da in jedem Einzelfall großes Verständnis habe). Ich schreibe morgen ausführlicher…
So, da will ich mich auch mal als einer der Fotografen outen. Warum ich fotografiere? Weil es mir Freude bereitet, Bilder von Menschen zu machen, die diesen (hoffentlich) gefallen und die sie in einer entspannten Situation und Umgebung darstellen. Tango trägt sehr wesentlich zu dieser Entspannung bei und daher entstehen Bilder, auf denen die Fotografierten ungestellt wirken, ein Faktor, der nicht unwesentlich zur Akzeptanz der Bilder beiträgt. Natürlich bin ich mir des formalen Rechts am Bild bewusst und versuche dem dadurch zu begegnen, dass ich eine sorgfältige Auswahl der Bilder vornehme und niemanden unvorteilhaft aussehen lasse. Wenn mir jemand signalisiert, dass er nicht "abgebildet" werden will, so akzeptiere ich das und habe umgekehrt schon mehrfach die Erfahrung machen dürfen, dass Kommentare wie: MICH hast Du gar nicht fotografiert! die Enttäuschung der nicht in der Bildersammlung enthaltenen Teilnehmer ausdrückten.
Zur Lösung des Problems würde ich eine Kombination mehrerer Maßnahmen vorschlagen: Ich finde die Idee von Gaby Guthmann vom "La Cita" in Kehl fein, dass Teilnehmer des Encuentros vorab ein Bild von sich an die Veranstalterin verschicken und diese eine Galerie veröffentlicht. Dies hat den Vorteil, dass sich die Teilnehmer mit Namen ansprechen können und diese auch besser im Gedächtnis bleiben (wir werden ja alle nicht jünger!). Wenn man diese Bilder mit einem kleinen Signet versieht, das hier im Text ja schon verwendet wurde (durchgestrichene Kamera), dann weiß jeder, der fotografieren will, wen er tunlichst nicht fotografieren sollte. Dasselbe könnte man mit einem abgewandelten FB-Symbol machen, mit dem die-/derjenige erklärt, nicht auf FB erscheinen zu wollen. Die Ein-Tanda-Regelung halte ich für nicht praktikabel, die Gründe wurden hier durchaus schon richtig dargestellt. Außerdem ist es selbst für geübte Fotografen nötig, mehr als nur ein paar Bilder zu machen, um erstens die Stimmung und zweitens die Einzelnen perfekt einzufangen. Erst beim Sortieren zuhause kann ich die Guten von den weniger Guten trennen, kleine Einflüsse, wie zB ein unscharf abgebildeter farbiger Spot im Hintergrund, können die Stimmung eines Bildes zerstören, fallen aber im Moment der Bildentstehung gar nicht auf, weil der Fotograf sich auf den/die jeweiligen Tänzer konzentriert, Menschen die ja in Bewegung sind, sich eben auch relativ zum farbigen Hintergrund bewegen oder plötzlich den Arm in den Strahlengang strecken, was an sich schon höhere Ansprüche an die verwandte Hardware stellt (schneller selektiver Autofokus, lichtstarkes Objektiv etc). Das Argument mit dem hörbaren Spiegelschlag, der die Muße stört, ist mit modernen Kameras keines mehr, weil viele inzwischen auf einen Klappspiegel verzichten. So habe ich kürzlich erst auf einem Event erlebt, dass jemand, der auch fotografierte, sich direkt neben mich setzte und dann verblüfft war, dass er fast gar kein Auslöse-/Spiegelgeräusch vernahm. Dass jemand ein paar Meter weiter auf einer vollen Tanzfläche bei laufender Musik und den üblichen Umgebungsgeräuschen das noch wahrnehmen will, muss ich ins Reich der Fabel verweisen. Natürlich gibt es einfachere Kameras, die lauter sind, aber das muss jeder Fotograf für sich entscheiden...
Hallo Till,
ich kenne deine Bilder - es sind ausgesprochen ästhetische und durchdachte Arbeiten. Du hast mich auch fotografiert, dafür an diese Stelle meinen Dank.
