Montag, 26. April 2010

Der erste Brunch im TangoBlog: Von Taxitänzern und dem "Mitleid"

So ein Blog ist eine prima Sache! Es ermöglicht auch einmal ein spielerisches Experimentieren mit einem Thema, mit einer Darstellungsform. Mich hat die jüngste Diskussion um die Taxitänzer nicht losgelasssen und auch das Thema Auffordern aus "Mitleid" (ebenfalls im Rahmen der Diskussion um die Taxitänzer) reizt mich zu einer Stellungnahme. Nun sind meine Gedanken zu diesen beiden Stichworten alles andere als endgültig - und so stelle ich einmal Fragmente und einzelne Gedanken hier ein. Es ist so wie bei einem gemütlichen Brunch: Man kann ohne Druck und Zielvorgabe einmal Gedanken "laut" denken und ausprobieren... Der erste Brunch im Tango Blog behandelt das Thema Taxitänzer und das "Mitleid". Wenn dieser Pilotbeitrag auf ein gewisse Resonanz stösst, dann können weitere Beiträge in der Reihe folgen.


[Magst Du Kaffee oder Tee?]

Als ich neulich mal wieder in der örtlichen Buchhandlung streunen war, kam mir ein kleines Taschenbuch unter "Über das Mitleid"; eine bei DTV erschienene Zusammenstellung von Texten des Philosophen Artur Schopenhauer. Normalerweise sind solche "Best of" Compilations nicht so meins... weder musikalisch noch literarisch. Und im übrigen denke ich auch, daß man dem guten Schopenhauer wirklich unrecht tut, wenn man seine Philosophie auf ein "Mitleid" reduziert. Hier im Blog ist gelegentlich von Tangueras vehement vorgetragen worden, daß sie auf Aufforderungen von Tangueros "aus Mitleid" gerne verzichten. Dieser Gedanke klang auch in der Diskussion um die Taxitänzer an. Mich beschlich bei beiden Themenbereichen immer ein mulmiges Gefühl und ich konnte nicht genau festmachen, warum das so war. Schließlich ist ja scheinbar nichts dabei, wenn eine emanzipierte Tanguera für sich sorgt, ja sich sogar abgrenzt, wenn sie Aufforderungen aus "Mitleid" wahrnimmt.

Vielleicht drängt sich nun bei einigen Leserinnen und Lesern die Frage auf: "Was haben diese beiden Themenkreise miteinander zu tun?" Zunächst sind die beiden Begriffe häufiger im Zusammenhang aufgetaucht und es scheint so zu sein, daß einige Tangueras zwar niemals aus "Mitleid" aufgefordert werden wollen, gleichzeitig aber kein Problem damit haben, einen Taxitänzer zu engagieren und auch zu bezahlen.

Für mich ist der "Taxitänzer" ein schwieriges Thema. Für mein Empfinden ist das Argument mehr als nur zutreffend, daß einige Tangueros sich durch die bloße Anwesenheit von Taxitänzern entpflichtet fühlen könnten, auch einmal unbekannte Tangueras aufzufordern. Das klingt für mich sehr logisch und einen solche Umgebung auf einer Milonga finde ich nicht erstrebenswert.

[Bringst Du aus dem Kühlschrank noch die Marmelade mit?]

Ein weiteres Problem sehe ich im Verständnis des Tangos verborgen. Ein Tango sollte im "Hier und Jetzt" getanzt werden. Einen "Taxitänzer" oder "Eintänzer" zu verpflichten (um den Einstieg in ein Milonga-Soziotop zu finden) widerspricht daher m.E. dem Grundgedanken des Tangos: Dem im "Hier und Jetzt" mit dem aktuellen Tanzpartner zu sein - ohne die Erinnerung an das Gewesen, ohne die Erwartung an das Kommende.

Es mag ja in Buenos Aires vollkommen in Ordnung sein, einen Taxitänzer zu buchen, um sich im schier unendlichen Dschungel des Angebots zurechtzufinden. In Deutschland fände ich die Entwicklung schade.

[Magst Du mir mal die Butter reichen?]

Aber kommen wir noch einmal zu dem Begriff "Mitleid" zurück. Ich persönlich finde den Begriff zu radikal. Leider kann ich aber nicht auf die Schnelle einen adäquaten passenderen Begriff präsentieren. Natürlich gibt es Situationen, in denen ich eine mir unbekannte Tanguera auffordere und ich gestehe, manchmal achte ich auch darauf, wie lange die Betreffende schon sitzt. Das ist aber kein Mitleid... vielleicht eher ein soziales Verhalten... und da ist auch ein gehörige Portion Kopf bzw. Wille dabei. Es ist nun eben nicht nur die reine Suche nach dem persönlichen Genuss; es folgt einer persönlichen Ethik und ich stelle temporär meine Bedürfnisse hinter die Bedürfnisse der Unbekannten zurück. Ist das so verwerflich? Für mein Empfinden sollte der soziale Aspekt im Tango nicht zu kurz kommen (und das gilt jeweils in beide Richtungen: Tangueras vs. Tangueros; Anfänger vs. Fortgeschrittene usw.).

Das Engagieren eines Taxitänzers oder eines Eintänzers verändert m.E. in dramatischer Weise das soziale Gefüge einer Milonga. Neben dem Aspekt des "sich entpflichtet fühlen" für einige Tangueros gibt es noch ein weiteres Argument: Wir führen das Geld als neue Währung in den Tango ein. Wollen wir das? Sicherlich zahlen wir den Eintritt für eine Milonga, wir zahlen unsere Kurse und ggf. Einzelstunden, wir zahlen Spritkosten usw. Aber der soziale Tango (im Gegensatz zum Bühnen- bzw. Show-Tango) war eigentlich frei vom Geld. Das wird nun geändert und diese Veränderung verursacht ein deutliches Stirnrunzeln bei mir. Möglicherweise wird der Tango damit noch stärker zu einer Frage der materiellen Belastbarkeit der Beteiligten.

[Willst Du noch eine Scheibe Brot?]

