Donnerstag, 31. Januar 2013

#aufschrei - Wir müssen mal reden...

Die Veröffentlichung in einer Hamburger Illustrierten ist nun genau eine Woche alt und das Thema wird überall ausführlichst diskutiert. Es war wohl überfällig. Natürlich gibt es die sinnbefreiten Diskussionen, vorwiegend bei den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten, bei denen themenfremde Verteidigungslinien gezogen und anschließend vehement umkämpft werden, aber es gibt auch einige positive Ansätze in der online-Diskussion und in diesem Artikel soll versucht werden, die Debatte auch in den Tango zu tragen.

Aber zunächst eine kurze Zusammenfassung: Was ist eigentlich passiert? Eine junge Journalistin hat im Auftrag einer Illustrierten eine Langzeitbeobachtung eines wichtigen Bundespolitikers gemacht und in ihrem Artikel von einem Vorfall berichtet, der sich vor über einem Jahr ereignete. Der an Jahren gereifte Politiker verstieg sich an einem späteren Abend an einer Hotelbar zu der Äußerung, die Journalistin könnte auch ganz gut ein Dirndl ausfüllen. Weitere Details sind jetzt erst einmal nebensächlich und können bei Bedarf mittels Google schnell aufgefunden und nachgelesen werden.

Ist das jetzt Sexismus? Ich bin mir unsicher und behaupte, es ist zunächst einmal eine veritable Unverschämtheit, die sehr viel über den Sprecher verrät. Noch gravierender ist allerdings, daß der Politiker es nicht für nötig befindet, seine Äußerungen zurück zu nehmen und sich zu entschuldigen. Stattdessen werden nun Legionen aus Parteifreunden in Marsch gesetzt und die legen erst einmal massiv Nebelkerzen aus: Der Artikel und die Diskussion seien sachfremd, weil die tiefere Motivation darin begründet sei, daß dieser Politiker nun Spitzenkandidat seiner Partei für die Bundestagswahl ist. Das stimmt wohl - macht aber deshalb die Angelegenheit nicht weniger schlimm. Weiterhin wird ausgeführt, daß dies nachts an einer Hotelbar (womöglich unter Alkohleinfluss) passierte und deshalb nichts mit einer professionellen Arbeitsumgebung zu tun habe. Das sehe ich entschieden anders: Auch unter Alkohleinfluss muss man sich in seinen Sozialkontakten ordentlicher und respektvoller Umgangsformen bedienen.

Aber was ist eigentlich Sexismus? Bei Wikipedia kann man die verschiedenen Definitionen nachlesen und letztlich ist auch die Antwort auf diese Definitionsfrage im konkreten Fall eher zweitrangig. Wenn es eben kein Sexismus ist, dann ist es eben Chauvinismus. Wir sollten nicht an Etiketten kleben. In meiner Wahrnehmung passt dieses Bild zu so manchem Bundespolitiker, der - besoffen von der eigenen Wichtigkeit - im alltäglichen Umgang seine gute Kinderstube verloren hat (falls er sie denn tatsächlich jemals hatte). Und hier wird die Causa gesellschaftlich relevant. Hier drängt sich nämlich die Frage auf, ist das auf die Politik begrenzt? Oder haben wir es doch mit einem breit angelegten gesellschaftlichen Phänomen zu tun? Wenn wir ehrlich sind, dann müssen wir diese zweite Frage mit einem ziemlich eindeutigen JA beantworten. Eine notwendige Vorraussetzung in derartigen Fallkonstellationen ist m.E. immer der gefühlte oder geforderte Statusunterschied: oben/unten, mächtig/ohnmächtig, wichtig/unwichtig und die Motivation, diesen Statusunterschied durch das eigene Handeln und Sprechen weiter zu verfestigen. Wenn der gefühlte oder geforderte Statusunterschied primär durch die Geschlechtszugehörigkeit definiert bzw. motiviert wird, dann kann man meiner Meinung nach bereits von Sexismus sprechen. Nun ist es vollkommen unerheblich, ob die betroffene Frau sich tatsächlich beeinträchtigt fühlt oder nicht. Das ist m.E. komplett unwichtig. Es geht um die innere Einstellung des handelnden Akteurs und um die Frage, ob wir unser Zusammenleben in der Gesellschaft dauerhaft so etablieren wollen.

Und wenn wir diese Diskussion nun in den Tango tragen, dann fallen mir zunächst spontan Tangueros ein, die von "Tanzsportgeräten" sprechen, wenn sie eine Vertreterin des schöneren Geschlechts benennen wollen. Mir fallen Tangueros ein, die sich hartnäckig weigern, den Cabeceo zu verwenden: "Wenn eine Frau auf eine Milonga geht, dann will sie tanzen." Mit dieser Rechtfertigungsstrategie nötigen sie Frauen mit direkten verbalen Aufforderungen zu einer Tanda; in Kauf nehmend, daß sich die Betroffene kaum entziehen kann. Die Ablehnung einer direkten verbalen Aufforderung in der Milonga ist ja keine Interaktion zwischen zwei Menschen, sie entfaltet immer Außenwirkung und nicht selten - ob mit Beteiligung des abgelehnten Tangueros oder ohne diese Beteiligung - wird der Betroffenen Tanguera das Stigma "Zicke" attestiert. Mir fallen antiquierte Konzepte von "Führen und Folgen" ein, die die Frau zu einer fast willenlosen Erfüllungsgehilfin des agierenden Tangueros degradieren (und so etwas wird auch noch immer unterrichtet). Ich will jetzt die Liste der Beispiele von Sexismus oder zumindest bedenklichem Chauvinismus im Tango nicht weiter ausführen, das kann jede Leserin, jeder Leser einmal für sich durchdenken. Wichtig erscheint mir nur, daß wir für das Thema eine Sensibilität entwickeln, denn nach meinem Verständnis sollte jeder Mensch ein sehr feines Gespür für derartige Missstände haben.

Wie immer: Ergänzung, Anmerkungen, Lob und Tadel in den Kommentaren... Ich bin gespannt.

115 Anmerkung(en):

Anonym hat gesagt…

Tanzsportgerät-Bezeichner, Cabeceo-Verweigerer- alles nicht besonders schön. Was aber, bitte schön, hat das mit Herrn Brüderle und seinen Entgleisungen zu tun?
Müssen wir diese durch jenen angestoßene Sexismus-Debatte, die offenbar vonnöten ist, nun mit aller Kraft auf die Ebene "Tango" zwingen? Kommt mir irgendwie sehr konstruiert und von hinten durch die Brust ins Auge vor. Als wenn es da nicht drängendere Probleme gäbe, mit Verlaub!

cassiel hat gesagt…

Hallo Anonym,

Danke für Deinen Kommentar. Ich habe lange gezögert den Beitrag zu schreiben (eigentlich geistert der schon seit Wochenanfang durch mein Hirn). Ich habe genau so eine Reaktion erwartet. Ohne daß dies ein Vorwurf sein soll: Die Ablehnung der Relevanz der Fragestellung finde ich bereits bedenklich. Und weiter: Gerade im Tango, wo wir alltäglich mit dem Unterschied zwischen den Geschlechtern umgehen, sollten wir uns mit dieser Frage einmal dringend beschäftigen. So zumindest meine Meinung...

Anonym hat gesagt…

wenn es der Tango-community nur ein halb so großes Bedürfnis ist wie der bundesdeutschen Gesellschaft die Sexismus-Debatte, dann wird es ja bal vor lauter Beiträgen, Aufschreien, Anschuldigungen, entschuldigen undsofort diesen Blog demnächst sprengen. Warten wir doch mal ab, ob da lediglich die Seele eines sensiblen Bloggers brodelt oder
es ein die Gemeinschaft bewegendes Thema ist. Ich bleib dabei: ich halte es für konstruiert.

Hauptstadt-Tanguero hat gesagt…

wenn mädels auf der milonga nicht tanzen wollen dann sollen sie zu hause bleiben. dieses cabaceo getue geht mir auf die nerven!

Anonym hat gesagt…

Und was ist mit den Frauen? Dieser Punkt ist im Blog unerwähnt. So wie ich das sehe, gibt es viele Frauen, die sich genau nach dem Kindchen-Schema verhalten. Darüber hast du nicht geschrieben.

Anonym hat gesagt…

Daumen nach unten - der Artikel gefällt mir überhaupt nicht

Anonym hat gesagt…

Wiederspruch! Es ist ein guter und wichtiger Artikel. "besoffen von der eigenen Wichtigkeit" - da kenne ich auch so manche(n) im Tango :)

Eve

cassiel hat gesagt…

@Anonym1 (wie ich annehme)
Warten wir es doch ab. Vielleicht habe ich mich geirrt und es ist kein Thema im Tango. Vielleicht entsteht auch eine lebhafte Diskussion. Warten wir es einmal entspannt ab.

@Hauptstadt-Tanguero
Allein die Verwendung des Begriffs Mädels finde ich bereits problematisch (aber da gestehe ich auch gerne zu, daß ich übertrieben empfindlich bin - über die Frage habe ich sogar schon mit Frauen länger diskutiert). Für mich ist die Verwendung des Begriffs nur zulässig, wenn man gleichzeitig von Jungs im Tango spricht. Ansonsten wird da wieder versucht, verbal eine Hierarchie zu implementieren: oben/unten, wichtig/unwichtig (siehe Artikel). Und der Cabeceo ist wichtig. Ich bleibe dabei. Die teils heftige Ablehnung kann ich nicht nachvollziehen.

@Anonym2
Richtig! Aber zu den Frauen im Tango sollte meiner Meinung nach eine Frau schreiben. Ich habe ebenfalls beobachten können, daß manche Frauen im Tango auf dem Cinderella-Ticket ihr Glück versuchen bzw. ihren Vorteil suchen. Dafür fühle ich mich aber als männlicher Blogger nicht zuständig.

@Anonym3
Es ist Dein gutes Recht, den Beitrag nicht zu mögen. Ich bin hier aber nicht verpflichtet, analog zum Geschmack der Leserschaft zu schreiben.

@Eve
Danke

Allen Kommentierenden ein Dankeschön für die Reaktion.

Anonym hat gesagt…

Was ist denn, bitte sehr, das Cinderella-Ticket??

cassiel hat gesagt…

@Anonym4

Ich halte den Begriff für selbsterklärend. Gemeint ist, wenn eine Frau sich ohne Not so verhält, daß sie die Anforderungen so mancher Tangueros mit zweifelhaften Umgangsformen sublimiert und sich gemäß den Erwartungen an ihr Rollenverhalten verhält.

Aber ich klebe nicht an dem Begriff. Hast Du einen besseren Vorschlag?

Anonym hat gesagt…

Casiel der Frauenversteher .....

Sophia hat gesagt…

Ich finde die Diskussion wichtig. Ob man jetzt über "Sexismus" oder "rücksichtsloses Verhalten" spricht ist egal. Ich verstehe nicht, warum sich manche Männer sofort angegriffen fühlen. Die überwiegend kritischen Realtionen auf den ursprünglichen Beitrag zeigen aber wie aktuell das Thema auch im Tango ist.

Lieber Cassiel, mach' bitte weiter so.

Anonym hat gesagt…

Genau das bitte nicht. So eine bemühte Debatte ist einfach nur nervtötend!
Wie schön waren doch die Zeiten, als uns dieser Blog noch was wirklich Tangorelevantes mitzuteilen hatte. Wenn der Autor nun eine Schreibblockade oder eine Tangokrise hat - schade. Aber bitte keine sinnfreien Debatten stattdessen!

Sophia hat gesagt…

Diese Debatte ist nicht sinnfrei. Und ich finde es schade, dass hier versucht wird Cassiel die Themen vorzuschreiben.

Dominio hat gesagt…

Ich glaube, hier haben sich wieder einige anonyme Blog-Trolls eingeschlichen.....(vielleicht ja auch ein-und dieselbe Person, ein wahrscheinlich männlicher und scheinbar frustrierter Tänzer ;-))
Aber schenken wir ihm mal nicht so viel Aufmerksamkeit.
Ich finde es als Frau durchaus viel schöner, mit einem Cabeceo (gern auch quer durch den Raum) aufzufordern und aufgefordert zu werden. Nur mit einem Cabeceo ist eine echte Gleichberechtigung (wir wollen ja dann BEIDE miteinander tanzen) möglich.
Ich als Frau finde es wirklich schwierig, verbal aufgefordert zu werden und lasse es auch nur bei wirklich guten Freunden zu.
Ich habe sogar schon einmal einem ausgesprochen sehr guten Tänzer einen Korb gegeben, weil er mitten in der Tanda vor mir stand und verbal gefragt hat.
Wie froh war ich, dass er zu einem späteren Zeitpunkt meiner Mirada Beachtung geschenkt hat....
Ich habe den Eindruck, dass es, wie auch im alltäglichen Leben, immer solche und solche Menschen und Männer gibt (und die dazu passenden Frauen).
Letztlich entscheidet eine Frau auch mit, wie sie behandelt werden möchte.
Mit dieser ganzen Macho/Cinderella-Nummer habe ich wenig zu tun und bin ganz froh drum. Irgendwie ist das wohl eine Parallel-Welt, in der ich mich nicht aufhalte......
Danke für diesen wichtigen Beitrag!

bird hat gesagt…

Hi @,

ehrlich es würde mich sehr interessieren welchem Geschlecht die diversen anonyms, außgenommen Eve, in dieser Diskussion zuzuordnen sind, grins.
Und, ich bin da ganz bei cassiel, als Mädel möchte ich in überhaupt keinem Zusammenhang betitelt werden !!!
Und Männer die nicht auf Cabeceo stehen, weil sie das affig finden, die Arroganz besitzen per seh davon auszugehen das jede Frau nur darauf wartet von ihnen zum Tanz "gefordert" zu werden, die sollten wenigstens dafür Eintreten das Tangueras eben so wie Tanguros verbal auffordern dürfen, damit auch sie evt. mal in die Situation kommen aufgefordert zu werden, obwohl sie mit dieser Frau nicht tanzen möchten. Weder ist es schön in solch einer Situation eine Absage zu erteilen, dass mache zumindest ich nicht gerne, fühle mich dadurch zu unhöflichem Handeln genötigt, denn ich möchte niemanden so öffentlich einen Korb geben, noch ist es schön dann eine Tanda zu tanzen. Und auch Frauen möchten einfach nur mal sitzen, zuschauen, sich ausruhen oder die zuletzt getanzte Tanda nachklingen lassen.

B. G. hat gesagt…

Im ersten Moment fand ich die Idee, eine verbale Aufforderung sei fast eine Nötigung absurd. Aber ich muss meine Meinung ändern. Eine Frau hat, wie Cassiel richtig bemerkt hat, kaum eine Möglichkeit aus der Situation rauszukommen.

Ich weiß nicht, ob das schon Sexismus ist, eine Gedankenlosigkeit ist es allemal.

Butter bei die Fische hat gesagt…

Ein Unbehagen überfiel mich beim ersten Lesen. Das gebe ich zu. Aber wenn man etwas nachdenkt, dann wird schnell klar, wie wichtig das Thema ist. Und je nachdem, wie eng oder weit man den Begriff Sexismus fasst, wird man zu ähnlichen Schlüssen wie der Autor kommen. Es ist egal, ob wir von Sexismus oder Chauvinismus reden. Letztlich wird allen klar sein, worum es geht ... auch denen, die sich hier abfällig äußern. Ich muss jetzt noch ein wenig nachdenken... Toller Blog übrigens

Tanguera hat gesagt…

Dafür, dass es kein aktuelles Thema im Tango ist, kommen hier aber schon regelmäßig Kommentare (-:

Ich habe einen Link zum Thema:

http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/menschen-wirtschaft/sexismus-debatte-nimm-sie-in-deine-abteilung-dann-darf-ich-auch-mal-12043331.html

Vielleicht lesen die Kritiker erst einmal, dann diskutieren wir weiter. Ich bin übrigens froh, dass ein Mann dieses Thema in den Tango gebracht hat. Hätte es eine Frau getan, dann hätten wir schon wieder die Diskussion um Emanzen und Lesben.

Andreas hat gesagt…

Bislang habe ich mit Interesse in Deinem Blog gestöbert, aber jetzt wirds mir doch zu übertrieben - wer nicht mit cabeceo auffordert wird mit Brüderle in eine Ecke gestellt ? !

Klingt mir viel zu sehr nach Tango-Polizei, sorry für das harte Wort, aber überlasst doch die Entwicklung der Umgangsformen ihrer eigenen Evolutionsdynamik.

cassiel hat gesagt…

@Andreas
Genau das wollte ich nicht. Es bringt nichts, die Diskussion emotional aufzuheizen. Das war auch nicht meine Absicht.

Aber ich bleibe bei meiner Grundüberzeugung, daß der fehlende Cabeceo die Wurzel von vielen Übeln in der Milonga ist. Daraus jetzt den Umkehrschluss zu ziehen und mir zu unterstellen, ich würde alle Verbal-Aufforderer mit einen Politiker auf eine Stufe stellen, finde ich illegitim.

Allen Kommentierenden ein herzliches Dankeschön für die Anmerkungen.

La Perla hat gesagt…

#Aufschrei im Tango -
wenn er sitzend eine vorbeigehende Tanguera, die vehement den ganzen Abend den Blickkontakt vermeidet - anspricht, diese dann so tuen muss, als wenn sie die Ansprache nicht gehört hat und weiter geht (um diskret einen Tanz zu vermeiden bzw. keinen Korb geben zu müssen) - der Tänzer aufspringt, hinter der Tänzerin hinterher geht und sie direkt anspricht. Die Tänzerin dann ' freundlich' sagt, dass sie im Moment gerne eine Pause machen möchte, der Tanguero das nicht akzeptiert, sondern meint, das wäre doch jetzt nicht so anstrengend ..... Und die Tänzerin dann, um eben keine 'Tangozicke' zu werden, die drei Höflichkeitstänze in einer mäßig besuchten Milonga tanzt...

oder.... der Tanguero (eher ungeübt), der trotz Widerstandes immer wieder versucht, in die enge Tanzhaltung zu gehen ... die Tanguera dezent zu ihm sagt, dass sie gerade besser in der offenen Tanzhaltung tanzen kann und er sie dann nach dem ersten Tanz auf der Tanzfläche stehen läßt ....

