Montag, 22. März 2010

Für die neue Woche 55: Angel D'Agostino, Angel Vargas - Caricias

Eine neue Woche - ein neuer Tango...Diese Woche gibt es den Titel Caricias (Zärtlichkeiten oder Liebkosungen). Wenn mich mein äußerst rudimentäres Spanisch nicht im Stich lässt, dann geht es um die wehmütigen Erinnerungen eines Tangueros...

Neulich hatte ich ein denkwürdiges Gespräch mit einem anderen Tanguero; er sagte: "Warum soll ich die alten Tangos lieben, wenn es so viele zeitgenössische Einspielungen dieser alten Stücke gibt?". Ihm widme ich diesen Beitrag. Die drei vorgestellten Interpretationen liefern einen guten Einstieg in die Musik der goldenen Ära. Lomuto mit der Klarinette, D'Agostino - Vargas mit der bekannten Virtuosität und schließlich Biagi, der seine Tango-Sozialisierung als Pianist im Orquesta von D'Arienzo einfach nicht leugnen kann...


Die Version von Francisco Lomuto (Gesang: Jorge Omar) von 1937


Die Version von Angel D'Agostino und Angel Vargas von 1945


Die Version von Rodolfo Biagi (Gesang: Carlos Heredia) von 1951


Allen Leserinnen und Lesern wünsche ich einen wunderschönen Start in die neue Woche.

9 Anmerkung(en):

Henning de Cologne hat gesagt…

Wunderbare Rettung meines Montags - danke! Das kann man nicht besser machen, nur anders.
Noch ein Wort zu Biagi: Nicht er wurde bei D'Arienzo geprägt, sondern umgekehrt: Mit seinem Eintritt 1935 erhielt das Orchester von D'Arienzo erst den typischen Stil - und den Erfolg.

Anonym hat gesagt…

Wunderbar! Dieses Nebeneinanderstellen von verschiedenen Versionen finde ich ganz toll. Ich kann mich gar nicht entscheiden. Vielleicht tendiere ich doch zu der Version von Biagi.

Vielen Dank und einen tollen Blogg schreibst Du.

cassiel hat gesagt…

Danke für die Anmerkungen.

Ich favorisiere Lomuto... der beschäftigt mich sowieso gerade sehr. Ich habe das Gefühl, er ist unterschätzt. Vielleicht schreibe ich dazu in nächster Zeit noch einmal gesondert.

Unknown hat gesagt…

"Warum soll ich die alten Tangos lieben, wenn es so viele zeitgenössische Einspielungen dieser alten Stücke gibt?".
"Warum soll ich alte Schalplatten höhren, wenn es CD und MP3 gibt?"
"Warum fotografiere ich mit Filme, wenn es Digitalkamera gibt?"
"Opa, warum hat deine Auto Kurbel fürs Fesnter hoch und runter?"
Ja, ich weiß es nicht... Wahrscheinlich weil diese alte Musik und diese alte Schallplatten und diese alte Filme eine Sehle haben. Weil viele, viele Errinerungen (an schönen Tangos) mit den alten Dinge verbunden sind. Oder...weil ich alt werde...
Ich weiß es nicht...
abrazo
p.s. danke für die schöne "Zertlichkeiten"

Carlos hat gesagt…

An Henning de Cologne bzgl. "Noch ein Wort zu Biagi: Nicht er wurde bei D'Arienzo geprägt, sondern umgekehrt: Mit seinem Eintritt 1935 erhielt das Orchester von D'Arienzo erst den typischen Stil - und den Erfolg."
Das ist nicht korrekt und musikalisch beweisbar, bitte vergleiche die Aufnahmen zwischen Juli 1935 und Mai 1936, in 10 Aufnahmen spielt am Klavier Lidio Fasoli, der Vorgänger von Biagi (z.B. Hotel Victoria,Tinta Verde, De Pura Cepa und Joaquina) die anderen 10 werden von Biagi gespielt ( z.B. 9 de Julio,La Guitarrita,El Flete und Lorenzo). Musikalisch besteht keine Unterschiede, d.h. das Orchester hatte seinen typischen Klang vor Biagi.

