Montag, 5. August 2013

Der traditionelle Tango und die Qualität der Wiedergabe

Eigentlich ist ja der dritte Teil meines Tango-Knigges überfällig. In Gedanken steht er schon, aber es fällt mir schwer, ihn endgültig zu formulieren. Ich schreibe nun lange genug dieses Blog, daß ich das Ende meiner aktuellen Schreibblockade in Sachen Umgangsformen im Tango gelassen abwarten kann und bitte meine Leserinnen und Leser um entsprechende Geduld. Ich schreibe heute zu einem anderen Thema, das mich in der letzten Zeit sehr beschäftigt hat. Aktueller Anlass war die Ausstrahlung eines sehr gelungenen Filmes bei Arte...

Die Qualität der Wiedergabe im Tango, ist das überhaupt einen Gedanken wert? Und wenn wir über Qualität reden, was sind die Kriterien? Nach einigen frustrierenden Milongabesuchen in den letzten Wochen, schreibe ich einmal zu diesem Thema. Sicherlich ist das Thema nicht besonders spannend in einer Zeit, in der für mein Empfinden längst das Erregungsmarketing im Tango Einzug gehalten hat. Ich lese beinahe täglich bei Facebook Einträge, die etwa so lauten könnten: "Ich schmiere mir gerade ein Marmeladenbrot und höre Donato..." Wenn der Beitrag von der "richtigen" Person verfasst wird, dann gibt es innerhalb von einem halben Tag ein paar Dutzend, ein paar hundert "Likes" und zig Kommentare... Durch diese Art und Weise der Verständigung über Tango-Titel geht aber leider für mein Empfinden Wesentliches verloren. Der Fokus in solchen Diskussionen liegt häufig an vordergründigen Eigenschaften des Titels, möglicherweise sogar nur am Rauschen und Knistern. Jede (Klang-)Bewertung, die aufgrund eines Hörens einer datenreduzierten Internet-Version über Computerlautsprecher getätigt wird, muss unvollständig bleiben, bisweilen kann sie sogar extrem ärgerlich sein.
Doch vielleicht schreibe ich zunächst zu den eher frustrierenden Milongabesuchen. Ich nehme in der letzten Zeit zunehmend wahr, daß mangelnde Sorgfalt (oder mangelnde Qualität) beim Auflegen eine direkte Auswirkung auf die Ronda und die Fertigkeiten im Tango jedes Individuums in der Milonga haben und das stimmt mich traurig, es könnte auch anders gehen...

Da war vor Wochen der bekannte Tango-DJ, der bei fast jeder online-Diskussion dabei ist und seine Sicht der Dinge zu jedem Titel, der sich in der Diskussion befindet, zum Besten geben muss. Seine inhaltliche Musikgestaltung enttäuschte beinahe vollständig und sein Umgang mit der Technik konnte - trotz vieler bunt leuchtender Geräte - nicht überzeugen. Ich war überrascht und bestürzt. Hören solche Menschen einfach nicht zu? In den vergangenen zwei Jahren hat sich erfreulicherweise der Fokus auf die Qualität des Klangs in der Milonga gelegt. Leider ist erschreckend häufig der Ansatz anzutreffen, daß man nur die richtigen Geräte kaufen muß und schon funktioniert es mit dem DJing (die Amerikaner haben für solche Menschen den Spitznamen gearhead erfunden). In einer solchen Milonga klingen die Bässe beispielsweise zwar durchsetzungsstark, vielleicht spektakulär... aber sie sind künstlich aufgeblasen um zu beeindrucken. Ich habe Anlagen im Tango gehört, bei denen die Subwoofer mit enormen Watt-Angaben operierten, aber es waren Anlagen, die für andere Einsatzgebiete konzipiert waren, bei klassischen Tango-Aufnahmen wurde der Bass unnatürlich und schwammig. In den Mitten bevorzuge ich einen transparenten, fast luftigen Klang, der ein Differenzieren zwischen den einzelnen Instrumenten erlaubt (natürlich unter erschwerten Bedingungen: es sind eben Monoaufnahmen und zumindest in der Frühphase gab es auch weitgehend unisono gespielte Melodien über die Grenzen der Instrumentengruppen hinweg). Was ich dann bei DJs gehört habe, war weit davon entfernt. Ich kann nicht beurteilen, ob es am Quellmaterial, an der Audiokette oder aber an den Lautsprechern lag, die Mitten klebten konturlos zu einem wabernden amorphen Brei zusammen. Und schließlich stellen die alten Tangoaufnahmen besondere Anforderungen an die Höhenwiedergabe. Aufgrund der Aufnahmetechnik ist das obere Ende des Spektrums der Aufnahmen irgendwo zwischen 12 und 14 kHz angesiedelt. Nun gibt es PA-Systeme für die Wiedergabe von Livemusik, die bei etwa 15 kHz eine Betonung der Höhen um vielleicht wenige Dezibel vornehmen. Das verursacht eine vordergründige Brillanz des Klanges, ist aber bei der Widergabe von klassischen Tangoaufnahmen komplett wirkungslos. Solche Systeme in der Milonga können vielleicht Non- bzw. Neo-Tango als Aufnahmen über das gesamte Frequenzspektrum bis 20kHz halbwegs ordentlich reproduzieren. Meist fallen diese Systeme aber beim Abspielen der alten Tango-Aufnahmen dramatisch ab. Ich könnte diese Aufzählung beliebig verlängern...

Ich habe länger schon einen Weg gesucht, meine Empfindungen und Wahrnehmungen zu verschriftlichen und mir ist es bislang nicht gelungen. Das änderte sich letzte Woche. Arte stahlte den Film Pianomania - Die Suche nach dem perfekten Klang aus. Eine atemberaubende Dokumentation über Stefan Knüpfer, einen Konzerttechniker und Klavierstimmer bei Steinway & Sons, Österreich. In dem gut 1,5 stündigen ruhigen Film wird die Idee von Qualität des Klangs in der Musikinterpretation behutsam nachgezeichnet. Da wird beispielsweise ein Klang als "lang" oder "kurz", als "offen" oder "geschlossen" beschrieben und im Dialog entwickeln Pianist und Stimmer eine Idee vom endgültigen Klang eines Instruments für eine bestimmte Interpretation. Das ist sehr beeindruckend. Obwohl der Film nicht vom Tango handelt, möchte ich ihn hier gerne allen Milongaveranstaltern und DJs im Tango wärmstens empfehlen. Dieser Film macht deutlich, daß der gute Klang nicht ein Ziel ist, daß man (möglicherweise durch Beschaffung verschiedener Audiokomponenten) einmalig erreicht hat, sondern es wird deutlich, es ist ein langer, kontinuierlicher, manchmal beschwerlicher Weg und es gibt bestenfalls Teilerfolge auf diesem Weg.

Für mich war es neu, wie man über Klang (eine äußerst individuelle emotionale Wahrnehmung) reden kann. Da wird der Klang mit Adjektiven umschrieben und die beteiligten Menschen stimmen sich in diesem intellektuellen Prozess im Ping-Pong des Gesprächs so ab, daß sich ihre emotionalen (Hör-)Erfahrungen immer stärker annähern.

Eine Stelle im Film hat mich besonders beeindruckt [etwa bei 1:05:50]: Stefan Knüpfer berichtet von Pianisten, die auf einen gleichmäßigen Klang eines Flügels großen Wert legen und auch entsprechend spielen. Spielt ein solcher Pianist einen Flügel, dann hat er als Techniker den Eindruck, daß der "Abdruck" dieser gleichmäßigen Spielweise im Resonanzboden des Flügels zurückbleibt, somit also das Instrument nach einem solchen Konzert gleichmäßiger klingt als vorher. Ich habe das früher für Esoterik gehalten, inzwischen bin ich aber davon überzeugt, daß der traditionelle Tango in der Wiedergabe so charakteristisch ist, daß beispielsweise Lautsprecher, mit denen auschließlich Tango gespielt wurde, irgendwann besser klingen und im Umkehrschluss stört es nachhaltig, wenn über einen Milonga-Lautsprecher zwischenzeitlich elektronische Musik gespielt wird. Das klingt esoterisch oder? Wenn wir aber diesen Gedanken einmal auf Kraftfahrzeuge übertragen, dann kann es plötzlich wieder jeder nachvollziehen: Ein PKW, der ruhig und stetig auf Langstrecken bewegt wird, trägt "diese Information in sich", er wird länger leben, weniger Benzin verbrauchen usw. als ein PKW, der ausschließlich im Stop & Go in der Stadt bewegt wird.
Warum ich diesen kleinen Ausschnitt aus dem Film besonders erwähne? Klassischer Tango in der Wiedergabe ist meines Erachtens beinahe so anspruchsvoll für die beteiligte Audiokette, wie der Resonanzboden eines Konzertflügels. In dieser Frage auf Qualität zu achten, zahlt sich meiner Meinung nach langfristig immer aus.

Die Website zum Film mit Bezugsmöglichkeit der DVD: Pianomania.de

Der Film im 7-Tage Archiv von Arte (der Link ist nur bis kommenden Mittwoch gültig): Pianomania bei Arte

Zur Klarstellung: Mir geht es nicht primär um Kritik an manchen DJ-Kollegen - mir geht es um ein Bewusstsein, das Mühen um dem guten Klang der klassischen Tangos in den Köpfen zu verankern. Es ist m.E. ein Prozess, kein statischer Endzustand. Ich freue mich auf ggf. weiterführende Gedanken in möglichen Kommentaren.

112 Anmerkung(en):

Simon hat gesagt…

Jetzt hast Du viel darüber geschrieben, dass viele Leute etwas falsch machen. Könntest Du statt dessen mal darauf eingehen wie man es besser macht, und das auch ohne nennenswertes Budget?

Simon

Holger hat gesagt…

Lieber Cassiel,

ich persönlich freue mich sehr, dass das Thema Klangqualität zur Diskussion "ausgelobt" wird ... mir ist das ein echtes Anliegen, und manchmal fällt es mir wirklich schwer zu tanzen, wenn mir die Musik, die mir nach bald 20 Jahren Tango lieb geworden ist in den Ohren dröhnt, obwohl ich doch schon erlebt habe, wie angenehm sie klingen kann. - Bestens zusammengestellte Tandas können dann sehr viel verlieren und das tut mir dann oft leid.

Eigentlich würde ich mir wünschen, dass die gesamte Kette:
* Komposition
* Arrangement
* Interpretation
* Aufnahme / Speicherung
* ggf. Digitalisierung
* ggf. Komprimierung
* ggf. Dekomprimierung
* Digital-Analog-Umsetzung
* Verstärkung
* Beschallung
* Zuhören
* Tanzen

mit einem gewissen Mindestanspruch an die Qualität durchgeführt würde. Leider scheint aber in vielen Fällen überhaupt nicht klar zu sein, wer für welchen Schritt verantwortlich ist und damit entstehen Lücken in dieser Kette, die an anderen Stellen nicht mehr korrigiert werden können.

Ein Beispiel: Mitte der 1990er-Jahre gab es nur wenig labels von denen man in Europa Tango-CDs beziehen konnte und möglicherweise war es zu dieser Zeit tatsächlich vordergründig wichtiger, dass rasch viele Tangos verbreitet würden, als auf die Qualität dieser Aufnahmen zu achten ... heute tut uns das manchmal weh. Manchmal habe ich das Gefühl, dass da Schellacks direkt auf Kassettenrekorder kopiert wurden und davon dann eine CD gepresst wurde (Immerhin haben einige DJs zu dieser Zeit in BsAs tatsächlich mit Kassetten aufgelegt;-)

Aber damit war ein Loch in die Qualitätskette "gesprengt" - ein wenig davon können DJs korrigieren, wenn sie einen EQ am Mixer haben und wissen, dass die meisten störenden Anteile des Rauschens in den hohen Mitten oder über 10kHz liegen und mit einer mehr oder weniger dezenten Filterung der Störeindruck verringert werden kann. (Oder sie machen sich auf die Suche nachder x. Version des Stücks, die dann endlich weniger Rauschen hat, dafür aber in keine Tanda mehr passt ohne - zwar poitiv aber doch - aufzufallen ;-)

Nun sind DJ/DJanes aber meist keine TontechnikerInnen oder ToningenieurInnEn, manche probieren so lang rum, bis sie das selbst herausfinden, manche fragen sich durch, manche verwenden aber lieber ihre (oft Frei-)Zeit lieber um ihre Sammlung zu erweitern.

VeranstalterInnen haben diesen Punkt oft auch nicht auf dem Radar, vielleicht weil sie glauben, dass das Sache des/der DJane ist oder dass sie sich teures Equipment - das vermeintlich notwendig wäre - ohnehin nicht leisten könnten

Aber auch perfekte Aufnahmen können bevor sie das Ohr der TänzerInnen erreichen noch nachhaltig qualitätsminimiert werden, oft durch akustische Gegebenheiten und die Versuchung schlechte Akustik durch Lautstärke korrigieren zu wollen... hier wäre oft das Gegenteil hilfreich, die Lautstärke zurück zu nehmen, damit die Ohren und die dahinterliegenden Gehirne der ZuhörerInnen die internen biologischen "Verstärker" aufdrehen. Hier fehlt oft nicht nur tontechnisches Wissen, sondern auch Einblick in die Psychoakustik... es gibt aber wieder scheinbar niemanden, der dafür zuständig ist (meine privaten Recherchen bei Veranstaltern und Personen die die DJ-ane-Rolle ausfüllten ist hier zu über 90% auf fragend hochgezogene Augenbrauen gestoßen, aber auch auf Interesse hier dazu zu lernen)

Worauf ich hinaus will: So inspirierend der Film über Klaviere, die sich den Anschlag ihrer Interpreten merken sein mag, wir haben in vielen Fällen ganz einfache Themen der Elektroakustik, Raumakustik und Psychoakustik bewusst zu machen und umzusetzen. Wenn diese "Hausaufgaben" gemacht sind, können wir gerne auch die letzen 2% herausholen, mit Methoden über die wir dann entspannt und lächelnd diskutieren können, ob sie was esotherisches haben oder nicht ;-))

Ganz liebe Grüße und nochmal herzlichen Dank für das Thema,

DJ HoBo

cassiel hat gesagt…

Dein Einwand ist natürlich berechtigt und weil Du das Budget ansprichst: Es ist gerade nicht eine Frage des Geldes. Um vielleicht nur ein Beispiel zu nennen: Ich habe mal gebraucht (für etwa 70 €) den DACMagic 2, einen Wandler von Cambridge erstanden (S/PDIF Eingänge optisch und koaxial - XLR Ausgänge). Das Gerät kann durchaus neben zeitgenössischen (wesentlich teureren) Wandlern sehr gut bestehen. Es sieht halt nicht so toll aus (das Gerät dürfte 10 - 15 Jahre alt sein). Die Liste ließe sich jetzt beinahe beliebig lang fortsetzen...

Inzwischen reagiere ich beinahe allergisch, wenn DJs im Tango mit einer professionellen DJ-Software und ggf. Spezialhardware (zu dieser Software) arbeiten - wir brauchen keine beat-synchronen Überblendungen. Es ist der falsche Fokus... Immer wenn ich solche Komponenten in der Milonga sehe, bin ich bislang musikalisch enttäuscht worden.

cassiel hat gesagt…

[Der vorangegangene Kommentar war der Versuch einer Antwort für Simon]

@Holger
Es gibt vielversprechende Ansätze, den Klang im Tango besser zu machen. Da findet man auch Ansätze im Blog.

Den entscheidenden Punkt hast Du mit der lückenlosen Kette angesprochen. Mir ging es zunächst darum, einmal eine Art der Kommunikation über das Thema Klang über den Umweg des ausgezeichneten Films vorzustellen.

Weiterhin wäre mir wichtig, daß wir von konkreten Geräten wegkommen. Es erscheint zunächst widersinnig, aber die frühzeitige Nennung von (möglicherweise teuren) Komponenten verstellt den Blick auf das Ziel. Es ist ein Prozess und wer weiß, was in der nächsten Zeit an interessanten Geräten neu auf den Markt kommt. Leider ist der überwiegende Teil des sog. professionellen Equipments m.E. komplett ungeeignet für den traditionellen Tango.

Holger hat gesagt…

Weil Simon einfach umsetzbare Dinge mit wenig (oder keinem) Zusatzbudget eingefordert hat:

Fangen wir mit etwas an, was um nichts mehr kostet als das was bei den meisten Milongas bisher schon da war, aber ganz oft unglücklich eingesetzt wird. - Lautsprecher:

Sehr oft ist zu beobachten, dass Lautsprecher (möglicherweise aus dem Gedanken heraus, dass die "schreckliche Technik" nicht sichtbar sein soll) ganz hinten an der Wand oder in den Ecken aufgestellt werden, oft 4 Stück, aus jeder Ecke heraus "schreit" einer ... warum "schreit" ? - Weil zwischen Lautsprechern und den aktiven TänzerInnen noch all jene Leute sind, die sich eigentlich gerade unterhalten wollen. Die hören/verstehen sich nicht, weil der Sound so laut ist, also schreien sie sich ein wenig freundlich an, um sich besser verständlich zu machen, die TänzerInnen machen sich beim DJ bemerkbar, der dreht lauter ... und die Leute im Gespräch schreien lauter ... etc. ...
die Spirale ist perfekt!
Lösung: Lautsprecher ran an die Tanzfläche, die Gesprächigen hinter den Lautsprechern können sich wieder hören ohne zu schreien und ... ach ja, der/die DJane selbst sollte wiederum _nicht_ hinter den Lautsprechern sitzen sondern annähernd so, dass er/sie einen Eindruck bekommt wie laut es nun auf der Tanzfläche ist.
Und nochwas: Unser Hirn mag es, wenn es das Gefühl hat eine akustische Information kommt aus einer bestimmten Richtung (live von der Bühne, warum bei Konserve also nicht aus der Richtung des DJ-Pults ?) vielleicht genügen dann auf einmal 2 statt der 4 Lautsprecher, und wenn der Saal sehr länglich ist "verlängern" wir den sound eben mit der 3. und 4. Box - aber in die selbe Richtung blickend wie die Basisstationen (nur deutlich leiser eingestellt) ... und wenn die Ebene der "Verlängerungsboxen" weniger als 8m von der Ebene der Basisboxen weg ist hört man den Sound auch nicht doppelt (wenn der Saal noch größer ist braucht man eine delay-line, aber ich denke die meisten lokalen Milongas kommen mit einer Tanzfläche bei der die lange Seite < 16 m ist aus)...

Ein einfaches Mittel um die Qualität zu verbessern (allerdings am Ende der Kette begonnen, aber immerhin etwas, was wirklich fast überall geht)
[Ja, ich geb's zu, es könnte bei manchen bestehenden Setups sein, dass in ein paar Meter Kabel und evtl. in ein Paar Boxenstative investiert werden muss]

Aber einfach mal ausprobieren,

DJ HoBo

Christian Tobler hat gesagt…

@ Cassiel,

herzlichen Dank für diesen Link und diesen Kommentar. Ein toller Film, der motiviert und deutlich macht, was die Aufgabe von Machern ist. Vielleicht wird nun einigen DJs im Tango Argentino klar, dass wir am Beginn einer eine Dekade dauernden Entwicklung stehen, an deren Ende von einem DJ nicht nur eine gekonnte Musik-Programmation erwartet wird, sondern auch ein ein gekonnter Umgang mit der Audio-Technik. Das hat erfreulicherweie erst in zweiter Linie mit Audio-Technik und wirtschaftlichen Ressourcen zu tun. In erster Linie ist das eine Frage des Anspruchs, des Willens, der Konsequenz, des Horizonts.

Auf Grund der Hör-Sessions die Monika und ich bei uns daheim für interessierte EdO-Liebhaber schon seit längerem durchführen, kennen wir – wenngleich nicht auf dem extrem hohen Niveau des Films – diese Suche nach sprachlichen Beschreibungen für klangliche Tendenzen und Nuancen, nach einem gemeinsamen Vokabular zwecks Verständigung nur zu gut. Zu sehen, dass Professionals dabei genau gleich vorgehen ermutigt ungemein.

Leider eignet sich über 90% dessen was der Markt heute an PA-Technik anbietet genauso wenig, wie über 90% dessen, was der Consumer-Markt heute inklusive Hifi- und Highend-Pipifax verhökert für die Aufnahmen der EdO – akustische Instrumente gespielt von absoluten Könnern. Diese Aufnahmen sind ebenso anspruchsvoll betreffend einer angemessenen Wiedergabe, wie das was die Kreativen in diesem Film tun. Ich kann nur hoffen, dass sich diese Erkenntnis nun allmählich durchsetzt.

herzlich –  Christian

Christian Tobler hat gesagt…

@ Simon,

was Cassiel hier thematisch anschneidet betrifft ganz besonders die Macher im Tango Argentino. Die simple Anleitung die Du dir von ihm wünscht kann niemand Dir liefern. Ihm und auch mir – da sind wir Seelenverwandte – geht es darum, einen längst überfälligen Prozess endlich auf breiter Basis anzustossen. Für diesen Prozess gibt es keine Abkürzung und keine Bedienungsanleitung. Den kann nur jeder Neugierige für sich allein gehen. Und mit dem Kauf von irgendwelchen Audio-Geräten ist es auch nicht getan, obwohl ein DJ am Ende dieser Ertüchtigung darum nicht herum kommt.

Wer wirklich herausfinden will –  und das betrifft Tänzer genauso wie DJs – was in den Aufnahmen der EdO drin steckt, der gelangt mit dem Anspruch kein nennenswertes Budgets einsetzen zu müssen kaum ans Ziel. Mit genug Sachverstand und Erfahrung kann man anstelle neuer Technik Gebrauchte kaufen. Das reduziert die Kosten markant. Aber nochmals: Es geht hier nicht um Technik und nicht um ausgetretene Pfade. Gute Technik ist nur Mittel zum Zweck einer persönlichen Entwicklung in Richtung Qualität und Authentizität.

Als Einstieg für DJs gibt es dazu zB meinen viertägigen DJ-Workshop. Es ist bezeichnend, dass der schon einige Male als Einzelabreibung gebucht wurde, aber noch nie als Gruppenveranstaltung. Noch fehlt bei der Mehrzahl der Macher das Bewusstsein um die eigenen Defizite und man wurschtelt frischfröhlich vor sich hin. Dabei wäre diese Reise in in jeder Hinsicht faszinierend und motivierend. Vielleicht hilft dieser Film dem einen oder andere DJ auf die Sprünge und er macht sich endlich auf den Weg. Nicht weil ich meinen DJ-Workshop verkaufen muss. Das ist sowieso ein Defizitmodell. Sondern weil dieser Weg Tag für Tag ungemein bereichert – so sehr, dass es mir nach wie vor immer wieder mal den Atem verschlägt.

Mach Dich einfach auf den Weg Simon – heute noch. Wenn Du das tust, werden sich Türen öffnen und irgendwann wird sich sogar das Budgetproblem halbwegs lösen lassen. Einen Konzertflügel bekommst Du auch nicht für den Preis eines Gebrauchtfahrrads. Und dort stellt das niemand in Frage. Nur im Tango wird jedesmal gejammert, wenn etwas nicht zum Nulltarif zu haben ist. Aber genau damit kastriert sich diese Szene seit Jahren selbst.

Meine Stellungnahme ist aber keinesfalls persönlich gemeint. Ich meine mich an Dich zu erinnern, falls Du jener Simon bist, an den ich mich aus Regensburg erinnere. Fall mir mein Gedächtnis da keinen Streich spielt bist Du nämlich gar nicht das notorische Sparbrötchen, welches man aus Deinem Zweizeiler heraus zu hören meint ;-)

herzlich – Christian

Christian Tobler hat gesagt…

@ Holger,

vielem von dem was Du schreibst stimme ich grinsend nickend zu. Endlich nennt einer die Dinge beim Namen. Weiter so! In einem Punkt sind wir jedoch nicht der selben Ansicht. Lautsprecher, die an der Tanzfläche stehen anstatt in der Ecke, lösen die Probleme noch nicht. Weil es dann auf Spur eins am lautesten ist und für die erste Tischreihe der Sitzenden kaum leiser. Sunderland lässt grüssen. Die klanglich beste und einzige konsequente Lösung für diese Aufnahmen ist eine Mono-Sound-Ampel in der Mitte des Raums oben, wie sie in den 40ern und 50er oft praktiziert wurde.

Die Aufnahmen der EdO haben aufnahmetechnisch eine ganz grosse Stärke. Falls bei der Restauration nicht zu viel herum gepfuscht wurde, weisen diese mit einem einzigen Mikro gemachten Mono-Aufnahmen kaum oder keine Zeitfehler auf. Daher reagieren sie extrem negativ auf jegliche Phasenverschiebung bei der Bearbeitung oder Lautsprecheraufstellungen, bei denen der Klang das Ohr zeitverschoben mehrmals erreicht. DJs mit einem geschulten Ohr werden hören, wann Delay her muss und wann Delay nicht mehr hilft und eine andere Aufstellung der Lautsprecher her muss. 90% der Macher haben sich darüber leider noch nie Gedanken gemacht. So ein Aufbau inklusive Soundcheck kann mehrere Stunden in Anspruch nehmen. So viel Aufwand wollen viele DJs leider keinesfalls leisten. Und viele Veranstalter zeigen einem DJ den Vogel, der ihnen klar macht, wieviel Vorlauf handwerklich sauberes DJen bedingt.