Was war das, liebe Tangueros?

Anonym hat gesagt…

Du Weichei und Maulheld, ich wette, Du traust Dich nicht, Deine Tanguera mal richtig ranzunehmen.

bird hat gesagt…

Ja,
la Perla,

die enge Umarmung ist auch so eine Sache, da hast du völlig Recht.
In eine solche gedrängt, gezwängt zu werden, wenn man das nicht möchte, warum auch immer, ist ähnlich schwierig zu handhaben, wie ein eingeforderter Tanz.
Den Tipp, ich als Frau könne das doch regeln, indem ich mich dem wiedersetze kann ich aus der Praxis nicht soviel abgewinnen. Wenn ein Mann eng tanzen will, nicht sensible für sein Gegenüber ist, artet das, wenn man es bis zum bitteren Ende betreibt, in einer Art Zweikampf zu Tangomusik aus. Und auch hier, klar könnte man nach dem ersten Tanz die Tanzfläche verlassen oder aber sagen, dass man nicht so eng tanzen möchte. Wohl fühlen würde ich mich dabei nicht. Ich bin auf der Milonga um Freude zu haben, mit Vergnügen zu tanzen, nicht um Zweikämpfe zu bestehen.
Tango Argentino ist ein mit großer Nähe verbundenes Miteinander und ich erwarte nicht überrumpeln zu werden, von Menschen die mir oft unbekannt sind. Schon mit dem zweiten, dritten vielleicht auch erst vierten Tanz passt die enge Umarmung vielleicht. Das ist ja nicht wirklich viel Zeit, oder ? Und wenn nicht, was ist an einem Tanz mit weniger enger Umarmung verkehrt oder schlecht ?

Andreas hat gesagt…

Cassiel, ich finde es ja auch durchaus interessant, wie und warum Du für für den cabeceo wirbst.

Aber wäre es nicht vorstellbar, eine Verbalaufforderung so gekonnt und einfühlsam zu gestalten, dass es eben keine Nötigung ist, sondern eine empathische Erkundigung ? Und ich meine, ich kann es auch so machen, dass ich der Tanguera die Möglichkeit gebe, mir freundlich abzusagen.

Nebenbei - beim tango trage ich meine Brile nicht und ab 10 metern wird alles recht unscharf....

bird hat gesagt…

Hi Andreas,

sicherlich kann man das und Brillenträger, männliche wie weibliche sind echt im Nachteil, müssen mehr Mühe aufwenden für den Cabeceo.
Leider können in der Praxis wenige Männer so einfühlsam Nachfragen. Ich glaube auch nicht, das es bös gemeint ist, sondern, wie B.G schrieb, Gedankenlosigkeit und Unachtsamkeit ist.

cassiel hat gesagt…

@Andreas

Ich gebe es zu: Ich bin in der Frage des Cabeceos ziemlich strikt. Für mich ist es nicht nachvollziehbar, warum sich da einige Männer so vehement sperren. Das Argument mit der Brille kann ich kaum gelten lassen, es gibt viele Tangueros, die fordern mit Brille auf und legen sie dann für die Tanda auf den Tisch.

Ich habe aus so vielen Unterhaltungen mitbekommen, wie schwierig es für Tangueras ist, sich einer verbalen Aufforderung zu widersetzen. Ich halte deshalb die verbale Aufforderung für eine milde Form der Nötigung. Die Aufforderung per Blickkontakt ist ein so schöner Brauch und die Tanguera hat ein echtes Wahlrecht.

Natürlich müssen sich die Tangueros anstrengen, aber das finde ich nicht einmal so verkehrt um langfristig die Qualität des Tangos zu verbessern.

Ich habe Dich nie tanzen gesehen, deswegen nehme ich Dich ausdrücklich von der nachstehenden Vermutung aus: Ich vermute, daß gerade die Tangueros verbal auffordern, die ihren eigenen Tango nicht mehr verbessern wollen; sie wollen sich nicht anstrengen, aber doch zum Tanzen kommen. Das ist m.E. ein Ungleichgewicht, das mittels Cabeceo aufgelöst werden kann.

Sophia hat gesagt…

"Ich halte deshalb die verbale Aufforderung für eine milde Form der Nötigung."

Lieber Cassiel, die Formulierung ist zwar sehr hart aber treffend. Bravo!

Monika hat gesagt…

Liebe Coqueta,

ich zitiere: "Letztlich entscheidet eine Frau auch mit, wie sie behandelt werden möchte. "

Nein. Und genau darum geht es bei #aufschrei. Die Frau entscheidet nicht, in dieser Gesellschaft. Der Mann entscheidet dass er diese Frau angrapscht, einen dummen Spruch loslässt, einen "Herrenwitz" macht und noch mehr. Und die Frauen entscheiden dass sie nachts nicht joggen gehen, das sie lieber keinen kurzen Rock anziehen, dass.... - es gibt keine Verteidigung. Wenn die Frauen nicht reagieren müssen sie demütigende, beleidigende oder noch schlimmere Situationen aushalten, wenn sie reagieren sind sie eine doofe, spassbefreite Zicke, müssten mal wieder so richtig hergenommen werden,... Frauen haben keine Wahl, momentan. Sie verlieren immer. Ich verweise auf die Linksammlung von Anke Gröner zum Thema #aufschrei: http://www.ankegroener.de/?p=18401

Und ich kann allen Damen und Herren hier - vor allem den ersten Anonyma - nur empfehlen da mal zu lesen...

Sorry, Cassiel, das ich hier so reinschiesse, aber diese Thema beschäftigt mich seit letzten Donnerstag sehr, da kann ich nicht "aus Maul hocken"

cassiel hat gesagt…

Hallo liebe Monika, natürlich freue ich mich über Deinen Beitrag. Warum entschuldigst Du Dich für's "Reinschießen"?

Dafür daß das Thema eigentlich wie behauptet "keine Relevanz" hat, kommen hier doch erfreulich viele Kommentare...

Einstweilen liebe Grüße nach Zürich :-)

C hat gesagt…

Hallo Cassiel,

aus mehreren Gründen stört mich diese Riesendebatte mittlerweile erheblich. (Disclosure: Bin dreißig, männlich, ledig, an Frauen interessiert)

Ich teile die Auffassung, daß niemand ein Recht hat, Frauen zu
belästigen und/oder zu irgendetwas zu nötigen. Ich habe mit Männern in meinem Umfeld gesprochen, kein einziger war der Ansicht, daß es ein solches Recht gäbe. Gerne bin ich bereit, wenn ich den Wunsch / das Bedürfnis erkenne, einer belästigten und hilfebedürftigen Frau hier zu helfen. Bis hierhin stimme ich der Position des #aufschreis zu, da haben sie Recht PUNKT, nein, AUSRUFEZEICHEN

Aber hier endet auch mein Verständnis für diese Postion. Denn der Debatte fehlt dringend Differenzierung. Hätte sie diese, erhielten die Damen, die sich angegriffen fühlen, mE erheblich mehr echtes Gehör i.S.v. Nachdenken und Überdenken eigener Positionen seitens der Angreifer und auch Respekt, sowohl innerhalb des Tangos als auch außerhalb.

Erstens positioneren sich die Teilnehmerinnen mE kämpferisch gegen die "Gesellschaft" (@Monika). Auch ich bin ein Teil der Gesellschaft, genauso wie die Männer, mit denen ich darüber gesprochen habe. Wir machen soetwas nicht und ich verbitte mir, als ein Teil der Gesellschaft adressiert zu werden, dessen (behauptete) Position niedergekämpft werden muß oder der zu einem besseren Menschen erzogen werden muß.

Von selbstständigen und emanzipierten Frauen - die ich aussprochen schätze - erwarte ich hier Differenzierung. Ich weiß, daß das Thema emotional ist, und das es Betroffenen irgendwann auch reicht. Ich und, so glaube ich, die meisten, belästigen trotzdem nicht. Cassiel zum Beispiel ist ja auch ein Mann, siehe aber seine Postion zum Cabeceo. Das wird von sehr vielen Männern (gerade den jungen!) auch in meinem Umfeld geteilt und zwar exakt aus den selben Gründen. Also? Hier wird gerade ein nicht unsignifikanter Teil der "Gesellschaft" zum Kollateralschaden und offenbar wird dies billigend in Kauf genommen.

Zweitens vermisse ich allgemein die Abstufung einer angemessenen
Reaktion. Das als Belästigung empfundene Verhalten umfasst eine große Bandbreite und sollte in ebensolcher Abstufung beantwortet werden, auch bei den kleineren Sachen. Es ist inkonsequent, sich alles gefallen zu lassen, um irgendwann unterhalb des Atomschlages keine angemessene Reaktionsmöglichkeit mehr zu haben. Ich bezweifele auch, daß #aufschreie dies verbessern. Das Gespräch ohne Prangerfunktion ist
effektiver - Cassiel macht sich mit seiner auch offensiv vertretenen
Cabeceo-Position auch nicht beliebt, wird aber gehört.

Das erfordert auch von Frauen, sich bei eingen unbeliebt zu machen. Frauen müssen nicht aller Welt gefallen. Weil man das so selten sieht: Eine Frau darf gerne mal eine Kante haben. Bitte. Impliziert Seele. Gefällt halt nicht jedem. Et alors?

Drittens haben Empfindlichkeit und analog Wahrnehmungsschwelle ein
ebenso hohe Bandbreite wie das als belästigen empfundene Verhalten. Wenn ich an einer Frau interessiert bin - auch sexuell, warum denn auch nicht - und ich versuche, einen Flirt zu initiieren, bemühe ich mich selbstverständlich, die persönlichen Grenzen einer Frau, an der ich Interesse habe, nicht zu überschreiten. Es wäre nicht nur blöd von mir (Erfolg), es gebietet mir auch mein Menschenbild.

Weil aber persönliche Grenzen und Wahrnehmungsschwelle eben persönlich sind, sind solcher Flirtversuche natürlich fehlerbehaftet und werden ab und zu auch mal mißlingen. Ein solches Mißlingen macht mich jedoch nicht zum Sittlichkeitstäter und auch nicht zum legitemen Adressaten
von #aufschreien - und die anderen Männer auch nicht.

Wenn diese ganze Debatte irgendetwas postives bewirken sollte, wünschte ich mir einen respektvolleren Umgang der Menschen beiderlei Geschlechts miteinander, wenigstens auf der Milonga als Rückzugsraum, aber natürlich auch in $REALLIFE. Dafür müssten wir alle aber erstmal konstruktiv werden. Bei mir persönlich bewirkt der Stil der Debatte aber mittlerweile nur noch herzliche Antipathie.

Anonym hat gesagt…

Zum Thema Cabeceo:

Ich persoenlich ziehe Cabeceo aus verschiedenen Gruenden dem verbalen Auffordern vor. Und zwar deswegen: wenn ein Mann mich auffordert und ich gebe ihm einen Korb, wird er mich hoechstwahrscheinlich nicht mehr einladen oder mindestens an jenem Abend nicht mehr. Wenn ich nicht mit ihm tanzen will, ist das mir recht. Ich glaube eigentlich nicht, dass Zuschauer oder Freunde des Betroffenen mich deswegen fuer "eine Zicke" halten werden oder mich deswegen nicht zum Tanzen auffordern werden. Jeder einigermassen guter Tänzer weiss ja, dass nicht jeder mit jedem tanzt. Das Problem ist eher, das was passiert, wenn ich gerne mit dem Mann tanzen wuerde, in jenem genauen Augenblick allerdings nicht, weil das Orchester mir nicht gefällt, ich aufs Klo muss, ich Durst habe und gerade eine Flasche Wasser kaufen wollte, ich diese Tanda einem Freund versprochen hatte, ich mit einem Lieblingstaenzer zu diesem Orchester tanzen will und wir gerade einen cabeceofreundlichen Augenkontakt aufgenommen haben, oder ich habe den Herrn noch nie auf der Tanzflaeche gesehen und wuerde gerne zuschauen können, bevor ich entscheide, ob ich mit ihm tanzen moechte. Ich kann ihm zwar diese Gruende erklaeren, aber, m.E. verstehen die meisten solche Gruende als Ausreden.

Anonym hat gesagt…

Vielen Dank für den Artikel! Es geht nicht darum, alle Männer nun in einen Topf zu werfen und die große Keule zu schwingen und Sexismus zu rufen. Aber es gibt Zeitgenossen im Tango, die machen es den Frauen echt schwer. Vielleicht ist es ja nicht einmal böse Absicht, vielleicht ist es einfach nur Unsicherheit oder Gedankenlosigkeit aber es ist wirklich unangenehm für die Frauen. Es soll auch kein pauschaler Vorwurf an die Männer sein. Eigentlich sollten sich die Männer mit tadellosen Umgangsformen über die Debatte freuen, denn auch sie leiden unter dem schlechten Bennehmen von anderen Vertretern ihres Geschlechts.

Dominio hat gesagt…

@Monika:
Ich schreibe hier ausschließlich über die Situation in der Milonga und dort haben Frauen sehr wohl die Möglichkeit,
"nötigende" verbale Aufforderungen zu unterbinden.
Sie können einen Korb geben und machen es meiner Beobachtung nach viel zu selten.
Auch ich habe es schon erlebt, dass ein Mann nicht akzeptiert hat, dass ich seinen Blick nicht erwidert habe.
Ich habe den Fußboden gescannt, während er zu mir kam und mich dann verbal aufgefordert hat.
Vielleicht hat er gedacht, ich hätte ihn nicht gesehen, aber Männer glaubt mir: die Frauen haben die Männer, mit denen sie tanzen möchten durchaus im Blick.
Ich gebe in solchen Fällen einen Korb und frage mich, ob nicht durch ein anderes, konsequenteres Verhalten der Frauen auch die Männer ein wenig umdenken würden.
Dies gilt aber auch umgekehrt: es gibt ja auch die Frauen, die versuchen, die Männer in Gespräche zu verwickeln und sie belagern...
Für mich ist der Cabeceo die einzige Möglichkeit, mittels derer beide sich für den Tanz miteinander entscheiden.
Ich finde es sehr interessant, dass eher die Männer diese Diskussion ablehnen, während von den Frauen eher Zuspruch kommt.

Chris hat gesagt…

Hallo Cassiel

das ist ja ein echter Knaller. Natürlich schreit dieses Thema danach, in den Tango transportiert zu werden, und Du hast nicht weggehört. Und auch auf gewohnte Art schön einfühlsam begonnen.

Diese Debatte wird so vielschichtig geführt, wie die Menschen und Instutionen in dieser Gesellschaft eben sind, also vor allem leider sehr interessengeleitet und subjektiv. Der Begriff Sexismus ist zudem so unscharf. Eine konstruktive Diskussion scheint fast unmöglich.
Als ich gerade einen Kommentar über die neue Sendung 'Beauty und Nerd' (oder so) las, kamen mir zudem Zweifel, wie tief und verbreitet wirklich die Betroffenheit über den angeblich allgegenwärtigen Sexismus ist, bei Männern wie auch bei Frauen. In diesen und ähnlichen Sendeformaten und in der Gesellschaft finden sich ausreichend Frauen und Männer, die ihren gesellschaftlichen Wert offenkundig über ihr Äußeres definieren oder gleich darauf reduzieren ("Ich bin schöner als meine Intelligenz", Gott sei Dank möchte ich sagen). Natürlich rechtfertigt dies keine verbalen oder körperlichen Übergriffe. Und Männer sollten überlegen, ob sie jedem Rockzipfel überall hinter her müssen, vor allem unter Niveau. Die Thematisierung tut Not, aber auf gesellschaftlicher Ebene wird es keine Lösungen geben, zu tief sitzen die Vorurteile, zu unterschiedlich sind die Gründe.

Und der Sexismus/Chauvinismus im Tango? Natürlich gibt es ihn, das Klischee schlechthin. Und ebenso grundfalsch, was den echten Tango angeht. Aber er betritt die Milongas und Übungsräume mit den Menschen, weshalb er nicht auszusperren ist.
Doch wir können ihm begegnen, mit Codigos und eigenem Beispiel. Wie Du wünsche ich mir eine größere Verbreitung und Beachtung des Cabecceo, auch wenn ich in unseren Breiten eine verbale Aufforderung nur in Ausnahmefällen als Nötigung erachten würde. Und dann muß frau/mann eben den Mut zum Nein aufbringen. Eine Ablehnung darf nicht generell als unhöflich gelten. Hier sind in erster Linie die Schulen gefragt, und, da diese leider in vieler Hinsicht Ausfälle sind, als Ersatz die Community, sprich die Erfahrenen und die Fachmedien (z.B. Tangodanza, Blogs). Sie müssen die Anfänger und Anfängerinnen instruieren und unterstützen.

Anonym hat gesagt…

Zitat von Coqueta:
"Auch ich habe es schon erlebt, dass ein Mann nicht akzeptiert hat, dass ich seinen Blick nicht erwidert habe. Ich habe den Fußboden gescannt, während er zu mir kam und mich dann verbal aufgefordert hat."

Hinweis an viele Frauen die ich beobachtet habe (das ist nicht an Dich persönlich gerichtet, Coqueta, da ich Dich glaube ich nicht kenne, vermutlich machst Du es ja richtig):

NICHT einfach wegschauen. Das ist für manche Männer schwer zu verstehen --- er denkt sich vielleicht die Frau sieht wirklich nur zufällig in eine andere Richtung.
Statt dessen: ihn ganz kurz anschauen und DANN demonstrativ wegschauen. Dann weiß er: sie hat mich gesehen und erkannt, will jetzt aber nicht (mit mir) tanzen.

Diese Methode ist, denke ich, wesentlich effektiver (aber hält natürlich auch nicht alle ab).