Und einen weiteren Aspekt mag ich ansprechen: Es geht um die Erwartungshaltung. Der Gedanke kam mir neulich beim Auflegen: Ich bildete mir ein, eine immer stärkere Erwartungshaltung wahrzunehmen ohne die Bereitschaft, zu sehen, welchen Anteil jeder Einzelne auf einer Milonga besteuern kann bzw. beisteuern sollte. Ich hatte das Gefühl, die Milonga würde konsumiert, d.h. es gab eine Erwartungshaltung, daß eine gewisse Stimmung einfach vorgehalten wird. Die einzelnen Akteuere kommen später und sind erstaunt, wenn diese Stimmung eben (noch) nicht vorhanden ist. Darunter leidet eine Milonga. Auch wenn diese für mich wahrnehmbare Erwartungshaltung andere Ursachen hatte... es bleibt dabei: Vermutlich wird die Erwartungshaltung an eine Milonga größer, wenn man für gutes Geld einen Taxitänzer verpflichtet hat.

Natürlich ist mein Text (wie immer) höchst subjektiv und ich freue mich auf eine hoffentlich lebhafte Diskussion in den Anmerkungen. Am Ende vom virtuellen Brunch bleibt eigentlich nur ein unbefriedigendes Gefühl übrig: Es gibt einzelne Gedanken, aber ich bin insgesamt mit meinen Überlegungen noch nicht so richtig glücklich. Insbesondere die Frage nach dem Tango und dem Geld bleibt unbeantwortet. Na, da habe ich ja schon ein Thema für den nächsten Beitrag in dieser Serie...

Dieser Beitrag sollte ursprünglich am vergangenen Wochenende online gehen. Ich habe ihn zurückgehalten weil ich noch nicht richtig zufrieden war. Jetzt geht er unverändert live. Mir fehlt die Zeit, ihn noch einmal zu überarbeiten. Sorry!

47 Anmerkung(en):

Lydia hat gesagt…

Wunderbare Idee, uns zum Brunch einzuladen! Und den Tisch noch so schön gedeckt ...

Mein Gefühl bei beiden Themen ist zwiespältig. Warum soll sich frau keinen Taxitänzer gönnen, wenn sie auf Nummer sicher gehen will. Gerade bei einer besonderen Milonga, für die eine längere Anfahrt nötig ist. Und klar kann ich mich an meine Zeit als blutige Anfängerin erinnern, wie ich an manchen Abenden dauernd aufgefordert wurde, an anderen froh sein konnte, wenn ich zwei, drei Tandas tanzte. Das war manchmal einfach demütigend. Weil ich nicht verstand, nach welchen Kriterien das funktionierte. Und ich kenne einige, die deswegen mit dem Tango aufgehört haben. Ob sie mit einem Taxitänzer glücklicher wären? Oder nur noch mehr das Gefühl hätten: Nur wenn ich bezahle, tanzt überhaupt jemand mit mir?

Ein Schlückchen Orangensaft wär jetzt nicht schlecht ...

Wortbestätigung: manie :-)

Lydia hat gesagt…

Mhm, frisch gepresst ... Cassiel, Du bist einfach :-*

Ein ungutes Gefühl verursacht mir auf jeden Fall der Gedanke: Die, die sich's leisten können, buchen einen Taxitänzer. Die anderen haben eben Pech ... Nicht alle TangotänzerInnen sind Gutverdiener. In meinem Bekanntenkreis gibt es eine ganze Reihe von alleinerziehenden Müttern, zeitweilig Arbeitslosen, StudentInnen, freischaffenden Künstlern, die sich von Projekt zu Projekt hangeln. Die es sich schon dreimal überlegen müssen, ob sie sich den Ball mit Livemusik leisten können. Und wenn man dann noch Taxitänzer zahlen muss ...

Wo sind eigentlich die Croissants? Das Körbchen war doch grade noch voll ...

B. G. hat gesagt…

Wie immer ist Dein Beitrag genial; neulich beim Thema Tango und Kochen war ich hingerissen und heute bin ich wieder sprachlos. Deine Gedanken sind wieder einmal eigenwillig und neu für mich und ich kann mich der fast bestechenden Logik Deiner Argumentation nicht entziehen. Die äußere Form als Brunch im Blog ist ungewöhnlich aber ich ahne, warum Du so schreibst.

Verdienst Du eigentlich überhaupt kein Geld mit Deinem Schreiben? Das kann doch nicht sein! Wann schreibst Du ein Buch?

Lydia hat gesagt…

Ja, danke. Ist das Darjeeling?

Mitleid ... Ich glaube, ich habe schon mal irgendwo hier geschrieben, dass ich noch nie darüber nachgedacht habe, dass ein Tanguero aus reinem Mitleid mit mir tanzen könnte. Zwei-, dreimal habe ich es erlebt, auf fremden Milongas lange zu sitzen und wurde dann vom Veranstalter aufgefordert. Keine Ahnung, ob das Mitleid war, Neugier oder Geschäftssinn - für mich war es eine große Ehre. Danach musste ich jedenfalls nicht mehr viel sitzen an jenen Abenden.

Brauchst Du die Butter?

Aber wahrscheinlich ist das auch von persönlichen Empfindlichkeiten abhängig, ob es jemanden stört, möglicherweise aus Mitleid aufgefordert worden zu sein. Wenn ein Tanguero mich auffordert, tut er es aus freien Stücken, aus welchem Beweggrund auch immer. Und wenn er keinen Spaß dabei hat, tanzt er auch nicht länger als eine Tanda mit mir. Damit habe ich kein Problem - ich mache es ja umgekehrt genauso.

Cassiel? Hast Du eigentlich auch Erdbeermarmelade?

Aurora hat gesagt…

die croissants hab ich verputzt... waren wirklich lecker!

