Montag, 31. August 2009

Für die neue Woche 26: Osvaldo Pugliese - La Bordona

Osvaldo Pugliese liebe ich sehr! Natürlich bin ich nicht gut genug um seine Tangos immer tanzen zu können. Für mich ist Pugliese ein wenig wie der späte Bach (Johann Sebastian natürlich!). Scheinbar hat er alles Formelle gelernt und dann die Freiheit erlangt, die Formen zu zerbrechen. Hmmm, ich bin kein Musik-Experte - ich habe nur einen spontanen Gedanken zitiert. La Bordona ist übrigens nicht einmal eine Komposition von Pugliese. Komponiert hat diesen Tango Emilio Balcarce. Über Emilio Balcarce gibt es den wunderschönen Film Si sos brujo - den muß ich hier auch demnächst dringend einmal vorstellen.

Sonntag, 30. August 2009

Leserbrief zum Thema: Tango und Bedürfnisse bzw. Bedürftigkeiten

Heute erreichte mich der Beitrag der Leserin JKD als Reaktion zum Thema Der Tango und die Bedürftigkeit. Ich stelle den Text wiederum ohne jegliche Änderung online. Ich finde ihn großartig und bedanke mich ganz herzlich!

Lieber Casiel,

Ja, die Frage nach den Bedürfnissen und Bedürftigkeiten, nach dem ‚Warum?‘ im Tango taucht, wie im Leben, immer wieder auf. Genau wie die Frage nach der Liebe oder dem Sinn des Seins. Geht man in dem auf, was man tut, ist zufrieden, vielleicht sogar selbstzufrieden, leichtherzig und voll der Freude, verliert sie oft ihre Bedeutung, aber nur kurz, denn kaum hat man eine ruhige Minute, ein einziges negatives Erlebnis, schon schleicht sie sich wieder aus dem Dunkeln heran und ruft laut: „Buh!“

Ich persönlich habe gelernt, meine Bedürfnisse nicht ausserhalb von mir zu definieren, sie sind Teil meiner selbst, und nur ich kann sie erfüllen, niemand und nichts sonst.

Und so kann ich auf eine Milonga gehen, allein, und still hinten sitzen, nur für mich. Ich kann das Treiben beobachten, ohne Teil von ihm zu sein.

Oh, lieber Casiel, verstehe mich bitte nicht falsch: Ich liebe den Tanz! Und ich liebe das Tanzen! Ich liebe den Zirkus, die Vorfreude, das Spiel, die Nähe, die Distanz. Das Unausgesprochene. Ich bin ehrgeizig und eitel. Ich liebe die geschundenen Füsse und zerrissenen Strümpfe. Den Rotwein, die Gemeinsamkeit und den Schweiss, manchmal die Tränen. Das Begehrtwerden, das Finden, sogar die Verletzungen. Den Höhenflug, wenn die Kommunikation nahezu perfekt ist und man zu schweben scheint. Ich gucke hin, ich gucke ab, ich gucke sogar manchmal abfällig. Es ist Teil meiner selbst geworden, der Tango schwingt immer mit, im täglichen Leben, auf Reisen und bei Begegnungen.

Aber die Freunde und Frustrationen, die er mir bereitet sind nur ein Splitter der Wahrheit, nur Teil des Ganzen, nur eine Schraube im Konstrukt.

Denn was mir wichtiger ist als das Tanzen selbst, die Antwort auf die Frage nach dem ‚Warum‘, das was mich nachts im Regen, wenn ich müde bin und die Füsse eigentlich schon von einem langen Tag schmerzen dann doch noch zu ihm treibt, ist etwas, dass ich nur bei ihm finde. Sicher entsteht das, was ich suche auch ganz woanders, aber ich habe es noch nirgends so deutlich gesehen.

Wenn ich spät im Halbdunkel sitze und zusehe, wenn ich dabei bin wenn eine ansonsten unscheinbare Frau zur schwebenden Göttin wird, wenn ein mit Halbglatze und in hässlich-buntes Hemd gehülltem Bierbauch versehener Mann ganz plötzlich den Raum regiert, ohne sich dessen bewusst zu sein, weil er selbst ganz bei sich und seiner Partnerin ist, dann habe ich eine Idee davon, was es ist, das ich suche.

Wenn die Nacht schon fast wieder zum Tag wird, wenn nur noch die Enthusiasten da sind, die nicht immer die mit den ausgefeiltesten Figuren sind, wenn die Beine und die Lider langsam schwer werden von der Kraft, die es kostet, die so gewollte Nähe zu ertragen, die Zurückweisung nicht persönlich zu nehmen und vom Rotwein, wenn das Make-up längst verschmiert und das sauber gebügelte Hemd verknittert und durchgeschwitzt ist, wenn der Platz auf der Tanzfläche immer größer wird und wenn niemand mehr auf seine Aussenwirkung bedacht ist, dann kann man es manchmal erleben.

Wenn dann, ganz ohne jede Vorwarnung, die Musik aufbraust und ein Ruck über die Tanzfläche fegt, wenn nicht mehr der Geist die Glieder treibt sondern der Rhythmus und das Herz, wenn die Paare nur noch eine Achse zu haben scheinen und wie von unsichtbarer Hand geführt einander genau den Raum geben, den sie brauchen, wenn man die Kraft, ja das Brutale, aber auch das Zärtliche und Fragile sieht, dass mit dem Führen und Folgen, mit dem Zusammenspiel einhergehen kann, wenn alles einer Choreographie zu folgen scheint, die die Individualität des einzelnen betont, wenn Piazzolla Perfektion sanft herbeizwingt, dann sieht man es, und dann weiß ich, was mein Bedürfnis ist und was ich in meinem Leben bedarf.

Schönheit.

