Donnerstag, 21. Februar 2013

Vielleicht so? Höchst subjektive Anmerkungen zur Klangqualität in der Milonga und zur Frage nach hochaufgelösten Audio-Daten der klassischen Tangos

Ich gebe es zu: An diesem Beitrag habe ich lange gearbeitet. Das liegt zu einem Teil sicherlich daran, daß ich kein Experte in technischen Fragen bin. Zu einem anderen - vielleicht größeren - Teil liegt es an der Unsicherheit, mich dem Thema adäquat zu nähern. Mitte Dezember tauchten im Internet die ersten Hinweise auf, daß wir zukünftig neben den verschiedenen CDs auch hochaufgelöste Daten der alten Tangos erhalten können. Und erwartungsgemäß schimmerte in den ersten Reaktionen immer wieder die Hoffnung durch, daß damit eine Verbesserung der Klangqualität der Tangotitel der goldenen Ära verbunden ist. Ich habe in den letzten Wochen viele Tangos gehört, viel über Technik gelesen und einige Versuche unternommen, mich dem Thema technisch anzunähern. Jetzt weiß ich, daß macht keinen Sinn. Will man sich in dieser Frage äußern, dann geht die Reise dort los, wo es alle angeht: Unserem Gehör.

Bei meinen Recherchen zum Thema stieß ich immer wieder auf Zielformulierungen für den Klang, es solle doch bitte nicht dumpf klingen, es darf kein Knistern und kein Knacken zu hören sein und so weiter. Ich erinnerte mich an meine Anfangszeit im Tango, meine Vorliebe für späte De Angelis-Titel, die für unsere heutigen Hörgewohnheiten vertrauter klingen, da die Formation größer war und die Aufnahmetechnik so gut war, daß Frequenzspektrum und Anteil der Störgeräusche "näher" an unseren heutigen Hörgewohnheiten liegen (daß ich die späten Titel von Alfredo De Angelis inzwischen nicht mehr ertragen kann, liegt - neben dieser für meinen Geschmack inzwischen unerträglichen Musik - zu einem großen Teil wahrscheinlich auch an der Gewöhnung an die Begrenztheit der EdO Aufnahmen - das Gehör ist ein fantastisches Sinnesorgan und unsere Fähigkeit zur Adaption ist großartig - d.h. aber nicht, daß wir uns mit den Grenzen der alten Aufnahmen zufrieden geben sollten, ein ständiges Bemühen um die Klangqualität zahlt sich aus).

Ich habe es früher nicht für möglich gehalten, aber mit einigen Jahren an Erfahrung muss ich berichten, daß meine Kriterien für einen guten Klang sich komplett gedreht haben. Habe ich früher auf einen möglichst vollen Klang ohne Störungen großen Wert gelegt, so achte ich heute hauptsächlich auf eine Ausgewogenheit des Frequenzspektrums und eine Differenzierbarkeit einzelner Instrumente sowie deren Klangfarben. Diese Kriterien will ich kurz erläutern: Unter der Ausgewogenheit des Frequenzspektrums verstehe ich ein längerfristiges Hören von alten Tangos ohne daß sich das Gefühl der "Genervtheit" einstellt. Nach meiner Erfahrung klingen beispielsweise höhenbetonte Aufnahmen im ersten Moment klarer oder spektakulärer, nach etwa 15 bis 20 Minuten nervt der Klang gewaltig, er verursacht Stress (aus diesem Grunde habe ich mir angewöhnt, mich periodisch während des DJings auf die Ausgewogenheit der tiefen, mittleren und hohen Frequenzen zu konzntrieren und die Verhältnisse zueinander ggf. zu korrigieren). Mit der Differenzierbarkeit einzelner Instrumente bezeichne ich die Möglichkeit auch Instrumente die eine gemeinsame Melodie- bzw. Rhythmuslinie spielen, klar voneinander abgrenzen zu können. Der Sound darf nicht verkleben. Es ist fast eine "räumliche" Staffelung, wie wir sie von guten Stereo-Aufnahmen her kennen. Auch bei Mono-Aufnahmen sollte es im Optimalfall immer möglich sein, die einzelnen Instrumente klar gegeneinander abzugrenzen. Die typische Klangfarbe eines Instruments bezeichnet schließlich den typischen Sound der Instrumente. Ein Bandoneón neigt bei schlechter Restauration manchmal dazu wie eine Autohupe oder Tröte zu klingen, Geigen klingen wie Trennschleifer oder Kreissägen und Klaviere können so klingen, als ob sie eine Verkleidung aus scheppernden Blechplatten hätten. Diese qualitativen Ziele bei der Audio-Wiedergabe lassen sich aber nur erreichen, wenn man ein wenig Sorgfalt bei der Auswahl und beim Einsatz von Technik walten lässt. Knacken und Knistern in Restaurierungen alter Tango-Titel sind deshalb in begrenztem Rahmen für mich durchaus vertretbar - solange durch die vorsichtigere Bearbeitung der Klangcharakter einzelner Instrumente und die Ausgewogenheit des Frequenzgangs erhalten bleiben.

Eine für mich notwenige Vorrausstzung für die Beurteilung der Klanggüte von Audio-Daten ist dehalb eine gute Audio-Kette bei den Vorbereitungen für eine Milonga. Das hat bei mir erst vor etwa 15 Monaten begonnen. Ein Leser meines Blogs schenkte mir als Sachspende ein Paar Tannoy Monitore und nachdem ein Techniker sie repariert hatte, hörte ich nur noch mit diesen Boxen, es ist eine ganz neue Hörwelt. Ein paar Monate später kam ein guter gebrauchter DA-Wandler für etwa 70 Euro dazu, der, an den optischen Digitalausgang meines Laptops angeschlossen, nun für die Konvertierung der digitalen Daten zuständig ist. Ich hätte es früher nicht für möglich gehalten, aber das hat meine Einschätzung von Einzeltiteln und damit mein Auflegen nachhaltig verändert (und das muss keine Geldfrage sein, vergleichbargute Komponenten kann man in ordentlichem Zustand gebraucht für insgesamt etwa 350 bis 400 Euro in der Bucht ersteigern). Mit dieser Ausgangsposition kann man sich dann auf die Suche nach noch besseren Geräten begeben (ich habe in der Zwischenzeit auch gewechselt).

Das 80-20-Prinzip

An dieser Stelle gibt es einen ersten Einschub: Es geht um das Pareto-Prinzip. Das Pareto-Prinzip (manchmal auch als 80-20-Prinzip bezeichnet) wurde ursprünglich vom italienischen Volkswirt Vilfredo Pareto formuliert. Er untersuchte die Vermögensveteilung in Italien und stellte fest, daß 20% der Familien 80% des Vermögens besitzen (eine der "Segnungen" der Gegenwart ist es, daß sich dies zu einem 90-10 Verhältnis verschoben hat). Daraus folgerte er, daß Banken, die sich mit 20% der Arbeit un die Vermögenden kümmern, 80% des theoretisch möglichen Erfolgs haben. in den späten 90er Jahren wurde dieses Prinzip in Managementkreisen populär: mit 20% der Arbeit 80% des Erfolgs erreichen. Auch wenn die Quantifizierung von Aufwand und Erfolg bei der Suche nach einer guten Wiedergabe natürlich Quatsch ist, so stimmt die Richtung aber trotzdem. Man kann relativ schnell anfängliche Erfolge erzielen, will man sich aber einer immer besseren Wiedergabe verpflichten, dann steigt mit dem zurückgelegten Weg der weitere Aufwand überproportional. Ich möchte trotzdem dafür werben, in den Milongas sich um eine stetige Verbesserung des Klangs zu bemühen. Nach einen Beobachtungen nehmen Tänzerinnen und Tänzer das unmittelbar an. Nach meiner Meinung trägt ein gute Klangqualität unmittelbar zu einer Steigerung der Qualität des Tangos bei.

Aber wie stabilisiert man als DJ bzw. DJane den Klang in der Milonga? In einem ersten Schritt ist es vielleicht hilfreich, ein detaillierteren Blick auf die verschiedenen Audioformate zu werfen und anschließend noch einmal über die hochaufgelösten Daten nachzudenken.

MP3 & AAC verlusbehaftet komprimierte Daten vs. unkomprimierte Daten

Vor über 10 Jahren hat die m.E. sehr seriöse Computerzeitschrift ct einen groß angelegten Praxisversuch zu mp3-Daten gemacht. Die Ergenisse dieses Tests kann man (dem Internet sei Dank) noch heute mühelos nachlesen. Ich verweise an dieser Stelle für die Details ausdrücklich auf den Originalartikel aus dem Jahr 2000. Zunächst eine generelle Anmerkung vorweg: Der Artikel und damit auch die verwendeten mp3-Kompressoren sind alt. Inzwischen hat sich viel getan. Dennoch halte ich die Ergebnisse für bemerkenswert. Die Versuchsanordnung war so gewählt, daß durch reines Raten der Test nicht zu bestehen war (sonst hätten wir eine Trefferquote von etwa 50%). Trotzdem hat ein Großteil der Versuchspersonen mp3s erkannt. (Befürworter von MP3s werden an dieser Stelle natürlich betonen, daß ebenso ein Großteil der Kandidaten keinen Unterschied hören konnte. Das ist zweifelsfrei ebenso richtig.) Etwas anderes erscheint mir in der schier endlosen Diskussion um MP3s wesentlich: Die Kompression der Daten beruht auf einem psychoakkustischen Modell, daß von einem gesunden menschlichen Ohr ausgeht. In dem verlinkten Artikel ist nachzulesen, daß der Teilnehmer mit einem einseitigen Gehörschaden für Audio-Frequenzen oberhalb von 8kHz die meisten Treffer beim Erkennen von mp3s hatte. Nun springen im Tango nicht nur Teens und Twens herum. Also bemühe ich mich, auch auf Tangueros und Tangueras Rücksicht zu nehmen, die mit altersbedingten oder aufgrund sonstiger Unfälle Beeinträchtigungen ihres Hörvermögens leben müssen.

Weil man an dieser Stelle nur ganz mühsam und mit viel Erfahrung weiterkommt, habe ich mich irgendwann im Verlauf meiner DJ Karriere auf meinen Pragmatismus verlassen und habe alle MP3s durch unkomprimierte Daten ersetzt. Der Preisverfall bei Festplattenplatz hat glücklicherweise mittlerweile dazu geführt, daß man für etwa 100 Euro 1 Terabyte an externem Festplattenspeicherplatz kaufen kann. Da muss zumindest ich nicht mehr lange nachdenken. Ich verwende nur noch unkomprimierte Daten (AIF bzw. WAV), die ich sorgfältig von Original-CDs gerippt habe und auf einer externen Festplatte (die regelmäßig gespiegelt wird) lagere. So kann ich sicher sein, daß ich im Zweifelsfall die bestmöglichen Daten habe.

FLAC: verlustfrei komprimierte Daten vs. unkomprimierte Daten

In der Frage von verlustfrei komprimierten Daten im Vergleich zu unkomprimierten Daten gilt in Zweifelsfällen das oben bereits vorgetragene Pragmatismus-Argument: Bei den derzeitigen Preisen für ein Terabyte externem Festplattenspeicherplatz muss ich nicht lange überlegen, ob ich evtl. auf die Datenkompression (zur Reduktion des verbrauchten Plattenplatzes) zurückgreife. Unter den HighEnd Puristen wir immer wieder diskutiert, ob nicht der Einsatz von FLAC-Dateien beim Dekodieren zu Latenzen im Rechner führt. Ich kann das nicht beurteilen - ich muss das auch gar nicht evaluieren. Wie gesagt, Festplattenplatz kostet kaum etwas...

AIF bzw. WAV: unkomprimierte Audiodaten direkt von einer CD gerippt

Ich denke, mein Pragmatismus hat mich mittlerweile vor einigen Fehlern bewahrt. Ich arbeite beim DJing ausschließlich mit unkomprimierten Daten, die ich von einer Original-CD gerippt habe. (Nebenbei bemerkt, ich verlasse mich nicht mehr auf die Import-Funktion von iTunes. Für Mac OS X gibt es ein hervorragendes Programm: XLD, eine japanische Softwareentwicklung - frei zum Download im Internet angeboten.)
Die Grenzen der Auflösung von Audio-Daten einer CD sind durch zwei Zahlen determiniert. Eine CD nach dem RedBook-Standard hat eine Bit-Tiefe von 16 Bit und die Daten werden mit einer Sampling-Frequenz von 44,1kHz abgetastet. Das bedeutet, daß der Dynamikumfang einer CD (also die Unterschiedlichen Stufen von Lautstärke) theoretisch 96dB betragen kann. Rechnen wir einen kleinen Anteil für technisch bedingte Toleranzen (Filter etc.) so können wir in der Praxis davon ausgehen, daß eine CD bestimmt einen Dynamikumfang von 90dB hat. Der Frequenzbereich einer CD wird üblicherweise mit 0 bis 20kHz angegeben. Die maximal codierbare Frequenz liegt nach dem Nyquist-Shannon-Theorem bei der halben Samplingfrequenz (also wären theoretisch 22,05kHz möglich). Beide Zahlen zeigen, daß eine herkömmliche CD mehr als ausreichend Spielraum für digitale Kopien von Schellack-Aufnahmen hat. Der Dynamikbereich einer ungespielten Schellack liegt bei etwa 40dB durch Abspielen (=Abnutzung) sinkt er sehr schnell auf 30dB. Der Frequenzgang der alten Aufnahmen liegt in einem Bereich von 0 bis 12 kHz - sind wir großzügig und rechnen 14kHz - (übrigens: Das Maximum, was zu Beginn der 30er Jahre angeblich mit einer Schellackaufnahme je erreicht wurde, waren 18kHz, dazu wurde allerdings das Aufnahmesystem von Western Electric modifiziert). Aus dieser Argumentation wird deutlich, daß der technische Rahmen, den die gute alte CD vorgibt, für die Reprodultion von alten Schellack-Aufnahmen vollkommen ausreichend ist.

hoch aufgelöste Audiodaten

Seit etwa Mitte Dezember geistern zwei Zahlen durch die virtuellen Tummelplätze von TangoDJs. 24Bit und 96kHz. Kurz danach ist ein neues Zahlenpaar hinzugekommen: 24Bit und 192kHz. Diese Zahlen determinieren die theoretisch möglichen Grenzen der neuen Audio-Dateien. 24Bit ermöglichen einen Dynamikumfang von 144dB. Und die neuen Samplingfrequenzen ermöglichen theoretisch die Aufzeichnung von Frequenzgängen bis 48 bzw. 96kHz (jeweils die Hälfte der Sampling-Frequenz). Betrachten wir diese Werte einmal unabhängig von den tatsächlichen technischen Grenzen der alten Schellackaufnahmen, dann stellt sich für uns die Frage, ob das menschliche Gehör die Grenzen dieser Daten überhaupt hören kann. Ein ungeschädigtes jugendliches menschliches Gehör kann Töne bis 20kHz wahrnehmen. Es gibt zwar immer wieder Versuche, diese Grenze in Internet-Diskussionen aufzuweichen, aber an den physiologischen Gegebemheiten kommt man nicht vorbei. In der Frage der Dynamik ist es ähnlich. Eine moderat geführte Unterhaltung zwischen zwei Menschen hat (in 1 Meter Entfernung) ein Schalldruckpegel Lp von 60dB. Rechnen wir da nun unsere theretisch möglichen 40dB Dynamikumfang einer Schellackaufnahme dazu (wir wollen in der Milongaa ja schließlich etwas von der Musik hören), dann wären wir bereits bei einem Schalldruckpegel von 100dB (das entspricht der Situation in der Disko, etwa 1m entfernt vom Lautsprecher). Arbeitsmediziner fordern beim Schalldruck bereits ab 80dB Dauerbeschallung einen Gehörschutz. Aus diesen Zahlen sollte deutlich werden, daß hochaufgelöste Audio-Daten im klassischen Tango Argentino kein echter Gewinn sind. An dieser Stelle muss ich meine Betrachtungen abbrechen. Interessant wäre die Frage, was denn in den vorglegten Audio-Dateien oberhalb von 12 oder 14kHz ist. Im besten Falle ist dort nichts im ungünstigsten Fall sind dort Audio-Artefakte (also Töne, die aus der Verarbeitungskette stammen und nicht vom Quellmaterial).

Beim Abmischen von Mehrspuraufnahmen im Studio mag es durchaus Sinn machen, mit hochaufgelösten Daten zu arbeiten, in der Milonga brauchen wir m.E. einen anderen Schwerpunkt. Die Qualität der Daten sollte bestmöglich sein, nicht die technischen Parameter ihrer Digitalisierung. Denn mit der Auflösung steigt auch der Rechenaufwand, diese Daten zurück in die analoge Domäne zu holen. Im ungünstigesten Fall handelt man sich zusätzliche Probleme ein. Ein Stichwort dazu ist sicherlich Jitter (damit werden Zeitfehler in der Digitalkette bezeichnet, Jitter kann zu unangenehm deutlich hörbaren Qualitätseinbußen führen). Aber dazu schreibe ich vielleicht gesondert.

Ich habe diesen langen und etwas sperrigen Artikel geschrieben, weil ich leidenschaftlich dafür plädieren möchte, die (hörbare) Klangqualität wieder auf Platz 1 unserer Prioritätenliste zu setzen, technische Kennzahlen sind Nebelkerzen und sagen - wie gezeigt - nichts aus. Der sich abzeichnenden Wettlauf um die höhere Samplingfrequenz (ich warte noch ängstlich auf die Ankündigung von Daten, die mit 384kHz Sampling-Frequenz und 32 Bit Datentiefe abgespeichert wurden) führt in die falsche Richtung. Einziger Maßstab sollte unser Gehör sein. Und hier wiederhole ich mich noch einmal (nur zur Sicherheit): Die Frequenzverteilung sollte möglichst ausgeglichen sein, die einzelnen Instrumente sollten klar zu differenzieren sein und der Klangcharakter darf nicht verfälscht werden.


Ich wünsche mir eine lebhafte Diskussion, die auch phasenweise durchaus sehr technisch werden darf. Ich bitte aber alle Kommentatorinnen und Kommentatoren, den Durchschnitts-Lesenden im Auge zu behalten. Dies ist kein Hi-End-Forum für Audiophile. :-)

95 Anmerkung(en):

Anonym hat gesagt…

Hallo Cassiel,

danke für den gut begründeten Beitrag, dem ich jedoch in Teilen eine andere Argumentation gegenüberstellen möchte.
Für mich persönlich ist und bleibt die musikalische Qualität (persönlicher Geschmack, allgemeiner Geschmack, Tanzbarkeit, technische Fertigkeit der Musiker, ...) stets auf Priorität 1. Ich höre lieber einen "guten" Tango in schlechter technischer Qualität, als einen "schlechten" Tango in guter technischer Qualität.
Schon bei der Aufnahme wurde der Klang - technisch zwangsläufig (Details der AD/DA-Wandlung sparen wir uns) verfälscht. Er wurde auf einem suboptimalen Medium gespeichert (Schelllackplatte) und dann im besten Fall nur einmal wiedergegeben (damit zwangsläufig wieder verfälscht) und wieder verfälscht beim Digialisieren. Nicht zu reden vom mehrfachen Remastering von Platte, Kassette oder CD.

Im zweiten Teil Deines Artikels beschreibst Du treffend, wie sinnlos der Ausbau weiterer Technik sein kann und widerlegst Dich m.E. selber in Bezug auf die Äußerungen im ersten Teil. Gute MP3-Algorythmen sind m.E. schon gut genug.

Mittelmäßig Kinofilme in guter optischer und akustischer Qualtität sind allenfalls leichter zu ertragen, doch werden daraus keine Meisterwerke.

Ich plädiere durchaus für gute Tontechnik, aber:
a) die musikalische Qualität ist wichtiger, als die technische
b) MP3 ist "good enough"
c) wichtiger als MP3 oder WAV ist möglichst gute Quelldateien (z.B. CTA, ...)
d) auf dem meisten Milongas (m.E. 90% in D) sind die Lautsprecher das größte Problem
Herzliche Grüße
DrR.

cassiel hat gesagt…

@DrR.

Vielen Dank für Deine Anmerkung, Es stimmt, ich habe nicht mehr ausdrücklich darauf hingwiesen, daß vor allen Fragen der Klangqualität eine sensible Auswahl der Stücke steht. (Veermutlich dachte ich, daß würden Leserinnen und Leser bei mir sowieso vermuten).

