Mittwoch, 27. März 2013

Gastbeitrag: Tango-Unterricht bei Céline Deveze und Andreas Wichter

KlausPP hat mir diesen Gastbeitrag zugesandt, herzlichen Dank dafür. Für neue Beiträge von mir bitte ich um etwas Geduld.


"Du. Cassiel hat mich ermutigt, einen Gastbeitrag über den Unterricht bei Celine und Andreas zu schreiben. Das geht aus verschiedenen Gründen nicht … könnt ihr das nicht machen, ihr wart doch auch da?" fragt die Freundin.

"Klar gerne. Wir haben sehr positive Erfahrungen mit den beiden gemacht, da kann ich auch mal was drüber schreiben."
Wir (ein Ehepaar mit addierter Tanzerfahrung von über 20 Jahren) waren auf der gemeinsamen Suche nach neuen Ansätzen und Variationen für unser Tanzen auf klein(st)em Raum und in eng(st)er Umarmung, weil wir mit dem IST noch nicht so ganz glücklich waren. Selber war ich auf der Suche nach neuen Ideen für die Umsetzung von musikalischer Rhythmik und Dynamik in Führungs- und Bewegungsdynamik. So stießen wir auf das Tangokombinat.

Wir haben dann im letzten Jahr an mehreren Workshops von Melina Sedó und Detlef Engel teilgenommen und dann jetzt auch bei Céline Deveze und Andreas Wichter (Weil es sich günstig ergab sind es bei Andreas auch noch Einzelstunden geworden) (Korrekterweise sollte ich vielleicht darauf hinweisen, dass Céline Deveze nicht offiziell zum Kombinat gehört).

Private Verpflichtungen führten Andreas letzten Herbst/Winter in den Norden der Republik, was die Anreise und Termin-Helter-Skelter vereinfachte. Zudem verfügen wir zuhause über ein großes Wohnzimmer mit Parkett, was einfach zum Tangostudio umgerüstet wurde und wo Andreas an einem Samstag eine Reihe von Einzelstunden geben konnte.

Die Einzelstunde


Sie war Anfang Dezember 2012 und diente aus meiner Sicht nur einem Zweck, ich wollte diesen Lehrer antesten, denn meine Frau hatte schon ein paar Einzelstunden gehabt und war begeistert.

Sie schwärmte (fast schon zu sehr), er wäre äußerst präzise und sehr fein in der Wahrnehmung, kritisiert sehr direkt, konstruktiv, wertschätzend und eine Prise Humor sei auch dabei.

Und er würde die Freude beim Tanzen betonen, das immerwährende Suchen des Kontaktes in der geschlossenen Umarmung mit Neugierde und purer Freunde am Erforschen vergleichen.

Solche Bilder gefielen meiner Frau und tatsächlich, es veränderte sich etwas in ihrem Tanzen.

Das machte mich nun wirklich neugierig.

Es gibt ja verschiedene Arten von Schülern. Z.B. solche, die die Vorschläge und Verbesserungen des Lehrers akzeptieren ohne zu murren (auch wenn sie Mist sind) und solche, die erstmal gar nichts annehmen und sowieso eigentlich alles besser wissen (auch wenn die Hinweise wirklich brauchbar sind). Ich sehe mich da eher in der zweiten Gruppe.

Für mich war also der Sinn der Stunde klar: Ich führe; Andreas sagt, was sich nicht gut anfühlt und ich werde eingeschnappt sein (wahlweise sind dann auch manchmal die Lehrer eingeschnappt).

So kam es dann aber nicht.

Ich führte, Andreas sagte mir was sich nicht so gut anfühlte und ich war verblüfft und überrascht.

Das was er ansprach waren Punkte, bei denen ich häufig mal ein eigenes Unbehagen oder Unsicherheit spürte und von denen ich ahnte, dass sie von mir suboptimal umgesetzt wurden.

So wurde es für mich eine sehr anstrengende Stunde, die viel Konzentration verbrauchte. So geht es wohl auch Andreas, der selten mehr als 4 Einzelstunden pro Tag gibt.

