Montag, 30. November 2015

Über das „Sprechen“ und „Zuhören“ im Dialog Tango Argentino

In diesem Beitrag versuche ich mich einem Thema zu nähern, das mich in den letzten Monaten stark beschäftigt hat. Wenn wir den Tango als gemeinsamen Dialog im Paar zu Musik auffassen, dann ergeben sich m. E. aus dieser Sicht einige Folgerungen für das Verhalten in diesem Dialog bzw. Gespräch zur Musik. Nach meinem Verständnis gehört es zu den Grundfertigkeiten der Gesprächsführung, auch zuhören zu können. Deshalb soll es in diesem Artikel um genau dieses Zuhören gehen. Dabei meine ich primär nicht das Zuhören der Folgenden, sondern ich denke eher an die m. E. notwendige Fähigkeit der Führenden ebenfalls zuhören zu können. Folgende sind beim Zuhören sicherlich trainierter.

Vielleicht ist gerade dieser Beitrag eine gute Gelegenheit einmal einen anderen Sprachgebrauch zu probieren. In diesem Artikel wird also das Begriffspaar Vorschlagender / Interpretierende statt dem vertrauten Duo von Führendem und Folgender verwendet. Um die Lesbarkeit des Textes zu erhalten, werde ich jetzt sprachlich abkürzen und von männlichen Vorschlagenden und weiblichen Interpretierenden schreiben (obwohl es selbstverständlich auch weibliche Vorschlagende und männliche Interpretierende gibt). Aus Gründen der Lesbarkeit werde ich daher sprachlich leicht abkürzen und bitte um Verständnis.

Der Tango als Dialog – ein häufig zitiertes Bild

Nach meinen Erfahrungen wird das Bild vom Dialog im Tango Argentino sehr häufig benutzt um das Agieren von Vorschlagenden und Interpretieren zu beschreiben und damit die alten, breit ausgetretenen Pfade von Führen und Folgen endlich einmal zu verlassen. Das fängt mit Mirada und Cabeceo bereits vor dem eigentlichen Tanz an. Mit dieser Art, sich zur gemeinsamen Tanda zu verabreden, wird sichergestellt, dass beide Beteiligte sich gleichberechtigt für den gemeinsamen Dialog zur Musik verabreden. Geht man nun einen Schritt weiter (also in die Kommunikation im Paar), so bietet das Bild vom Dialog eine Menge Stoff zum Nachdenken. Es fängt sicherlich mit der Art und Weise an, wie die Tanguera und der Tanguero in die Umarmung gehen. Hier gibt es die vielfältigen Signale (übrigens von beiden Seiten), wie man sich jeweils die Umarmung wünscht und vorstellt. Man kann es zwar einfach als ein In-die-Tanzhaltung-Gehen begreifen, man kann sich aber bereits in diesem Stadium Gedanken machen, welche Signale in dieser Situation von der Partnerin, vom Partner kommuniziert werden und wie man ggf. darauf eingeht. Für die ersten Schritte gilt übrigens Ähnliches; auch hier gibt es wieder die Gelegenheit – auch für Vorschlagende – zuzuhören und ggf. seinen eigenen Stil anzupassen. Eine Interpretierende hat viele Möglichkeiten, zu signalisieren, wie sie den gemeinsamen Tango tanzen will. Sie kann sich beispielsweise schwer machen, wenn die Schritte zu groß oder zu ausladend sind; ebenso kann sie ihre Schritte bewusst etwas größer setzen, wenn sie den Vorschlagenden ermutigen möchte, sich etwas beherzter oder energetischer zu bewegen.

Eine gemeinsame „Sprache“ als Grundlage einer Begegnung in der Kommunikation

Vielleicht bleiben wir noch kurz in den ersten Sekunden einer gemeinsamen Tanda. Da findet nämlich – so jedenfalls meine Beobachtungen – ein differenzierter Abgleich in der Kommunikation statt. Der Vorschlagende setzt ein Angebot und hört gleichzeitig zu, ob die Interpretierende seine Kommunikation versteht und sich entsprechend bewegt, oder ob ihr möglicherweise der Kommunikationsbeitrag des Vorschlagenden unverständlich erscheint (oder vielleicht auch nur mehrdeutig). Nach meinen Erfahrungen gelingt dieses Sich-Vergewissern einer gemeinsamen Sprache innerhalb von wenigen Sekunden, vielleicht dauert es auch eine halbe Minute. Für mein Empfinden ist es für Vorschlagende immer besonders lohnend, in diesen ersten Momenten einer gemeinsamen Tanda besonders aufmerksam zu sein. An dieser Stelle soll auch nicht unerwähnt bleiben, dass es selten, aber doch manchmal Situationen gibt, in denen die beiden Tanzenden nicht die gleiche Sprache sprechen (z.B. wenn der Vorschlagende oder die Interpretierende vergleichsweise jung im Tango ist). Wie im richtigen Leben sind auch solche Situationen lösbar (jede bzw. jeder kennt es vielleicht von einem Aufenthalt in einem Land, dessen Sprache man nicht spricht – zur Not verständigt man sich mit Händen und Füßen; die Kommunikation bleibt zwar vielleicht in ihren Ansätzen stecken, aber zur Not geht es so auch – der gemeinsame Tango bleibt allerdings m. E. in diesen Fällen häufig weit hinter den Möglichkeiten zurück).

Den Anderen „zu Wort kommen lassen“

Wenn dieses Bild der Kommunikation tatsächlich den Umgang von Tanguera und Tanguero in der gemeinsamen Tanda zutreffend beschreibt, dann ist es nach meiner Meinung unerlässlich, den Partner, die Partnerin zu Wort kommen zu lassen. Was heißt das konkret? Ich denke, nach einem „Kommunikationsbeitrag“ (und das gilt sowohl für den Vorschlagenden, als auch für die Interpretierende) sollte man – wie in einer verbalen Unterhaltung – eine kurze Pause lassen und Zuhören können. Das betrifft in der detaillierten Betrachtung zunächst einmal die Vorschlagenden: Sie sollten auf die Interpretierende „hören“ und nicht pausenlos kommunizieren. Nach meiner Meinung sieht man das sogar von außen. Ein Tanguero, der sich dauernd bewegt, hat keine Zeit zu hören, ob seine Bewegung verstanden wird. Aber dieser Punkt gilt ebenso (natürlich in weitaus geringeren Maßen) für Interpretierende: Es gibt Tangueras, die sich permanent in dem von mir so bezeichneten „AA-Modus“ befinden (Auto-Adornos). Da wird ständig verziert und größten Wert auf elegante, von außen wahrnehmbare Ausgestaltung des Tangos gelegt. Leider bleibt dabei nach meinen Beobachtungen häufig die Verbindung zum Partner auf der Strecke.

Der schmale Korridor zwischen Entschlosseheit und Sensibilität

Aus eigener Erfahrung kann ich hier auch ganz offen darüber schreiben, dass es nach meinen Beobachtungen einen sehr schmalen Korridor zwischen den beiden Extremen gibt. Das ist auch eine meiner persönlichen Baustellen beim Lernen. Es gehört für mein Empfinden zu einem guten Kommunikationsbeitrag, dass er ruhig, frei von Missverständnissen aber auch entschlossen vorgetragen wird. Gleichzeitig soll dieser Beitrag natürlich auch rücksichtsvoll und sensibel für den Fall sein, dass die Interpretierende auf meinen Vorschlag nicht eingeht. Ist man also als Vorschlagender in dieser Situation zu robust, besteht die Gefahr, dass man die Interpretierende überrennt; ist man zu zaghaft, kann es sein, dass man nicht gehört (oder verstanden) wird. Mir persönlich hilft in diesen Momenten ein Satz von Detlef Engel: „Der Mann führt auch seine eigenen Bewegungen.“ Ich verstehe diesen Satz so: Wenn ich darauf achte, ordentlich vorzuschlagen, dann wird meine Kommunikation (quasi automatisch) deutlicher und besser verständlich. In einem Gespräch betonte Detlef auch noch einmal, wie essentiell es für die Kommunikation ist, aus dem Standbein die Energie zu nehmen um beispielsweise einen Schritt nach vorne zu gehen. Bewegt man isoliert das freie Bein (manchmal auch Spielbein genannt), dann kann es passieren, dass man die Kommunikation vergisst. Kommt die Energie aus dem Standbein, dann wird mein gesamter Körper diesen Impuls kommunizieren und somit weiß die Interpretierende einige Augenblicke früher von meinen Ideen.

Abschließende Bemerkungen

In der Vergangenheit gab es auf Artikel dieser Art vereinzelt die Reaktion: „Was soll das Theoretisieren! Ich will doch nur tanzen!“. Das ist selbstverständlich eine mögliche Haltung zu den hier vorgestellten Gedanken. Es gibt natürlich die Naturtalente in der Bewegung. Diese Menschen bewegen sich einfach perfekt und deswegen brauchen die sich auch nicht diese Gedanken zu machen. Das ist beneidenswert. Für den Rest schreibe ich. Für die Menschen, die sich schwer tun, neue Abläufe der Bewegung in ihren Tango zu bringen, neue Bilder für das eigene Agieren zu finden um einen kleinen Schritt weiter zu kommen.

Eine weiterer möglicher Einwand wäre das Argument, dass es zu viel Zeit in Anspruch nimmt, wenn man immer auf eine Äußerung der Partnerin, des Partner im gemeinsamen Tanz warten würde. Auch dieser Einwand erscheint zunächst berechtigt. Die sehr detaillierte Betrachtung der Kommunikationssituation in diesem Artikel war natürlich so gemeint, dass zunächst einmal die grundsätzlichen Prinzipien diskutiert werden sollten – natürlich gehen in der Tanda die Beiträge von Vorschlagendem und Interpretierender nahtlos ineinander über.

Bislang ungelöst ist bei mir noch die Frage, wo die Grenze zwischen autonomer Meinungsäußerung der Interpretierenden in der Kommunikation genannt Tango einerseits und einer übertriebenen Verzierung andererseits verläuft. Vielleicht ergeben sich da ja ein paar neue Denkanstöße in Kommentaren.

48 Anmerkung(en):

Mir-fällt-immer-noch-kein-Pseudonym-ein hat gesagt…

Hallo lieber Cassiel,

schön, dass du wieder mal einen eigenen Blogbeitrag veröffentlichst! :-)
In den letzten Monaten warst du ja - zumindest in meiner Wahrnehmung -
nur in dem ein oder anderen tanzmitmir-Forum zu lesen ... :'(

Zu deinem Artikel:

1.

Das Konzept von der vorschlagenden und der interpretierenden Rolle finde ich sehr stimmig.
Ehe das allerdings in größerem Umfang praktiziert werden kann, braucht es doch schon ganz schön viel Übung: je nach Umfang der wöchentlichen Übungszeit vermutlich mehr als zwei Jahre ...
Es ist also eher nicht das vorrangige Sujet für Einsteiger-Paare, oder?