Natürlich müssen wir mit der Krücke Schellack leben, das ist spätestens seit der Zerstörung der Master in den 60er Jahren so, aber ich denke tatsächlich, daß MP3s in der Milonga nichts zu suchen haben. Bessere Formate sind vergleichsweise günstig zu haben (siehe Artikel) und der Unterschied ist hörbar (eine ordentliche Anlage vorrausgesetzt).

Inzwischen erlebe ich seltsame Dinge bei den Milongabesuchen: Fast jeder DJ rückt mittlerweile mit einem HighEnd Audio-Interface an. Die Lautsprecher sind allerdings vielerorts die üblichen 0815-Aktivkisten die wirklich schrecklich klingen. Und dabei sitzen manche Veranstalter auf üppigen Rücklagen - das kann ich nicht verstehen.

Anonym hat gesagt…

Ich habe beim ersten Lesen fast überhaupt nix verstanden. Ich muss das heut abend noch einmal mit Ruhe durchgehen.

Aber die Diskussion interessiert mich sehr. Ich bleib dran.

Michi

cassiel hat gesagt…

Ich habe es im Artikel vergessen: Ich arbeite zwar schon länger an diesem Thema, aber ausschlaggebend für die Veröffentlichung war ein Beitrag von meinem sehr geschätzten Blogger-Kollegen Simba-Tango. Seinen Beitrag findet man hier:

Simba tango

Anonym hat gesagt…

Zitat cassiel: aber ich denke tatsächlich, daß MP3s in der Milonga nichts zu suchen haben. Bessere Formate sind vergleichsweise günstig zu haben (siehe Artikel) und der Unterschied ist hörbar (eine ordentliche Anlage vorrausgesetzt).
Diese Aussage verstehe ich nicht, Du hast doch selbst auf einen c't-Artikel verlinkt in dem klar und deutlich steht "zwischen MP3 mit 256 kBit/s und dem Original von CD hingegen ließ sich [...] kein Unterschied erkennen. Das selbe findet man übrigens auch in jeder anderen seriösen Quelle.

Ich bitte darum zu unterscheiden zwischen "mp3 mit niedrigen Bitraten (z.B. 128 kBit/s oder 192 kBit/s) ist schlecht" und "mp3 ist generell unbrauchbar". Auch viele Kommentatoren von früheren Posts machen diesen Fehler. Wer das nicht macht, verliert in meinen Augen meistens den Großteil seiner Glaubhaftigkeit, und ich fange an auch andere Aussagen anzuzweifeln.

Gruß,
Simon

Butter bei die Fische hat gesagt…

Wieder ein typischer Cassiel. Wenn man hier länger mitliest, dann weiss man, dass neben den angesprochenen Punkten auch die nicht-ausgesprochenen Gedanken wichtig sind. Cassiel, du bist zu vorsichtig bei der Argumentation. Liegt das an Deiner liebreizenden Kollegin, die überall abschreibt?

Für mich ist nicht klar, was gegen die neuen Daten spricht .. ausser natürlich die Möglichkeit von Artefakten und komplexen Rechenschritten im DJ-Computer. Bei Simba-Tango schreibst du, die Höhen wären zu betont. Stimmt das?

Chris hat gesagt…

Anonym wrote:
" auf dem meisten Milongas (m.E. 90% in D) sind die Lautsprecher das größte Problem"

I usually find human loudspeakers are a bigger problem :)

Chat and other background noise in even the best milonga often swamps the recording noise that some DJs work so hard to remove... when they are listening in the unrepresentative acoustic environment of their home studio.

I agree with suggestions here that for the happiness of the dancers, it is musical quality that needs most improvement. Once a DJ has got full CD-quality recordings, his efforts are usually more productively spent improving the musical selection rather than the sound quality.

And a great musical selection often causes a reduction in human background noise...

Anonym hat gesagt…

Geht das, eine Milonga mit mit HIFI oder sogar High End Kriterien zu vergleichen?
Die meiste Musik ist doch schon digitalisiert, frequenzbeschnitten und entdynamisiert, egal ob Wave oder MP3. Es ist eher eine Frage des Speicherplatzes.
Wer kommt denn an Orginal Schellack und hat die Abspielgeräte dazu, aber ist das wirklich besser?
Ich erlebe es manchmal, das das Hintergrundgeräusch, wie Reden der Sitzenden teilweise die Musik übertönt.
Da tanzt man nach Ahnung und Erinnerung was gespielt wird.
Die Verstärkerqualität spielt da die kleinste Nummer. Weit mehr die Lautsprecher (Baumarkt?) und der Raum.

grüsse Bernd

Christopher hat gesagt…

Hallo Cassiel,

wo Du schon Shannon-Nyquist ins Spiel gebracht hast, zeigt eine kurze
Überschlagsrechnung, daß die Aversion gegen mp3 in manchen Fällen
schon theoretisch unberechtigt ist. Ich bin sicherlich kein Freund von
mp3, das Format ist fürchterlich veraltet, aber es ist auch nicht in
dieser Pauschalität zu verdammen.

Nehmen wir einfach eine ältere Aufnahme bei einer theoretisch
erreichbaren Maximalfrequenz von 12kHz. Wir ziehen als Referenz ja
wohl eine RedbookCD heran. Na gut, eigentlich muß ja die
Originalaufnahme genommen werden, aber die Quelle ist ja für uns dann
doch die CD.

Wir haben bei einer solchen Aufnahme Schellack (max Frequenz 12kHZ)
und CD (max Auflösung 16b) 16 bit * 24000 1/s, skaliert auf kilo (/
1000, nicht! / 1024), = 384 kb/s pro Kanal. Die maximale mp3-Rate, die
angeboten wird, liegt bei 320kb/s. Ob die theoretisch möglichen 12kHz
auf den Aufnahmen wirklich erreicht wurde, wissen wir nicht (meine
Schätzung: eher Ausnahme als Regel) und ob wir zum Aufnahmezeitpunkt
eine Auflösung von 16b erreicht haben, will ich auch mal in Zweifel
ziehen, aber näher kommen wir definitiv nicht.

Unter der Annahme, das gerade bei den älteren Platten die Rillen schon
ziemlich ausgeschliffen sind, wird die Maximalfrequenz und die Dynamik
der Aufnahme, die dann auf CD gebracht wurde, erheblich niedriger
liegen. Es reicht für eine Mono-Aufnahme aus, wenn die maximal noch
abtastbare Frequenz auf 10kHz reduziert wird, daß mp3 auf 320kb/s gar
nicht mehr komprimiert, sondern die mp3 eine exakte Kopie darstellt.

Mich interessiert die Sache, ich nehm mir am WE mal eine Stunde und
probiere mal aus, ob ich mit audacity ein Spektrum einiger Aufnahmen,
die ich da haber, erzeugen kann und dann sage ich nochmal etwas zur
tatsächlichen Maximalfrequenz der Aufnahmen. Dann kann man auch eine
belastbare Aussage zu mp3 treffen. Und auch zu diesen interessanten
Restaurations-Versuchen, denn Shannon-Nyquist gilt unabhängig vom
Preis.

Christopher

cassiel hat gesagt…

Eigentlich müsste ich ja arbeiten (aber das Thema ist spannend):

@Anonym Butter bei die Fische (abgefahrener Nickname)
Ich möchte betonen, daß es mir primär nicht um die Diskussion einzelner Realisierungen geht. Für mich ist entscheidend, daß die momentane Energie, die für klanglich bessere Aufnahmen verwendet wird, wirkungslos verpufft, weil die falschen Ziele gesetzt wurden. Deswegen möchte ich zu konkreten Instanzen neuer Audio-Daten erst einmal nicht schreiben.

@Chris
Zhanks für commenting. It's true, a great music selection is the best noise reduction system in the milonga :-)

@Bernd
Danke für Deine Anmerkung. Natürlich ist die Musik bearbeitet worden, daß heißt aber nicht notwendigerweise, daß Mastering schlecht sein muss. Im Gegenteil: Ich halte den "richtigen" Einsatz von Mastering-Tools für sinnvoll und notwendig um eien guten Klang in der Milonga zu haben. Die CTA Daten werden immer wieder gelobt. Die sind intensiv (aber minimal invasiv) bearbeitet worden. Diese Daten sind im Regelfall ein guter Griff.

@Christoph
Einen interessanten Denkanstz hast Du da. Ich bin selbst gespannt. Auf den ersten Blick klingt das sehr überzeugend. Schickst Du mir Deine Versuchsdaten? Ich würde sie hier veröffentlichen und dann können wir darüber diskutieren.

Ich muss wieder arbeiten... bis später...

Anonym hat gesagt…

(Hallo Cassiel, da ich leider nirgends eine email Adresse finden konnte: mein Beitrag scheint schon wieder im Spam Filter gelandet zu sein, könntest Du bitte mal nachsehen? Simon)

cassiel hat gesagt…

@Simon
Schon erledigt... ich bastele später an einer Antwort...

Sorry, aber bei dem SPAM-filter bin ich machtlos...

Einstweilen herzliche Grüße

chamuyo hat gesagt…

ich bin manchmal neidisch auf die Zeitgenossen, die unbeschwert Musik aus Apfelsoftware über den Kopfhörerausgang von Apfelprodukten und Musikanlagen aus dem Hause Conrad für 150€ Verstärker incl. Boxen hören können. Ich kann es nicht mehr.
Es nervt einfach. Andere stört es nicht. Und wir können nicht miteinander reden, weil sie nicht verstehen was ich meine. Sie hören es einfach nicht. Schön für sie, aber sie könnten einfach hinnehmen, das andere Menschen mehr hören und darunter leiden, wenn aus den Boxen nur ätzender Brei raus kommt.

Ich möchte damit nicht sagen, dass 24/96 in der Milonga laufen muss. Normale CD Qualität reicht vollkommen. Die 24/96 Dateien sind für Sammler und zum Bearbeiten da.
Aber ein wenig Mühe mit der Anlage und dem eigenen Equipment sollte man sich schon machen.

Es ist erstaunlich, dass man heute noch zum Thema mp3 diskutieren muss. Sie haben einfach in der Milonga nichts zu suchen. Selbst wenn Mp3s auf einer guten Anlage besser sind als flacs auf einer schlechten, man muss nicht unbedingt Mittelmaß produzieren, es darf ruhig besser sein.
Es mehren sich die Erkenntnisse und inzwischen auch die Beweise, dass mp3 das Hirn mehr anstrengen, als unkomprimierte Musik. Eine kostenlos erhältliche Untersuchung ist hier:

https://www.waset.org/journals/waset/v69/v69-161.pdf
"From these results, we think that the brains of subjects
recognize difference between WAVE sound and MP3 sound
even if subjects do not feel so. In other words, clearly some
kind of differences between WAVE sound and MP3 sound
exist even if we think that these sounds are same, and it is
thought that these differences affect the brain of the person."

cassiel hat gesagt…

@chamuyo

Danke für den Link! Großartig! Dort wird formuliert, was ich seit längerem vermute. Ich habe die Beobachtung gemacht, daß Tangueras und Tangueros in der Folge meiner Änderungen am Klang entspannter tanzen. (Das kann natürlich auch an der Titelauswahl liegen - ich hatte allerdings immer auch komprimierte Daten bzw. Unzulänglichkeiten in der Audiokette stark im Verdacht.)

Ein weiterer Punkt, der den Diskussionen über den Klang häufig zu kurz kommt ist der Langzeiteffekt. Ich habe darüber bereits oben im Artikel geschrieben. Eine fehlende Balance des Frequenzspektrums kann kurzfristig sogar spektakulärer klingen. Nach einer gewissen Zeit (ich denke es sind so zwischen 20 und 30 Minuten) stört diese fehlende Balance massiv. Aus diesem Grunde begegne ich A/B Vergleichen immer mit einem gesunden Misstrauen. Das menschliche Gehör ist (neben unserem Tastsinn) wohl das empfindlichste Sinnesorgan. In dem zentralen Bereich (zwischen 2 und 5 kHz) würden wir das Grundrauschen der Luft-Moleküle hören, wenn unser Gehör nur ein klein wenig empfindlicher wäre. Ich kenne mich da wirklich nicht aus, aber in der Psychoakkustik wird nachgewiesen, daß das menschliche Hören Signale von der Dauer einer tausendstel Sekunde auflösen kann.

Für weitere Informationen verlinke ich hier einen Foliensatz von Prof. Oliver Curdt, Audiovisuelle Medien, HdM Stuttgart. Ich denke, das sollte als Motivation für die intensive Auseinandersetzung mit diesen Themen reichen.

@Simon
Danke für Deine Anmerkung. Ich muss gestehen, daß ich mich bei der Frage höher aufgelöster MP3s sehr unsicher fühle. Ich habe meine Vermutungen bereits in der Antwort auf chamuyo formuliert. Mein gewichtigstes Argument ist noch immer der Pragmatismus. Warum soll ich Audio-Daten komprimieren, wenn Speicherplatz so billig geworden ist?

Christopher hat gesagt…

Hallo Cassiel,

auch wenn ich eigentlich auch hätte arbeiten müssen, konnte ich es
nicht lassen und habe einfach mal wirklich zufällige Stücke, die ich
da habe, in audacity angesehen und das Spektrum gezogen. Dabei waren
Stücke wie Puente Alsina von OTV, von Canaro Maria, Ya Es Tarde, El
Mal Que Me Hiciste, von Biagi Humilacion und von Fresedo, weil das
wirklich gute Aufnahmen sind, El Huella Del Dolor, aber auch ein Paar
andere. Die Quellen sind bei mir verwürfelt, teils direkt von der CD,
teils 320kb/s mp3s von Google Play.

Nur kurz zur allgemeinen Begriffsklärung: Eine solche Audiodatei ist
ja im Wesentlichen nichts anderes als eine Funktion, die diskreten
Zeitpunkten diskrete Schallamplitudenwerte zuordnet. Transformiert man
nun die Funktion aus der Zeit-Darstellung in die Frequenzdarstellung,
trägt man also nicht mehr Zeit gegen Schallamplitude auf, sondern
Frequenzen gegen "Gesamtenergie", erhält man das Spektrum, wo man
ablesen kann, zu welchen Anteil Schwingungen bestimmter Frequenzen zum
"Gesamtklang" beitragen.

Festgestellt habe ich, daß für fast alle Sound-Samples die
Maximalfrequenzen irgendwo zwischen 11.5 und 12.2 kHZ liegen.
Historisch macht das ja auch Sinn. Mit einem Tiefpass-Filter habe ich
einfach mal alle Frequenzen so ab 10kHz aufwärts weggedämpft, um meine
Hypothese des Verschleißes zu testen. Ich bin nun kein
Sound-Ingenieur, vielleicht kriegt ein solcher jetzt ja die Krise?,
aber ich habe da gar keinen Unterschied gehört. Ich vermute, daß die
Information oberhalb 10 kHz schon so zerstört ist, daß es auch nicht
schadet, wenn sie weg ist.

Damit gilt nährungsweise meine erste Aussage zu 320kb/s mp3s wirklich.

Eine Ausnahme bildete eine besonders schlechte Canaro-Aufnahme: Die
hatte als Maximalfrequenz 22.5 kHz. Ist ja historisch heftiger
Unsinn. Ich habe auch da mal die Frequenzen oberhalb 12kHz
weggedämpft. Im Ergebnis klang es nicht mehr so verklirrt und grell,
etwas gefälliger und wärmer. Für mich sieht es danach aus, daß man da
ein wenig zu agressiv restauriert hat und Information _hinzugefügt_
hat.

Ich denke, daß Du mit mp3 bei den Mono-Aufnahmen fast nichts und bei
den anderen kaum etwas abschneidest. Wobei Du natürlich recht hast,
MBs kosten ja nichts mehr. Angesichts des Restaurierens bin ich hier
auch sehr skeptisch, es muß ja aus der Aufnahme Information
herausgefilter werden, die man für Störgeräusche hält, hinzufügen
sollte man besser nichts, Was filtern man dabei denn sonst so weg?

Und noch eine Geschmacks-Aussage: Wenn Puente Alsina nicht mehr nach
Puente Alsina klingt, ich denke alle wissen, was ich meine, auch wenn
ich den Klang nicht beschreiben kann, dann ist ja nicht mehr Puente
Alsina. Hilfe! _Ich_ kriege dann eine Krise ;-)

@chamuyo und auch Cassiel:

Versucht doch bitte mal das Shannon-Nyquist-Theorem zu verstehen. Dann
wird hoffentlich klar, daß das mit dem 24/96 bereits mathematisch
völliger Unsinn ist. Wir reden noch längst nicht über
Psychoakustik. Und gerade chamuyos Aussage zu flac läßt mir die Haare
zu Berge stehen: flac ist verlustfrei, das ist exakt die selbe
Information wie in der Originalquelle, da fehlt nichts, also brauchst
Du auch nicht die zu diffamieren, die es nutzen. Klar hat mp3
Verluste. Dafür muß allerdings ersteinmal die Originalqualität gut
sein - was sie bei den Tango-Aufnahmen aus bekannten Gründen nunmal
nicht ist.

Christopher

cassiel hat gesagt…

@Christopher

Schön, daß Du Dir die Arbeit gemacht hast und davon berichtest. Ich kann zwar noch nicht ganz nachvollziehen, was Du gemacht hast, aber ich werde das noch ein paar mal lesen und versuchen zu verstehen.

Ganz generell (und da bitte ich um Verständnis) bin ich sher misstrauisch, wenn jemand mit Audacity mal schnell experimentiert. Wahrscheinlich ist Audacity nicht akkurat genug. Und in einem zweiten Schritt muss ich die Frage nach der Audio-Kette beim Abhören stellen. An meinem Arbeitsrechner habe ich nur kleine Computer-Tröt-Boxen. Damit höre ich keinen Tango. Ich habe aber an meinem Schreibtisch dann noch die Tannoys, die über eine sorgfältig ausgesuchte Digital/Analog-Kette angesteuert werden. Da höre ich sofort, wenn etwas mit Audio-Daten nicht stimmt.

Ich plädiere deswegen zum wiederholten Male dafür, daß DJanes und DJs im Tango erst einmal ihre Audio-Kette in Ordnung bringen. Vorher brauchen wir eigentlich nicht weiter zu sprechen, weil wir von Äpfeln und Birnen sprechen.

Ich denke, ich habe das Sampling-Theorem schon verstanden, aber soweit ich weiß, werden bei MP3s keine PCM-Codierungen verwendet, deswegen bin ich mir gar nicht sicher, ob man in der MP3 Umgebung mit dem Abtasttheorem wirklich weiter kommt.

Ich möchte an dieser Stelle uns alle daran erinnern, wie schwierig es manchmal ist, liebgewonnene Überzeugungen aufzugeben. Nur so kann ich mir das vehemente Verteidigen von MP3s erklären. Das ist jetzt kein Vorwurf, ich stehe schließlich in der gleichen Gefahr. Ich hoffe, wir haben alle die Kraft, notwendigenfalls unsere bisherigen Überzeugungen und Denkmuster über Bord zu werfen.

Es geht m.E. um sehr viel. Es geht um die Art und Weise, wie wir zukünftig Tangos in der Milonga hören. Deswegen argumentiere ich in dieser Frage auch vergleichsweise leidenschaftlich.

TJoerg hat gesagt…

Man muss hier fairerweise erwähnen, dass der hier diskutierte Musikhändler verschiedene Formate anbietet.
Eines in CD-Auflösung für Verbraucher und Eines für Leute, die selbst an den Dateien weiterarbeiten möchten.
Hierfür macht es schon Sinn, mehr Bittiefe zur Verfügung zu haben.
Gern wird vorgeführt, was hörbar ist. Tiefe Frequenzen sind vor allem in der Magengrube spürbar und sehr hohe sollen auch über bestimmte Knochen wahrnehmbar sein.

cassiel hat gesagt…

@TJoerg

Ich weiß, daß mein ursprünglicher Beitrag eine Balance ist. Mir geht es hier erst einmal nicht um Personen und bislang hat es sehr gut funktioniert, daß wir nur über Fakten reden.

Ich persönlich finde die von Dir vorgeschlagene Unterteilung zwischen Verbrauchern auf der einen Seite und Weiterverarbeitern auf der anderen Seite schwierig. Was von einem Weiterverarbeiter verlangt wird, sprengt die Grenzen der Möglichkeiten daheim. Das sollte ein Mastering-Ingenieur mit seiner Erfahrung und seinem professionellen Werkzeug machen. Da ist es nicht damit getan, in iTunes mit dem Equalizer die Höhen im Bereich von 8 oder 16 kHz zu reduzieren (abgesehen davon halte ich den iTunes-Equalizer für ein Spielzeug - mehr nicht). Wir kommen also in eine Situation, daß die DJane, der DJ in der Milonga Titel spielt, die duch Bearbeitung vermutlich in fast allen Fällen verunstaltet wurden. Wäre es nicht effektiver, wenn man in diesem Stadium einen Experten zu Rate zieht? Und diese Konsultation eines Mastering-Ingenieurs sollte einmal erfolgen und nicht hundertfach beim Kunden.