Angesichts des Wissens über das viel DJs verfügen, der Technik und der Digitaldaten, die viele DJs einsetzen gibt es schrecklich allerdings auch noch nach dem Abarbeiten der Grundlagen der Psychoakustik schrecklich viel Nachholbedarf. Der Film handelt von den letzten 10% des Machbaren. Im Tango Argentino erreicht die überwiegende Mehrzahl der DJs kaum 30% des Machbaren erreicht, obwohl 50% problemlos erreichbar sind. Damit verschenken sie die Hälfte auf leichtfertige Weise.

Wer mehr als 50% erreichen möchte –  und danach schreien die Qualitäten der Aufnahmen der EdO ständig lauthals – der wird nicht darum herum kommen, in wirklich gute Technik zu investieren. Und die gibt es weder zum Nulltarif noch zum Schnäppchenpreis. Mit den Restaurationen, die heute auf dem CD-Markt zu finden sind, kann ein DJ mit entsprechender Sorgfalt 60, allenfalls 65% des Machbaren erreichen. Für mehr, und dieses Mehr klingt unglaublich toll, braucht es jedoch bessere Restaurationen plus makellose Studiotechnik. Prosumer-Geräte können da nicht mehr mithalten.

herzlich – Christian

Christian Tobler hat gesagt…

@ alle,

ein Paar Worte noch zum immer wiederkehrenden, besonders lästigen Thema Knistern und Knacken: Restaurationen, die auf der Basis eines Transfers einer Schellack oder einer LP gemacht werden –  und das sind auf Grund der Aufnahmetechnik sämtliche Aufnahmen aus Bs As bis in die frühen 50er-Jahre hinein – können nicht gut klingen, wenn alle Abspielgeräusche der Platte weg gefiltert werden. Eine Restauration einer EdO-Aufnahme ohne Abspielgeräusche der Quelle klingen in etwa so unangenehm für Ohren, wie eine Kopulation ohne Körperflüssigkeit sich für andere Körperteile anfühlt. Ich hoffe, ich habe mich deutlich genug ausgedrückt.

Wer diese Binsenwahrheit noch nicht verinnerlicht hat, kann sich kaum auf die faszinierende Klangreise dieses Films begeben. Das ist wie ein Kinobesuch mit angezogener Handbremse des Hirns. Stefan Knüpfer liefert dazu im Film auch gleich die Erklärung. Alles – will heissen jede Veränderung – ändert den Ton: selbst Staub, der entfernt wird. Lasst Euch von seinem schmunzeln nicht hinters Licht führen. Der Mann weiss, wovon er spricht.

Aber warum reagieren viele DJs allergisch auf Laufgeräusche? Was läuft da schief? Viele argentinische CDs wurden so stark gefiltert, dass Instrumente und ganz besonders Stimmen dünn und metallisch klingen. TJs die nun nochmals filtert schmeissen die kläglichen Reste der Musik endgültig in die Tonne. Andere argentinische CDs wurden so hoch ausgesteuert, dass ein Teil der extrem steilflankigen und kurzimpulsigen Abspielgeräusche in der digitalen Domäne zu schrillen intersample peaks werden.

Gute Studiowandler stecken so was einigermassen entspannt weg ohne zu verzerren weil mehr als genug head room vorhanden ist. Die meisten Consumer-, Prosumer-Geräte und natürlich jeder Wandler in einem Laptop geraten in solchen Situationen heftig ins Klippen. Und das klingt in der digitalen Domäne grässlich. Wenn jetzt noch verlustbehaftete Komprimierung eingesetzt wird, verstärkt das diese Artefakte bereits an der Quelle und die Wandler verzerren noch brutaler. Wer das Phänomen der intersample peaks noch nicht durchschaut, findet bei TC Electronics ein exzellentes white paper dazu.

Und wenn am Ende der Audio-Kette an einer Milonga billige PA-Technik eingesetzt wird, die für elektronisch generierte Musik und gesundheitsschädigend hohe Lautstärke entwickelt wurden, dann ist im Tango Argentino Hopfen und Malz verloren. Solche Lautsprecher haben in den Mitten eklatante Schwächen und bei moderater Lautstärke eklatante Schwächen. Aber genau dort haben die EdO-Aufnahmen ihre grössten Stärken. Das klingt dann wie eine Faust auf's Auge. Solche Lautsprecher dicken zudem den Bassbereich unangemessen auf damit es so wummert, was allerdings überall ganz viele andere Klänge kaschiert und damit die Klangbalance aus dem Lot schmeisst. Solche Lautsprecher verstärken Artefakte in den Höhen auf besonders unangenehm klingende Weise, weil sie ohne Hirn und Verstand auf übertriebene Präsenz getrimmt sind.

So eine Kette klingt tatsächlich sehr ermüdend und irritierend. Daher wird der DJ nun den letzten Rest an Musikqualität mit einem klickibunti-Mischpult mit fünfzig Knöpfen und hundert Lämpchen wegfiltern, welches sich klanglich auf Kinderüberraschungsniveau bewegt und bei dem weder Einsatzpunkt noch Flankensteilheit im chanel strip einstellbar sind. Und damit ist der Mist geführt, wie man in Bayern so schön sagt.

All das liegt aber nicht an den suboptimalen Restaurationen sondern daran, dass DJs ein Vorgehen einsetzt und Technik benützen, welche für dieses Musik-Genre völlig ungeeignet ist. Die meisten Restaurationen sind tatsächlich subobtimal. Aber mit genügend Knowhow und passender Technik, liessen sich sogar damit an Millongas bis 65% herausholen.

herzlich – Christian

cassiel hat gesagt…

@Christian

Um einmal Größenordnungen zu nennen: Ich habe eine milongataugliche Anlage mit 4 aktiven Boxen zusammengestellt, die etwa 2.000 bis 2.500 Euro (gebraucht) gekostet hat. Der summierte Neupreis für die einzelnen Komponenten liegt bei etwa 6 bis 8 Tsd. Euro. Man kann also bei der Beschaffung wirklich sparen, wenn man sich nach Gebrauchtkomponenten umschaut. Einen Anfang kann man mit dem oben erwähnten Cambridge-Wandler machen (den kann man mühelos an den optischen Digitalausgang jedes aktuellen MacBooks hängen) und zwei günstige aktive Studiomonitore (vielleicht kleine Tannoys oder Lautsprecher der Firma Fostex) beschaffen. Damit kann ein DJ für ein paar Hundert Euro zu Hause beginnen (und da beginnt es: im stillen Kämmerlein des DJs). Für die Milonga reicht das freilich nicht.

Ich wurde neulich als DJ angefragt. Meine Konditionen waren ein Euro pro zahlendem Gast und 10 Cent für jeden gefahrenen Kilometer sowie 50 Euro Miete für die mitgebrachte Anlage; es wären in der Summe vielleicht 100 Euro gewesen. Das war den Veranstaltern zu teuer. Wir haben uns jetzt auf 50 Euro geeinigt. Mit solchen Tarifen im Tango hat eigentlich niemand Lust, in gutes Material im Tango zu investieren. Für mich war dieses Auflegen wichtig, weil ich wieder ein wenig mehr Übung beim DJing brauche, nur für das Geld muss man unter solchen Bedingungen nicht anfangen.

Ich denke, wir brauchen auch eine Initiative, daß DJs halbwegs ordentlich bezahlt werden. Für eine fünf stündige Milonga brauche ich zumindest 5 Stunden Vorbereitung. Bei 100 Euro Gage käme ich also auf 10 Euro Stundenlohn (das ist ein üblicher Tarif für studentische Aushilfen in der Gastronomie). Jetzt sind aber Kosten für Ausrüstung und CDs noch überhaupt nicht gerechnet.

Christian Tobler hat gesagt…

@ Cassiel,

alles was Du schreibst stimmt. Jeden Satz davon kann ich unterschreiben. Leider verschieben sich solche Wandel initiierenden Diskussionen immer so schnell in technischen Gefilde –  inklusive Nennung von Marken und Modellen. In Deinem Fall sollte vielleicht ergänzt werden, dass die späte Version 2i hörbar besser klingt ;-) (und ich scherze nicht)

Techtalk mag in einem zweiten Schritt angebracht sein. Vorher muss Aufbruchstimmung in den Köpfen möglichst vieler Macher, also bei Milonga-Betreibern und DJs entstehen. Und das auf epische breiter Basis bitteschön. Und genau hier sehe ich das Potential dieses Films. Es wäre schön, wenn ganz viele Macher wie Tänzer hier beschreiben, was der Film Pianomania in ihnen auslöst an Erkenntnissen und Wünschen. Wer Musik liebt, den kann dieser Film unmöglich kalt lassen. Es kann auch nichts falsch sein, an dem was man beim betrachten des Films entdeckt und empfindet.

Weil Materie von Gedanken gesteuert  wird – nicht umgekehrt. Als erstes muss immer ein Aufbruch in der Birne stattfinden. Erst hinterher kann jener Prozess starten, in dessen Verlauf irgendwann auch der Kauf guter Audio-Technik ansteht. Noch halte ich es für zu früh, um hier über Marken und Modelle zu debattieren – finde ich. Zudem muss so eine Diskussion online fast immer scheitern. So eine Diskussion beinhaltet fast immer enormen Konfliktstoff.

Diese Konflikte kann man nur von Angesicht zu Angesicht auflösen – wenn beide Kontrahenden im selben Raum die selbe Technik hörend einen intensiven und konstruktiven Dialog führen. Es gibt schon genug Blogs, in denen vermeintlich Meinungsmacher ihre Vorurteile und ihre Inkompetenz über Audio-Technik belegen, die noch nie gehört haben – gearheads eben.

Pekuniär betrachtet sind TJs im Tango-Zirkus tatsächlich jene armen Teufel unter den Machern, welche ihre Arbeit Woche für Woche, Monat für Monat, Jahr für Jahr selbst kaufen müssen. Solange TA nicht beginnt, sich nicht auf ganz andere Weise zu finanzieren – was viele andere Kunstformen übrigens schon seit Jahren vormachen –  wird dieser durchaus legitime Wunsch leider genau das bleiben: Wunschdenken. Natürlich muss auch diese Diskussion bald geführt werden. Damit sie in Fahrt kommt, braucht es jene Aufbruchstimmung, die ich mir von einer intensiven Diskussion zum Film Pianomania erhoffe. In diesem Sinn hoffe ich auf eine rege Teilnahme an diesem Thread. Da es dabei nicht um Technik geht, ist jeder Kinobesucher kompetent, der auf seine Ohren hört anstatt auf Vorurteile.

herzlich – Christian

Unknown hat gesagt…

Ich kann die Beiträge von @Cassiel und @Cristian nur zustimmen – es ist an der Zeit eine Diskussion zu beginnen, die sich mit der Qualität der Tanzveranstaltungen auseinander setzt und in speziellen der Qualität der angebotenen Musik thematisiert. In diese spezielle Artikel beschäftigt @Cassiel uns mit technische Aspekte der Wiedergabe traditioneller Tangomusik und mach tendenziell die Veranstalter und TJ für der mangelnden Qualität zuständig. Das ist zwar alles richtig, aus meiner Sicht aber nur die halbe Wahrheit.

In diesen Zusammenhang stelle ich mir folgende Fragen:

- Welche Motivation soll ein Veranstalter haben, der Qualität einer Milonga zu erhöhen (und ich meine nicht nur der Qualität der Musikwiedergabe), wenn der vorwiegende Wunsch der Gäste auf der Minimierung des Eintrittspreises zielt. Wie soll der Veranstalter eine lokale Milonga angemessenen TJ-Gagen zahlen, wenn der Eintrittspreis seit Jahren einstellig bleibt. Solange eine Milongabesuch preiswerter ist als eine Kinovorstellung ist, wird, meine Überzeugung nach, in angemessene Technik nicht investiert.

- Welche Motivation soll einen TJ haben, in den Qualität der Musik zu investieren, wenn die Mehrheit der Tänzer diese Musik als taktgebende Beiwerk betrachten. Der Trend zu Neo- und Nontangos ist in diesen Fall relativ leicht erklärbar – diese klingen auf die billigste PA-Anlage immer noch besser als die kratzenden und rauschenden traditionelle Tangos.

Meine Überzeugung ist, dass die Diskussion bei uns Tänzer anfangen soll. Die Veranstalter und TJ orientieren sich an unsere Bedürfnisse und Wünsche. Mir ist es langsam leid, das ewigen Argument "Was willst du den, alle tanzen und sind glücklich" zu hören. Solange wir Tänzer Kompromisse mit uns selbst machen und jede Frechheit in Zusammenhang mit der Qualität der Veranstaltungen und Musikauswahl dulden, wird sich nichts ändern. Oder sind meine Überzeugungen wieder Talibanismus und keiner macht Kompromisse mit irgendwas.

cassiel hat gesagt…

@Sweti

Vielen Dank für Deinen Kommentar. Ganz so düster sehe ich die Situation im Tango Argentino aber nicht. Ich habe neulich eine Milonga aufgelegt und da kamen dann Besucher zu mir und haben sich für den guten Klang und die Musikauswahl bedankt. Ich denke, die Anhänger eines qualitativ hochwertigen Tangos (sowohl klanglich, als auch tänzerisch) müssen in Vorleistung gehen.

Es hilft leider nichts. Natürlich werden Angebote mit massiver Werbung in den Markt reingedrückt, die man nur mit viel gutem Willen als mittelmäßig bezeichnen kann. Es ist eben so. Allerdings wird sich Qualität, die einmal erlebt wurde, langfristig in den Köpfen der Leute festsetzen.

Es bleibt vviel zu tun... :-)

Loretta hat gesagt…

"Stefan Knüpfer berichtet von Pianisten, die auf einen gleichmäßigen Klang eines Flügels großen Wert legen und auch entsprechend spielen. Spielt ein solcher Pianist einen Flügel, dann hat er als Techniker den Eindruck, daß der "Abdruck" dieser gleichmäßigen Spielweise im Resonanzboden des Flügels zurückbleibt, somit also das Instrument nach einem solchen Konzert gleichmäßiger klingt als vorher."

Das ist natürlich Esoterik, in Wirklichkeit kann man so etwas nicht hören man kann es sich nur einbilden. Niemand wäre in der Lage einen solchen Abdruck zu identifizieren. Dass selbst oder sogar gerade Profimusiker einen solchen Mythos aufbauen und pflegen ist sicher werbewirksam aber wir müssen zum Glück nicht alles glauben. Die berühmte Doppelblindstudie in der Topmusiker noch nicht einmal in der Lage waren Geigen unterschiedlichsten Alters und Baumeister zu identifizieren und ihre Qualität zu beurteilen zeigt einem die Grenzen des Wahrnehmungsvermögens selbst bei Genies. Nun wir sind nicht alle Genies, sind in einer Milonga und nicht im Konzertsaal, und da willst Du nun hören ob einer der Lautsprecher zuvor elektronische Musik übertragen hat. Cassiell! Das Thema ist wirklich interessant aber manchmal geht der Gaul mit Dir durch.

cassiel hat gesagt…

@Loretta

Vielen Dank für Deinen Kommentar. Ich hätte vor zwei bis drei Jahren so argumentiert wie Du, insofern ist mir das nicht fremd. Inzwischen bin ich mir nicht mehr sicher. Natürlich kann man bestimmte akustische Dinge nicht mehr messen, aber es ist ein Unterschied. Man muss sich darauf einlassen.

Vielleicht lautet die entscheidende Frage nicht (!), ob es nun so etwas gibt oder nicht. Vielleicht ist es einfach nur wichtig, die Möglichkeit einer solchen Signatur einer Musik in technischen Geräten in Betracht zu ziehen.

Anonym hat gesagt…

Mal wieder ein sperriger Beitrag, keine leichtverdauliche Kost, ungewöhnlich, um die Ecke gedacht ..... und ..... und .....

Aber: Die Gedanken sind neu, innovativ und wichtig .....

Ganz lieben Dank
eine inzwischen treue Leserin

Loretta hat gesagt…

Hallo Cassiel, messen kann man das unter Umständen (also zumindest ob eine Geige eine Guarneri von 1740oder ein 3-Jahre alter Neubau ist ganz sicher) nur eben nicht hören bzw. man kann die Qualität des Klangs nicht vorurteilsfrei einschätzen. Vor 3 Jahren hätte ich auch noch geglaubt, dass ich das kann.

Den zweiten Teil Deiner Antwort habe ich nicht verstanden.

Tangosohle hat gesagt…

@ Loretta, Cassiel,
gute und sehr gute Musiker haben das schon immer gesagt, ein Instrument klingt nach dem/denen, die darauf spielen. Ich habe das bis jetzt ausschließlich von Holzinstrumenten gehört. So gibt es Streicher, die ihr Instrument deswegen nicht aus der Hand geben, weil andere Spieler ihren "Abdruck" hinterlassen würden, was den Klang dann verstellt. Umgekehrt ist es eine Ehre, wenn ein Lehrer einem (besonders begabten) Schüler ein Instrument überlässt, damit dieser jenseits von Technik, Ausdruck etc. hören lernt, was alles noch in der Musik steckt, wenn man erst einmal das richtige Instrument hat. Berühmt ist das Cello "Mara" (*1711, Stradivari), meines Wissens zu letzt in Händen von Heinrich Schiff, bekannt durch den Roman von Wolf Wondratschek. (Schiff hat die Mara auch einzelnen Schülern überlassen).
Ich bin zwar Aficionado in vielerlei Beschäftigungen mit Musik, besonders dem Tango, aber bei weitem kein Vollzeit-Profi in Sachen Musik. Mit diesem Hintergrund sage ich: Ich glaube das schon, kann mir das auch vorstellen. Schließlich sprechen wir bei Flügeln wie Streichinstrumenten von lebendigem Holz. Aber persönlich nachprüfen kann ich das nicht.
Mit Lautsprecherboxen verhält es sich etwas anders. Hier ist zwar auch Holz verarbeitet. In der Regel liegt auf der Holzqualität kein großer Schwerpunkt, vielmehr auf der Verarbeitung elektroakustischer Erkenntnisse in Volumen, Dämmung, Weichen, Wandstärke, Wanddichte etc. . Ich beobachte aber auch hier eine gewisse Glaubensauseinandersetzung. Also, wer's glaubt und dabei selig wird, warum nicht.

@Beitrag, Diskussion, Leser, Diskutanten
Man kann es nicht oft genug sagen: Die musikalische Qualität auf einer Milonga ist ein wichtiger Faktor zum Gelingen derselben, Beglückung der Besucher, etc. Und da fehlt bei vielen Veranstaltern Fachwissen, Mut zum Probieren, Unzufriedenheit über das Bestehende. Doch die Suche nach Perfektion ist nicht die Lösung. Man kann schon Perlen vor die Säue werfen, deswegen wird eine Milonga nicht besser. Das erinnert mich eher an die mittelalterliche Versuche, Quecksilber in Gold zu verwandeln. Ich habe mir sagen lassen, dass in der Geburts- und Bezugsstadt des TA das Thema der Wiedergabe nicht existiert. Boxen sind falsch aufgestellt, die Musik zu laut, verzerrt. Und wenn ich einmal einen TJ aus Argentinien höre, bin ich (und viele Teilnehmer) merkwürdig verstimmt über die schlecht und zu laut ausgesteuerte PA. Trotzdem schwärmen die Argentinienfahrer immer wieder vom Tango in BsAs. Aber nicht von der Qualität der tracks.
Tango ist ein Tanz des Herzens und getanzt wird auf dem Tanzboden.
Der ein oder andere hatte sicher schon einmal das große Glück, trotz widriger Umstände (Musikauswahl, -qualität, Boden, etc.) hervorragend Tango zu tanzen. Da wird schnell klar, wieviel unterschiedliche Tangowelten es gibt.
Grundsätzlich bemerke ich, dass die Milongas immer besser werden. Sowohl, was Aufmerksamkeit der DJs betrifft, Qualität der Wiedergabekette wie auch Verhalten auf der Piste. Es findet also schon eine Auseinandersetzung und Neuentscheidungen statt. Aber es schreit nicht jeder laut damit rum.

Sommerliche Grüße

peter fangmeier hat gesagt…

das sweti recht hat... ein einstelliges greenfee :-) das sich gastronomie und dj noch teilen müssen führt letzlich zum untergang einer jeden milonga (überall). wenn mir ein befreundeter gastronom im gespräch sagt das er einen durchschnittlichen umsatz kleiner 3 € pro person hat !!! kann sich jeder vorstellen das es wirtschaftlicher ist auf eine milonga zu verzichten. fairtrade! sollte auch in einer milonga möglich sein.

ein grenfee in höhe einer lokalen kinokarte sollte sich jeder leisten können... und dann haben alles was davon gastronomie, veranstalter dj und tänzerInnen

Thomas hat gesagt…

@Loretta
Als Instumententenbauer lebe ich tagtäglich mit unerklärlichen Phänomenen, die als esoterisch erklärt oder abgetan werden können. Esoterik ist für mich 'verborgenes Wissen' und als solches nicht negativ. Wenn etwas nicht messbar ist, heisst das nicht, dass es nicht existiert. Seriöse Wissenschaftler (sollten) sagen: Wir können es nicht messen, oder: wir haben dazu kein Modell, und gehen dann daran, ihre Hausaufgaben zu machen. - In einigen Metern Entfernung beginnen die Unterschiede zwischen Instrumenten tatsächlich zu verschwinden, und auch in Tonaufnahmen können sie nicht mehr zugeordnet werden. Sehr wohl aber ist das Spielgefühl des Interpreten zu bemerken, und da spielt die Bauweise (Material) und Intonation die entscheidende Rolle. Wie der PKW von Cassiel bekommt das Instrument seinen Stempel aufgedrückt, beim Bau und später beim Spielen. Und diese Phänomene sind sehr wohl real und reproduzierbar. - Die Welt des Instrumentenbauens (und des Klavierstimmens) ist natürlich sehr begrenzt, aber ich denke (bzw. weiss), Phänomene dieser Art spielen auch in der Welt der Milongas eine grosse Rolle.

chamuyo hat gesagt…

meine Meinung zu der Aufstellung der Boxen:
Sie gehören in die Ecken der Tanzfläche ca. 40 cm über den Köpfen. Wenn sie nicht fest installiert sind, brauchen sie Ständer. Es ist unmöglich, Ständer unfallfrei in den Ecken der Tanzfläche aufzustellen. Irgendeiner stolpert drüber. Daher müssen sie leider in die Ecken des Raums, aber nicht direkt an der Wand. Jetzt kommt es auf die Abstrahlcharakteristik an. Sie sollen möglichst eng konzentriert sein, vor allem in vertikaler Richtung. Standard sind 90°, das ist eine Katastrophe, es produziert nur Echos über die Decke und es kommt wenig auf die Tanzfläche an. 45° oder weniger sind machbar.
Es müssen 4 sein und auf keinen Fall nur auf einer Seite. Das mag für Live-events OK sein, aber für Konserve möchte ich überall den gleichen Pegel haben. Mit Musik aus einer Richtung ist das nicht machbar, es ist an einer Stelle zu laut, an einer anderen zu leise. Eine Verstärkung durch weitere Boxen erfordert ein LS Management, das selbst die Profis kaum richtig einstellen können.
Die Aufstellung in der Mitte ist für mich befremdlich und ohnehin nur bei fester Installation machbar.
Das Ziel muss sein, vom Sound angenehm umhüllt zu sein.

Loretta hat gesagt…

@ Thomas

Natürlich gibt es in der Kunst (sehr viele) Phänomene die man nicht objektiv in einem Experiment messen kann und die trotzdem Realität besitzen (z. Bsp. wenn ich sage: ich liebe diesen Tango) aber umgekehrt gibt es auch Dinge, die man messen aber nicht hören kann. Und es gibt Dinge, die man sich gerne einredet. In dem besagten Experiment bevorzugten die Probanten, wenn sie wussten dass sie eine Stradivari hören, diesen Klang, wenn sie es nicht wussten bevorzugen sie den Klang eines relativ neuen Instrumentes. So scheitern offensichtlich auch Topmusiker, wenn sie die Klangqualität einer Geige ihrem Alter oder ihrem Erbauer zuordnen sollen (für ein Messgerät ist das kein Problem).

@ Tangosohle
Und daher: der Meisterschüler wird die millionenschwere Stradivari seines Meisters nicht zurückweisen und damit den Mythos weiter befeuern und auch an ihn glauben.

Tangosohle hat gesagt…

@ Loretta,
das sind schon spannende Ergebnisse, hört sich ziemlich phänomenologisch an. Daraus ergeben sich schöne Anschlussfragen.

Aber um aufs Thema zurück zu kommen, ich habe meine "Blindversuche" als DJ unternommen. Also absolut unwissenschaftlich, aber mit der sich wiederholenden Beobachtung: Lege ich z.B. eine Carabelli-Tanda aus der mp3-Edition "Tango de mi vida"(Rial) auf, gilt das als verstaubter Tango. Carabelli in der Cta-Edition, natürlich als aiff gespeichert, lässt die Füße zucken und die Tanzfläche füllt sich rasch. Meine Theorie: Die Gäste hören etwas oder nehmen etwas wahr, was sie zum Tanzen treibt. Ich weiß im Gegensatz zu den Gästen natürlich, Cta ist ein sauber editiertes Label (das allerdings auch seinen Preis kostet).