Viel Glück,
Simon

PS: natürlich verwende ich Mirada & Cabeceo

Manzge hat gesagt…

Was hat Cabeceo, der Tango ganz allgemein und der Sexismus gemeinsam? Sie beschäftigen sich mit dem Verhältnis der Geschlechter untereinander. Beim Tango und der Aufforderung mit Cabeceo stimmt das Verhältnis (oder sollte es zumindest, Ausnahmen wurden oben beschrieben), beim Sexismus stimmt es nicht! Die Frage stellt sich mir deshalb anders, nämlich: Ab wann wird eine gewünschte Rollenverteilung (meistens, aber nicht immer zwischen den Geschlechtern) zur unerwünschten? wann werden die Geschlechterunterschiede (und ich betrachte hier Männer und Frauen als vollständige Menschen, als ein Ganzes, mit Körper, Seele, Geist und Ich) als Teil einer schönen, friedlichen, liebevollen und vor allem respektvollen Interaktion wahrgenommen und ab wann artet das in respektlose, ignorante und dumme Übergriffigkeit aus?
Im Tango ist die Situation oft ähnlich oder zumindest vergleichbarer als wenn das ganze gesellschaftliche Leben angeschaut werden soll; aber dennoch gibt es persönliche, zeitliche und "kulturelle" Unterschiede und eine allgemeine Grenze (ausser jene, welche so oder so nicht überschritten werden kann) lässt sich meiner Meinung nach nicht ziehen.
Wie in den meisten Fällen, hilft hier sicher, sich zu verständigen, miteinander zu reden, offen zu fragen und Antworten nicht zu scheuen, nicht zu urteilen sondern einfach zu akzeptieren, wie er oder sie ist, welche Meinung sie oder er hat.

Chris hat gesagt…

Cassiel wrote:
"daß der fehlende Cabeceo die Wurzel von vielen Übeln in der Milonga ist"

That's the trunk. The root is the class teaching model that denies the right of partner choice, requiring each student to dance with any other regardless, perverting the natural relationship of the sexes. Men who are thereby taught that any woman is available without choice are of course unhappy when they reach the milonga and find that women do have a choice, and moreover there is a social system evolved to uphold that choice. This is why the "evil of the missing Cabaceo" exists only in communities that are dominated by classgoers.

Andreas hat gesagt…

Lieber Cassiel, so langsam gewinne ich den Eindruck, Dein Blog steht im Dienste eines Kreuzzuges gegen die ungläubigen Cabeceo-Nichtversteher, denen man jetzt aber mal wirklich an den Kragen gehen muss…Lass doch einfach mal die Kirche im Dorf, das Auffordern per cabeceo kann vor allem bei unbekannten Tangeueras eine feine Sache sein, aber es ist eben auch nur eine Möglichkeit. Das ganze unter dem Kontext „#Aufschrei“ abzuhandeln, finde ich fundamentalistisch.

Jetzt mal zur Sache:
- Bei mir gut bekannten Tangueras kann ich den cabeceo benutzen, kann aber auch genauso gut ein paar Worte wechseln, die Stimmung ausloten und dann eine Tanda anbieten.

- Bei mir unbekannten Tangueras bleibt so oder so das Risiko, dass es im ungünstigsten Falle eine unangenehme Tanda wird , davor schützt auch nicht der Cabeceo. Ein Blickkontakt mit einer Unbekannten ist die beste Projektionsfläche für alle möglichen Erwartungen, die Nähe mit einer Unbekannten im Tanz erst ist dann wahr.

Ich tanze vorwiegend in Köln und bin es hier gewohnt, dass man alle Möglichkeiten zur Tanzeinladung – verbal oder per cabeceo – je nach Situation und Stimmung nutzt. Einheit in der Vielfalt ist vielleicht auch ein typisch kölnisch-tolerantes Motiv - den Cabeceo dagegen als conditio sine qua non für eine gut und sozial funktionierende Milonga zu bezeichnen finde ich ideologisch. Allerdings bin ich mir völlig im Klaren darüber, dass ich in diesem Blog mit dieser Meinung recht alleine stehe und werde mich daher nun verbal freundlich und höflich von Dir verabschieden.


cassiel hat gesagt…

@Andreas

Vielen Dank für deine Anmerkung und schade, daß Du Deinen Abschied erklärt hast.

Wenn ich überhaupt verbal auffordere, dann bei einer Bekannten, die gerade neben mir sitzt. (Nebenbei bemerkt: Ich könnte jetzt wirklich nicht sagen, wann ich das letzte Mal verbal aufgefordert habe.) Die mir bis zu dem Zeitpunkt unbekannte Tanguera werde ich natürlich immer per Cabeceo auffordern. Das beugt Missverständnissen vor. Natürlich habe ich sie vorher beobachtet und überlege mir, ob wir harmonieren. Ich sehe keinen Vorteil der verbalen Aufforderung bei dieser Konstellation.

Mir einen Kreuzzug zu unterstellen finde ich schwierig, ja ich werbe dafür und ich finde die Umgebung eines Blogs erfordert eine klare subjektive Meinungsäußerung. Es wäre ja auch legitim, wenn eine andere Bloggerin, ein anderer Blogger es eben anders sieht und dementsprechend schreibt.

sky hat gesagt…

mirada...cabeceo:
In den vergangenen Wintern verbrachte ich längere Zeit in Buenos Aires und habe schon nach dem ersten Aufenthalt angefangen auch in Deutschland/Europa nur noch mit cabeceo aufzufordern. Anfangs war es nicht so leicht aber mittlerweile wissen es meine Tänzerinnen bzw. hat sich herumgesprochen, dass ich nur auf diese äußerst angenehme Weise auffordere.
Warum ich da mache? Einen Korb auszuteilen mag peinlich sein...aber einen zu bekommen ist mindestens ebenso peinlich! Mein Fell ist nicht so dick, dass es mir nichts ausmacht. Das können vielleicht die Tänzer behaupten denen es egal ist mit welcher Dame sie tanzen (Hauptsache eine die sich nicht wehrt). Ausserdem möchte ich auch nicht direkt aufgefordert werden und im Sinne der Gleichbehandlung möchte ich den Damen das Gleiche zugestehen.
Tango besteht eben nicht nur aus auswendig gelernten Schrittfolgen sondern ist ein Teil des guten Benehmens - kein fastfood sondern ein Sterne-Menü das zwei Gleichgesinnte für eine Tanda geniessen wollen....und mirada und cabeceo sind nun mal der aperitif.
Und welchen schöneren Kommentar einer Tänzerin kann es geben als: 'Das ist so schön endlich mal wieder quer durch den Raum mit cabeceo aufgefordert zu werden' (Eine der besten Tänzerinnen Stuttgarts).
Übrigens auf einer traditionellen milonga in Buenos Aires outet sich jeder als 'blutiger Tourist' der zum Tisch einer Frau geht und sie dort auffordert (eigentlich könnte er gleich anschließend nach Hause gehen, denn die guten Tänzerinnen werden ihn ignorieren)
Fazit: Gutes Benehmen beginnt mit mirada und cabeceo...(gilt auch für die schwatzenden unaufmerksamen Frauen)

Austin hat gesagt…

Ich finde es völlig richtig, dass da hier mal besprochen wird, weil ich glaube, dass es symptomatisch für den Sexismus ist, dass die wenigsten Männer sich bewusst sexistisch verhalten, ihr Verhalten von Frauen aber als belastend empfunden wird.

Deshalb habe ich mir von dieser Diskussion erhofft, dass ich etwas darüber erfahre, was Frauen im Tango als sexistisch empfinden.

Es ist mir aber nicht gelungen, das aus den Beiträgen herauszulesen. Gut, wenn ein Mann zu eng tanzt, obwohl die Frau signalisiert, dass sie es nicht so eng will, dann kann ich verstehen, dass wir uns im genannten Bereich bewegen. Aber das Hauptthema hier, nämlich dass die Aufforderung per Cabeceo vorgezogen wird, weil sie den Frauen das Neinsagen erleichtert, ist das nur unsensibel oder findet Ihr Frauen das speziell sexistisch?

Sophia hat gesagt…

Hallo Austin, schön, dass Du einmal nachfragst. Ich empfinde eine verbale Aufforderung nicht unbedingt als sexistisch, aber es ist eben nicht nur eine Gedankenlosigkeit. Diese Ausweglosigkeit erzeugt manchmal ein Gefühl des genötigt-Werdens.

Wenn z.B. ein Tanguero quer über die Tanzfläche mit ausgestreckter Hand auf mich zusteuert, so ist es mir erst neulich wieder passiert, dann reagiere ich körperlich. Es ist eine Mischung aus Scham, Wut und Ärger.

Und wenn ich für mich spreche, dann muss ich sagen, ich kann nur ganz schwer eine Aufforderung ablehnen. Ich habe wirklich Angst, nach einer Ablehnung sehr lange zu sitzen.

Anonym hat gesagt…

Sophia, warum hast du Angst, nach einer Ablehnung lange zu sitzen? Kein halbwegs guter Taenzer wird es dir uebelnehmen, dass du jemanden abgelehnt hast.

sky hat gesagt…

@Sophia:
Wenn ich beobachte, dass eine Frau es schafft einen derart nötigenden Mann abzuweisen, versuche ich noch in derselben Tanda ihren Blick aufzufangen und sie per cabeceo aufzufordern...ich denke dies signalisiert: Diese Frau beherrscht die Regeln und ist keine Zicke die sitzen bleiben sollte...
Und der nötigende Herr kann sich dann bei mir beschweren. Die richtigen Worte sind ihm gewiss.

Paul hat gesagt…

Eine Milonga ist, anders als der normale öffentliche Raum, ein geschützter Bereich. Natürlich kommen auch hier nötigendes und auch übergriffiges Verhalten vor. Hier aber kann Frau sich ohne Gefahr wehren. Das Wort NEIN bewirkt Wunder. Soweit ich beobachtet habe, verlieren diese mutigen Damen keine Tänzer, sondern das Gegenteil ist der Fall.
Eine erfahrene Tangouera beobachtet einen Mann beim Tanzen befor sie eine Mirada ausschickt. Sie darf annehmen, dass derjenige sie in ähnlicher Weise umarmen wird wie die Partnerinnen vor ihr. Sie kauft also nicht die Katze im Sack. Wenn beobachtetes und gefühltes nach der Tanda nicht übereinstimmen - kann Frau diesen Tangouero ja in Zukunft meiden.

Wie können die Damen durch ihr Feedback die Tänzer erziehen?

Tanzt einfach nicht mit Tangoueros die sich schlecht benehmen, und wenn er noch so ein guter Tänzer ist. Bei unerwünschten Grapschereien den Täter einfach und sofort auf der Tanzfläche stehen lassen. Keinesfalls diese Vorkommnisse ohne Kommentar lassen. Da kommt so mancher dann auf die Idee, dass das den "Mädels ja eigentlich gefällt"

Auch für Prinzen (sehr gute Tänzer) gilt: Keine Ausnahmen! Schlechtes Benehmen - keine Tanda!

Warum diese Predigt? Seit vielen Jahren wundere ich mich, was sich Frauen auf Milongas alles gefallen lassen. Dies alles nur weil sie Angst haben, diesen oder jenen Tänzer zu verlieren.

Es ist in den letzten Jahren eine Verbesserung der Situation in unseren lokalen Milongas zu erkennen. Der Grund - der Cabezeo hat in unseren Milongas Einzug gehalten. Da vermute ich einen direkten Zusammenhang.

Ich denke so ein Feedback durch die Frauen belohnt die höflichen und umsichtigen Tangoueros und lässt die Rüpel dort wo sie hingehören - außerhalb der Tanzfläche.

m. hat gesagt…

Da ist wieder einmal ein wichtiges Thema im Tango zuerst hier in diesem Blog angesprochen worden. Das ist wohl eine Kernkompetenz vom Blogger. Die relativ schnell wachsende Zahl von Kommentaren straft diejenigen Lügen, die das Thema für 'konstruiert' , die Debatte für 'bemüht' halten. Es ist wohl doch ein drängendes Problem.

Interessant ist auch, wie einige Leser versuchen, Cassiels ruhige Art das Thema anzugehen erst einmal mit Unterstellungen zu unterlaufen. Da wird ein plötzlich ein 'Kreuzzug' unterstellt, schmerzfrei von 'Tangopolizei' geschrieben und auf der Facebookseite zum Blog bemüht sich ein überregional bekannter Notzüchtler mit enormem Geltungsdrang, dem Autor ans Bein zu pinkeln.

Aber es hilft nichts. Das Thema ist nun einmal in der Diskussion und auch im Tango ändern sich die Zeiten. Sehr schön!

Mich hat die Arguentation restlos überzeugt. Ich werde zukünftig ausschließlich per Blickkontakt auffordern. Mit etwas Übung wird das schon gehen.

Vielen Dank für den wichtigen Impuls!

Dominio hat gesagt…

@Austin: ich emfinde das verbale Auffordern nicht als Sexismus, aber als eine Form der Grenzüberschreitung und besonders dann, wenn ich die Mirada z.B. nicht erwidert habe, empfinde ich es als versuchte Nötigung (und dazu sage ich natürlich "nein").
Ein Blick, der nicht erwidert wird, ist eine Absage (auch wenn immer noch viele Männer glauben (wollen), dass ihre auserwählte Frau nur den Cabeceo nicht beherrscht).
Dies ist eher seltener, vielleicht bei Anfängerinnen, der Fall.

Manche Männer glauben fälschlicherweise, die Frauen seien in Gespräche vertieft und nicht aufforderbar (ok, manchmal kommt das tatsächlich vor), aber oft handelt es sich um Small-Talk, der besonders zu Beginn einer Tanda beendet werden könnte :-)
Ich wurde schon oft mittels Mirada/Cabeceo aus so einem kleinen Gespräch heraus aufgefordert und habe es sehr genossen.
Gleichzeitig weiß ich immer, wo sich die Männer aufhalten, mit denen ich gern tanzen möchte und schaue zu Beginn der Tanda und z.T. auch nach Orchester, welcher dieser Tänzer gerade ebenfalls mit mir tanzen möchte (alles über Blicke).
Wie schön, wenn dann mal wieder ein Cabeceo, quer durch den Raum, geklappt hat....ja, das ist der Aperitif, der schmeckt gut :-)

Ich habe übrigens den Eindruck, dass die Aufforderung mittels Cabeceo zunimmt (oder ist es nur mein Eindruck, weil ich auf nichts anderes mehr reagiere?)....., wenn dem so ist, dann wäre es ein schöner Prozess....

Und schön, dass sich neben all den Frauen hier nun doch auch mal der eine oder andere Mann äußert....

bird hat gesagt…

Hallo C, vom 01.02.13 00.00

" Drittens haben Empfindlichkeit und analog Wahrnehmungsschwelle ein
ebenso hohe Bandbreite wie das als belästigen empfundene Verhalten. Wenn ich an einer Frau interessiert bin - auch sexuell, warum denn auch nicht - und ich versuche, einen Flirt zu initiieren, bemühe ich mich selbstverständlich, die persönlichen Grenzen einer Frau, an der ich Interesse habe, nicht zu überschreiten. Es wäre nicht nur blöd von mir (Erfolg), es gebietet mir auch mein Menschenbild.

Weil aber persönliche Grenzen und Wahrnehmungsschwelle eben persönlich sind, sind solcher Flirtversuche natürlich fehlerbehaftet und werden ab und zu auch mal mißlingen. "

Damit haben sicherlich, so wie du es beschreibst, die wenigsten Frauen/Menschen ein Problem, denn das Gegenüber versucht so sensible zu sein wie möglich, ist daran interessiert abzuspüren, was vom Gegenüber zurück kommt oder nicht.
Ich verstehe die von Cassiel angesprochene Debatte so, dass Männer gemeint sind die sich keine Gedanken darüber machen, was, wie bei Frauen im TA wirkt, oder Männern gemeint sind die stur ihren Stiefel tanzen, nicht verstanden haben oder nicht verstehen wollen das es im TA um etwas Gemeinsames geht und der Meinung sind, er sagt wo´s und wie es lang zu gehen hat und sie folgt, oder Männer gemeint sind die glauben im TA müsse jede Frau mit ihenen tanzen, denn sie, die Herren der Schöpfung haben hier das Aufforderungsrecht per seh gebucht, oder Männer die bewußt die Nähe im TA dafür nutzen Grenzen zu überschreiten, die sie sonst im Alltag nicht so leicht überschreiten können, aus Mangel an Gelegenheit. Denn wo begegnet man anderen, oft fremden Menschen so nah ?
Dies wiederum impliziert für mich, dass Cassiel keineswegs alle Männer damit meint und das tut hier auch keine einzige Frau.
Und das von dir oben im Zitat angessprochene finde ich ein wichtiges Thema und wie du schreibst, ja, warum soll, darf man nicht flirten ?!!! Das wie, macht, wie in so vielen Dingen im Leben, die Musik aus. Wenn mir jemand flirtend begegnet, bereit ist meine Signal wahrzunehmen und sich danach richtet ... kein Problem, ganz im Gegenteil, dass weiss ich sehr zu schätzen.

Anonym hat gesagt…

Du spielst dich hier auf als Wahrheitseigentümer im Tango. Ekelhaft ist das! Und diese Anbiederung bei den Frauen ist unerträglich. Entweder bist du schwul oder impotent!

chamuyo hat gesagt…

Ich verstehe ehrlich gesagt nicht genau was die Aufregung soll. Ich gebe Paul (2.2, 3:05) uneingeschränkt recht. Und weil es so elementar ist, muss ich es noch mal wiederholen.
Die Milonga ist kein Arbeitsplatz, wo irgendwelche existentielle Abhängigkeiten herrschen, die augenutzt werden könnten.Jede Frau kann sich wehren, wenn sie sich unagemessen behandelt fühlt. Insofern ist die Übertragung des gesellschaftlich relevanten Themas in den Tangokontext nicht passend. Es bedeutet entweder, dass man dem Tango eine übermäßige Bedeutung beimisst (mit dem Leben verwechselt), oder die echten Lebensprobleme verharmlost.
Die Frauen können und müssen das Verhalten der Männer steuern. Provokant gesagt, jede Milonguera bekommt die Tänzer, die sie verdient. Wer schlechtes Benehmen akzeptiert, braucht nicht zu erwarten, dass sich der Mann ändert. Warum auch? Er hat Erfolg! Erst wenn er merkt, dass er geschnitten wird, wird er möglicherweise auf den Gedanken kommen etwas zu ändern. Wenn nicht, dann tanzt niemand mehr mit ihm, oder nur die Frauen, die es nicht stört, oder sich nicht trauen. Diese dürfen sich dann aber bitte nicht beschweren!