Dein Beitrag fand ich sehr passend. Du hast eindrucksvoll gezeigt welche Motivationen man zu Fotografieren hat. Ich hoffe, das hat die Frage von @Chris
"Woraus ergibt sich ein moralisch/ethisch/sozialer oder sonstig gearteter Anspruch eines Fotografen, andere Menschen ohne deren ausdrückliche oder konkludente Einwilligung ablichten zu können, außer dem Wunsch des Fotografen, dies zu tun?"
beantwortet. Besonders gefallen hat mir deine Praxis der “sorgfältige Auswahl der Bilder” und die Sorge “niemanden unvorteilhaft aussehen lassen”. Das zeigt für mich, dass wir nicht diejenigen sind, die bei jede Kamera-Klick Personenrechte verletzen, sonder den Tanzenden ästhetische Genuss und Freude bereiten.
Die Praxis von Gabi kenne ich auch gut, schließlich habe ich in Kehl selber fotografiert. Ehrlich gesagt, hebe ich mir nicht getraut sie hier vorzustellen. Die Gründe wirst du wahrscheinlich noch erfahren :)
Eine Frage habe ich noch. Da ich ausschließlich mit zwei relativ kurze Brennweiten fotografiere, stehe ich ziemlich nah an den Tänzern (ein, zwei Meter von den Rand der Tanzfläche), also gut sichtbar für die Tanzende. @Wolfgang dagegen bevorzugt eher eine Position, wo er “aus der Hintergrund” fotografiert, was ich als vollkommen legitim halte. Ich habe auch Freunde, die, für meine Empfinden, sehr langen Brennweiten verwenden und weit weg von den Tänzer stehen. Mich würde sehr interessieren was deine Meinung dazu ist?
Vielleicht muss ich mich doch noch einmal melden. Ich habe mich vor einigen Tagen entschieden, den Gastbeitrag von Felix zu veröffentlichen, weil auch ich ein immer weiter ausuferndes Fotografieren beobachtet habe und es mich stört. Zunächst habe ich überhaupt nicht mit Reaktionen gerechnet. Ich dachte, es wird ein Artikel, wie mein Artikel aus dem Jahr 2009; drei Kommentare und gut ist es. Ich blogge schon sehr lange nicht mehr für eine maximale Anzahl von Kommentaren, mich interessieren die Themen, über die ich schreibe (bzw. über die Dritte schreiben) einfach aus sich heraus. Nun erlebe ich, wie das Thema die Menschen beschäftigt und bei mir kristallisierte sich in den letzten Tagen ein neuer Gedanke heraus.
Wir haben uns alle miteinander in eine Situation manövriert, in der wir immer stärker auf den eigenen Standpunkt und immer weniger kooperativ argumentieren (in diesem Fall war es die Begründung über die gesetzlich verbrieften Persönlichkeitsrechte). Es ging für meine Wahrnehmung nicht mehr darum, eine gemeinsame Haltung im Diskurs zu finden, es ging darum, Recht zu haben (da nehme ich mich selbst überhaupt nicht aus). Auf der anderen Seite waren die Fotografen, die mit Gewohnheitsrechten oder Ästhetik argumentiert haben und wir haben uns alle prima missverstanden. Um mich nicht missverständlich auszudrücken: Natürlich gelten die rechtlichen Rahmenbedingungen. Aber warum ist es notwendig mit denen zu argumentieren? Eigentlich sollte es doch ausreichend sein, zu Protokoll zu geben, man mag nicht fotografiert werden PUNKT.
Beim Nachdenken über diese Frage fiel mir auf, wie schwer es geworden ist, im Tango zu kritisieren bzw. mit Kritik umzugehen. Wir befinden uns - so sehe ich das zumindest - in einem Umfeld in dem alles toll und großartig ist. Kritik wird mindestens als undankbare Haltung oder in Einzelfällen sogar als Majestätsbeleidigung rezipiert und allein schon deswegen hat m.E. der Autor des Gastbeitrags auch die ganz große Keule herausgeholt (Persönlichkeitsrechte). Die Rechtslage als objektiviertes Abstraktum und damit über den persönlichen Befindlichkeiten stehend musste dafür herhalten. Es war keine persönliche Kritik, sondern die scheinbar objektive Rechtslage. Die hier argumentierenden Fotografen haben versucht, zu retten, was zu retten war und mit Ästhetik argumentiert; schließlich wollen ja jede und jeder schöne Bilder von sich haben.