Samstag, 29. August 2009

Juwelen bei YouTube 8: Die Anfänge des Tanzens

In dieser Woche hatte ich ja schon die wunderbare dreiteilige Dokumentation über die Musik der goldenen Ära bei YouTube verlinkt. Von diesem YouTube-Benutzer gibt es auch noch eine sehr interessante Dokumentation über die Anfänge des Tanzens. Parallelen in der Art und Weise wie diese Videos gemacht sind und einige gleiche Sequenzen lassen vermuten, daß beide Dokumentationen den gleichen (mir unbekannten) Ursprung haben. (Auch bei diesen Videos ist das Einbetten auf andere Websiten deaktiviert worden - also gibt es wieder Links zu den einzelnen Folgen.)

Die Dokumentation erschien wiederum im spanischen Original mit englischen Untertiteln.

Teil 1 (10:02) bei YouTube


Teil 2 (10:03) bei YouTube


Teil 3 (3:06) bei YouTube


Die Theorie (eine unter mehreren!), daß der Begriff Tango afrikanische Wurzeln hat, wird in diesem Video noch einmal ausführlich erläutert. Weiterhin wird eine vergleichsweise banale Erklärung für die Wurzeln des Tangos im Rotlicht-Milieu gegeben. Bedingt durch die unkontrollierte Immigration gab es einen dramatischen Männerüberschuss im Buenos Aires der damaligen Zeit (auf jede Frau kamen rein rechnerisch ca. 5 Männer). Das relativiert für meine Begriffe die romantische Verklärung der Ursprünge des Tanzes in den Hafenvierteln.

Viel Spaß beim Betrachten!

Freitag, 28. August 2009

Carlos Gavito - Noch ein Spruch zum Tango

Irgendwie gehen mir die beiden Kommentare des Lesers, der momentan in Buenos Aires weilt, nicht aus dem Kopf. Bevor das Wochenende kommt (ich darf nachher noch zum Tango) möchte ich doch vielleicht noch ein Tango-Zitat veröffentlichen. Ja, es ist von einem Milonguero und er war Argentinier. Insofern stimmt es vielleicht nicht so ganz, daß sich der typisch argentinische Milonguero keine tieferen Gedanken macht. Möglicherweise äußert er sie ja nur nicht? Inhaltlich bewegt sich dieses Zitat in eine ähnliche Richtung, wie die bereits erwähnten Worte von Jaimes Friedgen... insofern darf man mir zu Recht Redundanz vorhalten. Aber manchmal müssen bestimmte Weisheiten wohl häufiger mit anderen Worten wiederholt werden. ;-)


Das Wichtigste ist es zu wissen, warum wir tanzen wollen. Wir tanzen die Einsamkeit in uns, die wir durch nichts kompensieren können. Diese Lücke, in deren Leere wir Bewegung bringen, ist der Tango.
The important thing is to know why we want to dance. We dance a solitude that we have inside us and cannot occupy with anything. This gap, that emptiness to which we put movement is the tango.
Lo importante es saber para qué queremos bailar. Bailamos una soledad que tenemos dentro de nosotros y no la podemos ocupar con nada. Ese vacío al que le ponemos movimiento es el tango.
Carlos Gavito (1942 -2005) zitiert nach La potranca
englische Übersetung Tango Commuter
[deutsche Übersetzung ergänzt]


Donnerstag, 27. August 2009

Tango im Film 16: El último bandoneón

Ich sitze noch im Büro. Bevor ich heimgehe stelle ich noch schnell einen Trailer ein, den ich neulich gefunden habe. El último bandoneón (Venezuela 2006) erwähnt noch einmal das Doppel-A-Bandoneón, das ich hier schon einmal erwähnt hatte. Ich kenne den Film nicht, aber der Trailer zeigt wohl, daß man ihn gesehen haben sollte.

Mittwoch, 26. August 2009

And Now for Something Completely Different



:-)))

Dienstag, 25. August 2009

Juwelen bei YouTube 7: Una Historia del Tango

Schon ein eigenartiges Leben. Ich bin gestern abend heimgekommen und habe noch schnell den überfälligen Gastbeitrag: "Tango in Berlin" eingestellt und dann gab es zuerst für meinen vierbeinigen Mitbewohner ein Abendessen und für mich ein paar Nudeln mit irgendeinem Wildlachs, der ziemlich reglos in meinem Tiefkühlfach lag. Dann Sofa! Ich habe mir dann noch die CD Medianoche (Anibal Troilo mit Jorge Casal und Raúl Berón) angehört - die durfte mal auf irgendeinem CD-Flohmarkt mit. Eigenartig, irgendwie finde ich nicht den richtigen Zugang zu Troilo. Später habe ich dann noch ein wenig lust- und ziellos bei YouTube geschnuppert und plötzlich hakte mein Interesse bei einem dreiteiligen Beitrag ein. Ich war dann zu müde, noch einen Artikel zu schreiben.

An dieser Stelle möchte ich meiner verehrten Leserschaft keinesfalls ein kleines Juwel bei YouTube vorenthalten. Wer die Ruhe hat, knapp 25 Minuten in seinen Rechner zu schauen, der kann sich über die großen Orquestas des goldenen Zeitalters informieren. Ich kann keine näheren Angaben zur Herkunft dieser Dokumentation machen. Ich verlinke die drei Teile hier einmal. (Aus für mich nicht nachvollziehbaren Gründen hat der Einlieferer bei YouTube das Einbetten der Videos unterbunden, na ja, dann gibt es eben Links zu den entsprechenden Seiten bei YouTube.)

Die Dokumentation erschien im spanischen Original mit englischen Untertiteln.






Was nach meiner höchst subjektiven Meinung den Wert dieser Videos bestimmt? In der Kürze der Zeit ist es gelungen, die spezifischen Eigenheiten einiger großer Interpreten vorzustellen. Sicherlich muß man bei 25 Minuten Länge einige Abstriche machen... insgesamt gesehen ist das m.E. ein sehr wertvoller Beitrag.

So, jetzt muß ich mein Monster lüften. ;-) Die Diskussion von anonym#1 ... anonym#x im letzten Beitrag überfordert mich gerade. Ich antworte später. Allen Leserinnen und Lesern einen wunderschönen Tag!

