Montag, 5. April 2010

Für die neue Woche 57: Edgardo Donato, Romeo Gavioli - La melodía del corazón

Auch am Ostermontag möchte ich einen Tango für die neue Woche vorstellen. Heute gibt es La melodía del corazón in der Interpretation von Edgardo Donato - ein wundervoller lyrischer Tango mit einer sehr eingängigen Melodie. Woran das wohl liegt? Später gibt es einen vielleicht verblüffenden Hinweis.

Vielleicht stelle ich diesen Tango erst einmal in den zwei Versionen vor, die ich gefunden habe.

Zunächst gibt es die Version mit Edgardo Donato (Gesang: Romeo Gavioli) aus dem April 1940:


Und dann habe ich noch Francisco Canaro (mit Francisco Amor) aus dem Mai 1940 gefunden:

Bei allem Respekt vor dem Werk von Canaro. Diese Einspielung gefällt mir überhaupt nicht. Für meine Empfinden ist da ein Tango lieblos runtergedudelt worden. Musikalisch ist es m.E. auch eher so, daß eine abwechselungsreiche Instrumentierung (man beachte die gedämpfte Trompete) übder die Schwächen der Interpretation hinwegtäuschen soll.

Und hier gibt es den Text zu diesem Tango. Als Komponisten werden auf dieser Seite Fioravante Di Cicco und Héctor María Artola angegeben. Das kann aber nicht stimmen. Wenn es hier Leserinnen und Leser mit einer klassischen Bildung gibt, dann wird diesen die Melodie irgendwie bekannt vorkommen. Und... Richtig! Das Thema ist von Frédéic Chopin (1810 - 1849). Es ist die Tristesse (Etude Op. 10 Nr. 3). Wer es nicht glaubt, der möge sich einmal dieses Video anschauen.

Und dann habe ich noch bei meinen Recherchen im Internet diese wunderbare Zusammenstellung von YouTube Videos mit tänzerischen Interpretationen gefunden.

Allen Leserinnen und Lesern wünsche ich noch einen schönen Ostermontag und einen guten Start in die verkürzte Arbeitswoche.

4 Anmerkung(en):

La Perla hat gesagt…

Lieber Cassiel, vielen vielen Dank für dieses musikalische, textliche und filmische Ostergeschenk. Das ist eine wirklich sehr schöne Zusammenstellung. Meine Cassielplayliste wächst und wächst ...
Ich wünsche Dir einen wunderbaren Frühling!
Lieben Gruß
La Perla

Anonym hat gesagt…

Lieber Cassiel,

ein wunderschöner Tango! Kennst Du auch das Lied "In mir klingt ein Lied" nach der selben Melodie? Zum Beispiel hier: http://www.youtube.com/watch?v=5rz_RSO1ZZI.

Ernst Marischka hat die Melodie hundert Jahre später mit diesem Text versehen:

"In mir klingt ein Lied, ein kleines Lied,
in dem ein Traum von stiller Liebe blüht
für dich allein.
Eine heiße, ungestillte Sehnsucht
schrieb die Melodie.

In mir klingt ein Lied, ein kleines Lied,
in dem ein Wunsch von tausend Stunden glüht,
bei dir zu sein.
Sollst mit mir im Himmel leben,
träumend über Sterne schweben,
ewig scheint die Sonne für uns zwei,
sehn dich herbei
und mit dir mein Glück.
Hörst du die Musik,
zärtliche Musik ..."


Vielen Dank bei der Gelegenheit für Deinen großartigen Blog.

Mikel

Anonym hat gesagt…

Schöne Entdeckung, die Du mmit dem Chopin-Motiv gemacht hast, Cassiel!

Es ist ja nicht so, daß man Dir nicht gerne ab und zu auch mal widersprechen würde, aber die zweite Version läßt einen wirklich kalt.

Übrigens muß ich einfach mal über das absurde Kostüm von Mariana Montes in der Dublin-Performance lästern. Wer ist ihr Schneider, Edward mit den Scherenhänden? Einfach mal von einem alten Schlafanzug ein Hosenbein abgeschnippelt, an den Ärmel wieder drangetackert, und sexy is back?

Dafür gefällt mir das weiße Glitzerkleid in Sitges aber sehr gut. Es schwingt schön und die Lichtreflexe unterstreichen den Tanzfluß.

Nous hat gesagt…

Lieber Cassiel,

für mich ist es inzwischen zu einer schönen Gewohnheit geworden, zu Beginn der Woche in zuweilen völlig unterschiedliche Aufnahmen alter Tangos rein zu hören. Überrascht bin ich, wie häufig sich unser Geschmack gleicht. Doch dieses Mal nicht und Gelegenheit für meinen ersten Kommentar hier.

Je öfter ich mir die Version von Canaro anhöre, um so mehr kann ich auch diesem Arrangement etwas abgewinnen. Spannend finde ich, wie er mit der Orchestrierung arbeitet. Da hört man plötzlich ein Solopiano, begleitet vom Pizzicato der Streicher, wo Donato ein Orchestertutti wählt, und wenig später nimmt die gedämpfte Trompete das Chopinsche Motiv auf, während das Klavier den Rhythmuspart übernimmt. Das ist von den Klangfarben her sehr stimmig, umso mehr, wenn der Gesang Francisco Amors mit seinem speziellen Timbre erklingt. Das wirkt alles ein wenig spröder als bei Donato (wo die Violine übrigens auch wunderbar mit dem Timbre von Gaviolis Stimme harmoniert), ist aber nicht ohne Reiz.

Canaros Musikern wirst Du meines Erachtens aber ganz und gar nicht gerecht, wenn Du ihnen Lieblosigkeit bei der Interpretation unterstellst. Ich höre hier ebenso viel Herzblut wie bei Donatos Orchester. Ob es einem gefällt, steht auf einem anderen Blatt.

Letztendlich sagt mir die Einspielung von Edgardo Donato mehr zu. Sie ist melodiöser und wärmer im Ausdruck und wird wohl auch dem Text des Liedes gerechter werden. (Ich bin des Spanischen nicht mächtig - "Die Melodie des Herzens" geht gerade noch - deshalb möchte ich mich nicht zu weit aus dem Fenster lehnen und ein Urteil zur Interpretation des Textes abgeben.) Hinzu kommt, dass mir Donatos Stück viel vertrauter ist. Francisco Canaros Version dagegen ist für mich etwas für den zweiten Hörgenuss. Vielen Dank für den spannenden Vergleich!

Beste Grüße! Nous