Ein Miteinander in der Suche nach einer Lösung ist damit schwieriger geworden. Das Finden eines Kompromisses ist m.E. faktisch unmöglich. In der Folge heizt sich das Klima im Gespräch auf und es kommt zu sehr kurzen und krassen Statements. Das kann eigentlich nicht Sinn eines Diskurses sein. Für mich ist aber das Gespräch notwendig. Teilweise ist es zu Auswüchsen bei der Fotografiererei gekommen und ich hoffe, wir finden einen Weg, das wieder zu korrigieren. Grundsätzlich sollen ja auch diejenigen, denen Fotos wichtig sind (sowohl aktiv als auch passiv), zu ihrem Recht kommen.
Der in meinen Augen praktikabelste Weg wäre, dass Personen, die nicht fotografiert werden möchten, dies dem Veranstalter mitteilen.
Dieser hingegen zeigt den anwesenden Fotografen unauffällig, um wen/welche es sich dabei handelt.
Lieber @cassiel,
ich danke Dir für diese aufklärende Worte. Leider bin ich immer noch der Meinung, dass der Grund für diese, für meine Wahrnehmung, misslungene Diskussion der Gastbeitrag ist. Wenn jemand mit §22 KunstUrhG argumentiert und dabei der Satz "So geht es nicht." hervorhebt, geht von eine Diskussion danach nicht aus.
Trotzdem konnte ich einiges aus der Diskussion lernen. Für mich kristallisieren zwei Fragen:
1. Wie soll die Kommunikation zw. Fotografen und Tänzer funktionieren? Wie soll ich diejenige erkennen, die keine Fotos wollen? Einige Vorschläge wurden gemacht und fast alle wurden abgelehnt.
2. Wie soll ich mich als Fotograf verhalten, so dass ich nicht als Störfaktor auf der Milonga auffalle? Diese Frage impliziert, dass ich die Gründe warum sich Leute bei Fotografieren gestört fühlen kenne. Auch hier wurde Einiges diskutiert: Brennweite, schreib Entfernung der Fotograf zu den Tanzenden, Art der Fotos (ich habe wahrgenommen, das “Close-Ups” unerwünscht sind). Geräusche (Spiegelschlag) u.s.w. Vielleicht sehe ich hinter der Kamera bedrohlich aus (ja, diese Argument kenne ich auch) u.s.w. Oder ist es einfach der Anzahl der Fotos (der Flut), die auf Facebook landen?
Die Option eine Fotoverbot auf der Milonga wurde auch in Aussicht gestellt. Ist das wirklich der Weg?
Ein Weg wäre eine Markierung/Bändchen für eine Seite
gruesse Bert
@ Bert: rein theoretisch wäre das die einfachste Lösung...
Sind es nicht aber gerade die von Scham erfüllten Menschen, die nicht fotografiert werden wollen?
Das will man doch nicht auch noch Allen zeigen müssen!
@Jörg: Du redest von "Scham erfüllten Menschen" Warum sollte sich jemand schämen, nur weil er nicht fotografiert werden will? Meines Erachtens vermischst Du hier etwas, was nichts miteinander zu tun haben muss!
Die Motivation weswegen jemand nicht fotografiert werden will, kann allerdings darin liegen, dass die-/derjenige sich auf Bildern eben immer "falsch" abgebildet sieht, das reicht zum Teil bis in die Kindheit zurück, wenn Väter ihren Nachwuchs fürs Familienalbum fotografieren wollten und man dazu immer lächeln musste, auch wenn einem gar nicht danach war. Und deswegen kamen immer genau die Bilder dabei heraus, vor denen man sich "fürchtete"!
Die Bändchen-Idee ist mir zu stigmatisierend und kann durch andere Mittel leicht ersetzt werden. Ich hatte auch erst erwogen, dass man doch einfach kleine Buttons herstellen kann mit dem "No-Cam-Please-Symbol" und diese am Eingang zur Verfügung stellen kann. Wer nicht fotografiert werden will, steckte sich einfach son 'nen Button an. Wäre bei Rückgabe nach der Veranstaltung sogar wiederverwendbar und selbst als kleines "give-away" kein Killerkostenargument. Habe diese Idee aus der weiter oben geschilderten Erwägung aber verworfen.