Montag, 24. August 2009

Leserbrief: Die Tango-Szene in Berlin

Mich erreichte bereits vor einigen Tagen eine überaus freundliche Zuschrift eines Lesers aus Berlin. Leider hat mein SPAM-Filter diese eMail aussortiert (vielleicht lag das an dem angehängten Word-Dokument). Aus diesem Grund blieb die eMail Tage unbearbeitet und unbeantwortet liegen. Ich veröffentliche den eingesandten Text unverändert.

Hallo Cassiel,

danke für deinen Tangoblog.

ich weiß nicht ob meine Anlage (ein paar Gedanken von mir und evtl. auch tips für Milongas in Berlin) für dich oder die Bloggemeinde von Interesse ist, ich denke wenn du es interessant findest wirst du es nutzen.

liebe grüße

tangofriend



Und dann war dieses Word-Dokument angehängt:



Hallo und liebe Grüße aus Berlin.

Erst mal ein Kompliment für deinen Tangoblog. Ich lese ihn seit einiger Zeit. Zum Anfang war es eine Hilfe die mich zum Teil davon abhielt mit dem Tango aufzuhören. (ja, du liest richtig). Vieles was mir in der Berliner Tangoszene passierte fand ich in ähnlicher Form bei dir auch beschrieben wieder und da waren halt sehr viele Negativerlebnisse, angefangen von nicht zum Tanzen kommen, weil ich mir als Anfänger nur Körbe einfing bis zu Kampfmilonga pur (Ich war manchmal froh ohne Verletzung nach Haus zu kommen). Aber deine Berichte gaben mir Mut, das es nicht nur mir so ging und das eine oder andere Mal gab es auch schon mal schöne Tangoerlebnisse.

Ich tanze nun seit knapp zwei Jahren Tango (als führender Mann). Wenn ich mich heute betrachte bin ich wohl etwas verrückt. In Berlin kann man jeden Tag zu mindestens zwei bis drei Milongas gehen und das koste ich leidlich aus. Ich gehe im schnitt 5-6 Tage in der Woche Tangotanzen.

Ich möchte einfach mal die Milongas, die ich so besuche kurz beschreiben, (Sicht eines Berliners für evtl. Besucher?). Meistens ist die Musik in Tandas, ohne Cortina, aufgeteilt. Es ist sicher eine subjektive Betrachtung die ich hier wiedergebe, aber vielleicht ein Anhalt für andere.

Montags und Mittwochs –Milonga im Freien am Monbijouplatz (Strandbar)Mittwoch meist Kampfmilonga, man sucht oft vergeblich die Tanzrichtung, die Könner machen schöne, ausladende Schrittkombinationen incl. Boleos die den Nachbarn treffen (der wird schon Platz machen). Und ab und zu hat man auch die Rechtsüberholer oder die Bewegungslosen. Und nicht zu vergessen die Spurwechsler. Zuguter letzt sind noch ein paar Konversationskünstler, die auf der Tanzfläche ein wichtiges Gespräch führen müssen. Die Musik ist aus der Konserve, klassischer Tango, in Tandas aufgeteilt, in guter Mischung.

Montag ist, wenn kein Monbijou, dann Turnhalle angesagt. Wenig Kampf auf der Tanzfläche aber mehr Kampf nach einer Tanzpartnerin. (Körbe verteilen ist in!) Zum Teil nur tanzen mit denen die man kennt, aber nicht mit dem Fremden (schade, Frau weiß gar nicht was sie versäumt). (wohl gemerkt, mir persönlich ergeht es nicht mehr so krass, da mich inzwischen ein bis zwei Damen kennen und auch mal mit mir tanzen.) Musik ist aus der Konserve, in Tandas und Cortinas aufgeteilt und deckt das gesamte Repertoir mit Hauptschwerpunkt aber klassisch ab (von ganz Klassisch bis Neotango).

Dienstag dann in Clärchens Ballhaus oder BeBop. Clärchen: es gibt eine Vorzugstanzrichtung die nicht immer eingehalten wird, das eine oder andere Mal gibt es schon mal einen Schubser. Sehr spät kommen dann die Profis und versuchen platzgreifend zu tanzen (meist Tanzlehrer, ich frage mich wo da die Vorbildfunktion bleibt). Wer Essensgeruch (ist halt auch eine Gaststätte) und helles Licht mag ist hier aber nicht schlecht aufgehoben. Die Musik ist eine Mischung klassisch bis Neotango (aber im wirklich guten Verhältnis)
Bebop: ist für klassische Tangotänzer richtig. Es gibt Tanzrichtung, man hält sich oft an die Etiquette (Auffordern mit Blickkontakt usw.) Es ist aber etwas Altbacken. Ab und zu gibt es Livemusik.

Mittwoch: Malajunta
Klassische Tangomusik (oft gute Mischung). Meist diszipliniertes Tanzen zum Teil mit hoher Tanzqualität. (bei denen die es können!) Es kommt vor, das Damen nicht aufgefordert werden.
Einige Tangotänzer(innen) fühlen sich hier nicht wohl (ich kann nicht beschreiben warum das so ist)

Donnerstag ist Osthafen (Spreebar) oder Villa Kreuzberg angesagt:
Osthafen (im Sommer auf der Terrasse im Freien). Die Musik ist eine Mischung klassisch bis Neotango. Die Gesprächs-/Geräuschkulisse ist manchmal etwas zu laut. Obwohl nie wirklich so voll kommt es doch zu Rempelein oder mal einen Boleoabsatz im Schenkel. Die Tanzrichtung existiert aussen noch ganz gut aber im Innenraum mischt sich alles. Die Herren sind hier etwas aufforderungsfaul (warum ist mir ein Rätsel).
Villa Kreuzberg: Gute klassische Tangomusik (fast ideale klassische Mischung, abhängig von Stimmung und eigenem Empfinden). Meist diszipliniertes Tanzen zum Teil mit hoher Tanzqualität. (bei denen die es können!)