Christian Tobler hat gesagt…

@ Loretta,

Teil 1: ich bin nicht der Ansicht, dass in diesem Fall der Gaul mit Cassiel durchgegangen ist. Ich möchte daher einen Vergleich anstellen und dabei am Ende ausführlicher werden. Vielleicht wird dann ein klein wenig klarer, was da geschieht in diesem Film. Mein allererstes Auto war ein uralter Mini –  das Original, nicht dieses aufgemotze Etwas von BMW. Erst- und Vorbesitzer war ein noch älteres Ehepaar, welches in Altersheim umzog und deshalb seinen Haushalt auflöste.

In den ersten Tagen hatte dieses Auto gemäss Tacho eben mal eben die 100km/h-Marke berührt: aber nur auf der Autobahn begab, mit reichlich viel Rückenwind. War ich frustriert. Einen Monat später – ich gestehe, ich war mal bekennender speed freak – war auf dem Tacho erst bei gut 160km/h – die Skala war längst zu Ende – das Ende der Fahnenstange erreicht. In Wirklichkeit waren das vermutlich knapp 140km/h. Tachos müssen ja von Gesetzes wegen vorauseilend eingestellt sein.

Techniker erklären dieses Phänomen schnell: Täglich anstatt selten gefahren und dabei ständig bis zum Limit ausgereizt. So was tut Technik wohl, solange man sie dabei nicht über die Grenze ihrer Belastbarkeit quält. Auf diese Weise waren die Brennräume nach ein paar Wochen gänzlich von Russ befreit und alles lief rundum rund. So was bewirkt zusammen mit neuen Kerzen wahre Wunder.

Niemandem würde es einfallen, hier von Esoterik zu reden. Aber nur, weil die Prozesse dahinter bekannt und offensichtlich sind. Nun sind wir Menschen nicht allwissend. Sonst könnten wir heute noch sämtliche Wissenschaftler aus der Forschung in den Bereich Anwendung transferieren und danach die überzähligen klugen Köpfe sofort in Rente schicken oder Strassen ausbessern lassen. Wenn wir aber nicht allwissend sind, dann lässt sich auch nicht alles, was auf diesem Erdball geschieht wissenschaftlich erklären und belegen. Daher ist das Fehlen einer wissenschaftlichen Erklärung kein Beweis dafür, dass etwas nicht sein kann. Vielleicht solltest du Loretta mit dem Attribut Esoterik sparsamer umgehen.

So ein Formel-1-Ding wie ein 280er-Konzertflügel von Steinway besteht kaum aus weniger Teilen als ein Auto und kostet gleich viel wie eine Luxuslimousine. Steinway hält übrigens über 100 Patente im Pianobau. Das sind also keine Esoteriker. Um einen D-274 von Steinway zu warten muss ein Klavierbauer ebenso erfahren sein, wie ein Automechaniker im Rennsport. Solche Leute sind zwar immer noch Mechaniker und damit Handwerker. Aber in ihrem Metier sind sie so was wie hochgezüchtete Vollblüter. Wenn solche Leute dann über Jahre hinweg nichts anderes tun, als aus einem von Menschen erdachten, entwickelten und im Rahmen einer Manufaktur gebauten sowieso schon ziemlich perfekten Stück Materie das letzte Quäntchen Spitzenleistung herauszukitzeln, dann geschehen zwangsläufig Dinge, die sich manchmal kaum wissenschaftlich erklären lassen.

Christian Tobler hat gesagt…

Teil 2: Wie Loretta erklärst du zB, warum ein Piano, welches lange nicht bespielt wurde schlecht klingt, schlechter als eins, welches tagtäglich stundenlang von einem Könner bespielt wurde? Mit Esoterik hat auch das nichts zu tun. Mit dem menschlichen Körper ist es ja nicht anders. Leg dich zwei Wochen lang ins Bett und bewege dich kaum. Du wirst dich wundern, wie schnell dein Körper abbaut. Das ist alles schrecklich simpel. Menschen wie Dinge, die nicht gebraucht werden beginnen ganz schnell zu rosten und abzubauen. Menschen wie Dinge, die sehr gebraucht und intensiv genutzt und allenfalls geliebt werden erklimmen Spitzenleistungen, solange man sie nicht überfordert und sie daran zerbrechen. Warum sollten ausgerechnet Pianos oder Geigen von dieser Binsenweisheit des Lebens ausgenommen sein?

Immer noch nicht überzeugt? Dann eben nochmals zurück zum banalen Blechhaufen mit vier Rädern: In der Stadt in der ich aufgewachsen bin, gab es einen Automechaniker zu dem sämtliche speed freaks ihr Auto brachten, wenn sie ihre mechanischen Mehrfachvergaser perfekt eingestellt haben wollten. Eigentlich konnte diese Arbeit jede Werksvertretung erledigen. Dazu hatten die präzise Messuhren inklusive umfassender Ausbildung. Aber dieser eine Mechaniker, ein Italiener im Pensionsalter, konnte das besser als jedes Messinstrument. Er erledigte diese Job so, wie vor wenigen Jahrzehnten noch jeder wirklich gute Automechaniker arbeitete: Er benützte dazu fast ausschliesslich sein Ohr, was neben dem Können eine banale Frage langjähriger Erfahrung ist.

Ich weiss noch wie ich als sechsjähriger Knirps vor Ehrfurcht erstarrt auf dem Mäuerchen vor sein winzig kleinen Werkstadt sass,  die Einfahrt war mit Alfas und Jaguars zugeparkt und dazwischen steckte der eine oder andere Rennwagen und natürlich immer auch einige Ferraris und Porsches, Exoten und Oldtimer. Es war faszinierend dem Professore –  niemand auch nicht seine Kunden kannten seinen Vornamen – beim Arbeiten zuschaute. Er benütze dazu ein altmodisches, rund 20cm langes Hörrohr. Nur selten holte er ein Stetoskop von der Wand um eine besonders knifflige Aufgabe zu lösen.

Er bat seine Kunden, das Auto warm gefahren abzuliefern. Dann öffnete er die Motorhaube, liess den Motor vor sich hin holpern und hörte ohne Hörrohr einige Minuten einfach nur zu während dem er immer wieder um das Auto herum lief, den Kopf gelegentlich von einer Seite auf die andere wiegte und einzweimal kurz die Vergaserbatterie von Hand öffnete und wieder zurück schnellen liess.

Irgendwann hat er dann sein Hörrohr aus der Hosentasche gezogen und angefangen zu arbeiten, indem er sich buchstäblich in den Motorraum verkrochen hat. Professore war keine 160 gross und musste bei manchen Boliden tatsächlich auf die Haube klettern um mit seinem Hörrohr überall hin zu kommen. Alles was er für seine Arbeit gebraucht hat, war das Hörrohr und einige Schraubenzieher und -schlüssel. Nach einer halben Stunde für die beiden banalen Dreifachvergaser meines Vaters Autos bis eineinhalb Stunden für die beeindruckende Vergaserbatterie eines Zwölfzylinders war der Job erledigt und der Motor brummte auf ganz besondere Weise.

Christian Tobler hat gesagt…

Teil 3: Das konnte sogar ich mit meinen sechs Lenzen hören. Die Motoren schnurrten danach wie zufriedene Kätzchen: lebendig aber harmonisch. Das war für jedes Ohr ein Augenschmaus. Diese Dienstleistung liess sich der alte Mann teuer bezahlen. Für einen Zwölfzylinder verlangte er den Gegenwert einer Monatsmiete einer Arbeiterfamilie, falls er den Besitzer eines Autos nicht mochte.

Selten habe ich erlebt, dass der Professore gar nicht erst mit der Arbeit begonnen hat. Statt dessen hat er den Zündung unterbrochen und den Besitzer mit einer genervten Handbewegung aufgefordert, die elende Kiste sofort aus seinem Reich zu entfernen. Wenn der erschreckte Autoliebhaber dann wissen wollte was Sache ist, hat der Professore ihm im radebrechenden Deutsch eines waschechten Primeros erklärt, was genau am Motor defekt ist und sich geweigert Hand anzulegen, bevor das von der Werkstatt des Kunden behoben war.

Es war schon lustig zu beobachten, wie Rennfahrer wie Geldsäcke, sunny boys wie andere Mechaniker den Professore ehrfürchtig behandelten. Der konnte nämlich ziemlich launisch reagieren wenn er mal schlecht drauf war. Schliesslich hatte er so viele Aufträge, dass er es sich leisten konnte, auch mal jemanden abzuweisen, dessen Nase ihm nicht in den Kram passte. Das Können von Professore war keine Esoterik und noch viel weniger Einbildung. Die Rennfahrer kamen nämlich nur zum Professore, weil sie hinterher kürzere Rundenzeiten schafften.

Inzwischen ist hoffentlich sonnenklar, warum das Resultat der Vergaser-Justierung beim Professore so viel besser war, als das was Vertragswerkstätten zuwege brachten. Die Vertragswerkstätten haben den Job einfach mit Hilfe ihrer Messuhren erledigt und damit basta. Sie haben sich darauf verlassen, was das Auge auf der Skala einer Hilfskonstruktion erkennen konnte und sich damit auf einen einzigen Parameter eines komplexen Ganzen kapriziert.

Christian Tobler hat gesagt…

Teil 4: Ein rein mechanischer, hochgezüchteter Motor ist aber ein unglaublich komplexes Gebilde, in dem unzählige Komponenten aufeinander einwirken. Nicht jeder Zylinder reagiert gleich. Das beginnt bereits bei der Konzeption. Verschieden lange Ansaugwege und unterschiedliche Ansaugrohrdurchmesser können zu unterschiedlichen Füllgraden führen. Verschlissene Kolbenringe können zu unterschiedlicher Leistung einzelner Zylinder führen. All das und noch viel mehr kann nur berücksichtigt werden, wenn man bei der Einstellung der Vergaserbatterie vom grossen Ganzen ausgeht. Der Professore hat jeden Motor als eine in sich geschlossenene in komplexer Wechselwirkung stehende Einheit behandelt und war deswegen einsame Spitze in seinem Job. Ich möchte noch ergänzen, dass das Ohr im Vergleich mit dem Auge um eine Zehnerpotenz genauer auflöst. Wir Menschen haben kein präziseres Instrument als unser Ohr. Einzig der Tastsinn reicht noch einigermassen an diese Leistung heran.

Bei Geigen ist die Wissenschaft erst in den letzten 20 Jahren langsam dabei herauszufinden, warum zB eine Stradivari oder Guarneri so toll klingt. Die einen Wissenschaftler sagen, das habe unter anderem viel mit Pilzkulturen zu tun, welche die Struktur des Holzes im Verlauf kalter feuchter Winter verändert haben. Andere Wissenschaftler sagen, die Ursache liege der mehrfach ausgeführten Grundpolitur mit Propolis. Beim Piano ist die Sache um einiges komplexer. Noch vermag die Wissenschaft nicht zu erklären, wie der Klang eines grossartigen Flügels zustande kommt oder wie man einen optimalen Resonanzboden entwirft und baut.

Natürlich ist für den Klang eines Pianos in erster Linie der Resonanzboden verantwortlich. Aber wie genau das Zusammenspiel zwischen Pianist und Mechanik, Saiten und Gussrahmen, Resonanzboden und Befestigung, Gehäuse und Lackierung, Stimmung und Alterung funktioniert, darüber zerbrechen Wissenschaftler sich immer noch die Köpfe. Zu behaupten die Fähigkeit toter Materie eine Schwingung zu speichern sei Esoterik halte ich daher nicht für statthaft. In einzwei Jahrzehnten wird man auch die Ursachen solcher Phänomene benennen können. Das bedeutet aber nicht, dass ein Phänomen erst existiert, wenn die Wissenschaft es erklären kann. Nur weil ich nicht weiss, wie man Brötchen backt, gibt mir noch nicht das Recht zu behaupten, Brötchen können man gar nicht backen.

herzlich – Christian

Christian Tobler hat gesagt…

@ alle,

Teil 1: Eigentlich stimmt mich recht traurig, was hier kaum oder gar nicht lese. Denn mir fehlt in diesen vielen Kommentaren vieles. Ist das was hier kommentiert wird tatsächlich alles, was Betrachtern einfällt, nachdem sie den Film Pianomania gesehen haben und sich Gedanken dazu machen, was das Gesehene im Zusammenhang mit TA bedeuten könnte? Falls ja, wäre TA eine schrecklich fantasielose, blutarme Szene – finde ich.

Wenn man diesen Film betrachtet, muss doch beeindrucken, mit wie viel Engagement die Protagonisten agieren und immer und immer wieder versuchen, Grenzen nicht nur auszuloten sondern auszuweiten – vorausgesetzt man hört hin. Diese unbändige Lust daran seinen Job jedes einzelne Mal noch ein klein wenig besser zu machen inspiriert doch dazu, auch auf diesen Zug aufzusteigen –  wenigstens in kleinem, bescheidenem Rahmen. Zumal es kaum eine bessere Lösung gibt, um als Macher im TA nicht irgendwann unbemerkt in jene mörderische Falle namens Routine zu tappen, die unweigerlich zu qualitativem Verfall führt.

Im Film lassen sich Künstler und Techniker auf eine kreative Symbiose ein, ein veritables Hirn-Ping-Pong. Daraus mag der eine oder andere Flop resultieren. So viel Freiraum muss sein. Aber im grossen Ganzen werden so meist Dinge erreicht, die Künstler oder Techniker allein niemals bewältigen könnten. Diese klanglichen Unterschiede sind im Film sogar mit der verlustbehafteten DVD-Komprimierung des Downloads auf ACC (Advanded Audo Coding ist MP4, der Nachfolger des Musikkillers MP3) deutlich zu hören. Das bedeutet, dass es sich dabei keinesfalls um Nuancen handelt, denn Nuancen würde bei dieser Codierung verloren gehen. Es hat schon seinen Grund, warum das Buch "mastering audio" von Bob Katz den Untertitel "the art and the science" trägt.

Natürlich werden im TA kleinere Brötchen gebacken. Natürlich haben die TA-Musiker von heute mit Tänzern nicht wirklich was am Hut. Einige behaupten das zwar. Aber das stimmt nicht. Sonst würden sie nicht dermassen an den Bedürfnissen von Tänzern vorbei musizieren. Aber das heisst doch nicht, dass man als Macher im TA deshalb klein beigeben muss. Dieser Film ist eine einzige Aufforderung, nicht in Routine und Gleichgültigkeit zu versinken, nicht mit Glaubensbekenntnissen wie den Folgenden blind, taub und scheintot durch die TA-Welt zu staksen:

Christian Tobler hat gesagt…

Teil 2: "So haben wir das noch nie gemacht. Da könnte ja jeder kommen. Wir haben das immer so gemacht. Das kann gar nicht sein. Dafür gibt es keinen wissenschaftlichen Beleg. Das ist mir zu anstrengend, viel zu viel Arbeit." Es gibt Wissenschaftler die behaupten, eine Hummel könne gemäss den Gesetzen der Physik gar nicht fliegen. Himmel Arsch und Zwirn! Dann sind eben diese Gesetze fehlerhaft oder zumindest unvollständig. Und das werden wissenschaftlich belegte Gesetze auch immer bleiben: lückenhaft, fehlerbehaftet und gespickt mit Vorurteilen. Zum Glück schaffen diese wissenschaftlichen Knallköpfe es nicht, ihren Stuss den Hummeln zu verkaufen. Liebe TA-Macher, werdet bitte ein ganz wenig zu Hummeln und hört bitte nie mehr auf ein klein wenig Hummel zu sein.

Ich wünsche mir zB mehr DJs, die die Lust und den Mut finden, in einer Milonga an der sie schon lange auflegen mal einen ganzen Tag lang mit Lautsprecheraufstellungen zu experimentieren. Womöglich werden sie hinterher ziemlich anstrengende Zeitgenossen sein, weil sie aus diesem Tag so viel Nutzen gezogen haben, dass sie nie mehr mit 08:15 zufrieden sein werden. Womöglich stehen die Lautsprecher am Abend wieder am selben Ort wie am Morgen. Aber auf dem Weg dorthin, werden diese DJs ganz viel über Raumakustik und sich selbst gelernt haben. Und hoffentlich haben sie den Milonga-Veranstalter den ganzen Tag über aktiv in das Geschehen einbezogen, damit auch der endlich aufwacht.

Ich wünsche mir zB mehr Milonga-Betreiber, die die Lust und den Mut finden, ihrer Veranstaltung eine konzeptionelle Ausrichtung zu geben und diese dann ohne faule Kompromisse zu praktizieren, obwohl für eine ganze Weile weniger Tänzer die Veranstaltung frequentieren werden. Wandel ist fast immer mit einem anfänglichen Durchhänger verbunden, wenn das was man betreibt ein Massending ist. Solange Milonga-Betreiber wie Kängurus auf Rohypnol auf Masse anstatt Klasse schielen, kann sich weder das Niveau der Tänzer noch das Niveau der DJs zum Besseren verändern. Dann überwinden wir diesen Fastfood-Tango niemals, der weite Teile von Europa immer noch in Geiselhaft hält.

Mir fallen auf Anhieb noch mindestens ein halbes Dutzend weiterer Tätigkeitsfelder ein, inspiriert durch einmaliges Betrachten des Films Pianomania. Es macht aber keinen Sinn, die hier breit zu treten. Werdet selbst zu Tätern. Zieht euch den ganzen Spass selbst rein. Ich fordere alle Leser auf (sorry Cassiel, das steht mir hier nicht zu, aber das muss jetzt einfach sein), sich ihre eigenen Gedanken und Pläne zu machen, die hier vielleicht zur Debatte zu stellen, aber sie vor allem aller Widerstände zum Trotz zu verwirklichen – egal ob das eine Woche oder drei Jahre dauert. Klar werdet ihr deshalb da und dort anecken. Aber wen interessiert schon das Gejaule ewiggestriger Langweiler, die bereits eine Psychotherapie benötigen, wenn ihr Lieblingstoilettenpapier nicht mehr hergestellt wird und sie auf eins mit anderem Prägemuster umsteigen müssen –  etepetete eben.

herzlich – Christian

Thomas hat gesagt…

bravo Christian!

Chris hat gesagt…

@ Loretta

Ich halte es wie Du, ich halte das für Esoterik oder eben Einbildung. Wer nicht gleich glaubt, die elektrischen Impulse würden Muster in den Leitungen hinterlassen, muß sich auf die Mechanik und die Werkstoffe eines Lautsprechers beschränken.

Der Vergleich mit den KFZ-Motoren hinkt. Dort sind es Ablagerungen im Brennraum der Zylinder und an den Zündkerzen, in den Einspritzdüsen und Kraftstoffeitungen/-filter und höhere mechanische Beanspruchungen, die bei häufigen innerstädtischen Kurzfahrten (viele Kaltläufe mit fettem Kraftstoffmix) und häufigen Beschleinigungen zu einer verringerten Leistung führten. Diese Verschmutzungen werden durch längere Fahrten bei hoher Drehzahl beseitigt.

Elektromusik hingegen verschmutzt oder beansprucht die Lautsprecher nicht mehr oder weniger als Tango oder ein anderer Musikstil.
Aber vielleicht bietet uns einer der Technikfreaks noch eine einleuchtende Erklärung. Jedenfalls eine bessere als ein schmolliges 'nur weil ich es nicht erklären kann, ist es nicht falsch'.

Unknown hat gesagt…

@Chris, @Loretta

Ich bin auch eure Meinung und ich mag Argumente in der Art 'nur weil ich es nicht erklären kann, ist es nicht falsch' auch nicht. Ich bin auch überzeugt, dass die heutige Wissenschaft uns solche Modelle (sprich Gesetze) liefert, dass mehr als einen Arte-Film notwendig ist um diese zu wiederlegen. Diese Gesätze erklären plausibel einem großen Teil unsere Umgebung und es benötigt wirklich sehr viel Wissen, um die Grenzen diese zu erleben und zu erforschen. An deutlichste sprüht man die Grenzen der moderne Wissenschaft wahrscheinlich in der Medizin – einige Gebiete, wie z.B. die Homöopathie, sind z.Zt. nicht abschließend erforscht und deswegen fehlen dort Modelle um die Wirkung solche Mittel zu erklären. Das ist aber nicht das Kernthema diese Diskussion, denke ich.

Für meine Empfindung, geht es hier um den 80/20-Gesetz, oder übersetzt in der Sprache einen Veranstalter/DJ – man muss 20% der Energie/die Ressourcen aufwänden um 80% von den Machbaren, was Wiedergabequalität betrifft, zu erreichen. Gefühlt (von mir) werden auf regionale, regelmäßig stattfindende Milongas (mehr als 1 Mal in Monat) ca. 10% der Machbare erreicht. Die Gründe dafür habe ich in meinen, zugegeben provozierende und polarisierende, post versucht zu erklären. Auch in den Beiträgen von @Christian und @Cassiel findet man Erklärungsansätze dafür.

Für mich geht es nicht um subtile Unterschiede, die weit jenseits der 80%er Grenze liegen und nur mit großen Aufwand und fundierte Kenntnisse der Raumakustik zu bewältigen sind. Es geht auch nicht um hochauflösende Restaurationen, die neulich die Runde bei einigen DJ‘s machten. Nein, es geht darum, dass Veranstalter eine angemessene (auch nicht unbedingt für TA optimierte) PA-Anlage bereitstellen und die Raumakustik mit einfachen Mittel, wie Boxenaufstellung, ein Paar Gardinen und Tischdecken, optimieren. Es gibt in Deutschland einige Toningenieure, die für Paar 100 Euro eine professionelle Beratung in diese Richtung anbieten. Es geht darum, dass ein DJ sich einen vernünftigen DAC leistet. Wenn ich bedenke, was einen guten Fahrrad oder einen Snowboard kosten, verstehe ich nicht, dass diese Investition von Hobby-DJ gescheut wird. Es geht auch darum, dass ein DJ der Unterscheid zw. MP3 und FLAC hört und in Ansätze versteht was einen Kompressor bewirkt. Ja, das alles ist keine Esoterik, wenn man aber diese relativ einfachen Maßnahmen durchgeführt hat, hat man bestimmt die 80%ige Grenze erreicht. Dabei hat man zusätzlich Appetit auf den eine gute Wiedergabe bekommen und wird nie Satt mehr und mehr zu probieren.

cassiel hat gesagt…

Jetzt muss ich mich doch schnell zwischendurch zu Wort melden.

Bei der Frage, ob Musik in einem Lautsprecher ihren Abruck hinterlässt oder nicht, entzündet sich hier eine Diskussion, die m.E. am Kern dessen vorbeigeht, was ich ursprünglich anregen wollte.

Vielleicht ist das Einräumen der bloßen Möglichkeit eines solchen Umstandes der erste Schritt zu mehr Qualität. Ich kann es auch nicht begründen, aber ich habe den Eindruck, daß eine Audiokette besser klingt, wenn sie etwa eine Dreiviertelstunde läuft, es kann aber auch sein, daß sich meine auditive Wahrnehmung dann erst angepasst hat. Oder es liegt an der Temperatur der Bauteile. Ursache und Wirkung wird man nie zweifelsfrei benennen können.

Ich habe in einem anderen Artikel beschrieben, daß ich keine mp3s beim Auflegen verwende. Es kostet mich vergleichsweise wenig, ausschließlich unkomprimierte Daten beim Auflegen zu spielen. Das ist reiner Pragmatismus. Ich müsste also Vergleiche anstellen und dann für einige Milongas wieder mit mp3s arbeiten um dann irgendwann eine bessere Einschätzung zu bekommen, ob unkomprimierte Daten tatsächlich besser sind. Das ist aber m.E. unfair den Tänzern geggenüber (ich würde sie zu Versuchskaninchen machen) und außerdem kann es nie methodisch wasserdicht bewerkstelligt werden. Also lasse ich das.

Auf anderen Feldern akzeptieren wir die fehlenden Erklärungsmodelle der Wissenschaft. Sweti hatte ja schon die Homöopathie genannt. Natürlich werden wir Studien finden, die belegen, die Homöopathie ist wirkungslos - ebenso werden sich sicherlich Studien finden lassen, die das Gegenteil belegen. Oder man schaut auf die Familienaufstellung nach Bert Hellinger, die Kräfte, die da offensichtlich wirken, sind wissenschaftlich nicht erklärbar. Auch in solchen Fragen regiert bei mir der Pragmatismus: Wer heilt hat recht - Theorie hin bzw. her...

Ich bin üblicherweise ein wissenschaftlich denkender und arbeitender Mensch... aber ich bin nicht so borniert, daß ich meine, ich wüsste über alle Umstände der Psychoakustik genauestens Bescheid.

Mir geht geht es um ein umsichtiges Handeln der Beteiligten in der Milonga. Dazu gehört für mich persönlich auch ein sorgsamer Umgang mit Ausrüstung und Geräten...

Loretta hat gesagt…

@ Christian
Ohne Frage Musikinstrumente insbesondere Holzinstrumente werden durch das Bespielen modifiziert, das ist wahrnehmbar und auch erklärbar. Materialien und die Mechanik haben ein Gedächtnis, so dass es von Bedeutung ist wie oft und auch wie ein Instrument bespielt wird. Aber auch hier gibt es Unterschiede: eine Flöte wird der Musiker nicht aus der Hand geben, die Geige schon eher und das Klavier – na ja das hatte er ja nie in der Hand.

Vor diesem Hintergrund hätte fast jeder erwartet, dass bei dem Geigenexperiment ein Spitzenmusiker die Stradivari auch hört. Das Ergebnis ist daher wirklich überraschend. Hier der Link zu der Veröffentlichung

http://www.pnas.org/content/109/3/760

falls es jemand interessiert. Letztlich zeigt diese Studie auch, dass, wenn man permanent unzureichende Antworten bekommt, man mal die Frage überdenken sollte.