2.

Obwohl - und um diesen 1. Punkt gleich selbst etwas zu relativieren:

ich erinnere ich mich, dass ich bereits in meinen Anfängen es als sehr hilfreich erlebt habe, als Vorschlagender immer einen Plan B oder sogar C in petto zu haben. Und zwar für den gar nicht mal so seltenen Fall, dass die Interpretierende meinen Vorschlag für eine bestimmte Tango Sequenz (= Plan A) nicht wie von mir erwartet verstanden und umgesetzt hat.

Dazu ein konkretes Beispiel:
wenn ich in den Anfängen ein Kreuz führen wollte, kam es bei der einen oder anderen Interpretierenden gelegentlich vor, dass ihr linker Fuß nicht vorne einkreuzte, sondern seinen Weg hintenherum wählte.
Genau genommen war es gar nun nicht so wichtig, ob dabei dann jeweils meinerseits das Timing bzw. die Oberkörperführung nicht optimal gewesen war, oder andererseits die Folgende nicht gut in der Verbindung geblieben bzw. nicht achtsam genug gewesen war ...

Es war jedenfalls ab dem Moment dann gar kein Problem mehr, ab dem ich ihren mal wieder hintenherum tanzenden linken Fuß nicht als "Fehler" registriert habe, sondern diesen Umstand als "Vorschlag" der Interpretierenden aufgefasst habe, statt eines "cruce" alternativ zum Beispiel einen "ocho atras" zu tanzen! ;-)

In den allermeisten Fällen dürfte diese "geänderte Weichenstellung" von der Interpretierenden damals sogar nicht einmal bemerkt worden sein ... ;-)

3.

Obwohl mir das Konzept des "Vorschlagenden und der Interpretierenden" sehr gut gefällt, störe ich mich doch etwas an der Sperrigkeit der Begriffe :-/

Nun sind Anglizismen zwar auch nicht ganz das Gelbe vom Ei, aber vielleicht ist man angesichts des häufig sowieso englischsprachig angebotenen Tango-Unterrichts mit dem Begriffspaar "proposer & interpreter" doch etwas weniger sperrig unterwegs und hat außerdem auch gleich noch geschlechtsneutral formuliert .. ?
Einverstanden?

Mir-fällt-immer-noch-kein-Pseudonym-ein hat gesagt…

PS:

"Bislang ungelöst ist bei mir noch die Frage, wo die Grenze zwischen autonomer Meinungsäußerung der Interpretierenden in der Kommunikation genannt Tango einerseits und einer übertriebenen Verzierung andererseits verläuft."

Wie du ja selbst schon sagtest, verläuft diese Grenze oft in einem relativ engen Korridor.

Meiner Ansicht nach endet die Zulässigkeit einer autonome Meinungsäußerung der Interpreter spätestens dort, wo sie die Führungs-Fähigkeiten ihres aktuellen Tanzpartners überschreiten und einen harmonisch verlaufenden Tanzfluss behindern würde. Wenn die Interpreter also etwas in der Art bemerkt, dann hat sie die Grenze wohl gerade bereits überschritten ...

"Es gibt Tangueras, die sich permanent in dem von mir so bezeichneten „AA-Modus“ befinden (Auto-Adornos). Da wird ständig verziert und größten(r) Wert auf elegante, von außen wahrnehmbare Ausgestaltung des Tangos gelegt. Leider bleibt dabei nach meinen Beobachtungen häufig die Verbindung zum Partner auf der Strecke."

Genau. :-)

Tangueras im Dauer-AA-Modus, die gibt es tatsächlich.
Aber die "pista" lehrt diese doch meist recht schnell, daß sie
diesem Modus mit vielem Sitzen Rechnung tragen müssen,
falls sie nicht zu achtsamem Nach-Justieren bereit sind ... 3:-)

Mir-fällt-immer-noch-kein-Pseudonym-ein hat gesagt…

P.P.S.:

um nicht jetzt nicht falsch verstanden zu werden:

Wenn Sie das "Nachjustieren" allerdings stimmig umsetzen,
dann sind diese "aktiven" oft auch die "interessanteren" Tangueras :-)

Anonym hat gesagt…

Hallo Cassiel,
ich verfolge seit längerem deinen Blog und dieser Blog animierte mich zu einer kritischen Reaktion.
Obwohl mir klar ist, dass mein Kommentar potentiell Unmut hervorruft, weise ich insbesondere im Interesse von Anfängern des Tangotanzes, darauf hin, dass der Begriff Dialog die Realität auf der Tanzfläche nicht einmal näherungsweise korrekt beschreibt.
Während bei einem Dialog zumindest theoretisch eine gewisse Balance in den Redebeiträgen möglich ist, spiegeln die Begriffe Führender und Folgende - und ich meine dies geschlechtseneutral - wesentlich besser die Realität auf der Tanzfläche wieder.
Möglicherweise ist die von dir gewählte Begriffswahl zeitgemäßer und politisch korrekter, aber ist sie nicht realitätsfern?
Hinsichtlich Mirada/Cabeceo und der Umarmungsfindung existiert im Tango ein 'echter' Dialog, wie von dir beschrieben. Auch hinsichtlich des beiderseitigen Bemühens den Tanzpartner zu verstehen, Impulse aufzunehmen, usw. könnte man bei großzügiger Auslegung noch den Begriff Dialog verwenden.
Aber die Rollenverteilung zwischen Führender und Folgende ist ansonsten recht klar definiert, dass es darüber hinaus Konventionen für Abweichungen und geplante Ausnahmen von der Regel gibt, ist vollkommen richtig.
Dass Folgende (viel zu selten nach meiner Erfahrung) hinsichtlich Dynamik, Akzentuierung, Bewegungsqualität, Beruhigung, u.v.a.m. , Einfluss nehmen, ist, wenn es geschieht, wunderbar. Aber seien wir doch ehrlich, letzteres geschieht tendenziell LEIDER viel zu selten oder nur in geringem Umfang.
Stell dir bitte vor ein Tangoanfänger liest deinen Artikel und tanzt auf einer Milonga, der wird sich ständig fragen ... wo ist jetzt der Dialog. Deshalb meine Anmerkung.

Anonym hat gesagt…

Ergänzend zu meinem, dem direkt vorhergehenden Post:

Um es weniger abstrakt darzustellen: Man stelle sich vor der Führende hat ins Kreuz geführt und nach seiner Musik-Interpretation möchte er einen Rückwärtsocho anschließen, in Cassiels Terminologie 'vorschlagen', die Folgende hingegen würde nunmehr einen weiten Vorwärtsschritt um den Führenden 'vorschlagen' wollen. Es fehlt im Tango schlicht ein Dialogkonstrukt für die Folgende dies konkret so zu signalisieren.

Aufgrund von vielen Gesprächen mit Folgenden sind viele, insbesondere auch erfahrenere Führende bei solchen oder deutlich mindergroßen Eingriffen 'not amused', weshalb viele Folgende es gänzlich unterlassen.

Dialog würde für mich implizieren, beide wollen und können aktiv und kreativ erheblich zum 'Tanzablauf' beitragen. Ist ein wechselseitiges 'Belauschen' ohne konstruktive kreative Einflussnahme der Folgenden wirklich ein schon ein Dialog?

Monikda hat gesagt…

zu Anonym [#4] 1. Dezember 2015 um 20:35
(es würde die Diskussion tatsächlich sehr vereinfachen wenn sich jeder Kommentator irgendeinen, allenfalls fiktiven (Susi, Peter, ...), Namen geben würde)

Du hast Recht, Tango-Anfänger sind mit dieser Definition tatsächlich völlig überfordert. Dialog kann erst stattfinden wenn ein gewisses "Grundverständnis" der Bewegungen erlangt worden ist. Und damit meine ich nicht Figur 1-178 ff.

Ob zwei Jahre tanzen da reichen?

Eher nicht. Nicht bei dem Unterricht den die allermeisten Tangotänzer erhalten. Der Guru betet eine Figur vor, und das Volk müht sich dies nachzu"tanzen".

Der Dialog (und so wie ihn Cassiel definiert ist das ja erst ein Anfang) ist das Schwierigste und Schönste was der Tango bieten kann.

Austin hat gesagt…

Als Anfänger bin ich aber nicht deshalb überfordert, weil nicht weiß, ob ich Führender oder Vorschlagender bin, sondern weil ich erstmal schauen muss, ob Platz ist, dann, wozu mich die Musik inspiriert, wie die Bewegung aussehen soll, welches Führungssignal ich geben muss etc.

Wenn sich das automatisiert, dann gibt es Raum für Abweichungen vom Plan. Wie bei einem Vortrag: wenn ich ihn das erste Mal halte, will ich die Fragen erst am Schluss, weil es das wichtigste ist, das Konzept wie geplant umzusetzen. Wenn ich ihn zum fünften Mal halte, bin ich viel souveräner, dann darf man mich unterbrechen und ich erkläre zwischendrin was anderes und kehre danach zum roten Faden zurück.

Beim Tango heißt das: wenn ich was führe und die Frau macht was anderes, ist das in den meisten Fällen völlig in Ordnung und meine Kreativität ist gefordert, da etwas draus zu machen. Das sind die Frauen aber oft gar nicht gewohnt und fragen dann höflich "Oh, wolltest du das gar nicht führen?".

Ich kann das mit dem Interpretieren aber schon unterschreiben, weil es definitiv die besseren Erlebnisse sind, wenn man zusammen etwas tanzt, als wenn ich als Führender mein Ding durchziehe.

Andreas Lange hat gesagt…

im beitrag steht: "Ein Tanguero, der sich dauernd bewegt, hat keine Zeit zu hören, ob seine Bewegung verstanden wird."

man spürt doch bei jeder bewegung ob die andere seite sich wirklich synchron mitbewegt. kann es sein, dass im beitrag ein versuch beschrieben wird eine nicht erkannte reduzierte wahrnehmung zu überspielen?

Yokoito hat gesagt…

Hallo Cassiel,

im Moment gefällt mir in puncto Rollenverteilung das Bild am besten, nach dem Tango die Möglichkeit bietet, Geschlechterrollen quasi "pur", in ihrer Essenz zu erleben. Dies wäre der zweite und vielleicht wichtigere Grund, weshalb ich mit den Begriffen "Vorschlagender" und "Interpretierende" nicht anfangen kann. Vielleicht will ja die Frau gerade diese Essenz erleben (solches habe ich in ca 8 Jahren Tango nicht nur einmal gehört; das "andere" noch nie)? Wenn das so ist und sie einen "echten argentinischen Kerl" sucht, wird sie mit einem politisch korrekten, supersensiblen 2015er Europäer-Neutrum nicht allzuviel Spaß haben.