Auch nach meinem Empfinden passt "Mitleid" in diesen Kontext auch nicht. Da Mitleid voraussetzt, dass die Bemitleidete auch leidet. Eine nicht aufgeforderte Tanguera muss noch lange nicht leiden. Vielleicht ist sie auch ganz froh, nicht von den ein oder anderen zu wildesten Schrittkombinationen jenseits jeden Taktgefühl genötigt zu werden.
Oder ist ganz froh den ein oder anderen wieder mal zu treffen und genießt das gesellige Zusammensein.
An diesem Punkt beginnt für mich der "soziale" Tango. Aber zurück zur Bemitleideten, wollen wir ihr gönnen, dass sie nur hochmusikalische Tangueros vor sich hat und sie möchte tanzen, unter Umständen leidet sie auch. Aber kann das ein Aussenstehender so einfach beurteilen?

Sophia hat gesagt…

Lieber Cassiel, gibt es eigentlich auch ein Gläschen Prosecco? Ich hätte dann gerne eins.

Kannst Du noch einmal zur "Erwartungshaltung" genauer schreiben? Ich verstehe es nicht so ganz.

(Wann werde ich zum echten Brunch eingeladen? Ist das bei Dir? Gefällt mir sehr!)

Aurora hat gesagt…

Was mich grundsätzlich interessiert: Warum ist bei vielen die Hemmschwelle so groß eine Fremde aufzufordern?

Sicher mir wurde x-mal gesagt, tanz nicht mit einem, dem du nicht vorher tanzen gesehen hast.

Praktisch bin ich viel alleine auf Milongas in unterschiedlichen Städten unterwegs. Sicher setz ich mich gerne in die Nähe der Tanzfläche und schaue den Herren auf die Füße und auf den Oberkörper und ahne genau, mit wem davon ich gut tanzen werde...dabei liege ich inzwischen bei einer ziemlich guten Trefferquote.

Aber das hält mich nicht davon ab, die erste Aufforderung anzunehmen von einem Tanguero dem ich bisweilen nicht tanzen sah!

Auch auf die Gefahr hin, dass mich der Erste "schlecht" aussehen läßt.

Na gut, ich hoffe inzwischen inständig, dass ich nicht mehr schlecht aussehe, egal an wem ich gerate.

Aber es gibt auch Tangueros, die eine Tanguera so gut aussehen lassen, dass die Herren hinterher Schlange stehen...Solch einer am Anfang des Abends ist natürlich optimal, außer frau hat am Vortag zuviel getanzt...

ist noch Tee da?

Lydia hat gesagt…

Ein halbes Tässchen darf's noch sein ...

Was mir jetzt beim Nachdenken über langes Sitzen und Mitleid beim Tango auffiel, ist, dass mir das Sitzen selber gar nicht so viel ausmacht. Ich sitze gerne auch mal länger, genieße die Musik und schaue einfach zu.

Was die Sache wirklich schlimm macht, ist die Frage: Kriegen andere/die anderen womöglich mit, dass ich jetzt schon den halben Abend hier rumhocke und noch nicht einmal zum Tanzen gekommen bin? Was denken die denn dann über mich? Und was für Schlüsse ziehen sie daraus? Die Vorstellung, einen ganzen Abend nicht ein einziges Mal aufgefordert zu werden, wäre für mich nicht halb so schlimm, wenn ich dabei sicher sein könnte, dass es sonst keiner mitkriegt.

Oh nein - ich kann nicht mehr ... total abgefüllt! Aber vielen Dank, lieber Cassiel, für dieses wunderbare Brunch!

Lydia hat gesagt…

Fast hätt ich's vergessen: Schön, dass Du schreibst "des Tangos" - dem Tango fehlt viel zu oft das (obligatorische!) Genitiv-s ;-)

Anonym hat gesagt…

Wie geil ist das denn hier?

Aurora hat gesagt…

Lydia, bei grösseren Milongas denke ich bekommt kaum einer mit wieviel eine sitzt. Wenn es ein Tanguero mit bekommt, dass eine Tanguera den ganzen Abend sitzt, sollte er sie meiner Meinung nach auffordern. Aus Mitleid? Nein, nur weil er sie als einzelne Person wahrgenommen hat. Reicht das denn nicht? Bin ich naiv? Sicher gibt es Hirachien, Gruppengefüge...
aber es geht um zwei Tangos wenn es schlecht läuft. Um mehr nicht!

Na, gut den halben Abend zu sitzen, dann nach zwei Tangos abgedankt zu werden, mag auch deprimierend sein. Meist beruht das Abdanken auch auf Gegenseitigkeit.

Manchmal sitz ich auch ganz gern, besonders wenn ich mit der Musik nichts anfangen kann - tänzerisch.

Wo sind eigentlich die Tangueros?
Cassiel ist wohl Nachschub an der Tanke holen...

Anonym hat gesagt…

Hier ist ein Tanguero... ich kann den Hype um das Thema nicht erkennen und die Reaktionen auf diesen Blog finde ich unkritisch und blöd. Was soll das? Ich halte die ganze Diskussion für "an den Haaren herbeigezogen".

Wenn ein Mädel meint, es muss einen Taxidancer bemühen, dann soll sie das auch machen. Ich würde mich zur Verfügung stellen. So kann ich mit meinem Hobby noch Geld verdienen. Was ist daran verwerflich?

cassiel hat gesagt…

Ich habe gestern zu lange gearbeitet und dann nicht mehr hier nachgesehen. Da sind ja einige schöne Beiträge entstanden. Gerade habe ich meine Vorbereitungen abgeschlossen und muss gleich zu einem Termin. Ich schreibe später ausführlicher.

Vielen Dank für die Anmerkungen.