Was ich oben im Bezug auf die DJane und auf den DJ geschrieben habe, gilt natürlich in besonders hohem Maße für den Mastering-Experten. Er sollte seine Lautsprecher (sein tägliches Arbeitswerkzeug) und die Umgebung, in der er sie benutzt, genauestens kennen. Sonst kann er seine Arbeit schlicht nicht machen. Und das muss logiecherweise auf einem ganz anderen Niveau stattfinden, als es jemals bei der DJane, beim DJ daheim stattfinden kann.

Im Internet fand ich einem hübschen Vergleich: Mastering ist Photoshop für Audio. Diese verkürzte Sicht bingt es aber auf den Punkt. Und wenn ich mir so ansehe, was der Preisverfall des letzten Jahrzehnts in der Photographie angerichtet hat, dann wird mir Angst und Bange im Bezug auf die Audio-Dateien.

Ich bitte daher darum, meine Intervention einmal durch diese Brille zu lesen. Ich hätte hier genau das Equipment stehen, was dir wahrscheinlich für die Weiterverarbeitung vorschwebt. Aber mir fehlt die Erfahrung, das zu tun. Deswegen würde ich mich auch nicht mit diesen Daten in die Öffentlichkeit trauen.

Ich wünsche allseits einen schönen Tag und viele erfüllte Tandas am bevorstehenden Wochenende.

TJoerg hat gesagt…

@Cassiel,

da verwechselst du wohl etwas...
Kein Mensch verlangt, dass der Kunde zu Hause Hand anlegt. In der internationalen Tango-DJ-Gruppe wurde der Wunsch nach derart unbearbeiteten Files mehrfach geäußert. Dem wird hier nachgekommen.
Was diese Leute dann damit machen, sollten sie doch selbst entscheiden dürfen?
Ob die jeweiligen Resultate gut sind, regelt der Markt sicher ganz alleine.
Wer sagt, dass "erfahrene" Toningenieure das besser machen? Oft ist bei denen die "absolute Reinheit" ein Kriterium und alles klingt nach Metall-Röhre oder eben dumpf.
Der Markt geht aber eindeutig in eine andere Richtung. Höre dir die Transfers auf den meisten BATC-CDs an. Da knistert es munter drauf los. Warum auch nicht? Jeder weiß doch, woher die Musik ursprünglich kommt.
Da ziehe ich als Hörer synthetisch klingender Musik nostalgisches vor.

Schönes WE,
Jörg

Christopher hat gesagt…

Hallo,

@Cassiel: Sorry für die Länge, ich will Dir Deinen blog nicht
hijacken. Wenn es Dir zuviel ist, kannst Du es ja wegkippen.

ich möchte versuchen, die Unklarheit mit der Kodierung ein
wenig aufzulösen. Das hier ist _keine_ Verteidigung von mp3, die
Schwächen des Formates sind eigentlich allgemein bekannt und auch
unstrittig. Es geht nur darum, wie die Wandlung von Musik, die ja in
der Realität analog vorliegt, ins Digitale funktioniert und was dabei
zu berücksichtigen ist, wenn man zu belastbaren Aussagen kommen will.

Schall ist ja, grob gesagt, eine sich im Trägermedium (für uns Luft)
ausbreitende physische Welle. Diese Welle hat eine Frequenz und
eine Amplitude (und Dämpfung usw.). Die Funktion, die solche sich
überlagernden Wellen verschiedener Frequenzen und verschiedener
Amplituden beschreibt, ist kontinuierlich, d.h. jedem Zeitpunkt ist
eine beliebige Amplitude zuzuordnen.

In Digital-Sprech übersetzt heißt das, daß über die Zeitachse
unendlich vielen Zeitpunkten eine beliebig fein, also auch unendlich
fein aufgelöste Amplitude zugeordnet wird. Es ist ja klar, daß es
unendlich viel Speicherplatz nicht gibt und das so nicht geht, auch
wenn das natürlich die optimale Qualität ist.

Deshalb muß zur digitalen Speicherung das (analoge) Audiosignal
"diskretisiert" werden. Dazu wird ersteinmal eine Diskretisierung der
Zeit vorgenommen, d.h. es wird zu diskreten und bestimmten Zeitpunkten
das Audiosignal, also im Endeffekt die Schallwelle, abgetastet.

Um ein sinusförmige Signal gegebener Frequenz exakt rekonstruieren zu
können (denn wir wollen ja das Audiosignal wiedergeben), muß die
Abtastfrequenz, also die Rate, wie häufig pro Zeiteinheit,
i.d.R. Sekunde, wir abtasten, mehr als das doppelte der im Signal
maximal auftretenden Frequenz betragen. Konkretes später.

Das Audiosignal liegt nun in zeitdiskreter Form vor, d.h. es wird
einer endlichen Anzahl von Zeitpunkten immer noch eine beliebig genaue
Amplitude zugeordnet. Das kann digital immer noch nicht gespeichert
werden, also muß noch die Amplitude diskretisiert werden, d.h. man muß
sich eine Abstufung mit endlich vielen Schritten überlegen, die das
Audiosignal hinreichend exakt wiedergibt, wobei man weiß, daß beliebig
exakt halt nicht geht.

Mit dieser Überlegung kann man sich eigentlich die ganze Aufnahme- und
Wiedergabekette ansehen, wobei ich mich nur für die Aufnahmekette
interessiert habe, es gilt analog aber genauso für die Wiedergabe.

Zum Aufnahmezeitpunkt hatten wir ein Schallsignal, daß kontinuierlich
war, klar. Dieses Schallsignal wurde analog aufgenommen und weil auch
analoge Aufnahmetechnik wegen Fertigungsgenauigmiten der Geräte und
des Tonträgermaterials usw. nur quasi-kontinuierlich aufnimmt, wurde
damals schon keine exakte Reproduktion des Audiosignals aufgezeichnet,
sondern eine ziemlich beschränkte. Diese Reproduktion wurde mit der
Zeit und jedem Abspielen immer schlechter, aber das wollen wir mal
ignorieren.

Historisch wissern wir, daß das Audiosignal mit einer maximalen
Frequenz von 12-16 kHz aufgenommen werden konnte. Gem. Abtasttheorem
brauchen wir jetzt 24 - 32 kHz Abtastrate, um das Signal exakt
reproduzieren zu können. Zur Dynamik, also wie genau der
Amplitudenwert aufgenommen und gespeichert wurde, wissen wir jetzt
nichts. Die RedbookCD gibt 24b, d.h. 2^24 Abstufungen vor. Gängige
Aufnahmetechnologie nutzt davon "nur" 16b, also 2^16.

Das ist immer noch verdammt viel, ob soviel überhaupt realistisch von
mit alter Aufnahmetechnik aufgenommenen und dazu noch verschlissenen
Schellackplatten erwartet werden kann? Weiß ich nicht, mehr bei der
Reproduktion einer CD jedenfalls nicht.

Das führt zu einer einfachen Rechnung. Angenommen, wir gehen mal von
der maximalen (historisch bekannten) Aufnahmefrequenz aus, also 16 kHz
und der maximalen CD-Dynamik von 16 b, dann kommen wir auf 16 b *
32000 1/s = 512000 b/s, also 512 kb/s pro Kanal, also das Doppelte,
wenn wir über Stereo sprechen. Exakter geht es nicht und es ist
hilfreich, das mal mit dem Datenstrom von der CD zu vergleichen.

Christopher hat gesagt…

Die CD hat eine Abtastrate von ein wenig mehr als 44 kHz, es wird also
alle 1/44100 s ein Amplitudenwert gespeichert, womit wir
Maximalfrequenzen von 22 kHz reproduzieren können. Historisch wissen
wir aber, daß in der Aufnahme Frequenzen oberhalb 16 kHz, eher 12 kHz
gar nicht vorkommen können, obwohl sie natürlich von den Instrumenten
produziert wurden. D.h., daß von dem Datenstrom der CD von 1411,2
kb/s, wegen 2 * 16 b * 44100 1/s, der hochfrequente Anteil von 16 kHz
bis 22 kHz "leer" sein sollte. Wenn er es doch nicht ist, dann gehört
das trotzdem nicht in die Aufnahme rein sondern wurde nachträglich
irgenwie hinzugefügt, sei es durch falsche Rekonstruktion oder durch
Artefakte. 2 * 16 b * (22 - 16) 1/s = 192 kb/s sind also schon
Schrott. Usw usw.

In meinem Rechenbeispiel mit einer Mono-Aufnahme und 12 kHz
Maximalfrequenz kam ich auf einen Datenstrom von 1 * 16 b * 24000 1/s
= 384 kb/s, fast schon maximale mp3-Datenrate. Mit konservativen
Annahmen bin ich schnell auf 320 kb/s, maximaler mp3-Frequenz.

Erst hier reden wir über Kompression, vorher war reine
Signaltheorie. Was ist denn überhaupt Kompression? Eine recht bekannte
Form kennen wir bspw. von Zahlen , ich kann 1 000 000 000 000 000 000
schreiben oder kürzer 1 * 10^18, was kürzer ist. Das macht
Audiokompression analog auf Binärzahlen ja auch, der Datenstrom wird
also analysiert, welche Informationsanteile redundant vorliegen und
auch "kürzer formuliert" werden können. Verlustfreie Kompression,
bspw. flac, nimmt hier überhaupt keine Information weg und nach
Dekompression ist das Signal exakt das gleiche.

Der von Dir beschriebene Latenzeffekt (und die Varianz dieser Latenz)
nach Dekompression ist zwar real da, ja, aber das ist er bei einer CD
auch, es sei denn Du bist audiophil und gibst tausende Euros für die
Analge aus. Bei einem Normal-CD-Player im Vergleich zu einem
Normalcomputer mit flac hast Du also nur einen stochastischen
Unterschied der Signale durch thermisches Rauschen usw.

Verlustbehaftete Codecs wie mp3 bspw. analysieren nun die
Frequenzdarstellung des Datenstroms und streichen bspw. Frequenzen mit
sehr geringer Amplitude, die "direkt neben" Frequenzen hoher Amplitude
liegen, aus dem Signal heraus, wobei die Annahme getroffen wird, daß
man die sowieso nicht hört, weil sie übertönt werden. So wird dann die
Zielvorgabe der Enddatenrate erreicht. Andere verlustbehaftete Codecs
machen das genauso, manche besser, manche schlechter.

Habe ich jetzt aber bspw. ein Audiosignal mit einer Maximalfrequenz
von 10 KhZ (das war ja meine Annahme mit der 12 kHz-Platte mono bei
Verschleiß), dann ist der Nutzdatenstrom der CD 16 b * 20000 1/s =
320kb/s, was exakt der Maximaldatenrate von mp3 entspricht. Enkodiere
ich also ein solches Signal auf 320kb/s mp3, streiche ich keine!
Frequenz heraus respektive nur solche mit Nullamplitude, also solche,
die gar nicht da sind. Damit habe ich gar keinen Verlust, mal
angenommen, daß die Codierkette da keine Fehler macht, auch
klar. Macht sie aber in der Realität bestimmt, ebenso klar. Mit meine
Experimente wollte ich nur schauen, ob das plausibel ist und mir
scheint es so, auch wenn ich da recht ahnungslos bin. Freue mich über
Belehrung. Das mit dieser Canaro-Aufnahme und dem Spektrum von bis zu
22kHz hatte mich sehr negativ überrascht, das ist und bleibt
berechenbarer Unfug, das konnten die damals gar nicht.

Mir geht es in dieser Skizze lediglich darum, aufzuzeigen, daß, egal
welch tolle Wiedergabe-Technologie wir einsetzen, keine einzige besser
sein kann als das Original. Und ich habe mich, ganz ehrlich, über
Hetze gegen Formate geärgert, wo vorher nicht gerechnet wurde.


Christopher

cassiel hat gesagt…

@Christopher

Vielen Dank, daß Du noch einmal geschrieben hast. Mir wäre es wichtig klarzustellen, daß hier nicht gehetzt werden soll. Sollten entsprechende Äußerungen von mir so verstanden worden sein, so bitte ich darum meine Wortwahl durch die Leidenschaft für die Thematik zu erklären.

Ich habe die Mathematik sehr bewusst in meinem Beitrag auf das Nötigste reduziert. Das soll hier keine Vorlesung in audio-eengenieering werden. Gerade deshalb finde ich es gut, daß Du das hier einmal demonstriert hast. Ich habe es leider nicht geschaft, mich bislang in das der MP3-Kompression zugrunde liegende Modell einzuarbeiten, deswegen kann ich dazu nicht viel sagen.

Meine Bedenken bei der Übertragung des Nyqist-Shannon-Theorems auf MP3 kann ich aber noch viel fundamentaler formulieren. Es geht ja nicht nur um die Grenzen der Übertragung, es geht auch darum, daß das Theorem besagt, wir können verlustfrei codieren und decodieren, dieses Signal ist (wenn wir uns innerhalb der definierten Bereiche bewegen) mit dem Ausgangssignal identisch (!). Schon allein aus diesem Grunde hilft uns das Theorem im Zusammenhang mit verlustbehafteter Kompression nicht weiter.

Du hast auch noch die hochfrequenten Anteile in verschiedenen Tango-Titeln auf CD angesprochen. Das ist in der Tat merkwürdig. Ich weiß, daß es Versuche gibt, einem Signal die Obertöne eines Röhrenverstärkers hinzuzufügen (der Crane Song Hedd 192 ist so ein Gerät). Ich habe das noch nicht gehört, deswegen kann ich auch zum Klang nichts sagen. Vielleicht wurde ein solches oder ähnliches Gerät beim Mastering verwendet.

Anonym hat gesagt…

Kleine Anmerkung (@ Christopher):
Bei der Vinyl "Schallplatte" ist das Signal-Rausch-Verhältnis ca. 12 bit. Bei den Schellack(?) Platten der 30er vermutlich noch schlechter. Das heißt, das ließe im Prinzip zusätzlichen Raum für eine Komprimierung.

cassiel hat gesagt…

@TJoerg

Jetzt habe ich Deinen Beitrag übersehen. Jetzt habe ich ihn gelesen. Gibst Du mir ein wenig Zeit?

Bis später...

Christian Tobler hat gesagt…

Teil 1 zum Thema MP3:

Danke dafür Chamuyo, dass du in Sachen MP3 Klartext sprichst. Diesen interessanten Link kannte ich noch nicht. Wer keine trainierten Ohren und/oder gute Abhöre hat, mit dem macht eine Diskussion zu diesem Thema wenig Sinn. Nicht wissen wollen, ist eine Art Grundrecht. Aber neidisch bin ich auf diese Zeitgenossen nicht. Aus meiner Sicht nehmen sie auf die Entwicklung negativen Einfluss. Und das halte ich für ein Problem.

Als DJ mit MP3 aufzulegen ist ein Unding. Dass es inzwischen 320er-MP3s gibt die ordentlich klingen, ändert daran nichts, weil unser Ohr auf die Schwächen dieser Codec beim Hören mit permanentem Stress reagiert. Neuere Umsetzungen dieses Algorithmus machen das tatsächlich besser als ältere. Aber prinzipbedingt leiden die alle an der selben Krankheit.

Das steht in keinem Zusammenhang mit der Bandbreite des Frequenzspektrums oder dem darstellbaren Dynamikumfang. Schellackaufnahmen umfassten 1926 ein Spektrum bis 6,5kHz und 1946 bis 12, bestenfalls 14kHz. Ab 1947 boten neue Schneideköpfe (das war damals das Nadelöhr der Aufnahmekette) andere Möglichkeiten und dasselbe galt ab 1948/52 für Bandgeräte, bei denen die Bandsättigung für eine Dynamikbegrenzung sorgte. Der Dynamikumfang einer Schellack beträgt 30 bis 40dB, was bereits mehr ist als eine Milonga mit ihrem Geräuschpegel aus Gesprächen und Tanzgeräuschen erträgt. Wenn der Geräuschpegel an einer Milonga rund 50dB beträgt und ein DJ mit 80dB beschallt, wird es bereits recht laut und der von Tänzern wahrnehmare Dynamikumfang beträgt lediglich 30dB. Das ist eine vereinfachte Darstellung der Fakten, weil das Ohr sehr viel potenter ist, aber keine grundsätzlich falsche. Daher ist es am DJ sicherzustellen, dass leise Passagen nicht vom Geräuschpegel verschluckt werden, indem er den Dynamikumfang situativ reduziert. Zudem treten die Schwächen des Codex in einem grossen Raum (Milonga) gur hörbar deutlicher zutage, als in einem durchschnittlichen Wohnraum, auch mit 320ern. Das Format MP3 ist obsolet – so wie auch ACC in einigen Jahren obsolet sein wird.

Christian Tobler hat gesagt…

Teil 2 zum Thema Audio-Interface:

Das mit den Hi-End-Audio-Interfaces bei DJs sehe ich etwas anders als du Cassiel. Ich berate öfter mal DJs und beobachte immer wieder den selben Fehler bei der Anschaffungen. Gekauft wird mit den Augen anstatt mit den Ohren. Ein typisches Beispiel dafür die Prosumer-Interfaces von Apogee, wie zB die Duet. Das Ding ist kein Hi-End und sicher nicht State of the Art. Aber weil deren Design konsequent auf die Laptops von Apple abgestimmt ist, muss es immer wieder diese Mittelmass-Kiste mit obskurer Kabelpeitsche und mittelmässigen Wandlern sein.

Ich erkläre DJs immer, dass sie mit beschränktem Budget einen gebrauchten Laptop kaufen sollen, ganz egal ob ein 5-jähriges Macbook oder ein 10-jähriges Thinkpad, damit sie zwei Drittel bis drei Viertel des Budgets in ein professionelles Interface investieren können und hier lieber in ein Zweitklassiges gebraucht, anstatt in ein Drittklassiges neu. Denn ein erstklassiges Interface können die meisten DJs sich gar nicht leisten. Mir geht das auch nicht anders. Warum? Weil das Interface und ganz besonders die Wandler klanglich sehr viel mehr Einfluss nehmen, als einen korrekt parametrierter Laptop, der schon einige Jahre auf dem Buckel hat.

Christian Tobler hat gesagt…

Teil 3 zum Thema Spektralanalysen:

Ich bin gespannt darauf Christopher, was deine Spektralanalysen zeigen werden, möchte jedoch auf einen zentralen Aspekt hinweisen, der von vielen Nichtprofessionals im Audiobereich oft negiert wird. Wir leben in einer optisch dominierten Welt, in der viele Menschen der Wahrnehmung der eigenen Ohren nicht mehr trauen, weil man das nicht sehen kann. Viele Menschen sind es nicht mehr gewohnt, das am präzisesten wahrnehmende Sinnesorgan ihres Körpers ohne wenn und aber einzusetzen. Sie suchen nach Krücken für das Ohr, die sie über die Augen aufnehmen können. Ich halte das für eine sensorische Verarmung mit der wir Menschen uns keinen Gefallen tun.

Mit Spektralanalysen zu argumentieren wird problematisch, sobald diese ins Zentrum der Wahrnehmung rücken und man sich bei der Entscheidungsfindung in erster Linie auf diese optisch Darstellung abstützt. Es braucht viel Erfahrung, um solche Analysen kompetent zu interpretieren. Ich habe vor dieser Aufgabe ziemlichen Respekt. Zentrales Messinstrument für Klänge kann immer nur das Ohr sein, dessen Auflösung die des Auges um den Faktor 10 übertrifft.

Spektralanalysen sind in erster Linie dazu da, zu bestätigen was das Ohr längst wahrgenommen hat, also eine Art second opinion. Aber auch ich werde mir von den neuen hochauflösenden Angeboten mittels Spektralanalyse eine zweite Meinung verschaffen, um mir bestätigen zu lassen, was meine Ohren wahrnehmen. Aber eben erst in einem zweiten Schritt. Das wird bestimmt interessant werden. Ich möchte dem hier aber nicht vorgreifen, auch weil das Thema ein Grundsätzlicheres ist. Ich habe bereits eine Hundertschaft dieser Daten auf meiner Festplatte, allerdings nur als Beta-Version.