Denn wir hören weniger mit den Ohren als mit dem Gehirn. Unsere Ohren sind wie alle Sinnesorgane sehr limitiert während unser Gehirn (vielleicht) die komplexeste Struktur im Universum ist. Bei Nuancen haben unsere Ohren gegen unser Gehirn keine Chance, es bestimmt letztlich was wir hören – in gewissen Grenzen natürlich.

Das ist auch Grund dafür warum wir beides brauchen: Eine gute Audioqualität in den Grenzen der Wahrnehmbarkeit und gute Musik in fein ausgearbeiteter Abfolge – hier ist die Skala nach oben offen.

Und daher @Cassiel: Auch der Austausch der Lautsprecher würde nach einer (deplazierten) Tanda mit Electro Tango die Milonga für dich nicht retten.

Christian Tobler hat gesagt…

@  Chris,

Teil 1: Nein, der Vergleich hinkt in keiner Weise. Dann muss ich eben Tacheles reden. Anhand eines ersten Beispiels (mein erstes Auto) habe ich aufgezeigt, dass was gesellschaftlich breit abgestützt akzeptiert ist, sich wissenschaftlich auf einfachste Weise erklären lässt. Soweit sind wir uns einig. Anhand des zweiten Beispiels (Justierung mehrerer Mehrfachvergaser) habe ich aber auch aufgezeigt, wie schnell eine fachidiotisch-kleingeistige Sicht auf Technologie zu suboptimalen Lösungen führt. Die einen Denken tatsächlich. Andere lassen denken oder verzichten weitgehend auf diesen anstrengenden Prozess, indem sie einen Grossteil der Einflussfaktoren einfach ausblenden – Scheuklappentiger nennt man diese Spezies.

In vielen Bereichen ist die Wissenschaft nach wie vor nicht in der Lage, simpelste Eigenschaften, Qualitäten oder Phänomene zu erklären. Was übrigens nicht weiter schlimm ist. So spielt das Leben. Daher nochmals: Diese Unfähigkeit berechtigt nicht dazu Eigenschaften, Qualitäten oder Phänomene zu leugnen, die wir Menschen mit unseren Sinnesorganen wahrnehmen.

Nur weil ich weitsichtig bin und den Borkenkäfer auf meiner Nasenspitze ohne Brille tatsächlich nicht sehe, habe ich noch nicht das Recht, Borkenkäfern ihre Existenz abzusprechen und meine Verbindung zum Borkenkäfer zu leugnen. Ich müsste lediglich einen Finger auf meine Nasenspitze legen um zu erkennen, dass ich auf dem Holzweg bin. Dazu muss ich natürlich bereit sein, über meine Hutschnur zu schauen. Und in diesem Fall würde es bereits reichen, wenn ich meinen Tastsinn auf der Nasenspitze berücksichtigen würde. Das inquisitorische Zeitalter, in dem Machthaber und Meinungsmacher sich für so wenig Ehrlichkeit zu gut waren weil es unbequem ist, haben wir gottlob längst hinter uns.

Vovox ist einer der renomiertesten Hersteller für analoge Audiokabel weltweit. Gründer Jürg Vogt, meines Wissens promovierter Wissenschaftler und Absolvent der Zürcher ETH hat deswegen so viel Erfolg, weil er sich dem Thema nicht wie die Mehrzahl anderer Hersteller aus Sicht eines Elektro-Ingenieurs angenähert hat. Vogt hat nämlich ein Studium als Werkstoff-Ingenieur hinter sich und in dieser Disziplin Grundlagenforschung betrieben. In der Folge hat er sich dem Thema Kabel mit einem sehr viel komplexeren Fokus angenähert. Er wusste auf Grund seines Studiums und seinen Forschungen, dass der übliche Fokus von Elektro-Ingenieuren, die sämtliche Prozesse in Kabeln von lediglich drei Parametern abhängig machen, eine idealisierte Betrachtungsweise ist, welche den realen Vorgängen in Kabeln die von Strömen durchflossen werden in keiner Weise gerecht werden.

Die Grabenkämpfe welche die Kabel von Vovox im Markt anfangs provoziert haben sind längst am Abklingen, weil immer weniger Tonmeister es schaffen, vor den Vorteilen dieser Kabel ihre Ohren zu verschliessen. Hier hat die Wissenschaft bereits Erklärungen geliefert, wenngleich in einer anderen als der von allen erwarteten Disziplin. Aber für manche Wissenschaftler war es ein gallenbittere Kröte, die Erkenntnisse der letzten 15 Jahre schlucken zu müssen. Sie wären lieber bei ihrem bequemen, simplen Model mit lediglich drei Parametern geblieben. Was wäre diese Welt für ein armseliger Ball ohne Menschen wie zB Jürg Vogt.

Christian Tobler hat gesagt…

Teil 2: Zurück zum Piano: Fakt ist, dass die Wissenschaft zwar einzelne Aspekte des Pianobaus versteht und dazu in den letzten 150 Jahren auch unzählige Patente eingetragen wurden. Für rund 80% der Lautstärke eines Pianos ist der Resonanzboden verantwortlich. Der Bau eines Resonanzbodens ist aber nach wie vor ein Prozess, der auf der Überlieferung handwerklicher Erfahrung aufbaut.

Die Wissenschaft hat noch nicht dokumentieren können, welches wie abgelagerte Holz optimal ist, wie dieses Holz am besten behandelt wird, wie die Bretter idealerweise zu einem Resonanzboden angeordnet werden, wo Stege anzubringen und wie gross sie sein sollen und ganz wichtig: Wie man am besten sicherstellt, dass die für einen dauerhaft guten Klang eines Resonanzbodens notwendige Spannung dieses Gebildes konstruktiv am besten angelegt und bautechnisch möglichst langfristig sichergestellt wird. Die Wissenschaft kann auch überhaupt nicht erklären, wie Risse im Resonanzboden zu reparieren sind, damit der Resonanzboden hinterher wieder optimal klingt.

Kurzum, die Wissenschaft weiss zwar, wie wir auf den Mond kommen, hat aber keine Ahnung davon wie wir ein Piano bauen. Nur ein Wahnsinniger würde angesichts dieser ernüchternden Tatsache darauf beharren, für den Bau und die Optimierung von Pianos nur Erkenntnisse zuzulassen, die sogenannt wissenschaftlich zweifelsfrei absichert sind. Und nur stellt ihr Loretta und Chris in Frage, dass ein Resonanzboden, also ein Stück Holz, welches aus vielen Teilen verleimt und lackiert wurde, die Qualität von Schwingungen denen er über längere Zeit hinweg ausgesetzt war speichern kann und sich in der Folge seine eigene Schwingung zum Besseren verändern. Und das nur, weil man euch dafür noch keine fixfertig vorgekaute wissenschaftliche Erklärung präsentieren kann. Wie wäre es mit selbst Denken anstatt wiederkäuen?

Solange die Wissenschaft in Sachen Pianobau über dermassen wenig Kompetenz verfügt, wie das heutzutags nun mal der Fall ist, haben wir eigentlich nur zwei Möglichkeiten. Entweder wir verzichten ab sofort darauf Pianos zu bauen – so lange bis die Wissenschaft in dieser Sparte ihre Hausaufgaben gemacht hat. Oder wie bauen weiterhin Pianos und natürlich auch so grossartige Gebilde wie einen Steinway D-274, ohne uns darum zu scheren, dass die Wissenschaft uns dabei vorläufig noch kaum helfen kann – zumindest nicht beim für Klang und Lautstärke eines Pianos zentralen Bauteils Resonanzboden.

Und noch was: Es liegt in der Natur der Sache, dass elektronisch generierte Musik, dank 15 Jahre loudness war ausgestattet mit teils annähernd rechteckigen Signalformen –  was logischerweise zu brutalsten Beschleunigungs- und Abbremsvorgängen führt, die sich oft im Millisekundenbereich abspielen, falls der Leistungsverstärker diese Vorgaben überhaupt ohne fehlerhafte Verrundung oder Überschwinger der Signalform umzusetzen vermag – mechanische Komponenten eines Lautsprecher wie zB Sicke und Konus um ein Vielfaches stärker beanspruchen und damit bedeutend schneller altern lassen als die vergleichsweise sanften, tendenziell eher runden Signalformen von Musik, wie sie durch akustische Instrumenten oder menschliche Stimmen entstehen.

herzlich –  Christian

Anonym hat gesagt…

Hallo Christian

"Und noch was: Es liegt in der Natur der Sache, dass elektronisch generierte Musik, dank 15 Jahre loudness war ausgestattet mit teils annähernd rechteckigen Signalformen – was logischerweise zu brutalsten Beschleunigungs- und Abbremsvorgängen führt, die sich oft im Millisekundenbereich abspielen, falls der Leistungsverstärker diese Vorgaben überhaupt ohne fehlerhafte Verrundung oder Überschwinger der Signalform umzusetzen vermag – mechanische Komponenten eines Lautsprecher wie zB Sicke und Konus um ein Vielfaches stärker beanspruchen und damit bedeutend schneller altern lassen als die vergleichsweise sanften, tendenziell eher runden Signalformen von Musik, wie sie durch akustische Instrumenten oder menschliche Stimmen entstehen. "

Ne, Loudness hat nichts mit Rechteck zu tun. Das ist nur eine Anpassung an die gehörte Lautstärke. Welches Instrument liefert denn Sinus? eigentlich doch nur ein Synthesizer. In der Impulskette ist immer noch in Grössenordnungen der LS, der da Signale verbiegt nicht der Verstärker. Der LS hat am meisten Probleme Impulse möglichst naturgetreu nachzubilden, nicht der Verstärker. Die VS können heutzutage nur eigentlich nur zu schwach oder zu wenig robust im DJing sein.

bird hat gesagt…

Hi cassiel,
Hi @,

-"Da wird beispielsweise ein Klang als "lang" oder "kurz", als "offen" oder "geschlossen" beschrieben und im Dialog entwickeln Pianist und Stimmer eine Idee vom endgültigen Klang eines Instruments für eine bestimmte Interpretation. Das ist sehr beeindruckend. Obwohl der Film nicht vom Tango handelt, möchte ich ihn hier gerne allen Milongaveranstaltern und DJs im Tango wärmstens empfehlen. Dieser Film macht deutlich, daß der gute Klang nicht ein Ziel ist, daß man (möglicherweise durch Beschaffung verschiedener Audiokomponenten) einmalig erreicht hat, sondern es wird deutlich, es ist ein langer, kontinuierlicher, manchmal beschwerlicher Weg und es gibt bestenfalls Teilerfolge auf diesem Weg."-

habe den Film leider noch nicht sehen können, da gerade unterwegs aber mit Spannung und Freude diese Diskussion verfolgt.

Ich verstehe dich, cassiel, über die kurze Schilderung dessen, was dir so gut an diesem Film gefallen hat so, dass du wieder einmal dazu ermunter möchtest, dass möglichst viele Menschen die den TA lieben sich gemeinsam auf den Weg machen, um u.a. den Klang zu verbessern.

Deine Beschreibung oben verstehe ich so: Man nähert sich in feinen Schritten an und versucht eine gemeinsame Sprache, vielleicht sogar eine Art gemeinsamen Nenner für Qualität zu finden, die trotz momentaner Festlegung immer wieder offen ist für Veränderungen, Verbesserungen. Und im Tun desselben findet Veränderung, Verbesserung statt, ob messbar oder nicht spielt dabei keine wirklich große Rolle, wenn sie erlebbar, spürbar ist.
Und diese Qualität in vielfältigen Variationen, so vorhanden, kann man auf Milongas erleben. Seit einer geraumen Zeit habe ich hin und wieder die Gelegenheit an einer kleinen, eher privaten Milonga teilzunehmen und stelle dort uneingeschränkt fest, nicht nur die Qualität der Musik ist hier u.a. wegen guter Qualität ist schöner, auch das Miteinander hier ist schöner als andern Orts. So habe ich hier noch nie erlebt das jemand traurig oder verstimmt die Milonga verließ, geschweigedenn Divenverhalten oder Hahnengegockel. Das ist wunderbar und hat meiner Meinung nach ursächlich damit zu tun, dass in dieser Milonga viele Menschen ähnlich in einen Dialog um den TA getreten sind, wie du dir das hier öfter wünschst. Das Inspiriert und begeistert und hat mich unerwartet erleben lassen, was "sozialer" TA heißen kann und da geht es um mehr, als den Klang der Musik allein.
Sweti hat das, finde ich, gut ergänzt: Nicht nur die Veranstalter und TJ´s sind gefordert, sondern alle die an einer Milonga teilnehmen.

cassiel hat gesagt…

@Loretta

Vermutlich sind wir gerade auf dem besten Wege uns glänzend falsch zu verstehen. Ich habe mir den Link angesehen und bin nicht überzeugt. Was sind denn bitte "experienced violinists"? [Diese sog. "experienced violinists" sollen laut Link als Beweis herhalten, daß eine professionelle zeitgenössische Violine besser klingt als ein Instrument der alten italienischen Geigenbauer.] Und was ist mit all den Ausnahmetalenten, die auf Stradivaris, Guaneris, Amatis und wie sie sonst noch heißen mögen, spielen konnten? Irrten sie tatsächlich alle bzw. haben sie sich blenden lassen von dem monetären Gegenwert? Haben Anne-Sophie Mutter, Itzhak Perlman, Nigel Kennedy, David Garrett, David Oistrach, Yehudi Menuhin, Gidon Kremer, Pablo Casals, Jacqueline Du Prè, Yo-Yo Ma, Mstislav Rostropovich usw. keine Ahnung von der richtigen Auswahl eines Instrumentes gehabt? Das kann ich nicht glauben. Ich persönlich vermute, daß mit dieser "Studie" primär zunächst mal der Mythos alter italienischer Violinen gekippt werden sollte.

Wenn sich ein Mensch, wie z.B. Stefan Knüpfer, intensiv mit Konzertflügeln beschäftigt und dann von einem "Abdruck" im Instrument berichtet, dann gehe ich zunächst einmal davon aus, daß er weiß, wovon er spricht. Aus diesem Grunde neige ich dazu, ihm zu glauben - auch wenn sich ein streng wissenschaftlicher Beweis (noch) nicht führen lässt.

Aber vielleicht lassen wir das an dieser Stelle einfach einmal so stehen. Wir werden vermutlich nicht zu einer gleichen Meinung kommen. Ich versuche es einmal anders...

Überspitzt formuliert: Ich beobachte immer wieder, wie eine Tanda Non- bzw. Neo-Tango ihre "Signatur", ihren "Abdruck" in der Ronda hinterlässt. Da ist nach meinem Empfinden mindestens eine halbe Stunde Chaos. Warum soll das nun ausgerechnet bei Lautsprechern anders sein?

@Christian

Mit den Kabeln sprichst Du noch einen offenen Punkt bei mir an. Ich kann mir Vovox-Kabel für mehrere hundert Euro derzeit nicht leisten. Ich würde aber gerne einen Versuch machen.

Und weil ich gerade den Begriff Versuch erwähnt habe. Ich denke, solche Vergleiche sind nicht als einfache A/B-Vergleiche zu realisieren. Dazu gehört eine Eingewöhnungsphase ein Hinhören, ein Sich-Darauf-Einlassen. Ich persönlich würde mir nicht zutrauen, im direkten A/B-Vergleich ein (gut-geripptes) mp3 zu erkennen. Nach Stunden in der Milonga weiß ich aber, ob die Musik komprimiert oder unkomprimiert war (und da irrte ich bisher nicht).

Mir geht es nicht isoliert um Wissenschaft, mir geht es zuerst um die möglichst wenig beeinträchtigte Wiedergabe des Tangos. Dafür arbeite, experimentiere und probiere ich...

Christian Tobler hat gesagt…

@ Anonym 8. August 2013 17:56,

ich habe nicht geschrieben "loudness" sondern "loudness war". Offensichtlich ist Dir dieser Fachbegriff fremd. Ich habe nicht geschrieben "Sinus" sondern "annähernd rechteckigen Signalformen". Lesen müsste man können. Natürlich ist der Lautsprecher das problematischste Glied in der Kette. Bei unpassender Paarung von Endverstärker und Lautsprecher ist es es nicht zu ändern, dass der Verstärker oft überhaupt nicht in der Lage ist, ein sauberes Signal zu liefern. Ich spreche hier vom realen Betrieb an einem Lautsprecher, nicht den praxisfernen Messungen, die Hersteller machen, indem sie ihre Verstärker an Hochleistungswiederständen anschliessen. Nur die wenigsten Endverstärker verstärken wenigstens annähernd das, was sie als Signal erhalten. Dazu werden im Verstärkerbau verständlicherweise zu viele Kompromisse eingegangen, die klangliche Konsequenzen haben –  ganz egal ob im Interesse der Kosten, der Grösse oder was auch immer.

herzlich – Christian

Anonym hat gesagt…

Hallo Christian,

der Begriff ist mir nicht fremd, du hast ihn aber ohne Kommata gesetzt, könnte so auch ein Schreibfehler sein.
Allerdings kann ein dynamisches Musikstück ohne Kompression in einer Milongo untergehen, da die leisen Töne im Milongagrundrauschen untergehen. Es ist wie Klassikhören im lauten Auto. Mit Sinus will ich sagen, da die Acoustikinstrumte sehr vielfältige auch harte Signale wiedergeben, nicht nur bogenweiches, z.B. Geige-Sägezahn.
OrginalLive schafft man auch heute mit der besten Highend Anlage nicht. Wieweit man Geld dann im Glauben oder Realität versenkt bleibt natürlich jedem selbst überlassen. Man kann Kabel für 100 Euro+ den Meter kaufen. Dann muesste man aber wissen wie hoch ist die Aus,-Eingangsimpedanz der Vorstufen, Wie das Verhalten auf Induktive und Kapazitive Last. Oder doch Optisch? Wie sind die AD Wandler? Bestimmt gebt es auch Premiumlichtleiter. Sicherlich klingt es besser, muss ja..


Grüsse Bernd

Christian Tobler hat gesagt…

@ Cassiel,

auch ich bin immer noch weit davon entfernt, nur Vovox-Kabel oder Kabel anderer Hersteller auf dem selben Niveau einzusetzen. Da sitzen wir im selben Boot. Meine Lautsprecherkabel zB sind rund 30 Jahre alt und klingen genau gleich gut, wie das neuste Mittelklassekabel von Vovox. Allerdings klingt das verflixte teuerste Kabel von Vovox um zwei Klassen besser als meines. Aber diesen Höhenflug konnte ich mir noch nicht leisten. Und womöglich werde ich mir das niemals leisten. Denn eigentlich bin ich mit meiner Technik sehr zufrieden.

Ich weiss nicht wie das in Deutschland ist. In der Schweiz ist es problemlos möglich gewünschte Kabel für einige Tage auszuleihen, damit man herausfinden kannst, ob sie die Vorstellungen tatsächlich erfüllen. Wenn Du hinterher aber gar nicht das Geld hast, um die Dinger zu kaufen, dann macht ein Test natürlich kaum Sinn.

Obwohl – wenn Du dermassen neugierig bist, dann teste doch einfach mal übers Wochenende. Nimm Dir dafür aber genug Zeit. Schnelle A/B-Vergleiche bringen gar nichts. Höre Dich zuerst mit Deinen Kabeln eine halbe Stunde ein. Wechsle dann zu Vovox oder was auch immer Du testen willst und höre ebenfalls eine halbe Stunde. Wechsle dann zurück zu Deinen angestammten Kabeln. Falls Du jetzt noch unsicher bist, wiederhole das Ganze so lange bis Klarheit herrscht – aber ohne auf schnelle Wechsel umzusteigen. Minimum 15 Minuten pro Durchgang sollten es schon sein. Das Ohr braucht nach jedem Wechsel ausreichend Zeit, falls so ein Vergleich nicht oberflächlich ausfallen soll.

Ich habe schon viele Vovox-Kabel ausführlich hören dürfen, weil ich in meiner karg bemessenen Freizeit Audio-Beratung betreibe. Und ich habe genug Freunde und Bekannte, die irgendwann ausschliesslich mit Vovox verkabelt haben. Einen davon kennst Du übrigens persönlich ;-) Daher spreche ich nicht vom Hörensagen darüber. Ob Du mit Deinen vier Tannoys aus symmetrischen Kabeln von Vovox einen hörbaren Nutzen ziehen kannst, kann ich nicht beurteilen – falls Du die Mutti schon gekauft hast, oder hängen die immer noch am DacMagic? Du weisst ja: jede einzelne Paarung von Technik klingt anders. Und bei den Längen Die wir DJs brauchen, wird es mit Vovox extrem teuer. Vovox empfiehlt in so einem Fall wengistens den ersten und den letzten Meter der Verbindung mit Vovox zu realisieren. Bereits das soll das Signal hörbar stabilisieren. Diese Variante habe ich jedoch noch nie getestet.

Genug der Technik – denn eigentlich geht es in diesen Thread gar nicht um Audio-Technik, sondern um eine Grundhaltung, eine Qualitätsfokusierung im Umgang mit Musik und Instrumenten wie Geräten die mit deren Konservenreproduktion im Zusammenhang stehen. Danke Bird, dass Du uns daran erinnert hast.

herzlich – Christian

Klaus Schwarzwälder hat gesagt…

Über was wollten wir hier eigentlich diskutieren? Ich denke die meisten die hier mitlesen wollen nichts anderes als anständige Musikauswahl und Musikwiedergabe damit sie ihren geliebten Tanz unbeschwert geniessen können. Nach meiner Meinung hat Sweti als einziger adäquat dazu Stellung bezogen.

Es wurde schon mehrfach bedauert, dass die Diskussion nicht richtig in Schwung kommt. Aber wie soll eine Diskussion entstehen, wenn die Deutungshoheit von einem einzigen Kommentator in Anspruch genommen wird.

Cassiel du vertrittst hier mehrfach die Idee gebrauchte Komponenten zu verwenden. Aber wenn du recht hättest mit deiner Meinung, dass elektronische Musik einem Audiogerät schadet, wäre es ein grosses Risiko solche gebrauchten Geräte zu kaufen.

Chris hat gesagt…

Du hast ganz recht Cassiel, natürlich hat die technische Fachsimpelei sich von der Eingangsfrage entfernt.

Ich persönliche verknüpfe mein Tanzerlebnis nicht entsprechend mit der Wiedergabequalität. Entscheidend ist für mich das Stück, dann beginnt ein Kopf/Gefühlskino zu laufen. Das ist vielleicht TänzerInnensicht. Lediglich wenn die Musik ganz versiegt, endet die Bewegung. Vielleicht ist es der innere Nachhall, wenn du schon lange tanzt, und viele Stücke einfach gut kennst, und dann in den Tanz versinkst.

Anonym hat gesagt…

Dieser VOVOX name hat mich an ein Thread erinnert, mal rausgekrammt
http://www.hifi-forum.de/viewthread-18-992.html
Bei Thoman gibt es diese LS Kabel mit Klinke. Das soll Profi Equiqment sein? Wer verwendet denn in dem Bereich Klinke?
Aber Egal, Klaus hat recht

Christian Tobler hat gesagt…

@ Bernd,

Teil 1: Zu dem was Du nun geschrieben hast muss ich eigentlich nichts entgegnen, möchte höchstens das eine oder andere ergänzen. Ich verlassen mich vielleicht etwas weniger auf Messwerte als Du. Ansonsten finden wir auf der Basis Deines neuen Kommentars problemlos zusammen.

Klar kann der Klang einer expressiv gespielten Geige ein sehr heftiges Signal liefern. Im Zusammenhang mit der EdO denke ich dabei zB an Francinis solistische Fähigkeiten. Was für ein Wonnepropen! Das ist auch für gute Konserventechnik eine Herausforderung.

In Sachen Dynamik sind wir nicht ganz der selben Ansicht. Zum Glück ist der auf Grund der damaligen Aufnahmetechnik eher bescheidene Dynamikumfang der EdO-Aufnahmen an Milongas bei den meisten Orchestern kein Problem, falls diese bei der Restauration nicht zu sehr aufgebauscht wurde. Einzig bei manchen Stücken von Troilo und Pugliese nach 1948 muss ich manchmal ein klein wenig gain riding betreiben, nachdem der DBMax von TC Electronic mit moderaten Einstellungen bereits das Wichtigste in Sachen Lautheitsanpassung erledigt hat. Denn zwischen 1948 und 52 hat die Aufnahmetechnik einen Sprung gemacht, der auch grössere Dynamikunterschiede möglich machte.

An Encuentros dagegen ist die Situation zwischen den einzelnen Tangos einer Tanda für den DJ oft fordernder. Da ist der Geräuschpegel der Tänzer zu Beginn eines Tangos oft extrem hoch. Da kommen manchmal über 80dB zusammen. Das einzige was man in so einer Situation tun kann ist warten bis die Tänzer leiser werden und erst dann den nächsten Tango starten. Tänzern gegenüber Lautstärke mit Lautstärke bekämpfen zu wollen führt nur zu Irritation und einer agressiven Atmosphäre im Raum ohne das Problem zu lösen.