Was aber spricht gegen meinen Vorschlag, dass Veranstalter Gabys Idee aufgreifen und sich von den Teilnehmern Fotos zuschicken lassen, die eben am unteren Rand ein (oder zwei) kleine Symbole angehängt bekommen können (No cam, no FB o.ä.)? Damit entlastet man den Veranstalter, der nicht jedem einzelnen Fotografen im persönlichen Gespräch verklickern muss, wer nun nicht fotografiert werden will und gleichzeitig kann man denjenigen mit einem schlechten Namensgedächtnis helfen, denn es ist ja schwer, innerhalb weniger Stunden so viele neue Namen den richtigen Gesichtern zuzuordnen. Wer nicht fotografiert werden will, braucht nicht zu begründen aus welchem Grunde, wer nicht auf FB ausgestellt sein will, erst recht nicht! Ohne viel Aufhebens machen wir uns alle in mehrerlei Hinsicht das Leben leichter.
@Swetoslaw: Ich fotografiere mit einer DSLR ohne Klappspiegel im Vollformat und benutze ein 1:1,4/85mm. Für Raumeindrücke (zB Zingaro, Paris) ein noch lichtstarkes Weitwinkel. Punkt! Zoomobjektive, die das leisten, sind nur in richtig großen Abmessungen erhältlich und häufig auch noch im Sportfotografen-Weiss, also so richtig auffällig. Kleine, unauffällige Varioobjektive gibt es nur mit erheblichen Einbußen beim Licht, was dann von ganz Verwegenen mit der Benutzung von Blitzen kompensiert wird oder mit erheblichem Rauschen in den Bildern erkauft wird. Die kürzeste Abbildungsdistanz des 85-ers liegt bei ca. 'nem Meter. Andererseits habe ich bei der Qualität genug Reserven, einen Ausschnitt daraus zu vergrößern.
Ich versuche übrigens auch, mit dem Führenden einen Blickkontakt herzustellen, bevor ich auf's Knöpfchen drücke und akzeptiere einen verneinenden Blick! Das gehört sich einfach so !
Danke Till!
20/50/85 - genau das sind auch meine Brennweiten. Die Gründe dafür hast du auch genannt. Für mich sehen Fotos mit langen Brennweiten wie Sportfotografie aus - deswegen meide ich diese. Und Zooms nutze ich seit Jahren nicht.
Eins verstehe ich bei dieser Diskussion nicht. Warum können nicht diejenigen sich zusammentun die Fotografieren und die, die Fotografiert werden wollen ? Ob per Foto, Button, Bändchen, Liste oder wie auch immer.
Und grundsätzlich sollten Fotografen weitestgehend im Hintergrund bleiben, sich möglichst unsichtbar machen. Einer hier hat das schön, passend und angemessen formuliert. So bekommt jeder was er möchte und die Privatsphäre und Atmosphäre des Events bleibt erhalten. Auch für die Fotografen bleibt so alles natürlich.
@ Till:
"Ich versuche übrigens auch, mit dem Führenden einen Blickkontakt herzustellen, bevor ich auf's Knöpfchen drücke und akzeptiere einen verneinenden Blick! Das gehört sich einfach so !"
Da widersprichst du aber zuvor gesagtem. Genau dann, wenn Einer weiss,dass er fotografiert wird verhält er sich anders und die Fotos wirken gestellt.
(Bitte ein Cheeeese!)
Wir haben hier alles gelesen-die Argumente waren vielleicht nicht neu und trotzdem finde ich den Gastbeitrag und die Diskussion zauberhaft. Wo gibt es das nach? In Ruhe über eine Frage diskutieren und der Verlauf der Diskussion ist für mich schon ein Ergebnis. Die jeweiligen Standpunkte sind natürlich nicht vereinbar, aber es war notwendig, einmal zu sehen, wie der Mitmensch "funktioniert". Ich habe hier jedenfalls sehr gerne gelesen und viel gelernt. Einen Gedanken würde ich trotzdem gerne noch zur Diskussion stellen: Wo steht eigentlich geschrieben, dass alles im Leben im Bild festgehalten werden muss? Brauchen wir das wirklich? Oder gibt es vielleicht auch Momente, die allein als Erinnerung in der Phantasie weiterleben sollen?