Anonym hat gesagt…

Generell tun mir Menschen leid, die gerne tanzen möchten, aber nicht dazu kommen, weil sie keinen Tanzpartner haben. Es fällt mir nicht schwer, mich einzufühlen, weil ich die verbundenen Gefühle kenne. An dieser Emphase ist nichts Verwerfliches. Gehe ich tanzen, dann freue ich mich, wenn es allen gut geht. Denn ich tanze ja nicht allein, sondern mit allen anderen – auch wenn ich sie nicht alle im Arm halte oder halten möchte. Deshalb schaue ich auch nach den anderen. Dass ich sie nicht anremple, dass ich ihnen aus dem Wege gehe, wenn sie selbst nicht genau lenken können. Ich sehe auch, wenn jemand ein langes Gesicht macht, weil der Partner nicht passt. Genauso fällt mir auf, wenn am Nebentisch eine Frau stundenlang eine freundliche Miene zu bewahren versucht, weil niemand sie auffordert. Ich tanze nicht, um meine Virtuosität zu demonstrieren, sondern um in einen Dialog zu treten: mit meiner Partnerin, mit der Musik, mit den anderen Tanzpaaren, mit der Schwerkraft und ja, warum nicht – auch mit der Existenz. Dann gibt es keinen Grund, diesen Dialog nicht auch mit einem Menschen zu versuchen, der mir noch unbekannt ist. Ob die Dame nun die Ochos elegant tanzt oder nicht, ist dabei zweitrangig. Was zählt, sind der Moment und die Fortune. Deshalb finde ich es gut und belohnend, soziale Verantwortung auch in dem Kontext einer Tanzveranstaltung zu übernehmen.
Ich würde mir wünschen, dass mir Gleiches widerführe, wenn ich, warum auch immer, „down & out“ wäre. Das Geschenk einer Einladung zum Tanz weise ich nicht trotzig zurück, nur weil ich befürchten muss, es nicht „ehrlich“ (durch mein Aussehen, meine Virtuosität, meinen Ruf, mein soziales Netz, meinen Status) „verdient“ zu haben. Ich nehme es demütig – also ohne falsche Attitüde an, und gebe, was ich geben kann. Ob das nun viel oder wenig ist.

Mikel

Tangosohle hat gesagt…

Guten Morgen zusammen, um diese Uhrzeit und bei Sonnenschein frühstückt es sich doch ganz anders. Es scheint ein Brunch am Frühstückstisch zu sein.
Ich gestehe, ich habe schon mal aufgefordert und später gemerkt, dass man es aus Mitleid nennen könnte.

Na und?

Schöne Tänze waren's mal allemal und es war selten ohne Wiederholung bei nächster Gelegenheit. Ich erlebe mehr schöne als unschöne Tänze, anstrengend ist es dann, wenn ich einen Erwartungs- oder Enttäuschungsdruck spüre. Aber auch das kann ich ja auch ein wenig gestalten.

Und, wenn ich Verantwortung für eine Milonga spüre, als DJ und Veranstalter habe ich das automatisch, manchmal aber auch als Tänzer, das ist halt auch Formsache, also, dann sehe ich durchaus, wer da wo und wie lange sitzt. Dann animier ich tangueros wie tangueras, sich um allein- oder langsitzende zu kümmern. Das geht schon, aber bitte:
Immer schön locker bleiben und nicht alles so tierisch ernst nehmen.

LG
>T<
... und nach dem Frühschoppen kommt dann der Spätschoppen, oder wie? ;)

Unknown hat gesagt…

Hola cassiel, danke für die Einladung, schön habt ihr hier!
[leise zu cassiel: und sooo viele Frauen, wie schaffst du das nur…]
So schöne Sachen auf den Tisch, leider darf ich nichts essen, 10 kg müssen runter. Aber der Tango was gerade läuft finde ich gut, diese helle Rhythmus, das kann nur eine „späte“ Enrique Rodriguez sein, ja genau: „Yo no se por que razon“. Jetzt habe ich es erkannt! Armando Moreno finde ich Klasse
Ob ich jemand auffordere, was denkst du, cassiel? Na gut, Cabeceo Nr. 1 – Lydia. Nicht gut, sie unterhält sich gerade mit jemand. Bei eine so tolle Tanguera habe ich je keine Chance. Hätte ich sie früher gekannt, vielleicht… Ob ich bei Aurora versuche? Ne, lieber nicht, sie wird denken, dass sie mit mir nicht gut aussieht. Recht hat sie ja, mit meine 100 kg… Da, da sitzt ein junger Mann, den frage ich ob ich mit ihm die Damenschritte üben kann.
…ach, das war gar nicht mal schlecht. Erst mal eine großes Glas Wasser, das kurbelt den Stoffwechsel an, oder so… Ich denke, langsam habe ich die Rückwärts-Ochos im Griff. Es sieht bescheuert aus (mit meine 100kg) und richtiger Tango ist es auch nicht. Es fehlt diese „für einander“ Tanzen. Besser als rumsitzen und die schöne Sachen auf den Tisch starren ist es allemal.
…und jetzt… Die Diskussion am Tisch ist zu hoch für mich. Entweder was essen oder mit jemanden Tanzen. Da sitzt eine ältere Dame, sie isst auch nichts. Na ja, kein Wunder, schlank ist sie gerade nicht.
…ha, das war anstrengend… Noch eine Glas Wasser, bitte. Langsam frage ich mich, was da in meinen Körper verbrennt. Fette könne es nicht sein, ich komme mir wie eine AKW vor. Nach drei Milongas waren meine Kräfte zu ende. Meine 100 kg und die 80 von der reife Dame auf den Parkett zu bewegen war nicht einfach. Sie hatte bestimmt gedacht, ich habe sie nur als Mitleid aufgefordert und so schnell wie möglich abgedankt. Ich konnte einfach nicht mehr.
Langsam verabschiede ich mich, cassiel. Ich konnte deinen komplexen und wichtigen Gedanken nicht ganz folgen, aber ich habe mich köstlich amüsiert. Vielen Dank für den Brunch

Lydia hat gesagt…

Was, Ihr brucht immer noch? Das geht aber ganz schön lang hier ...

@ Aurora: Ja, das ist mir schon klar, dass das die wenigsten mitbekommen, wenn ich mal länger sitze. Es ist ja auch was, was sich vor allem in meinem Kopf abspielt. Das ist das, was ich mit den persönlichen Empfindlichkeiten meinte. (Ich verzeih Dir auch für diesmal, dass Du die Croissants verputzt hast - wenn Du mir nächstes Mal eins über lässt!)

@ Mikel: Das ist sehr schön, was Du schreibst! Mit Dir würde ich gern mal tanzen!

Lydia hat gesagt…

Hunger hab ich grad nicht. Ich glaub, ich hab gestern zu viel gegessen ... Aber ein Tee wär nicht schlecht.