Im Vergleich zu dem was der glücklicherweise inzwischen langsam abklingende loudness war im Pop uns an Signalen mit 10 und mehr % Verzerrung mit manchmal tatsächlich beinahe rechteckigen Signalformen aufgrund absurder Lautheitsmaximierung zumutet, ist auch eine ausgesprochen expressive gespielten Geige eine moderate Herausforderung für gute Konserventechnik, welche die Lautsprecher-Chassis keinesfalls frühzeitig altern lässt. Im Pop ist das ganz anders. Wie oft habe ich mich an Milongas schon mit defekten Hochtönern oder ausgerissenen Tieftönern herum ärgern müssen, weil am Vorabend die PA-Anlage von einer Hardrockband grinsend zum Platzen gebracht wurde, bevor die Schutzschaltung abregeln konnte.

Christian Tobler hat gesagt…

Teil 2: Ich habe nie behaupte, dass eine Konserve das selbe bietet wie eine Aufführung live. Andererseits höre ich mir lieber einen erstklassigen Pianisten daheim als Konserve an, als mir für viel Geld auf einem ungünstig gelegenen Platz einen zweitklassigen Pianisten anhören zu müssen. Ich weiss, dass nicht alle Musikliebhaber so empfinden. Und das ist gut so. Wenn Du allerdings eine Sängerin vom Format der Callas hören willst, dann ist das live nicht möglich. Eine solche Ausnahmebegabung gibt es im Opernbereich nicht mehr. Und betreffen kontemporärer Tango-Musikern ist die Situation nochmals um einiges desolater.

Wer mich kennt weiss, dass ich kein Freund von High-End bin. Über sündhaft teure Kabel habe ich gelästert bis ich das beste Lautsprecherkabel von Vovox erstmals in einer von mir zusammengestellten Kette gehört habe. Dann war ich gezwungen mein Vorurteil sehr teuren Kabeln gegenüber aufzugeben. Es gibt unter Kabeln mehr als genug exorbitant teuren Mist. Aber dieses eine Kabel leistet Unglaubliches.

Optische Verbindungen verwende ich freiwillig nie, obwohl sich damit Brummprobleme vermeiden lassen. Die zweimalige Konvertierung des Signals mach wirklich nur Sinn, wenn extrem lange Übertragungsdistanzen von mehreren 100m anstehen. Aber damit erzähle ich Dir bestimmt nichts Neues.

Und ja –  die klanglichen Unterschiede bei den Wandlern sind immer noch gross. Das hat übrigens auch Klaus bei mir daheim bei einem Vergleich zwischen Wandlern von TC Electronic, Lavry und Weiss erlebt, der sich eben erst ausgesprochen kritisch geäussert hat ;-)

Allerdings bin ich der Ansicht, dass ein dermassen komplexer technischer Austausch wie unserer auf dieser Plattform zu diesem Thema für die meisten Leser keinen Sinn macht. Du kannst mich jederzeit persönlich kontaktieren, falls Dir der Sinn nach mehr davon steht.

herzlich – Christian

Simon hat gesagt…

@ Cassiel + Christian:
Entschuldigt bitte, aber ich muss mal direkt werden: Es ist traurig anzusehen was Ihr hier "erreicht" habt. Dieses Blog böte eigentlich eine ideale Möglichkeit eine nicht gerade kleine Gruppe von Menschen zu erreichen, zu informieren und um Ihnen eventuell etwas beizubringen.

Zum Beispiel *einfache*, *umsetzbare* und *nachgewiesenermaßen* funktionierende Tipps zur Verbesserung der Klangqualität auf einer Milonga. Und ja, die gibt es. Ich sage nicht, dass es in ein A4 Faltblatt passt, aber Ihr habt hier ja schon deutlich mehr geschrieben.

Statt dessen gebt Ihr eine (meinem Eindruck nach immer mehr) ins religiöse und "esoterische" abdriftende, gehaltarme "Wahrheit" von Euch. Resultat:
1. das ist abschreckend, d.h., abgesehen von einer Handvoll Leute erreicht Ihr niemanden
2. nicht umsetzbar, da praktisch niemand die Zeit und das Geld dafür hat
3. verhältnismäßig viel "nutzlose" Information verdeckt die paar hilfreichen Tipps von Euch und anderen Kommentatoren --- Ihr scheint viel zu oft jahrzehntelang bekannten Effekten zum Opfer zu fallen (z.B. Expectation Bias und Placebo Effekt/Nocebo Effect)


Ich hoffe es findet sich jemand anders in der Tango Szene, der es sich in Zukunft zur Aufgabe machen wird vernünftig zu informieren. Mir fehlt leider die Zeit (und auch die Muße) dazu.

Gruß,
Simon

cassiel hat gesagt…

@Simon

Es ist natürlich Deine Entscheidung, hier weiter mitzulesen, oder es eben bleiben zu lassen. Ich will Dir nicht verschweigen, daß mich Dein Beitrag gekränkt hat. Hier geht es weder um religiöse, noch um esoterische Wahrheiten. Ich spreche nur von mir: Ich habe von meinen Meinungen und momentanen Überzeugungen gesprochen. Ich habe nicht den Anspruch einer Allgemeingültigkeit formuliert und ich bin weit davon entfernt, hier von letztgültigen Dingen zu schreiben. Vor zwei bis drei Jahren hätte ich jedem, der mir prophezeit hätte, ich würde mich zukünftig so äußern, wie ich es hier getan habe, den Vogel gezeigt. Ich habe gesucht, probiert, Misserfolge weggesteckt, andere Wege gewählt und das Spiel ging von vorne los.

Rückblickend kann ich nur sagen, alles war notwendig (vor allem die Fehlentscheidungen, die Zeitverschwendungen). Wenn ich Dich richtig verstanden habe, dann wünscht Du einen Leitfaden, wie man es richtig macht. Es war mein Fehler, nicht von Anfang an deutlich genug zu formulieren, daß es nach meiner Überzeugung einen solchen Leitfaden nicht geben kann, denn der Weg (mit möglichen Umwegen) gehört m.E. zum Ziel untrennbar dazu. Es wäre ein Leichtes, Dir jetzt mein Setup vom Rechner bis zum Lautsprecher zu notieren; ich bin ziemlich sicher, daß jemand, der die Komponenten nachkauft und zusammenstöpselt nicht zu den gleichen Ergebnissen kommt. Es ist wie mit dem Indianer, der zum ersten Mal Zug gefahren ist und sich am Zielbahnhof scheinbar reglos auf den Boden gesetzt hat und dort verharrte. Gefragt, warum er das macht, antwortete er, ich war zu schnell, meine Seele ist noch nicht angekommen.

Und weil Du - Dich vorab entschuldigend - direkt geworden bist, noch ein offenes Wort unter uns: Wer hat eigentlich gesagt, daß dieses Blog nach dem Gusto der Leserinnen und Leser geschrieben wird? Es ist zunächst ein riesiger virtueller Sandkasten für mich und alle, die sich auf die Gedankenspiele einlassen und auch einmal träumen wollen. Die sind herzlichst willkommen ebenso mitzuspielen. Da bin ich gar nicht so. Wer hier mitliest, tut dies aus eigener freier Entscheidung. Wenn es jemandem nicht mehr passt, dann finde ich es vollkommen legitim, daß er nicht mehr dabei ist. Meine Artikel werde ich allerdings nicht nach einem diffusen Publikumsgeschmack schreiben; es wäre das Ende dieses Blogs.

cassiel hat gesagt…

@Klaus

Ein gebrauchtes gutes Gerät ist meines Erachtens trotz Vorgeschichte immer noch besser als ein neues weniger gutes Gerät.

Nachdem die Werbeeinnamen aus diesem Blog immer noch nicht üppig sprudeln, muss ich leider meine Beschaffungen irgendwie im Preis erträglich halten.

:-)

cassiel hat gesagt…

@all

Mir ist es vollkommen rätselhaft, warum derartige Themen so schnell emotional eskalieren und die Diskussionen ausufern. Ich habe meine Beiträge in diesem Strang gerade noch einmal durchgelesen und ich kann es einfach nicht nachvollziehen - vielleicht fehlt mir aber auch nur der notwendige Abstand.

Ich würde vorschlagen, wir lassen die technischen Details jetzt vorerst einmal ruhen und kehren zum ursprünglichen Thema, dem Film Pianomania, zurück.

Darf ich einmal offen fragen, wer sich hier überhaupt die Mühe gemacht hat, den Film (möglichst mit ordentlichen Lautsprechern) anzuschauen?

Anonym hat gesagt…

Dieser Blog ein Sandkasten? Ich muss mal laut lachen, wie treffend! Und auf die Frage, warum das so schnell emotional wird, das frägt man sich beim Sandkastenkinder aufpassen auch manchmal. "Meine Burg ist schöner" "Gib die Schaufel wieder her" etc.
(Und auf die letzte Frage, ich habe den Film angeschaut)

Monika hat gesagt…

und, liebe(r) letzte(r) Anonym, was hast Du empfunden beim Anschauen des Films?

Anonym hat gesagt…

Hallo Monika, empfunden, hm, das wär jetzt zu persönlich, das soll hier nichts zur Sache tun.
Ich habe mich immens gefreut, dass an diesem Ort ein richtiges Arbeiten möglich ist. Dass Zeit, Personal, Raum vorhanden sind, um gemeinsam zu ringen um die Musik. Einer Komposition die ideale Möglichkeit der Vermittlung zu schaffen. Das war ein wenig so dargestellt wie die Kunst, ein Bild im Museum richtig zu hängen.
Man muss natürlich wissen: So etwas geht in Wien und sehr wenigen anderen Städten auf der Welt. Dort ist das Verständnis da, einen solchen Rahmen zu schaffen bzw. zu erhalten. An anderen Orten heißt es "wir haben 2 Tage Zeit, der Etat lässt nur dies und jenes zu, machen Sie das Beste daraus".

Was weder im Film noch in diesem Thread deutlich wird: Es geht um die Musik, wie sie letztlich im Konzertsaal zu hören ist. Auch wenn mir das differenzierende Hören in begrenztem Maße aus den heimischen Boxen möglich war, es ist doch nur ein kleiner Abklatsch von dem, was da im Raum passiert ist.

Wir sollten wirklich nicht den Fehler machen, zu erwarten, dass aus High-End oder sonstigen perfekt erscheinden Audioketten etwas anderes kommt als messbare Schallwellen. Auch wenn diese uns emotional berühren mögen. Musik, das ist schon noch ein bißchen mehr, entzieht sich im Übrigen der Sprache, meiner bescheidenen sowieso. Wer schon einmal den Unterschied gehört hat, weiß, was ich meine; wer nicht, dem wünsche ich die Offenheit und das Glück, dies eines Tages zu erleben.

B. G. hat gesagt…

Ich bin erstaunt oder vielleicht sogar ein wenig eentsetzt über die Diskussion hier. Da schreibt Cassiel einen Artikel und es entstehen die Erregungswellen. Mal Hand aufs Herz: Wer hätte den Film sonst gefunden und mit dem Tango in Beziehung gesetzt?

In der Folge geben Christian und Cassiel Antworten aufgrund ihrer Erfahrungen und ihres Wissens. Mag sein, dasss die Antworten nicht dem entsprechen, was sich einzelne Leser erwartet haben. Diese Gereiztheit und der Drang, den Beiden irgendwelche Fehler nachzuweisen, ist bezeichnend.
Und Simon, nicht Cassiel zerstört das Blog durch seine Themenwahl. Es ist diese Gereiztheit bei manchen Kommentatoren, die die Lektüre anstrengend macht.
Nur meine bescheidenen zwei Cent
B. G.

Unknown hat gesagt…

Liebe Monika,

ich habe den Film auch gesehen – gleich 2 Mal. Bei den zweiten Mal habe ich den Ton über meinen ADI-8 DAC der mittels nicht abgeschirmten symmetrischen Vovox-Kabeln mit einem Transistor-Verstärker verbunden ist geleitet. Meine Tannoy-Lautsprecher waren auch in Einsatz. Und ich kann sagen – schön… Es ist faszinierend diese Verbindung vom handwerklichen Können und die Musikleidenschaft zu zuschauen. Es ist wunderbar, dass ein Techniker und einige Musikinterpreten (beide Berufe für mich sehr stark handwerklich geprägt) zusammenarbeiten um den Interpretation einen Musikstückes zu perfektionieren. Dabei kamen mir auch die Gedanken, die Anonym@8:41 so treffend äußerte "So etwas geht in Wien und sehr wenigen anderen Städten auf der Welt" und ein bittere Nachgeschmack nach elitäre Getue kam mir hoch… Und so empfinde ich die Diskussion hier auch: wir könne lange um Signaturen in Lautsprecher und kristalline Anordnungen in Kabel diskutieren und ich finde diese Diskussion spannd. Und ja, der Weg die letzte 5% an Qualität zu erreichen ist sehr steinig und langwierig. Nur leider scheint mir, dass wir hier um verschieden Weltbilder diskutieren. Der Sandschloss, was @Cassiel und @Cristian bauen und auch zum größten Teil gebaut haben ist wunderbar - mir und einige andere Leser geht es darum, die erste 80% unseren kleinen und noch hässlichen Sandburgen zu meistern. Ich bin überzeugt, dass für diese Aufgabe einfache Tipps ausreichend sind und ein Erfahrungsaustausch nicht schadet. Ich bitte diese OTF zu entschuldigen – hier geht es um den Film und den finde ich schön…

Pistuero hat gesagt…

Hi BG,
gemach und locker, Ein paar wenige gute Beiträge gibt es hier schon ;)
Cassiel hat's ja schon gesagt , das hier ist sein Sandkasten. Na, da sind die anderen Sandkistenkinder halt nicht weit, so what? ;)
By the way(1), das Leben/der Tango ist kein Ponyhof.
By the way (2), es gibt nun mal einen Unterschied zwischen Sandkasten und Journalismus, vielleicht merkt's jetzt der ein oder andere hier.
By the Way (3), danke für den ein oder anderen wertvollen Satz hier. Es sind nicht viele, sie kommen aber auch von Cassiel und Simon.

B. G. hat gesagt…

@Pistuero
Danke für die Erläuterung. Ich bin aber schon immer davon ausgegangen, dass es in einem Blog nicht um Journalismus geht. Ich sehe das hier eher als ein moderiertes Forum. (Cassiel, irre ich da?)
Und zum Journalismus im Tango muss man ja nur ein paar Beiträge zurückgehen. Da bin ich dann doch schon froh um dieses Blog.
Mir fällt allerdings auch der Drang zur Wertung auf. In so manchen Kommentaren wird dargestellt, wer denn nun Recht hat und wer sich irrt. Ich denke, so etwas geht an der ursprünglichen Intention dieser Diskussion vorbei.

@Sweti
Ich schätze Deine Beiträge sehr, aber in dieser Diskussion erscheint mir Dein Blick getrübt durch traurige Erlebnisse in Deiner örtlichen Community. Kann das sein? Ich empfinde die Diskussion hier so überhaupt nicht elitär. Und könntest Du mir einen besseren Ort vorschlagen, wo man in Ruhe über die Themen einmal diskutieren kann?

Ich bilde mir nicht ein, alles im Tango hören zu können, aber ich lese hier gerne mit. Eine Frage hätte ich noch an Christian oder Cassiel: Ist Gehör und seine Feinheit etwas fixes, oder entwickelt sich das auch noch? (Ich bin inzwischen über 50.)

Holger hat gesagt…

es hilft nix diese Diskussion ist schon interessant genug, dass ich mich auch nochmal aufraffe

scheint so, als ob ich deutlich weniger zeit zum Schreiben hätte als andere hier ;-)
(sorry, soll nicht frech sein, war wieder 2 Tage auf Dienstreise ohne die Möglichkeit tanzen zu gehen ...)

@ Christian,

danke für's Grinsen und Nicken, ich bin eben selbst beim Bloggen noch weit von den oberen 10% entfernt.

Mein Basis-Punkt bei der Thematik Lautsprecheraufstellung war der, dass die "Mitkopplung" (Begriff bekannt ? Rückkopplung mit positivem Vorzeichen, bei live-Verstärkung meist mit einem schrillen Pfiff oder einem dicken whuuuuu belohnt) in der Schleife "schreiende-Menschen-schreiende-Lautsprecher" unterbrochen wird. - Das Wort "Lösung" hatte sich nur auf diesen Aspekt bezogen...

Wo genau in der Nähe der Tanzfläche die Boxen stehen sollen gehört natürlich weiter und genauer diskutiert: Ziel für den Direktschall aus den Lautsprechern ist halt ein weg zu den Ohren der TänzerInnen, der so wenig wie nur irgend möglich beeinflusst ist und - Hypothese (hängt von der Aufnahme ab) - eigentlich dabei auch so wenig wie möglich vom Raum in dem gespielt wird beeinflusst wird.

Warum ? - Weil auf der Aufnahme meistens schon ein Raum mit drauf ist, der Raum, den der Tonmensch, der die Aufnahme gemacht hat eingestellt hat (wird er ja wohl auch nicht ohne Grund gemacht haben und wenn'S gut geht in Abstimmung mit den Musikern). Und zwar nicht nur später bei De Angelis, als die Fernseh- und Rundfunkstudios "Hallräume" hatten (so eine Art großes, oft gekacheltes Badezimmer im Keller mit einem Lautsprecher und Mikrophonen in verschiedenen Positionen, die das verhallte Signal in verschiedenen Formen wieder zurück ins Mischpult brachten) sondern auch dann, wenn der Tonmensch nur ein Mikro hatte und sich lange Gedanken gemacht hat (oder hörend ausprobiert hat) ob er das _eine_ Mikrofon mit dem er aufnehmen sollte eher nahe ans Orquesta Típica dranstellt (wenig Raumanteil auf der Aufnahme) oder weiter weg (mehr Raumanteil).

In der Live-Situation ist dieser direkte Pfad für den Schall oft dadurch gegeben, dass die Zuschauerreihen in der Höhe vesetzt angebracht werden (wie im Theater, in der Oper oder im Kino, Räume die absichtlich dafür gebaut werden Ton gut zu transportieren [was aber nicht bedeutet dass dies immer gelingt] ;-) Dieser ansteigende Boden hat gleich noch einen Effekt - der Raum ist kein Quader mehr, sondern ein Keil und hat an einer Seite einen sogenannten "Wellensumpf" - Reflektionen von der Rückwand gibt es nicht mehr ... der Schall geht größtenteils "in eine Richtung" (soll jetzt nicht heißen, dass es gar keine Reflexionen gibt, aber die Hauptrichtung ist von der Bühne in den Wellensumpf) ein erhöhte Bühne verfolgt auch die Idee, dass direkter Hör- (und Sicht-)kontakt ermöglicht wird, bietet aber keinen Wellensumpf.

Jetzt können wir aber die Tanzfläche nicht mit 30% Steigung bauen das wäre dem Tanz vermutlich nicht zuträglich und auch nicht authentisch ;-) ... daher denken wir uns die ansteigenden Zuschauerränge wieder in die Horizontale gedreht und die Bühne quasi "mitgekippt" ... d.h. die Lautsprecher die leicht über Kopfhöhe angebracht sind sollten ein wenig nach unten gekippt werden, so dass die Mittelachse ca. in die Mitte der Saal-Länge auf "ohrhöhe" weist.

JA - und jetzt braucht man wieder nicht gleich neue Lautsprecher zu kaufen, aber man sollte die Lautsprecher die man hat kennen (gut, wenn das Kennenlernen zum brennenden Wunsch führt neue zu kaufen, kann das schon auch vorkommen...) -- z.B. den sogenannten Abstrahlwinkel (den man sich nicht so "scharf" abgegrenzt vorstellen darf, wie bei einem Scheinwerfer mit Seitenklappen) - aber doch gibt diese Größe eine grobe Hilfestellung für diesen Winkel und nun kann es sein, dass wenn man die ganze Ohr-Ebene der Tanzfläche innerhalb des Hauptabstrahlkegels der Box haben möchte, dass man wieder ein Stück weggehen muss von der Kante der Tanzfläche.

Einfach mal ausprobieren!

Holger hat gesagt…

Weil auch hier gilt: Die Erfahrung macht's! Wenn ich keinen Unterschied festellen kann, wenn ich herumspiele, dann kann es sein, dass die Idee nicht taugt, wahrscheinlicher ist aber, dass meine Wahrnehmung nicht geschult ist (weil wenn die Idee nicht taugt wird es meistens schlechter)

Ich muss mir allerdings vornehmen, welches Kriterium ich als besser oder schlechter bewerten will. Sehr oft passiert es uns, dass wir etas was anders klingt als das, was wir hatten erstmal als "schlechter" weil ungewohnt empfinden oder dass ein Kriterium besser wird aber ein anderes gleichzeitig schlechter (z.B. klingt nach mehr Raum, aber die Sprachverständlichkeit der Text nimmt ab)

@chamuyo
zB scheint mir "nahe am Live-Musik-Erlebnis" zu sein ein höheres Gut zu sein als Dir, chamuyo, der Du wohl eher gern im Sound badest...
@Christian
Von Balkonen im Saal hab ich schon gehört (der Legende nach, damit die Musiker nicht aus Versehen erschossen werden ;-)
aber ehrlich gesagt, ich weiß von keinem OT in der EdO, bei dem die Musiker wie Englein über der Tanzfläche schweben...

Also - versteh mich nicht falsch - im Sinne des direkten Pfades vom Lautsprecher zum Ohr haben diese Ampeln wie im Niño Bien (leider seit Mai zu) und im Salon Canning einige Vorteile, wenn ich nach den obersten 10% suchen wollte würde ich diesen Weg allerdings nicht weiterverfolgen ...

schöne Grüße und Klänge,

DJ HoBo

Holger hat gesagt…

@Tangosohle,

Danke, dass Du die Vielfalt der Erlebensparameter ansprichst, d.h. wir haben hier nicht nur eine Kette sondern einen ganzen Teppich.

für mich gibt es jedoch fast immer 3 Bereiche (ich nenne die oft schwarz, grau und weiß -- hmm und dann sag ich auch oft noch: ganz schwarz und ganz weiß gibt es eh nicht, also sagen wir dunkelgrau - mittelgrau - hellgrau ;-) - damit meine ich: es gibt einen Bereich für jedes Kriterium wo es mich echt stört und mir positive Erlebnisfaktoren aus anderen Bereichen verleidet (Beispiel: ColorTango in der "Ideal" viel zu laut und völlig übersteuert, ich hab die Jungs nachher gefragt, warum sie sich das überhaupt gefallen lassen, aber auch die müssen immer wieder noch wegen des Geldes spielen, also sind nicht nur Tango-DJs unterbezahlt...)

Mit mittelgrau meine ich einen Bereich, der mich nicht vom Hocker reißt, der mich aber auch nicht ans Gehen denken lässt, irgendwas zwischen "erträglich" und "ziemlich ok"

ja und hellgrau - oder nennen wir es hier im Sinne eines Ideals wieder "weiß" - das ist dann das was mich so beglückt, dass sogar mehrere der anderen Parameter nahe an oder sogar im dunkelgrau sein können und ich mic trotzdem noch supergut fühle.

Nun: Fein wäre es schon, wenn sich alle die zu einer Milonga beitragen für ihren Bereich vornehmen hellstes grau oder gar weiß zu erreichen. Weil jeder kann mal einen schlechten Tag haben und/oder ausfallen und/oder Fehler machen, sodass wenn wir alle nur mit dem notwendigen Minimum an Qualität ansetzen der/die eine der/die ausfällt für viele Leute die Milonga zum Kippen bringen kann ... und dann noch daszu meistens zum Buhmann wird, weil die Gesamtstimmung keine Toleranz mehr verfügbar hatte.

@ Christian
Was ich nicht glaube, ist, dass dies bzgl. Klangqualität immer die DJs selbst sein müssen. - Bei der Aufnahme selbst haben sie das ja ohnehin schon nicht in der Hand, bei der ersten Digitalisierung typischerweise auch nicht, wenn sie nicht zusätzlich Schellack-Sammler sind beim Rippen und/oder komprimieren schon eher ... aber: Warum nicht verantwortliche (und hoffentlich verantwortungsvolle) Tontechniker als eine Rolle ins Spiel bringen?

Als DJ möchte ich nicht ständig im Saal rumturnen, ja, sowas wie einen Soundcheck machen - ok, aber dann muss ich mich eigentlich um die Stimmung der TänzerInnen kümmern. Wenn sich dann im Saal was verändert (auf einmal doppelt so viel Leute, Klimaanlage schaltet sich zu etc.) merke ich das womöglich erst zeitversetzt, weil ich grad die nächste Tanda per Kopfhörer anpasse...

Also wenn wir bei der Klangqualität die oberen 10% mitnehmen wollen bin ich für Tango-spezifische Tontechniker ;-)
Auf der Digitalisierungsseite gibt es die ja inzwischen schon mit einem hohen Anspruch (z.B. http://www.tangovia.org/) - Initiator übrigens der ehemalige Initiator und Bassist von "El Arranque", Ignacio Varchausky, Gründer einer Tango-Musikschule und Produzent ...

Tango-Tontechniker, das wär doch mal was ... dauernd tanzen dürfen um den Sound zu überprüfen ;-)

Schöne Klänge,
DJ HoBo

Christian Tobler hat gesagt…

@ alle,

Teil 1: Schade, dass nach wie vor fast ausschliesslich technisch kommentiert wird. Ich bin immer noch der Ansicht, dass wir in einem ersten Schritt intensiv darüber diskutieren sollten, inwieweit die Haltung von Machern vieles unmöglich macht. Denn damit steht oder fällt alles. Technik wird erst viel später Thema. Und genau dafür eignet sich dieser Film wunderbar. Vermutlich hat Cassiel deswegen diesen Beitrag geschrieben.