Wie oft sieht man sich Fotos alleine an? Ist es nicht eher häufiger so, dass man Andere am erlebten teilhaben lassen möchte?
@Jörg, der von Dir postulierte Widerspruch existiert nicht! Dass ich Augenkontakt aufnehme bedingt nicht, dass ich unmittelbar "drauflosschieße" und ich kann durchaus zwischen gestellten und ungestellten Bildern und "Posen" unterscheiden. Und selbst dann ist es meiner künstlerischen Freiheit überlassen, unnatürliches "Posing" auszusortieren!
@ Anne, schön, dass Du versuchst, die Standpunkte beider Seiten zuzulassen und ihnen sogar etwas abzugewinnen ;-)!
Natürlich hast Du Recht, dass nicht alles im Leben im Bild festgehalten werden muss. Aber manchmal sind die Fotografierten überrascht, wenn nicht begeistert, dass jemand gerade diesen Moment in einem respektvoll-einfühlsamen Bild festgehalten hat, weil es bisher noch kein Bild gegeben hat, das sie so abbildet, wie sie sich gern sehen würden, und manchmal, um es zuzuspitzen, haben sie sich selbst noch nicht so gesehen! Genau das sollte das Ziel sein, wenn ich "auf's Knöpfchen drücke" und manchmal stellt es sich erst beim ruhigen Betrachten heraus! Friert man doch einen ganz kleinen Bruchteil einer Sekunde des jeweiligen Lebens ein! Es gleicht dem Tanz auf dem Hochseil, den "goldenen Moment" zu erwischen und selbst gute Freunde entdecken u. U. eine neue Perspektive auf den Fotografierten.
Umgekehrt muss ich zugeben, dass genau dieser winzige Ausschnitt des Lebens manch einem Fotografierten nicht als vorteilhaft erscheinen (mich regt auch auf, wenn sich das Bäuchlein immer noch zu offensichtlich wölbt, obwohl ich seit Jahren dagegen ankämpfe und durchaus schon beachtliche Erfolge errungen habe). Aber ich kann nicht den Fotografen für meine Nachlässigkeiten verantwortlich machen und immerhin ist ein Bild schnell entfernt, dass ich nicht von mir sehen will!
Und nochmal @Jörg: Das miteinander Erlebte prolongiert die positiven Gefühle, die man auf diesem speziellen Event miteinander hatte. Das kann nicht so schlecht sein!
Eigentlich ist alles gesagt und alles ganz einfach. Es stehen nur zwei Partein in einem Rechtsverhaeltnis zueinander: dr Fotograf und der Fotografierte. Wenn diese beiden sich verstaendigen, ist alles in Butter. Wir brauchn also keinen Listen fuehrnden Veranstalter oder eine anderweitige Einbindung Dritter. Wir brauchen lediglich eine Verstaendigung zwischen dem Fotografen und denjenigen, die zugunsten schoener Fotos von sich ihr Persoenlichkeitscht so wahrnehmen, indem sie Erlaubnis erteilen. Das kann vielleicht geschehen mittels eines gut sichtbaren Armbaendchens, das Fotografierwilloige tragen. Wenn dr Fotograf kein Erkennungszeichen sieht, darf er halt nicht draufhalten. Das Ekennungszeichen anbieten/austeilen muesste uebrigens der Fotograf, nucht dr Veransatlter). Wuerde das nicht gehen? Waere das nicht ein Kompromiss, mit dem alle Beteiligten zurecht kommen koennten?
Thema und Diskussion sind durchaus gelungen. Was allein 60 Kommentare zeigen. Dass diejenigen, die eine gewisse Sorgfalt mit ihrem Recht am eigenen Bild bei Fotografen mitunter vermissen, hier eine Plattform erhalten, ist verdienstvoll .
Ich empfinde das Vorschlag von @Doro als praktikabel und nicht stigmatisierend. Jeder, der Fotos auf Facebook möchte trägt sichtbar eine (Facebook-) blaue Bändchen. Ich werde als Fotograf versuchen, dass das Bändchen auch auf den Foto möglichst sichtbar ist. Ob das Bändchen durch Veranstalter oder Fotograf(en) bereitgestellt wird ist für mich eine Detailfrage.