Der Fairheit halber warte ich auf die finale Fassung, bevor ich mir ein Urteil vom Gebotenen bilde. Denn wie immer wenn es um Tonkonservenreproduktion geht, entscheidet nicht ein technisches Prinzip darüber, ob das Resultat überzeugt oder enttäuscht, sondern die konkret Umsetzung in der Praxis, bei der die Krux immer in ganz vielen Details liegt. Daher überzeugt manchmal eine rundum stimmige Umsetzung eine mittelmässigen Konzepts mehr als eine unausgewogene Umsetzung eines theoretischen überlegenen Konzepts.

Christian Tobler hat gesagt…

Teil 4 zum Thema Schellack:

Wer sich mal die Mühe gemacht hat, abzuklären mit was für einer Aufnahmekette Schellacks aufgenommen wurden, wird nie und nimmer auf die Idee kommen, die Schellack als Krücke zu bezeichnen. Natürlich hat dieses Medium wie jedes Schwächen. Aber noch reizen die meisten Restaurationen auf Red-Book-CDs diese Grenzen kaum aus. Die damalige Technik basiert auf recht puristischen Schaltungskonzepten, die heute noch Gültigkeit haben, weil die Gesetze der Physik sich in den letzen 100 Jahren zumindest im Audiobereich nicht verändert haben. Hergestellt wurden sie in kleinsten Stückzahlen, gefertigt in einer Qualität und Langlebigkeit von der sich viele Hersteller von heute mehr als nur eine Scheibe abschneiden könnten.

Ich gerne bereit, über die Qualitäten dieser Gerätschaften hier einen Disput zu führen – mit Leute die wissen welche Gerätschaften damals zum Einsatz kamen. Letztes Jahr hatte ich erstmals Gelegenheit ein Wiedergabekette zu hören, die mit Ausnahme der Quelle ausschliesslich aus Replikas von Komponenten zusammen gestellt war, welche in den Jahren 1925 bis 35 hergestellt wurden. Das Resultat dieses Hörtests war klanglich toll und damit ernüchternd, ja fast schon verstörend. Konzeptionell 80 Jahre alte Technik klingt besser als 90% der konzeptionell zeitgemässen Geräte in der selben Preisklasse. Und wir sprechen hier nicht über die Butter-und-Brot-Klasse. Da fragt man sich schon, ob es für so wenig Fortschritt in acht Jahrzehnten irgend eine vernünftige Erklärung geben kann.

Christian Tobler hat gesagt…

Teil 5 zum 80/20%-Prinzip:

Ich wäre an Milongas rundum glücklich, wenn DJs mehrheitlich in der Lage wären, mit 20% Aufwand 80% der erzielbaren Qualität zu erzielen. Leider ist es viel zu oft so, dass DJs mit 20% Aufwand es kaum schaffen 20% Qualität zu liefern. Und mehr als 20% Aufwand treiben 80% der DJs sowieso nie. Dass sie sich dessen oft nicht bewusst sind, hängt mit einer ganzen Reihe von Aspekten zusammen. Anspruch und Wissen spielen dabei eine wichtige Rolle. Aber ebenso die zentrale Frage, was die Abhöre im stillen Kämmerlein zu leisten vermag und wie gut die Klangqualität der eingesetzten Tangothek ist. Wenn diese beiden Aspekte im Argen liegen, kann ein Lernprozess des Ohrs und damit der Wahrnehmung nicht stattfinden.

Christian Tobler hat gesagt…

Teil 6 zum Thema Sorgfalt:

Das ist zwar nicht Thema dieses Threads, hat aber in der Praxis grossen Einfluss auf die Stimmung einer jeden Milonga. Wenn bereits die Quelle ein schrilles und/oder aufgedicktes Klangbild liefert, weil die Restauration nichts taugt oder der Wandler pfuscht, dann verstärkt diese Vorgabe natürlich alle negativen Ausprägungen aktiver Billigtröten, wie Beringer, JBL, Bose und Konsorten sie seit Jahren in ihren Billiglinien im Programm haben und die inzwischen an vielen Milongas die Stimmung vermiesen.

Wenn die Quelle nicht pfuscht, kann ein umsichtiger DJ in vielen Fällen auch mit den genannten Aktivtröten für halbwegs passablene Sound sorgen. Vorausgesetzt er weiss, was er tut. Vorausgesetzt er kommt so früh, dass er 30 bis 60 Minuten Zeit hat, um einen umfassenden Sound Check zu machen. Vorausgesetzt er ist in der Lage, seine Tangothek auf gehörmässig gleiche Lautstärke einzupegeln. Vorausgesetzt er ist nicht zu faul, wenigstens einmal jede Stunde durch den ganzen Raum zu gehen und dabei mit seinem Ohr zu prüfen ob immer noch alles stimmt. An zu vielen Milongas werden defekte Geräte nicht repariert oder ersetzt, ja von den Machern noch nicht mal bemerkt. Und damit, dass sich eine Milonga allmählich füllt, verändern sich die akustischen Gegebenheiten eines Raums massiv. Das bekommt man am Arbeitsplatz des DJs nicht mal dann mit, wenn dort ein abgestimmter Monitor seine Arbeit tut. Dazu muss ein DJ regelmässig seine Beine in die Hand nehmen.

Christian Tobler hat gesagt…

Teil 7 zum Thema Musikhändler:

Ich halte es nicht für konstruktiv, hier bereits jetzt über die konkreten Angebote eine bestimmten Musikhändlers eine Debatte zu führen. Zum einen ist das nicht Thema dieses Threads. Zum anderen liefert dieser Musikhändler im Moment leider lediglich eine Beta-Version seiner Daten an zahlende Käufer aus. In 14 Tagen werden die finalen Daten ausgeliefert – sagt der Musikhändler. Ich schlage vor, dass wir uns alle erst dann einen verbindlichen Eindruck verschaffen und vor allem erst dann damit beginnen, uns hier über Qualitäten und Schwächen dieses Angebots zu äussern. So viel Fairness hat jeder verdient, der die Mühe auf sich nimmt, so was im Markt anzubieten.

Es macht auch erst dann Sinn, über Sinn oder Unsinn hochauflösender Formate eine Debatte zu führen. Sonst bleibt dieser Teil der Debatte völlig theroretisch. Und Theorie kann man an keiner Milonga abspielen. Der Mann hat die Chance verdient, anhand seiner finalen Daten gemessen zu werden, falls er zum versprochenen Termin liefert. Falls er das nicht schafft, wird er vermutlich damit leben müssen, dass man sein Angebot anhand der ausgelieferten Beta-Daten beurteilt, da Käufer erst nach Kauf und Zahlung erfahren, dass sie erst mal lediglich Beta-Daten erhalten.

herzlich – Christian

Anonym hat gesagt…

Welch ein Segen ist diese Diskussion in diesem Blog! Ich verstehe zwar noch nicht die Details, aber es ist klar, dass ich noch viel lernen muss.

DANKE!!!!!

Anonym hat gesagt…

Ich bins nochmal...

Cassiel, Chamuyo und Christian: Darf ich euch fragen, wie man dahinkommt, wo ihr offensichtlich seid?

Ich würde so gerne mehr verstehen und besser auflegen.

Christopher hat gesagt…

Eine Spektralanalyse ist nichts optisches, auch wenn die meisten es
vom optischen her kennen.

Mathematisch ist das Spektrum die Fourier-Transformierte des
Audiosignals, es transformiert also das Audio-Signal, daß ja nichts
anderes ist als eine Abbildung der Zeit auf eine Schallamplitude, in
eine Frequenzdarstellung, die (schlampig formuliert) eine Abbildung
der möglichen Frequenzen auf den "Energiegehalt" der bestimmten
Frequenz am Gesamtsignal darstellt.

Ganz schlampig kriege ich danach also eine Tabelle, die sagt 1 Hz ->
5, 2 Hz -> 3, 3 Hz -> 10, usw. Daraus kann ich dann die maximale
Frequenz im Signal ablesen, ausrechnen oder was auch immer, ab wann
nämlich nur noch '0' kommt. Macht bspw. audacity. Und da kam ja ab
etwa 12 kHz nur noch '0'. Was ja auch konsistent mit der historischen
Kenntnis ist. Und wenn da kein Ton ist, weil Amplitude '0', kann auch
das beste Gehör nichts hören und wenn doch sollte der Hörer zum
Neurologen ;-)

Mit Shannon-Nyquist für die Frequenz und mit der historischen Kenntnis
der Audiodynamik, wie Christian das skiziiert hatte, kann man jetzt
ausrechnen, wie "groß" das Signal ist, das verlustfrei in Relation zur
Originalaufnahe, also vollständig ist. Reine Signaltheorie. Es ist auf
jeden Fall kleiner als das CD-Signal.

Und Shannon-Nyquist hilft weiter (@Cassiel), weil wir daraus die
"Distanz" eines komprimierten Signals zum verlustfreien Signal schätzen
können. Was letztenendes ein Informationsverlust von sagen wir einfach
mal 10% vom Hören her wirklich bedeutet, kann ich nicht sagen,
genausowenig wie ich beurteilen kann, ob diese ganzen Codecs nun
geschickt oder weniger geschickt Verluste erzeugen. Das können andere
viel besser. Ich bin bloß Informatiker und kann erklären, was digitale
Audiosignale denn nun sind, ab wann wirklicher Kompressiosverlust
tatsächlich stattfindet und über welche Größenordnungen wir hier
sprechen.

Christopher

Florian hat gesagt…

Hallo Christian,

hoffentlich verzeiht Cassiel es mir, dass ich hier mal eine Frage stelle die nichts mit dem Thema zu tun hat:

Du schreibst der DJ sollte seine Tangothek auf gehörmässig gleiche Lautstärke einpegeln. Wenn ich frühere Beiträge von dir richtig verstanden habe ist es dir wichtig deine Audiodateien möglichst sauber zum DA-Wandler zu bringen, also vermute ich mal dass du von Replaygain und ähnliches nicht viel hältst. Darf ich fragen wie du das einpegeln denn machst?

Grüsse, Florian

Christian Tobler hat gesagt…

@ Christopher,

Teil 1: An dem, was Du an mathematischen Berechnungen lieferst habe ich nullkommanichts auszusetzten. Und das Shannon/Nyquist-Theorem werde ich bestimmt nicht anzweifeln. Leider tun aber ganz viele Leute genau das, weil sie das Theorem mit seinen Schlussfolgerungen nicht verstehen. Die seit Jahren schwelende Diskussion zum Thema hochauflösende Daten ist gespickt mit solchen Verwirrungen.

Die optische Darstellung einer Spektralanalyse dagegen ist schlussendlich fast immer ausschliesslich optisch, auch wenn diese Darstellung aus mathematischen Berechnungen abgeleitet ist. Und natürlich ist toll, was damit inzwischen alles darstellbar ist. Wenn wir dabei nicht auf Tabellen mit abstrakten Zahlen zurückgreifen, benützen wir ein meist mehrfarbiges und damit hochkomplexes Diagramm, welches wir nur mit unseren Augen zu lesen vermögen. Das Diagramm ans Ohr halten bringt nichts. Natüarlich können wir aus so einem Diagramm viele Schlussfolgerungen ziehen. Aber dabei spielen wir uns schnell selbst einen Streich. Und damit ist eine Spektralanalyse als alleiniger Bewertungsmasstab unbrauchbar, zumindest dann nicht, wenn wir einen ganzheitlichen Ansatz verfolgen. In Bezug auf einzelne Details mag das anders aussehen. Aber die Fokusierung auf einzelne Details ist im Zusammenhang mit Tonkonserven immer ein heikles Unterfangen.

Ich erstelle wie gesagt selbst gelegentlich Spektralanalysen. Aber ich weiss auch ganz genau, dass ich als bestenfalls talentierter Amateur schlicht weder das Wissen noch die Erfahrung habe, um Spektralanalysen abschliessend auszuwerten. Ich bewege mich dabei leider lediglich an der Oberfläche. Nur ein Tonmeister mit langer Erfahrung und einem geschulten Gehör ist fähig, so ein Ding umfassend auszuwerten. Und auch er wird so ein Diagramm leglich als second opinon einsetzen. Und ich fürchte, Tonmeister sind wir alle die hier mitreden nicht.

Christian Tobler hat gesagt…

Teil 2: Was zB keine Spektralanalyse darstellen kann, ist das Mass an Irritation welches der MP3- aber auch der MP4-Algorithmus in unserem Gehirn provoziert. Eben weil wir nicht mit unseren Augen hören, sondern mit unseren Ohren. Die Prozesse, die dabei ablaufen können wir nicht beeinflussen. Denen sind wir ausgeliefert. Sie stammen aus einer Zeit als unser Überleben massgeblich davon abhing, ob wir bei Gefahr im Verzug (zB überlegene Horde oder Mamuth oder Naturkatastrophe im Anzug) schnell genug die Flucht ergriffen. Diese damals überlebensnotwendigen Automatismen, die teils in unserem Stammhirn stecken, ermöglichen es uns heute, bereits kleinste Fehler bei der Wiedergabe von Tonkonserven augenblicklich zuverlässig wahrzunehmen, zB Zeitfehler im Umfang von ein bis zwei Milisekunden. Allerdings immer mit dem unangenehmen Nebeneffekt, dass Wiedergabefehler in uns Stress auslöst, weil unser Organismus in Alarmbereitschaft versetzt wird, weil unser Stammhirn auf Grund der Verfälschung der Ansicht ist, dass Gefahr im Verzug ist. Und genau darin sind MP3-Algorithmen wahr Meister.

Rein rechnerisch würde 320er-MP3 vermutlich ausreichen, um sämtliche Qualitäten einer Schellackaufnahme wiederzugeben - in Bezug auf das Frequenzspektrum und den Dynamikumfang und rein theoretisch betrachtet. Das ist aber nicht relevant, weil das Hören von MP3 im dynamischen Zusammenspiel mit unserem Gehirn unseren Organismus jedesmal in Aufruhr versetzt. Wir nehmen die systemimmanenten Fehler des MP3-Algorithmus sofort wahr. Das ist das, was die Datenkomprimierung erst möglich macht. Diesen Aspekt können wir aus keiner Spektralanalyse herauslesen. Kurzum, das Ohr und seine Vernetzung mit dem Gehirn lässt sich durch nichts ersetzen, schon gar nicht durch eine Spektralanalyse. Daran ändert auch nichts, dass inzwischen eine ganze Generation von Hörern herangewachsen ist, die nie etwas anderes gekannt hat, als MP3-Stress tagein tagaus. Vielen dieser Menschen fehlt vermutlich etwas, wenn ihr Organismus beim Hören nicht in Aufruhr versetzt wird. MP3-Liebhaber sind daher so was wie Audio-Junkies, abhängig von destruktiven Prozessen.

Ich möchte wie gesagt die Diskussion darüber ob für die Aufnahmen der Gran Orquestas der Epoca de Oro eine Red-Book-CD ausreicht hier noch nicht jetzt führen, weil ich das unfair fände. Obwohl ich natürlich genauso ungeduldig darauf warte, diese äusserst spannende Diskussion zu führen. Bitte gebt den Anbietern, die angekündig haben, in den nächsten Wochen und Monaten mit hochauflösenden Restauration auf den Markt zu kommen eine Chance. Theorie und Praxis sind immer zwei Paar Schuhe. Hört euch an, was diesen neuen Anbieter an Klangqualität liefern, bevor ihr bereits jetzt ein Verdikt sprecht, auch wenn das im Moment mehrheitlich theoretischer Natur wäre.

herzlich – Christian

TJoerg hat gesagt…

Hier wird von 10 - 14 Khz gesprochen. Was sagt denn das aus? Eine genaue Begrenzung des Frequenzganges wird meines Wissens nach nur im digitalen Bereich vorgenommen. Im Analogen Bereich wird die Grenzfrequenz an einem Punkt ermittelt, an dem die Amplitude einen bestimmten Wert unterschreitet. Das heisst lange noch nicht, dass dann nichts mehr kommt und bis wohin es weitergeht...

cassiel hat gesagt…

Ich kann mich nur kurz zwischendurch melden. Ich habe jetzt die neuen Beiträge überflogen. Vielen Dank! Ich hoffe, ich komme am Wochenende dazu, intensiv zu lesen. Ich muss leider ab und zu auch arbeiten und ich habe privaten Kontakt zu mehreren Leserinnen und Lesern in Facebook und per Mail.

Ich würde mich sehr freuen, wenn diejenigen, die sich privat an mich gewendet haben, den Mut fänden, hier auch öffentlich an der Diskussion teilzunehmen. Ich schätze den sachlich-fairen Umgang der in dieser Diskussion deutlich wird gerade sehr.

@Florian
Deine Frage lässt sich schnell beantworten. Ich habe mit iVolume experimentiert und gerade arbeite ich mit einer Hardwarelösung uns dem Bereich der digitalen Rundfunktechnik. Da gibt es eine sog. AGC-Funktion (Automatic Gain Control). Ich habe da noch zu wenig Erfahrungen um letztendlich zu beurteilen, welchen Weg ich favorisiere.

Für alle anderen offenen Fragen bitte ich noch um etwas Geduld.

Abschließend möchte ich mich bei allen für die sachliche Diskussion bedanken und ein schönes Eochenende wünschen...

Anonym hat gesagt…

@Tjoerg,

Frequenzgang meist mit -3db Abfall Angaben.
Aber bei den Milongabsuchern, da meist älter, dürfte diese Frequenz schon viel zu hoch sein.
Wenn man alles ganz genau nehmen würde, dürfte man nur Analog aufnehmen und wiedergeben,da die Oberwellen vieler Instrumente nicht bei 14 Khz aufhören.
Die Oberwellen machen den Klang eines Instrumentes aus, nicht der Grundton. Wie weit werden aber Oberwellen beim Digitalisieren mitgenommen, jede Digitalisierung wird zu einer Verfremdung.
So gesehen wäre nur Live legitim, aber viele mögen meist eher die Konserve, auch MP3.