Der erste Impuls bei diesen Begriffen (jedesmal; zum Glück trifft man sie nicht häufig) ist, daß sie grauenhaft betulich, bürokratisch, buchhalterisch, verdruckst klingen.

Da würde ich eher noch Vios "Mark" und "Revel" nehmen. Das klingt wenigstens etwas knackiger. Aber eigentlich halte ich es mit dem alten chinesischen Sprichwort "Was nicht kaputt ist, muß auch nicht repariert werden".

Zum Thema Dialog noch: Meine persönliche Erfahrung ist, daß es zwei äußerst genußvolle Modi gibt: die synchrone Bewegung und so etwas wie eine Gegenläufigkeit - ein Führungssignal, auf die es eine Antwort-Bewegung gibt. Hierfür verwende ich den Begriff "Dialog", das hat aber nichts mit einem nicht-ausfüllen der Rolle zu tun. Das "nicht-zuhören" äußert sich aus der Führenden-Perspektive für mich anders, meist im Timing - etwa wenn man eine Bewegung zu früh startet, wenn also die Partnerin noch mit der vorigen beschäftigt ist.

cassiel hat gesagt…

Da sind ja einige Kommentare gekommen … vielen Dank. Ich habe im Moment nicht viel Zeit; deswegen gibt es nur ein paar kurze Anmerkungen:

@Mir-fällt-immer-noch-kein-Pseudonym-ein
Es ist wahr, ich habe hier im Blog monatelang nicht öffentlich geschrieben. Das liegt einerseits an eher komplexen Themen, mit denen ich mich in der letzten Zeit beschäftigt habe und die ich immer noch nicht in einer blogfähigen Form habe – andererseits sind meine kurzen Reaktionen in der Tangogruppe bei TMM auch anders motiviert. Da antworte ich spontaner (wenn ich zu einem Thema etwas zu sagen habe). Soweit ich mich erinnere habe ich dort nie eine Diskussion eröffnet. Allerdings ist das Grundrausch bei TMM schon sehr hoch. Zu bestimmten Themen dort fällt mir nichts ein. So habe ich beispielsweise zu Gratismilongas nichts beizusteuern.

Das Beipiel von den Damen, die bei Deinem geführten Kreuz „hinten“ (statt „vorne“) eingekreuzt haben, finde ich sehr gut gewählt. Egal woran es nun letztendlich lag, Du musstest es bemerken und darauf Rücksicht nehmen. Wenn nämlich eine Dame hinten einkreuzt und anschließend das Gewicht auf den entsprechenden Fuß wechselt, dann kann sie nicht ohne weiteres sofort einen Rückwärtsschritt machen. Da hätte man als Vorschlagender eine gute Chance, die Dame wortlos umzurennen.

@Anonym (Kommentar #4)
Dein Kommentar ruft keinerlei Unmut hervor. Ich begrüße es sehr, wenn hier diskutiert wird und unterschiedliche Meinungen gehören nun einmal dazu. Wenn ich Dich richtig verstanden habe, siehst Du einen möglichen Stolperstein bei Anfängern, die diesen Artikel lesen. Dazu vielleicht zwei kurze Anmerkungen: 1. Ich gehe davon aus, dass hier kaum Anfängerinnen und Anfänger mitlesen, die sind meist von viel essentielleren Übungen absorbiert. Natürlich ist es schwierig so etwas abzuschätzen, aber so ganz im Vakuum befinde ich mich ja auch nicht. Der größte Teil meiner Leserinnen und Leser befindet sich zwischen 35 und 44 (das behauptet jedenfalls Facebook). Selbst wenn einige Anfängerinnen und Anfänger in dieser Altersgruppe noch seien mögen, ich denke, sie können meine Ausführungen sehr wohl einordnen.

@Monikda
Du schreibst: „Der Dialog […] ist das Schwierigste und Schönste was der Tango bieten kann.“ Das sehe ich genauso.

@Austin
Dein Vergleich mit der wachsenden Übung bei einem Vortrag finde ich sehr gelungen. Das trifft es ziemlich gut.

@Andreas Lange
Hmmm … Vielleicht geht es tatsächlich um „reduzierte Wahrnehmung“ … aber möglicherweise anders als es Dir in Deinem Beitrag vielleicht vorschwebt. Nach meinen Beobachtungen in den Milongas gibt es offensichtlich noch zu oft Situationen, in denen Interpretierende hastig der Führung folgen. Ich plädiere tatsächlich dafür, ab und zu die Dauerbewegung zu unterbrechen (die Musik macht da eine Fülle von Angeboten dies musikalsich zu tun) und den Fokus auf die Interpretierende zu wenden.

Es war auch sehr lange (und ist es vielleicht z.T. noch heute) ein persönliche Baustelle von mir: Das bewusste Entschleunigen. Für mich war es ungleich schwieriger, musiklisch langsamer zu werden, als zu beschleunigen.

@Yokoito
Es ist natürlich Geschmacksache, ob man mit dem Begriffspaar Vorschlagender / Interpretierende arbeiten möchte, oder ob einem das nicht passt. Michelle und Murat sprachen in ihrem Unterricht von Fragenden und Antwortenden. Es sind andere Etiketten, aber m.E. ist das Grundproblem ähnlich: Der Führende/Vorschlagende/Fragende hört zu wenig zu. Um wenigstens einen minimalen Beitrag zu Bewusstwerden der Problematik zu leisten habe ich geschrieben.

Anonym hat gesagt…

Ich sehe "Fragenden und Antwortenden" als die bessere Definition als Interpretierende Interpretieren hat was von Unschärfe, könnte so gemeint gewesen sein, sowas ergibt sich aus undeutlicher Führung. Da passiert etwas was nicht geplant war, kann mal lustig sein, ist aber stressig, man muss dauernd reparieren. Zuhören muessen gerade bei dem Tango beide, wenn was geführt wird, muss ich als Führender überprüfen das auch das passiert was geführt wurde.
Wer es tut und wer nicht kann sehen, wenn er vor ihr den Fuss aufsetzt hört er nicht zu, sondern tanzt sich selber.
Zu den Dauerverzierer/innen eigentlich nur es ist ermüdend und nervt, auch beim zusehen. Die spannenste Verzierung ist sowieso die Pause.

Gruesse Bert

Bert Brecht hat gesagt…

..

"Ich sehe "Fragende und Antwortende" als die bessere Definition ... "

Dieses Begriffspaar gefällt mir eigentlich auch ganz gut.
Allerdings nur, weil es eben ein 1-2 Silben kürzer ist
gegenüber "Vorschlagende(r) - Interpretierende(r)" ;-)

Inhaltlich ist damit im besten Falle doch etwas Ähnliches gemeint:
wenn ich frage (und zwar _offen_ frage), dann ist die Antwort ja nicht zu 100% im Vorhinein schon festgelegt, sondern enthält eben diesen erwünschten Interpretationsspielraum beziehungsweise die Kreativität des Gegenübers ... und das macht die Sache doch gerade spannend (sofern man - wie schon gesagt wurde - sich nicht noch im Anfänger-Modus befindet).

@ Bert:
"Interpretieren hat was von Unschärfe, könnte so gemeint gewesen sein, sowas ergibt sich aus undeutlicher Führung. Da passiert etwas was nicht geplant war, kann mal lustig sein, ist aber stressig, man muss dauernd reparieren."

Im Gegenteil: das ist mMn sogar in den allermeisten Fällen lustig
(und nur selten - nämlich im überstrapazierten Modus - stressig).

Denn reparieren muss man ja gar nichts: ist ja nix kaputt! ;-)

Man muss eben nur als Führender bzw. Proposer es bereits gelernt haben, in solchen Fällen dann auch phasenweise zuhören zu können und gewissermaßen "führend zu folgen". ( ok, das ist nix für Anfänger, schon klar!)

Ich will jetzt hier keinen Brecht'schen Herrschaftsdiskurs anzetteln, aber eine Führung, die stets so überdeutlich ist, daß immer nur genau das passiert, was vorher schon durchgegeplant war, das ist doch quasi schon eine Planwirtschaft oder gar ein(e) Diktat(ur) ... ;-)

"Zuhören muessen gerade bei dem Tango beide, wenn was geführt wird, muss ich als Führender überprüfen, daß auch das passiert, was geführt wurde. ... wenn er vor ihr den Fuss aufsetzt hört er nicht zu, sondern tanzt sich selber."

Schön formuliert: da bin ich wieder ganz bei Dir!

@ Yokoito:
"Vielleicht will ja die Frau gerade diese Essenz erleben (solches habe ich in ca 8 Jahren Tango nicht nur einmal gehört; das "andere" noch nie)? Wenn das so ist und sie einen "echten argentinischen Kerl" sucht, wird sie mit einem politisch korrekten, supersensiblen 2015er Europäer-Neutrum nicht allzuviel Spaß haben."

LOL.
Das mag schon richtig sein ...
... allerdings ist diese "Essenz" oft nur für einen relativ begrenzten Zeitraum interessant!

Damit es den heutigen "2015er Europäerinnen" dann dauerhaft gefällt,
dazu sollten die "2015er Europäer" jedoch meiner Erfahrung nach keineswegs ein Neutrum sein!

Sondern ihnen eben schlichtweg " ALLES " bieten können:
also für ein paar Minuten den "echten argentinischen Kerl"
und dann recht schnell auch wieder den Dialog pflegenden & achtsamen Zuhörer :-))

Wahrlich kein leichter Job,
aber so ist das Leben nun mal,
heutzutage im Jahre 2015/2016 ...

Keep calm & dance on! ;-)

Tanzliebhaber hat gesagt…



@ Cassiel:
"Zu bestimmten Themen dort fällt mir nichts ein. So habe ich beispielsweise zu Gratismilongas nichts beizusteuern."

Ach wie schade!
Ich schreib mir bei tanzmitmir die Finger wund
und hatte so große Hoffnungen in Dich gesetzt ...

In hilarischer Verbundenheit,
Dein Tanzliebhaber ;-)

Yokoito hat gesagt…

Wie durch Zufalls habe ich gerade einen Blogpost von Vio gelesen, in dem sie auch zum Thema Tanz als Konversation schreibt.

Guckst du: http://tangoforge.com/embracing-power/

Yokoito hat gesagt…

Okay, ich versuchs mal mit Übersetzung. Das schreibt Vio in http://tangoforge.com/embracing-power/:

"...I am interested as a Revel in being the witness and medium to my man’s creativity. As a Mark, I want to dance with a Revel who sets me free and enjoys what I create for us. I don’t want her to take over."

"...Als Folgende möchte ich die Zeugin und das Medium für die Kreativität meines Mannes sein. In der Führungsrolle will ich eine Folgende, die mich frei macht und das genießt, was ich für uns beide erschaffe. Ich will nicht, daß sie übernimmt."