Das ist ein Appell gegen falsche Höflichkeit und für mehr Ehrlichkeit für alle! Erst wenn man seine wirkliche Meinung äußert, kann sich etwas ändern. Wenn ich so tue, als ob mir der Tanz gefallen hat, belüge ich den Partner und beraube ihn der Chance, sich zu verbessern. Wenn ich wie wild den DJ oder das Orchester beklatsche, obwohl es mir nicht gefallen hat, sorge ich dafür dass sie wieder kommen und ich mich weiter ärgere.

Anonym hat gesagt…

Die Tatsache, dass ich in Buenos Aires lebe und dort tanze beinflusst wohl meine Einstellung zu diesem Thema. Ich gebe zu, dass im deutschsprachigen Raum andere Sitten herrschen. Hierzulande, in Baires, sollte ein Mann auf grobe Art und ohne Vorbereitung bei einer formellen Milonga (zB Canning, Niño Bien, El Beso, Yira Yira, Sunderland) den Saal kreuzen und dich zum tanzen verbal auffordern, werden etwaige Zeugen dieses Zwischenfalls erwarten und wünschen, dass du ihm einen Korb gibst. Alle Sympathien (ausser vielleicht die seinigen) werden dir gelten, wenn du seine Aufforderung ablehnst. Wenn ueberhaupt Dritte irgendwas dazudenken, werden sie enttauescht -- und etwas verwundert -- sein, solltest du dieses Benehmen mit einer Tanda belohnen.

Auf der anderen Seite ist es hier auf informellen Milongas (zB Milonga 10, La Viru, Tangocool, De Querusa) gang und gäbe Frauen verbal zum tanzen aufzufordern und das wird keineswegs verpoent (obwohl viele es trotzdem hervorziehen, ausschliesslich den Cabeceo zu benützen oder nur dann eine Frau verbal aufzufordern, wenn es sich um eine Freundin oder regelmaessige Tanzpartnerin handelt). Diese verbalen Einladungen werden aber keineswegs als "Noetigungen" empfunden, weil ja jede Frau frei ist, mit "no, gracias" abzulehnen. Eine Frau, die alle Einladungen zum tanzen annimmt, ob sie mit dem Betroffenen tanzen will oder nicht, wird eher schlecht betrachtet oder es wird angenommen, sie ist Ausländerin, Anfängerin oder kennt sich -- aus welchen Gruenden auch immer -- bei der Sache nicht aus. Eine, die auswaehlt, wessen Einladungen sie akzeptiert, wird, in der Regel, mehr Respekt gewinnen. Allen Frauen, die hier behaupten, sie haetten Angst, 'bestraft' zu werden, wenn sie einem Mann einen Korb geben, wuerde ich fragen, worin besteht diese 'Bestrafung'? Sie besteht darin, dass ein Mann, mit dem sie eh nicht tanzen wollen, sie nicht mehr auffordern wird. Das scheint mir eher ein Vorteil.

Trotzdem bin ich eine grosse Verfechterin des Cabeceos, den ich fuer eine elegante, subtile, nützliche Art und Weise einander zum Tanz aufzufordern halte. (Einige Gruende dafür gebe ich oben an: ich bin Anonym vom 1. Februar 2013 02:01). Aber ich finde es etwas übertrieben zu behaupten, das verbale Auffordern würde der Frau keine Möglichkeit geben, abzulehen oder das mit den Aktivitaeten vom Herrn Bruederle in einen Topf zu werfen. Trotztem bedanke ich mich beim Cassiel, weil das ein wichtiges und interessantes Thema ist, das er, wie immer, nachdenklich und sprachgewandt hier behandelt hat.

Anonym hat gesagt…

PD Jedesmal, wenn du mit einer hoeflichen "nein, Danke" einen Mann ablehnst mit dem du nicht tanzen willst, macht du es anderen Frauen leichter, den Mut aufzubringen, dasgleiche zu tun. Das heisst keineswegs, dass ich für grobes Benehmen, Aufdringlichkeit oder Unhoeflichkeit bin oder fuer Verstöße gegen etablierte Sitten oder ausdrückliche Regeln der Milongaverwalter ("in dieser Milonga bitten wir, Mirada und Cabeceo zu verwenden, anstatt verbal aufzufordern", zB). Aber wer hoeflich fragt kann auch ruhig (und ohne grosse Aufregung) hoeflich und angstfrei abgelehnt werden.

Anonym hat gesagt…

@ Paul
Ist eine Milonga ein virtueller Raum?
Hängt man sein ICH mit dem Mantel an den Haken und tritt als ein Anderer mit anderen Empfindlichkeiten, mit anderen Verhaltensmusterns auf die Bühne?

Ich finde, der Tango ist auch das reale Leben - auch wenn man beim Tanzen durch die gegebenen Möglichkeiten mit dem entsprechenden Partner seine verschiedenen Facetten des Ichs herauslocken kann und man vielleicht sogar im Tango
abheben, fliehen, träumen kann.

Araja.

sky hat gesagt…

@ anonym 13:02:
Wenn Du so tanzt wie Du mit Deinen Mitmenschen umgehst, würde es mich nicht wundern, wenn Du reihenweise Körbe einkassieren würdest. Cassiels Geduld kann ich nur bewundern.
Und Dein Mut hält sich auch sehr in Grenzen, denn sonst würdest Du wenigstens ein Pseudonym verwenden.
Es geht im Tango (wie auch sonst im Leben) um 'Respekt' den man anderen entgegenbringt und sich verdienen kann/muss.
Und genau dieser Respekt vor der Entscheidung des Tanzpartners wird durch mirada und cabeceo zum Ausdruck gebracht. Auch im Tango herrschen die Regeln von Angebot und Nachfrage und keine Diktatur. Falls Dir der Tango aber in seiner diplomatischen Art nicht gefällt, suche Dir doch eine Sportart wie Boxen aus, äußere Dich auf die gleiche Weise und das Ergebnis können Dir alle am nächsten Tag am Auge ansehen.

cassiel hat gesagt…

Nur eine kurze organisatorische Anmerkung: Ich habe gerade eine Kommentar von Simon von gestern aus dem SPAM-Filter gefischt. Der findet sich hier. Ab und zu wird ein Kommentar fälschlicherweise als SPAM klassifiziert und wird nicht sofort angezeigt. Sollte also eine Kommentatorin, ein Kommentator einen Beitrag vermissen so bitte ich höflichst um eine kurze Nachricht per eMail.

Austin hat gesagt…

Danke, das hilft mir weiter.

Übrigens finde ich es in dem Zusammenhang nicht relevant, wie die Argentinier das handhaben, denn wir müssen schauen, dass wir unsere Frauen hier anständig behandeln. Wenn das argentinische Vorbild dazu beiträgt, gut, wenn nicht, dann sollten wir uns auch darüber hinwegsetzen.

Anonym hat gesagt…

Mir scheint, dass "das argentinische Vorbild" in diesem Fall sehr wohl dazu beitraegt, den deutschen Frauen zu hilfen. Eine argentinische Frau sagt "no, gracias", wenn ein Mann, mit dem sie nicht tanzen möchte, sie verbal auffordert. Warum duerfte und koennte eine deutsche Frau das nicht auch machen? Was haelt sie davon zurück? Frauen, bitte lernt "nein" zu sagen, eurem eigenen Selbstbild und den anderen Tangueras zuliebe.

Anonym hat gesagt…
Der Kommentar wurde von einem Blog-Administrator entfernt.
Anonym hat gesagt…
Der Kommentar wurde von einem Blog-Administrator entfernt.
Anonym hat gesagt…

Das mit dem Sexismus halte ich für konstruiert, die Begebenheit mit dem Politker, wie auch mit dem Tango.
Die Dame hätte sich vor einem Jahr beschweren sollen, dann wäre es glaubwürdig gewesen.
Im Tango, nunja wieviel Milongas laufen jetzt zur Faßenacht mit dem Motto von Rotlicht und Erotik.
Unabhängig davon finde ich das der Cabeceo dazu gehört, man sollte den Tango auch ein wenig zelebrieren, auch ausserhalb der Tanzfläche. Es macht vieles einfacher, auch für fremde Besucher.
Sonst ist es nur eine Party, da wo es so ist wird meist auch so getanzt.
Grüsse Bernd

Anonym hat gesagt…

Hallo Cassiel,

Ich habe meinen Comment
"Das mit dem Sexismus halte ich für konstruiert.." aus Versehen dreimal eingestellt, weil ich dachte es hätte mit der Überprüfung nicht funktioniert. Bitte lösche die Beiden erstern von mir.

Grüsse Bernd

cassiel hat gesagt…

schon erledigt...
Einen schönen Sonntag allerseits

Anonym hat gesagt…

Jetzt muss ich mich einmal zu Wort melden. Sicherlich kann man der ganzen Debatte den Stempel "übertrieben" aufdrücken. Ich denke aber, das trifft nicht die Realität. Weder bei dem genannten Politiker noch bei Teilen der Besucher der durchschnitts-deutschen Milonga.
Die Ablehnung des Themas erkläre ich mir durch eine dumpfe Angst mancher Männer, in die Nähe von Sexisten gerückt zu werden. Niemand mag das gerne. Die Diskussion eröffnet aber auch eine große Chance. Endlich kann da einmal klar differenziert werden. Insofern finde ich den offenen Dialog sehr wichtig und gut.
Keine Frau im deutschen Tango will alle Männer pauschal verurteilen - sonst würde sie wohl kaum beim Tango sein. Gegen das absurde Verhalten von einigen Wenigen kann man sich aber sehr wohl deutlich zur Wehr setzen.

Anonym hat gesagt…

Wenn ich (Araja) mich erneut zu Wort melden darf?

Der Cebeceo ist eine feine Sache und macht unglaublich Spaß, wenn man nicht gerade den "Boden scannen" muss.
Ich habe sehr lange gebraucht, um ihn als Folgende einigermaßen einsetzten zu können und es gelingt mir nach wie vor nocht nicht sooo gut.
Es klingt vielleicht paradox und irrational, aber als Anfängerin hatte ich große Mühe, frei in die Runde zu schauen, damit man mich nicht als eine Suchende sieht. Das ging irgendwie gegen meinen Stolz.

Daher würde ich sehr dafür plädieren, Cebeceo auch in den Unterricht zu integrieren - so wie man lernen muß, in der Bahn zu tanzen und nicht andere anzurempeln, um eine angenehme Milongaatmosspäre zu haben.

… (ein kleiner Abschnitt folgt)

Anonym hat gesagt…

(Fortsetzung)

Ich würde gerne auch noch mal auf die anderen Ebenen der unangenehmen Machtausübung im Tango zu sprechen kommen wollen – Cebeceo ist da wohl recht symbolisch dafür.

Tut man nun einen unangenehmen Tanz unter der Rubrik "Pech gehabt und tanze nie wieder mit ihm" ab oder thematisiert man nun endlich auch diese Aspekte und bringt ein Bewußtsein für bestimmte Mißverhältnisse hinein, wie Cassiel es hiermit initiiert hat.

Wie schon hier einige schrieben, muss ein bestimmtes Fehlverhalten vom Führenden nicht immer bewußt oder gar absichtlich geschehen. In diesem Fall ist diese Diskussion nur hilfreich.
Aber es gibt auch Tänzer, die ihre körperliche Stärke vehement einsetzen, um ihren Willen durchzusetzen. Es ist mir schon des öfteren passiert, dass ich in einer engen Umarmung "gefangen gehalten " wurde, obwohl es mir hoch unangenehm war. Ich tanze sehr gerne in der engen Haltung. Aber manchmal stimmt eben irgendetwas in der Konstellation nicht und ich bekomme Rückenschmerzen, oder es ist eine halbe enge Tanzhaltung, die mich dann ganz verunsichert und ich dies meine Fähigkeiten überfordert.
Das heißt nicht, dass ich das einfach hinnehme. Ich signalisiere dem Tanzpartner meine Wünsche. Aber wie oft wurden sie nicht nur einfach ignoriert, sondern sogar mit aller körperlichen Kraft erstickt - so dass ein Tanz regelrecht in einem Kampf ausartete.

Das ist sehr unangenehm für beide Tänzer, aber bestimmt auch für die Sensiblen Zuschauenden, die das mitbekommen – und das ist wohl nicht Sinne eines schönen Milongaabends.

Einen schönen Sonntag an alle, Araja.

Lydia hat gesagt…

Vielen Dank, Cassiel, dass Du diese wichtige Diskussion auch für den Tango angestoßen hast.

Zum Cabeceo ist viel gesagt worden, ich möchte hier nur anmerken, dass es immer noch Tangoszenen gibt, in denen der Cabeceo nicht sehr bekannt ist. Als ich meine ersten Tangokurse machte, wurden fleißig Schrittfolgen einstudiert, von Codigos war nie die Rede. Als ich Jahre später erstmals vom Cabeceo hörte, schien mir das nicht nur unpraktikabel, sondern schlichtweg absurd. Inzwischen habe ich das Auffordern per Blickkontakt sehr zu schätzen gelernt.

Trotzdem ist es für mich keine Option, verbale Anfragen generell zurückzuweisen. Tangueros, die ich kenne, kommen oft her, um mich zu begrüßen und ein paar Takte zu plaudern, wenn sie mich bei der Gelegenheit um eine Tanda bitten, dann akzeptiere ich oder ich vertröste sie auf später. Bei Tangueros, die ich nicht kenne, kann ich nicht abschätzen, ob sie jemals was vom Cabeceo gehört haben. Aufforderungen von Fremden akzeptiere ich grundsätzlich beim ersten Mal, wenn ich mich dann beim Tanzen unwohl fühle, war es auch das letzte Mal. Wenn sich ein Tanguero danebenbenimmt, bedanke ich mich sofort, mitten im Lied, und lasse ihn einfach stehen.

Andererseits ist mir von meinen allerersten Milongabesuchen an – Jahre bevor ich etwas von Cabeceo hörte – eine Sache aufgefallen: Wenn ich von einem Tanguero nicht aufgefordert werden wollte, dann forderte er mich auch nicht auf. Eigentlich nahm jeder erst einmal Blickkontakt auf, bevor er zu mir herkam. Und wenn ich dann wegsah, blieb er mir fern. In den wenigen Fällen, wenn sich einer in mein Blickfeld bückte, um mich aufzufordern, habe ich kein Problem, nein zu sagen.

Ich schließe mich den anderen Kommentatoren an, dass Cabeceo beim Unterricht auf jeden Fall nicht nur erwähnt, sondern auch geübt werden sollte. Auch ich bin immer noch manchmal unsicher, auch mir ist es schon passiert, dass ich mich aufgefordert glaubte, aber dann war eine Tanguera neben oder hinter mir gemeint. Zwar kriegte das wohl keiner mit, aber bescheuert kam ich mir trotzdem vor.

Lydia hat gesagt…

Ein anderes Thema: eng tanzen. In meinen Anfängerkursen lernten wir erst mal in offener Tanzhaltung, nach drei, vier Kursen gab es dann eigens einen Kurs „Tango de Salon“. In dieser Anfangszeit hatte ich wirklich Probleme mit der engen Tanzhaltung. Ich war es nicht gewohnt, dass mir jemand so eng auf die Pelle rückte, außerdem fühlte ich mich eingeengt und in meiner Bewegungsfreiheit eingeschränkt. Tango in enger Umarmung war wie ein neuer Tanz, den ich erst mal lernen musste.

Deshalb tanzte ich in den ersten Monaten nur in offener Tanzhaltung. Die allermeisten Tangueros akzeptierten das auch. Einige wenige aber auch nicht, das war dann wirklich anstrengend. Nach ein, zwei Tänzen Armdrücken bedankte ich mich höflich.

Heute geht es mir fast andersrum: Am meisten genieße ich den Tango in enger Umarmung mit Oberkörperkontakt, allenfalls mal zur einen Seite geöffnet. Dennoch gehe ich bei manchen Fremden, die ich nicht so recht einschätzen kann, erst mal in die offene Haltung. Einfach um zu testen: Respektiert er meine Grenzen? Wenn ich mich dieses Respekts versichert habe, wechsle ich meist schon nach wenigen Takten umso lieber in die enge Haltung.

Was mir bei der engen Umarmung auffällt: Viele Tangueros halten ihren Oberkörper so gebeugt, dass ein guter Kontakt gar nicht möglich ist. Und da frage ich mich gerade jetzt: Ist das wirklich nur schlechte Haltung? Oder Unsicherheit? Berührungsängste? Angst, der Tanguera zu nahe zu treten?

Paul hat gesagt…

Es ist vermutlich an der Zeit zu differenzieren. Meinen ersten Kommentar 2. Feb. kann man so lesen, dass es schon reicht wenn die Frauen öfter nein sagen. Leider ist es komplizierter. Der Tango Therapist hat 2011 einen Blogeintrag mit dem Titel „The Cause of Tango's Gender Imbalance“ veröffentlicht.
Hier die Kernaussage, Zitat:

The community should not see Tango Etiquette as the finer points of tango; it is the starting point. Tango Etiquette is not "the finer points of tango" but the basis of tango -- what teachers and friends should be pointing out to newcomers about about tandas, cabeceos, and appropriate behavior at a milonga. It will protect their advancement and make it hard for inappropriate behavior from predatory dancers to harm them.

Die Idee ist, dass das Wissen um die Ettikette die Frauen im wahrsten Sinne dazu ermutigt und ermächtigt N E I N zu sagen! Die geeigneten Modelle und Vermittler sollten die erfahrenen Tangoeras in den Milongas sein. Mark Word formuliert es sehr drastisch (sinngemäß übersetzt)

Die erfahrenen Frauen MÜSSEN diese neuen Tangueras schützen, obwohl sie ihnen die Tänze stehlen. Wenn sie das nicht tun, ist auf die Dauer ein noch größeres Geschlechter Ungleichgewicht die Folge.....

Wie soll denn eine Frau den Mut aufbringen NEIN zu sagen, wenn die Konkurenz um die besten Tänzer so groß ist, wenn wieder einmal 30 % mehr Frauen als Männer auf dieser Milonga sind.
Warum soll die erfahrene Tangoera ausgerechnet einer Konkurrentin helfen?

Ich bin keine Frau und weiß darauf nicht wirklich eine gültige Antwort. Vielleicht weil es sich langfristig lohnt, weil es genügend Männer gibt die mutige Frauen schätzen und sehr gerne mit ihnen tanzen. Weil es uns allen (auch uns Männern) so wohl tut wenn wir respektvoll behandelt werden.