@ Sweti: Wie Cassiel immer sagt: Ein Cabeceo braucht Geduld. Irgendwann werde ich sicher Lust auf Erdbeeren kriegen und suchend über den Tisch schauen - dann fängst Du meinen Blick und nickst mir zu, ich stehe auf und los geht's ... Ein Tanguero, der mich zum ersten Mal auffordert, kriegt NIEMALS einen Korb. (Oder nur aus ganz unausweichlichen Gründen wie letzter Bus, bevorstehendes Koma o.Ä.)

Wenn ich mit einem Tanguero tanze, habe ich mir noch nie Gedanken darüber gemacht, wie er mich aussehen lässt. Mir geht es vielmehr darum, wie ich mich dabei fühle. Führt er mich sanft oder zerrt er an mir herum? Tanzt er zur Musik oder spult er nur sein Figurenprogramm ab? Ist er mir sympathisch? Riecht er gut? Und erst jüngst ist mir klar geworden, dass auch die Stimme eine wichtige Rolle spielt ... Ein Bauch stört mich nicht - es ist, wie auf einem Kissen zu liegen. Aber ich tanze auch mit schlanken Tangueros - das ist dann eher die vertikale Liege ;-)

Wenn ich mich bei einem Tanguero unwohl fühle, bedanke ich mich höflich nach drei Tänzen. Er kriegt auf jeden Fall eine zweite Chance und meistens noch eine dritte. Wenn ich mich jedes Mal genauso unwohl fühle, tanze ich nicht mehr mit ihm. Aber das merkt er dann gewöhnlich auch und fordert mich nicht mehr auf.

Anonym hat gesagt…

Den Gedanken zur "Erwartungshaltung" finde ich ganz wichtig. In den Jahren habe ich gemerkt, wie ich immer geduldiger wurde. Mit mir und mit meiner Umgebung bei Milongas. Diese Geduld habe ich wohl uterbewusst transportiert und inzwischen werde ich sehr häufig aufgefordert. Ich habe eigentlich keine Erwartungen mehr beim Tango. Ich bemühe mich allerdings, eine "Güte" und "Milde" mitzubringen.

Cassiel, dein Blog ist großartig. Das wollte ich dir immer schon einmal schreiben. Leider bin ich erst jetzt dazu gekommen.

Liebe Grüße

Unknown hat gesagt…

Liebe @Lydia, du hast recht. Mir fehlt immer schwer, bei schreiben einen Zeitgefühl zu vermitteln. Und einfach schreiben „ich haben gefühlte 3 ½ Stunden eine virtuelle Cabeceo mit Lydia versucht“ erschien mir sehr plump :)
Ich bin beruflich in der Fotografie-Branche tätig. Dort haben die Modelle sog. Setcards mit ausführlichen Angaben. Wenn ich mit einen Modell arbeite, weiß ich ganz genau wie die Erwartungen an mich sind. Ich versuche, soweit ich handwerklich in der Lage bin, sie zu erfühlen, das ist ja mein Job. Beim tanzen kenne ich die Erwartungen der (unbekannten) Tangueras, wenn ich sie auffordere, nicht und versuche so zu tanzen, wie es mir am liebsten ist. Es ist unangenehm zu merken, dass die Tanguera mit der ich gerade tanze andere Erwartungen an mich hat. In diesen Fall tanze ich die Tanda auf meine Art und Weise zu Ende und bedanke mich. Ich verhalte mich so zu sagen asozial und versuche nicht bestimmte Erwartungen zu erfühlen. Für mich ist Tanzen ein Hobby und ich kann und will nicht unehrlich, bzw. handwerklich sein, obwohl ich in der Lage wäre (rein technisch gesehen) eine oder andere Erwartung zu erfühlen.
Ich bin immer bemüht alles Mögliches zu tun, um das Tanzen mit mir so angenehm wie nur möglich zu gestalten. Wiederum, ist das auch kein soziales Verhalten – ich mache es, weil es mir große Freude bereitet, wenn meine Partnerin sich wohl fühlt.
Ja, ich bin, was tanzen betrifft, ein wenig egoistisch und egozentrisch. Jetzt habe ich meine letzte Chance auf einen Tango mit dir, @Lydia, verspielt, schade, schade :)
p.s. Der Mythos, dass sich mit einen Mann mit Bauch gut tanzen lässt kenne ich. Das habt ihr Frauen aus Mitleid erfunden. Ein Bauch macht, rein technisch, einige Probleme :)

Monika hat gesagt…

Ach, und ich komme mal wieder spät... - Gibt es noch eine Tasse Tee?

Es gibt Abende an denen macht es mir überhaupt nichts aus nur zu sitzen und zu schauen, ich fühle mich wohl mit mir, schaue den anderen beim tanzen zu, freue mich an einer gelungenen Kombination, lache mit den Tänzern über einen missratenen Versuch...

Das sind die Abende bei denen ich ganz sicher recht bald zum tanzen aufgefordert werde, einfach weil ich freundlich bin, mich wohl fühle und das auch ausstrahle. Dummerweise kann man - ich jedenfalls - das nicht absichtlich herbeiführen, also mies drauf sein, aus was für Gründen auch immer, und Freundlichkeit und Wohlbehagen ausstraheln funktioniert nicht.

Reicht mir mal bitte jemand den Käse rüber?

So, da sitze ich also seit einem Weilchen an der Milonga rum und werde dann aufgefordert. Ist das nun Mitleid? Hat jemand gesehen dass ich schon länger sitze und erbarmt sich meiner oder hat er gesehen wie ich eine/n anderen beobachtet und angelacht habe und ist dadurch darauf aumerksam geworden dass ein Tänzchen mit mir ganz nett sein könnte?

Aurora hat gesagt…

... Tee und Wasser gibt´s bei mir immer, mal kommt auch ein Cappucino oder Espresso ... im Büro und sowiso

@ sweti: schade, dass du denkst ich würde mich nicht über eine Aufforderung von dir freuen.