Gruesse Bernd

TJoerg hat gesagt…

Danke Bernd!
Genau darauf wollte ich hinaus (Obertöne)!
Keiner weiß also ob die hochfrequenten Anteile in den Schelllack-Transfers Musikanteile oder Rauschen sind.
Leider gibt es noch keinen Rauschfilter, der das sicher unterscheiden kann!
Was ich aber sehr wohl weiß ist, dass die Musik brillanter und reicher klingt, wenn man diese Bereiche nicht einfach komplett abschneidet, sondern allenfalls absenkt.
Grüße,
Jörg

Harms hat gesagt…

Hallo zusammen,
ich bin gerade zufällig über diesen recht unterhaltsamen Blog gestolpert und ich muss sagen, die Klangqualität ist für mich in der Tat ein wichtiger Punkt in einer Milonga, ob ich mich dort wohlfühlen kann oder nicht. Die Ernsthaftigkeit dieser Diskussion hat mich dann doch bewogen, diesen Kommentar zu schreiben.
Ich oute mich hier mal als ProAudio-Mensch (Dipl. Tonmeister) und begeisterter Tangotänzer.
Was Cassiel hier beschreibt ist in sehr gut zusammengefasst und trifft den technischen Sachverhalt ziemlich genau.
Der Sinn oder Unsinn von Klangrestaurierungen ist nicht so leicht zu beantworten. Sinnvoll ist der Aufwand natürlich nur, wenn es auch was zu restaurieren gibt. Ist die Aufnahme einfach Schrott, mit Knaxen und Rauschen, dann kommt - günstigstenfalls - Schrott, eben ohen Knaxen und Rauschen raus... Es ist aus kulinarischer Sicht sehr die Frage, ob man wirklich so genau hören will, wie schlecht die Originalaufnahme tatsächlich ist. (shit in - shit out, wie der Informatiker sagt ;-) )
Manchmal machen aber ausgerechnet diese Nebengeräusche eine solche Aufnahme gerade noch erträglich. Das hat etwas mit der unglaublichen Eigenschaft unseres Gehirns zu tun, im Klangmaterial nicht enthaltene, aber plausible Tonbestandteile als "gerade vom Rauschen verdeckt" aber bestimmt "vorhanden" zu denken. D.h. unser Gehirn ergänzt beim Hörvorgang physisch nicht vorhandene Klanganteile, die nur gerade wegen des momentanen Nebengeräusches nicht zu hören sein, auf die es aber hörpsychologisch reagiert, als wären sie da. Evolutionsgeschichtlich betrachtet ist das die „eingebaute Restaurationsfunktion“ des Gehirns mit dem Sinn, aus jedem noch so überlagerten Signal (Windrauschen, etc.) das Maximum an u. U. überlebenswichtiger Information („… da schleicht sich doch was an…“) herauszuholen.
Geht man jetzt mit rein technischen Zielen an eine „Klangrestauration“ heran, dann tappt man in die Falle, dass jetzt zwar die Störgeräusche nahezu verschwunden sind, aber dadurch die - nennen wir es mal: Lücken in der Klanginformation (zeitlich wie spektral) nicht mehr zu ignorieren sind. Es wird einfach zu deutlich, was NICHT da ist, als daß das Gehirn noch die Chance hätte mit seiner klanglichen Imaginationskraft diese Lücken zu füllen ( Die Illusion nach dem Motto: „hab ich zwar nicht gehört, muss aber doch bestimmt da sein“ ist leider zweifelsfrei zerstört…).
Von daher ist eine klangliche Restauration immer ein musikalisch gestalterischer Vorgang, der mit entsprechender inhaltlicher Kenntnis verbunden sein muss. Die trickreiche Bedienung der dazu notwendigen, übrigens durchaus sehr anspruchsvollen Technik, ist dafür lediglich ein Werkzeug.
(Teil 2 folgt... )

Harms hat gesagt…

(Teil 2...)
Entscheidend sind aber der Höreindruck und die musikstilistisch kompetente Bewertung dessen, was da am Ende herauskommt… und ja, das ist aufwändig und teuer, sehr teuer. Denn es kostet viele Stunden hochqualifizierten Personals mit absoluter top-Technik. Zu glauben, man könne hier mit 200,-Euro - „super toll ich restaurier das mal automatisch“ -Software auch nur ein ansatzweise befriedigendes Ergebnis erzielen ist leider völlige Illusion.
Ist es für den engagierten DJ sinnvoll, auf solche Aufnahmen für eine Milonga zurückzugreifen? Das hängt davon ab, wie intelligent diese Bearbeitungen durchgeführt worden sind. Dazu muss man das Material anhören, und wenn es Spass macht, die Aufnahmen so zu hören, man Lust bekommt, sofort loszutanzen - warum nicht? Wenn das unbearbeitete Originalmaterial mehr Tanzlust verbreitet, tja, wofür dann extra Geld ausgeben???
Das gleiche gilt für Formatfragen. CD-Qualität reicht eigentlich immer. Aller höher auflösenden Formate stören nicht unbedingt, bringen unter Beschallungsgesichtspunkten in einer Milonga aber keinerlei Vorteil. (16bit bei 44,1 oder 48kHz ist vernünftig. Alles darüber hinaus braucht man zu diesem Zweck nicht wirklich)
Spannend ist die Überlegung zu MP3. Man kann mit entsprechendem Masteringaufwand auch mit einem hochauflösenden MP3-File (bei stereo mindestens 192kBit/s und mindestens 44,1kHz Samplerate) ein überzeugendes Klangergebnis bekommen. Im direkten A-B Vergleich bleibt zwar immer ein Unterschied zum unkomprimierten Format (CD, WAV, aiff), der für den geübten Hörer ziemlich sicher auszumachen ist. Die Frage, um die es dabei aber eigentlich geht ist: stört mich das - oder nicht?
Wer hier sicher gehen will, also professionell als DJ arbeiten möchte, vermeidet einfach weitestgehend alle komprimierden Formate. Wirklich wichtig ist aber nur, dass sich die Musik beim Tanzen gut anfühlt. Wie sie dafür technisch zum Ohr gekommen ist, ist dazu völlig egal. Am Ende kommt es auf den Inhalt an, nicht auf die technische Form.
Ich finde, man sollte sich von dieser unsinnigen Diskussion „böses MP3“ gegen „total tolles 24/96“ frei machen.
Ich möchte hier gerade den DJs ausdrücklich Mut machen, nicht irgendwelchen technischen Daten, sondern ausschließlich dem musikalischen Bauchgefühl zu folgen.
Eine letzte Bitte an die DJs: verwendet doch Beschallungsanlagen, die dem, was da aus dem Mischpult kommt auch tatsächlich gewachsen sind. Klirrende, quäkende Lautsprecher mit sägendem Sound vernichten jede Milonga. Jedes DJ-Pult hat einen Bass- und Höhenregler, den man während der Milonga zur klangfarblichen Anpassung der doch sehr unterschiedlichen Aufnahmen an Raum und Anlage auch benutzen darf (eigentlich: MUSS!!!), und die Dynamik (hier ist der Lautstärkeverlauf gemeint) gehört IMMER aktiv kontrolliert. Gerade, wenn die Anlage nicht so toll, oder wie häufig, schlicht unterdimensioniert ist. ALLES ANDERE IST KÖRPERVERLETZUNG.
Der DJ-Platz gehört in den Beschallungsbereich, sonst kann der DJ ja nicht mitkriegen, wann was weh tut. Mindestens 90% der „Klangqualitätsproblematik“ spielt sich in diesem elementaren Bereich der abenteuerlichen Beschallungspraxis ab. Vor dem Hintergrund erscheint die Diskussion über Klangrestauration sehr - ähm - akademisch.
Noch mal: das wichtigste Instrument sind die OHREN, also habt unbedingt den Mut sie auch zu benutzten. Audioprofis machen das auch nicht anders.
In diesem Sinne schließe ich mich Cassiels Resümee voll und ganz an.

Herzliche Grüße,
Harms

Valentino hat gesagt…

Nach all dem technischem Klimbim von Cassiel und vieler Kommentatoren, gefielen mir Harms Aussagen sehr gut. Die wichtigsten Instrumente sind unsere Ohren. Auf die kommt es an.
(Tango)-Musik kommt durchs Ohr rein, geht durchs Herz durch bis an die Beine. So erklärte mal ein Milonguero in BA den Tango..

tangopeter hat gesagt…

Ja Harms, das isses - Körperverletzung oder besser gesagt Folter.
Das Pareto-Prinzip wirft die Frage auf, wo der Flaschenhals zu suchen ist.
Nach all den bisherigen esoterischen Höhenflügen, die in japanischer
Pseudowissenschaft mit audiophilem Bullshitbingo gipfelten, mal ein
Beispiel aus der Milongapraxis. Maximalinvasive Audioproktologie sozusagen:
Der altersschwache Crown befeuert watthungrige Noname-Discoboxen,
selbstredend ist der Gainregler bis zum Anschlag aufgedreht. Die Position
der Brüllwürfel in Ohrhöhe der Tänzer sorgt für eine angemessene Darbietung
der Old-Xing kodierten 128er MP3s. Da kommen cooles Clipping, astreine Artefakte,
dünnpfiffige Distortionen und bräsige Brummschleifen echt klasse zur Geltung.
Besonders bei der sowieso problematischen Raumakustik im 200 qm Tanzsaal
mit hohen Wänden und Holzpaneelen. Vom "DJ" , der seinen Ei-Pott mit einer
2-Euro Baumarktstrippe wacklig ins Mischpult gestöpselt hat, ist nichts zu sehen,
weil er einem Quickie im Darkroom frönt. Wenn er doch wenigstens tanzen würde...
Fast überflüssig zu erwähnen, dass die Lautsprecher die Vergewaltigung von
Angel Vargas durch die Boys von Sexteto Milonguero in die Ohren der Tänzer peitschen.
Übertrieben?
Nein. Solche "Milongas" gab, gibt es und wird es auch weiterhin geben.
Ich habe viele solcher grausamen Abende erlebt, überall in der deutschen Provinz
und vereinzelt auch in Tangometropolen. OK, nicht in Zürich und auch nicht in
Nijmegen. Ob ich gemeckert habe? Früher öfter. Heute nicht mehr. Meistens
kam die dümmliche Standardantwort von DJs und Veranstaltern: "Hey, die Leute tanzen
doch, was will man mehr?" Klar tanzen die, entweder weil sie weit gereist sind
oder noch nie weit gereist. Oder weil ihnen Tangomusik egal ist oder wasauchimmer.
Und ja, ich reise auch - seit 17 Jahren. Eine grundlegende Verbesserung kann ich
leider nicht bestätigen. Die Inseln der Seeligen sind die gleichen geblieben,
vorwiegend in einkommensnahen Landstrichen. Doch auch dort kann man wegen
der Zersplitterung der Szenen bei vielen Wannabes Pech haben. Wirklich trostlos.
EDOgarantie bei akzeptabler Soundqualität? Die bekannten Festivals, ein paar
gute Milongas. Sonntagsbraten halt. Das wars.
Die Diskussion über den Unterschied zwischen gut codierten MP3s und CDs
wirkt vor dem Hintergrund des ganz normalen Tangoalltags auf mich äusserst
befremdlich. Da gibt es absolut keinen hörbaren Unterschied. Basta.
Der Hund liegt doch ganz woanders begraben:

@harms
Eine letzte Bitte an die DJs: verwendet doch Beschallungsanlagen,
die dem, was da aus dem Mischpult kommt auch tatsächlich gewachsen sind.
@cassiel
Und dabei sitzen manche Veranstalter auf üppigen Rücklagen -
das kann ich nicht verstehen.

Diese beiden Aussagen spiegeln trefflich die Naivität oder Ignoranz gegenüber
dem ganz ordinären Milongaalltag wider. Auch wenn es für Euch Peanuts sein
mögen: Die Kohle existiert nicht, es gibt keine Rücklagen und die allerwenigsten
DJs oder was sich so dafür hält haben irgendeinen Einfluss auf die Beschallungsanlagen!
Wie denn auch? Mit der 08/15 Milonga ist kein Geld zu verdienen, wer für Qualität sorgt,
ist entweder Idealist oder gut gesponsort oder von Beruf Sohn oder...?
Was Ihr hier auf hohem Niveau diskutiert, ist gut und schön und vielleicht lehrreich,
mit dem Tangoerleben von Otto Normaltanguero hat es wenig zu tun.
Werben um Qualität ja - abgehobenes Gejammere vom Zauberberg herab nein danke.
Wirksame Bemühung um Qualität bedeutet, sich mit den Machern und denjenigen
auseinanderzusetzen, die täglich unternehmerisches Risiko tragen.
Von denen schreiben die wenigsten in Foren und Blogs...

Christian Tobler hat gesagt…

@ Florian,

Teil 1. Das ist eine einigermassen komplexe Frage, die ich unmöglich mit drei Sätzen beantworten kann. Wer sich dafür nicht interessiert, überspringt bitte meinen Kommentar dazu bitte. Für die Lösung dieses Problems gibt es vier verschiedene Wege. 1. Entweder du pegelst alle dein digitalen Daten mit dafür geeignetem Werkzeug passend ein und speicherst neu ab. 2. Oder du speicherst in den digitalen Daten einen entspechenden Wert als Tag ab, welches vom Software-Player beim Abspielen berücksichtigt wird. 3. Oder du benützt ein Werkzeug, dass den Pegel beim Abspielen auf einen einheitlichen Wert einpegelt. 4. Oder du machst das manuell, wovor ich nur abraten kann. Gain riding ist eine anstrengende Sache, die auch noch viel Zeit kostet. Ich ziehe es als DJ vor an Milongas die Tänzer zu beobachten anstatt mich pausenlos mit der Technik beschäftigt zu sein. In allen vier Fällen sollen dabei nicht Spitzenpegel herangezogen werden sondern Duchschnittspegel. In Bezug auf entsprechende Industriestandards hat sich in den letzten Jahren eine Unmenge zum Besseren gewendet. Falls dich der aktuelle Stand interessiert, schau als Einstieg mal da rein: http://tech.ebu.ch/docs/r/r128_2011_DE.pdf

Den ersten Weg bin ich bisher nie gegangen, weil das Abspeichern von Änderungen in Daten mit 16bit (Red-Book-CDs) zu einer Klangverschlechterung führt, die ich vermeiden will. Klar könnte ich meine Tangothek auf 24 bit umrechnen. Dann würde ich mit dem Abspeichern von Veränderungen des Pegels keine Klangqualität mehr verlieren. Angesichts der tiefen Festplattenpreise ist das heute nicht mehr teuer. 16bit-Daten gewandelt auf 24bit werden logischerweise nie besser klingen als die urspünglichen 16bit-Daten. Aber die an 24bit-Daten vorgenommen Manipulationen verschlechtern die Klangqualität der ursprünglichen 16bit-Daten nicht. In der 16bit-Domäne sollte man keine Audiodaten bearbeiten. Das sollte stets in der 24bit-Domäne erledigt werden. Hinterher würde ich die Daten aber nicht mehr auf 16bit runterrechnen, weil ich aus Qualitätsgründen kein weiteres mal Dithern möchte. An den meisten Restauration wurde schon mehr als genug manipuliert. Nebenbei: Es versteht sich von selbst, dass ein erneutes Abspeichern im Fall von MP3-Daten jedesmal zu einer weiteren Klangverschlechterung führt, wie bei allen verlustbehafteten Formaten. Zum Einsatz kann hier Hard- oder Software kommen, dafür gibt es digitale und analoge Lösungen.

Christian Tobler hat gesagt…

Den zweiten Weg bin ich lange gegangen, indem ich mit einem geeigneten Utility entspechende Tags kalkulieren und speichern lasse. Dabei werden die Audiodaten selbst nicht angetastet. Daher ist so was auch mit MP3 und anderen verlustbehafteten Formaten problemlos zu machen. Ich benütze auf meinem Mac iTunes als Player. Bald wird jedoch mit J River Media für Mac eine interessante Alternative auf den Markt kommen. Dieses Tagging kann in iTunes spätestens seit Version 8 ohne Bedenken verwendet werden, weil die Software Lautstärke-Anpassungen nicht mehr mittels Truncation, dem Abschneiden und Unterschlagen von Musikinformation vornimmt. Die in iTunes eingebaute Funktion zur automatischen Lautheitsanpassung halte ich für ebenso unbrauchbar wie der einegebaute Equalizer. Ich habe für die Lautheitsanpassung lange das Utility iVolume in der Version 2.5.3 verwendet.

Inzwischen gehe ich meist den dritten Weg. Ich benütze dazu den DB Max II von TC Eletronic. Dieses Gerät wurde für Radio- und TV-Stationen und zuliefernde Studios entwickelt, welche darauf angewiesen sind, bestimmte Lautheitsnormen einzuhalten, falls sie keine Scherereien bekommen wollen. Der immer noch hergestellte DB Max ist nicht ganz billig. Aber weil diese Geräte aufgrund der neuer Norm seit rund eineinhalb Jahren in Video-, Tonstudios und Sendeanlagen ersetzt werden, sind sie gebraucht oft relativ günstig zu finden.

Vom vierten Weg kann ich wie gesagt nur abraten, weil ein DJ an Milongas hoffentlich mit anderen Dingen beschäftigt ist. Allerdings gibt es eine beschränkte Anzahl an Aufnahmen der EdO, bei denen man als DJ nicht darum herum kommt, zusätzlich manuelles gain riding zu betreiben. Dazu gehören in erster Linie manche Aufnahmen der Gran Orquestas Troilo und Pugliese ab 1947/48 bei denen einzelne Passagen für eine Milonga zu leise sind. Ob diese Aufnahmen noch für Tänzer geeignet sind, darüber kann man sich natürlich streiten.

herzlich - Christian

Unknown hat gesagt…

Bei der ReplayGain (Varinte 2 von @Cristians Beitrag) findet einen Laustärkekorrektur auf den Digitalen weg. Die Daten werden zwar nicht, wie bei Variante 1, verändert, die Wirkung ist die gleiche nur zur Laufzeit. Also die Überlegungen für Variante 1 sind auch für die Variante 2 gültig und richtig, d.h. auf in diesen Fall ist eine Hochrechnen auf 24bit, stren genommen, notwendig. Auch ein analogen Regler (Variante 4 von @Christian), wie in den meisten Mischpulte vorhanden verändert, genau genommen, die Dynamik der Wiedergabe. Und ich kann nur @Cristian zustimmen - Variante 3 ist die Beste.

Für einfache Leute die Rechner ohne Obst-Sybole bevorzugen öffnet hier foobar2000 den Weg zu ReplayGain. Weiterhin kann man (sollte man) auch die Pausen zw. den einzelne Stücke kontrollieren. Ein definierter Wert ist beim Tanzen sehr angenehm. Dafür bietet foobar2000 sog Gapless-Wwiedrgabe und die Pausen kann man nach beliebe einstellen.

Anonym hat gesagt…

Ich muss mal was loswerden. Die gesamte Diskussion ist eine erfreuliche Ausnahme im Bezug auf die häufig oberflächlichen und meist seichten Erörterungen dieses Themas und anderen Themen an anderen Orten.

Um es einmal klar zu sagen: Mich kotzt das Verhalten einiger Teilnehmer regelrecht an. Da wollen Menschen mitreden, die sich nicht einmal ansatzweise bemüht haben, die Argumente nachzuvollziehen. So z.B. Valentino, der wohl noch nicht begriffen hat, daß in der goldenen Zeit zu Livemusik getanzt wurde. Oder Patrick, der meint, dass unangebrachter Sarkasmus über fehlende Sachkenntnis hinweg täuschen kann. Und dann zuletzt tangopeter. Ich weiss nicht, was Du für psycho-aktive Substanzen konsumiert hast, aber Dein Beitrag ist völlig daneben. Es geht hier wohl eher um Visionen, eine Zielvorstellung, wie die Milonga sein müsste. Allein der Umstand, dass sich viele Veranstalter einen Dreck darum scheren reicht nicht aus, um eine Diskussion für überflüssig zu erklären und das liegt vielleicht am Geld, aber nicht an dem wenigen Geld, was Veranstalter vielleicht verdienen können, sondern an überzogenen finanziellen Erwartungwen genau dieser Veranstalter.

Dieses Forum ist wohl einer der wenigen »think-tanks« im Tango im deutschsprachigen Raum. Wer inhaltlich beitragen will, der darf Bedenken formulieren, so habe ich das jedenfalls hier erlebt. Pöbeleien in einer schon wieder spiessig wirkenden Proletensprache sind hier absolut fehl am Platz.

Harms hat gesagt…

an Tangopeter und alle Interessierten:

Lieber Peter, natürlich ist mir klar daß in 99% der Milongas ungeeignete Anlagen stehen. Und über „toll Geld verdienen mit Milongas“ mache ich mir am aller wenigsten Illusionen, dazu bin ich hier vor Ort zu oft in die Veranstaltungsorganisation eingebunden und kenn die Probleme wirklich „von innen“...

Trotzdem, ich habe den Eindruck, dass wir mit der Beschallungsdiskussion am eigentlichen Kern der Audioqualitäts-Diskussion sind. Man kann – und ich mache das oft – auch mit unzureichendem Material das tun, was möglich ist. Immer vorausgesetzt, dass die Geräte technisch im Rahmen ihrer Möglichkeiten funktionieren. Viele DJs – so ist mein subjektiver Eindruck – scheinen sich aber gar nicht dafür zu interessieren, was aus den Stücken wird, wenn sie das Mischpult verlassen. (Also, das Musiksignal meine ich, nicht den DJ ;-) )

Was ich sehr häufig antreffe ist eine krasse Fehlbedienung der vorhandenen Technik, ja, ich habe teilweise sogar den Eindruck, dass die Beschäftigung mit der „schmutzigen Beschallungswirklichkeit“ geradezu abgelehnt wird. Nach dem Motto, ich suche schöne Musik raus und der Rest geht mich nichts an. Und das tut weh im Ohr.

Ich kann auch eine schwache Anlage zwingen laute Musik zu machen, sie im Grenzbereich betreiben, aber dann muss ich permanent und sehr schnell mit der Klangreglung arbeiten. Ja, das bedeutet durchaus, dass man in dem laufenden Stück die Klangregelung nachführen muss (quasi Multibandkompression von Hand). Das Mindeste, das ich erwarte, ist aber wenigstens überhaupt wahrzunehmen, dass etwas nicht gut Läuft und zumindest mit dem Pegel zu versuchen, das unangenehmste zu verhindern.

Diese grundsätzliche Achtsamkeit, diese Haltung sich verantwortlich zu fühlen und sich zu kümmern, das vermisse ich sehr oft und das wäre schon ein wichtiger erster Schritt zu mehr Hörgenuß, auch bei kleinen, eher leistungsschwachen Anlagen.

In diesem Sinne, liebe DJs, passt auf unsere Ohren auf, BITTE!