Allen ein gute Nacht Paul

Zum Nachlesen
http://tango-therapist.blogspot.co.at/2011/09/cause-of-tango-gender-imbalance.html

bird hat gesagt…

Hi Paul
und @,

dein Beitrag hat mich angeregt nochmal in mich zu gehen und dem Gefühl nachzuspüren, warum es mir schwer fällt eine Absage zu erteilen.
Hm, beim Nachdenken bin ich für mich drauf gekommen, dass ich ungerne ein "danke nein" sagen, weil ich erlebt habe wie einige Männer ein solches Verhalten trifft, wie sie das persönlich nehmen. Jetzt kann ich natürlich sagen, ist mir doch egal aber ist es mir nicht. Ich möchte solche Gefühle in meinem Gegenüber gar nicht erzeugen.
Der Knackpunkt liegt evt. in der fehlenden guten bzw. richtigen Übersetzung, was so ein "danke nein" heißen kann/soll ?
Vielleicht wäre es einen Versuch wert das "danke nein" mit anderen Annahmen zu versehen ? Als da wären, ok. die Frau möchte grad eine kleine Pause haben oder zu dieser Musik mag sie nicht oder nicht mit mir tanzen oder, oder, oder ?
Vielleicht ist von Männerseite aus hier gefragt dem "danke nein" eine andere Klangfarbe, eine andere Bedeutung zukommen zu lassen ? So wie ich mich bemühe einem Tanguero der meinen Blickkontakt nicht erwiedert nicht gram zu sein, sondern dies als sein gutes und ganz persönliches Recht zu sehen, ohne gleich zu denken, ups der mag mich nicht etc. pp. und es ein andermal wieder zu versuchen. Und wenn er dann auch nicht mag das einfach stehn zu lassen, auch nicht persönlich zu nehmen, selbst wenn ich durch ein weiteres mal verstanden habe das dieser Tanguero nicht mit mir tanzen möchte. Will sagen, es dann zwar persönlich nehmen, nicht aber dem anderen einen Strick daraus zu machen, sondern es schlicht, als Wunsch des anderen, stehn zu lassen. Es gibt ja keinen Miteinandertanzzwang im TA.

Ähnliche Gedanken hatte ich bei deiner Schilderung des gefühlten Konkurenzkampfes unter Frauen. Niemand zwingt uns Frauen innerlich in einen solchen einzutreten. Frauen könnten sich gegenseitig die schönen Tanden gönnen, selbst auf die Gefahr hin an diesem Abend nicht ganz so schön zum Tanzen gekommen zu sein. Andere Abende, an denen es für einen selber schön gelingt folgen in der Regel, wenn man sie nicht erzwingen möchte. Meine ganz persönliche Meinung.

Also, wie überall im Leben, weiteres Lernpotenzial zur Verbesserung der gesamten Situation vorhanden, schmunzel.

Anonym hat gesagt…

Hilft da eigentlich die Tango-Etikette? Cassiel, warum hast Du noch keine geschrieben?

KlausPP hat gesagt…

Es war bislang viel mehr davon die Rede, dass Männer sich in der Milonga (ich sage mal) daneben benehmen.

Mir persönlich ist dieses Verhalten allerdings auch von einigen Damen bekannt und diese stehen den Herren in fast nichts nach.

Vermutlich bewerten wir dieses Verhalten anders und das liegt sicherlich daran:

- dass Männer in einer Milonga manchmal zu einer bedrohten Art gehören und frau schon froh ist, überhaupt aufgefordert zu werden, um nicht den ganzen Abend zu sitzen.

- dass unangemessenes Verhalten bei Frauen bei weitem nicht so unangenehm wirkt, wie dasselbe Verhalten bei den Herren.

Nichts desto trotz hat mir dieses Verhalten einfach auch schon manche Abende komplett verleidet, da ich normalerweise den Damen keine Körbe gebe.

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Andererseits muß ich zugeben, dass ich mich selber bis vor gar nicht so langer Zeit auch nicht an den Cabeceo gehalten habe.
Was vor allem daran lag, dass ich von seiner Existenz nichts wusste.
Geholfen haben mir da einige Körbe, die mit dem Hinweis versehen wurden, dass nur Aufforderung per Cabeceo akzeptiert würde.

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Es gibt aber noch einen Aspekt, der meiner Meinung nach ein wenig kurz gekommen ist.

Geht doch mal alleine in eine Milonga in einer Stadt in der ihr bislang noch nie getanzt habt und in der euch niemand kennt.

In der Regel macht man die Erfahrung, dass einen auch niemand anschaut. Es gilt dann das Henne-Ei-Problem (*), dass eventuell für Herren noch ein wenig besser zu lösen ist als für die Damen, da es ja meist Damenüberhang gibt.

Da ist der Cabeceo manchmal wirklich ein Problem und es bedarf guter Strategien oder Hilfen(**), um doch irgendwie einen Fuß auf die Tanzfläche zu bekommen.


*) "Ich schaue dich erst an, wenn ich dich tanzen gesehen habe."

**) Oder man hat das Glück in eine Tangocommunity (oder an einen Milongaveranstalter) zu geraten, die sich intensiv und freundlich um Neubesucher kümmert. Das ist aber eher in den nicht ganz so großen Städten so.

Tango Therapist hat gesagt…

Cassiel (and all above): You cannot imagine how this discussion impresses me very deeply: How passionate you all are about your tango and how it may fit in with life.

I think it would be good to imagine what Latinos/Latinas would say about this subject, and how Gringos/Gringas come at it. I know that my partner from Columbia would shake her head in disbelief to some degree, but also she has been tortured by the sexism of her country (a very smart woman, practicing medicine in her early 20's). But she also loves her culture, loves being a woman, and she thinks Tango Argentino embodies the best way to express "el rol femenino" in public.

Los Códigos have evolved to protect the pure pleasure of tango. At work I am a minority, surrounded by women (many of whom disrespect/dislike men). Some women come from work, surrounded by men, and are treated like objects. We meet and I am a man in my role at tango. She dresses entirely different from how she dressed at work. She comes dressed as a woman and desires to be in that role. Isn't that an interesting paradox? Tango is about how Yin and Yang embrace each other in the Universe. It feels so wonderful, doesn't it?


A side note: Google translator thought "Zicke" is a "bitch" -- I thought 4th grade girls were that way. "Sie ist nur eine Zicke." That is what my son once said of a classmate. Perhaps, I should scold him (but 10 years too late).

sky hat gesagt…

nun möchte ich doch nochmal etwas schreiben.
@ Lydia,
die Frage nach dem gebeugten Oberkörper kann mehrere Gründe haben. Manche Tänzer führen über die Schulterpartie bzw. nutzen die Arme als Hebel. Um sich an den Füßen Platz zu verschaffen, beugen sie sich vor.
Andere haben wirklich eine schlechte Körperhaltung und es ist schwer und dauert lange etwas dagegen zu unternehmen (ich spreche aus eigener Erfahrtung).
Außerdem sind wir Nordeuropäer leider nicht mit der Körpernähe aufgewachsen, die in Südeuropa oder Südamerika selbstverständlich ist und dadurch 'scheuen' wir diese Nähe.

@anonym 4.2.13, 12:03
Die Tango-Etikette ist schon mehrfach vorhanden...z.B. hat Bernhard Gehberger eine Tango-Etikette - Los códigos en la milonga auch auf Postkartengröße drucken lassen (gibt es auch in anderen Sprachen). Sicherlich sehr hilfreich für diejenigen, die auf fremden milongas nicht gleich negativ auffallen wollen.

...und m.E. ist es auch erwähnenswert, dass Damen und Herren zu Beginn der tandas aufmerksam (nicht aufdringlich) den Blick schweifen lassen, aber sich dann auch festlegen mit wem sie tanzen möchten. Das ruhelose Suchen hilft ebenso wenig wie das Weiterführen der Unterhaltung mit der Nachbarschaft.

Vor kurzem beklagte sich eine Wienerin bei mir über die Damen, die durch direktes Ansprechen der Tänzer den anderen Damen die Männer wegfischen würden.

...und zuletzt kann ich nur Paul zustimmen, dass die Frauen die umsichtigen und höflichen Tänzer zu schätzen wissen sollten...Rüpel bleiben dann aussen vor. Die Tanzfläche ist auch deutlich angenehmer weil sich Höflichkeit und Respekt auch hier durchsetzen sollten.



Anonym hat gesagt…

@sky: Du meinst das Teil von Berhard, das auffallende Ähnlichkeit mit dem wesentlich älteren Flyer von Dirk Apitz hat?

Das Original findet man nämlich hier:
http://www.xamooja.com/downloads

Unknown hat gesagt…

Alle Jahre wieder... diskutieren wir auf diese Blog über Miranda/Cabaceo. Und immer wieder kommt die Gemeinde zu den Schlussfolgerung: ja, Cabaceo ist toll, wir wolle es probieren. Bringt es was, nochmal diese Diskusion in einen anderen Kontext zu führen?

Als zum 1.1. dieses Jahr in der Stadt, wo ich wohne, 2 Milongas neu konzipiert wurden, habe ich überlegt, welche von beiden ich regelmäßig besuchen werde. Mir ist aufgefallen, dass einer der beiden Betreiber auf seine Web-Seite klare Regeln für den Milongabetrieb aufgestellt hat. Neben die Ankündigungen, dass traditionell in Tandas mit Cortinas aufgelegt wird und es selbstgebackene Kuchen gibt (diese beide Tatsachen waren für mich schon Grund genug diese Milonga zu bevorzugen), standen eine ganze Menge von Codigos, die auf die Milonga beachtet werden sollten. Es war angenehm zu wissen, dass der Betreiber die Milonga nicht als eine normale Spaßveranstaltung betrachtete und bemüht war eine besondere Tangoerlebnis zu organisieren.

Ich bin mit @Paul einer Meinung - eine Milonga ist kein öffentlicher Raum und keine übliche Tanzveranstaltung. Beim Nichtgefallen kann man ohne spürbare Verluste die Veranstaltung nicht verlassen. Dabei denke ich nicht nur an den bezahlten Eintritt... Eine Tanda besteht nicht nur aus 4 Musikstücke und eine Ablehnung einer Aufforderung zum Tanzen ist nicht was man einfach leichtfertig abhacken soll (danke, @bird). Ich kenne wenige Frauen, die Körbe verteilen, nur weil sie gerade “keine Lust” haben (wahrscheinlich weil ich solche Tangueras nicht auffordere).

Dadurch, dass Milongas regelmäßig stattfinden, bildet sich immer eine Community, die diese Milonga besucht. Die Zugehörigkeit zu den Community ist nicht per se gegeben bzw. durch der Bezahlung des Eintrittspreises an der Kasse gesichert, sondern wird durch den Verhalten den einzelnen Mitglieder definiert. Eine Ausnahme wurde von @Chris skizziert - Communities, die “are dominated by classgoers”. Da ich für meine Unterricht schon bezahlt habe, steht mir zu, die Milonga der Tangolehrer zu besuchen und alle Anwesende müssen mit mir tanzen, so wie in den Unterricht - so sind die Regel in solche Communities.

Die Abgrenzung der Community gegenüber der Allgemeinheit (und das ist der Sinn der Community, eine Milonga ist keine übliche Tanzveranstaltung) besteht in den soziale (bzw. asoziale) Verhalten der Mitglieder, d.h. die Community hat seine eigene Regel, die Codigos. Diese müssen nicht “gewaltsam” durchgesetzt werden (obwohl, ich glaube, das wäre manchmal auch nicht schlecht :) Ich denke, es reicht, wenn einige ausgezeichnete Mitglieder (die Prinzen und Prinzessen, danke @Paul) diese Regel beachten und anwenden. Wenn einige gute Tänzer, bei jede Non- oder Nuevo Tanda sitzen bleiben, wird der DJ merken, dass er was falsch macht (oder auch nicht :). Wenn die begehrte Tangueras jede verbale Aufforderung mit einen Korb quittieren, wenn die erfahrene Tänzer nur in den äußeren Bahn der Ronda tanzen, dann braucht man keinen Tangopolizei. Und ja, die Codigos schützen die Freude am Tanzen, danke @Tango Therapist!

Und auf meine ursprüngliche Frage zurück zu kommen - ja, wir sollen die Diskussion über die soziale Verhalten auf der Milonga immer wieder führen. Die Ergebnisse sind offensichtlich - zum ersten Mal äußert sich hier eine Tanguera, dass verbale Aufforderungen nicht duldet und einige sind der Meinung, dass Cabaceo in Deutschland immer besser klappt. Danke Cassiel dafür, dass Du deinen Blog für diese Diskussion immer wieder zur Verfügung stellst. Und lasst dich von den Tangoanarchisten nicht beieindrücken, sie haben ehe keine Chance :)

Anonym hat gesagt…

Liebe Comunity (oder wie auch immer man euch ansprechen darf),

mit Entsetzen habe ich angefangen, diesen Beitrag zu lesen.

Aus der Sicht eines Amateurs:

Das Hauptproblem mit Herrn B. ist doch einfach nur, dass es noch (ältere) Menschen gibt die feiern können bzw. auch mal lustig und gut drauf sind (auch wenn dann vielleicht eine Bemerkung fällt, die unter der Gürtellinie landet). Dann gibt es noch die Mehrheit, die leider nicht mehr feiern kann, wenig vom Umgang mit Menschen versteht, daher auch eine vielleicht dumme Bemerkung nicht kontern kann und dann sofort von Sexismus oder Chauvinismus spricht. Leider ist die Grenze sehr unterschiedlich, ab wann welche Dame worauf wie reagiert. Meine Damen, versucht doch einfach mit Witz zu kontern und nehmt euch das doch nicht alles sofort so persönlich!

Jetzt zum Tanzen: Ein "Tanzsportgerät" ist im Tanzsport ein üblicher Begriff und gilt nicht nur für die Frau. Wer jetzt mit "Tango ist doch kein Sport" kommt kann vermutlich nur Tango Salon tanzen, schade. Ich persönlich finde den Witz immer wieder gut, als männliches "Tanzsportgerät" bezeichnet zu werden.

Zum Thema Cabeceo: Die Leute, die auf eine Milonga gehen nicht tanzen können, teilen dies schon mit, manchmal versuchen sie sogar, eine Runde mitzutanzen. Die die nicht tanzen wollen tun mir leid. Diejenigen Damen, die sich für etwas Besseres halten tun mir auch leid. Schlimm ist es finde ich, wenn ein fremder auf eine Milonga kommt und keine Dame "abkriegt", weil er versucht, Cabeceo anzuwenden - und das obwohl er ein guter Tänzer ist. Wohl dem der es rechtzeitig merkt ... (andere Länder/Städte, andere Sitten).
@m. : Könnte sein, dass du ein bisschen weniger zum Tanzen kommst, aber wenn dein Gewissen dann beruhigt ist …

Übrigens, back to the roots: Ob früher die Damen in den entsprechenden Etablissement das Sagen hatten? Warum führt dann der Mann und nicht die Frau? Wer hat also die Arbeit und wer den Spaß? So viel zur Emanzipation. Vielleicht sollten sich die Damen ein wenig besinnen und nicht mit moderner Gesellschaft und verkehrten Rollen argumentieren. Wenn schon die Frau das Geld verdient und der Mann den Haushalt schmeißt, dann sollte auch die Dame beim Tango den Mann führen ...

"Mir fallen antiquierte Konzepte von "Führen und Folgen" ein, die die Frau zu einer fast willenlosen Erfüllungsgehilfin des agierenden Tangueros degradieren (und so etwas wird auch noch immer unterrichtet)." - Na Gott sei Dank gibt es Herren die führen können, Damen die folgen und gut dass dies noch unterrichtet wird, das wäre ja sonst schlimm.
So, jetzt Spaß beiseite.

DrMed, Teil 1

Anonym hat gesagt…

Zum Thema "Zicke". Die gibt es unter Weiblein so wie unter Männlein.
"Leider können in der Praxis wenige Männer so einfühlsam Nachfragen."
Und ja, es fordern mich immer wieder Damen direkt verbal auf, meistens nicht besonders höflich und elegant wie ich es tue (vielleicht hat Knigge nichts darüber geschrieben?), obwohl sie schon jahrelang tanzen - eher nur schüchtern. Wo gibt es denn die netten Fragehilfen für die Damen (und Herren) im Internet?
Und ja, ich tanze dann mit diesen Damen eine Runde, auch wenn ich sie nicht per Cabeceo aufgefordert hätte. Vielleicht können diese Damen auch nicht besonders gut tanzen oder sind schon über 70 und ich gefühlt 30, dennoch sind es auch nur meistens liebe Menschen.
"Ich halte deshalb die verbale Aufforderung für eine milde Form der Nötigung." - Meine Damen, ich fühle mich ganz schön oft genötigt!!! ;-)
Und, vor allem - warum belästigen mich wohl nicht die hübschesten und begnadetsten Tangueras? Vermutlich weil ich mit ihnen gerne tanze und dies dann nicht als Belästigung empfinde? Muss man denn mit zweierlei Maß messen?
Natürlich ist man da nicht immer glücklich, eine schöne Tanda mit dem Traumpartner verpasst zu haben. So, und was mache ich nun mit den vielen anderen netten Damen, die auch mit mir tanzen wollen, mir ihren Blick zuwerfen, ich aber nur mit 12-15 Damen an einem Abend tanzen kann, zudem viele der gelangweilten und frustrierten Damen dann nach 2 Stunden den Saal schon wieder verlassen? Dabei hätte man(n) oft zum Schluss einer Milonga noch eine Chance, während viele Damen wegen wunder Füße schon aufgeben ...
Muss ich denn jedes Mal ein schlechtes Gewissen haben, dass ich nicht mit allen 30 mir bekannten Damen getanzt habe?
„oder ich habe den Herrn noch nie auf der Tanzflaeche gesehen und wuerde gerne zuschauen können, bevor ich entscheide, ob ich mit ihm tanzen moechte“ – Das ist genau das Thema und Problem.
@Coqueta: „aber Männer glaubt mir: die Frauen haben die Männer, mit denen sie tanzen möchten durchaus im Blick.“ – Das ist das nächste Problem. Wie sollen denn die schlechten Männer tanzen lernen? Mit ausschließlich schlechten Damen? Dann lernst Du aber nie einen guten Tango-Tänzer kennen, wenn er Dir jedes Mal einen Korb gibt. Deshalb verdient jeder eine Chance, aber das hast Du ja wohl übersehen … gilt natürlich auch umgekehrt.