Nein, bei meinen Beobachtungen geht es mir nicht darum, jemanden zu finden, mit dem ich gut aussehe, sondern jemand zu finden der sich gut anfühlt.
Damit meine ich nicht einen durchgtrainierten Körper, sweti.
Ich meine "Gutanfühlen" im Sinne von Nicht-Zerren, Nicht-Schleudern, Nicht-Auf-Die-Füße-Tretten, nicht offensichtlich gegen den Takt ankämpfen.
Im Übrigen habe ich einige gutbeleibte Stammtangueros mit denen ich gerne tanze.

Warum ist es asozial sich nach einer Tanda zu bedanken? Ich finde mehr als eine Tanda muss bei einen noch so großen Tangogenuß nicht sein. Zumal Tangogenuß doch durch das Hier und Jetzt mit dem Partner und der Musik entsteht. Es ist sowiso vergänglich. Für mein Empfinden macht es keinen Sinn sich unendlich daran festzuklammern in der Realität. Es versuchen durch eine zeitliche Ausdehnung aufzuwerten. Entscheidend ist doch das Erlebnis an sich.

In Buenos Aires ist ein Wechsel nach einer Tanda üblich, auch wenn man nur ein Lied miteinander getanzt hat. Ich finde das auch gut. Es erhöht die Chance das möglichst viele Frauen aufgefordert werden.

... muss leider weiter arbeiten....

bis später

Lydia hat gesagt…

@ sweti: Soweit ich das sehe, hast Du bei mir noch alle Chancen offen :-) ... aber ich bei Dir vermutlich nicht :-(

Unknown hat gesagt…

@Aurora
Mit asozial bezeichnete ich meine Unwillen, mich an den Erwartungen der Tagueras anzupassen und auf jeden Fall die zu erfühlen. Der Regel, dass man nur für eine Tanda miteinander tanzt, auch wenn es nur ein Tango ist, finde ich auch gut, verletze ich selten und manchmal nutze ich ihn gnadenlos aus. Das Bedanken am Ende der Tanda und das begleiten die Damme zu den ursprünglichen Platzt finde ich höflich.

@Lydia
Schlussfolgern ist ein Prozess, welcher neue Konfigurationen aus bestehenden ableitet - dieser Prozess war mir bei Frauen immer rätselhaft :) Wir werden unsere Diskussion virtuell nie zu Ende führen könne, befürchte ich …

Herr Oswald hat gesagt…

Ja, ich weiß, ich bin hier nicht eingeladen. Macht nichts, bin auch gleich wieder weg.

Ja, ich werd' mich wieder unbeliebt machen. Bin ich gewöhnt…

Aber warum um Himmels Willen klammern sich die meisten der hier Anwesenden so krampfhaft an dieses heillos veraltete Konzept "Frau wartet ab, Mann (er)wählt"??? So funktionierte das im 19. Jahrhundert, und vielleicht noch im frühen 20. - und da auch eher nur in den "besseren Kreisen".

Wir leben in einer anderen Zeit. Womöglich sind einige der hier lesenden Frauen meine Vorgesetzten im Beruf und ich empfange tagsüber Weisungen von ihnen. Und abends auf der Milonga muß meine Chefin abwarten, bis ich sie "erwähle". Das ist doch einfach nur albern.

Gut, einige von Euch kommen aus Bayern, aus Niederbayern sogar, was die Sache verschärft. Aber selbst diese Region ist nicht mehr so abgelegen - es wurden ja sogar alleinreisende (!) Frauen aus dieser Gegend in Berlin (!!) beim Tango (!!!) gesichtet.

Das Patriarchat ist eine klassische "loose-loose"-Situation - alle Beteiligten zahlen drauf dabei. Und dieses "Frau wartet, Mann wählt aus" ist Patriarchat in Reinkultur. Resultat: Frauen sitzen dumm rum, Männer tragen ständig das volle Risiko, unerwünscht zu sein - das ist doch einfach nur blöd.

Bitte, bitte, bitte - laßt und gemeinsam diesen alten Zopf abschneiden, uns gleichberechtigt und auf Augenhöhe begegnen - da können alle nur profitieren!

o.k. - bin schon wieder weg…

PS.: "Herr Oswald" ist ein Pseudonym. Es besteht aus zwei Wörtern - einfach so zum Spaß. Natürlich heiße ich nicht Oswald, so wie Cassiel nicht Cassiel heißt. Der Hintergedanke ist, dem großen Osvaldo Pugliese die Reverenz zu erweisen - durch die Eindeutschung aber gleichzeitig den gehörigen respektvollen Abstand zu wahren.

Anonym hat gesagt…

@Herr Oswald

Hast du nicht neulich schon einmal eine ähnlich unangenehme Äußerung von dir gegeben? Ich habe es schon wieder erfolgreich verdrängt. Und ich finde leicht altmodische Herren mit einem einwandfreien Benehmen sehr attraktiv. Sollen wir wirklich alles über den Haufen werfen? Stimmt, die Aufforderungssituation ist wirklich etwas antiquiert. Es gibt aber Herren, die meistern auch solche Situationen perfekt. Und ich meine mich zu erinnern, dass Cassiel hier einmal über die Einwirkungsmöglichkeiten der Tangueras auf einer Milonga geschrieben hat. Ich suche das jetzt mal schnell.

http://tangoplauderei.blogspot.com/2009/07/cabeceo-forderliches-verhalten-von.html

Ich kann leider keinen Link basteln.

Es gibt sehr altmodische Männer, die mich Auffordern aber mir immer das Gefühl geben, ich begegne ihnen auf Augenhöhe. Die haben einfach Stil und ein weises und freundliches Wesen.

Übrigens: Findest Du es nicht etwas anmaßend, wenn du dich in einem Atemzug mit Osvaldo Pugliese und Cassiel erwähnst?

Warum bleibst Du nicht, dann diskutieren wir das aus.

Aurora hat gesagt…

Herr Oswald, warum so eilig?

Ich fordere nicht verbal auf. Und empfinde auch verbale Aufforderungen auch vom Mann als eher abschreckend. Nehme sie aber dennoch an.

Cabeceo! Nehme ich als liebste Aufforderung an und nutze ich als Form einer Aufforderung meinerseits.
Verstehen viele nicht, und einige weichen auch nahezu erschreckt zurück, als hätte frau ihm bei etwas getörrt. Bei der Jagt?