Freitag dann Yeite, Walzer links gestrickt, Haus der Sinne

Wer sich für „in“ hält geht ins Yeite oder Haus der Sinne. Yeite: ab und zu mit Livemusik, sonst Konservenmusik mit wechselnden DJ. Es wirkt irgendwie immer etwas steril. Jedes Mal ist es ein wenig anders was die Tangodisziplin angeht. Das Spektrum reicht von keinen Tanzpartner finden (beide Geschlechter vergeben Körbe oder Aufforderungsfaulheit) über Rempelein bis zu vertreiben von der Tanzfläche weil Profis sich verwirklichen wollen.

Wer mal Tango anders haben will geht ins Haus der Sinne. Hier kann einem alles passieren. Ist der DJ schräg drauf kommen Nontango die teilweise grenzwertig sind. Man tanzt um einen Pfeiler in der Mitte des Raums. Es sind oft Pärchen oder Gruppen die nicht mit anderen tanzen dort. (man kennt sich…..)

Walzer Links Gestrickt ist das was man sich unter einer klassischen Millonga vorstellt. Eher etwas älteres Publikum, klassische Konserventango, altbacken. Es wird tanzbare Musik gespielt. Tandas sind aber ncht immer klar abgegrenzt.

Freitag gibt es nun auch noch „Millonga Tanzen macht schön“ in Kreuzberg. Helles Licht, klassischer Tango gemischt mit allen anderen Tangoarten. (war dort noch nicht so oft, daher noch etwas schwer einschätzbar.) Erster Eindruck: Die Tanzrichtung existiert aussen noch ganz gut aber im Innenraum mischt sich alles. Ein wenig entsteht der Eindruck das man sich in einer Tanzschule befindet. Ein wenig kühle Athmosphäre.

Samstag sind Rixdorf, Art13, Tangoloft die angesagten Orte
Rixdorf ist klassisch schön aber ein wenig von der Stimmung des DJ abhängig (schlechter Tag = schlechte Musik) ab und zu Livemusik. Jedes Mal ist es ein wenig anders was die Tangodisziplin angeht. Das Spektrum reicht von keinen Tanzpartner finden (Aufforderungsfaulheit, Damen verteilen ab und an Körbe) bis Rempelein . Spät kommen die Profis und toben sich aus (der eine oder andere kommt auch mal früher und zeigt was er so draufhat, dann ist man wiedermal deprimiert.
Art13: Eine Milonga mit relativ viel Platz, weniger stark besucht, Aufforderungsfaulheit der Männer (Viele Damen bleiben sitzen oder gehen ohne getanzt zu haben), Musik alle Tangovarianten bis hin zu Nontango. Eigentlich könnte diese Milonga wirklich schön sein, aber irgendwie läufts nicht rund.
Tangoloft muß man einfach gesehen haben, man muß hier einfach getanzt haben! Außer Samstag ist das der angesagte Ort am Sonntag.

Wunderbar und liebvoll zurecht gemacht (Überall sind Blumen, Kerzenschein am Abend) eine gefühlvolle Tangoatmosphäre wie ich sie selten erlebt habe ist dort normal. Das bedingt auch das es oft sehr voll ist und nicht unbedingt immer sehr diszipliniert getanzt wird.
Auch hier kommt es vor, das Profis sich darstellen müssen. Am Sonntag beginnt die Milonga schon um 15 Uhr (da ist es noch fast leer, so wie Samstag um 22 Uhr) das ist für unsichere Tangotänzer dann ein wundervoller Ort zu tanzen!!! Die Musik ist stärker modernlastig (gesamtes Spectrum), aus der Konserve, aber gut zusammengestellt. Ab und zu gibt es Livemusik.

Einmal im Monat im Sommer , Sonntag, gibt es das Radialsystem.
Open Air unter dem Dach an der Spree. klassischer Schwerpunkt mit bei hoher Fülle einigen Rempeleien. Aber ich habe hier das erste Mal erlebt, das sich jemand wegen Rempeln bei mir entschuldigt hat. Die Atmosphäre ist irgendwie einfach schön.

Eine kleine Ergänzung sei mir gestattet: Alle regelmäßigen Milongas in Berlin finden sich bei tangokultur.info. So, ich bedanke mich ganz herzlich beim Autor tangofriend für die Mühe, die er sich gemacht hat. Ich kenne nicht alle erwähnten Milongas, deswegen muß ich den Text als subjektive Meinungsäußerung eines Lesers kennzeichnen. Ich bitte Veranstalter von nicht erwähnten Milongas nun sportlich zu reagieren und nicht beleidigt zu sein. Natürlich dürfen Hinweise auf weitere Milongas in Kommentaren gegeben werden.

Und noch eine Anmerkung in eigener Sache: Ich freue mich über Leserbriefe per eMail. Bitte beim Erstkontakt keine Dateien anhängen. Das mag mein SPAM-Filter nicht. Ist eine eMail-Adresse erst einmal bei mir bekannt, dann können auch Dokumente an eMails angehängt werden.

Für die neue Woche 25: Alfredo De Angelis - Mi dolor

Die 25. Folge der Serie Für die neue Woche bringt heute Mi dolor von Alfredo De Angelis. Ich finde, dies ist ein würdiger Tango für ein kleines Jubiläum. In meiner Tango-Frühphase habe ich viel Musik von De Angelis gehört (die CD aus der Serie From Argentina To The World war eine meiner ersten Tango CDs) zwischendurch war mir ab und an die Musik zu eindimensional und mittlerweile nähere ich mich wieder freundlich an und so ab und zu eine Tanda De Angelis finde ich schon wieder gut. Er wird für mich nie den Stellenwert von Di Sarli, Caló oder Pugliese erreichen können, das muß ja auch nicht sein. Die hier vorgestellte rein instrumentale Version von Mi dolor gehört (neben dem großartigen Tango Gloria) zu meinen all-time-favorites.