Das ist eigentlich auf das Thema "Queer Tango" gemünzt, bei dem sie kritisiert, daß eine Art permanenter Machtkampf im Paar stattfindet. Ich fand aber, daß die Kernsätze, auch wenn sie in einem etwas anderen Kontext vrwendet werden, hervorragend passen.

cassiel hat gesagt…

Vielen Dank für die zusätzlichen Kommentare.

Erst duch einen längeren eMail-Dialog mit einem Leser ist mir klar geworden, dass ich meinen Beitrag möglicherweise missverständlich formuliert habe (ich habe nach meiner Blogpause wohl noch nicht 100%ig in mein Schreiben zurückgefunden).

Meine Ideen sind keinesfalls neu oder gar revolutionär, ich habe diese Gedanken immer mal wieder hier im Blog formuliert (so z.B. 2010 – also vor 5 Jahren – hier, 2011 hier, 2013 hier … um nur ein paar Stellen zu nennen, an denen diese Gedanken bereits auftauchten). Die gewählten Bilder sind u.U. neu, die zugrundeliegende Idee verfolge ich seit Jahren und versuche, damit weiterzukommen.

Meine möglicherweise missverständlichen Formulierungen könnten u.U. auch dahingehend interpretiert werden, ich würde nun die Meinung vertreten, Unterricht wäre nicht mehr so notwendig, schließlich wäre ja alles erlaubt. Ich denke, das Gegenteil ist der Fall. Es bedarf m.E. einer stetigen Verfeinerung des eigenen Tangos um die Freiheit zu erlangen, dorthin zu gelangen, wo man endlich gleichberechtigt in einen Dialog eintreten kann. Ich denke, sowohl der Vorschlagende, als auch die Interpretierende müssen jeweils möglichst klar und frei von Missverständnissen kommunizieren können … und sie müssen dem jeweils Anderen die Chance einräumen, die Kommunikation zu verstehen. Dafür ist eine gute Technik m.E. die Grundlage.

Unabhängig vom Stil (offen oder geschlossen) sollten Beide den Gedanken von der Unverletzlichkeit der Umarmung im Fokus ihres Interesses haben (Carlos Gavito: Never sacrifice the embrace for a step.).

So. Ich hoffe, diese Worte haben jetzt zu einer Klärung beigetragen.

Noboru Wataya hat gesagt…

Ich hätte da auch noch ein Bild anzubieten, um die Kommunikation zu veranschaulichen: Das des Interviews, den Dialog zwischen Moderator und Interviewpartner.

Jeder Moderator kann einen individuellen Stil entwickeln. Er kann beispielsweise seine Interviewpartner mit einem perfekt voergefertigten Fragenkatalog abfragen und jedesmal dazwischengehen, wenn die Antwort länger als einen Satz auszufallen droht oder auf unerwünschte Themen umschwenkt. Gewissermaßen ein Markus-Lanz-Modus. Oder der Moderator kann sich zusammen mit dem Interviewpartner auch ein kreatives Abschweifen und Herumspinnen erlauben, ein paar Witze reißen und gemeinsam ablachen, und anschließend dezent wieder auf das ursprüngliche Thema lenken (Ina-Müller-Modus). Beiden Moderatortypen ist gemeinsam, dass man von ihnen die Initiative im Gespräch erwartet, d.h. er soll das Gespräch eröffnen und, wenn es zu stocken droht, trägt er die Verantwortung, es am Laufen zu halten.

In meinen Augen ist der zweite Typ Moderator natürlich sympathischer. Ein Tanguero, der in dieser Attitüde führt, ist für mich näher am tatsächlichen Tanzen dran als nur am Schritte-Machen. Natürlich ist dafür ein gewisses Maß an Erfahrung sowie Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten Voraussetzung...

cassiel hat gesagt…

@Noboru Wataya 
Das Bild vo „Interviewer“ und „Interviewgast bzw. -Partner“ finde ich großartig – sehr gut auch mit Deinen Beispielen. Vielen Dank und ein schönes Wochenende.

haribold hat gesagt…

Das englische Begriffspaar proposer-interpreter ist mir zum ersten Mal in einem Workshop bei Martin(Maldano)&Maurizio(Ghella) begegnet. Die Beiden beherrschen beide Rollen perfekt (und können sie auch didaktisch super an den Mann und die Frau bringen). Ich kenne aber kein Begriffspaar, welches wirklich zutreffend das beschreibt, was im Tango-Dialog stattfindet.

Nach meiner Wahrnehmung gibt es im Tango-Dialog eine große Bandbreite. Am einen Ende der Scala steht die klare Ansage, die keine Alternativen duldet: Wenn ich einspurig vorwärts gehe, gibt es für meine Partnerin nichts zu interpretieren. Sie kann einspurig rückwärts gehen und sonst nichts. Am anderen Ende der Scala steht vielleicht die Pause. Die lässt der Partnerin eine Fülle von Möglichkeiten bis hin zum Interleading: Sie kann jetzt einen Vorschlag machen, wie´s weitergehen könnte. Zwischen diesen Polen gibt es jede Menge Führungsimpulse, die mehr oder weniger interpretationsfähig sind (Parallele zum verbalen Dialog, der auch selten eindeutig ist). Missverständnisse eingeschlossen. Das ist sicher auch der Grund, warum die Kommunikation in einem Paar, das häufiger miteinander tanzt, besser klappt. Und wie im verbalen Leben gibt es auch auf dem Tangoparkett Menschen, die eben nicht die gleiche Sprache sprechen. Und wiederum jene, mit denen man sich auf Anhieb versteht. Letztere ermöglichen dann die Sternstunden.

Übrigens schade, dass sich bisher nicht mehr Interpretierende zu Wort gemeldet haben.

@Cassiel: Vorschlag zu der Tanguera im "AA-Modus" (Auto-Adornos): Bleib einfach stehen und warte, bis sie ausgezappelt hat ;-) Gegen Plappermäuler hilft oft Schweigen.

Tango-Amateur hat gesagt…


@ Cassiel:

"Unabhängig vom Stil (offen oder geschlossen) sollten beide den Gedanken von der Unverletzlichkeit der Umarmung im Fokus ihres Interesses haben (Carlos Gavito: Never sacrifice the embrace for a step.).

So. Ich hoffe, diese Worte haben jetzt zu einer Klärung beigetragen."

Mir ist im Moment zwar nicht ganz klar,
was denn diese Worte der Klärung notwendig gemacht hat, aber gut ...

Wichtig ist mir allerdings (zumindest für meine Präferenz zugunsten eines flexiblen "tango liquido")
die hier im Blog auch schon irgendwo mal aufgetauchte Erläuterung zu dieses Satzes von C. Gavito,
nämlich dieses Zitat doch eher in dem folgenden Sinne zu verstehen:

"Never sacrifice the _ connection _ for a step!"

In diesem Sinne:
Allen ein Wochenende mit vielen schönen Tandas! :-)

cassiel hat gesagt…

@ Tango-Amateur

Ich denke, Carlos Gavito hat tatsächlich von embrace gesprochen. Tango liquido? Na schön, einmal mehr ein neuer Begriff, der – zumindest bei mir – sofort Bilder im Kopf evoziert. Nach meinen höchst subjektiven Beobachtungen benötigen Fans dieser Stilrichtung (wenn es denn tatsächlich eine Stilrichtung ist) viel Platz. Da wird mit größeren Bewegungen (und häufig genug leider auch mit viel Schwung) gearbeitet. Ich habe es erst vorgestern erlebt, wie drei Vorschlagende, die so getanzt haben, eine komplette Milonga aufgemischt haben. Natürlich kann man versuchen, es auszublenden, das gelingt m. E. aber nur zum Teil. Von diesen Tänzern ging eine massive Unruhe aus (und das ging nicht nur mir so). Zumindest vorgestern habe ich keine connection bei diesen Vorschlagenden gesehen; die haben – für meine Wahrnehmung ohne Rücksicht auf die jeweilige Partnerin und den Rest der Anwesenden – ihr Ding durchgezogen. Das war nicht mehr liquido für meine Empfinden war das einfach rücksichtslos (egal ob es nun aus mangelnder Übung oder vrosätzlich geschah).

Anonym hat gesagt…

Hallo Cassiel,
zu dem Beitrag 6. Dezember 2015 um 15:40
da wundert es mich das du oft Gavito zitierst. Die YT Filme zeigen er tanzte extrem, zu dem im Wechsel oft offen (liquido) auf der Stelle, eher mehr der Showtänzer

Gruesse Bert

cassiel hat gesagt…

Bert 

Klar habe ich hier viel von Carlos Gavito gebracht. Ich denke, man darf nicht vergessen, dass er vor über 10 Jahre gestorben ist – zu einer Zeit also, als vielleicht noch viele Argentinier dachten, es ist eine gute Idee, Gringos Schritte beizubringen. Damals gab es noch (so zumindest meine Erinnerungen) eine wesentlich stärker ausgeprägte Bühnen- bzw. Showtango-Szene. Ich halte mich an sein spätes Interview. Da ist bei Bedarf alles in Ruhe noch einmal nachzulesen.

Donato hat gesagt…

Ja,mit dem Thema "Dialog" bist Du beim Kern des Tango.Eigentlich generell des Paartanzens,aber der Tango rioplatense ist hierfür mit seiner Variationsbreite und Flexibilität besonders geeignet.
Also,die körperliche Nähe wird von der Frau bestimmt.Ansonsten kann das tänzerische Gespräch dann anfangen.Auch schon bei Anfängern.Wie segensreich ist es für den führenden "Anfänger",wenn sie sich im Getümmel des Ballsaales Zeit läßt,ihn nicht in kollisionsträchtigen Aktionismus reinzieht und sich so selbst die Chance gibt,dass er auch mal auf sie "hört".Die Zahl der Tanzpartnerinnen,mit denen man himmlisch im Dialog ist,ist (noch)überschaubar.Aber wir sind alle auf dem Weg dahin.Auch Tangotanzen mit Partnerinnen,die fast nur das tanzen,was er führt,ist wunderbar und letztendlich auch eine Dialogform.Kann mir auch nicht vorstellen,dass in klassischen Buenos-Aires-Tangosalons die Tänzer mit wirklicher Tanzseele sich an den damals oft verkündeten Spruch gehalten haben "sie tanzt nur das,was er führt".Abgesehen davon,dass dies mit der Zeit a bisserl einförmig wird,passt das doch auch nicht mehr in unsere heutige Zeit.Zum Dialog gehört meiner Ansicht allerdings auch die Bereitschaft,mal "fünf gerade sein zu lassen".Das heißt - bei allem guten Willen zum perfekten Tanzen - auch einmal Fehler und gelegentliches "ungenaues" Tanzen(meint nicht "Rumtoben") zuzulassen.Da entstehen öfters die besten Dialoge.