Grüße
Harms

p.s.: @ Christian: aus professioneller Sicht kann ich dir nur zustimmen, die Lautheitsaussteuerung nach EBU R128 ist z.Z. das Verfahren, was dem Ziel einer halbwegs hörgerechten Lautstärkeanpassung am nächsten kommt. Was dieses Verfahren aber nicht korrigiert sind kurzzeitige Pegelausreisser. Ausserdem versteht diese Methode prinziebbedingt nicht, ob etwas nun in Relation „leise“ oder „laut“ gemeint ist. Man kann Milongamaterial auf diese Weise gut vorbereiten. Von der Pegelkontrolle in der Beschallungssituation ist man aber auf keinen Fall dadurch entbunden, zumal hier Pegelkonzentrationen in engen Spektralbereichen auftreten können die sich durch die Abstrahleigenschaften der Lautsprecher unglücklich verstärken.

Christian Tobler hat gesagt…

@ Tangopeter,

ich kann deine Frustration über fehlendes Qualitätsbewusstsein bei Machern von Milongas verstehen. Die Situation in Zürich ist übrigens keinen Deut besser als anderswo. Zudem ist die Situation an den allermeisten Festivals genauso unerfreulich. Wenn das Gesetz den Begriff akustischer Nötigung kennen würden, wären die meisten Milonga-Betreiber und Festival-Veranstalter längst für immer aus dem Verkehr gezogen. Aber solche Argumentationen führen ganz egal wie wahr sie sind nicht zu Veränderungen zum Besseren. Solche Aussagen führen lediglich zu Polemik und das provoziert Ablehnung. Und dann bleibt alles noch länger beim Alten.

Hier eine Veränderung zu bewirken, Milonga-Macher ins Boot zu holen kostes viel Kraft und dauert Jahre. Ich kämpfe dafür schon seit Jahren. Denn die Ausreden dafür, in dieser Sache untätig zu bleiben, sind Legion. Für mich ist das aber kein Grund, den Kopf in den Sand zu stecken. Inzwischen bewegt sich ganz langsam ein klein wenig. Einige wenige Veranstalter handeln und einige sind wenigstens so weit verunsichtert, dass sie anfangen sich Gedanken über ihre PA-Technik zu machen. Ich weiss, noch sind es nicht viele. Aber ein bescheidener Anfgang ist inzwischen gemacht. Motzen bringt nichts. Du kannst nur mit guten Beispiel voran gehen und motivieren und Geduld haben.

Vermutlich sind meine Ansprüche in dieser Sache höher als Deine. Für einen Sonntagsbraten werde ich meine Beine nicht in die Hand nehmen ;-) Was ich für EdO-Aufnahmen fordere ist ein veritables Bife de Lomo. Und das wäre kurzfristig problemlos machbar: Jede erfolgreiche Milonga, die ein einziges Jahr lang darauf verzichtet, Abende mit Live-Musik anzubieten, welche fast immer mit Gewinnen aus regulären Abenden mit Musikkonserven quersubventioniert werden, hat genug Geld für die Anschaffung ausreichend guter PA-Technik. So einfach ist das. Und mit etwas Sorgfalt und jährlicher Wartung erfüllt dieses Technik problemlos 15 Jahre lang ihren Zweck. Man müsste nur handeln, anstatt zu lamentieren. Dann würde sich in kurzer Zeit viel zum Besseren verändern. Wie gesagt: Es gibt in jeder deutschspachigen Region genug Milongas, die erfolgreich genug sind, um diesen Weg wirtschalftlich gehen zu können.

herzlich – Christian

Christian Tobler hat gesagt…

@ Harms,

Stimmt, nicht mal EBU R128 löst sämtliche Lautheitsprobleme quasi automatisch. Sorry, dass ich es versäumt haben, darauf deutlich genug hinzuweisen. Jeder TJ muss ständig auf den Pegel achten und gelegentlich manuell eingreifen. Aber bereits so ein simpler DB Max II zB ist für jeden DJ eine grosse Erleichterung, weil der über 80% der Pegelausreisser selbständig verhindert. Und das ist eine grosse Hilfe.

Mein Erfahrung mit Audio-Technik in Tanzschuppen hat mich schon vor Jahren dazu bewegt, als DJ immer mit einem kleinen Rack anzureisen, welches mir erlaubt, die Kinderüberraschungs-Mischpulte an Milongas zu umgehen, und die Endstufen oder Aktivboxen direkt anzusteuern, weil das klanglich schwächste Glied diese meist schon seit Jahren nicht mehr gewarteten Mischpult-Karrikaturen sind, die zudem mittels gemeingefährlicher Verkabelung zum und vom Mischpult fast schon ein Garant für Brummschleifen und andere Kalamitäten sind. Zudem habe ich im Auto meist zwei kleine aber potente Aktivmonitore in Reserve, mit denen ich in völlig unmöglichen Situationen eine Notlösung aufbauen oder dem bestehenden PA-Setup unter die Arme greifen kann.

Dass ein DJ sich darum bemüht, aus jeder Milonga vor Ort klanglich das Bestmögliche zu machen, ist für mich selbstverständlich. Alles andere wäre unprofessionell. Seine Technik und die PA-Technik des Raumes im Griff zu haben, ist die eine Hälfte des Jobs jedes DJs. Dazu gehören schrecklich simple Dinge: Lautsprecher auf Ständern, deren Hochtöner genau auf Ohrhöhe der Tänzer ihr Unwesen treiben, entschärft man indem man sie einen halben Metern in die Höhe schraubt. Bass-Chassis, die auf Grund mangelnd Präzision aufdicken, so viele andere Klänge zudecken und das Ohr schnell ermüden, kann man im Bass-Pegel reduzieren. Hochtöner die laut und schrill trompeten und damit den Ohren Schmerzen zufügen, kann man im Hochton-Pegel reduzieren. Beides kann man oft am Lautsprecher selbst vornehmen. Und wenn ein Lautsprecher es nicht vermag, dem musikalischen Geschehen ein angemessenes Fundament zu verleihen welches die Vielfalt der Instrumente zusammenhält, dann hilft ein guter Equalizer im eigenen Rack, der es erlaubt die unter Mitten ein klein wenig zu betonen, indem man alle anderen Frequenzen etwas absenkt. Das ist alles keine Hexerei. Diese Fähigkeiten und noch viel mehr kann sich jeder DJ mit etwas Sorgfalt und Geduld selbst aneignen. Und das bringt Tänzern ganz viel.

Leider hast Du in einem Punkt recht und das ist ein gewaltiges Ärgernis: Die meisten DJs kümmern sich um all diese Aspekte überhaupt nicht. Sie sind sogar zu faul, um regelmässig durch den Raum zu gehen und zu prüfen, ob irgendwo eine akustisches Problem aufgetaucht ist. Sie bemerken defekte Chassis genausowenig wie sie es versäumen übersteuerte Elektronik im Pegel zu reduzieren. Das Ganze hat etwas erschreckend Autistisches. Allerdings verstehe ich nicht, warum Veranstalter solche DJs ein zweites mal buchen. Warum wird Pfusch von vielen Veranstaltern belohnt? Für die DJs, welche diese Hürden bereits genommen haben, ist das Thema Restaurations-Qualität dagegen ein zentraler Aspekt, der viel Raum für Verbesserung bietet – finde ich.

herzlich – Christian

tangopeter hat gesagt…

@Christian Tobler

"vermutlich sind meine Ansprüche in dieser Sache höher als Deine"

Da gebe ich Dir völlig recht. Meine Ansprüche liegen wesentlich niedriger.
Wir wünschen uns beide eine Steigerung der Qualität des Tangos durch
gute Klangqualität, wie es Cassiel eingangs formulierte.
Ich respektiere Perfektionisten wie Dich als sachkundige Referenz überaus.
Darf ich deshalb schätzen? Du möchtest 100%. Mir würden 20% reichen.
Dennoch möchte ich ganz frech paretomäßig behaupten, dass die Erfüllung meiner
bescheidenen Ansprüche 80% der hier angesprochenen Probleme lösen würde.
Ob das die Mehrheit der Milongabesucher auch so empfindet (hört),
steht auf einem anderen Blatt, denn:

"Wenn das Gesetz den Begriff akustischer Nötigung kennen würden,
wären die meisten Milonga-Betreiber und Festival-Veranstalter längst für immer
aus dem Verkehr gezogen."

Nein, ich glaube es ist eher so:
Wenn bei der Mehrheit der Milongabesucher der Wunsch nach Qualität der Musik
UND die Courage vorhanden wäre, eine Abstimmung mit den Füssen vorzunehmen,
wären diese Veranstalter aus dem Verkehr gezogen.
Sind sie aber nicht. Den meisten Tänzern reicht auch mieses Geschrebbel.
Das mag hart klingen, ich frage aber immer noch oft nach. Sie sind's zufrieden, wirklich.
Gar nicht so wenige stören sich auch nicht an Sexteto Milonguero, es ist ihnen egal.
Der Rest hat resigniert - so wie ich. Mir ist die Courage im Laufe der Jahre
abhanden gekommen. Und ich habe Verständnis für die meisten Veranstalter, deren
sonstige Arbeit ich schätze - Communitybuilding zum Beispiel. Das ermöglicht mir,
Räume zu nutzen, in denen ich schöne, sinnliche Begegnungen geniessen kann.
Wer kennt das nicht: eine wundervolle Umarmung mit einem bezaubernden Wesen
kann helfen, akustische Zumutungen erträglicher zu machen. Manchmal wenigstens.
Manchmal macht der Krach auch eine Umarmung zunichte - leider.
Und ab und zu Sonntagsbraten - doch...

Anonym hat gesagt…

http://www.youtube.com/watch?v=2VDEl9O-AXo

Was haltet ihr denn davon?

Gruesse Bernd

Anonym hat gesagt…

@Bernd Das könnte schön sein. Aber bitte nicht über die Signalkette upload-YT-download-eigener Rechner.

Da höre ich mir die Schellacks lieber im Original an, reise dem Schellack-Tango-DJ hinterher bzw. buche ihn in meine Szene. (Die Frage nach Audiodaten und Auflösung, Komprimierung etc. erübrigt sich hier) Da das nicht immer geht, tanze ich mittlerweile an ein paar wenigen Orten, an denen es günstige Umstände zugelassen haben, dass die technische Ausstattung halbwegs stimmt. Da auch das nicht immer geht, muss ich mich halt verkochter Hausmannskost begnügen.
Um den Bratenvergleich zu bemühen: Es gibt Gourmets, die fahren etliche 100km in ein Restaurant ihres Anspruches. So mache ich es bzgl. Tango. Aus 10jähriger Veranstaltersicht kenne ich Peters verzweifelte Beschreibung nur zu gut, kenne aber auch meinen eigenen steinigen Erkenntnisweg auf der Suche nach dem perfekten Klang, der sicher noch lange nicht zu Ende ist.
Thomas

Anonym hat gesagt…

Eine interessante Diskussion. Ja - auch die "esoterischen Höhenflüge, die in japanischer
Pseudowissenschaft mit audiophilem Bullshitbingo" gipfeln :-)

Ich habe in letzter Zeit immer wieder DJs nach der Software und dem verwendeten Audioformat gefragt. Bisher habe ich nur 3 gefunden, die etwas anderes als MP3 verwenden. Kann ja sein, daß sich das mit veränderten technischen Voraussetzungen ändert.

Ich selbst gehe zunehmend auf FLAC über. Allerdings muß ich zugeben, daß ich den Unterschied nicht höre und auch noch niemanden kennengelernt habe, der den Unterschied hört - egal auf welcher Anlage. Ich kenne überhaupt nur genau 4 Personen, die von sich behaupten, den Unterschied zwischen verlustbehafteten und verlustfreien Audiodateien hören zu können. Zwei davon schreiben in diesem Blog mit.

Bin ich jetzt irgendwie ein schlechter Mensch? Sollte man mich aus der Tangoszene entfernen - mich "aus dem Verkehr" ziehen? Ich setze mich - wo ich nur kann - dafür ein, für besseren Sound zu sorgen. Anlagen auszutauschen oder zu reparieren, habe oft genug das Gefühl, alleine damit dazustehen und das Gefühl, gewisse Krächz- und Schepperlautsprecher stören nur mich. Bin auch ganz begeistert, wenn ein Veranstalter sich besonders viel Mühe mit der Klangqualität gibt.

Anonym hat gesagt…

Teil 2:
Reicht das nicht? Muß ich mich dafür schämen, lieber auf eine traditionelle Milonga zu gehen, auf der der DJ MP3s auf eher mäßiger Anlage präsentiert, statt zu Neotangos und Worldmusik. Sollte ich aus Protest womöglich lieber zu Hause bleiben und einen Tangoblog schreiben und wortreich über schlechte Milongas lamentieren?

Wenn alle Leute so agieren würden, gäbe es schlicht keine oder kaum Milongas. Es mag konstruktiv sein, Idealziele zu formulieren und über die Erreichung der Ziele zu theoretisieren und zu philosophieren. Ich bin mir aber ganz sicher, daß das auch ohne Polemik und Diffamierungen geht. Ich bin mir auch ganz sicher, daß man jemanden respektieren und ein Engagement würdigen kann, auch wenn einem etwas nicht paßt oder nicht perfekt genug ist.

@Christian:
Du verpackst Respektlosigkeiten und Diffamierungen gegenüber dem Großteil aller Tangoveranstalter und DJs immer wieder sehr geschickt zwischen vielen Worten. Es mag ja sein, daß Du griffige Formulierungen magst. Aber muß das wirklich sein? Statt "MP3 aufzulegen ist ein Unding". könntest Du auch schreiben, daß Dir MP3s auf Milonga nicht gefallen. Statt "Wenn das Gesetz den Begriff akkustischer Nötigung kennen würden, wären die meisten Milonga-Betreiber und Festival-Veranstalter längst für immer aus dem Verkehr gezogen", könntest Du auch schreiben, daß Du soundtechnisch perfekte Milongas bevorzugst und andere meidest. Und das waren nicht mal die schlimmsten Zitate, die ich von Dir gelesen habe. Versuch einfach mal einen Blick auf die Tangoszene, der konstruktiv (vielleicht sogar liebevoll?) und nicht von oben herab ist.

Gruß Joh


Anonym hat gesagt…

Mich erinnert das an die fundamentalistische und anachronistisch lustige Diskussion aus den 80ern, als die Vinylplatte durch die CD abgelöst wurde. "Analog ist besser, als CD" hieß es unter "Audiophilen". Und im Detail: "Die CD mit nur 44kHz/16bit beschneidet die unbewusst wahrgenommenen Obertöne."
Da bin ich mittlerweile drüber weg. ;-) Glauben, Pseudowissenschaft und Esoterik stehen jeder sachlichen Diskussion nur im Wege. Blind-Hörtests sagen da alles.

So wie das Ohr das Knacksen und Kratzen der Schellack-"Originale" "herausfiltert", so kann es auch mit Dateiformaten umgehen, miese Lautsprecher kompensieren und trotzdem kann (und sollte!) man sich bei wundervollen Tangos mit einer tollen Partnerin verlieren.

P.S. Aber, klar: wer seine CDs heute nochmal neu "rippt", sollte wirklich nicht mehr auch Speicherplatz achten, also durchaus auf verlustfreie Formate setzen (das "dumme" WAV kann m.E. noch nicht einmal ID-Tags und ist mir zu unkomfortabel beim Auflegen).
P.P.S Lautsprecher, schlechte Quelldaten und miese Stimmung auf Milongas sind die schwächsten Glieder in der Kette. Da gilt es anzusetzen, da holt man am meisten raus, nicht bei Formaten.

Beste Grüße von DrR.

cassiel hat gesagt…

@Joh und DrR.

An dieser Stelle muss ich doch einmal höflich intervenieren. Vor drei oder vier Jahren hätte ich vermutlich genauso argumentiert, wie Ihr es hier getan habt. Mittlerweile bin ich anderer Meinung und das gab es nicht zum Nulltarif. Ich habe gelesen, gehört, probiert und nachgedacht. Ich habe sogar Versuche bei Milongas unternommen (wobei das wirklich nicht als strenger Beweis gelten kann - dessen bin ich mir durchaus bewusst).

Ich bin tatsächlich der Meinung, daß man - auch wenn man im direkten A/B-Vergleich möglicherweise zunächst keinen Unterschied hört, es trotzdem längerfristig einen erheblichen Unterschied macht, ob man MP3s oder unkomprimierte Daten spielt. Im Bezug auf verlustfreie Kompression (FLAC) bin ich mir nicht sicher, das habe ich noch nicht ausprobiert (im Artikel habe ich von meinem Pragmatismus geschrieben). Allein der billige Speicherplatz und die Möglichkeit, daß die Dekomprimierung der FLAC-Daten Last auf den Rechner bringt und deshalb u.U. Latenzen (und somit Jitter) verursachen kann reicht aus, daß ich derartige Daten nicht verwende (bzw. vorab in unkomprimierte Dateiformate konvertiere).

Ich finde Eure Wortwahl problematisch. Formulierungen wie etwa: esoterischen Höhenflüge, die in japanischer
Pseudowissenschaft mit audiophilem Bullshitbingo
oder Glauben, Pseudowissenschaft und Esoterik stehen jeder sachlichen Diskussion nur im Wege werden dem Verlauf der Diskussion nicht gerecht.

Ich halte kurzfristige A/B-Vergleiche für höchst problematisch. Da reichen schon Unterschiede in der Lautstärke von 0,2dB um das Ergebnis zu verfälschen - also müssten solche Versuche seriöserweise mit einem Osziloskop zur Kontrolle der Lautstärke gemacht werden. Chamuyo hat in seinem Kommentar ein interessantes PDF verlinkt. Das gilt es zu diskutieren und nicht mit plakativen Sprüchen einzelne Diskussionsbeiträge zu diskreditieren.

Es besteht ja immerhin rein theoretisch die Möglichkeit (ohne, daß ich Euch zu nahe treten möchte), daß Eure Wiedergabe nicht gut genug ist, um die Unterschiede hörbar bzw. erfahrbar zu machen.

Nichts für ungut...

Anonym hat gesagt…

@Joh und DrR.:
Volle Zustimmung!

Ich möchte hier mal einen Kommentar für alle Technik-Unkundigen abgeben, denen diese Diskussion sonst wohl sehr befremdlich erscheint.
Wie von Joh und DrR. erwähnt gibt es unter den "Audiophilen" extrem viel Fanatismus, Glauben, Pseudowissenschaft und Esoterik. Und jetzt erinnern viele der Beträge hier an genau das, was man auch bei anderen dieser Musikliebhabern seit Jahrzehnten liest.
Eine Diskussion mit diesen ist grundsätzlich zwecklos, die einzige Möglichkeit die bleibt, ist es sich selber aus seriösen Quellen zu informieren.

Wer sich ein wenig dafür interessiert dem empfehle ich z.B. Veröffentlichungen von "Ethan Winer", der sich seit Jahrzehnten mit viel professioneller und privater Expertise mit Audio Qualität und Mythen im Zusammenhang mit Audio Qualität auseinandersetzt:

Für einen ersten Eindruck:
http://www.ethanwiner.com/myths.html
http://www.youtube.com/watch?v=BYTlN6wjcvQ

Oder sein kürzlich erschienenes Buch, Rezension siehe hier:
http://www.sonicscoop.com/2012/06/14/infamous-myth-buster-ethan-winer-rewrites-the-audio-rulebook/


Simon

Christian Tobler hat gesagt…

@ Tangopeter,

Teil 1: Lass uns darauf kurz einen etwas genaueren Blick auf die genannten 100% werfen. 100% von was? Wovon sprechen wir hier eigentlich? Wenn damit gemeint ist, 100% von dem was machbar wäre, wenn wir heute für Restauration auf die Metallmaster von damals zugreifen könnten, dann läge heute mehr als 100% drin. Zudem sind wir bei besten Argentinischen und Japanischen Restaurationen seit über einem Jahrzehnt bei etwa 60% angelangt. Pragmatische 80% wären daher mit vertretbarem Aufwand erzielbar, weil sie gar nicht so weit entfernt sind.

Allerdings bin ich mit Harms einig darüber, dass eine konsequente Umsetzung dessen so aufwändig und damit teuer wird, dass es heute leider kaum möglich ist, diese Kosten plus einen angemessenen Gewinn im Nischenmarkt Tango Argentino in einem finanzierbaren Zeitrahmen wieder einzunehmen. Die neusten Zahlen der Musikbranche lassen allerdings hoffen. Deren Umsätze steigen seit langer Zeit erstmals wieder. Ein kleiner Eckwert zu den Kosten für so ein Unterfangen: ein Raum mit akustischer Optimierung und Technik für Restaurationen auf diesem Niveau kostet eher Euro 200'000 als 100'000. Und damit ist noch keine einzige Arbeitsstunde für einen erfahrenen Tonmeister bezahlt, der sich auf Restauration spezialisiert hat.