Diesen Titel habe ich letzte Woche zufällig bei imeem.com gefunden. Er ist dort ohne Interpret und Genre abgelegt. Ein echter Zufallstreffer, der mich sehr gefreut hat.



Allen Leserinnen und Lesern wünsche ich einen guten Start in die neue Woche.

Samstag, 22. August 2009

Forschungsarbeit: Der Tango Argentino im heutigen Buenos Aires

Bei GoogleBooks habe ich in Ausschnitten die Forschungsarbeit von Anna Beutler: Der Tango Argentino im heutigen Buenos Aires gefunden. Ich möchte diesen Text meinen Leserinnen und Lesern nicht vorenthalten. Ich war zunächst überrascht. Eine Vielzahl von Statistiken und Diagrammen prägt das Erscheinungsbild gegen Ende des Buches. Und es werden alle Umstände, die ich schon lange vermutet habe, bzw. die ich aus Erzählungen oder irgendwelchen Medien kannte, bestätigt. Insofern war die Lektüre eine kleine Enttäuschung. Das relativiert sich, wenn man bedenkt, daß diese Arbeit auf BsAs-Aufenthalte in den späten 90er Jahren aufbaut.

Sehr eigenartig ist der Umgang mit GoogleBooks. Da kann man nur einige Seiten eines Werkes anzeigen lassen und einige Seiten sind überhaupt nicht eingestellt. Ich werde mich an diese Art des Lesens erst gewöhnen müssen.

Die Arbeit könnte man immer noch für knapp 40 Euro kaufen. Das ist mir aber -ehrlich gesagt- zu teuer.

Mittwoch, 19. August 2009

Der Tango und die vier Spiegelgesetze

Zwei Ereignisse dieses Tages lassen mich noch schnell einen Beitrag schreiben. Zunächst war da erst einmal der Artikel vom Blogger Kollegen Patrick. Er schrieb in der ihm eigenen augenzwinkernden Art zum Thema: Ablehnende Frauen und stinkende Männer und rezensierte einen Blog-Eintrag von Angelina Tanguera mit einem Kommentar von Arlene. Der zweite Grund war ein Kommentar von der Kollegin Elbnymphe, die als Reaktion auf einen Beitrag von mir vorschlug, die vier Spiegelgesetze nicht in einem Kommentar zu verstecken, sondern einen eigenen Artikel zu schreiben. Diesem Wunsch komme ich hiermit gerne nach.

  1. Spiegelgesetz
    Alles, was mich am anderen stört, ärgert, aufregt oder in Wut geraten lässt und ich anders haben will, habe ich selbst in mir.
    Alles, was ich am anderen kritisiere oder sogar bekämpfe und verändern will, kritisiere, bekämpfe oder unterdrücke ich in Wahrheit in mir und hätte es gerne anders.

    In den Tango-Kontext übersetzt:
    Negative Gefühle einem Tanguero / einer Tanguera gegenüber können darauf zurückzuführen sein, daß ich etwas in mir habe, was ich ablehne und es deshalb heftig bei einem anderen Menschen beim Tango ablehene. Es ist nämlich leichter, unangenehme Wesenszüge bei anderen (anstatt bei mir selbst) zu kritisieren.

  2. Spiegelgesetz
    Alles, was der andere an mir kritisiert, bekämpft und verändern will und ich mich deswegen verletzt fühle, so betrifft es mich - ist dies in mir noch nicht erlöst, meine gegenwärtige Persönlichkeit fühlt sich beleidigt - der Egoismus ist noch stark.

    In den Tango-Kontext übersetzt:
    Verletzt mich eine Kritik von einem Mitmenschen beim Tango, dann ist zu vermuten, daß seine Kritik möglicherweise berechtigt ist. Ich fühle mich ertappt und rege mich vielleicht deshalb so auf.

  3. Spiegelgesetz
    Alles, was der andere an mir kritisiert und mir vorwirft oder anders haben will und bekämpft und mich dies nicht berührt, ist es sein eigenes Bild, sein eigener Charakter, seine eigenen Unzulänglichkeiten, die er auf mich projiziert.

    In den Tango-Kontext übersetzt:
    Berührt mich eine von außen an mich herangetragene ablehnende Haltung, eine Kritik beim Tango nicht, kann ich sie also einfach so stehen lassen, dann darf ich davon ausgehen, daß dieser Mitmensch ein Problem hat, das er auf mich projeziert. Dieses darf ich dann freundlich bei ihm lassen. Es ist sein Problem - nicht meines.

  4. Spiegelgesetz
    Alles, was mir am anderen gefällt, was ich an ihm liebe, bin ich selbst, habe ich selbst in mir und liebe dies im anderen. ich erkenne mich selbst im anderen - in diesen Angelegenheiten sind wir eins.

    Das muß ich nun wohl nicht in den Tango-Kontext übersetzen.


Und nun übernehme ich diese Spiegelgesetze in meinen Tango:
Weigert sich eine Tanguera, sich von mir auffordern zu lassen, so liegt es wohl kaum an Äußerlichkeiten (ich dusche unmittelbar vor jeder Milonga und ziehe immer frische Kleidung an). Vielleicht gibt es etwas in meinem Wesen, was ihr nicht gefällt. Das ist ihr gutes Recht. Umgekehrt kommt das ja schließlich auch manchmal (selten) vor, daß ich aus irgendwelchen Gründen mit einer Tanguera nicht tanzen mag. Weil ich den argentinischen Weg des Aufforderns wähle (el cabeceo), bemerkt niemand etwas. Wir beide bleiben unverletzt.

Ich nehme den berechtigten Teil ihres Unbehagens zu mir und den unberechtigten Teil lasse ich bei ihr. Und so lasse ich diese Inkompatibilität einfach stehen. Ich rege mich darüber nicht auf. Ich denke, mit dieser Haltung wird man immer zu schönen und erfüllenden Tandas gelangen.

Ungelöst bleibt das Problem der Tango-Trampeltiere...