Henning de Cologne hat gesagt…

@Carlos: Danke für den Hinweis, das wusste ich bislang nicht, und jetzt ist mir auch klar, was mich an "Hotel Victoria" so irritiert hat: Das klingt wahnsinnig bräsig, weil es noch im alten 4/8 spielt. Im Vergleich zu "9 de Julio" finde ich den Unterschied schon sehr deutlich, zu "El Flete" von 1936 erst recht: akzentuierter, treibender. Der Unterschied von "Joaquina" ist nicht ganz so krass, aber hörbar und beweisbar.

carlos hat gesagt…

Señor Henning,ich bin 73 Jahre alt und meine neue Passion ist der Internet, meine alte der Tango, die Information, die ich öffentlich gemacht habe basiert sich auf eine Podiumdiskussion in 1987 in der UBA, Bs As. Diese Diskussion wurde von Esteban Mario Cerruti (Radio Rivadavia) moderiert, die Teilnehmer waren die Pianisten Carlos Rivero (pianista de Balcarce) und Julio Benitez (pianista de Gobbi), der bandoneonist Héctor Presas und mein Freund schon gestorben Domingo Cinosi (violinist von De Angelis). Meine Bemerkung, dass es keinerlei musikalische Unterschiede in den 10 Tangos besteht ist eine der Schlussfolgerung dieser Diskussion.
Entschuldigen Sie die grammatikalischen Fehlern, meine Enkeltochter, die in Deutschland geboren ist und begeistert Tango tanzt hat leider den Text nicht korrigieren können.
Carlos Nessi

cassiel hat gesagt…

@Carlos

[Ich hoffe, ein "Du" in der Anrede ist OK.]
Ich habe mich über Deine Anmerkungen sehr gefreut und lese sie sehr gerne. Die Vorstellung, daß Du hier Deine beiden Leidenschaften (Tango & Internet) verbinden kannst rührt mich.

Ich wünsche Dir schöne Zeit!

Liebe Grüße
cassiel

Henning de Cologne hat gesagt…

Señor Carlos,
ich finde die Diskussion sehr interessant und bin keineswegs voreingenommen. Jetzt sehe ich zwei Meinungen: Die Ihre (mit der Diskussion erfahrender Tangueros und Musiker im Hintergrund) und die etlicher anderer Kommentatoren, die mit dem Eintritt Biagis in das Orchester von Juan D'Arienzo einen Stilwechsel sehen (u.a. www.todotango.com/spanish/creadores/jdarienzo.asp und http://www.terapiatanguera.com.ar/Notas y articulos/darienzo_tinodiez.htm). Zumindest scheint sicher zu sein, das D'Arienzo mit seinem Pianisten Lidio Fasoli höchst unzufrieden war. Mit Biagi hat er dann den gefunden, mit dem er seine Vorstellungen umsetzen konnte. Diese hat er im Ansatz mit "Joaquina" schon umgesetzt (aufgenommen am 12.12.1935), aber erst mit seinem neuen "Instrument" Biagi voll verwirklichen können (z. B. in "Nueve de Julio", aufgenomen am 31.12.1935; das wäre dann ein programmatischer Tango - D'Arienzos persönlicher Unabhängigkeitstag).
Ich wäre neugierig den Inhalt der Podiumsdiskussion zu erfahren; vermutlich handelt es sich nicht um völlig konträre Meinungen, sondern um unterschiedliche Blickwinkel. Für meine (lange nicht so geübten und musikalisch nicht vorgebildeten) Ohren hört sich "Hotel Victoria" schon deutlich anders an als "Nueve de Julio": durchweg marcato gespielt, was nicht an der Komposition liegt, wie z. B. die Versionen von D'Agostino (1945) und seine eigene von 1948 zeigen. Aber vielleicht ist das ja ein schlechtes Beispiel.
Ich bin gespannt auf Ihre Antwort.

Herzliche Grüße
Henning Adams