Aber Deine 20% lassen sich längst problemlos toppen. Voraussetzung ist, dass der DJ Technik einsetzt, die dem Quellmaterial gewachsen ist und beste vorhandene Restaurationen einsetzt, wie sie schon seit Jahren auf dem Markt sind, allerdings zu einem zu grossen Teil vergriffen sind.

Weil die meisten heutigen PA-Anlagen der unteren Preisklasse für elektronisch generierte Musik optimiert sind, dicken die den Bass auf und geben die Höhen schrill wieder. Die Dinger wollen in den ersten Sekunden Eindruck schinden, anstatt Musik zu machen, damit sie sich gut verkaufen – hier geht es einzig und allein um Marketing, nicht um Musik. Aber genau dort wo jede Aufnahme mit akustischen Instrumenten am heftigsten auf Schwächen reagiert, in den Mitten, haben diese Tröten eklatante Schwächen. Diese Auslegung bewirkt im Bass, dass die Ohren ganz schnell ermüden und in den Höhen, dass der Geräuschpegel von Schellacks verstärkt wird. Daran sind allerdings auch die Endstufen dieser Kisten massgeblich beteiligt, welche die mit ihnen verbundenen Chassis nicht zu kontrollieren vermögen.

Christian Tobler hat gesagt…

Teil 2: Viele DJs tendieren daher dazu, zweitklassige Restaurationen einzusetzen, bei denen so viel gefiltert wurde, dass eine zentraler Teil der Musikinformation bereits über die Klinge springen musste. Erst dann sind keine Laufgeräusche der Schellack mehr zu hören und damit können sie natürlich nicht mehr verstärkt werden. Aber damit wird das Kind mit dem Bad ausgeschüttet –  man beraubt die Musik ihrer akustischen Seele: Instrumente klingen dünn wie Papier, der Kontrabass ist kaum noch zu hören, die Raumreflektionen des Aufnahmeraums sind völlig weggefiltert, der Resonanzboden des Konzertflügels ist nicht mehr da und die Geigen klingen so schrill und körperlos, dass es schmerzt. Aber am meisten leiden die Sänger unter dieser Barabarei. Stimmen verlieren ihr Fundament und damit ihre Fülle und ganz besonders ihr Timbre und klingen dermassen metallisch, dass jedes Ohr eine Grimasse schneiden muss. Kein Wunder, dass manche Tänzer nicht gerne zu vokalen Aufnahmen der EdO tanzen.

Viele DJs reagieren also auf technische Defizite mit einer weiteren Verschlimmbesserung anstatt aus der Sitution das Bestmögliche zu machen. Mit DJ- und PA-Technik, die den Qualitäten der alten Aufnahem gewachsen sind, würde der Wunsch eine solche akustischen Sackgasse zu beschreiten gar nicht auftauchen. Natürlich wird das Resultat dieser Hilflosigkeit von Tänzern zu Unrecht den Aufnahmen von damals angelastet. Aber die wissen es nicht besser, vertrauen auf die Fachkompetenz ihrer DJs. Dieser Irrtum ist inzwischen leider so tief in den Köpfen vieler Tänzer verankert, dass man ihn dort mit einem Nierensteinzertrümmerer puverisieren müsste.

Wenn wir heute Zugriff auf die Metallmaster hätten – die bei RCA-Victor geschreddert wurden, bei Odeon hat sich bis heute nicht klären lassen ob die Master noch vorhanden sind – könnten wir zwecks optimaler Restauration brandneue Schellacks pressen, unter Umständen mit Vinyl, was die Laufgeräusche markant reduzieren würde, unter anderem weil Schellacks schmirgelnde Komponenten beigemischt wurden, damit die von vielen Consumern verwendete Metallnadel während des Abspielens ständig nachgeschärft wurde. Es versteht sich sich von selbst, dass dieser Prozess Lärm verursacht, welcher der Wiedergabequalität abträglich ist.

Christian Tobler hat gesagt…

Teil 3: Aber warum 120%? Weil wir heute problemlos in der Lage wären gewisse Schwächen der damaligen Aufnahmetechnik während der Restauration in der digitalen Domäne zum Teil herauszurechnen. Ein Beispiel dazu: RCA-Victor hat zwischen 1926 und etwa 1946 für Consumer-Schellacks hauptsächlich ein Schneidekopfmodell verwendet, welches mit den Jahren natürlich stetig verbessert wurde, zum einen vom Hersteller und zum anderen von Tonmeistern. Dieser Schneidekopf ist mit einer mechanischen Rückkoppelung ausgestattet. Eigentlich eine tolle Sache. Aber jede Konstruktion hat Schwächen. In diesem Fall wird in einem Frezquenzband das Musiksignal verzögert auf den Scheidekopf zurückgeworfen, was den Klang dieser Aufnahmen unnötig dumpf macht. So was liesse sich heute mittels reverse engineering grösstenteils beheben. Und das ist nur ein Beispiel für die erzielbaren 120%.

Sonntagsbraten? Ich weiss nicht. Diese alten Aufnahmen wurden defintiv a la minute zubereitet und mit Rafinesse angerichtet. Das wird klar, sobald man weiss, was genau damals an Technik zum Einsatz kam. Daher scheint mir ein Schmorrezept mit drei Stunden in der Röhre in diesem konkreten Fall einfach kein passender Weg zu sein ;-)

Und noch eins: ich mag alles mögliche sein. Aber ganz sicher bin ich kein Perfektionist. Ich gehe an solche Aufgaben immer sehr pragmatisch heran und schaue mir an was möglich ist, bevor ich loslege. Nur manchmal lege ich dann eine oder zwei Extratouren ein, um Probleme zu lösen die mit moderatem Aufwand beseitigen werden können. Mehr ist nicht. Aber das bringt klanglich unglaublich viel. Ich wäre mit pragmatischen 80% für die nächsten zehn Jahre rundum glücklich. Und mit dem heute möglichen 60% kann ich auch leben, bis die 80% erreicht sind. Perfektionisten ticken anders.

Schick deine Resignation in Rente. Oder noch besser spühl sie runter. Tänzer können nicht beurteilen, ob sie mit Schrammelwiedergabe (nicht Schrammelmusik!) heutiger Geiz-Geil-Technik zufrieden sind, solange sie nicht die Möglichkeit geboten bekommen, während sechs Monate immer wieder vergleichen zu können, ob sie 60% den heute weitherum verbreiteten 30% tatsächlich vorziehen. Und ja, nicht jeder DJ vermag diese 30% umzusetzen, leider.

herzlich – Christian

Christian Tobler hat gesagt…

@ Joh,

mein Aussage zu MP3: Für die Beschallung grosser Räume ist MP3 (MPEG Audio Layer III) völlig ungeeignet und daheim tut man sich damit auch keinen Gefallen, falls man den Mut hat hin- anstatt wegzuhören. Und natürlich sind dafür kurze A/B-Vergleiche ungeeignet. Zu diesen Aussagen stehe ich und Gründe dahinter habe ich in diesem Blog mehrfach genannt – detailiert. Ich lasse es also nicht bei Behauptungen bewenden.

MP3, entwickelt für das damals sehr schmalbandige Internet und erste MP3-Player, existiert seit 1995. Als Ersatz für das seit über einem Jahrzehnt veraltete MP3 gibt es seit 1997(!) die Neuentwicklung ACC (Advanced Audio Coding), auch M4A, (seit 2004 auch Lossless/ALAC) genannt. Und an Nachfolgeformaten für das seit 2007 zur Verfügung stehende verlustfreie FLAC wird natürlich auch längst gearbeitet. All diesen Formaten ist gemeinsam, dass sie hörbar weniger Musikinformationen enthalten, als eine banale Red-Book-CD (mit Ausnahme von FLAC) und dass sie jedesmal kurzfristig von neuen Formaten abgelöst werden – warum wohl.

Warum sollte ein Musikliebhaber sich einen dieser Eintagsfliegen antun? Es ist Fakt, dass bereits so was Banales wie das Umrechnen bestehender PCM-Daten in andere Bandbreiten und/oder Abtastraten mit dem in Tonstudios häufig eingesetzten Quasistandard Pro Tools oder vergleichbaren akustischen Taschenmessern mit 135 Klingen klanglich unbefriedigend ist. Sorgfältig arbeitende Tonmeister setzen dafür längst Software von Weiss ein, deren Algorithmus einzig und allein für diese Aufgabe optimiert wurde. Angesichts dieser Tatsache irgend einen Codec oder gar den obsoletesten zu verwenden, weil keine Unterschied hörbar sein sollen, ist astreines Vogel-Strauss-Gebaren.

Wenn du MP3 so toll findest, dann lass doch mal hören, was an diesem Akgorithmus technisch aber auch musikalisch im Detail so toll sein soll und warum du diesen digitalen Dinosaurier seinen Nachfolgern, aber auch verlustfreien Formaten vorziehst, zumal bei den unter DJ kursierenden MP3-Raubsammlungen meist unmöglich zu klären ist, ob für deren Enkodieren eine gute Implementierung von MP3 eingesetzt wurde.

Betreffend Respektlosigkeit und Diffamierung reisst du einen Satz von mir zu Veranstaltern aus dem Kontext und drehst mir damit die Wort im Mund herum. Es ist nicht nötig, darauf zu reagieren. Aufmerksame Leser durchschauen solche Polemik ganz von allein.

herzlich – Christian

Simon hat gesagt…

@Joh und DrR.:
Volle Zustimmung!

Ich möchte hier mal einen Kommentar für alle Technik-Unkundigen abgeben, denen diese Diskussion sonst wohl sehr befremdlich erscheint.
Wie von Joh und DrR. erwähnt gibt es unter den "Audiophilen" extrem viel Fanatismus, Glauben, Pseudowissenschaft und Esoterik. Und jetzt erinnern viele der Beträge hier an genau das, was man auch bei anderen dieser Musikliebhabern seit Jahrzehnten liest.
Eine Diskussion mit diesen ist grundsätzlich zwecklos, die einzige Möglichkeit die bleibt, ist es sich selber aus seriösen Quellen zu informieren.

Wer sich ein wenig dafür interessiert dem empfehle ich z.B. Veröffentlichungen von "Ethan Winer", der sich seit Jahrzehnten mit viel professioneller und privater Expertise mit Audio Qualität und Mythen im Zusammenhang mit Audio Qualität auseinandersetzt:

Für einen ersten Eindruck:
http://www.ethanwiner.com/myths.html
http://www.youtube.com/watch?v=BYTlN6wjcvQ

Oder sein kürzlich erschienenes Buch, Rezension siehe hier:
http://www.sonicscoop.com/2012/06/14/infamous-myth-buster-ethan-winer-rewrites-the-audio-rulebook/

Simon

Anonym hat gesagt…

@Christian

Nein. Toll finde ich MP3 nicht. Wenn ich etwas toll fand, dann war das Ogg-Vorbis und ich bin zu FLAC übergegangen aus nachvollziehbaren Gründen, die ja u.a. auch Du gut darstellst. Aber es gibt keinen Grund zur Aufgeregtheit oder jetzt auf einen Schlag meine gesamte CD-Sammlung neu zu rippen. Das mache ich in Ruhe nach und nach. Erst recht gibt es keinen Grund, Tango-DJs zu verdammen, die MP3 verwenden oder MP3s zu scheuen, wie der Papst Kondome.

Was MP3 halt auch ist, ist eine Revolution in unserem Umgang mit Musik - ähnlich wie Wikipedia unseren Umgang mit Wissen verändert hat. Musik ist heute frei verfügbar. Ich kann, wenn ich auf einer Milonga einen mir unbekannten Tango höre mit Nachfrage oder ein paar Textfetzen zu Hause das richtige Stück finden und problemlos nachhören, ob es auch die Version ist, die ich suche. Ich kann mich kostenlos (übrigens völlig legal - nix Raubkopie) in ein Orchester einhören. Ich kann auch Stücke einbringen, die oft nur als MP3 zu kriegen sind. Warum sollte ich darauf verzichten? Aus fundamentalistischen Erwägungen? Ich war mal katholisch - vom Fundamentalismus habe ich ehrlich gesagt genug.

Was Deine Polemik angeht und die von mir genannten Zitate (ich hab ja gesagt, es gab schon schlimmere): Mir geht es lediglich darum, Dich zu bitten, Deine Formulierungen etwas konstruktiver und respektvoller gegenüber der Tangoszene zu wählen.

Gruß Joh

tangopeter hat gesagt…

@cassiel
"Chamuyo hat in seinem Kommentar ein interessantes PDF verlinkt.
Das gilt es zu diskutieren und nicht mit plakativen Sprüchen einzelne
Diskussionsbeiträge zu diskreditieren."

Interessant ist das PDF...
Ja, ich finde auch, dass es Wirkungen von Tönen gibt, die ich nicht höre, nicht direkt
empfinde. Aber sie machen etwas mit mir, was ich erstmal nicht exakt beschreiben kann.
Aber sonst? Der Inhalt beleidigt jede wissenschaftliche Herangehensweise,
die als seriös gelten könnte. Zugegeben, auch ich falle zuweilen auf Stümper, Blender,
Trickser und Ideologen herein. Menschlich, wenn man wissenschaftlich anmutendes
Material nur selektiv überfliegt und dankbar für Bestätigung von vermeintlichen Experten ist.
Doch immerhin - allein in den drei dürren Schlussätzen

"In addition, the compression rate of MP3 encoding is one of the
factors to affect the results of experiment. We think it will be
necessary to study in consideration for these matters. And we
also think it is necessary to consider why such results were
obtained, in future."
(Oh, hoppla - da haben wir aber was ganz wichtiges vergessen. Macht aber nix,
da sollten wir eben in Zukunft mal nachforschen. [falls jemand dafür zahlt])

erschliesst sich dem gesunden Menschenverstand der Stellenwert
dieser absurden Veröffentlichung, deren Heranziehung eine ernsthafte
Diskussion über Klangqualität beim Tango diskreditiert.
Ergänzend dazu ein Link einer angesehenen Bloggerin, die sich mit der
World Academy of Science auseinandergesetzt hat:
http://copy-shake-paste.blogspot.de/2012/06/turkish-mock-conferences.html

@joh
[...]gibt es keinen Grund, Tango-DJs zu verdammen,
die MP3 verwenden oder MP3s zu scheuen, wie der Papst Kondome.

Danke für den plakativen Spruch, auch wenn Dir jetzt das audiophile Fegefeuer droht!

cassiel hat gesagt…

@Simon

Ich habe gerade wieder zwei Kommentare von Dir aus dem SPAM-filter gefischt. Komisch, warum daß immer bei Dir passiert. Darf ich fragen, mit welchem Browser/Betriebssystem Du arbeitest? Ich habe den Verdacht, daß Google annimmt, Deine Beiträge würden durch einen Bot beigesteuert.

Sorry für die Unannehmlichkeiten.

c.

Anonym hat gesagt…

@ cassiel: Linux + Firefox

Chris hat gesagt…
Dieser Kommentar wurde vom Autor entfernt.
Chris hat gesagt…

Anonym wrote:

"ich den Unterschied nicht höre ... Ich kenne überhaupt nur genau 4 Personen, die von sich behaupten, den Unterschied zwischen verlustbehafteten und verlustfreien Audiodateien hören zu können."

We should not be surprised if many people who can hear the difference between lossy and lossless choose not make such a claim to someone who cannot.

To any beginner DJ here who has an open mind on this subject, I say please consider that some people have more sensitive hearing than others... and possibly than you (or I). This is not a problem if you use lossless e.g. FLAC because you will then be sure satisfy those who hear the difference. But this might be a problem if instead you choose to use lossy e.g. MP3.

cassiel hat gesagt…

@Simon

Was schickst DU denn für einen USER-AGENT string? Oder kann es an Deiner IP liegen? Ich finde es schade, daß Deine Beiträge nicht sofort online gehen (außerdem ist es ein wenig mühsam).

Vielen Dank für die Mühen...

Chris hat gesagt…
Dieser Kommentar wurde vom Autor entfernt.
Chris hat gesagt…

Anonym wrote:

"das "dumme" WAV kann m.E. noch nicht einmal ID-Tags"

Dumb WAV files may easily be given ID tags e.g. see this article.

Anonym hat gesagt…

@ cassiel:
Mozilla/5.0 (X11; Linux x86_64; rv:10.0.12) Gecko/20100101 Firefox/10.0.12 Iceweasel/10.0.12

Außerdem verwende ich das noscript-plugin, ansonsten kann ich mir nicht vorstellen woran es liegen könnte.

Christopher hat gesagt…

Hallo,

Weil jetzt schon mehrfach die Frage der Latenz mit FLAC (aus meiner
Sicht unkundig) aufgekommen ist, möchte ich nochmal was rein zur
Technik der ganzen analog-digital-Wandlung (und hier vor allem zurück)
sagen:

Es gibt immer Latenz (was eigentlich egal ist, dann kommt der Klang
halt immer 0.2 s später, so what?) und immer Varianz in der Latenz
(jitter, das ist dann problematisch und stört). Warum? Es ist
eingentlich einfach: Immer dann, wenn ein digitales Signal verarbeitet
wird, werden Daten bewegt und ggf. umgerechnet.

Die algorithmische Berechnung kann in Hardware (hier Soundkarte) und
Software (Treiber, Codec) erfolgen. Alle diese Berechnungen schließen
nicht in deterministischer Zeit ab, sondern hängen von einer Menge
Faktoren ab, die sich über die Zeit ändern, was zu veränderlicher
Latenz führt. Bei jeder Digital-Analog-Wandlung, also auch bei wav.

FLAC ist nun, wie wav, eine absolut verlustfreie Reproduktion, aber
komprimiert, also das exakt gleiche, nur "knapper formuliert", wenn
man das mal anschaulich erklären will. Aus der kanppen Formulierung
heraus ist es nur algorithmisch aufwendiger, das Signal zu erzeugen
(das Signal ist aber, nochmal, in beiden Fällen exakt gleich).

Zwar stimmt prinzipiell, das aufwendigere Algorithmik nicht nur mehr
Zeit zur Berechnung braucht, sondern oft auch eine höhere Varianz in
der Berechnungszeit aufweist, also wohl i.d.R. mehr jitter
verursacht. Ab wann man dieses Jitter nun hört oder nicht, weiß ich
nicht, ich habs noch nie wahrgenommen, da müssen die Ton-Ingenieure
was zu sagen. Es liegt auf der Hand, daß wenn die Latenz insgesamt
sehr gering ist (starke hardware), die Varianz der Latenz auch klein
wird.

Wichtig zu verstehen ist aber, daß Latenz aber nicht nur bei der
Transformation von Daten (der Berechnung) auftritt, sondern auch, wenn
Daten bewegt werden. Diese Latenz und auch die Varianz wird größer, je
mehr Daten bewegt werden - dies ist der Fall, wenn unkomprimierte
Formate verwendet werden.

Im Übrigen passiert exakt dasselbe auch! im CD-Player, auch der hat
Latenz und Jitter, denn auch dort wird digital-analog
gewandelt. Audio-Hardware für Audiophile addressiert genau das (und
ist fürchterlich teuer).

Wenn wir nun also verlusftreie unkomprimierte Formate (wav) mit
verlustfreien komprimierten (flac) vergleichen, sollte man wissen, daß
die erste Klasse geringe Rechenlatenz, aber höhere
Datenbewegungslatenz haben wird und letztere halt umgekehrt. Es sind
Hard- und Softwarekonfigurationen denkbar, wo wav geringeren jitter
aufweist als flac, andere, wo beide gleichauf liegen und wiederum
andere, wo flac gewinnt.

Wie die "übliche" Konsumenten-Hardware sich hier verhält, kann ich
beim besten Willen nicht seriös abschätzen, weil die Systeme so
heterogen und fragmentiert sind, daß das alles Kaffeesatzleserei ist,
weil Hardware und Software (besonders Treiber) so billig und schlecht
zusammengeschustert sind, daß man sich eigentlich schämen müßte, wenns
nicht alle so machten und umgekehrt keiner den Preis für seriöse
IT-Ausstattung berappen will. Letztenendes und wirklich seriös müsste
man es auf jedem System messen und eintunen.