Tango im Film 15: Cafe de los Maestros

Über diesen Dokumentarfilm aus dem letzten Jahr bin ich zufällig bei Youtube gestolpert. In diesem Film geht es, ähnlich wie in dem Film Si sos brujos (den habe ich hier auch noch nicht vorgestellt), um die letzten noch lebenden Musiker aus dem goldenen Zeitalter des Tangos.

Für mich ist es immer ein besonderer Reiz, wenn große Orchester zu hören sind. Natürlich kommt der Tango auch musikalisch unspektakulär beim Zuhörer an - da reichen wenige Instrumente. Wenn aber ein Orchester kraftvoll und reich instrumentiert (in dem oben erwähnten Film Si sos brujos gibt es ein Orchester mit 8 Bandoneons) antritt, dann hat das für mich eine ganz spezielle Note.

Ich werde mir wohl die DVD bestellen müssen.

Montag, 17. August 2009

Für die neue Woche 24: Alfredo Gobbi - Racing Club

Diese Woche gibt es einen instrumentalen Tango, der vergleichsweise häufig eingespielt wurde. Ich stelle die Interpretationen von Alfredo Gobbi und Ángel D'Agostino gegenüber. Über diesen Tango kann ich nicht viel schreiben. Es ist ein solider Instrumental-Tango der frühen goldenen Ära. Es gibt auch Einspielungen von Biagi und Di Sarli.

Alfredo Gobbi, ursprünglich ein Geiger, hat einige schöne Tangos eingespielt, die auf keiner längeren Milonga fehlen sollten. Ich persönlich lege gerne seine Valses auf.


Ángel D'Agostino gehört (zusammen mit Angel Vargas) zu den Big Eight. Seine Version von Racing Club ist deutlich akzentuierter und energiereicher.


Und so wähle ich diesen Tango in zwei verschiedenen Versionen als unspektakulären Gruß für die neue Woche - für die ich den Leserinnen und Lesern hier alles erdenklich Gute wünsche.

Freitag, 14. August 2009

Der Tango und die Bedürftigkeit

Es ist jetzt schon einige Wochen her, da kommentierte eine Leserin bzw. ein Leser wie folgt:

Auf diese Frage (Warum gehe ich zur Milonga?) mag wohl niemand eingehen. Ist diese Frage unangenehm? Für mich ist dieses Spannungsfeld zwischen intimster Nähe, aber ohne Verbindlichkeiten (oder vielleicht doch?) ein sehr reizvoller Grund. Oder ist diese Welt ein Ersatz für nicht vorhandene oder gestörte Beziehungen? [...]
Ich habe jetzt einige Zeit intensiv nachgedacht und nun entscheide ich mich spontan zu diesem Thema zu schreiben. Vielleicht gibt es eben eine tiefere Bedürftigkeit zum Tango zu gehen. Möglicherweise ernte ich zunächst einmal ein Kopfschütteln von meiner Leserschaft. Irgendetwas sagt mir aber, da lohnt das Hinschauen bzw. das Hinfühlen. Die Gedanken wurden neulich (als Folge des Beitrags über den Unterricht auf Milongas) wieder konkreter. Ich denke, mit diesem Artikel wird es nun fär alle emotional etwas dichter - insofern bin ich ganz froh, daß wir hier Pseudonyme verwenden.


Der Tango und die Bedürftigkeit bzw. Bedürftigkeiten

Vielleicht unterscheiden wir gleich zu Beginn zwei Fälle: Die eigene Bedürftigkeit und die Bedürftigkeiten der Umgebung. Die eigene Bedürftigkeit zuzugeben und zuzulassen ist vielleicht eine Gratwanderung. Haben wir doch alle gelernt, uns in Tango-Kontexten unverletzbar zu geben. Die Verletzungen, die entstehen können sind vielfältig. Ein Nicht-Beachtet-Werden von anderen Tänzern, ein Herabwürdigung allein durch den Umstand, daß ein anderer Tanguero, eine andere Tanguera vorgezogen wird, ein unbedachtes oder gar unsensibles Wort vom aktuellen Tanzpartner usw. All diese Umstände haben uns dazu geführt, uns möglich unverletzbar werden zu lassen. Aber -sind wir ehrlich- es gibt die Stelle wo auch unser virtuelles Lindenblatt lag, als wir im Drachenblut badeten (ich hoffe, alle erinnern sich an die Nibelungensage; Siegfried badete im Drachenblut und wurde unverwundbar, nur eine Stelle, die von einem Lindenblatt bedeckt war, war ungeschützt). Tiefere Kommunikation und Nähe im Tango ist aber für mein Verständnis nur möglich, wenn man die eigene Verletzbarkeit zulässt und sie auch ein Stück weit zeigt. Ansonsten kommt man in die Nähe einer Tango-Maschine und wird nicht mehr als Mensch wahrgenommen. Wie weit wir unsere eigene Bedürftigkeit zulassen und wann wir intervenieren, das muß vermutlich jeder für sich entscheiden. Ich kenne z.B. Tangueras, die konsequent eine Milonga verlassen, wenn sie länger sitzen. Ich finde es immer schade, aber ich kann diese Damen verstehen.

Eingangs hatte ich ja auch die Bedürftigkeiten des Umfeldes angesprochen. Das ist m.E. auch ein wichtiger Punkt. Es gibt für mein Verständnis legitime Bedürftigkeiten des Umfeldes, die mich veranlassen rücksichtsvoll auf einer Milonga zu agieren. Z.B. verkneife ich mir lautes und polterndes Verhalten - andere könnten davon gestört sein. Und es gibt für meine Begriffe überzogene und damit illegitime Bedürftigkeiten. Dazu mag beispielsweise der Zwang zum unangeforderten Spontan-Unterricht gehören. Wenn solche Bedürftigkeiten ihre Wurzel in dem Narzissmus einiger Mitmenschen haben, dann bin ich nicht verpflichtet, diese Bedürftigkeiten zu erfüllen (gut, als Tanguero kommt man da nicht so schnell in Bedrängnis wie Tangueras). Die Frage bleibt: Muß ich sie wortlos zu erdulden? Meine höchst subjektive Lösung ist das höfliche Schweigen. Das hatte ich hier ja schon mehrfach ausgeführt. Ich gebe gerne zu, daß man das auch anders lösen kann.