Meine Damen, euch sollte auch klar sein, dass wir es einfach nicht alle recht machen können! Sonst wäret ihr alle so glücklich in euren Beziehungen dass ihr gar nicht auf die Idee kommen würdet, argentinischen Tango mit wildfremden Männern tanzen zu gehen.
Jetzt kommen wir also zum Thema Umarmung: Ja, die Dame kann sehr wohl steuern, ob sie eine Umarmung zulässt und was für eine Art der Umarmung sie zulässt. Und ja, es ist schön und entspannend für den Mann, wenn die Dame plötzlich merkt, dass sie keinen so schlechten Tänzer vor sich hat, eine enge(re) Umarmung zulässt und der Mann dadurch auch vernünftig führen kann ...

DrMed, Teil 2

Anonym hat gesagt…

„ich emfinde das verbale Auffordern nicht als Sexismus, aber als eine Form der Grenzüberschreitung und besonders dann, wenn ich die Mirada z.B. nicht erwidert habe, empfinde ich es als versuchte Nötigung (und dazu sage ich natürlich "nein").
Ein Blick, der nicht erwidert wird, ist eine Absage (auch wenn immer noch viele Männer glauben (wollen), dass ihre auserwählte Frau nur den Cabeceo nicht beherrscht).
Dies ist eher seltener, vielleicht bei Anfängerinnen, der Fall.“
Ich finde das geht deutlich zu weit. Klar, viele Damen wünschten sich das so, damit sie selbst bestimmen können, mit wem sie tanzen wollen, ohne genug Selbstbewusstsein zu haben, dies verbal zu verargumentieren (ich spreche hier nicht von Emanzipation!). Es sind prozentual sehr viele Damen die „Anfänger“ sind oder einfach nur nicht schauen, weil sie sich unterhalten bzw. von jemand ins Gespräch eingewickelt worden sind. Jetzt kommen also die schlechten Tänzer, die keine Ahnung vom Cabeceo haben, an die Reihe und haben Erfolg. Der Cabeceo-Anwender bleibt da auf der Strecke. Alle guten Damen bereits vergriffen – entweder eine Dame auffordern, die sowieso schon die ganze Zeit sitzt (und möglicherweise nicht tanzen kann, man(n) hat sie ja nicht tanzen sehen) oder eine ganze Tanda warten, lauern und hoffen, dass es die nächste Runde klappt. Und jetzt kommen wir zum Thema – man(n) ist frisch reingekommen, keine Dame kennt einen, keine erwidert den Blick weil alle arrogant wegschauen … da dann viel Spaß ihr Männer … es wird die nächste Runde (vielleicht) auch nicht besser. Schließlich beobachten die Damen ja zuerst, bevor sie mit einem tanzen. Wir fangen also bei den ganz schlechten Tänzerinnen an (die wir dann doch irgendwann am besten verbal auffordern) und müssen uns „hochschlafen“, um an die guten Tänzerinnen heranzukommen. Höre ich da Emanzipation und Sexismus? Jetzt aber doch mit umgekehrten Parteien …

Ich habe übrigens meine erste Milonga nach 10 Unterrichtsstunden besucht, ohne das Wort Cabeceo jemals gehört zu haben … und Milonga (Abend) konnte ich auch nicht von Milonga (Tanz) unterscheiden, immerhin habe ich das Wort „Milonga“ schon mal gehört und war dann hinterher entsprechend verwirrt …

@Monika: Ganz schön harte Worte, schade dass Du Dich erst seit Kurzem mit dem Thema (Männlein und Weiblein) beschäftigst - dies sind genau die Personen, die diese Gesellschaft falsch "erziehen", so dass der Schuss dann nach hinten losgeht.

DrMed, Teil 3

Anonym hat gesagt…

… ja, am Ende geht es immer wieder um Höflichkeit und Respekt – gegenseitigen!!

Das ist jedoch erst mal recht abstrakt.

Denn auf das Wie kommt es an?
Wie sieht das genau aus?
Und wo sind mögliche Fehlerquellen (bzw. wie kann ich NEIN sagen, ohne dann die ganze Zeit sizten bleiben zu müssen; wie kann ich flirten, ohne sexistisch interpretiert zu werden; wie kann ich feminin sein, ohne als das schwache Geschlecht betrachtet zu werden …)?
Und wie kann man die Probleme lösen?

Antworten auf diese Fragen verspreche ich mir aus derlei Gesprächen und Diskussionen …

Danke an das Forum.
Araja.

Anonym hat gesagt…

@C: "(Ledig, an Frauen interessiert)" - Weil zu sehr zurückhaltend? Also doch mehr wagen und dennoch nicht zu viel bei der falschen Person, eine Gratwanderung ... wäre doch alles viel schöner und einfacher wenn die Frauen in der Lage wären, einen mit Witz und Charme abblitzen zu lassen ...
"bemühe ich mich selbstverständlich, die persönlichen Grenzen einer Frau, an der ich Interesse habe, nicht zu überschreiten" - Gut erkannt, meine Damen, wir bemühen uns (Arbeitszeugnis: 4 [er hat sich bemüht]), also lasst uns Herren an unseren Persönlichkeiten arbeiten, die meisten von uns sind noch lernfähig!
@C: Ein toller Beitrag mit einem tollen Abschluss: "Bei mir persönlich bewirkt der Stil der Debatte aber mittlerweile nur noch herzliche Antipathie."
Deswegen versuchen wir doch, einigen wenigen Personen durch unsere Beiträge die Augen zu öffnen …
@Andreas: Das trifft die Sache doch auf den Punkt, super:
„- Bei mir gut bekannten Tangueras kann ich den cabeceo benutzen, kann aber auch genauso gut ein paar Worte wechseln, die Stimmung ausloten und dann eine Tanda anbieten.
- Bei mir unbekannten Tangueras bleibt so oder so das Risiko, dass es im ungünstigsten Falle eine unangenehme Tanda wird , davor schützt auch nicht der Cabeceo. Ein Blickkontakt mit einer Unbekannten ist die beste Projektionsfläche für alle möglichen Erwartungen, die Nähe mit einer Unbekannten im Tanz erst ist dann wahr.“
@cassiel: „Wenn ich überhaupt verbal auffordere, dann bei einer Bekannten, die gerade neben mir sitzt.“ – Das sind dann wohl nicht so viele Damen …
Cabeceo - „Natürlich habe ich sie vorher beobachtet und überlege mir, ob wir harmonieren.“ – Wusste ich es doch, wenig tanzen, viel beobachten und nur die Rosinen herauspicken? Wenn das jeder so machen würde, dann hätten wir keinen Damen-Nachwuchs …
Zudem – wer den ganzen Abend tanzt, der hat wenig Zeit zum Sitzen und zum Beobachten, um sich ausschließlich die Rosinen herauszupicken … ich denke, die eine oder andere Dame würde sich freuen, an diesem Abend mit einem guten Tänzer das Bein geschwungen zu haben …
@sky: Dickeres Fell zulegen. Manchmal ist Fast Food auch zum Essen geeignet. Das 5-Sterne-Menü ist meistens so wenig dass man davon nicht satt wird (auch im Tango nicht).

@Sophia: „Wenn z.B. ein Tanguero quer über die Tanzfläche mit ausgestreckter Hand auf mich zusteuert, so ist es mir erst neulich wieder passiert, dann reagiere ich körperlich. Es ist eine Mischung aus Scham, Wut und Ärger.“ – Hmm, ab welchem Abstand ist die höfliche Hand als Aufsteh-Hilfe gedacht? 1 m ist O.K.? Oder lieber selbst den Mantel anziehen und sich nicht die Tür vom Herrn aufhalten lassen? Immer einer Frage der Definition der Grenzen und der Emanzipation …

"Erstens positioneren sich die Teilnehmerinnen mE kämpferisch gegen die "Gesellschaft" (@Monika)." Gut erkannt, volle Einverständnis. Mobbing in der Arbeit, gegen den Chef kämpfen, gegen den Ehemann kämpfen ... und das Miteinander vergessen.

@Chris: Auch ein guter Beitrag!
@Manzge: Ebenfalls gut!

DrMed, Teil 4

Anonym hat gesagt…

@Paul: „Sie darf annehmen, dass derjenige sie in ähnlicher Weise umarmen wird wie die Partnerinnen vor ihr. Sie kauft also nicht die Katze im Sack. Wenn beobachtetes und gefühltes nach der Tanda nicht übereinstimmen - kann Frau diesen Tangouero ja in Zukunft meiden.“
Was für ein Trug¬schluss – dann hättest Du ja wohl nie Tango tanzen gelernt, wenn dich alle Damen von Anfang an abgelehnt hätten. Warum soll nicht jeder eine Chance bekommen? Muss man denn gleich durch Arroganz alle potentiellen Tänzer vergraulen? Das ist ja wohl der Grund, warum auf ziemlich jeder Milonga mind. 20 % Überschuss an Damen sitzt … kein Wunder, die Lernkurve eines Mannes ist eine andere als die einer Dame (ohne auf Details einzugehen). Ganz grob gesagt ist anfangs der Mann überfordert, während die Dame ihn ausschimpft und vergrault, doch der Spieß dreht sich später mal um meine Damen … dann seid ihr nämlich gefordert, euch zu konzentrieren und Hunderte oder Tausende verschiedenster Schritt- und Geschwindigkeitskombinationen zu erkennen und mitzutanzen – ja, da ist dann auch plötzlich Konzentration gefragt. Die Männer haben das bis zu diesem Zeitpunkt jahrelang geübt, während ihr euch amüsiert habt … ;-)
Und selbst wenn’s nur ums Benehmen gehen sollte – es ist ja nicht jeder Meister vom Himmel gefallen ... vielleicht muss der eine oder andere Mann auch durch Fehler lernen. Aber das geht nur dann, wenn er eine Chance bekommt, einen Fehler wieder gut zu machen oder wenn die Dame einfach nicht so nachtragend ist.
„Ich denke so ein Feedback durch die Frauen belohnt die höflichen und umsichtigen Tangoueros und lässt die Rüpel dort wo sie hingehören - außerhalb der Tanzfläche.“ Hmm, dann aber bitte auch umgekehrt … aber nein, nicht doch … es gibt doch auch die Möglichkeit, miteinander zu reden.
Ich möchte es ein wenig mit „andere Länder, andere Sitten“ vergleichen. Wenn man z. B. nach China, Japan oder sonst wohin reist, um dort auch Kontakte mit lokalen Menschen zu haben, wird sich der Eine oder Andere vielleicht ein wenig im voraus schlau machen (oder auch nicht, wenn man ignorant genug ist). Auf jeden Fall wird man auf Eigenheiten stoßen, die einem nicht ganz geläufig sind (aufessen, rülpsen, niesen). So ist es doch im Tango auch. Weiß du denn alles von Anfang an?

@bird: Gut angefangen; doch eines sollte man bedenken: Kein Anfänger wird TA von Anfang an ganz eng tanzen, weil er mit seinen Schritten kaum zu recht kommt. Eines Tages, wenn man gut genug ist, versucht man alles richtig zu machen, genauso, wie es die meisten Frauen lieben, und stellt fest, dass die Anfängerinnen völlig entsetzt sind, warum man das so nah tanzt. Da ist aber die Grenzüberschreitung bereits längst passiert. Vielleicht helfen da noch ein paar gute und nette Worte, um die Wogen zu glätten …
4. Februar 2013 11:01: „Hm, beim Nachdenken bin ich für mich drauf gekommen, dass ich ungerne ein "danke nein" sagen, weil ich erlebt habe wie einige Männer ein solches Verhalten trifft, wie sie das persönlich nehmen.“
Ja, die Welt kann manchmal richtig grausam sein, wenn es einem mehrfach hintereinander passiert …
„auch nicht persönlich zu nehmen“: Richtig, es gibt immer noch eine 2. und 3. Chance bei der nächsten Milonga … vielleicht hat der Mann dann auch einen besseren Tag. Ich denke du machst deine Sache sehr gut …

DrMed, Teil 5

Anonym hat gesagt…

@chamuyo: Ich kann den Aussagen nicht zustimmen. Es sind viele Abhängikeiten, nur vielleicht nicht existentiell, das ist korrekt. Aber schon mit Berufsleben vergleichbar. Ausnutzen und/oder ausgenutzt werden.
„Es bedeutet entweder, dass man dem Tango eine übermäßige Bedeutung beimisst (mit dem Leben verwechselt), oder die echten Lebensprobleme verharmlost.“
Das soll’s geben. In beiden Fällen aber etwas Positives dran wie Ehrgeiz (Geiz) bzw. Leidenschaft ( Leiden). Wenn keiner Probleme hätte, hätte man vermutlich das Tanzen zur Belustigung nicht erfunden.

@Anonym vom 1. Februar 2013 02:01 aus Baires: 100 % Zustimmung. Vielen Dank für die Aufklärung. Wenn ich mal in Japan bin, werde ich auch nicht „Gesundheit“ sagen, wenn jemand niest. Man passt sich ja so gut wie möglich an, so gut man es eben kann.
„weil ja jede Frau frei ist, mit "no, gracias" abzulehnen“ – Genau so viel Selbstbewusstsein sollte eine Frau mindestens besitzen, wenn sie denn auf gar keinen Fall mit demjenigen tanzen möchte.
„Allen Frauen, die hier behaupten, sie haetten Angst, 'bestraft' zu werden, wenn sie einem Mann einen Korb geben, wuerde ich fragen, worin besteht diese 'Bestrafung'? Sie besteht darin, dass ein Mann, mit dem sie eh nicht tanzen wollen, sie nicht mehr auffordern wird. Das scheint mir eher ein Vorteil.“ – Genauso ist es, ganz grob gesagt … und wenn frau möchte, darf sie dagegen (später oder ein anderes Mal) etwas unternehmen …

@Araja: „Ich finde, der Tango ist auch das reale Leben - auch wenn man beim Tanzen durch die gegebenen Möglichkeiten mit dem entsprechenden Partner seine verschiedenen Facetten des Ichs herauslocken kann und man vielleicht sogar im Tango abheben, fliehen, träumen kann.“
Also besser hätte ich es nicht sagen können. Hier hat’s jemand verstanden. Kompliment.
3. Februar 2013 11:23, 3. Februar 2013 11:52 halte ich ebenfalls für perfekte Beiträge. Vielen Dank.

@sky: Auch im Tango herrschen die Regeln von Angebot und Nachfrage und keine Diktatur.
Hier und auch im Tango kann man aber den Markt aber manipulieren und somit eine Diktatur herbeiführen … (z. B. EU- oder Kakaopreise ;-) ).
„Außerdem sind wir Nordeuropäer leider nicht mit der Körpernähe aufgewachsen, die in Südeuropa oder Südamerika selbstverständlich ist und dadurch 'scheuen' wir diese Nähe.“
Korrekt, aber dann wäre es in Deutschland ja sofort auch Belästigung und Sexismus.
„Das ruhelose Suchen hilft ebenso wenig wie das Weiterführen der Unterhaltung mit der Nachbarschaft.“ – Toll formuliert …
„...und zuletzt kann ich nur Paul zustimmen, dass die Frauen die umsichtigen und höflichen Tänzer zu schätzen wissen sollten...“ – Sollten – dann geben sie aber doch Vorzug dem besseren Tänzer …

@Austin: Richtig, andere Länder, andere Sitten. Tango und Radikalislamismus … kann ich mir lebhaft vorstellen. Das wollte sicherlich keine der hiesigen Damen.

@ Lydia: „Auch ich bin immer noch manchmal unsicher, auch mir ist es schon passiert, dass ich mich aufgefordert glaubte, aber dann war eine Tanguera neben oder hinter mir gemeint. Zwar kriegte das wohl keiner mit, aber bescheuert kam ich mir trotzdem vor.“ – Ja, das passiert schon mal … mit Humor klappt’s dann trotzdem.
3. Februar 2013 22:33: Meine Rede, genauso habe ich das auch erlebt – schön dass hier einer die Anfängersicht beschreibt.

@Paul: „Die erfahrenen Frauen MÜSSEN diese neuen Tangueras schützen, obwohl sie ihnen die Tänze stehlen. Wenn sie das nicht tun, ist auf die Dauer ein noch größeres Geschlechter Ungleichgewicht die Folge.....“ „Weil es uns allen (auch uns Männern) so wohl tut wenn wir respektvoll behandelt werden.“
– wie zutreffend …
Ich gebe hiermit einen großen Dank an alle Frauen, die in meinen Anfängen die Geduld aufgebracht haben, eine Tanda mit mir zu tanzen, ohne „NEIN“ zu sagen, obwohl sie Klassen besser waren. Heutzutage freuen sich viele von Ihnen, mit mir tanzen zu können.

DrMed, Teil 6

Anonym hat gesagt…

@KlausPP: Ich habe den Beitrag hier gestern angefangen und nicht zu Ende geschrieben, also habe ich mich oft wiederholt, was du soeben gepostet hast. Volle Zustimmung.

@ Tango Therapist: That’s just the point …
„At work I am a minority, surrounded by women (many of whom disrespect/dislike men).”
Ja, so ist es leider auch … na Gott sei Dank habe ich mit keiner dieser Damen bislang tanzen müssen, ich denke kaum eine von diesen wird engen Tango mit fremden Männern tanzen wollen.