Warum ich nicht verbal auffordere. Weil ich vielfach zuschauend am Rand der Tanzfläche sitze. Extra Aufstehen einen wildfremden Mann anzuquatschen, kommt mir nicht in den Sinn. Ich erwarte auch nicht, dass ein Tanguero mich anredet. Cabeceo. Für mich ist klar, wenn eine Tanguera einen Tanguero "anstarrt" will sie mit ihm tanzen.

Auf völlig unformalen Veranstaltungen fordere ich auch verbal auf. Aber die meisten Milongas die ich kenne sind nicht unformal.

Da der Mann führt, ist mein emanzipiertes Weltbild durch das einseitige Auffordern nicht gestörrt. Im wahren Leben hat der Mann auch keine Kontrolle über mich.

...selbst aus entlegenen Gebieten der Republik stammend, frühzeitig ganz "allein" weit gereist: In entlegenen kommunistischen Ländern hat vor 10 Jahren eine alleinreisende, westliche Frau mehr Erstaunen ausgelöst, als in der berliner Tangoszene ;-)

Anonym hat gesagt…

@Herr Oswald Kann es sein, dass es Dir gefällt, Dich unbeliebt zu machen?

Kultivierst Du das?

Vielleicht liest Du noch einmal die Artikel zum cabeceo hier im Blog und dann reden wir weiter.

(-:

Aurora hat gesagt…

@ sweti
auch ich bin asozial, von Zeit zu Zeit, da auch ich mein Verhalten nicht den Erwartungen der Tangueros anpasse. Nicht stets. Aber ich bin nicht gewillt alles mitzumachen.
Und finde es "fair" jemanden mit desen Erwartungshaltung frau/man nichts anfangen kann, wieder den anderen zur Verfügung zu stellen, sogar sozial. Vielleicht ist er/sie ja der Treffer des Abends. Wenn ich mit dem einen einen Tango tanze und mit dem anderen, mit dem ich wirklich viel anfangen kann, maximal fünf, eventuell auch zwei volle Tandas, hält sich das "soziale Ungleichgewicht" noch in Grenzen. Oder?
Dauertänzer find ich da schon unsozialer.

cassiel hat gesagt…

Oho, viele schöne Anmerkungen - herzlichen Dank. Inhaltlich kommt Ihr ja wunderbar ohne mich klar. Dann schweige ich einfach einmal.

Vielleicht eine Bemerkung zu Herrn Oswald: Wie kommst Du auf die Idee, hier nicht eingeladen zu sein? Ich freue mich über alle Beiträge. Deine Ansichten kann ich nicht teilen. Aber damit kann ich wunderbar leben.

Ich wünsche allseits einen schönen Abend.

Tangosohle hat gesagt…

Ein schönes Abendweinchen auf der Terrasse war das. Nun, die Regionen, wir sind ja alle mobil, auf welchem Highway auch immer. Viele im Job nicht anders als beim Tango.

Das Patriarchat ist eine klassische "loose-loose"-Situation – toller Satz, lohnt sich zu merken!

leicht altmodische Herren mit einem einwandfreien Benehmen sehr attraktiv
Ja, das ist die Wirkung. Die Frage ist aber, ob sie sich dabei in einem Korsett bewegen, eine Rolle spielen oder darin emotional verankert sind.
Im Korsett – das kann der letzte Versuch sein zu leben. Eine Rolle spielen – das kann eben ein Spiel sein. Emotional verankert sein – das wäre das eigene nach außen zu tragen. Das Patriarchat von einst forderte von den Menschen das Korsett. Wer das heute mag wird mich sicher nicht zur Beteiligung motivieren.
(lasst) uns gleichberechtigt und auf Augenhöhe begegnen - da können alle nur profitieren!

 - Eben - immer schön locker bleiben und das Lachen nicht vergessen :) Das sind außergewöhnlich schöne Augenblicke, die so langsam häufiger werden.

Bleib ruhig, Herr Oswald, nur, neben mir wippt ein "Comme-il-faut" im Takt, ich seh's im Augenwinkel, kann jetzt nicht sitzen bleiben, Madame, darf ich bitten?

Tangosohle hat gesagt…

Ach Sweti,
alles stimmt und alles nicht. Der Arzt deines Vertrauens wird dir da sicher das Richtige sagen. Ich habe mal Tete mit Judita (Enrique und Judita aus Stuttgart) tanzen gesehen, das sah aus wie eine geometrische Konstruktionszeichnung: Kreis mit Tangente. Die Gesichter beider sprachen jedenfalls Bände von Tanzvergnügen.

Aurora hat gesagt…

@ tangoshole

:-)))

affig hat gesagt…

Cassiel der Frauenversteher hat mal wieder pseudo-intellektuell rumgegrunzt...

Unknown hat gesagt…

Ach Tangosohle,
es ist zwar lieb von dir gemeint, aber meinen Name (ja, Sweti ist meine richtige Name) mit dem Name von Pedro Alberto "Tete" Rusconi in einen Satz zu erwähnen, das ist zu viel des Guten. Und ich glaube, nein ich weiß, dass jede Tanguera, die mit Tete getanzt hat, hat dieses Gefühl, was du beschreibst, erlebt.
Ja, ich habe Tete auch erlebt, auch Mariano „Chicho“ Frumboli und auch einige anderen,meist argentinischen Tänzer, die keine durchtrainierte Körper hatten, aber dafür eine Ausstrahlung, die man nur schwer beschreiben kann. Na und. Das bekräftigt nur meine These, dass das äußerliche Erscheinungsbild nichts, aber gar nichts, mit den Empfinden bei (Tango)Tanzen hat. Die Frage ist, was für einer wichtig ist – Erscheinungsbild, (Tanz)Technik oder dieses Gefühl, das man beim einfachen Zusehen eine Video (man muss nicht live dabei sein) von Tete verspürt. Ich habe meine Entscheidung getroffen. Leider zweifele ich öfters (meistens im Berlin, Hamburg oder München) bei Milongas, ob sie richtig ist. Glaube mir, es sind einige Tangueras/Tangueros unterwegs (alle bei diesen netten Brunch oh, sorry Dinner, Anwesende ausgeschlossen) für den die Frage „Wie lässt mich diese Tanguero/Tanguera aussehen“ entscheidend ist. Schade, dass ADTV zu wenige Veranstaltungen bietet, wo man solche Einstellungen voll ausleben kann. Und da sind wir wieder bei der Thema – ein Taxidancer erhöht die Chancen, dass man gut aussieht, wesentlich. Ob ein Taxidancer das Gefühl „mit einander tanzen“, einfach diese innige tanzen, vermitteln kann?