Es wäre interessant wie solche Fotosessions bei einer Veranstaltung im ST/l einer Tanzschule oder Ball für eine Reaktion hätte. Warum sollten dort andere Regeln gelten. Diese Regeln für das Fotografieren könnte man übernehmen. Eventuell hat ja da jemand Erfahrung wie es da abläuft
Gruesse Bert
@Bert,
du äußerst Dich etwas kryptisch! Wer ist ST/1? Auf welche Tanzschule beziehst Du Dich? Erst dann könnte man über Regeln und deren Übertragbarkeit diskutieren. Vielleicht bin ich nicht intelligent genug, aber ich versteh' gerade nicht worauf Du hinauswillst!
@Swetoslaw:
Die Bändchen-Idee ist ja nicht völlig abwegig, aber dann sollte man auch die Eindeutigkeit der Symbolik dieser Bändchen festlegen. Da finde ich die "erweiterte Gaby-Idee" nicht weniger aussagekräftig. Mit einem Unterschied: Man muss keine Bändchen häkeln, noch Buttons prägen und der angenehme Nebeneffekt, dass man viele Teilnehmer namentlich kennenlernen kann, ist ein nicht zu verneinendes Plus! Sehen wir's doch mal ganz entspannt: Man(n) stellt sich der Dame, mit der man gerade tanzt, mit der größten Selbstverständlichkeit namentlich vor, gilt das aber auch für m/m oder f/f. Meine Erfahrung ist, dass man den Namen der "Anderen" allenfalls dann kennenlernt, wenn man sie direkt anspricht. Und dass "Andere" mit den jeweiligen Namen kaum etwas anfangen können. Insofern ist diese Gaby-Idee ein weiterer Weg, Kommunikation zu beschleunigen und die Community zusammenzubringen. Wenn man das mit den Signets weiter verfolgt, dann geht das doch völlig unproblematisch und unverkrampft, weil der jeweilige Teilnehmer seine "Grundeinstellung" signalisieren kann und keinerlei "Begründungslast" befürchten muss. Ich weiß ehrlich nicht, warum eine so einfache Idee sich nicht von selbst durchsetzen sollte! Und niemand muss irgendwelche "Hardware" zur Kennzeichnung verwenden!
@Till
Ich denke, Bert hat Standard / Latein gemeint. Ich lese da ein kleines „l“ und keine 1.
Es mag sperrig und umständlich klingen. Die Zugriffszahlen und die Anzahl der Kommentare sind für mich ein Indiz dafür, dass die Frage eine gewisse Relevanz hat.
Mir bleibt eigentlich nur, vorzuschlagen, es käme auf einen Versuch an. Die Lösung von Gaby Guthmann aus Kehl, die hier von Till vorgestellt wurde (mit der von ihm vorgeschlagenen Erweiterung), ist ein möglicher Weg. Allerdings ist dieser Weg jedoch mit einiger Vorbereitungsarbeit verbunden.
Ein anderer Weg wäre das Bändchen, dass Veranstaltungsteilnehmern bereits jetzt schon zu Beginn umgebunden wird. Man könnte diesem Bändchen nun einen zusätzlichen Sinn geben und zwei verschiedene Editionen machen. Edition 1 für Menschen, die nicht ungefragt fotografiert werden wollen; Edition 2 für Menschen, die ihr Einverständnis zu Bildern und deren Veröffentlichung geben (aber bitte den Unterschied nicht mit rot und grün kennzeichnen - es gibt auch rot-grün-blinde Fotografen; ich kenne sogar einen). Dann bliebe noch die Detailfrage zu klären, was als Normalfall und was als Sonderfall vorab beschrieben wird. Für mein Empfinden macht es einen erheblichen Unterschied, ob man sagt, der Normalfall ist das Fotografieren und der Sonderfall ist ein Widerspruch beziehungsweise andererseits: Das Nicht-Fotografieren ist der Normalfall und die Einwilligung in ungefragt angefertigte Fotos ist ein Sonderfall.
Selbstverständlich kann man diese Diskussion ablehnen und ins Lächerliche ziehen, ich denke aber, damit wird man der Realität dieser Diskussion und ihrer Rezeption nicht gerecht.