Anonym hat gesagt…

Wenn ich die erste Tanda mit einem Fremden tanze, werde ich während des ersten Tangos, NUR folgen, um seine "Sprache" zu verstehen. Wenn es, vor Allem musikalisch, stimmt, könnte ich im zweiten Tango "interpretierend" werden. Das Frage - Antwort- Spiel, das sich daraus ergeben könnte, ist ebenso selten wie schön.
Kerstin

Tango-Amateur hat gesagt…


@ anonym-Kerstin:
"Das Frage - Antwort- Spiel, das sich daraus ergeben könnte, ist ebenso selten wie schön."

Stimmt!
Manchmal ergibt sich die Schönheit auch aus der Seltenheit. ;-)

@ Donato:
"Zum Dialog gehört meiner Ansicht allerdings auch die Bereitschaft, mal "fünf gerade sein zu lassen" "
Like! :-)

@ Bert:
"... wundert es mich das du oft Gavito zitierst. ... tanzte er zudem im Wechsel oft offen (liquido) auf der Stelle, eher mehr der Showtänzer .."

Nicht wundern ...

Wahrscheinlich fühlt sich Cassiel inzwischen einfach noch mal deutlich schneller angepisst als eh schon,
und verteidigt daher reflexhaft den "neuen Begriff" von S. Miller (gemeint ist "sein" und ihr "estilo milonguero")
selbst da, wo er gar nicht angegriffen wird.

Dies ist verstärkt zu beobachten, seit er das ominöse Google-Ranking nach den Suchbegriffen "Tango Blog" an den (von mir nur in Maßen geschätzten) bitteren Zyniker, aber im Ggs. zu C. letztens bienenfleißigen "Blog-Befüller" G.R. verloren hat ...

@ Cassiel:
"Na schön, einmal mehr ein neuer Begriff, der – zumindest bei mir – sofort Bilder im Kopf evoziert."
Ob "tango liquido" oder dein "estilo milonguero" nach S. Miller nun der "neuere Begriff" ist,
das lass ich in dieser Diskussion hier jetzt gern mal offen ... :-P

"Nach meinen höchst subjektiven Beobachtungen benötigen Fans dieser Stilrichtung ... "

Du hast ja so Recht:
Deine Beobachtungen sind höchst subjektiv, so wie meine auch ... ;-)

Wirklich sehr schade (v, a. um Dein Blog) ist dabei nur,
dass ich inzwischen schon gar nicht mehr ernsthaft verwundert bin über Deine Argumentations-Manöver,
wie z.B. dieses: durch die tendenziöse Schilderung dreier (ganz offenbar einfach rücksichtsloser) Tänzer auf deiner letzten Milonga und einer dann folgenden, völlig unzulässigen Gleichsetzung mit "tango liquido" damit dann gleich in Bausch und Bogen jeden Tango mit gelegentlich fließend geöffneter Umarmung in ein schiefes Licht rücken zu wollen.

Dieses Verhalten ist um keinen Deut besser, wie das Gebaren anderer Diskutanten, wenn sie die, das Fließen einer Ronda behindernden, allseits gefürchteten "Stehlampen-Tanzpaare" mit dem Tanzen in geschlossener Umarmung gleichsetzen und somit versuchen, jenes ebenfalls der Lächerlichkeit preiszugeben.

Dislike!

Also:
mach dich doch einfach - vielleicht auch nur versuchsweise - ein einziges Mal locker !
... und vielleicht genießt Du dazu ein paar neue "Bilder im Kopf" anhand dieses Links
zu den (Dir ja nicht unbekannten) Sympathieträgern Noelia und Murat:

https://youtube.com/watch?v=RFYqvqSGaXc

... ach, ich übersah: das war ja 2010:
die Ärmsten hatten womöglich das im selben Jahr erst
veröffentlichte Interview mit Carlos Gavito noch gar nicht gelesen ... :-)

cassiel hat gesagt…

@Tango-Amateur 

Hoppla, nehme ich da eine latente Aufgeregtheit in Deinem Beitrag wahr? Warum? Ich werde kurz auf die Punkte in Deinem Kommentar eingehen – soweit sie mich mittelbar oder unmittelbar betreffen.

Nein, „angepisst“ fühle ich mich nicht, jedenfalls nicht schneller als früher. Allerdings schätze ich Beiträge mit hohem Standgas nicht so sehr. Also versuche ich da immer gegenzusteuern.

Vermutlich habe ich mich hier im Blog immer noch nicht klar genug ausgedrückt. Nach meinem Verständnis gibt es den Bühnentango und den sozialen Tango, mehr nicht. Jede weitere Unterscheidung (Villa Urquiza, Estilo Milonguero, Tango liquido usw.) macht keinen Sinn (im Zweifel ist es m. E. eher jeweils ein Marketingtrick der entsprechenden Protagonisten). Und mit Gerhard werde ich mich gewiss nicht vergleichen. Er tanzt seinen Tango, ich meinen. Nur weil ich neulich hier mal zu seinen absurden Ideen zur Impressumspflicht einige Dinge aus meiner Sicht geschildert habe, heißt das noch lange nicht, dass ich mich (in welcher Form auch immer) mit ihm vergleichen würde. Um es für Dich noch einmal zu wiederholen: Ich schreibe weder für Zugriffszahlen, noch für Suchmaschinenplätze. Das wäre ja auch in der Tat ziemlich albern und würde mir nichts bringen.

In der Folge unterstellst Du mir irgendwelche „Argumentationsmanöver“. Obwohl Du bislang die Definition von „tango liquido“ schuldig geblieben bist, gehe ich einmal davon aus, ich ahne, was Du meinst (tatsächlich habe ich sogar Google befragt und bin auf diese Definition gestossen). Nun kann ja bekanntlich jede und jeder im Tango tun und lassen, was sie, er will. Aber niemand ist verpflichtet, zu Veranstaltungen zu gehen, in denen rücksichtslos getanzt wird. Leider brauchen Vertreter des „tango liquidos“ ein Vielfaches des Platzes von anderen Paaren. Das ist nun einmal so und wir können lange diskutieren, es wird sich dadurch nicht ändern. In der vollen Milonga haben diese Menschen dann die Wahl, ihren Stil anzupassen, oder sie beeintröchtigen ihre Mitmenschen. So nüchtern muss man das wohl sehen.

Entgegen Deinen Vermutungen bin ich in dieser Diskussion tiefenentspannt; ich muss mich also nicht „locker machen“. Zu Deinem Videolink möchte ich deshalb nur ganz kurz anmerken, es ist m. E. ein erheblicher Unterschied, ob im Rahmen einer Vorführung oder in der normalen Milonga getanzt wird. Für Noelia kann ich das sogar mit einem Video belegen. Man sieht sehr schön, wie Noelia (hier allerdings mit Carlitos) ruhig und rücksichtsvoll in der Ronda tanzt (die verwendete Telebrennweite verzerrt leider die realen Abstände der tanzenden Paare). Für Murat habe ich kein Video gefunden, ich kann nur aus eigener Erfahrung berichten, dass er die Male, die ich beobachten konnte, ebenfalls sehr rücksichtsvoll in der Ronda getanzt hat.

Es geht nicht darum, hier einen bestimmten Stil zu propagieren (den gibt es sowieso nicht - s. o.). Meiner Meinung nach geht es um Rücksicht. So einfach und gleichzeitig schwierig ist das. In diesem Zusammenhang halte ich das Interview mit Carlos Gavito für zeitlos aktuell.

Anonym hat gesagt…

... zu einer Ausgangsfrage von Chassiel

"Bislang ungelöst ist bei mir noch die Frage, wo die Grenze zwischen autonomer Meinungsäußerung der Interpretierenden in der Kommunikation genannt Tango einerseits und einer übertriebenen Verzierung andererseits verläuft"

Vorab kurz meine Sicht zum "Tango als Dialog". In der Umarmung ist es nach meinem Dafürhalten nicht möglich - nicht zu kommunizieren.
Und wie bei jeder Kommunikation gibt es Verstehen und Missverstehen, Monolog, Dialog, Zustimmung, Ablehnung - Selbstgespräche usw.
Der erste Schritt, sprechen wir die gleiche Sprache? Welchen Wortschatzumfang, welches Vokabular verwenden wir. Wie sind wir, bin ich, heute gestimmt.

Damit komme ich zur "Meinungsäußerung der Interpretierenden".

Was eine "übertriebene Verzierung" (oder auch Führung!) ist, entzieht sich der Objektivierbarkeit. Wie immer ihre Äußerung interpretiert wird, es bleibt eben Interpretation. Eine andere Interpretierende, eine andere eigene Grundstimmungslage, eine andere Umgebung - würde ich die Verzierung immer als gleich übertrieben ansehen?

Und doch gibt es die eine Gewissheit: Ich fühle mich wohl - oder nicht.
Dieses ICH meint die jeweilige subjektive Empfindung und muss keineswegs auf beiden Seiten die Gleiche sein.

Erlauben wir uns doch zu sagen: Ich habe mich wohl gefühlt. Dafür brauche ich keine Begründung - auch nicht für das Gegenteil.
Damit entfällt die Notwendigkeit der Definition einer "Ersatzgrenze" die nicht überschritten werden soll.
Ich arbeite noch daran, aber ich möchte im Tango den Augenblick und meine Partnerin annehmen so wie sie sind.

SNOOP

Mir-fällt-immer-noch-kein-Pseudonym-ein hat gesagt…

@ SNOOP:

"Erlauben wir uns doch zu sagen: Ich habe mich wohl gefühlt. Dafür brauche ich keine Begründung - auch nicht für das Gegenteil.
Damit entfällt die Notwendigkeit der Definition einer "Ersatzgrenze" die nicht überschritten werden soll."

schön gesagt!

... wenn gleich Du uns mit der spannenden Frage
" und wie komme ich nun zu diesem Wohlfühl-Tango?"
vorerst alleine gelassen hast ... :'(

Ideen dazu?

Al Berto hat gesagt…

Sehr interessant das ...
... vor allem die Schwierigkeiten, das Thema verbal zu greifen – wie hier Snoop und weiter oben Haribold trefflich bemerkten.

Woran liegt's? Vielleicht, weil der Dialog nicht nur nonverbal, sondern auch unbewusst abläuft. Und weit über das Führen eines Schrittes hinausgeht. Wir sind geneigt, das zu beschreiben, was wir sehen: eine Führung, eine Reaktion. Aber das ist nur die Oberfläche. Oft sind wir Männer auch geneigt, Mechaniker, die wir sind, das als den Dialog zu sehen. Aber der fängt schon viel früher an und ist viel umfassender als die Mechanik eines Führung.