Später am Abend waren wir dann Tanzen und ich weiß noch, dass ich mich fühlte, als wäre mein Tanzen in einer Werkstatt in kleine Einzelteile zerlegt, dann aber falsch wieder zusammen montiert worden.

Ich war kaum noch in der Lage geradeaus zu gehen, weil in meinem Kopf noch all die Führungsfehler vom Nachmittag herum spukten.

Am nächsten Tag in der Cafémilonga (DJ Andreas) und den Milongas der folgenden Tage gab es ungefragt positives Feedback von den Damen. Es muß sich also etwas verbessert haben.

Aber ich bin mehr ein intuitiver als ein analytischer Tänzer. Daher neige ich dazu das Ergebnis des Unterrichts erfreut zur Kenntnis zu nehmen und nicht weiter zu hinterfragen.

Die Workshops

Ja, dieses Ehepaar tanzt seit fast 10 Jahren gemeinsam Tango und macht auch fast die ganze Zeit regelmäßig Unterricht (Fast genau so lange wie wir ein Paar sind). Tango ist sozusagen ein ganz enger Bestandteil unserer Beziehung. Es war nicht immer leicht für uns beide (vor allem der weibliche Part mußte leiden, aber wir haben da inzwischen auch einen guten Weg gefunden miteinander Tango zu erarbeiten, aufzuarbeiten und weiter zu entwickeln.

Es ergab sich nun, dass dieses -über Europa verstreute- Lehrerpaar Andreas/Céline (Totnes, UK/Grasse, F) ein paar Workshops in Kassel und auch einige auf dem Viento Norte Festival anbot.

Früher bewegte mich häufig in den Kursen die Frage: Werde ich mich mal wieder überfordern, ab welchem Punkt kapiere ich es mental nicht mehr und ab wann werden sich die beiden Flipper am Ende meiner Beine nicht mehr korrekt steuern lassen.

Inzwischen sieht die Situation anders aus und ich gehe in die Kurse mit der Fragestellung: Wie werden die Unterrichtenden die unterschiedlichen Niveaus managen, werde ich mich langweilen oder wird es etwas Interessantes geben, dass ich mit nach Hause nehmen kann.

Ich bin nicht so ignorant, dass ich mich für perfekt halte, aber ich weiß natürlich, dass ich einige Dinge ganz gut führen und umsetzen kann. Mir ist aber auch sehr bewußt, dass noch einiges im Argen liegt.

Allerdings bedarf es dazu auch Lehrer, die dieses überhaupt wahrnehmen und dafür Lösungen anbieten können.

Und auf solche Lehrer sind wir in den letzten Jahren immer seltener gestoßen.

Sehr angenehm empfinde ich den völlig unprätentiösen Auftritt des Paares und wir haben wirklich JEDE denkbare Variante von Selbstdarstellern, Entertainern, Zauberern und Didaktikverächtern erlebt.

Aufgrund seiner sehr nüchternen Art, die völlig ohne Effekthascherei auskommt, fällt Andreas als Tangolehrer sehr aus dem Rahmen. An Céline habe ich sehr die Wachheit und körperliche Präsenz zu würdigen gelernt und in der Einzelarbeit ist sie einfach großartig.

Eine Freundin nannte das Paar "das wahrscheinlich am meisten unterschätzte Lehrerpaar der Gegenwart" und da hat sie nicht ganz unrecht.

Zur Milonga ist uns vor allem eine banale Bemerkung "Füße am Boden lassen, Knie zusammen" im Kopf geblieben, die eigentlich aber schon den ganzen Kurs lohnte. Manchmal müssen es auch einfach nur die richtigen Bemerkungen zur richtigen Zeit sein.

Da wir nur am ersten Teil des Vals Kurses teilnehmen konnten möchte ich hier einfach kurz ein befreundetes, schon sehr lange tanzendes Ehepaar zitieren, denen am Unterricht "vor allem die didaktischen Übungen zur Musikalität gefallen" haben. Die beiden tanzen noch länger als wir und auf einem sehr hohen Niveau, daher vermute ich, dass diese Übungen wirklich sehr gut gewesen sein müssen.