@ Swetoslaw Beltschew hat gesagt…
„Beim Nichtgefallen kann man ohne spürbare Verluste die Veranstaltung nicht verlassen.“ – Ich denke das kann man schon – es sei denn man ist von weitem her angereist …
„Eine Tanda besteht nicht nur aus 4 Musikstücke“ – Ich bin mir nicht mehr ganz sicher ob Cortinas gespielt worden sind, aber da hat mich vor längerer Zeit eine Dame nach 3 Stücken aufgeklärt, dass man sich in BsAs nach 3 Stücken bedankt und verabschiedet – und weg war sie.
Andere Länder, andere Sitten? Hat sie mich etwa veräppelt oder gar vera****t? Da muss ich ja mies getanzt haben …

 Fazit: Wäre es nicht schön, die Ellenbogengesellschaft nicht im Tango einziehen zu lassen? Das ganze hat auch mit Ethik und Ehre zu tun, Begriffe, mit denen viele nichts anfangen können. Und diejenigen, denen diese Begriffe geläufig sind, interpretieren sie so, wie die eigene Gesellschaft sie interpretiert; zudem sind die Interpretationsschranken sehr dehnbar. Im Ausland können die moralischen Vorstellungen (Ethik, Ehre, …) völlig unterschiedlich sein, deshalb können und wollen wir diese nicht immer übernehmen (s. o.: Frauen im Islam). Da würden sich die Damen doch in den eigenen Finger schneiden.
Ich möchte mich zudem nicht immer anpassen, sprich, erst einmal einen halben Liter Wodka trinken, um dann endlich einen Vertrag in Russland in einem Nachtclub unterschreiben zu können … (in welchem Zustand und zu welchen Konditionen auch immer).

Ich entschuldige mich hiermit für die Beispiele Islam und Russland, ich würde noch genug andere finden …

Mein Ratschlag an alle: Versucht auch mal ein wenig Spaß zu haben, wenn euer Leben schon ernst genug ist. Und habt Spaß, wenn ihr immer besser werdet und wenn man euch dann irgendwann beneidet, wie schön ihr nach außen hin oder innerlich für den Partner tanzt ...
und bitte keine Vergleiche mehr mit Politik. Da geht es meist nur um schmutzige Geschäfte (im Ausland noch deutlich mehr als in Deutschland), Ar***kriecher, Mitläufer, nicht um Spaß, Tanzen, (küntlerische) (Eigen-)Darstellung, Erotik oder was auch immer. Ja, solche Milongas soll’s auch geben.

Learning by doing. Wir lernen nie aus.

Es bleibt festzuhalten, dass es doch einige Personen gibt, die das Miteinander verstanden haben. Die meisten trauen sich vermutlich nicht und denken sich einfach nur: ‚Was für eine sinnlose Diskussion. Schade um die Zeit, mich auf dieses Niveau herabzulassen.’ Es gab schon immer „komische“ Menschen und vermutlich wird es diese auch im Tanzen auch immer geben, wir sind eben nicht alle gleich, sonst wäre auch das Tanzen langweilig. Wenn alle Herren den gleichen Charakter hätten und gleich gut oder schlecht tanzen würden, dann hättet ihr Damen nichts, worüber ihr lästern könntet. Und ihr wollt doch lästern … ;-)

Am Ende eurer Kommentare bin ich also doch wieder positiv gestimmt …

Menschenskinder, jetzt habe ich hier einen Roman in Etappen à 4 kB verfasst und keinen interessiert’s …

DrMed, Teil 7, Ende

Paul hat gesagt…

Danke Swetoslaw, du sprichst mir aus der Seele. Und du hast einen zusätzlichen ganz ganz wichtigen "Player" in die Diskussion eingebracht, den Veranstalter. Er/Sie beeinflusst das Gelingen einer Milonga beträchtlich. Für Kuchen bin ich auch, vor allem wenn irgendwie Schokolade mit im Spiel ist.
Wir sollten auch die Veranstalter ermutigen sich klar zu bekennen - wie wird aufgelegt, welches Verhalten ist erwünscht, womit hat ein Gast aus der Ferne zu rechnen.

Niemand kann es als Veranstalter allen recht machen. Sie sollten sich aber überlegen, wie sie die erfahrenen gut tanzenden und sozial verträglichen TänzerInnen gewinnen können.

Einen schönen Tag und weitere Diskussionsbeiträge

Paul

Anonym hat gesagt…

DrMed, genau! Cassiel dominiert dieses Forum mit seiner spassbefreiten Art Dinge zu beschreiben. Wir müssen uns dagegen wehren!

Unknown hat gesagt…

Lieber Herr DrMed,
ja wir alle hier tanzen ausschließlich Tango [de] Salon und zwar in enge Umarmung. Wir alle höheren antiquiert Tangomusik, die älter als du und ich ist und betrachten der Tango nicht als Sport. Demzufolge benötigen wir auch keinen Tanzsportgerät. Und unter uns gibt es keinen guten und schlechten Tänzer, ja es gibt nicht mal Leute, die nicht tanzen können. Ich denke, mit dieser Hintergrundinformation hättest du dich das Tippen der 7x4KB Beiträge sparen können.

B. G. hat gesagt…

Community? Forum? Ich denke, dies ist immer noch ein Blog! Ich finde es abenteuerlich, diese Umgebung von dem trennen zu wollen, der sie wohl maßgeblich entwickelt und geprägt hat.

@DrMed: Deine Ausführungen sind ja sehr umfangreich. Merkst Du eigentlich, wie Du ständig wertest und welch teilweise absurde Annahmen hinter fast all Deinen Äußerungen stehen?

Stichwort Spaß: Kann es sein, daß wir darunter verschiedene Dinge verstehen?

Cardillac hat gesagt…

Da hat sich der DrMed differenziert und gründlich mit dem Thema und dem Diskussionsstand auseinandergesetzt – ganz im Gegensatz zu dem priapistischen Lärm von Gerd Braun bei Facebook. Und was geschieht? Zwei dürftige bis dämliche Kommentare, die nun so gar keine Mühe, geschweige denn Auseinandersetzungsbereitschaft erkennen lassen. Wirklich ein „vollkommen überflüssiges“ Blog.

Manzge hat gesagt…
Dieser Kommentar wurde vom Autor entfernt.
Manzge hat gesagt…

@DrMed Teil2

Ich bewundere Ihre Mühe, alle Kommentare zu kommentieren. Eines verstehe ich aber dennoch überhaupt nicht, weiss nicht, was die Aussage: "Sonst wäret ihr alle so glücklich in euren Beziehungen dass ihr gar nicht auf die Idee kommen würdet, argentinischen Tango mit wildfremden Männern tanzen zu gehen." mit dem Thema zu tun hat!
Tanzen Ihrer Meinung nach nur in unglücklicher Beziehung lebende Menschen Tango? Es besteht für mich überhaupt kein Zusammenhang zwischen Tango und glücklicher Beziehung, im Gegenteil: tanzt jemand TA weil er in einer unglücklichen Beziehung steckt, wird weder der Tango noch die Beziehung besser...

Anonym hat gesagt…

'[...] weiss nicht, was die Aussage: "Sonst wäret ihr alle so
glücklich in euren Beziehungen dass ihr gar nicht auf die Idee kommen
würdet, argentinischen Tango mit wildfremden Männern tanzen zu gehen."
mit dem Thema zu tun hat! Tanzen Ihrer Meinung nach nur in
unglücklicher Beziehung lebende Menschen Tango?'

Irgendwas ist an der (wenn auch polemischen) Beobachtung und an der
gereizten Replik schon dran. Ich treffe nirgendwo so viele ledige
und/oder geschiedene Frauen wie auf der Milonga. Ich kenne zwar auch
Paare / Lebenspartnerschaften, durchaus auch sehr langjährige, aber
die Häufung der Beziehungslosen fällt doch stark auf. Scheint mir bei
den Männern auch so zu sein, allerdings gucken die dabei nicht so
böse.

Wahnsinng glücklich scheinen mir die Beziehungslosen nicht zu
sein. Viele lachen nicht oder zumindest sehr selten. Das scheinen für
mich auch gerade die Frauen zu sein, die sehr beleidigt reagieren,
wenn ich ihnen keine enge Umarmung anbiete oder siituationsabhängig
leicht öffne und wieder schließe.

Das ist schade - lebensfrohen Frauen sind toll. Aber irgendetwas
stimmt da allgemein nicht, ohne das ich es 1) verstanden hätte und 2)
allgemeingültige Vorschriften für Lachhäufigkeit aufstellen will.

Chris hat gesagt…

@ DrMed es gefällt mir sehr, deine Freude an der Beschäftigung mit dem Tango auch hier in diesem Blog in deinen Beiträgen zu spüren. Aber ich meine auch Verletzungen durch Frauen und die daraus resultierenden Frustationen zu spüren.

Da sich uns der Tango verweigert, wenn wir uns nicht verletzbar machen, bleibt das Verletztwerden und -sein nicht aus. Tangotanzen erfordert Mut, vor anderen und vor uns selbst, und ich trage meine Narben auch mit Stolz.

Doch muß es unser Bestreben sein, respektvoll miteinander umzugehen und Verletzungen des anderen zu vermeiden. Der Cabecceo kann dabei eine Hilfe sein. Auch das Wegschauen ist dann zwar eine Ablehnung, und als Zurückweisung nicht weniger schmerzlich, aber zumindest keine öffentliche Zurückweisung.

Allerdings bin ich nicht der Meinung, daß alles andere Teufelszeug wäre. Auch lassen sich kulturelle Besonderheiten eben nicht immer komplikationsfrei transplantieren (extra medjargon für den doc). Ich würde beim Chinesen hier in München trotzdem nicht die abgenagten Hühnerbeinchen aufs Tischtuch spucken, oder soviel bestellen, daß garantiert etwas übrigbleibt.

Ich tanze auch gerne in anderen europäischen Ländern, vor allem in Italien. Dort habe ich eine Vielzahl von Arten und Strategien erlebt, zu Tanzrunden zu kommen. Aber nie nie waren sie unangenehm oder gar belätigend, im Gegenteil. Vielleicht hat es auch etwas mit der Einstellung zu Frauen zu tun, ich weiß es nicht.

Anonym hat gesagt…

Ich (MrMed) melde mich noch einmal zu Wort.
Ich gebe ja zu, dass meine Formulierungen stellenweise absichtlich sehr überspitzt sind (aber hoffentlich nicht absurd). Der letzte größere Absatz war dann auch noch etwas schnell und unklar formuliert. Ich wollte nur sagen, dass die meisten vernünftigen Leute kaum einen Grund haben, sich mit diesem Thema zu beschäftigen und hier zu bloggen (ja, ich bin jetzt auch unvernünftig, wenn ich mich hier äußere, aber die Überschrift „Aufschrei“ in diesem Blog hat mich etwas gestört). Ein anderes, unabhängiges Thema sind einige Individuen, die einem selbst „komisch“ vorkommen (aber dem einem oder anderen gar nicht, immer eine Sicht aus bestimmter Perspektive).

Für diejenigen, die es bzw. meine Botschaft immer noch nicht verstanden haben:
Nicht nur die Veranstalter, sondern auch die Herren können es nicht allen Damen recht machen und umgekehrt. Jeder tut eben was er kann (oder eben (noch) nicht kann). Das ist auf der ganzen Welt gleich, nur eben anders.
Es geht um das Miteinander und nicht um das Gegeneinander. Daher möglichst wenig Politik in unsere Freizeit bringen, sonst vergeht der Spaß ganz schnell …

Nicht jede(r) von uns tanzt Tango Salon. Viele jungen Damen (aber auch Herren) meiden die Nähe zu „alten Säcken“ oder älteren Damen. Teilweise verständlich, wenn man es nicht gewöhnt ist, im familiären Bereich mit Verwandten und Bekannten zu feiern und zu tanzen ( Gesellschaftsproblem).

Wegen Politik: Die Überschrift #aufschrei ist ja gesellschafts-politisch motiviert. Ich habe die Diskussion im Fernsehen verfolgt. Erste Sendung Günther Jauch mit der #Aufschrei-Bloggründerin, einigen Politikern, Reportern, Verlegern, Emanzen vor über einer Woche.
Heute Markus Lanz auf 3sat - 06.02.2013 - 10.15. Wer beide Sendungen gesehen hat, wird hoffentlich verstehen, um was für ein „Problem“ es sich eigentlich überhaupt handelt. Ich weiß leider nicht, ob man die Aufzeichnungen irgendwo bekommen kann.

Es bleibt festzuhalten, dass es in der Gesellschaft viele ganz vernünftige Personen gibt, auf der anderen Seite aber auch (junge und ältere) Damen, die von ihrer Position kein bisschen abrücken, also schlicht weg nicht kompromissbereit sind, und einige Herrn, die einfach nur auf den fahrenden Zug aufspringen (Chef-Redakteure vom Stern) aufspringen und nur auf deren Vorteil aus sind. #Aufschrei-Bloggründerin hatte zwar eine tolle Idee für die Damen, war jedoch selbst ohne jegliche Substanz im Thema beteiligt, und das obwohl sie mit dem Thema nun vertraut sein müsste (Selbstbewusstsein?). Die anderen haben’s begriffen. Das Leben besteht aus Kompromissen und man kann sie sogar für sich selbst nutzen. Es ist schön, die korrekten und positiven Antworten aus dem Mund der Damen zu hören. Kein Mann traut sich heutzutage, genau das zu sagen, was eine Dame sagen darf, ohne dass sie eine Blume vor den Mund nehmen muss. Wie richtigerweise festgestellt wurde: „Eine Bemerkung vom sympathischen Mann (Jorge Clooney) wird eine beliebige Frau XYZ, die sich stundenlang vor dem Spiegel hübsch macht, auf ihre Figur achtet, ihr Dekolleté (siehe Wikipedia) präsentiert, anders auffassen (also mögen) als wenn diese Bemerkung von einem nicht sympathischen alten Mann kommt. Die Grenzen sind wie gesagt alle sehr fließend … dies gilt natürlich auch für die Definition von Spaß.

Ich weiß dass ich sehr viel werte, wobei es sich nicht nur um meine Meinung handelt, sondern oft auch um die Wiedergabe der Einstellung anderer. Als Denkanstoß, dass andere vielleicht anders darüber denken (könnten). Ich entschuldige mich hiermit bei allen, die sich persönlich angegriffen fühlen. Allerdings wäre mein Text nur sehr schlecht zuzuordnen gewesen, wenn ich keinen Bezug zu den schreibenden Personen hergestellt hätte. Man hätte mich dann wo möglich noch eines Plagiats bezüchtigt. ;-)

DrMed

Anonym hat gesagt…


„Tanzen Ihrer Meinung nach nur in unglücklicher Beziehung lebende Menschen Tango?“
Nein, es kommt auf das Eintrittsalter an und die Umstände, wie man zum argentinischen Tango kommt und vor allem, warum man dabei bleibt. Aber Hand aufs Herz: Wie viele von euch haben einen (oder mehrere) Tanzkurs(e) [nicht nur TA], in welchem Alter auch immer, gemacht, um neue Leute und potenzielle Partner kennenzulernen? Die Prozentzahl wird vermutlich erschreckend hoch sein, über 50 % vermutlich. Ich habe nie bestritten, dass einfach Leute oder Tänzer aus Neugierde den TA anfangen oder dass sich Paare für so einen Tanzkurs entscheiden, weil es abends vor dem Fernseher zu langweilig geworden ist (warum eigentlich?). Es sind nicht alle „richtig“ unglücklich, aber bei vielen Menschen gibt es einen Auslöser, der sie dazu bewegt, Tango anzufangen und vor allem (dann vielleicht einen anderen Auslöser) um dabei zu bleiben. Und ja, ich bin schon der Meinung, dass die „traurigeren“ Menschen den Tango mögen, die anderen eher andere Tänze. Aber es reicht doch, wenn ein trauriger Mensch zum Lächeln gebracht wird. :-)
Andere sind vielleicht nur melancholisch …
Wollte nur noch mal erwähnen, dass ein glücklicher Ehemann, der mit seiner Ehefrau zur Milonga kommt, wohl kaum anzügliche Bemerkungen zu fremden Damen machen wird. Wir sprechen bei #aufschrei also nicht über dieses Klientel.

„Das ist schade - lebensfrohen Frauen sind toll.“ – Genauso ist es. In armen Ländern übrigens öfters anzutreffen, da kennt man das Wort „Frust“ vielleicht noch gar nicht!?
Wer Spaß haben möchte, kann auch andere Tänze (bei schöner oder lustiger Musik) wählen als Tango. Der Anteil von heiterer (Milonga-)Musik ist ja eher gering auf einem Milonga-Abend. Aber wollen wir Spaß oder Genuß beim Tango? Oder gar beides?
Apropos Milonga:
Zum Tango-Tanzsport fallen mir einige (Show-?)Tänzer wie Aoniken Quiroga ein … na wenn das bei seinem Milonga-Tempo kein Sport ist dann weiß ich auch nicht …

@Chris: Ja, respektvoll ist das Zauberwort. Verletzungen und Frustrationen werden für beide Parteien nicht ausbleiben.
„Dort habe ich eine Vielzahl von Arten und Strategien erlebt, zu Tanzrunden zu kommen. Aber nie nie waren sie unangenehm oder gar belätigend, im Gegenteil.“
Das wäre doch ein Thema für einen Blog, aber bitte kein „#aufschrei“.

Ich hoffe ihr seid mir nicht böse (wahrscheinlich im Gegenteil) wenn ich hier keine Romane mehr schreibe.

DrMed

Anonym hat gesagt…

@Chris: magst du uns schreiben, was das für Arten und Strategien sind in Italien? Würde mich sehr interessieren.
Araja.

Cardillac hat gesagt…

@chris

... schließe mich meinem Vorkommentator an, das interssiert mich auch sehr.

Chris hat gesagt…

Für die Tanguera: Ich habe mehrfach beobachten können, wie sich italienische Tangueras nahe neben ihr Zielobjekt stellen, dabei aber vollständig desinterssiert an ihm wirken. Trotzdem merkt der Tanguero in der Regel sehr schnell, was er jetzt tun soll, und fordert sie auf bzw. sie fängt seinen Blick gekonnt aus kurzer Distanz auf und es bleibt ihm gar nicht viel anderes übrig. Ich hab es kürzlich auch bei einer Österreicherin beobachtet, selten hier in Süddeutschland. Wenn Frau das kann, hat sie den Abend im Griff.

Umgekehrt scheint es bei italiensichen Tangueros nicht unüblich zu sein, sich zwar nach der Aufforderung, aber schon vor Beginn des Tanzes dafür zu bedanken, daß Frau mit ihm tanzt. Und dies auf nette und aufrichtige Art und Weise. Und danach natürlich auch noch mal. Und dazwischen oft auch noch gut getanzt. Derart zweimal verwöhnt ist es einem dann schon egal, wie frau aufgefordert wird, frau fühlt sich einfach gut aufgehoben und respektiert. Das kann ich den deutschen Tangueros nur wärmstens empfehlen. Da verzeiht Frau auch schon mal technische Unzulänglichkeiten.