Nehmen wir ein Paar, ein Mann, eine Frau, nennen wir Sie Mark und Spence. Man sagt, er führt gut, sprich: Er macht Vorschläge, die sie nicht ablehnen kann. Trotzdem ist Spence nicht glücklich. Sie fühlt sich irgendwie eingezwängt. Nein, Mark reißt nicht, zieht nicht, hat keinen Hammerarm, trotzdem. Alle Workshops helfen nicht. Bis Mark eines Tages in Buenos Aires, allein unterwegs, mit einem alten Taxifahrer ins Gespräch kommt. Es geht ins Sunderland, eine lange Fahrt, sie reden viel. Und beim Aussteigen sagt der Alte zu Mark: Denk dran Junge, es kommt nicht drauf an, dass sie macht, was du willst, sondern dass sie will, was du machst. Seitdem lächelt Spence wieder nach jedem Tanz.

Allen noch schöne Tänze
Al Berto

Anonym hat gesagt…

Zu Al Berto hat gesagt...

Nett, der Taxifahrer, alten Milongueros, der Parkwächter ..... willst du vorher einen Fragebogen ausfüllen lassen? Was erwartet jemand in Sunderland? Wie ich gehört habe viel Gerempel. Es reicht für angenehmes Tanzen, warten bis der Tanzpartner fertig mit dem seiner Bewegung ist, die Achse nicht zu verletzen. Um diese Dinge zu erfahren reicht ein Rollentausch. Tango ist tanzen, wie andere Tänze auch. Warum nur wird versucht immer viel Esoterik darin einzubinden. Gut fühlen kann man sich auch mit Walzer und Co. Das ist kein Alleinstellungsmerkmal des Tangos. Dazu muss man noch nicht mal tanzen. Es ist ein Aspekt für Dinge die man gerne macht. Ich denke eher der Tango gibt viel Freiheiten sich zur Musik zu bewegen, mehr als andere Tänze, das ist sein Alleinstellungsmerkmal. Manchmal Zuviel Freiheiten, so das manches mit Tango verbunden wird, was nicht passt, aber zahlendes Klientel bringt, das Tango "getanzt" wird auf einem Niveau das man da von Tango tanzen eigentlich nicht reden kann, weil im Tango gibt's ja keine Definitionen.

Bert

Anonym hat gesagt…

@ Mir-fällt-immer-noch-kein-Pseudonym-ein hat gesagt…
Ich möchte dich nicht alleine lassen :)
Wenngleich - jeder muss seinen eigenen Weg gehen. Ich kann nur meinen kurz beschreiben.

a) Die Technik als Basis: Viele viele Kilometer gehen/tanzen, Irrwege beschreiten, gute und weniger gute Kurs besuchen, Körpergefühl bewusst entwickeln, Geduld, Hartnäckigkeit, ...
b) Die Einstellung - zur Partnerin und zu sich selbst: Technik ist das Vokabular. ... und was sage ich damit? In welcher Umgebung? Es geht um Nachsicht und Toleranz mit sich, der Partnerin, der Umgebung.
Und es geht um Klarheit! Wie geht es mir, hier und heute! Was genau möchte ich, was möchte ich nicht. Ohne Anklage an irgend jemanden, ohne die Notwendigkeit einer Begründung.
Wenn all das gelingt, dann habe ich meinen "Wohlfühltango".
Dieses Gelingen ist ein Geschenk, das man nicht einfordern kann.
Um den alten Geheimrat zu zitierten "... wer strebend sich bemüht, ..."

@ Al Berto hat gesagt…
... vor allem die Schwierigkeiten, das Thema verbal zu greifen.
Ja genau!! Gerade deshalb sollten wir besser spüren lernen.
Zitat " dass sie will, was du machst."
Wer versucht dieses - ihr Wollen - herbeizuzwingen hat noch einen Weg vor sich.
Dieses bedingungslose angenommen werden. Sie will ganz ehrlich, was ich gerade machen.
...... Wohlfühltango!!!

@ Anonym hat gesagt… 20:25
Warum nur wird versucht immer viel Esoterik darin einzubinden. Gut fühlen kann man sich auch ... kein Alleinstellungsmerkmal des Tangos.

Ja richtig! Es gibt viele Möglichkeiten, nicht nur beim Tanzen, sich gut zu fühlen. Aber, ist "gut fühlen" nicht per definitionem Esoterik "- dem inneren Bereich zugehörig."

SNOOP

Al Berto hat gesagt…

@Bert:
Schön, dass du gehört hast, wie es im Sunderland zugeht. Das war nicht mein Thema, aber ich möchte keinem seine Vorurteile verbieten.
Um "Esoterik" - ein Kampfbegriff von sogenannten Rationalisten – ging es mir hier nicht. Es geht um einen Wechsel der Aufmerksamkeit, das gehört ins Feld der Kognitions- und Neurowissenschaften.
Dazu gehört auch die eigene Einstellung, also wie man dem Partner in einem Dialog begegnet. Für mich gehören dazu Höflichkeit und Respekt, übrigens in jedem Dialog, nicht nur beim Tanzen.

@Snoop
Genau so meinte ich das: Wohlfühltango. Meiner Partnerin das Gefühl zu geben, ich mach das genau so nur für Sie, Überraschungen inklusive.

Mir-fällt-immer-noch-kein-Pseudonym-ein hat gesagt…


"Dieses Gelingen ist ein Geschenk, das man nicht einfordern kann.
Um den alten Geheimrat zu zitierten "... wer strebend sich bemüht, ..." "

...

"Wohlfühltango: Meiner Partnerin das Gefühl zu geben,
ich mach das genau so nur für Sie, Überraschungen inklusive."

@ SNOOP & @ Al Berto:
Danke für eure Ideen zum "Wohlfühltango" !

...

Und noch eine Randbemerkung, eher off topic sozusagen:

Esoterisch formulierte Inhalte in Tango-Workshops sind n.m.E. oft eine Marketing-
masche bzw. ein gut gestricktes Geschäftsmodell der jeweiligen Protagonisten:

die Eleven lernen dort in aller Regel nicht wirklich etwas, das sie in ihrem Tango
voran bringt, sie fühlen sich aber "gebauchpinselt" und kommen daher beliebig
oft wieder zu den nächsten angekündigten Kursen bzw. "Offenbarungen" ... ;-)

Andreas Lange hat gesagt…

@ cassiel

"Nach meinen Beobachtungen in den Milongas gibt es offensichtlich noch zu oft Situationen, in denen Interpretierende hastig der Führung folgen."

was meinst du mit hastig folgen, später mit dem schritt starten aber zur gleichen zeit ankommen, eher ankommen oder gar beides?

alle asynchronität kann man doch als führender spüren, manchmal ist es sogar schmerzhaft. ich versuche in solchen fällen, so es der raum zulässt, meine bewegung an die frau anzupassen. ich hoffe dabei, dass sie die synchronität wahrnimmt um dann wieder mit ihr auf die musik zu kommen. gelingt dies nicht, dann würde mir ein weiter tanzen keine freude bereiten, denn entweder gingen die bewegungen an der musik vorbei oder das ständige ruckeln würde sich für mich unangenehm anfühlen.

Pseudo Nym hat gesagt…

Hallo Cassiel,
Hallo Foristen und Kommentatoren,

ich bin eigentlich ehr ein Konsument dieses Blogs - jedoch ist mir dieses Thema eine große Herzensangelegenheit. Warum? Das ist eine durchschnittlich lange Geschichte:

Als ich begann, Tango zu tanzen - das ist inzwischen mehr als 10 Jahre her - hörte ich von "Dingen" wie Achse, Energie oder Präsenz. Das sind für mich heute die sprachlichen Entsprechungen zu z.B. Vokalen, der Satzmelodie oder Satzzeichen.

Schnell kamen die ersten Worte, einfache Schritte. Es folgte ein ganzer Satz; eine einfache "Figur". In der Folge lernte ich gierig Sätze auswendig, manchmal waren es Gedichte … aus heutiger Sicht waren wohl auch Limericks und Knüttelverse darunter ;-). Ich hielt Präsentationen, Reden, und Monologe, die nach einiger Zeit irgendwie langweilig wurden - und heute hoffe ich, dass nicht zu viele Selbstgespräche darunter waren.

Dann, ganz selten, beim Tanz mit erfahrenen Tänzerinnen, dachte ich, ob ich da eine "Frage" von gegenüber gehörte hätte? (Wahrscheinlich haben die Mädels mich "angeschrien" :-) dafür Danke) Deshalb spitzte ich die "Ohren". Und tatsächlich! Frage und Antwort, so etwas wie eine kleine Diskussion, über die schöne Musik, über den Rhythmus, über den Gesang oder nur die Geigen! Es war herrlich und amüsant, denn Monologe sind letztlich etwas für Alleinunterhalter (auf dem Gebiet fühle ich mich im Restleben nicht wohl, und im Tango dann auch nicht).

Dieser Vergleich mit dem Erlernen einer fremden Sprache zu Ende gedacht bedeutet für mich: So wie ich in einer Fremdsprache erst vollständig angekommen bin, wenn ich die Witze der nativ-Speaker verstehe und sprachlich erwidern kann, so will ich im Tanz kleine feine Tangowitzchen erzählen und - und das ist mir die Herzensangelegenheit - auch erzählt bekommen. (Dieser Satz bedeutet nicht, dass ich Tango-native-Speaker bin und ich bin mir sicher, dass ich in der Vergangenheit viele Witze nicht verstanden habe oder noch nicht einmal wahrgenommen habe - ich arbeite daran)

Ich freue mir ein Bein aus, wenn meine leisen und vorsichtigen Angebote, "auch mal etwas zu sagen", angenommen werden. Es entsteht ein wirklicher Dialog der über die Tatsache, dass die Führung funktioniert, weit, weit hinaus geht. Alles was dann passiert, ist wie im richtigen Leben, inklusive "durcheinanderquasseln". Das geschieht aber nur, wenn sich beide Tänzer um eine wirkliche, intensive Verbindung bemühen. (Dabei ist übrigens jede Ablenkung von außen ein echter Showstopper)

Und auch hier - wie im richtigen Leben - gibt es nichts geschenkt ;-) Es ist für alle beteiligten Gesprächspartner ausgesprochen ratsam zuzuhören, deutlich zu sprechen, höflich und aufmerksam zu sein, natürlich nicht zu unterbrechen, das Kaugummi aus dem Mund zu nehmen, ….., keine rohen Knoblauch zu essen …. usw. usw. Die Basis dieses Dialoges ist für mich die Musik, so wie Luft oder Papier die Basis für die alltägliche Kommunikation ist.

Diese lange Herleitung habe ich aufgeschrieben einerseits als Aufruf an die in den Kommentaren benannten Anfänger, die das alles eventuell nicht verstehen. Bitte "spitzt die Tango-Ohren" bzw. meldet euch hin und wieder und dann immer häufiger auch mal zu Wort.