Der Tangokurs ist mir noch etwas präsenter als die anderen beiden (natürlich auch, weil ich inzwischen zugesagt hatte etwas darüber zu schreiben), daher gehe ich darauf etwas stärker ein.

Viele Lehrer lehren natürlich immer nach demselben Prinzip. Wenn es nicht gerade um Basisarbeit geht, dann wird an einer Schrittfolge/Kombination gearbeitet und diese wird dann zum Ende der Stunde hin zunehmend komplexer ausgeführt.

C & A haben so etwas ähnliches gemacht und dazu sehr lange an den Basisstrukturen der Folge (Seitschritt, Fußwechsel, Rhythmuswechsel, Verdopplung, Rückschritt) gearbeitet, denn diese müssen definitv sitzen und werden daher sehr lange eingeübt. Danach wurde der Ablauf zunehmend komplexer und variantenreicher.

Der letzte Schritt war dann aber das Zerlegen dieser Strukturen in Schrittbausteine, die von uns in den Übungen wieder neu miteinander kombiniert werden sollten. Das war keine Neuerfindung des Rades, aber es war methodisch sehr sauber umgesetzt und hat mir neue Ideen geliefert.

Auch hier möchte ich noch einmal einen (im Schuldienst an herausgehobener Position ;-) tätigen) Freund und Teilnehmer des Kurses zitieren, der die Struktur kurz und prägnant mit den Worten "elementar zerlegt, kompakt konstruiert und praktisch vermittelt, deshalb mit großer Lerntiefe" charakterisierte.

In der Regel war Andreas der Erläuterer und Erklärer und da könnte vielleicht auch ein Ansatz für einen Kritikpunkt sein, da es durchaus andere Lehrerpaare gibt, bei denen es zu einer größeren Ausgeglichenheit und gegenseitigen Ergänzung im Paar kommt. In Frankreich mag es anders herum sein, wäre meine Vermutung.

Céline war deswegen aber auf keinen Fall weniger präsent oder womöglich passiv. Sehr positiv habe ich erlebt, dass sie noch lange über das Ende der Stunde hinaus mit mir an einem Führungsfehler weiter gearbeitet hat, obwohl sie dieses wirklich nicht hätte tun müssen.

Das Fazit


Uns hat die Arbeit sehr angesprochen und wir sind fest entschlossen noch weiteren Unterricht bei Céline Deveze und Andreas Wichter zu nehmen.

4 Anmerkung(en):

Anonym hat gesagt…

Schon wieder ein Werbeblock, den dieser Blog nun wirklich nicht nötig hat.

cassiel hat gesagt…

Hallo Anonym, schreibst Du mir einen (Deiner Meinung nach) besseren Gastbeitrag?

Mit den freundlichsten Grüßen aus dem kreativen Tal

c.

Anonym hat gesagt…

[...]
Später am Abend waren wir dann Tanzen und ich weiß noch, dass ich mich fühlte, als wäre mein Tanzen in einer Werkstatt in kleine Einzelteile zerlegt, dann aber falsch wieder zusammen montiert worden.
[...]


Zweifel an seinem Tanzen haben und dafür positives Feedback bekommen, finde ich auch immer wieder verwirrend. In solchen Situationen könnte ich tonnenweise Komplimente bekommen und sie kämen nicht wirklich bei mir an. Auch finde ich es oft schwer verdaulich von einem schönen Gefühl mit sich im Unterricht auf ein Gefühl kaum etwas zu können gebracht zu werden. Ich bewundere manchmal wirklich Tänzer die optischen Murks mit einer Sicherheit verkaufen, als sei alles in Butter.

"Es irrt der Mensch so lang er strebt."

bird hat gesagt…

Hi Anonym 27.03.13 20.03 h,

wer lesen kann ist klar im Vorteil, wie ich deinem Komentar entnehmen kann, grins.