Ich bin mal gespannt, ob ich von einem solchen Experiment in der nächsten Zeit höre. Und wenn mir der Veranstalter anschließend Prozentangaben übermittelt, dann veröffentliche ich die hier gerne… Ich denke, ein solches Experiment könnte man einmal versuchen und anschließend debattieren, ob es praktikabel ist.
nicht konkret bezogen auf Tango, aber auf "Straßenfotografie" sammelt ein Fotograf per Crowfounding Spenden, um einen Musterprozess zu führen, in dem das Gericht die Frage klären muss, inwieweit die Kunst in die Privatsphäre von Menschen eingreifen darf. Im Gegensatz zur journalistischen Fotografie gibt es hier bisher keine Präzedenzfälle, die in höherer Instanz entschieden wurden. Mit einem Grundsatzurteil will Eichhöfer deswegen auch für andere Fotografen Rechtssicherheit schaffen.
Quelle:
http://www.berliner-zeitung.de/kultur/berliner-ostkreuz-fotograf-espen-eichhoefer--heimlich-fotografierte-passantin-verklagt-kuenstler-auf-schmerzensgeld,10809150,29620558.html
leute ist doch ganz.... die veranstalter sollen farbe bekennen und sich entscheiden ob auf ihren milonga fotografiert werden darf oder nicht.... und wir als tänzer/tänzerinnen enscheiden ob wir hingehen oder nicht...
fertig
die fotografen wissen bescheid,
die tänzer
und die veranstalter
und keine braucht ein markierung an seiner kleidung !!!!!
wir leben in 2015,(ich jedenfalls)
peter fangmeier
Liebe Tangobegeisterte beiderlei Geschlechter,
egal ob aktiv oder passiv! Als betroffener Tänzer und Fotograf ist es aus meiner Sicht nicht nur eine Rechtsfrage sondern an 1. Stelle eine Anstandsfrage !. Wer meint sich er erlange per "Gesetz" eine Legitimation Persönliches im www oder sonst öffentlich per Foto darzubieten dem fehlt "etwas".
Aber die Frage bleibt: wie bringt man fotografieren und Wahrung der Tandaintimität zusammen.? Es ist nunmal so das zb. Facebook auch von Fotobeiträgen lebt und Teilnehmer wie Veranstalter sich gern präsentieren.
Aus meiner Sicht:
1. Erstmal sollten die Veranstalter klarstellen wer fotografieren darf. Dazu gehört unbedingt ob und wie geblitzt wird wird. Geblitztwerden ist schon im/mit Auto ein Ärgernis... nicht nur wegen der schlechten Qualität.
2. Bekanntgabe an ALLE TEILNEHMER das fotografiert wird. UND das keine Veröffentlichung ausser "allgemeiner Fotos" stattfindet. Persönlichkeitsrecht!!
3. Zu 1 so schwer es Einzelnen fällt KEINE Foto ohne Erlaubnis.
Wieso ist das so schwer?
Weil jedes Telefon eine Fotoapparat ist?
Damit Facebook eine Existenzberechtigung hat?
Weil alle Welt wissen muss wer tangotanzt ?
Ohne Frage freut sich sicher jeder über ein schönes Erinnerungsfoto, aber muss das überall ungefragt gezeigt werden? Nur weil es das www gibt entbindend das nicht von Verantwortung. Ganz im Gegenteil.
Sticker, als Zeichen "Bitte fotografieren" ist das ein Beitrag zum "nicht reden " in einer Tanda?
Dann doch aber bitte eine Armbinde, sonst kann man(n) ? Sticker ? hab ich nicht gesehen .
Ich denke das meine Sicht provosierend für einige klingt und ist. Auch wurde es ja auch schon so oder so geäussert. ist es bleibt aber eine Frage der Sensibilität jedes Einzelnen. Keine Milonga sollte zur Darstellung von Profilneurosen benutzt werden. Obwohl das "Therapiepotential" in unsere Szene nicht gerade klein.
Ich werde meine Fotostrategie nochmal überdenken, aber Allen kann ich versichern keine persönlichen Fotos im Öffentlichen www.
con corazón Werner
zu Werner: Einer der Tele-Junkies gibt sich hier als Lamm. So geht das nicht. Werner, Du bist ein Teil des Problems!