Darüber hinaus wollte ich die Frage wo denn die Grenze zu finden ist zwischen Meinungsäußerung und Verzierung versuchen zu beantworten: So wie die Führung zum Gesprächsbeitrag wird, wenn sie für die Partnerin und für den gemeinsamen Tanz gedacht ist, wird für mich eine Verzierung zum Gesprächsbeitrag - oder eventuell auch zum Tangowitzchen - wenn diese Verzierung unseren Tanz verzieren soll und nicht nur die Tänzerin. Dieser Gedanke, diese Absicht erzeugt Aufmerksamkeit und gleichzeitig die schöne Gelassenheit eines angenehmen Gesprächs.

Schöne Weihnachten und viele schöne Tänze zum Geschenk

haribold hat gesagt…

Fein formuliert, Pseudo Nym!

Mir-fällt-immer-noch-kein-Pseudonym-ein hat gesagt…

@Al Berto:

" ... es kommt nicht drauf an, dass sie macht, was du willst,
sondern dass sie will, was du machst. ... "

Das ist nicht nur ein schönes Wortspiel,
sondern auch inhaltlich ergiebig: danke dafür! :-)

Allerdings ist das, was ein "Proposer" macht, zusätzlich ja auch noch von der Musik, der aktuellen Situation der umgebenden Ronda, und weiteren Rahmenbedingungen abhängig:
also ein nicht immer ganz leichter Job, oder?

@ Bert:

"... Es reicht für angenehmes Tanzen, [zu] warten bis der Tanzpartner fertig mit {dem} seiner Bewegung ist, die Achse nicht zu verletzen."

"Nett, der ... " ... Vorschlag, die Bereitschaft zu dem beschriebenen Warten mitzubringen!
Aber ... "willst du vorher einen Fragebogen ausfüllen .." und dann
nur diejenigen auf die Tanzfläche lassen, die das glaubhaft zusichern können ? :-P

"Um diese Dinge zu erfahren reicht ein Rollentausch."
Der reicht natürlich nicht, da ist schon noch eine Menge mehr an Arbeit an sich und dem eigenen Tanz notwendig, aber ein _regelmäßiger_ Rollentausch ist auf jeden Fall eine sehr gute Idee, da stimme ich dir zu!

"Tango ist tanzen, wie andere Tänze auch. ... Ich denke eher, der Tango gibt viel Freiheiten sich zur Musik zu bewegen, mehr als andere Tänze, das ist sein Alleinstellungsmerkmal."

Auch "nett", dass du deine eigene Aussage kaum zwei Sätze später schon gleich selber wieder deutlich relativierst :-P
Denn für diesen zweiten Teil der Aussage bekommst Du allseits vermutlich wieder mehr Zustimmung! :-)

Mir-fällt-immer-noch-kein-Pseudonym-ein hat gesagt…

@ Pseudo Nym:

" ...ich bin eigentlich eher ein Konsument dieses Blogs - "

Jedoch wird angesichts Deines sehr "fein formulierten" Beitrages meine (und unsere?)
Hoffnung geweckt, dass wir hier in Zukunft öfters mal was von dir zu lesen bekommen !!

Ich bin - in dem Falle ;-) - also mal ganz entschieden der Meinung von Haribold 3:-)

"Dann, ganz selten, beim Tanz mit erfahrenen Tänzerinnen, dachte ich, ob ich da eine "Frage" von gegenüber gehörte hätte? [..] Deshalb spitzte ich die "Ohren". Und tatsächlich! Frage und Antwort, so etwas wie eine kleine Diskussion, über die schöne Musik, über den Rhythmus, über den Gesang oder nur die Geigen! Es war herrlich und amüsant, ..."

Das ist wirklich sehr schön beschrieben! (*)
Dein Beitrag macht große Lust, Deine Gedanken mitzudenken, weiterzudenken ...
und dann hier selbst auch noch mal was dazu zu schreiben. Vielen Dank also! :-)

"Ich freue mir ein Bein aus, wenn meine leisen und vorsichtigen Angebote, "auch mal etwas zu sagen", angenommen werden. Es entsteht ein wirklicher Dialog ..."

Ohne jede Ironie: mir geht das Herz auf, ich freue mich mit Dir und spüre in mir
den eher neuartigen Impuls, doch wieder öfters mal als Follower zu tanzen ...
- natürlich mit "Proposern" bzw. "Interviewern"/"Moderatoren" wie dir ;-)

Doch ein derart souveräner und achtsamer Proposer,
das wird man doch sicherlich nicht in den ersten 3-4 Jahren Tango, was meinst du?

"Schnell kamen die ersten Worte, einfache Schritte. Es folgte ein ganzer Satz; eine einfache "Figur". In der Folge lernte ich gierig Sätze auswendig, manchmal waren es Gedichte … aus heutiger Sicht waren wohl auch Limericks und Knüttelverse darunter ;-). Ich hielt Präsentationen, Reden, und Monologe, ... "

Ich lese diese Schilderungen von Dir so, dass dies durchaus auch ein wichtiger Teil des Weges ist und letztlich für deine jetzige Fähigkeiten auch hilfreiche Elemente zur Verfügung gestellt hat.
D'accord?

Ich finde es also durchaus hilfreich, wenn Tangolehrer sich - auch gegen den allgemeinen Trend - dazu bereit finden, Sequenzen oder gar "Figuren" zu unterrichten, sofern sie dabei geduldig darauf hinweisen, wo die bereits zuvor ausgiebig geübte Tango-Technik hier im detaillierten Einzelfall entsprechend präzise angewendet werden muss.
Dann würde ich sie auch gegen jeden leichtfertigen Vorwurf entschieden verteidigen,
sie wären doch bloße, am schnellen Kommerz interessierte "Figuren-Verkäufer" !
Denn kommerziellen Erfolg hätten sie damit, da bin ich sicher ... ;-)

Allerdings:
der er ungeübte Proposer tut sich - wie auch der ungeübte Redner (s.o.) - mit allzu vielen Zwischenfragen oder gar aktiven Diskussionsbeiträgen seines Publikums bzw. Tanz-Gegenübers naturgemäß noch schwer.
Vielleicht ist es daher besser, wenn in den ersten Jahren das "interpreting" gegenüber dem "following" etwas zurückgestellt wird?

Oder hast Du - jetzt im Rückblick auf deine zehnjährige Tangobiographie - gute Ideen, wie Tango-Unterricht in den ersten Jahren diesen Aspekt bereits stimmig integrieren könnte, ohne die Proposer vor unlösbare Aufgaben zu stellen?

Mir-fällt-immer-noch-kein-Pseudonym-ein hat gesagt…

@ Pseudo Nym:

Und noch eine abschließende Frage, dieses Mal zur Welt der "Interpreter":

üblicherweise ist ja der Proposer dafür zuständig, die Passung des gemeinsamen Tanzes in die umgebende Ronda sicherzustellen und dabei sowohl das Rumtrödeln als auch Kollisionen zu vermeiden.

Wenn nun die "Interpreter" damit beginnt, Ihre "Fragen und Diskussionsbeiträge" entschieden in die Gestaltung des gemeinsamen Tanzes & Dialoges einzubringen, geht dann auch ein Teil der Verantwortung für diese oben genannte "Passung in die Ronda" ebenfalls auf Sie über?

Sollten sie das dann auch gelehrt bekommen?
Oder was denkst Du, was da gut funktionieren könnte?

Danke für deine Anregungen hierzu und nun wünsche Dir
und allen Lesenden und Schreibenden guten Willens hier
noch ein gutes Neues Jahr 2016 und darin auch
viele schöne "Tango-Dialoge" natürlich! ;-)

Donato hat gesagt…

@"Mir-fällt-immer-noch-kein-Pseudonym-ein":
Ob man/frau so ein dialogmäßiges Tango-Tanzen in 3-4 Jahren lernen kann? Claro! Gute Lehrer. Darüber reden/lesen/diskutieren. Hin und wieder a bisserl Selbstkritik. Oft tanzen (auch mal allein in der Küche). Blogs,"Tangodanza",Youtube,usw..Dann ersparst Du Dir unsere Umwege.
Zu viel Fragen der Interpreter am Beginn des Weges? Naja, der Weg ist das Ziel - Fehler inbegriffen. Das Ganze nicht zu ernst nehmen und a bisserl durchhalten. Wenn zwei sich verstehen, wird viel verziehen. Erfahrene Follower wissen, wie die Ronda funktioniert - kein Problem.

Sequenzen-Tanzunterricht? Habe damit, auch in anderen Tänzen, keine guten Erfahrungen wenn es um das Nachmachen von Figuren-Sequenzen geht. Bindet im Unterricht zu viel Aufmerksamkeit, insbesondere bei Anfängern. Überlassen wir es doch lieber weitgehend den Standard-Latein-Turniertänzern. Die Stärke des Tango rioplatense liegt in der Variation (inklusive Improvisation) der Grundelemente (ein Grund, warum ich letztendlich beim Tango gelandet bin).
Im Laufe der Zeit entwickelt man/frau dann schon eigene individuelle Sequenzen.
Schönes Tango-Jahr!

Anonym hat gesagt…

@Mir-fällt-immer-noch-kein-Pseudonym-ein.

Bei der Verantwortungsverteilung wird nicht viel passieren, was soll bei dem hier präveriertem Milongueroartigenstil auch passieren. Oft genug zu sehen; Sie hängt an ihm, man tapst rythmisch von einem Bein auf das andere, ab und zu eine Wiege. Zu mehr fehlen einfach die technischen Voraussetzungen. So gibts dann Jahrelang die gleiche Hausmannskost. Einen Dialog habe auch nicht in einem Encuentro gesehen. Eher Schablonentanzen, völlig egal ob Di Sarli oder Arienzo oder ... Es ist sieht immer genau gleich aus. Wo schon nicht auf Musik gehört wird, wer startet denn da einen Dialog. Hat einer ein getanztes Beispiel eines Dialoges, damit meine ich keine Reparatur.

Gruss Bert

snoop hat gesagt…

Vorab allen ein schönes, neues Tangojahr.
Wenn ein Jahr mit so schönen Gedanken und Einsichten beginnt - Dank an alle.

@ Mir-fällt-immer-noch-kein-Pseudonym-ein hat gefragt
Doch ein derart souveräner und achtsamer Proposer,
das wird man doch sicherlich nicht in den ersten 3-4 Jahren Tango, was meinst du?

Darf auch ich meine persönliche Erfahrung einbringen? Im Rückblick auf diese Jahre, stimme ich Dir zu. Nach 3-4 Jahren, fleißig und bemüht, hatte ich ein Grundhandwerkszeug. Ich habe Gedichte aufgesagt, Monologe gehalten und Selbstgespräche geführt. Das ist auch in Ordnung so!! Ein Gedicht schön zu interpretieren hat jedenfalls auch etwas ;-)

Ich will jetzt - alles - sofort. Mein Gott wie schön ist es, dass das im Tango nicht geht. Nach fast 10 Jahren weiß ich, besser als je zuvor, woran ich noch arbeiten darf. Aber damit ist keine Trauer verbunden. Es ist eine tiefe Sehnsucht entstanden nach jenem Moment, in welchem alles stimmt und dem Nachhall, wenn er vergangen ist.