Und so reduziere ich die Frage "Warum gehe ich zur Milonga?" (siehe oben: Das Zitat aus dem Kommentar) auf einen Handel mit Bedürftigkeiten. Ich wünsche mir eine Erfüllung meiner Bedürfnisse und bin im Gegenzug bereit, (legitime) Bedürfnisse meines Umfeldes zu erfüllen.

So, jetzt habe ich mal ein Thema angerissen und ich warte gespannt auf weiterführende Gedanken und Ideen. Allen Leserinnen und Lesern wünsche ich ein wunderschönes Wochenende mit erfüllten Tangos ... und am Montag treffen wir uns dann zu einer neuen Ausgabe der Serie "Für die neue Woche".

;-)

Donnerstag, 13. August 2009

Tango im Film 14: Schindlers Liste

Wieder einmal finde ich kaum Zeit, längere Beiträge zu verfassen. Gut! Dann gibt es eben ein kurzes Video. Es sind Szenen aus Schindlers Liste von Steven Spielberg (1993) unterlegt mit Por una cabeca gesungen von Carlos Gardel. Ich finde diese (Video-)Bearbeitung wirklich gelungen und die Blicke, die Kommunikation ohne Worte, die vermittelt wird, hat doch sehr viel mit dem Tango zu tun.

Und es ist schon ein wenig eigenartig. Por una cabeza begegnet mir innerhalb weniger Tage zum zweiten Mal (dieser Tango kam auch in dem Film Der letzte Applaus vor). Ich verlinke hier auch noch den Text (im spanischen Original und in der englischen Übersetzung).



So. Und dann war ich noch neugierig, ob es irgendwelche Informationen zum Thema: "Tango im 3. Reich" im Internet gibt. Beim Googlen fand ich auf Anhieb diese Seite. Tango-Bubis bzw. Tango-Jünglinge waren Schimpfworte in der NS-Zeit (wenn man die ganze Seite liest, dann weiß man, dieser Sprachgebrauch hat sich auch noch in der ehemaligen DDR fortgesetzt).

"Der HJ Streifendienst nahm seine Aufgabe der Überwachung von 'Verwahrlosungs- und Zersetzungserscheinungen' in Eimsbüttel mit Härte wahr. "Tango-Jünglinge" oder "Swing-Heinis" wurden von den Streifendienstlern oft brutal verprügelt. Der Eimsbüttler Swing-Heini Gunter Lust erinnert sich:
'Immer wieder wurde man aus den Lokalen und Kinos herausgeholt, verprügelt und zu Wochenendarbeit verurteilt. Dies schmeckte uns gar nicht. Mich hatte die Streifen HJ eines abends, als man mich nach 22 Uhr noch auf der Straße antraf, in ein Treppenhaus gezerrt und gottjämmerlich verprügelt. Meine Freundin, die ich bei mir hatte, ließ man wieder laufen.'..(...)
Solche Schlägereien hatten nichts mehr mit den harmlosen Kämpfen "Straße gegen Straße" zu tun, die die Kinder und Jugendlichen in Eimsbüttel immer einmal wieder gegeneinander austrugen und von denen viele Zeitzeugen noch heute mit Begeisterung berichten. Das war bitterer Ernst. Einige Jugendliche, die sich zur Wehr setzten, gerieten sogar in die Fänge der Gestapo."(HBS)

Montag, 10. August 2009

Für die neue Woche 23: Rodolfo Biagi - Gólgota

Hmmm... mich beschäftigt noch immer der Film von gestern; Ich habe versucht, darüber zu schreiben. Jetzt gilt es aber noch schnell meinen musikalischen Kurzgruß für die neue Woche zu formulieren...

Biagi war hier auch noch nicht dran. Das gilt es nachzuholen. Gólgota, ein Tango, gesungen von Teófilo Ibáñez (glaub' ich jedenfalls), soll als Hörprobe für diesen Interpreten dienen.

Der Tango von Rodolfo Biagi ist eine sichere Wahl für den ersten Teil einer Milonga. Ist doch (fast) jedes Stück sehr gut tanzbar.

Allen Leserinnen und Lesern wünsche ich einen guten Start in die neue Woche.

Nachtrag: Der letzte Applaus - El ultimo aplauso

So! Montagmorgen. Die Pflicht ruft und meine Serie Für die neue Woche wartet auf einen neuen Beitrag. Natürlich schreibe ich die Tangoplauderei nicht als Beruf (nebenbei bemerkt: Noch nicht einmal als Berufung), es ist mir einfach ein Bedürfnis. Serien sind eine Krücke, die mich manchmal über die Phasen mangelnder Inspiration hinwegträgt. Doch heute gibt es ausnahmsweise vor der Pflicht die Kür.

Das Wochenende war ruhig. Freitag Milonga... ohne besondere Highlights. Samstag wollte ich eigentlich zu einem OpenAir-Fest, war dann aber menschenscheu und fühlte mich größeren Menschenansammlungen nicht gewachsen und gestern (Sonntag) hatte ich eigentlich das Bedürfnis mich einzuigeln. Da war aber noch eine Kinoverabredung mit einer Tanguera. Der letzte Applaus (Originaltitel: El ultimo aplauso Regie: Germán Kral) lief endlich auch hier. Ein kleines Kino (so klein, daß der Vorführraum nicht das Abspielen eines kompletten Films ermöglicht, deshalb gibt es immer eine kurze Pause - Rollenwechsel), keine zehn Zuschauer (von denen einige in der Pause gingen) und trotzdem war der Film eine Offenbarung.