Trotzdem komme ich nicht darum herum, mich nochmals mit Technik zu beschäftigen, um auf Kommentare einzugehen. Vielleicht wird die Diskussion sich trotzdem nochmals in die Richtung Grundsätzliches verlagern. Denn noch zeigen zu wenig Milonga-Veranstalter Qualitätsbewusstsein. Noch herrscht Masse statt Klasse.

Ich habe eine Antwort auf diesen Thread per Email erhalten –  der Name tut nichts zur Sache – die ich hier beantworte. Der Kommentator ist enttäuscht, weil ich (gekürzt wiedergegeben) im Fall von Kabeln: "... durch beharren auf nachgewiesenermassen irrelevanten Komponenten ... unglaubwürdig ...". Er fasst zusammen: "... das Vertrauen in Deine Kompetenz beschädigt ..." Und hier wird von einem Kommentator vorgeworfen: ... jahrzehntelang bekannten Effekten zum Opfer zu fallen ... Placebo Effekt ..." Er fasst zusammen: "... es findet sich jemand anders in der Tango Szene ... vernünftig informieren ..." Die Betreffenden dürfen gerne alles besser machen. Das würde mich sogar freuen. Aber dazu müssen sie handeln –  nicht klagen und lamentieren. Die Ausrede von wegen keine Zeit dafür gilt dagegen nicht. Mit diesem Problem sind alle Berufstätigen konfrontiert.

Christian Tobler hat gesagt…

Teil 2: Das Ärgerliche an solchen Kommentaren ist, dass sie lediglich eine griffig formulierte Behauptung in den Raum stellen, ohne diese fachlich wenigstens halbwegs sachlich zu begründen. So eine Behauptung kann man dann glauben oder darüber lachen oder sich darüber ärgern. Ich muss davon ausgehen, dass die meisten Kommentare dieser Kategorie auf Vorurteilen und Hörensagen anstelle praktischer Erfahrung basieren. Sonst würden die Argumente dazu nicht vollständig fehlen. Es ist ähnlich wie mit Autos: Dort ist auch jedes menschliche Dreibein der Überzeugung ein Experte zu sein. Aber wenn es darum geht ein Rad zu wechseln, wird meist die Pannenhilfe gerufen, weil man sich die Hände nicht schmutzig machen will.

Ich bin jederzeit bereit, mich sachlich begründeten Vorwürfen zu stellen und darüber hier öffentlich zu debattieren. Aber dann bitte nicht so unbeholfen und inkompetent von oben herab. Dann her mit Argumenten statt Behauptungen, damit wir miteinander streiten können –  hoffentlich auf konstruktive Weise. Das darf auf sachlicher Ebene durchaus mit harten Bandagen geschehen.

Da ich mein Geld nicht mit TA verdiene, muss ich mich nicht verbiegen aus Angst Einfluss, Glaubwürdigkeit oder Einnahmen zu verlieren. TA ist ein Nischenmarkt, in dem es sehr anstrengend sein kann, mit Qualität seinen Unterhalt zu verdienen. Dieser Unabhängigkeit erlaubt es mir auch wenn nötig gnadenlos ehrlich zu sein. Die daraus resultierenden Wahrheiten sind unbequem und manchmal nicht auf Anhieb nachzuvollziehen. Deswegen darauf zu verzichten, wäre aber ein herber Verlust. Es reicht schon, dass manche Exponenten des TA sich auf Facebook pausenlos gegenseitig auf vollkommen inhaltsbefreite Weise über den grünen Klee loben. Ich finde dieses exaltierte Erregungsmarketing inzwischen nur noch ekelerregend.

Christian Tobler hat gesagt…

Teil 3: Ehrlich gesagt ist es mir egal, was manche Leser über mich denken, weil ich dazu stehe was ich denke. Ich bin kein oberflächlicher Mensch und begründe, warum ich bestimmte Ansichten vertrete. Am Ende bleibt das natürlich trotzdem einzig und allein meine Wahrheit. Nur stelle ich nie irgendwelche Behauptungen in den Raum ohne dazu ein Warum in irgend einer Form zu liefern, die es anderen erlaubt, darüber mit mir zu argumentieren. Ich habe auch kein Problem damit manche Menschen zu enttäuschen, weil ich keine landläufige Ansicht vertrete. Ich muss nicht everybodys darling sein. Denn ich sehe meine Aufgabe nicht darin Vorurteile wiederzukäuen. 08:15 wird nie mein Ding sein.

Leider ist es so, dass alles, aber auch wirklich alles in und an einem Audiogerät Einfluss auf die klanglichen Eigenschaften nimmt: jedes Bauteil, jede Leiterplatte, jede Steckverbindung, jede Lötstelle und demzufolge auch jedes Kabel in und jedes Kabel zwischen Geräten. Und nicht nur das. Auch die Anordnung der Bauteile zueinander und das Gehäuse nehmen Einfluss. Zudem altert alles und auch das nimmt Einfluss. Mir war das schon lange klar und vor einigen Jahren habe ich darüber am Rand einer Veranstaltung ein ausführliches Gespräch mit Herman Gier von SPL geführt. Wir waren uns vollkommen einig über dieses sehr lästige Tatsache. So unangenehm das sein mag –  übrigens ganz besonders für Entwickler – damit müssen wir leben. Vogel-Strauss-Mentalität ist nicht nur in dieser Sache kein funktionierendes Lebenskonzept. Wer diese Unterschiede nicht hört, hat schlicht noch nicht tief genug gegraben –  unter ganz anderen Vorzeichen natürlich.

Wer sich partout nicht vorstellen kann, dass Kabel hörbaren Einfluss nehmen, dem empfehle ich die Lektüre einer Beitragsserie in der einzigen Fachzeitschrift zum Thema Audiotechnik, die ich gelegentlich lese, weil in diesem Blatt redaktionelle Beiträge Anzeigenkunden zuliebe nicht das Blaue vom Himmel herunter lügen. Glücklicherweise sind diese Beiträge –  übrigens nicht nur schwere Kost sondern mit 51 Seiten auch noch demotivierend umfangreich ;-) – online kostenlos verfügbar. Es gibt also keine Ausreden. Der Autor, im Gegensatz zu mir ein ausgewiesener Audioprofi, war wie ich schon immer sehr skeptisch betreffend dieses ganzen Kabel-Vodoos. Aber ihm ging es wie mir. Er musste seine Vorurteile schlussendlich beiseite legen. Seine Ohren haben ihm gar keine Wahl gelassen. Und das ist ihm wie mir nicht leicht gefallen. Die Web Site unten aufrufen und dann auf "Freizone" klicken. Dann findet sich in etwa in der Mitte der Link für das PDF "Kabeltest komplett".
# http://www.studio-presse.de

Christian Tobler hat gesagt…

Teil 4: Ich würde mir in diesem Blog mehr Kommentatoren und Macher wünschen, die nicht darauf warten, dass ihnen die gebratenen Tauben ins Maul fliegen. Die immer wieder Mal gewünschten Einkaufs- und/oder to-do-Listen führen nicht ans Ziel. Dazu müssen Macher und ganz besonders ihre Ohren vorgängig eine konstruktive Entwicklung durchlaufen. Ich bin nicht bereit Groupies zu züchten. Ich helfe gerne. Aber ich bestehe darauf, dass Menschen unabhängig bleiben und aus eigener Erkenntnis heraus handeln, anstatt wie Zombies eine Reihe von Anweisungen abzuarbeiten, die ich vorgebe. Dafür halte ich meinen Laptop in Knechtschaft. Zudem weiss ich auf Grund meiner Beratungstätigkeit in dieser Sparte, dass die Bereitschaft zu tun was ich empfehle ganz schnell abnimmt, sowie es konkret wird. Und darüber bin ich froh.

Denn sowie irgend ein Neider auftaucht der sich über so eine technische Lösung abschätzig äussert, knicken Groupies ein, die nicht auf eigenen Beinen stehen können, solange sie mit einer Lösung leben, für die sich nicht auf Grund eigener Erkenntnis entschieden haben. Nochmals: Einkaufs- und/oder to-do-Listen führen nicht ans Ziel. Ich helfe gern, kann das aber nicht immer und nicht unbegrenzt kostenlos tun.

Wer Wandel zum Besseren anstrebt, muss trotz Beratung in erster Linie selbst handeln. Und das beginnt nicht mit dem Kauf irgend welcher Technik. Es beginnt auch nicht mit der Evaluation und dem Test irgend welcher Technik. Es beginnt im Kopf. Der nächste Schritt ist die Schulung des Ohrs. Und dann ist nochmal der Kopf an der Reihe. Erst wenn diese Schritte erfolgreich und zweifelsfrei absolviert sind, macht es Sinn, sich Gedanken über andere, bessere, geeignete Technik zu machen.

herzlich – Christian

Christian Tobler hat gesagt…

@ Anonym 09. Aug. 2013 –  08:41,

ich bin im Gegensatz zu dir der Ansicht, dass dieser Film mit entwaffnender Offenheit aufzeigt, dass sich Musik der Sprache mitnichten entzieht, vorausgesetzt man lässt sich tatsächlich mit Haut und Haaren darauf ein. Und das meine ich wortwörtlich: Mit Haut und Haaren und die reagieren dann auch entsprechend. Für mich ist das eine der Kernerkenntnisse des Films. Gerne wüsste ich, wie andere Leser das wahrnehmen. Denn ich erlebe nicht zum ersten Mal, dass Sprache, Subtilität vorausgesetzt, sich hervorragend dafür eignet, Musik zu beschreiben und sich über Musik auszutauschen. Ein weiteres Beispiel dafür nur:

Mein Vater hatte jung lange Jahre kein Geld für Konzertbesuche. Aber er konnte es sich leisten, in Luzern tagsüber Proben zu besuchen und teilzuhaben daran, wie Furtwängler mit dem Orchester das Programm erarbeitete. Dabei spielte Sprache neben Körpersprache eine zentrale Rolle. Auch hier wurde eine intensiver Dialog geführt und das Leben vibrierte.

Noch Jahre später hat mein Vater mir manchmal anstelle der üblichen Gutenachtgeschichte mit leuchtenden Augen davon berichtet, wie er während solcher Proben einen wirklichen Bezug zur, tiefe Einblicke in die Klassik geschenkt bekam und ihm daher viel mehr gebracht haben, als jeder Konzertbesuch auf den teuersten Plätzen des Saals. Und am nächsten Tag hat er manchmal versucht das Ganze anhand einer LP für mich zu vertiefen. Bei Weitem nicht alles habe ich Dreikäsehoch kapiert, schon gar nicht intellektuell. Aber ich bin meinem Vater für diese grenzenlose Begeisterung heute noch dankbar, die mich nachhaltig geprägt hat. Und ich bin heilfroh, dass es schon damals exzellente Musikkonserven gab.

herzlich –  Christian

Christian Tobler hat gesagt…

@ Holger,

Teil 1: Danke für die verständliche Übersicht darauf, wie man die Beschallungssituation für die klassische PA-Situation löst: auf der einen Seite meist leicht erhöht Musiker und Sänger und auf der anderen Seite das sehr viel grössere Publikum allmählich ansteigend angeordnet. Natürlich kann man davon das eine oder andere für Milongas kopieren.

Allerdings bin ich der Ansicht, dass sich dieses Konzept kaum für das Setup einer Milonga, ja eigentlich jedes Tanzschuppens eignet. Denn in einem Tanzschuppen stehen nie mehr als 5% der Tänzer im sweet spot einer einwandfreien Stereo-Wiedergabe –  im Gegensatz zum von dir angesprochenen Setup mit Bühne einerseits und Zuschauern andererseits. Dort lässt sich eine ganze Menge tweaken.

Viele DJs gehen davon aus, dass auf Aufnahmen der Gran Orquestas der Epoca de Oro gar keine Rauminformation des Aufnahmeraums vorhanden ist. Das stimmt nicht. Aber Wiedergabetechnik muss sehr gut sein, damit diese Rauminfomation aus dem Dunst der Audiogeschichte auftaucht. Und Restaurationen dürfen diese subtilen Anteile des Musiksignals nicht durch zu viel nachträglich hinzugefügten künstlichen Hall oder dämliches Pseudostereo kaschieren. Das gibt es leider immer wieder.

Christian Tobler hat gesagt…

Teil 2: Danke für den Hinweis auf das die Notwendigkeit einer Schulung der Wahrnehmung für Macher wie Konsumenten. Daran beisse ich mir in diesem Blog schon seit Jahren immer wieder die Zähne aus, weil viele Kommentatoren glauben, diese Kompetenz gäbe es zum Faultier- und Nulltarif. Vielleicht magst du das jeden Monat in einem neuen Kontext wiederholen. Notwendig wäre es.

Der Link unten zeigt eine nicht untypische Auftrittssituation währende der Epoca de Oro –  das Gran Orquesta untergebracht auf einem sehr knapp bemessenen Zwischenboden, in diesem Fall ist das Troilo im Jahr 1939:
# http://www.argentango.ch/foto/troilo_39.htm

Ein guter DJ muss tatsächlich auf einer ganzen Reihe von Hochzeiten gleichzeitig tanzen können. Betreffend Tontechniker wünsche ich mir seit Jahren ein regelmässiges Auftauchen dieser Spezies unter Dienstleistern für Milongas. Sehr selten werden solche akustischen Leckerbissen angeboten. Das letzte Mal habe ich das dieses Jahr erst in Eckernförde erlebt und entsprechend erfreulich war das Resultat, wo der DJ dieses Potential nicht mittels Inkompetenz und/oder minderwertigem Datenmaterial torpediert hat.

Falls morgen in Zürich ein Tontechniker bereit ist, die PA-Technik einer Milonga zu betreuen und das auch noch für das viel zu oft erwartete lau, während dem ich mich um die Musik-Programation kümmere, wird diese Person mit Handkuss willkommen geheissen. Falls du so eine Rarität an der Hand hast: bitte umgehend rüber beamen. Die reichen wir auf diese Weise dann Abend für Abend in der Weltgeschichte an immer wieder andere DJs weiter. Bis es so weit ist,  werde ich aber zur Sicherheit trotzdem daran arbeiten, meine Kompetenz in diesem Fachgebiet zu erweitern.

Christian Tobler hat gesagt…

Teil 3: Allerdings muss ich einschränken, dass ich nur mit einem Tontechniker arbeiten kann, der viel Erfahrung mit Klassik und Jazz besitzt. Im Pop-Bereich sind andere Qualitäten gefragt, weil die Musik meist elektronisch generiert wird, akustische Instrumente die Ausnahme sind und die Rauminformation meist mittels pan potting und künstlichem Hall auf Wirkung anstatt Natürlichkeit getrimmt wird. Im Pop ist das in jeder Hinsicht legitim. Obwohl es sogar in diesem Genre immer wieder besonders erfreuliche live-Aufnahmen unter dem Stichwort unplugged gibt. Im TA wäre so was dagegen eine akustische Bankrotterklärung. Ich habe dieses Jahr mit einem Könner aus dieser Sparte zusammen arbeiten dürfen und die Resultate waren aussergewöhnlich atemberaubend. Wenn ich ehrlich bin, träume ich jeden Tag davon, davon subito sehr viel mehr zu bekommen.

Von Klangqualität im Bereich von über 85% für Milongas träume ich niemals. Mit guter Technik und den vorhandenen Restaurationen lassen sich knapp 65% erreichen. Aber dafür muss der DJ für 90% aller Räume eigene Technik mitbringen und viel Zeit für Aufbau und Soundcheck einsetzen. Das können schnell mal mehr Arbeitsstunden sein, als die Milonga danach dauert. Und spätestens dann taucht die Kostenfrage auf. Wer noch mehr Klangtreue will, muss das Repertoire der Epoca de Oro in markant besserer Qualität von Grund auf neu transferieren, digitalisieren und restaurieren. Dann lassen sich an Milongas mit entsprechend potenter Technik knapp 85% erreichen. Die restlichen 15% bleiben einem für eine reine Hörsituation optimierten Setup vorbehalten, in einem bautechnisch ohne wenn und aber akustisch optimierten Raum. Und persönlich wäre ich übrigens mit pragmatischen 80% an Milongas rundum zufrieden. Aber eine solche Milonga gibt es noch gar nicht – nirgends.

Ich kenne die erfreulichen Anstrengungen von Varchausky natürlich und verfolge die durchaus gemachten Fortschritte mit Sympathie, muss allerdings konstatieren, dass der Lernprozess dort bisher noch nicht abgeschlossen und das Ziel daher noch nicht erreicht ist. Aber wenigstens bleiben diese Leute am Ball und tun was anstatt zu lamentieren oder den Kopf in den Sand zu stecken. Dafür verdienen sie mehr Anerkennung als ihnen bislang zuteil wird.

herzlich – Christian

Anonym hat gesagt…

@christian,

"Und das ist ihm wie mir nicht leicht gefallen. Die Web Site unten aufrufen und dann auf "Freizone" klicken. Dann findet sich in etwa in der Mitte der Link für das PDF "Kabeltest komplett".
# http://www.studio-presse.de "

im Artikel geht es aber um Einfluss in der Signalkette Mic... Vorverstärker.. Enstufe. Die Aspekte dort lassen sich auch rechnen und messen. Formeln werden dort ja genügt angeben. Aber nicht Kabeleinfluss von Endstufe zu LS. Wenn, muesste dürfte man das Kabel in keine Schlaufe legen (Induktivität) Die Hundert+ Meter Kupferdraht in Spulen, Stecker, Lot der Frequenzweichen in den LS dürften mehr ausrichten als 10 Meter Silberlitze. Die Sache mit dem Rauminformationen in den alten Aufnahmen. In den Alten Tagen wurde Mono aufgenommen, wo soll da Rauminformation herkommen?

Gruesse Bernd

cassiel hat gesagt…

Ich freue mich sehr über die zahlreichen sehr fundierten Beiträge. Ich schreibe trotzdem um den Fokus erneut auf den ursprünglichen Beitrag zu lenken. Wir können uns intensiv mit speziellen technischen Details beschäftigen und werden uns in dieser Auseinandersetzung häufig glänzend missverstehen. Als Beispiel greife ich jetzt einmal den letzten Einwand von Bernd heraus, man könne in Mono-Aufnahmen keine Rauminformation finden. Wenn wir mit Rauminformation die Lautstärke- und Laufzeitunterschiede benennen, die bei einer Stereo-Aufnahme zwischen den beiden Kanälen existiert, dann ist sonnenklar, daß es in den alten Ausnahmen keine Rauminformation geben kann. Fassen wir diesen Begriff aber etwas weiter und nehmen die Eigenschaft von Aufnahmen hinzu, unterschiedliche Instrumente klar zu differenzieren, dann steckt in den alten Aufnahmen sehr wohl einige Rauminformation. Dieses Beispiel mag reichen... mir geht es in diesem Blog um ein Miteinander und nicht darum, Mitdiskutierenden zu beweisen, daß sie oder er Unrecht hat.

Vielleicht bemühen wir uns alle gemeinsam um einen eher integrierenden Diskussionsstil.

Vielen Dank

Loretta hat gesagt…

Cassiel, ich versuch es noch mal. Ich habe bei Arte leider nur den zweiten Teil des Films gesehen. Ich fand ihn auch sehr interessant. Ich glaube auch, dass das Wesentliche in der Intensität der Auseinandersetzung mit dem Klang und dem Instrument liegt. Die von mir verwendeten Begriffe Esoterik und Einbildung sind daher nur gegen den Glauben, dass man diese Intensität einfach mal so konsumieren kann, gerichtet.
Der von mir zitierte Geigentest geht eigentlich in die gleiche Richtung. Es waren zwar nicht die von Dir aufgezählten Selbstvermarktungsspezialisten sondern (wie Du leicht hättest nachlesen können) nur u.a. Jurymitgliedern und gestandenen Orchestermusiker sowie die Preisträger des sehr prestigeträchtigen Wettbewerbs die den Test durchführten, aber gerade daher hat das ganze eine interessante Nebengeschichte. Die Gewinnerin dieses alle 4 Jahre ausgetragenen Wettbewerbs war 2010 die Deutsch-Koreanerin Clara-Jumi Kang. Der erste Preis besteht u.a. darin, die berühmte Geige des künstlerischen Wettbewerbsstifter Josef Gingold, eine Stradivari von 1683, für 4 Jahre spielen zu dürfen. Und obwohl der Test nahelegt, dass für Clara dieses Instrument nicht besser klingt als eine gute neuzeitliche Geige bin ich sicher, dass es in den letzten 3 Jahren auf ihre Entwicklung Einfluss nahm. Ich denke auf einem so geschichtsträchtigen Instrument spielen die Virtuosen die sich dieses Instrument über Jahrhunderte weitergegeben haben mit und generieren eine zusätzliche Ernsthaftigkeit und Tiefe in der Auseinandersetzung mit der Musik. So ist diese Geige sicher ein Faktor in der Entwicklung von Clara, die sie inzwischen bis zu einem Engagement als Solistin des Tokioer Metropolitan Symphonieorchesters geführt hat.

Das ist auch die Botschaft, die ich in diesem Film zu erkennen glaubte.

cassiel hat gesagt…

@Loretta
Also gut, dann versuche ich es auch noch einmal. Wir sind wohl einer Meinung, daß es problematisch ist, man könne diese Qualität (Intensität) einfach mal so konsumieren. Das ist ein Gedanke von Dir, den ich uneingeschränkt teile.

Zu dem Experiment:
Ich hatte zunächst nur das Abstract der Arbeit gesehen und es hat mich nicht besonders beeindruckt. Jetzt habe ich das PDF mit den zusätzlichen Informationen gefunden und bin noch weniger überzeugt. Im ersten Teil des Tests spielte jeder Proband (mit einer abgedunkelten Brille) jeweils eine Minute (genau gemessen) zwei Instrumente (die vorher auf einem "Bett" lagen - wurde das Experiment in einem Hotel durchgeführt?) und gab nachher an, welchem Instrument der Vorrang gegeben wurde (mit zusätzlichen Randinformationen: Alter, Spielerfahrung, Preis des Instruments etc.). Das ist zwar vielleicht streng wissenschaftlich, geht aber für mein Empfinden am Kern des Problems vorbei. Mich interessiert nicht, was eine Instrumentalistin, ein Instrumentalist innerhalb einer Minute in irgendeinem Raum mit irgendeinem Bogen aus einem Instrument hinauszukitzeln vermag. Das ist mir zu technokratisch. Mich interessiert, was eine Musikerin, ein Musiker auf der Bühne mit einem Instrument musizieren kann. Dabei gibt es nicht messbare Größen. Daß Du alle von mir oben beispielhaft genannten Ausnahme-Musiker als Selbstvermarktungsspezialisten bezeichnest, finde ich problematisch. Aber lassen wir es einfach einmal so stehen. Wir werden vermutlich nicht einer Meinung sein können.

Vielleicht probiere ich es einmal auf einem anderen Wege: Auch ich habe in meiner Kindheit und Jugend ein Instrument (Waldhorn) gespielt und weil ein eigenes Instrument viel Geld kostet, hatte ich das erste Jahr ein Leihinstrument von der Schule. Nach etwa einem Jahr haben mir meine Eltern dann ein eigenes (gebrauchtes) Instrument gekauft (mein Lehrer hat es ausgesucht). Ich war zunächst gar nicht zufrieden. Es klang so anders. Mein eigenes Instrument war nämlich ein Doppelhorn (über ein Ventil konnte man zwischen einer Stimmung in B und in F wechseln). Erst nach Wochen und dem Kauf eines anderen Mundstücks war ich zufrieden. In einem kurzen Test hätte ich dem ursprünglichen (Leih-)Instrument den Vorzug gegeben. Ich will mich jetzt bestimmt nicht mit den Profi-Musikern in der Studie vergleichen, aber ich möchte eine Idee von sich entwickelnden Fähigkeiten geben.

Anonym hat gesagt…

Ich empfand den Film "Pianomania - Die Suche nach dem perfekten Klang" als sehr eindrucksvoll. Technisches know-how, spielerische Experimentierfreudigkeit, den Blick bzw. das Ohr für das Gute nicht verlierend, so erntet Stefan Knüpfer das verdiente Lob von Pierre-Laurent Aimard, als er sein Spiel unterbracht und sagte "Von diesem Ton habe ich immer geträumt".

Wie steht es in Wikipedia zum Ton (Musik):
Während die physikalischen Eigenschaften als Kombinationen von Sinustönen und Geräuschkomponenten analysiert und beschrieben werden können, ist die subjektive Tonwahrnehmung von psychoakustischen Gegebenheiten, kulturellen Erfahrungen und ästhetischer Erwartung abhängig.

In der Diskussion sind mir drei unterschiedliche Meinungen aufgefallen.
1. Die empirische Wissenschaftliche, die sich relativ objektiv erforschen lässt.
2. Die praktische Vernunft, also wie wir pragmatisch eine gemeinsame Tiefe finden können.
3. Die Kunst oder das ästhetische Urteil, wie und was ich zum Ausdruck bringen möchte.

Für mich wäre eine Lösung (nicht im engen) dahin möglich, dass man aus allen drei Aspekten die Auswählt, die der Wahrheit am nächsten kommt und sie dann experimentierfreudig ausprobiert. Für mich gibt es nicht "den Sound". Wenn ich mir auf unterschiedlichen CD's das gleiche Stück anhöre so sind die Abmischungen meist different. Mir fehlt der Eindruck eines Live Konzertes eines Orchesters der EdO. Hat diesen Eindruck vielleicht irgendwer? Es muss sich ganz bestimmt erhaben angehört haben.