Liebe Diskutanten: Bitte hört mit diesen Pauschalurteilen zu höchst
umfangreichen und komplexen Filterketten auf. Das einzige was zählt
ist der Klang in der tatsächlichen Milonga-Konfiguration und das kann
dann nur jemand mit einem guten Gehör annährend richtig
einschätzen. Das war auch meine Aussage in meinen Ausfürhungen zu
Codiertheorie oben, auch wenn ich irgendwie kaum verstanden wurde. Ob
nun A oder B draufsteht befähigt nicht zum Pauschal(ver)urteil, das
ist einfach Unfug. Bitte laßt es.

Christopher

Anonym hat gesagt…

@Christopher

Dazu noch eine Frage. Ich habe im Hinterkopf abgespeichert, daß eine Decodierung immer noch schneller funktioniert, als der Lesezugriff auf eine Festplatte. Und gerade Flac-Files sind auf langsames Codieren und dafür umso schnelleres Decodieren ausgelegt. Das würde bedeuten, daß man - zumindest wenn man sich keine SSD leistet - womöglich sogar größere Latenzen hat, wenn man Wav-Files verwendet. Liege ich da ganz falsch?

Gruß Joh

Christopher hat gesagt…

@ Joh

Ja, genau diesen Denkansatz wollte ich anstoßen. Es _kann_ passieren,
_muß aber nicht_. Regelmäßig sind Festplattenzugriffe im Vergleich zur
maximal möglichen CPU-Leistung sehr langsam und bei modernen Systemen
oft der Flaschenhals. Wenn das der Fall ist, habe ich mit großen
Datenbewegungen von der Festplatte ein Problem (wav).

Weil man das aber weiß, kann man sich bemühen, hier zu optimieren. Bei
modernen System-Dimensionen wäre es problemlos möglich, vorab eine
ganze CD ins RAM zu laden und von dort abzuspielen. Dann bin ich um
Größenordnungen schneller als mit der SSD, allerdings nur, wenn meine
Datenverbindungen und Controller, die Daten von RAM zu CPU zu
Soundkarte pumpen, auch leistungsfähig genug sind. Ist auch nicht
automatisch gegeben.

Außerdem hängt es von der restlichen System-Last ab, es liegt auf der
Hand, daß mein Ergebnis anders ausfällt, wenn ich parallel zum
Audio-Betrieb den Rechner von sonstiger Last freihalte oder wenn ich
den monatlichen Viren-Scan parallel laufen lasse.

Um seriös die eine Kodiermethode gegen die andere zu vergleichen, muß
ich mir die gesamte Kette in Hard- und Software einschließlich derer
Konfiguration ansehen, d.h. Speichermedium, Busse, RAM, CPU,
Soundkarte, Dateisystem, virtuelle Speicherverwaltung, Scheduler,
Abspielprogramm und Systemlast. Das ist zu komplex, das funktioniert
so nicht.

Es wäre geschickter, sich von allen Pauschalurteilen frei zu machen,
sich einen Audiophilen zu borgen (oder selbst das zu sein) und sich
die Nummer mal anzuhören, so wie sie auf der Milonga klingt, da
einfach mal ein bisschen was zu vergleichen und dann zu
entscheiden. Und dann bitte auch nicht Äpfel mit Birnen, sondern
vergleichbare (oder am besten, die gleichen) Stücke vergleichen.

Ich habe den Verdacht, daß bei den Aufnahmen, die wir als
Tangoliebhaber zur Verfügung haben, und bei der Leistungsklasse
Hardware, die wir mittlerweile für wenig Geld erwerben können, kein
Unterschied zwischen den verschiedenen Methoden zu hören ist, das
96kb/s mp3 will ich mal aus meiner Betrachtung herausnehmen.

Christopher

cassiel hat gesagt…

@Christopher

Danke für Deine Beiträge. Du hast Recht: Es kommt immer auf einen tatsächlichen Hörvergleich an. Und da muss man die gesamte Kette beobachten. Wenn der Unterschied zwischen einem 128er bzw. 196er (möglicherweise auch einem 256er) MP3 und einer unkomprimierten Datei (von ein und dem selben Stück) nicht hörbar ist, dann liegt es entweder an der Audiokette oder an den Hörgewohnheiten des Hörers (so meine Überzeugung).

Mit Deinen Überlegungen zur Komplexitätsabschätzung von Dekodieraufwand bzw. Festplattenzugriffen hast Du Dich sehr weit vorgewagt. Ich finde das Thema so komplex, daß ich solche Aussagen eher vermieden hätte (bin selbst Informatiker - kümmere mich allerdings nie um Hardware bzw. hardwarenahe Software). Jedenfalls bedanke ich mich für Deine Beiträge und wünsche im übrigen einen schönen Nachmittag.

Anonym hat gesagt…

In diesem Forum gibt es Tips, was man noch so alles verbessern kann

z.B

http://www.hifi-forum.de/index.php?action=browseT&back=1&sort=lpost&forum_id=18&thread=1872

cassiel hat gesagt…

@letzter Anonym

Diese Abteilung in dem nämlichen Forum heißt: "Vodoo". Da sind wir an einem Grenzbereich. Manche Dinge sind tatsächlich Vodoo, andere Themen kann man ernster nehmen. Die Trennlinie wird vordergründig erst einmal jedes Individuum anders ziehen. Jene, die aber einen sorgsamen Umgang mit den Daten anmahnen, gleich in die Vodoo-Ecke zu schieben, ist m.E. am Thema vorbei. Natürlich ist das eine prima Rechtfertigung, sich selbst nicht näher mit den Fragen auseinanderzusetzen.

Nehmen wir vielleicht ein konkretes Beispiel: Ich habe neulich ein AES/EBU-Kabel irgendwo liegen gelassen. Also musste ein neues her (das ist ein Kabel zur digitalen Übertragung von Audio-Daten). Ich war in der Stadt und bin beim örtlichen HighEnd Händler im Vorbeigehen kurz vorstellig geworden. Er hätte mir solch ein Kabel (0,5 m lang) schon für 230 Euro verkauft - üblicherweise kaufe ich so etwas für 20 bis 30 Euro. Der Händler behauptete, daß man den Unterschied höre. Das mag ja durchaus sein, aber dann ist entweder etwas mit der Sender- bzw. Empfängerseite nicht in Ordnung, in solchen Fällen ist es durchaus möglich, daß man einen Unterschied hört. Ansonsten stehe ich auf dem Standpunkt: digital ist digital. Ich nehme nicht das billigste Kabel, aber ich möchte auch kein sauerstoff-gebleichtes Kabel mit einer Silberlitze, die von Kinderhand geflochten wurde, mit gewaltfrei geschmiedeten Kontakten und Isolationsschichten aus handgeschöpftem Naturkautschuk.

Ich denke, da ist Augenmaß gefragt. Allerdings sollte auch klar sein, daß der MP3-Brüllwürfel keine vernünftige Audio-Wiedergabe leisten kann.

bird hat gesagt…

Hi @,
Hi cassiel,

ich habe eine schlichte Frage zu diesem Thema, da sich mir die von Euch so gut beschriebenen, technischen Informationen leider in ihrer Feinheit nicht zugänglich sind.
Vorweg, diese Diskussion macht für mich Sinn, ich kann nur nicht wirklich abschätzen bis wohin.
Nun zu meiner Frage.
Würde euch, die Unterschiede wahrnehmen bezogen auf Boxen, Formate, ganze technische Ketten etc. hörbar und in euerm Tanzvergnügen beeinträchtigend stören, wenn eins dieser Glieder nicht optimal wäre, unter der Vorraussetzung die Musik ist gut, schön, passend, in Tanden und mit Cortinas zusammengestellt ?

Ich kann mir nicht helfen aber vieles was hier geschrieben wurde, hängt die Messlatte für Veranstalter-Beginners und DJs/TJs-Beginners so hoch, dass ich Zweifel daran habe, ob sie sich, nach Lesen dieses Bloggs überhaupt noch auf den Weg machen würden.
Es ist ja nicht nur eine Frage von technischem Verständnis, Geld, Möglichkeiten des Lernens/Ausprobieren bei "doing", sondern auch eine Frage von viel, viel Zeit, zumindest was die DJs/TJs anbetrifft. Da gehören Entwicklung und Misserfolge dazu. Also nicht etwas das per Knopfdruck in kurzer Zeit perfekt dasteht.
Ich wollte hiermit ein bisschen dafür plädieren nicht gleich jeden der noch weit davon entfernt ist, so perfekt Aufzulegen oder eine Milonga zu gestalten, veranstalten als unfähig abzuschreiben. Hinzu kommt, meines Erachtens noch, dass für die meisten dies kein Broterwerb ist, sondern Freizeit, Hobby, Spaß, Freude und hin und wieder Leidenschaft. Das sollte, beim Anspruch den man an andere stellt, finde ich, nicht vergessen werden und ist keineswegs mit 4-6 € Spende bezahlt.

cassiel hat gesagt…

@bird

Ich will versuchen, Deine Anfrage zu beantworten (wobei das nicht ganz leicht ist): Für mich ist guter Klang in der Milonga nicht eine statische Situation, die einmal erreicht und dann gehalten wird - es ist vielmehr ein ständiger Prozess. Mein Artikel sollte wachrütteln. Mir ist sehr wohl bewusst, daß immer noch viele DJs überhaupt nicht bzw. wirklich schlecht gezahlt werden. Das ist etwas, was wir nur alle gemeinsam ändern können.

Und bei den technischen Einzelkomponenten einer Audio-Kette sollte man vielleicht ähnlich verfahren. Immer ein Teil austauschen und so - vielleicht über einen Zeitraum von zwei oder drei Jahren - langsam in einen Zustand kommen, in der der Klang spürbar besser wird.

Wenn ich es richtig mitbekommen habe, dann gibt es Tango_Vereine, die sitzen auf enormen Rücklagen und horten diese für schlechte Zeiten. Das ist ja einerseits gut und richtig, andererseits sollten die Rücklagen nicht zu einem Selbstzweck verkommen.

Um mal eine Größenordnung zu nennen: mit drei bis fünftausend Euro sollte entscheidendes am Klang in einer Milonga zu verbessern sein (ohne ein Honorar für einen Berater). Das finde ich nicht unmöglich... Natürlich erfordert ein solcher Prozess viel Zeit. Die wird aber im Tango nur sehr selten mit Geld oder Anerkennung honoriert.

Haben diese kurzen Ausführungen Deine Frage beantwortet?

bird hat gesagt…

Ja, cassiel durchaus und herzlichen Dank dafür.

Zur Bezahlung von DJs/TJs.
Ich bin mir nicht ganz sicher, wie ich das sehe. Muss immer alles angemessen bezahlt werden und was heißt angemessen ? Kann man nicht das ein oder andere, wie z.B. DJing/TJing aus Freude/Begeisterun an und für die Sache machen ? Muss aus Liebe, Leidenschaft, Begeisterun ein bezahlter Beruf werden ? In andere Hobbys investiert man schließlich auch Geld und Zeit ohne dafür eine finanzielle Vergütung zu erwarten. Nicht das du mich falsch verstehst. Ich bin in vielen Fällen dafür das ein DJ/TJ seine anfallenden Fahrt- u. Übernachtungskosten, sowie eine finanzielle Anerkennung dessen, was er an diesem Abend für viele versucht an schöner Stimmung zu leisten, bekommen sollte ... aber für mich hat das Grenzen. Nicht alles im Leben muss mit Geld aufgewogen werden. Wo kämen wir da hin ? Etwas, auch aus eigener Freude ( ich gehe davon aus, dass das bei den meisten DJs/TJs so ist ), für andere tun/investieren, ja wie soll ich sagen, gehört für mich zum sozialen Miteinander dazu. Ist eine der schönsten und befriedigensten Formen des Gebens.
Jetzt bin ich völlig vom eigentlichen Thema abgewichen. Hoffe das ist in Ordnung.

Unknown hat gesagt…

Hi @bird,

vielleicht ist es mal gar nicht so schlecht, wenn Cassiel und die andere Kommentiende hier "die Messlatte für Veranstalter-Beginners und DJs/TJs-Beginners" so hoch hängen. Ich bin der Meinung, dass Auflegen vor Publikum gar nicht so leicht ist. 1500 aus dem Internet geladene mp3 und einen Laptop reichen nicht aus, eine Veranstaltung erfolgreich über die Bühne zu bringen. Ich gebe Cassiel recht, das die Erreichung einen guten Klang einen Prozess ist. Ich denke, mindestens der Anfang dieses Prozesses soll nicht vor Publikum stattfinden - es sind ja in der Regel Menschen, die ein gesundes Gehör haben. Für mich ist beides wichtig: gute Musikauswahl und überzeugende Klang. Und glaube mir, bitte, einen Billig-DAC (bzw. fehlenden solchen) und 128 mp3s hört man wirklich, auch dann (oder gerade), wenn Maida Invierno singt.

Harms hat gesagt…

Hallo zusammen!

Erst mal möchte ich allen aktiven hier ein Kompliment machen. Ich habe selten so eine engagierte Diskussion in einem Blog erlebt. Das ist schon schön, so... ;-)

Ich hätte da aber mal eine Frage:
ich suche CDs mit alten Tangos, also 30er - Anfang 50er Jahre, die möglichst wenig bearbeitet sind. Gut, das wird man nicht immer wirklich nachvollziehen können...
also gemeint sind Aufnahmen, die bei der Überspielung möglichst wenig "verschlimmbessert" worden sind. Hat da jemand vielleicht einen Tip für mich?

Sicher, bei amazon gibt es schöne Sammlungen. Ich kann aber die Qualität von außen nicht abschätzen. Von daher wären mir alle Tips dieses hörerfahrenen Kreises sehr willkommen.

Habe übrigens auch mal einen DJ mit tatsächlich rein mechanischem Grammophon gehört... das ist schon ein sehr beeindruckendes Erlebnis.
Hat mit HiFi nix zu tun, ist aber, auf eine sehr charmante eigene Art sehr inspirierend gewesen. Sehr interessant für unsere Beschalluns-Diskussion war für mich die Erfahrung, daß bei dem trägen Wiedergabesystem mit einer doch recht eingeschränkten Dynamik in den Höhen die sonst oftmals störenden Verzerrungen gar nicht so negativ aufgefallen sind. Das ist natürlich auch dem -erheblich ! - geringeren Schallpegel bei der Wiedergabe geschuldet.

Bei einer Restaurierung müsste man das eigentlich mit berücksichtigen...

war jetzt nur mal so´n Gedanke.

Vielen Dank und herzliche Grüße
Harms

Michael Tausch hat gesagt…

Hallo Cassiel,
ich würde mir oftmals einen aufmerksamen DJ wünschen.
Zu leise/laute Musik ist für mich eines der größeren Ärgernisse.
Meines Erachtens ist der technische Schwachpunkt überwiegend bei den Lautsprechern zu suchen, da hier die teuersten Investitionen nötig sind.
Gutes Ausgangsmaterial freut dann um so mehr...

TJoerg hat gesagt…

@ Christopher
Du scheinst ja richtig Bescheid zu wissen... Prima!
Frage: ich benutze Files in 44,1 und auch 48 khz.
Ich kann eine Sample-Rate zur Übertragung an die Soundkarte von 44,1khz, 48khz, 88,2khz oder 96 khz wählen. Welche macht denn Sinn? Ich habe noch eine weitere Soundkarte mit der noch höhere Frequenzen möglich sind (gerade nicht hier) macht das Sinn oder schleichen sich dabei andere Fehler ein?
Ich hörte mal davon, dass ein Vielfaches rechentechnisch einfacher zu handeln, somit fehlerfreier ist.?

Die Latenzzeit kann ich auch frei auswählen. Da wir Tango-DJs ja nicht mixen, sollte der Zeitversatz zu vernachlässigen sein. Ist aber eine hohe Latenz dann immer besser?

Chris hat gesagt…

I find a latency of one second helps reduce errors... made by the DJ! :)

I've programmed my player thus, so that if I press Play on the wrong track, I have one second of time in which I can cancel before the mistake becomes audible.

bird hat gesagt…

Hi Swetoslaw Beltschew,

ich habe nirgendwo geschrieben, dass das einfach sei, schmunzel. Aber die Messlatte die hier beschrieben wird, Hand auf´s Herz, wer hat so begonnen ? Mit guter Musikqualität, dem geballten Wissen von Tanden etc.pp., fundierter Musikkenntnis der Tango Argentinomusik und Proben ohne Publikum mit evt. Coach-DJ/TJ ?
Ich vermute viele der hier schreibenden DJs/TJs gäbe es nicht, wenn Milongabesucher so kritisch wären und Anfängern keine zweite und vielleicht auch dritte Chance ließen. Aber ich mag auch völlig falsch liegen mit meiner Vermutung.
Grundsätzlich hast du natürlich trotzdem Recht. Gut und sinnvoll wären solche Vorraussetzungen.

mo2mo hat gesagt…

Hallo cassiel,

zuerst ein Dankeschön für die Mühe, die Du Dir mit diesem Blog machst.
Und natürlich auch den Kommentatoren, die sind "das Salz in der Suppe" ...

Als mein Einstieg ein Zitat:

a) die musikalische Qualität ist wichtiger, als die technische
b) MP3 ist "good enough"
c) wichtiger als MP3 oder WAV ist möglichst gute Quelldateien (z.B. CTA, ...)
d) auf dem meisten Milongas (m.E. 90% in D) sind die Lautsprecher das größte Problem

-Zitatende-

Zäumen wir das Pferd von hinten auf:
Tatsächlich sind die Lautsprecher und dazu passende Verstärker aus meiner Sicht oft das schwächste Glied
in der Audio-Kette. Und natürlich deren richtige Enistellung, und die Raumakustik, die sich in Abhängigkeit
der Milonga-Besucher ändert.
Du (cassiel) hast ja selbst diese Erkenntnis gemacht, dass gute Lautsprecher die Feinheiten wieder ans Ohr bringen.

Gute Quell-Dateien - sind die Stücke zu nahe an der Vollaussteuerung gespeichert. Ein Reduzieren dieser "Dynamik" auf
ein "Reserve-Mass" (mp3gain schlägt dafür 89,0 dB vor) wirkt oft "Wunder" und vermeidet zusätzlich Verzerrungen durch
Clipping.

Alle anderen vorgetragene Aspekte halte ich - bezogen auf die Milonga, auf der das Tanzen im Vordergund steht, umrahmt mit einer Geräusch-Kulisse von sich bewegenden und sich Etwas erzählenden Menschen - für etwas überzogen. Denn jede Art einer Aufzeichung stellt eine Veränderung des Originals dar. Gleichbedeutend:
Nur Milongas, auf denen lebendige Musik gespielt wird, sind gute Milongas ;-)
So schön Live ist live sein kann - manchmal sind sogar gute Konserven genießbarer - also gute Quell-Dateien.

Zu den Punkte A und B haben meine Mit-Kommentatoren bereits genug gesagt, wer noch mehr braucht, findet dort, dort und dort ausreichend Lesestoff, um sich weitere Aspekte anzueignen. Mein Fazit daraus: "Die Wissenschaft hat festgestellt, dass ..." - den Beweis suchen sie aber noch. Und: MP2/ Mp3 sind bereits heute unser Alltag - DVD, DAB usw. usf.
Doch gute Lautsprecher helfen da sehr viel weiter.

Ich danke für Eure Aufmerksamkeit.

mo2mo

Anonym hat gesagt…

Wr sich die Mühe machen will, als ich nach LPs bei Ebay gesucht hatte, habe ich einige Angebote von Tango LPs aus den 60er aus Argentinien gesehen. Allerdings auch schweineteuer. ich hatte mir früher mal eine über Ebay geholt,die war sogar in guter Qualität und Verfassung.

Grüsse Bernd

bird hat gesagt…

Cassiel,

Kompliment !
Du hast meinem Mann und mir einen musikalisch wunderschönen, fast möchte ich sagen unvergesslichen Abend verschafft und das völlig unverhofft. Von der Musikauswahl bis hin zur Technik, ziemlich perfekt.
Das wir dir irgendwo mal Begegnen würden habe ich vermutet, nicht aber sobald und an diesem Ort.
Bitte richte auch deiner Freundin einen ganz herzlichen Gruß von uns beiden aus.
Eine, über das Leben und seine Fügungen immer noch heiter, schmunzelnde bird.

cassiel hat gesagt…

... und ich dachte, ich wäre vorsichtig genug gewesen...

:-)

Anonym hat gesagt…

In München ist doch gerade die Highend Messe. Vieleicht schaffts einer aus den Raum München 96/unkomprimierte Tango auf einer Superanlage zu testen. Das Ergebnis wäre interessant