Nur mal nebenbei: Auch in Aires sitzen die großen Vorbilder, die Portenos nicht brav den ganzen Abend auf ihrem Hosenboden und gucken blöd. Erstens sitzen die Portenos auf den guten Plätzen, sprich auf den Plätzen mit gutem Erkennungswert, und die Touris irgendwo hinten in zweiter Reihe. Oder die Kerle laufen rum und starren den Frauen derart gandenlos aus unmittelbarer Nähe in die Augen, daß frau auch schon kaum noch anders kann als sich Auffordern lassen. In den richtig guten Milongas kannst eh erst mal sitzen und schauen bis dir die Augen tränen.
Ähnlich auch in Italien. Wenn in der Nähe kein interessantes Objekt sitzt, kreisen die Herren schon mal und scannen unterwegs die Sitzreihen. Ein interessierter Blick auf beiden Seiten und frau steht schwupps auf der Tanzfläche. Die Italiener sind insgesamt neugieriger auf Fremde als z.B. die Portenos oder Berliner, so meine Erfahrung.

Anonym hat gesagt…

@Chris
danke, dass Du unserer Bitte nachgekommen bist und Deine Beobachtungen mit uns geteilt hast.
Araja..

Anonym hat gesagt…

Gute Tipps Chris.
Ob der Mann auch aufstehen kann, um sich Richtung Bar oder zu Bekannten bewegen zu können, damit man eine Nähe zu Damen herstellen kann, die zu weit sitzen, um dann den Blickkontakt zu starten? Ich finde diese Lösung nicht abwegig (und habe sie vielfach hoffentlich nicht verbotenerweise praktiziert) … ist natürlich auf einer völlig fremden Milonga etwas schwieriger.

Ich möchte hier (hoffentlich) auch etwas konstruktives beitragen, statt immer nur über euch herzufallen.
Auch wenn es nicht für argentinischen Tango geschrieben ist, die Anleitung hat eine gewisse Allgemeingültigkeit:
http://www.andrewnoske.com/personal/dancing/Dancing_Tips_for_Beginners.pdf
Ich empfehle S. 14 bis 17 und 20 für die Damen, S. 22-26, 29 für die Herren. Und dann noch den ganzen Rest drum herum.
Man/frau beachte die höflichen Ausreden und dass man nicht unbedingt mitten im Lied abbrechen sollte.
Vielleicht gibt es bereits eine entsprechende Anleitung für Tango auf deutsch? (Ich meine jetzt nicht eine halbe Seite, die man auf der Homepage jeder guten Tanzschule findet …)

DrMed

FastZuAlt hat gesagt…

Die Debatte wird von ganz unterschiedlichen "kulturellen" Standpunkten aus geführt. Eine Rezension über ein Gourmet-Lokal wird von Liebhabern deftiger, gutbürgerlicher Küche sicherlich auch anders aufgefasst, als von Freunden erlesenster Kochkunst.

Mir fällt jedenfalls auf, dass sich hier vor allem diejenigen Frauen zu Wort melden, die sich den Luxus des gelassenen "auswählen-dürfens" erlauben können. Einige erklären gar, eine verbale Aufforderung ohne Umschweife mit einem Korb zu quittieren. Es ist ihr gutes Recht.
Es ist ein Anspruch, der auf die tangokulturelle Elite verweist (nicht: elitär!). Nun gut.

Aber was ich vielfach als Tango-Alltag wahrnehme, ist doch eine ganz andere Wirklichkeit:

Die weitaus meisten Tangueras würden sich durch aus auch über eine verbale Aufforderung eher freuen als ärgern, denn deren Problem ist nicht der ggf. ausgebliebene Cabeceo, sondern sie erleben so manche Milonga, auf der sie GAR nicht oder nur selten aufgefordert werden. Das betrifft jedenfalls die Tangeras,die nicht zur einer relativ überschaubaren "Auswahlelite" einer Milonga gehören, deren Kriterien an anderer Stelle oftmals beschrieben wurden.

So manche Tanguera hat sich nach meiner Beobachtung aus der Tangofamilie verabschiedet,weil sie es satt hatte, stundenlang "sitzengelassen" zu werden.
Die Debatte um die Ungebührlichkeit unterbliebener Cabeceos könnte bei ihr allenfalls ein resigniertes Lächeln hervorrufen.

Nein, der Cabeceo funktioniert doch nur im Kontext mit anderen Höflichkeitsregeln: Es bedarf der Verantwortlichkeit und eine Wahrnehmungsbereitschaft der Tangueros für das Wohlgefühl aller Frauen auf einer Milonga (eine Utopie!?), es gehört dazu, tatsächlich nach nur einer Tanda zu wechseln, um möglichst viele Tanz-suchenden die Aussicht auf einen Tanz zu ermöglichen und vielleicht auch nicht immer nur das Augenmerk auf jene zu richten, von welchen sie den besonderen "Kick" oder den "magischen Moment" erwarten, sondern die Milonga auch als soziale Veranstaltung zu begreifen.

"Sexistisch" ist die verbale Aufforderung vor diesem Hintergrund ganz sicher nicht.

Anonym hat gesagt…

@FastZuAlt
".. GAR nicht oder nur selten aufgefordert werden..."
Das liegt doch aber nicht an der Auforderungsform, sondern an dem Cliquenverhalten in den Milongas.
Oft fordern sich doch immer nur dieselben untereinander auf. Die sitzen meist zusammen an einem Tisch und sind teils die selbsteernannte Elite
der jeweiligen Milongaszene, vertreten verbal die Codigos.
Man muesste ja wirklich führen und läuft in Gefahr schlecht auszusehen.

Cardillac hat gesagt…

@chris
Dank für deine beeindruckeden Worte. Komme gerade zurück von meiner Mittwochsmilonga und auf dem Rückweg ist mir plötzlich klar geworden, warum ich den Begriff Aufforderung (zum Tanz) nicht mag, er erinnert mich viel zu sehr an die angestaubten ADTV-Tanzstunden-Zeiten und ist mir viel zu grob.
Die „richtigen“ Worte im passenden Moment zu finden ist eine Kunst und hat nun so gar nichts mit milder Nötigung zu tun und um das zu verdeutlichen, möchte ich gerne die Lyrik von Eichendorff zitieren:

„Schläft ein Lied in allen Dingen,
Die da träumen fort und fort,
Und die Welt hebt an zu singen,
Triffst du nur das Zauberwort.“

Wenn Männer die „richtigen“ Worte im „richtigen“ Augenblick treffen, könne sie Frauen verzaubern.

Cassiel – auch dein vielleicht doch nicht so überflüssiges Blog besteht auch aus Worten…

Chris hat gesagt…

ach ja, das Zauberwort zur rechten Zeit ... aber ich will nicht ungerecht sein. Eichendorff wäre wahrscheinlich ein wundervoller Aufforderer gewesen, aber auch ein wundervoller Tänzer? Jedenfalls danke für die schönen Worte.

Die konnte ich umso mehr brauchen, als mich der vorige Eintrag von Anonym wütend gemacht hat. Ich fühle mich angesprochen. Denn mit einer Gruppe Freunde treffen wir uns einmal die Woche zum Tanzen in einer Milonga. Wir sitzen zusammen und ja, wir tanzen zunächst bevorzugt miteinander. Der Grund dafür liegt allein in unserer Freundschaft und dem Umstand, daß wir auch gerne miteinander tanzen. Ich weiß schon, daß manche in der Szene damit ein Problem haben, verstehen kann ich das aber nicht.

Bei diesem "Rumpelstilzchen" kocht der Frust über, über was eigentlich? Sag' mir das mal!

Chris hat gesagt…

eine der angenehmsten Wortmeldungen zur unseligen Sexismusdebatte kam für mein Empfinden von Elke Schmitter, zu lesen im aktuellen Spiegel-Heft. Daraus möchte ich folgende Aussage zitieren: Unter Freien und Gleichen ... verteidigt man sich selbst. In einer Zone des Rechts und wann immer es ein Machtgefälle bei den Beteiligten gibt, ruft man den Schutz der Autorität an."

Haben wir ein Machtgefälle in unseren Milongas? Ist Männerüberschuß ein Machtinstrument gegen Frauen, daß der Anrufung einer moralischen oder sonstigen Autorität bedarf? Oder ist es einfach nur ein allgemeines Lebensrisiko, nicht immer und überall fair, gerecht und freundlich behandelt zu werden, weshalb uns unsere Eltern hoffentlich zu starken Persönlichkeiten erzogen haben?

Anonym hat gesagt…

@Chris: ... "oder ist es einfach nur ein allgemeines Risiko, nicht immer und überall fair, gerecht und freundlich behandelt zu werden..."

Besser kann man es nicht in Worte fassen, ebenso die von Dir daraus gezogene Folgerung, die ich so für mich übersetze, dass eher die unsicheren Persönlichkeiten auf das Regelhafte zwecks eigener Stützung zurückgreifen (müssen).

Neues kann verunsichern, aber auch bereichern, Betonregeln führen zur Erstarrung. Und das passt nun sogar nicht zum TA.

Chapeau Chris, ein guter Gedanke !

Cardillac hat gesagt…

oops, der letzte Kommentar war von mir, habe das entsprechende Fenster übersehen.

cassiel hat gesagt…

@cadillac

Vielen Dank, daß Du Dein Pseudonym nachgereicht hast. Im Laufe der Debatte hatte ich dass eine oder andere Mal die Befürchtung, ich müsse die Möglichkeit zur anonymen Kommentierung beenden. Da war mir phasenweise zu viel Aufregung.

Schwierig finde ich es, mit dem Begriff "Betonregeln" gegen jede Form von codigos zu Felde zu ziehen. Darum geht es nicht. Ich denke, Regeln sind immer elastisch und "der Meister darf die Form zerbrechen". ABER Die Regeln sollten vorher erst einmal bekannt sein; erst dann - so jedenfalls meine Meinung - kann man in Ausnahmefällen diese Regeln brechen.

Nur meine zwei Cent...

bird hat gesagt…

Hi FastZuAlt,

das was du schriebst über das verantwortungsvolle Handeln von Tangueros ist sicherlich wünschenswert, gilt für Tangueras ebenso, aber nicht einforderbar, oder ? Wer eine Milonga so sieht, so leben kann/möchte wunderbar und doch wird es immer auch anderes geben. Und dieses Andere gehört für mich dazu und hat nicht per seh etwas damit zu tun, dass man unverantwortlich ist, nur seinen persönlichen Spaß haben möchte etc. pp. Es gibt viele Gründe warum vielleicht sogar ein und dieselbe Person mal so ist und mal anders. Ich für mich versuche oft das was du so schön beschrieben hast in der Milonga umzusetzten und dann gibt es Tage da bin ich ko, müde, nicht so auf der Höhe oder habe auch einfach mal keine Lust so aufmerksam zu sein, möchte einfach mal nur Genießen, lieber Bekommen als Geben, schmunzel, und gesteh mir das zu.

Und ganz allgemein habe ich die Frage, was wird im Tango Argentino unter "Sozial" verstanden. Ich blicke da nicht so recht durch.

Und
hi Paul,

ich glaube du warst das, was heißt für dich " Eine Milonga ist, anders als der normale öffentliche Raum, ein geschützter Bereich." ?
Könntest du das konkretisieren ? Ich habe nicht wirklich verstanden wie du das meinst.

Cardillac hat gesagt…

Ich denke, dass sich gesellschaftliche Regeln ähnlich wie Gesetze der Lebenswirklickeit anpassen , nicht umgekehrt. Entsprechen wandeln sie sich auch zeitlich erst mit gewisser Verzögerung. Zum Beispiel hat das Verhalten von immer mehr Frauen in den frühen 7oer Jahren nach und nach dazu geführt, dass der § 214 des Strafgesetzbuches zum Schwangerschaftsabbruch durch den Gesetzgeber gründlich reformiert wurde, geht man noch weiter zurück, kann man sich auch an den Wegfall des alten § 175 erinnern, der Homosexualität mit einem Straftatbestand in Verbindung brachte. Als sogenannte normative Kraft des Faktischen wurden immer wieder die Vorschriften an die sich verändernde Lebenswirklichkeit angepasst, lediglich totalitäre Systeme versuch(t)en es andersherum.
Bei R. Sartori - habe ich dazu folgenden Satz gefunden
„Manchmal sind selbsternannte Traditionalisten in Wirklichkeit sehr traditionsfeindlich, weil sie am liebsten alle Dinge für immer festschreiben wollen, anstatt die Kreativität der Jungen zu erkennen und zu fördern. Dann würden die Jungen ganz von sich aus die Tradition ehren, indem sie anerkennen, dass sie ohne sie mit leeren Händen dastünden.“ (Tango, die einende Kraft des tanzenden Eros)

Paul hat gesagt…

@Bird!
Als "normalen" öffentlicher Raum sehe ich öffentliche Plätze, Parks, U-Bahnstationen Bahnhöfe etc..

Ein Milonga ist zwar auch ein öffentlicher Raum, jedoch kennen die meisten oder viele Teilnehmer einander. Wer immer jemanden verbal oder körperlich verletzt, tut dies nicht anonym und muss damit rechnen von den Mitgliedern oder dem Veranstalter zur Rechenschaft gezogen zu werden.

Aus diesem Grund ist eine Milonga ein relativ sicherer Raum. Frau/Mann kann sich gegen Übergriffe zur Wehr setzen, den "Täter" alleine auf der Tanzfläche stehen lassen, oder aber die Mittänzerinnen warnen.
Das heißt nicht dass gar keine Übergriffe passieren, es heißt nur dass Frau sich gefahrlos wehren kann. Im Gegensatz zum öffentlichen Park wo es sehr wahrscheinlich nicht so einfach ist.
Dass es bei manchen "Provinzmilongas" eventuell doch nicht ganz einfach ist sich gegen Übergriffe zu wehren, liegt vielleicht an dem dass hier jeder jeden kennt und vielleicht der Milongabetreiber selbst der Übeltäter ist.
Im übrigen bleibe ich bei folgender Aussage: Jede Frau/Mann kann NEIN sagen und sollte dies tun wenn sie/er das möchte. Ich bin sicher die Anzahl und "Qualität" der Tanzpartner wird eher steigen als fallen. Zumindest hab ich das beobachtet!

Ich wünsche allen einen schönen Abend!

bird hat gesagt…

Herzlichen Dank Paul,

jetzt verstehe ich besser was du damit meinst.

Austin hat gesagt…

@ cardillac

Der reformierte Paragraph zum Schwangerschaftsabbruch ist der § 218 StGB, nicht der § 214. Der wurde 1941 abgeschafft.

Unknown hat gesagt…

Hallo @bird,

ich bin von Dir nicht direkt angesprochen, Du hast aber Fragen gestellt, die mich z.Zt. beschäftigen und deswegen erlaube ich mir einiges zu schreiben.

Du fragst, was in Tango unter „Sozial“ verstanden wird. In den täglichen Leben versteht man unter Sozial meistens das Gegenteil von Egoistisch. Man versteht den Bezug zu anderen Personen, sich für die Anderen zu interessieren, das Wohl Anderen in Auge zu behalten. Und ja, das soziale Verhalten kann man nicht einfordern, obwohl es die Grundlage für unser Zusammenleben bildet.

Wie sich das Soziale bei einer Miloga manifestiert ist den meisten von uns bewusst. Es fängt mit dem Begrüßungsritual zwischen den Community-Mitgliedern, zeigt sich bei der taktvollen Aufforderung (möglichst per Miranda/Cabaceo), rücksichtsvolle Tanzen auf den Ronda und endet bei der Verabschiedung. Es ist sozial nach jeder Tanda den Partner zu wechseln und mit unerfahrenen Tänzern zu tanzen. Wir alle brauchen diese "Soziale" auf eine Milonga um unsere Zugehörigkeitsbedürfliss zu befriedigen.

Wenn ich mit meine Partnerin auf eine Milonga gehe, ist es, meinen Empfinden nach, selbstverständlich, dass ich mit ihr mehrere Tandas tanze. Ich mag, wenn ich zu bestimmten Orchester mit Tangueras tanzen, bei den ich den Eindruck habe, sie mögen diese Musik besonders. Bestimmte Musikstücke mag ich nicht und bei dem bleibe ich auch mal länger sitzen. Ja, diese Verhaltensmuster sind asozial - ich bin auch nur ein (egoistischer) Mensch.

Wenn jeder sich nur um seine eigene Wohl kümmert, wenn für jeder seinen eigenen Spaß in Vordergrund steht, dann kann diese soziale Gefüge, die wir Milonga nenne, gar nicht entstehen. Die Milonga wird zu einer „normalen“ Tanzveranstaltung, die dazu dient, sein eigenes Können zu Schau zu stellen und sein eigenes Ego zu befriedigen. Auf solche Veranstaltungen bleiben die Damen über 50 länger sitzen, die Anfänger tanzen untereinander und die „Prinzen“ und „Prinzessen“ bilden Cliquen, in den man nur schwer reinkommt. Solche Milongas machen mir kein Spaß und ich meide sie grundsätzlich.

Eine Milonga als soziale Veranstaltung zu etablieren erfordert einige Anstrengungen, das ist meine Überzeugung. Die Veranstalter und DJ sollen die Rahmen definieren und die Community soll diese Rahmen ausfühlen. Wenn die Veranstalter ausschließlich profitorientiert Arbeiten und versuchen durch fehlende Konzept soviel wie möglich "Kunden" zu locken und wenn die DJs versuchen mit den Musikwahl alle Anwesende recht zu machen, dann ist die Bildung einer Community, die das soziale Verhalten fördert unmöglich. Die Interessen einzelne Besucher sind so unterschiedlich, dass ein Zusammengehörigkeitsgefühl gar nicht entsteht.

bird hat gesagt…

Hi Swetoslaw Beltschew,

ganz herzlichen Dank für deine Antwort ! Mich interessiert dieses Thema gerade auch sehr und ich hoffe cassiel hat nichts dagegen, wenn die Diskussion hier ein kleinbischen OT geführt wird.