Ich werde versuchen mich ein klein wenig von Stefan Knüpfer's Experimentierfreudigkeit anstecken zu lassen. Vielleicht paranoid jedoch waren nicht viele Künstler so?!

Danke Cassiel, für die immerwährenden Anstöße nachzudenken.

Reinhold

Unknown hat gesagt…

"Mir fehlt der Eindruck eines Live Konzertes eines Orchesters der EdO. Hat diesen Eindruck vielleicht irgendwer? Es muss sich ganz bestimmt erhaben angehört haben."

Mir auch und ich glaube nicht, dass jemand von hier Diskutierende diese Eindruck hat. Eine kleine Bemerkung gestatte ich mir jedoch. Die meisten Musiker damals, die in den großen Orchester gespielt haben waren virtuos, keine Frage! Nur "konzertant" gespielt haben sie selten – höchstens bei eine Aufnahme oder Live Radiosendung. Bei einer normalen Tanzveranstaltung ging es, meiner Meinung, um was anderes als um den perfekten Klang. Und hier liegt der große Unterschied für mich zw. einen "klassischen" Orchester und einen Orchester der EdO. Abgesehen davon, dass Orlando Goñi (einer der sagenumwobene Pianisten der EdO) wahrscheinlich keine Noten lesen konnte, glaube ich nicht, dass Rudolfo Biagi sich solche Gedanken über den Klang einen Konzertflügel gemacht hat, so wie in den Film dargestellt ist. Es waren einfach andere Prämissen, die bei den Tanzveranstaltungen wichtig waren und ich denke, diese sind auch auf eine Milonga heute immer noch wichtig.

Anonym hat gesagt…

@Swetoslaw

So ist das mit der immer spezieller werdenden Diskussion. Ich denke nicht, dass Cassiel behaupten wollte, die EdO-Musiker waren an konzertanten Aufführungen interessiert. So wie ich es verstanden habe, geht es ihm um einen sorgfältigeren Umgang mit der traditionellen Musik in der Milonga. Ich finde, dieses Thema bedarf einiger Reflexion und auch einmal anderer Ansätze. Insofern sehe ich da schon Parallelen zum erwähnten Film.
Tolle Diskussion übrigens ....

Doro

Christian Tobler hat gesagt…

@ Bernd,

Teil 1: Wie du auf die Idee kommst, hörbare Rauminformation wäre nur auf Stereo-Aufnahmen vorhanden, ist mir ein Rätsel. Stereo fügt einer Aufnahme in erster Linie eine links-rechts-Ortung hinzu. Den Aspekt der Zeit-, respektive Phasenfehler, welcher die Art wie unser Ohr und Hirn Rauminformation verarbeitet massiv stören, lasse ich der Einfachheit halber für einmal beiseite. Eine Betrachtung der verwendeten Aufnahmetechnik betreffend Gerätschaften allein führt hier nicht ans Ziel, weil der Aufnahmeraum diesen Prozess eine zentrale Rolle spielt.

Mit dem Wechsel auf das elektrische Aufnahmeverfahren um 1925 herum haben sich innert kürzester Zeit völlig andere Aufnahmestudios etabliert. Die waren merklich grösser und betreffend Massen so proportioniert und betreffend Werkstoffen so gebaut, dass optimales Reflektionsverhalten gegeben waren und diese zudem steuerbar wurden. Anfang 30er waren zB die damals neu eröffneten Abbey-Road-Studios das Mass aller Dinge und dem Rest der Welt für einige Jahre weit voraus. Auch dies ist wieder mal ein deutlicher Hinweis darauf, wie sorgfältig damals gearbeitet wurde. Denn diese Studios gehören heute noch zum Besten, was es gibt. Aber auch in BsAs gab es ab Mitte der 30er Studios mit optimalem Reflektionsverhalten: Von den Studio von RCA-Victor und Radio El Mundo weiss ich das mit Sicherheit. Zum Studio von Odeon nach der Glücksmann-Ära, also in etwa ab Beginn der 30er, suche ich immer noch vergeblich nach Information.

Wenn Transfer, Restauration und Digitalisierung einer Schellack gut gemacht sind, enthalten diese in Wachs-Matrizen geschnittenen Mono-Aufnahmen mehr als genug Raum-, respektive Reflektionsinformation, um uns heute noch sprachlos zu machen, weil man den Aufnahmeraum deutlich hört, was diesen Aufnahmen eine weitere Dimension verleiht. Auch das macht deutlich, wie gut die damalige Technik bereits war. Wer das so noch nie hören durfte, wird es natürlich verneinen. In so einem Fall ist die eingesetzte Wiedergabetechnik nicht gut genug oder die Ohren sind womöglich gar nicht geschult oder durch die Unkultur von MP3 und Co. verkümmert.

Mit den markanten Verbesserungen des elektrischen Aufnahmeverfahrens die sich zwischen 1948 und 57 etablieren konnten (wie zB Bandgeräten, innovative Schneidköpfe, Vinyl als Medienträger für Consumer, zuerst London/Decca FFRR und bald andere, 33rpm für Consumer, 45rpm, RIAA, Stereo und unzählige neue Geräte zwecks Klangbearbeitung) hat sich nochmals ganz viel verändert. Darauf hier einzugehen, würde den Rahmen dieses Medium jedoch sprengen. Bis Mitte der 60er waren Pop-Produktionen aufnahmetechnisch trotzdem fast ausschliesslich für Mono konzipiert. Daher klingen die Beatles remastered, bis auf die drei LPs die tatsächlich Stereo konzipiert wurden, in der Mono-Version merklich überzeugender, ganz besonders was die Rauminformation betrifft. Dazu ein Zitat von George Harrison, das klar macht, warum viele frühe Stereo-Aufnahmen Mono unterlegen waren. Es fehlte teils die Technik dafür. Aber noch viel mehr fehlten Musikern wie Technikern das dafür notwendige Erfahrungsspektrum:

"At that time [...] the console was about this big with four faders on it. And there was one speaker right in the middle [...] and that was it. When they invented Stereo, I remember thinking 'Why? What do you want two speakers for?', because it ruined the sound from our point of view. You know, we had everything coming out of one speaker; now it had to come out of two speakers. It sounded like ... very ... naked."

Christian Tobler hat gesagt…

Teil 2: Ich bin ein Kind der Stereo-Ära und musste die Vorteile von Mono mühsam selbst entdecken. In der zweiten Hälfte der 70er tauchten in Europa allmählich LP-Pressungen bester Qualität in dickes Vinyl gepresst aus Japan auf – zB Jazz-Reeditionen von Labeln wie Prestige, Verve oder Moodsville. Die Dinger kosteten mehr als das Doppelte einer europäischen oder amerikanischen Pressung. Wenn es damals in meinen bevorzugten Plattenläden nicht exzellente Musikkenner als Berater/Verkäufer gegeben hätte, hätte ich vermutlich nie so eine vermeintlich überteuerte LP gekauft.

Bereits der Kauf der ersten zwei dieser Vinylscheiben hat meine Wahrnehmung von Musikkonserven für immer in rechte Lot gerückt und mich für eine ganze Weile ratlos gemacht. Falls jemand es ganz genau wissen will:
# Oliver Nelson Sextet – Scramin' the Blues –  Prestige 8243
# Sampler –  Blues for Tomorrow – Riverside RPL 12-243

Die Qualität der darauf konservierten Musiker ist sowieso über jeden Zweifel erhaben. Die zweite LP enthält zudem auschliesslich Aufnahmen der Tonmeister-Legende Rudy van Gelder. Ich war trotzdem ausgesprochen skeptisch, weil ich Mono für rückständig und damit minderwertig hielt. Mit diesem Vorurteil war ich vollkommen auf dem Holzweg. Denn daheim schlug ganz besonders die Rauminformation dieser LPs bereits beim ersten Abspielen wie ein Torpedo in meinen Ohren ein. Es hat mich einige Monate Zeit gekostet, zu begreifen und akzeptieren was Sache ist. Seither weiss ich, dass für Konserven eine gute Wiedergabe der Tiefenstaffelung sehr viel wichtiger ist, als dasselbe betreffend Breitenstaffelung (sprich Stereo, vereinfacht ausgedrückt). Stereo ist eine feine Sache. Aber in Bezug auf Raum-, respektive Reflektionsinformation kann Stereo nur einen Teilbereich abdecken.

Vollends klar wurde das Ganze Problem für mich aber erst über ein Jahr nach diesem Schlüsselerlebnis. Beim Aufräumen ist mir eine LP meiner Eltern von Ende 50er des DG-Labels Archiv-Produktion in die Hände gefallen. Und darauf klebt noch das Preisetikett. Der Preiszerfall bei LPs in beinahe 20 Jahren war enorm. Und ich kapierte, warum die meisten Label immer schlechtere LP-Qualität auslieferten. Es ging wieder mal um Profit um jeden Preis – und das schon wieder auf Kosten eines Kulturguts.

Ich weiss nicht ob ich dir Bernd damit klar machen konnte, wie unreflektiert und irreführend dein Satz letzter Satz ist: "In alten Tagen wurde Mono aufgenommen, wo soll da die Rauminformation herkommen?" Wer sich die Entwicklung von Tonkonserventechnik nicht ganz genau anschaut und immer auch an- und hinhört, der stolpert immer wieder über Vorurteile oder die dummdreiste Makteting-Mär von wegen neu sei immer besser.

herzlich –  Christian

Anonym hat gesagt…

@Christian,

das gehört für mich eher in Richtung, ich "denke" mir das so zu hören. Oder die LS verteilen es so, das du überall ala Bose (Kneipenakustik) überall das gleiche hörst, das hat aber mit Räumlichkeit nichts zu tun. Mache einen genz einfachen Test, setze dir geschlossene Kopfhörer auf und höre die Aufnahmen an. Würde mich interessieren ob du dann die Intrumente räumlich lokalisieren kannst, oder diese aus einem Loch kommen.

Gruesse Bernd

Unknown hat gesagt…

@Christian – dieser Beitrag von dir kann ich mit beiden Händen unterschreiben! Danke!

@Bernd – wer redet hier über Bose. Und glaub mir diesen Test mache ich fast jeden Abend, meisten mit (mono) Jazz-Musik. - ja, ich kann die einzelne Instrumente/Stimmen "orten"

Holger hat gesagt…

@ Bernd:

Rauminfo bei Mono-Aufnahmen kommt aus der Überlagerung von Direktschall und reflektiertem Schall von den Wänden auf dem Weg zum Mikro. Durch unterschiedliche Positionierung des Mikros kann der Anteil der Komponenten für eine Aufnahme "manipuliert" werden

Ortung ist was anderes und die Stereo-Idee hat einen Bezug zur Links-Rechts-Ortung, aber zB nicht zur Höheninformation. Wenn das Hirn für einen Raum gelernt hat, wie sich Frequenz und Phasengang bzgl. der Höhe verändern kann auch für die dritte Dimension etwas aus dem Signal extrahiert werden.
dies jetzt wieder umgelegt auf die links-rechts-Information würde bedeuten, Du kannst von einem Raum der z B links einen Vorhang hat und rechts nicht potentiell erkennen wenn sich eine Schallquelle (zB SängerIn) nach links oder rechts bewegt. Dazu muss man aber den Raum "gelernt" haben. Wenn eine Orchesteraufstellung aber bekannt ist (beim klassischen sehr oft links aus Publikumssicht die Geigen etc... ) wird das Hirn dies höchstwahrscheinlich "richtig" interpretieren, lustig wird es wenn solche gelernten Konventionen nicht eingehalten werden. OB man das gleich erkennt (wie gesagt immer im "gelernten Raum") oder nur das Gefühl hat, dass was komisch ist bin ich mir nicht sicher...

Ein Problem hier ist, dass wir die Räume der goldenen Epoche auch nicht mehr so einfach "lernen" können...

Holger hat gesagt…

@ Christian: nun gut, selbst so ein Zwischenboden ist aber nicht über der Mitte der Tanzfläche. Mein ganz persönlicher Favorit der Beschallung von einer Seite der Tanzfläche (wenn es die lange ist zB von mittleren Drittel oder mittleren fünftel aus) orientiert sich aber ganz klar an dem Modell einer Bühnensituation. Wenn es ein Balkon-Modell ist können die LS einfach noch höher gesetzt werden.

Nebenbei. Wenn ich von 2 LS spreche denke ich nicht an Stereo, insofern bin ich auch sofort bereit einfach eine LS-Station beim DJ oder in der Mitte der kurzen Seite der Tanzfläche anzubringen. Ich hab hier definitiv nicht das Bild eines "Tanzschuppens" vor Augen.

Wenn Du die 1-Mikro-Aufnahmen referenzierst wäre das Pendant dazu wohl ein Punktstrahler mit der zum verwendeten Mikro passenden
Charakteristik, aber so wie live wird es halt nie werden...

Lustig wäre halt eine ungemischte Mehrspuraufnahme zu haben und an den Platz jedes Musikers einen LS zu stellen und das live im Saal abzumischen (Jede Tanda anders, natürlich)

Aber wie so oft geht es natürlich immer auch um Kompromisse (bei Qualität bitte so hoch wie möglich, so niedrig wie nötig)

Die Tatsache, dass wir DJing machen ist bzgl. Klang schon so ein Kompromiss, wenn jede Stadt/Szene/Viertel ihre/seine eigenen OT hätte bräuchten wir keine Aufnahmen abzuspielen (provozier ;-)
Bzgl. des Lernens:
Musiker einladen ja, ich weiß die aus der EdO wird schwierig) ... trotzdem: Beim Soundcheck dabei sein (ihn evtl. selbst machen) - reden mit den Leuten, vorgehen an die Bühne, hören was da ist, wieder nach hinten gehen, klären was aus den LS anders kommt... klären, ob auf Verstärkung verzichtet werden kann ... ???

Macht Spaß, viel gelernt so (zB mit Colortango, wo das schon ganz speziell ist, weil ein Syntheszier mitspielt - also definitiv auch nicht ganz EdO;-)

Auch wenn irgendwo live zur Milonga gespielt wird : Hingehen ! Wenn möglich schon zum Soundcheck (Probenbeispiel von Christian's Vater aufgreifend !)

Einfach immer besser wissen, was man eigentlich wollen kann

Schöne Töne,
DJ HoBo

Anonym hat gesagt…

@Swetoslaw Beltschew
Bose war nur ein Bsp. für ich höre irgendwo alles, aber Räumlichkeit ist doch anders. Riesiges Sammelsurium zum Thema gib es da:
http://www.sengpielaudio.com/Tutorium01.htm

Wenn sich die Musiker nicht ineinander stapeln sollen, brauche ich mindestens zwei Signalquellen, die gleichzeitig unterschiedliche Laufzeitsignale wiedergeben, um Raum vermittelbar zu machen.

Gruesse Bernd

Christian Tobler hat gesagt…

@ Bernd,

mit Denken hat das nichts zu tun, lediglich mit Hören. Das Wort Bose – sorry Oskar ;-) – habe ich nie in den Mund genommen. Ich habe auch nicht von Kneipen gesprochen. Wir reden da aneinander vorbei.

Aufnahmetechniker arbeiten vor Ort gezwungenermassen mit Kopfhörern, falls kein optimierter Abhörraum zur Verfügung steht. Nahfeldmonitore wären dabei bereits ein Kompromiss, den man durchaus in Frage stellen dürfte. Das Arbeiten mit Kopfhörern erfordert viel Erfahrung, damit beim Abmischen hinterher und Mastern am Ende keine böse Überraschungen auftauchen. Manchmal eignen sich Kopfhörer dafür, bestimmte Details im Aufnahmegeschehen wie mit einer akustischen Lupe zu klären. Aber kein Mastering Techniker würde auf die Idee kommen, freiwillig mit Kopfhörern zu arbeiten, da die räumliche Wahrnehmung mit Kopfhörer arg verfremdet wird. Ich benütze daheim niemals Kopfhörer zum Hören. Warum sollte ich mich mit einem verfremdeten Klangraum und im-Kopf-Lokalisation herum quälen? Diese Schwächen verursachen weder Mono- noch Stereo-Aufnahmen sondern die prizipbedingten Nachteil der Kopfhörerwiedergabe.

Ich benütze Kopfhörer natürlich an Milongas zum Vorhören, weil ich dort keine andere Möglichkeit habe. Kopfhörer können aber nie als Referenz dienen, sie bleiben immer Notlösung.

herzlich – Christian

Christian Tobler hat gesagt…

@ Holger,

auch wenn wir nie in allen Dingen einer Meinung sein werden, mag ich deine konstruktive Haltung und deine Bereitschaft auch mal was Unkonventionelles auszuprobieren, deine Bereitschaft zu handeln anstatt zu lamentieren und deinen Mut zu Klasse anstatt Masse.

Auf dieser Basis würden wir uns in einem realen Raum bezüglich Aufstellung von PA-Technik immer irgendwie finden. Allerdings könnte das Ganze etwas länger dauern als zweidrei Tage. Mein Ziel ist es nicht, das meist erschreckend suboptimale live-Setup in Tanzschuppen in BsAs während der EdO zu reproduzieren. Ich versuche die Studioaufnahmen dieser Epoche an Milongas so gut wie möglich wiederzugeben. Dabei authentisch zu bleiben ist kaum möglich, weil bereits Transfer, Digitalisierung und Restauration jedes Mal einen ganzen Sack voller Interpretationen dazu beinhalten, wie es damals vielleicht war plus ein gewisses Mass an Anpassung an heutige Hörgewohnheiten im Interesse wirtschaftlichen Erfolgs. Ich habe mich Anfang diese Jahres ausführlich mit einem langjährigen Restaurations-Profi in Sachen Schellacks genau über diesen Aspekt unterhalten. Wir waren uns einig darüber, dass dies schlussendlich der heikelste Aspekt beim ganzen Prozess ist, weil man gar nicht darum herum kommt Entscheidungen zu treffen, die sich später als falsch herausstellen können, nicht entscheiden aber keine Option ist.

Ich werde mich mit deinen Argumenten betreffend Aufstellungen jedoch auseinandersetzten – praktisch. Ich habe in deinem früheren Kommentar sofort verstanden, dass Dein Setup nicht herkömmliches Stereo zum Ziel hat. Vielleicht versuchst Du das mit meinem Vorschlag einer zentralen Sound-Ampel auch mal ;-)

herzlich – Christian

Holger hat gesagt…

@Christian,

danke für das freundliche feedback ;-)

Ich hab da grad eine Einladung nach Meggenhofen bekommen um mir so eine Soundampel in Aktion anhören zu können ... noch hab ich einen Terminkonflikt - aber evtl. lässt sich der ja auflösen - wie gesagt Punktstrahler (modelle) haben sicher was für sich ... ich bin aber gespannt wie das für mich mit der Orientierung wird, weil ich ganz gern mit geschlossenen Augen tanze (ja, in der führenden Rolle, nicht die ganze Zeit über, aber wenn es gut geht doch > 90%)

Die Anpassungen an die Hörgewohnheiten gehen ja auch nicht nur über die Zeit sondern auch über den Ort/die (Hör-)Kultur. Ein Problem haben wir aber (fast) immer: Die Aufnahmen wurden meist dazu gemacht zu Hause gehört zu werden (Radio oder LP oder Kassette ...) deshalb gibt es überhaupt die Idee, Hall und Raumcharakteristika mit auf die Aufnahme zu bringen, weil die Annahme ist, dass daheim der Raum entweder mit Vorhängen und/oder Möbeln vollgestellt ist oder so klein, dass ohnehin keine Nennenswerten Laufzeitverschiebungen in der Abhörsituation mehr auftreten.

D.h. DJing hat hier meistens ganz generell einen "Startnachteil", weil es keine Aufnahmen gibt die explizit für DJing gemacht werden (der allererste große Kompromiss, um den wir als Verantstalter und DJs nicht herumkommen) ich hab jetzt leider den Film, der diese Diskussion gestartet hat nicht gesehen, hab aber versucht mich anhand der Diskussion hineinzufühlen.

Demnach sollte es im Idealfall bald Orchester geben, die explizit für's DJing spielen (trocken, schrecklich anzuhören wenn man daheim sitzt ;-) und die Raum-Info kommt dann entweder von dem Raum in dem getanzt wird oder ggf. künstlich erzeugt im Moment der Veranstaltung, angepasst an das, was der Raum selbst leisten kann...
(und künstlich muss nicht elektronisch heißen, das kann auch eine Reflektorplatte hinter einem Lautsprecher sein ...)
Ach, aber ich merke ich komm schon wieder ins Träumen - und außerdem wird uns das mit den klassichen Orchestern nicht merh gelingen.

Also doch lieber zusehen, dass die Räume in denen wir Equipment aufbauen nicht allzuviel selbst dazuplappern (-reflektieren) zu den schönen alten Aufnahmen...

schöne Klänge und schöne Tänze,
DJ HoBo

Anonym hat gesagt…

Ohne mich bisher durch alle Kommentare durchgearbeitet zu haben will ich doch etwas zu dem "Abdruck" der Musik in den Lautsprechern von mir geben:

IMHO werden die Lautsprecher von dem abgespielten Material beeinflusst, die Frage ist nur, in welchem Maße. Ich habe (zumindest für mich) auch den Beweis. Ich wechselte bei älteren, aber sehr hochwertigen Boxen die porös gewordenen und dadurch gebrochenen Sicken der Tieftöner (die Sicke ist die aus Gummi oder Schaumstoff bestehende Wulst, mit denen die Lautsprechermembran mit dem Chassis verbunden ist). Nach dem Wechsel klingen die Lautsprecher zunächst nicht mehr besonders gut, sie müssen erst eingespielt werden. Dazu wird längere Zeit ein weißes Rauschen wiedergegeben (ein Frequenzband mit gleicher Amplitude aller Frequenzen). Nach und nach nähert sich der Klang der Lautsprecher wieder dem Ursprungsklang an. Ohne eigene Versuche gemacht zu haben heist es, dass die Wiedergabe einer einzelnen Frequenz nicht den Effekt hätte, eine Alternative wäre nur eine gleitendende Frequenz über das gesamte Frequenzband.

Da der Einfluss der Tonwiedergabe nicht nach z. B. zwei Tagen vorbei sein kann, sondern wahrscheinlich nur immer geringer wird, hat auch später wiedergegebene Musik einen Einfluss. Ich fürchte (oder hoffe?) nur, dass dieser verschwindend gering ist.

Daniel hat gesagt…

Hallo Cassiel,

da zu dieser Diskussion schon fast alles gesagt ist, einmal ein Sprung zurück zu einer im Februar diskutierten Voraussetzung, die am Anfang der Wiedergabekette steht: gute Aufnahmen bzw. (nachdem wir an den Originalaufnahmen ja nichts mehr ändern können) vernünftige Digitalisate.

Du hattest damals in der Diskussion hier und auf einem anderen Blog Probleme mit den neuen Tangovia/Tangotunes-Digitalisaten angesprochen. Dein letzter Zwischenstand damals war, daß möglicherweise nur ein komplett neues Remastering die Fehler beheben könnte. Bin ich wirklich der einzige, der seither gespannt darauf wartet, was Deine weitere Untersuchung der Dateien ergeben hat? (Zumal ja inzwischen noch mehr Digitalisate dazugekommen sind...)

Das wäre doch noch einmal einen eigenen Blogbeitrag wert!

Herzliche Grüße
Daniel

Christian Tobler hat gesagt…

@ Holger,

Teil 1: Viel Spass in Meggenhofen. Das wird bestimmt eine schöne Milonga werden. Mir hat die dortige Eröffnung sehr gut gefallen. Allerdings solltest Du über diesen Raum zweidrei Dinge wissen. Im Moment erhoffst Du dir von diesem Raum Unerfüllbares. Das ist ein schöner Raum –  gar keine Frage. Aber so schön dieser Raum optisch ist, so problematisch ist er akustisch.

Egal wie sehr ein DJ sich bemüht, mit bester Audiotechnik ausgefuchst aufgestellt gute Klangqualität sicherzustellen – dem Resultat sind im Rahmen jenes Aufwands, der im Tango Argentino an Milongas üblich ist durch die Proportionen des Raums und die verwendeten Baumaterialien und Oberflächen deutlich hörbare Grenzen gesetzt. Damit will ich nicht sagen, irgend etwas an diesem Raum sei billig ausgeführt. Lediglich über Akustik hat man sich bei der Planung keinerlei Gedanken gemacht. Ganz im Gegensatz zB zum einem anderen Raum in der Region, dem Volksheim in St. Valentin bei Linz. Dieser optisch weniger schöne Raum wurde nachträglich mit Reflektoren und Absorbern akustisch optimiert. Daher ist der Klang dort bedeutend besser steuerbar.

Wie viele problematisch klingende Räume profitiert auch der Raum in Meggenhofen akustisch von einer grossen Tänzerschar. Aber dazu müssen sich über 40 Tänzern auf dem Parkett bewegen. Solche Unzulänglichkeiten der Raumakustik lassen sich mit einem Equalizer kaum beheben. Damit kann man lediglich die ärgsten Defizite reduzieren. Nicht vergessen: Gutes Datenmaterial in Kombination mit guter Audiotechnik kann vielleicht 50% dazu beitragen, dass Musikkonserven in einem Raum toll klingen. Die restlichen 50% hängen immer von der Raumakustik ab. Aber wem sage ich das.