Nach der Heimkehr noch schnell im Internet nachgesehen... was schreiben die Experten? Da war viel oberflächlicher Mist (Sorry für die harten Worte - aber wenn ich bei der Deutschen Welle wieder einmal in einer Bildunterschrift das Wort Erotik lesen muß, dann überkommt mich unwillkürlich ein Würgereflex). OK! Dann muß ich es wohl selbst versuchen und meine Eindrücke kurz skizzieren:

Es ist vollkommen subjektiv! Was blieb vom Film? Zunächst das Bild einer Metropole. Mit einer starken Tele-Einstellung wurde kurz auf den x-spurigen Verkehr von Buenos Aires gehalten. Das Individuum auf der Suche nach (Be-)Achtung für die eigene Geschichte und die eigene Tragik muß ein Ventil finden, das eine Existenz möglich macht. Bei den vorgestellten Menschen war es der Tango. Und ein weiterer Gedanke, der mir im Hirn blieb: In einer Interviewsituation sagte jemand, kein Einwanderer habe einen Tango gechrieben, es waren immer die Nachkommen. So macht es dann doch irgendwie Sinn: Der Tango als Mangelkompensation (auch in der Folge-Generation). Es gab auffällig viele Szenen auf dem Friedhof... der Tango als verzweifelt lebenshungrige Antwort auf das Faktum der Begrenztheit menschlicher Existenz und die Protagonisten waren wirtschaftlich alle mehr oder weniger in Nöten (einer war kurz davor, sein Haus zu verlieren). Also gut: Das war Tango in BsAs! Und was macht unser Tango hier in Europa? Häufig genug leben wir unsere Luxus-Problemchen und -Neurosen im Tango aus... und (um Mißverständnissen vorzubeugen) es ist vollkommen legitim. Das hat aber wohl kaum etwas mit dem Tango in Argentinien zu tun...

Natürlich greift die plakative Idee, der Film sei eine argentinische Ausgabe des Buena Vista Social Clubs. Dieser Ansatz verstellt aber m.E. den Zugang zm Tango in BsAs. Den Schwermut, der in originalen Tangokontexten in Buenos Aires immer zu finden ist, wird man in Havanna lange suchen müssen (ohne ihn jemals zu finden - ich weiß, wovon ich schreibe: Ich habe einmal 10 Tage in Havanna den wunderschönen Friedhof fotografiert).

So bleibt die Erinnerung an einen intensiven Film. (Gut, daß es in Deutschland noch öffentliche Förderung für solche Projekte gibt. Wie lange noch?) Ich werde wohl noch einige Zeit über diesen Film nachdenken müssen.

Donnerstag, 6. August 2009

Aus gegebenem Anlass...

... und ich schreibe gleich am Anfang, daß dies meine höchst subjektive Meinung ist. Verehrte Tangueros:

Kein Unterricht auf Milongas PUNKT

Diese elementare Grundregel wird leider viel zu häufig verletzt. Vielleicht bin ich ja super-altmodisch, aber ich denke, es ist u.a. eine der vornehmsten Pflichten des Tangueros, seine aktuelle Tanzpartnerin gut und elegant aussehen zu lassen. Wenn dann ein Tanguero versucht, beispielsweise eine wilde Gancho-Kombination zu unterrichten, dann artet das sehr leicht in Figurenturnen aus. Die Musik, der Rhythmus und die Grundstimmung bleiben auf der Strecke und die verbalen Instruktionen des Hilfslehrers sowie die raumgreifende Art des "Unterrichts" stören die gesamte tanzende Umgebung.

Was geht eigentlich in den Köpfen dieser Hilfslehrer vor? Sind sie der Meinung, daß sie besonders berufen sind, Tangueras mit neuen komplizierten Figuren zu beglücken? Ist diesen Menschen noch nie in den Sinn gekommen, daß es vielleicht ein wenig demütigend für die betroffenen Tangueras ist? Ich kann mir nur ganz schwer vorstellen, daß dieser Privatunterricht seine Wurzeln in der Liebe zum Tango hat. Möglicherweise ist es ja nur eine Form der Selbstdarstellung.

Ich werde noch einmal darüber nachdenken müssen, warum mich solche Zeitgenossen darartig aus meiner fast buddhistischen Tangoruhe bringen. Das sagt vielleicht ja auch etwas über mich.

So, das war nur meine ganz persönliche Meinung (Na ja, ganz so einsam bin ich mit diesem Standpunkt auch nicht. Mehr dazu hier.)

Dienstag, 4. August 2009

Tango im Film 13: Assassination Tango

Gerade habe ich viel Arbeit, deshalb gibt es nur einen kurzen Beitrag aus der Serie "Tango im Film". Gleichzeitig ist es eine Premiere; ich verlinke die Ausschnitte ohne den Film gesehen zu haben.

Eine gute Zusammenfassung des Inhalts findet sich hier.



Den Abspann verlinke ich ebenfalls. Pablo Veron (Tango-Lesson) und Geraldine Rojas (Man muß mich nicht lieben) tanzen zu Una emoción. (Ist das die Interpretation von Tanturi?) Sehr schön.



Jetzt muß ich wieder arbeiten.

Montag, 3. August 2009

Für die neue Woche 22: Pedro Laurenz - Recién

Pedro Laurenz gehört nun nicht zu den großen acht Orchestern, die auf einer Milonga nach "Experten-Meinung" gespielt werden "müssen". Trotzdem gefällt mir seine Musik sehr gut. Ein Stück von ihm, das ich sehr mag, ist z.B. seine Vals Paisaje; die habe ich aber nicht in einer embedded Version gefunden. So muss ich ein anderes Stück wählen um diesen Interpreten vorzustellen. Recién, ein Tango, vorgetragen u.a. mit der unverwechselbaren Stimme von Alberto Podestá, ist ein würdiger Stellvertreter.

Allen Leserinnen und Lesern wünsche ich einen guten Start in die neue Woche.



Ich weiß, ich bin diese Woche mit meinem Gruß etwas spät, es ließ sich nicht vermeiden. Ich gelobe Besserung. ;-)