… puh … @Anonym: Ich war schon unterwegs um Deinen unverschämten Kommentar zu löschen - aber dann wäre bestimmt wieder das Geschrei „Zensur“ von interessierter Seite losgegangen. Insofern lasse ich Dein unqualifiziertes Gebell vorläufig (!) erst einmal so stehen.
Wenn Du nicht den Mut aufbringst, ein Problem, das Du mit einem Fotografen hast, selbst zu lösen, warum benutzt Du mein Blog?
Ich bin es wirklich Leid, hier das „Kindermädchen“ zu spielen - nur weil sich offensichtlich einige Zeitgenossen nicht benehmen können.
Um es klar zu sagen: Ich bin im Zwiespalt: Einerseits mag ich nicht löschen, andererseits dulde ich kein Austragen „offener Rechnungen". Deine Anmerkung bewegt sich an der Grenze des Tolerierbaren bzw. überschreitet sie (und wenn der Betroffene es wünscht, werde ich Deine Anmerkung löschen).
Können wir dann wieder zum Thema zurückkehren?
noch ein Hinweis:
Hier
http://www.internet-law.de/2015/02/welche-fotos-darf-man-kuenftig-noch-anfertigen-und-verbreiten.html
ist zu lesen, dass das Neunundvierzigstes Gesetz zur Änderung des Strafgesetzbuches, das u.a. die Vorschrift des § 201a StGB (Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs durch Bildaufnahmen) neu gefasst wurde und vor wenigen Tagen in Kraft getreten ist. Die Regelung stellt eine Reaktion des Gesetzgebers auf den Fall Edathy dar und sollte eigentlich die Verbreitung von Nacktbildern von Kindern unter Strafe stellen.
Problematisch erscheint allerdings die Regelung des Abs. 2, der es unter Strafe stellt, eine Bildaufnahme Dritten zugänglich zu machen, die geeignet ist, dem Ansehen der abgebildeten Person erheblich zu schaden. Nachdem der strafrechtliche Begriff des Zugänglichmachens, anders als beispielsweise der urheberrechtliche, nach überwiegender Ansicht beispielsweise auch die Verlinkung umfasst, könnte diese Regelung gerade im Internetkontext weitreichende Konsequenzen haben.
Hier
http://www.jurablogs.com/go/fotografierte-passantin-verklagt-kuenstler-auf-schmerzensgeld
wurde ein Urteil des LG Berlin veröffentlicht, in dem eine fotografierte Passantin den Künstler auf Schmerzensgeld verklagte.
Das Landgericht Berlin hat darauf entschieden, dass die Beklagten die Klägerin in ihrem Persönlichkeitsrecht nicht schwer verletzt hätten. Die Fotografie zeige die Klägerin lediglich in einer normalen Alltagssituation, und es entstehe darüber hinaus nicht der Eindruck, sie hätte gerade das Pfandhaus verlassen. Allerdings habe die Klägerin glaubhaft versichert, dass sie die Ausstellung ihres Bildnisses im öffentlichen Raum als peinlich empfunden habe. Zudem werde die Klägerin aufgrund der öffentlichen überlebensgroßen Abbildung aus ihrer Anonymität herausgerissen und zur Diskussionsgrundlage für ihr fremde Menschen. Daher könne hier § 23 Abs. 1 Nr. 2 des Kunsturheberrechtsgesetzes geltend gemacht werden, wo es heißt, dass es nur dann keiner Einwilligung der abgebildeten Personen bedarf, wenn diese lediglich als zufälliges Beiwerk in einem Natur- oder Architekturfoto dienen. In der betreffenden Fotografie sei die Klägerin jedoch das zentrale Motiv, weshalb jede Veröffentlichung ihrer Einwilligung bedurft hätte.
@letzter Anonym: Das Urteil lehnt einen Schadensersatzanspruch aufgrund einer Fotografie ohne Einwilligung ab. Ich lese da nichts davon, dass nun ausdrücklich das Verhalten des Fotografen gerechtfertigt worden wäre. Meiner Meinung nach sind das zwei verschiedene Paar Schuhe.
Kommentar veröffentlichen