Christian Tobler hat gesagt…

Teil 2: Ich hatte in Meggenhofen lediglich Zeit um eine pragmatische Lösung mit vier zentral angeordneten Lautsprechern halbwegs angemessen abgehoben vom Boden zu realisieren. Das stellt für mich ein absolutes Minimum dar, welches mit etwas Raumakustikglück oft einen ordentlichen Klang ermöglicht – aber auch nicht mehr. Wir sollten uns da nichts vormachen. In Meggenhofen habe ich mit vier kleinen aktiven Tannoys gearbeitet, die mir DJ Gregor aus Passau ausgeliehen hat, damit ich nicht meine ganze Technik aus der Schweiz mitbringen musste. Natürlich weiss ich ganz genau, was ich bei einem zweiten mal in Meggenhofen tontechnisch anders machen würde, falls dafür genug Zeit dafür zur Verfügung stände. Ob das am Ende auch so klänge wie ich mir das vorstelle? So was weiss man immer erst hinterher.

Meine pragmatische Lösung in Meggenhofen war zwar so was Ähnliches wie eine zentrale Sound-Ampel, allerdings noch weit entfernt von einem Setup, welches einerseits grundsätzlich und andererseits in diesem Raum dafür geeignet wäre, das Konzept einer kritischen Wertung zu unterziehen. Meggenhofen ist nicht der richtige Ort, um das Konzept zentral angeordnete Mono-Sound-Ampel auf seine Tauglichkeit zu überprüfen, weil die akustischen Defizite des Raums sich zu sehr in den Vordergrund drängen.

Das heisst aber nicht, dass dort keine tollen Milongas stattfinden. Guter Klang allein macht noch lange keine gute Milonga. Aber guter Klang kann eine gute Milonga zu einer tollen Milonga machen. So wie Tänzer die gut drauf sind eine gute Milonga zu einer tollen Milonga machen können. Und wenn für einmal alle Kernfaktoren erfüllt werden, kann das Resultat eine grossartige Milonga sein. Aber auch ein guter DJ mit hochwertiger Audiotechnik plus beste Raumakustik können auch gemeinsam dazu niemals mehr als 50% beitragen. Wir sollten auch diesen Umstand nicht verschweigen.

Christian Tobler hat gesagt…

Teil 3: Wenn ich in einem Raum erstmals mit eigener Technik auflege, sind 6h Zeit für Aufbau plus Soundcheck ein Minimum. Die herkömmliche Plazierung der Lautsprecher auf Stativen in den Ecken bringt zu viele Nachteile mit sich. So was kommt für mich daher kaum je in Frage – falls ich eine Wahl habe, was leider nicht immer der Fall ist. In diesem lang erscheinenden Zeitrahmen ist aber auch lediglich eine pragmatische Lösung realisierbar, welche auf anderswo bewährten Lösungen aufbaut. Denn 2h für einen solchen Aufbau plus ein kurzes hinein hören sind schnell vergangen. Vor allem dann, wenn man wie ich auch noch an die Wand projezieren möchte, was für Musik jeweils spielt. Die Technik dafür musst in Meggenhofen ebenfalls aufgebaut werden – Beamer, Leinwand, Kabel.

Falls diese erste Aufstellung der Lautsprecher klanglich nicht befriedigt, muss man meist nochmals von vorne beginnen. Aber das will gut überlegt sein. Denn ein anderer, womöglich etwas komplexerer Aufbau beansprucht schnell weitere 2h. Falls das gewählte Konzept wieder nicht passen sollte – und diese Gefahr besteht immer – dann hat man ein Problem, weil man in der noch verbleibenden 2h eigentlich nur noch diesen Aufbau ein klein wenig optimieren kann. Denn danach steht der Soundcheck an, mit dem der Dj nur noch letzte Feinheiten akustisch ins rechte Lot rücken kann.

Im Rahmen von 8h kann man gut organisiert und reichlich routiniert zwei völlig unterschiedliche PA-Konzepte kurz testen und danach im schlimmsten Fall – beide Ansätze überzeugen in der Praxis nicht, so was kommt vor – im Eiltempo eine pragmatische Allerweltslösung realisieren, von der man aus Erfahrung weiss, dass sie kaum vollkommen falsch sein kann.

Christian Tobler hat gesagt…

Teil 4: Natürlich ist es auch mir an Milongas schon gelungen, mit eigener Technik in 1h einen beinahe rundum überzeugenden Klang zu erzielen. Vor wenigen Wochen erst habe ich das wieder mal erlebt. Eigentlich sind das aber jedesmal ziemliche Glücksfälle und damit Ausnahmen, auf die man sich unmöglich verlassen kann. Denn wenn beim Aufbau zB überraschend eine Brummschleife ihr Unwesen treibt, ist es manchmal nicht damit getan, im Audiosignal Trenntrafos einzuschlaufen. Es kommt vor, dass man als DJ dann gezwungen ist die Ursache zu identifizieren und zu beseitigen. Und dafür reicht 1h manchmal nicht. So betrachtet sind 8h Vorlauf für den erstmaligen Aufbau an einer Milonga ein pragmatischer Zeitrahmen, alles andere als unnötiger Luxus.

Nun stehen einem DJ im Milonga-Alltag beim ersten mal aber kaum je 4, 6, oder 8h für den Aufbau vor einer Milonga zur Verfügung. Viele Veranstalter tun sich schon schwer, wenn das mehr als 30min in Anspruch nimmt. Wobei ich mich in solchen Fällen schon frage, was für dekorative Geschwulste diese Leute seitlich am Kopf spazieren führen. Denn entsprechend agressiv bis nervtötend, pompös bis desaströs, dumpf bis hirnerweichend klingt es auf solchen Milonga fast immer.

Der Raum in Meggenhofen hat durchaus Potenzial. Aber akustisch ist er eine nicht zu unterschätzende tontechnische Herausforderung –  auch für gute Audiotechnik. Ich habe mich erst kürzlich sowohl mit DJ Gregor aus Passau als auch mit Mitveranstalter Oskar aus Steyr ausführlich über die akustischen Defizite dieses Raums unterhalten und beiden eine ganze Reihe von Ideen darüber in den Kopf gesetzt, wie man den Defiziten der Akustik im Rahmen vorhandener technischer Ausstattung mit moderatem Geldeinsatz begegnen könnte. Denn bautechnisch-akustische Massnahmen lassen sich dort nicht nur aus Kostengründen kaum realisieren. Aber womöglich sehen die beiden das konzeptionell völlig anders anders als ich. Obwohl, die zwei werden sich kaum lumpen lassen für die nächste Milonga in Meggenhofen.

Christian Tobler hat gesagt…

Teil 5: Zu gerne wäre ich beim nächsten Termin in Meggenhofen dabei, um zu beobachten wieviel besser als ich die Beiden das handhaben werden. Aber nochmals: Meggenhofen ist nicht der richtige Ort, um das Konzept zentral angeordnete Mono-Sound-Ampel auf seine Tauglichkeit zu überprüfen, weil die akustischen Defizite des Raums sich zu sehr in den Vordergrund drängen. Soviel zum Raum in Meggenhofen.

Mit deinen Schlussfolgerungen zum Film, den du nicht gesehen hast, bin ich dagegen kaum einverstanden. Ich halte diesen Weg für ein amüsantes Unding. Ob Dir da beim Schreiben der Schalk im Nacken gesessen ist? Deine Idee gefällt mir aber aus einem ganz anderen Grund sehr. Weil sich die Milonga-Veranstalter dann endlich mit dem Thema Technik beschäftigen und in Technik investieren müssten. So gesehen mach einfach mal, das wird bestimmt was zum Besseren verändern.

Auf Grund der heutigen wirtschaftlichen Situation und des spieltechnischen Könnens kontemporärer Tango-Musiker gehe ich im Gegensatz zu dir davon aus, dass es weder jetzt noch in Zukunft Orchester geben wird, die je explizit für Tänzer spielen, respektive zu spielen vermögen. Denn das käme von können anstatt wollen –  obwohl dazu natürlich in einem alleresten Schritt auch ein Wollen gegeben sein müsste ;-) Denn ohne diese Einsicht plus dieses Können wird aus dem ganzen schönen Plan nichts.

Christian Tobler hat gesagt…

Teil 6: Die Notwendigkeit nicht mehr in eher kleinen, betreffend Hall knochentrockenen Studios Tonkonserven einzuspielen, wie das mit akustisch-mechanischer Aufnahmetechnik bis 1925 üblich war, hat sich mit der Einführung elektrischer Aufnahmetechnik in den Jahren 1925/26 sehr rasch durchgesetzt, weil sich die Vorteile der neuen Technik ohne grössere Studios mit guter Raumakustik gar nicht ausschöpfen liessen. Und daran hat sich logischerweise bis heute nichts mehr geändert.

Die Möglichkeit künstlichen Hall hinzuzufügen wurde meines Wissens Anfang der 30er in den Abbey Road Studios erstmals realisiert. Durch den heute noch verwendeten, damals eigens dafür gebauten Hallraum, bis Ende der 50er mit einem Lautsprecher und einem Mikro ausgestattet und damit eine akustische und keine mechanische (zB EMT 140) oder elektronische (zB Bricasti 7) Lösung.

Warum Orchester explizit für DJs spielen, respektive extra trocken aufnehmen sollten, kann ich daher nicht nachvollziehen. Ich halte dieses Konzept spätestens seit 1926 für obsolet. Bei Aufnahmen mit rein akustischen Instrumenten kann fehlender Hall des Aufnahmeraums niemals durch künstlichen Hall ersetzt werden, ohne hörbar an Natürlichkeit zu verlieren – diesen unvergleichlichen Zauber an Authentizität, den Könner unter Tonmeistern sich zumindest für Formationen mit rein akustischen Instrumenten niemals entgehen lassen. Warum sollten sie das Kind mit dem Bad ausschütten?

Christian Tobler hat gesagt…

Teil 7: Aufnahmen angepasst an die Defizite eines späteren Wiedergaberaums bleiben sowieso Utopie, weil dafür sämtliche Aufnahmen für jeden einzelnen Tango-Tanzschuppen auf dieser Welt einzeln neu erstellt werden müssten und das auch noch für den leeren, halb vollen und vollen Raum separat. Konsequenz muss sein ;-) Mit den Aufnahmen der EdO wird das sowieso Utopie bleiben, weil auf diesen Konserven immer genug Hall des Aufnahmeraums festgehalten wurde. Möglich würde so was allenfalls für neue, sogenannte Holger-Aufnahmen, mit vertretbarem Aufwand aber nur mit digitalen Raumkorrektursystemen vor Ort, von denen es inzwischen eine ganze Reihe gibt, auch gute. Aber auch dafür würde ich immer und überall Aufnahmen vorziehen, in denen der natürliche Hall des Aufnahmeraums mit konserviert wurde. Ideal wäre dafür natürlich ein Regler vor Ort, der es vereinfacht ausgedrückt erlaubt die Hallkomponente raumspezifisch fein dosiert hinzu zu regeln ;-) Dazu müssten die Zielräume aber über gute PA-Technik und eine korrigierte Akustik verfügen. Womit wir wieder mal den Bogen gemacht hätten und bei den Veranstaltern und ihrer Technik angelangt wären.

Abgesehen davon, dass so was aus Zeit- und Kostengründen nie zu leisten sein wird, gehe ich davon aus, dass die Resultate solchen Gigantomanie klanglich gar nicht überzeugen würden, weil dann jeder DJ ein Tontechniker sein müsste oder ihm ein solcher stets zur Seite stehen müsste. Mir würde das natürlich gefallen, sehr sogar.

Ich bin kein Freund von total recall auf ProTools, zB mit 13 Mikros auf 9 Spruren allein für ein Schlagzeug. Ich kann nachvollziehen, wie es gekommen ist, dass man im Pop so arbeitet. Mit einem Gran Orquesta würde dieses Konzept jedoch niemals überzeugen. Dafür sind weniger bombastische, mehr ganzheitliche Ansätze besser geeignet – finde ich. Wenn man sich anschaut, mit welch einfachen Mitteln zB Rudy van Gelder in den 50ern im Wohnzimmer des elterlichen Hauses in Hackensack NY viele Pretiosen des modernen Jazz aufgenommen hat –  wie zB Workin' von Davis, Blue Train von Coltrane, Saxophone Colossus von Rollins, also Aufnahmen die technisch heute noch in jeder Hinsicht überzeugen und künstlerisch nach wie vor prägend sind, ich sage betreffend Technik nur: modifiziertes Neumann U47 –  dann wird klar, dass das Prinzip keep it simple but sophisticated nach wie vor Bestand hat – ganz besonders in Sachen Audiotechnik. Aber eben ganz genau das und keine Verballhornung davon: simpel auf sehr hohem technologischem Niveau – also nullkommanullnullnull Firlefanz. Das ist ja das Geheimnis der ausgezeichneten Aufnahmekette der EdO: beste Technologie und ein kurzer, aus heutiger Sicht beinahe schon puristisch konzipierter Signalweg.

herzlich – Christian

Oskar hat gesagt…

@Christian - wir werden uns bemühen eine vergnügliche und erfreuliche Milonga für alle zu organisieren. Die Audioqualität ist nur ein Teilaspekt, zugegeben ein wichtiger. Ich weiss dass du im Vergleich zum ersten mal noch sehr viel Verbesserungspotential siehst. Vielleicht beurteile ich das System Soundampel positiver als du. Der Grund ist dass der Lärmpegel der Sitzenden mit der Ampel wesentlich geringer ist als bei üblicher Lautsprecheraufstellung. Dies trägt wesentlich zu einer entspannten Atmosphäre bei. Auch bei gleicher Soundqualität kann etwas leiser gespielt werden, der Stress sinkt. Alles was wir mehr an Audioqualität im Vergleich zu üblichen Milongas erreichen ist dann eine zusätzliche Verbesserung. Ich hoffe doch dass Holger, auch er ist ein Befürworter des "Simpl not stupid" Ansatzes, den Kern dieser Methode hören und nachvollziehen kann. Schade dass du nicht dabei sein kannst.
@Alle - Wir bemühen uns hier eine Milonga für Milonguer@s in entspannter Athmosphäre für die Liebhaber der Close Embrace zu veranstalten. Die technischen Anstrengungen sollen vom Publikum gar nicht bemerkt werden.
In diesem Sinne hoffen wir, dass uns das geschulte Gehör Holgers dabei hilft besser zu werden.
Einen schönen Abend aus Österreich.

Oskar hat gesagt…
Dieser Kommentar wurde vom Autor entfernt.
Avetango hat gesagt…
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Oskar hat gesagt…
Der Kommentar wurde von einem Blog-Administrator entfernt.
cassiel hat gesagt…

Ich habe die letzten zwei Kommentare auf die Bitten und mit Zustimmung der beiden Autoren gelöscht. Im Eifer der lebhaften Diskussion waren sie möglicherweise missverständlich formuliert.

Unknown hat gesagt…

Schade, schade… Obwohl provokant formuliert, fand ich den Kommentar von @Avetango doch interessant. Die Fragen, die aufgeworfen wurden, nämlich wer für was zuständig ist und wer soll sich um was kümmern, bewegen mich auch seit einiger Zeit. Reicht es aus, dass der Veranstalter eine beliebige Raum (in der letze Zeit beliebt sind Bauernhöfe und verlassenen Industriebrachen :) und eine „preiswerte“ PA-Anlage bereitstellt? Muss sich der TJ um den Aufstellung der Lautsprecher kümmern oder sogar welche mittbringen, damit es einigermaßen gut klingt? Beiden Fragen sind für meine Verständnis zu verneinen. Es existiert eine definierte Schnittstelle zw. Veranstalter und TJ. Bereitstellung adäquate, an dem Raum angepasste PA-Technik und akustikverbessernde Maßnahmen in dem Raum sind Aufgaben der Veranstalter. Für hochwertige Datenmaterial und beste Wiedergabe Technik ist der TJ zuständig. Die meisten guten TJ reisen von Ort zu Ort und keiner kann erwarten, dass PA-Technik mitgebracht wird; gute PA-Anlagen sind auch nicht transportabel. Ich bin überzeugt, dass die Vermischung die o.g. Aufgaben zu unprofessionelle Ergebnisse führt.

Mein Kommentar bezieht sich nicht auf die konkrete Milonga in Meggenhofen, die ich noch nicht kenne. Auch die Bemühungen von @Cristian, @Oskar und TJ Gregor aus Passau eine gute Milonga zu veranstalten werden durch meine Betrachtungen nicht bewertet.

B. G. hat gesagt…

@Swetoslaw Beltschew

Vielen lieben Dank für Deinen Beitrag. Er spricht mir aus dem Herzen. Die "Locations" werden immer "hipper" und manchmal wird eine Milonga mit einer Party verwechselt. Dabei bleibt leider häufig der Klang auf der Strecke. Ich schätze die Kosten für eine geeignete Anlage für den Tango mal auf ein paar tausend Euro - hoffentlich entfache ich mit dieser Vermutung nicht die nächste endlose Diskussion.

Wenn ein DJ eine solche Anlage mit bringt, dann ist das sehr fein. Er kennt ja schließlich seine Anlage (hoffentlich). Wenn ein Veranstalter eine solche Anlage bereitstellt, dann muss er sie entweder schon besitzen oder ausleihen. Und dann sind wir wieder ruckzuck bei der Kostendiskussion.

Gehen wir einmal von 5.000 Euro Anlagenwert aus, dann muss nach meiner Meinung mit der Milonga ein Kostendeckungsbeitrag von 3 bis 7% für diese Anlage erwirtschaftet werden (Rückstellungen für Reparaturen, Ersatzbeschaffungen). Das wären im in diesem Fall zwischen 150 und 350 Euro, je nachdem, wie man es ansetzt. Dazu kommt ein DJ Honorar (Vorbereitung der Milonga, Aufbau vor Ort und das eigentliche DJing). Wenn wir jetzt einen anspruchslosen DJ nehmen, der das für 150 Euro erledigt, dann kommen sehr schnell Beträge zusammen, die ein Veranstalter kaum erwirtschaften kann.

B. G. hat gesagt…
Der Kommentar wurde von einem Blog-Administrator entfernt.
Unknown hat gesagt…

@B.G.

"dann kommen sehr schnell Beträge zusammen, die ein Veranstalter kaum erwirtschaften kann."

ich kann Dir nur recht geben – es sind Kosten, die man nicht ohne weiteres bewerkstelligen kann. Ich bin aber auch überzeugt, dass einige Modelle gibt, die eine hochwertige Milonga ermöglichen. Und ich rede nicht von jene Veranstaltungen, die wöchentlich in den Tanzschulen stattfinden. Ich meine hochwertige Milongas, die wirklich einen sozialen Event darstellen. Sie können seltener (bsw. 1 Mal in Monat) veranstaltet werden und es können gute TJ von außerhalb eingeladen werden – so wie bei der mehrtägige Encuentros. Dafür werden gute Tänzer auch 3-4 Stunden Fahrt in kauf nehmen. Und warum soll eine solche Milonga preiswerter als ein Kino- oder Diskobesuch sein?

Ich denke, es ist an der Zeit, die Veranstaltungen zu differenzieren. Tanzabendende bzw. Praktikas, die in den Tanzschulen regelmäßig (wöchentlich) stattfinden und gute und aufregende Milongas, die die Möglichkeit bieten, sowohl Tänzer mit wenige Erfahrungen als auch auch Aficionados
auf ihre kosten zu kommen und einen schönen Klang auf eine ruhige Piste zu genießen. Soviel ich weiß, sind solche Milongas in England bereits Realität (Danke @Oskar für die Informationen)

cassiel hat gesagt…

B.G. hat mich per Mail gebeten, einen seiner Kommentare zu löschen. Versehentlich ist sein Kommentar hier zweimal aufgetacht... (s.o.)

Anonym hat gesagt…

Es war ja in diesem Blog schon von einigen Veranstaltungen die Rede, bei denen löblicherweise auf die Wiedergabequalität geachtet wird.
Nun bin ich auf eine viel versprechende Tangoveranstaltung ("Boselgetosel") aufmerksam gemacht worden. Hier lässt sich einiges erahnen, wenn ich sehe, dass an einem Tag die Tangos nur von Schellacks bzw. Langspielplatte und CD ertönen. (Also nicht vom Computer).
Vielleicht gibt es hier oder an anderer Stelle dazu Anmerkungen.

Anonym hat gesagt…

Lieber Cassiel,

wo steckst Du?
Ist über die Qualität der Wiedergabe inzwischen nicht genug gesagt?
Brauchst Du eine Muse, die Dich küsst?

Liebe Grüße,

Fiona

TwoToTango hat gesagt…

Lieber Cassiel
Du bist schon lange still. Ich hoffe, es geht Dir gut und ich würde mich sehr freuen, mehr von Dir zu lesen.
Wunderbare und hoffentlich tangoreiche Festtage und alles Gute und viele beglückende Tandas im 2014,
TwoToTango.

cassiel hat gesagt…

... dann werde ich doch einmal kurz schreiben...

Liebe Leserinnen und Leser,

in den letzten Wochen war bei mir beruflich sehr viel zu tun und im Tango befinde ich mich in einer Phase des Nachdenkens. Ich kann nicht gleichzeitig meinen Tango reflektieren und bloggen, deshalb habe ich eine Pause gemacht.

Ich werde wieder schreiben; es dauert aber noch ein wenig.

Allen Leserinnen und Lesern wünsche ich frohe, erfüllte und friedliche Weihnachten und eine gute Zeit zwischen den Jahren. Selbstverständlich sind diese Wünsche mit den besten Wünschen für den Tango verknüpft.

Einstweilen herzliche Grüße

c.

cassiel hat gesagt…

Ich möchte zu diesem Beitrag nur noch nachträglich einen Link beisteuern. Wir haben ja ausführlich über Phänomene diskutiert, die wissenschaftlich (noch) nicht erklärbar sind.

Neulich bekam ich ein Heft aus der Reihe „Zeit Wissen“ in die Hand und in einem Artikel ging es um die Frage, ob Konzertsäle die Musik speichern, die in ihnen gespielt wurde. Den Artikel gibt es glücklicherweise online.

Unknown hat gesagt…

hallo,

alles wunderbar
.. ich bin DJ und Veranstalter von kleinen Milongas.
Was sind kleine Milongas? : die Veranstaltungen in Städten wie Würzburg, Bamberg oder unser Festivalito im Schlößchen Kleinbardorf (www.tangosaal.de), Veranstaltungen die über die Einnahmen gerade so finanziert werden können und wo die Veranstalter mit viel Engagement, Enthusiasmus und Eigenkapital diese ausrichten und die PA-Anlage stellen.
Über die Jahre habe ich mir etwas Equipment angeschafft (wie schon erwähnt, nicht wirklich über die Einnahmen finanziert) .. 4x FBT Jolly 8BA, Thomann Sub, Mackie Mixer, Azur DACmagic USB-Interface, viele Meter Kabel und ... und bin immer noch nicht im Bereich von zB Hans-Peter S. HK-Anlage, die mit Verlaub wunderbar ausgeglichen klingt.
Was den Sound aus meinen Schallerzeugern im Raum entscheidend zum Positiven verändert hat, war ein Lautsprechermanagementsystem DBX mit Raumauspegelung!
Klar, so genial wie die Superanlagen klingt es immer noch nicht, aber der Frequenzgang ist zumindest annähernd linear angeglichen. Es ist wirklich hörbar ein Unterschied wie Tag und Nacht .. wärmer, voller, präsenter, kraftvoll unten und klar oben, ohne zu quäken oder grell zu sein.
Und nach meinem Belieben kann ich jetzt die Höhen, Mitten und Tiefen wirklich wahrnehmbar angenehm an die Musike anpassen.
Die Raumreflektionen versuchen auszugleichen bringt mE mehr, als immer besseres Superboxenmaterial einzusetzen.
Dies mal als Gedankenanstoß.
Grüße Robert

cassiel hat gesagt…

@Robert Decker

Vielen Dank für Deine Anmerkung. Du beschreibst sehr schön, dass der Tango (gerade auch in der sog. Provinz) vom Engagement einiger weniger lebt. Nur am Rande zur Information: Auch die Beschaffung meiner Lautsprecher war reines Privatvergnügen (finanziell betrachtet).

Etwas zurückhaltender bin ich bei der Nennung konkreter Gerätetypen. Da läuft die Diskussion Gefahr, in die falsche Richtung zu gehen. Das von Dir erwähnte Lautsprechermangementsystem von dbx habe ich persönlich noch nicht gehört, aber ich frage mich, ob da nicht an der falschen Stelle versucht wird zu optimieren. Meine Philosophie ist es, den Signalweg möglichst kurz und einfach zu halten. Deswegen gibt es bei mir z.B. auch kein Mischpult (ein schlechtes Mischpult schrottet jedes Audiosignal).

Die von Dir erwähnten Lautsprecher der Firma HK habe ich mehrmals gehört und sie haben mich leider nicht überzeugt. Vielleicht sind sie für ein anderes Einsatzgebiet konzipiert, aber in den kritischen Bereichen fehlt ihnen für meine Wahrnehmung die analytische Differenziertheit anderer Lösungen.

Egal! Mir wäre es jedenfalls lieb, wenn wir hier nicht über konkrete Gerätetypen, sondern über allgemeine Hinweise zum Umgang mit dem Ton reden könnten.

Ich wünsche Dir einen schönen Tag...