@ Donato hat gesagt...
Ob man/frau so ein dialogmäßiges Tango-Tanzen in 3-4 Jahren lernen kann? Claro! Gute Lehrer.
Ich gebe Donato recht, gute Lehrer sind grundsätzlich immer wichtig. Aber darüber hinaus möchte ich einen Vergleich aus der Musik bemühen. Ein echter Neuling der nach 3-4 Jahren sein Instrument so beherrscht, dass er z.B. bei einer Jazz-Improvisation nicht nur den Ton trifft, sondern die Phrasen seiner Mitspieler aufnehmen kann, Antwort gibt und auch spürt, wann er mal Pause hat, den sehe ich neidlos als Wunderkind. Auch begabte "Normalos" haben möglicherweise einen anderen Entwicklungsgang.

Damit bin ich beim Thema Tanzunterricht angekommen.
Sequenzen-Tanzunterricht?
"Lerne die Regeln, damit du sie richtig brechen kannst." (Dalai Lama, Tendzin Gyatsho)
Ja, ich bin dafür. Und immer mit der Klarheit, dass diese Sequenzen eine Einstiegshilfe sind und die einzelne Bewegungs-Sequenz für sich stehen kann. Skalen (Tonleitern) üben ist sehr hilfreich, aber wer kann es schon genießen, stundenlang die gleiche Tonleiter zu hören.

Apropos gute Lehrer. Es gibt ja so viele;-)... könnte so viele geben.
Der Wunsch nach Jahren der Erfahrung auch etwas weitergeben zu dürfen, ist bei vielen groß. Das ist in Ordnung. Auch ich habe von einer erfahrenen Tanguera etwas bekommen. Da hatte ich meine ersten Lehrjahre gerade hinter mir. Ihr Unterricht war sehr speziell. Bei einer Milonga ist eine mir vorher unbekannte Tanguera so sehr auf mich eingegangen, hat mit mir im Rahmen meiner Möglichkeiten gesprochen, dass ich drei Tandas ausgesetzt habe, um das Erlebte zu verarbeiten.
Wenn du jemandem Tango beibringen willst, wecke in Ihm/Ihr die Sehnsucht nach dem getanzten, traurigen Gedanken.

Es grüßt euch
Snoop

Anonym hat gesagt…

@snoop,

ich glaube da verwechselt du was. Skalen,Tonleitern spielen sind technische Übungen, das sind Tanzchoreos oder Sequenzen nicht. Tanzsequenzen sehen genau so aus wie Etüden klingen wenn man sich nicht die Voraussetzungen erarbeitet hat. Egal ob Musik oder Tanzen. Wenn es mehr als ein Stück aus dem Gitarrenbuch "erste Stücke" sein soll, ist Arbeit an den Grundlagen angesagt. Da spielt Begabung eine untergeordnete Rolle. Da geht kein Weg dran vorbei. manche machen das, andere nicht und spielen(tanzen) so immer das gleiche Stück. Lehrer können nur den Weg zeigen, gehen muss man ihn selber.

Gruesse Bert


Roxana hat gesagt…

@ Bert:
> ... präveriertem Milongueroartigenstil ...

Kuck mal an:
zwei Wörter und darin (mindestens) 4 Fehler ... ;-)
... & Deine restlichen Beiträge scheinen sich - auch inhaltlich - dem anzupassen :-P

Mein Eindruck: entweder hast Du jeweils so schnell "geschossen", dass Du
Dich dabei komplett im Thread geirrt hast, oder sogar gleich im ganzen Blog?

@ Donato:
> Ob man/frau so ein dialogmäßiges Tango-Tanzen in 3-4 Jahren lernen kann? Claro! Gute Lehrer.
& @ Bert:
> Hat einer ein getanztes Beispiel eines Dialoges,

Ja, gute Lehrer sind wirklich von großem Vorteil ;-)

Und:
_zwei_ Voraussetzungen, um einen Monolog zum Dialog zu öffnen sind:
a) der zunächst Sprechende (= Führende) macht gelegentlich Pausen :-)
b) die zunächst Zuhörende (=Folgende) hat dann was dazu Passendes zu sagen :-)

Einfachstes Beispiel für das erste halbe Jahr:

Das Paar übt eine der allgemein üblichen Sequenzen, wie z.B.
das Sanguchito (natürlich in verschiedenen Varaianten und Rhythmen) ...
https://www.youtube.com/watch?v=Fj-PW1ZgTDw
https://www.youtube.com/watch?v=OCFJYlFqj94

... und geht dann dazu über, die einleitende Parada als einen relativ einfachen
& ruhigen Moment zu entdecken, der es der Führenden erlaubt, entspannt hinzuhören,
welchen Ausgang die Follower durch ihre Körpersprache vorschlägt bzw. sich wünscht ...
und dann diesen Vorschlag achtsam "folgend zu führen" ... :-D

In fortgeschrittener Manier z.B. hier bei min 01:33 oder min 02:06 zu sehen:
https://www.youtube.com/watch?v=J__zL-fEmz8


@ Donato:
> Sequenzen-Tanzunterricht? Habe damit, auch in anderen Tänzen, keine guten Erfahrungen ...
> Im Laufe der Zeit entwickelt man/frau dann schon eigene individuelle Sequenzen.

Ja, das ist wirklich eine ganz grandiose Idee !

Gut, ich weiß zwar:
Nicht alles was hinkt ist ein Vergleich,
aber vielleicht erreicht Dich dieser ja trotzdem:

Vor Zeiten war mal im Parallel-Kurs zu unserem Seminar der dortige junge Dozent
- so wie Du wohl auch - ebenfalls noch ein Fan des sog. "Entdeckenden Lernens":

Seine Eleven "durften" die Grundlagen der Leibniz'schen Infinitesimalrechnung
ebenfalls im Laufe der Zeit auf eigene Faust und "individuell entwickeln":
als dann kurz vor der Prüfung unser Kurs schon fast wie der Fisch im Wasser durch die
Untiefen der Integrale tanzte, beherrschten diese Armen gerade mal die Basics ... :-/

Es kann natürlich schon sein, dass der Parallel-Kurs diese Basics besonders
"tief lieben gelernt" hatte, genutzt hat es den Leuten dort jedoch recht wenig ;-)

Eventuell hilft das ja jemandem beim Nachdenken ... ;-)

In jedem Fall:
Allen ein schönes Tango-Jahr! ;-)
Roxana

Anonym hat gesagt…

@roxana

Schreibfehler passieren mal, gerade auf kleinem Bildschirm.

"_zwei_ Voraussetzungen, um einen Monolog zum Dialog zu öffnen sind:
a) der zunächst Sprechende (= Führende) macht gelegentlich Pausen :-)
b) die zunächst Zuhörende (=Folgende) hat dann was dazu Passendes zu sagen :-)"

ist was völlig normales, nennt sich Verzierung.
Bei deinem Beispiel 1:33 wird geführt, 2:06 schlägt Sie nichts vor sondern verziert.
Die Bsp. der Sandwitches, auch da wird geführt, an manchen Stellen Verzierungen.

Kann man Tango nach 3-4 jahren lernen, ja wirklich?

Grüsse Bert

Donato hat gesagt…

@Roxana
Bei "sequentiellem" Tanzunterricht bin ich kritisch, wenn es sich um die Aneinanderreihung von Figuren handelt. Gegen altbewährte kurze Sequenzen ist natürlich nichts einzuwenden. Bin da vielleicht nicht auf dem aktuellen Definitionsstand. Ja, irgendwann habe ich mich von Unterricht und Lehrern verabschiedet. Irgendwann wurde es Zeit, flügge zu werden. Von einem "Gesellschaftstanz" (social dance)erwarte ich, dass er den Tanzschülern ermöglicht, in absehbarer Zeit auf eigenen Beinen zu stehen. Eine Vielzahl an Tango-Anfängern springt bekanntermaßen wieder ab, weil ihnen das Ganze zu schwer erlernbar erscheint. So viele nette Leute, die eine super Idee, genannt Tango, weitertragen könnten! Dabei ist der Tango argentino eigentlich relativ leicht zu erlernen (zur Erinnerung: er war musikalisch und tänzerisch ursprünglich ein "Straßentanz", ein Tanz des Volkes). Naja, zumindest so weit, dass man/frau damit ganz gut aufs Parkett gehen kann. Man sollte, bittesehr, diesen Tanz auch nicht überhöhen! Einhalten bestimmter Codigos in der Ronda: selbstverständlich. Sich an die Vorgaben der Veranstalter halten: ja. Ansonsten aber bitte jeden nach seinen Möglichkeiten tanzen lassen. Die Tanzansprüche (und auch musikalischen Ansprüche) in diesem Blog bewegen sich oft auf einem hohen Niveau. Dagegen ist wirklich nichts zu sagen - ich versuche das ja auch. Aber ich werde weiterhin Tango-Anfängern sagen, dass man/frau diesen Tanz in absehbarer Zeit erlernen kann! Und dass die Kommunikation in der Milonga letztendlich das Wichtigste ist (naja, neben dem Hören auf die Musik). Und dass man über Fehler auch mal lachen kann. Und dass man nicht vergessen sollte, dass es auch im Tango ein kommerzielles Interesse daran gibt, Schüler sehr lange an sich zu binden. Und dass Tango eine super Sache ist! Aus diesem Wissen heraus gewinnt man doch das Selbstvertrauen und den Mut, sich an ein Thema wie "Dialog im Paartanz, in der Musik, im Raum", heranzutasten. Wobei, wie ja Einige hier schon gut dargelegt haben, Dialog viele Facetten hat. Deshalb werde ich hier auch keine konkreten Beispiele nennen. Es ist ein vergnügliches Gespräch, in dem das Thema von beiden Seiten mitbestimmt werden kann - und der "Tonfall" des Gespräches sowieso.
Herzliche Grüße.

snoop hat gesagt…

@bert 5. Januar 2016 um 16:01
Danke für deine Anmerkungen, ich kann dir zustimmen. Es geht um das Schaffen von technischen Voraussetzungen einerseits und um das Tanzen als solches andererseits. Wie man sich die Technik aneignet? Viele Wege führen nach Rom. Bewährte oder beschwerliche, letztlich geht es um das Ziel.

@Donato 7. Januar 2016 um 00:53
Tangoanfänger zu ermutigen und zu unterstützen finde ich auch sehr wichtig.
Gerade deshalb erzähle ich gerne, dass da dann noch etwas kommt. Das Sahnehäubchen, der Dialog!

Kann man Tango nach 3-4 Jahren lernen, würde ich gerne so beantworten: Auch nach 3,4,10 Jahren gibt's noch viel zu lernen, wenn man dazu in der Lage ist.

Herzlichst
Snoop