Tangosohle hat gesagt…

... oder ist es die Illusion des Gefühls?

Anonym hat gesagt…

Ich möchte auch noch einen Gedanken einbringen. Es geht um das "Sich-Vergleichen" mit den anderen Tangueras und Tangueros. Mir fällt es immer besonders unangenehm auf, wenn Menschen sich permanent vergleichen müssen. Gibt es immer ein "besser" und ein "schlechter"?

Dieser Wettbewerb auf Milongas ist in meinen Augen auch ein Teil der Wurzeln des Übels. Taxitänzer (oder Eintänzer) sind dann eben ein Werkzeug in diesem Wettbewerb.

Ich weiß nicht, ob ich mich jetzt verständlich machen konnte...

Aurora hat gesagt…

Leben wir nicht in einer Wettbewerbsgesellschaft?

Bei einen Frauen -Männer - Verhältnis von 30 zu 20 entsthet darüberhinaus ein gewisser Wettbewerb von allein.

Ich will nicht mit der Frau rehts und er Links von mir um einen Tanguero konkurriern. Praktisch mache ich es aber, sobald ich mich nach einem Tänzer umsehe.

Anonym hat gesagt…

Aurora:
"Leben wir nicht in einer Wettbewerbsgesellschaft?"

Müssen wir das auch in den Tango tragen?

Aurora hat gesagt…

@ anonym 28.4.2010 12.36

Wie lässt sich Wettbewerb vermeiden, wenn Angebot und Nachfrage im Ungleichgewicht zueinander stehen?

Ich kann auch mal sitzen und sehe auch gern zu, aber ab und zu will auch tanzen, und dabei konkurriere ich mit den anderen Tangueras.

John hat gesagt…

Ich denke nicht, dass sich Taxitänzer auf breiter Ebene durchsetzen werden. Und gerade deswegen hätte ich auch kein Problem damit, wenn sich jemand einen Taxitänzer (oder eine Taxitänzerin) mieten würde. Ich glaube auch nicht, dass sich dadurch die Tangogemeinde in arm und reich trennt, da nach wie vor die meisten ganz normal ohne Taxitänzer unterwegs sein werden. Aber wenn jemand selten aufgefordert wird, egal aus welchen Gründen, hat er/sie doch die Möglichkeit mit einem Taxitänzer zum tanzen zu kommen. Es ist doch eher die Frage, ob man selber mit solch einem Angebot klarkommt. Aber man sollte nicht über andere schlecht urteilen, nur weil sie einen Taxitänzer in Anspruch nehmen.

Anonym hat gesagt…

@John

Ich habe hier kein schlechtes Urteil gelesen. Die Fragen und Überlegungen finde ich aber wichtig und hilfreich.

Anonym hat gesagt…

In der Stadt in der ich
wohne und zur milongas gehe ist
die Lage etwas klarer, die wettweberb
Situation ist offen, es wird gnadenlos
eingescannt aussortiert selektiert
getestet konsumiert verfuhrt verachtet
vergöttert ignoriert und verfolgt

das Ego wird auf der milonga offen
überspitzt therapiert ausradiert versteckt
geklärt vergessen neuerfunden usw.

kurz: die Hölle

der Teufel grinnst mich an, und lädt
mich jedes mal ein, und ich gehe hin
im Laufe des abends ist er vielleicht da,
der perfekter Tanz mit dem leicht nach Rauch
riechendes Weib

die Ekstase
der Tango

hm, ich muss besser werden...

cassiel hat gesagt…

@anonym1 bis anonym100.000 ;-)

Könntet Ihr Euch nicht kurz die Mühe machen und Euch ein Pseudonym ausdenken? Dann wäre es einfacher auf Euch zu antworten.

Vielen Dank!

@letzter anonym: ;-)

testuser hat gesagt…

ah jetzt habe ich anscheinend
das richtige Fenster zum namens
Angabe gefunden? sorry, die Technik..


der Rahmen: lass uns eine gemütliche gesittete
gut organisierte vernünftige verlässliche angenehme
wohlriechende nette gut geregelte soziale
veranstaltung aus dem Tango machen

ohne das geht es nicht
aber irgendwann riechen sie alt und langweilen
und verkommen

der Tango ist organisch beweglich lebendig
ein Tier

ein wiederaufgewecktes wildes Tier
es gilt ihm zu futtern
alles neue ist ihm willkommen

frauen haben längst
Wege gefunden um Männer offen
und elegant zum tanzen
aufzufordern

Aurora hat gesagt…

...und ewig lockt das Weib ;-)

auch anonym hat gesagt…

Mitleid? Gleich zu Beginn kam mir ein Gedanke, der sich im Laufe des Lesens der Kommentar wieder in mein Oberbewußtsein schlich.

Sind nicht die zu bemitleiden, die sich einen Taxitänzer/in mieten? Der Spaß der Überraschung, der Enttäuschun oder des Wartens geht ihnen doch verloren.

Aber für jeden ist Tango etwas anderes. Und doch suche ich die, die mit mir den gleichen oder doch ähnlichen Spaß teilen können.

Soziales Tanzen gern gelegentlicht. Doch welches Bild würde eine Milonga abgeben, wo alle nur aus Nettigkeit miteinander tanzen. Zum Glück waren die Milongas die ich besuchte, als ich noch nicht tanzte dieser Art! Denn sonnst hätte ich nicht bemerkt, dass es mein Tanz ist, den ich unbedingt lernen wollte.

Ich wünschen allen, dass sie ihren individuellen Spaß auf den Milongas finden!