Diese Woche habe ich es einfach nicht früher geschafft - am Montag war (zumindest hier) Feiertag und dann war ich in der Tretmühle der (verkürzten) Arbeitswoche.
Enrique Francini (Violine) und Armando Pontier (Bandoneon) leiteten ein Orchester, welches zwar seltener auf Milongas erklingt, trotzdemist es wichtig. Üblicherweise bevorzuge ich die instrumentalen Titel. Heute habe ich einen gesungenen Tango ausgewählt. Der Sänger ist Roberto Rufino (der seine größten Erfolge wohl mit Carlos die Sarli hatte).
Und so habe ich Dejame, no quiero verte mas ausgewählt. Einen Tango, komponiert von Francisco Canaro und Mariano Mores. Es geht natürlich um die unglückliche Liebe, die Zerissenheit zwischen Erinnerungen und aktuellen Schwierigkeiten - kein neues Thema in Tango-Texten. Den spanischen Text und die englische Übersetzung findet man übrigens bei planet-tango.com.
Und da sind wir m.E. wieder bei einer Grundfrage im Tango. Wieviel Schwermut bzw. Wehmut lassen wir im Tango zu und erlauben der Musik dieses Nachtrauern nach den verpassten Möglichkeiten in der Musik zu verarbeiten bzw. irgendwann aufzulösen. Mir fallen jetzt spontan ein paar Tango-Zitate ein, die genau in diese Richtung gehen.
Musikalisch möchte ich bei diesem Stück auf die Entwicklung des Verhältnisses vom Sänger zum Orchester hinweisen. Deshalb habe ich auch wieder einmal mehrere Versionen dieses Tango nebeneinander gestellt. Mir persönlich gefällt die Version von Carlos di Sarli mit Alberto Podestá am besten. Für meine Wahrnehmung wird Roberto Rufino in der Version von Francini - Pontier zu viel Raum gelassen. Hier brilliert für meine Ohren ein Sänger auf Kosten des Orchesters. Das ist aber nur meine höchst subjektive Wahrnehmung.
Enrique Francini - Armando Pontier (Gesang: Roberto Rufino) eine Aufnahme vom 2. April 1947
Direkter Link zum Titel bei goear.com.
Carlos di Sarli (mit: Alberto Podestá) eine Aufnahme vom 9. Mai 1947
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Francisco Canaro (Enrique Lucero) eine Aufnahne vom 20. August 1946
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Francisco Canaro (Gesang: Nelly Omar) eine Aufnahme vom 28. Mai 1947
Direkter Link zum Titel bei goear.com.
Mit Verspätung wünsche ich allen Leserinnen und Lesern eine gute Woche!
3 Anmerkung(en):
Ein großartiger Beitrag und ich verstehe, was du meinst, wenn du schreibst, Rufino hätte zu viel Raum. Mir hilft deine Serie zur Musik sehr. Ich bin ein richtiger Fan geworden und wenn ein Beitrag mal später kommt, dann werde ich schon unruhig.
Beate
Zuviel Raum würde ich das nicht nennen, aber bei Rufino stören mich diese Schluchzer, die er einbaut. Das finde ich zuviel des Guten, die Musik bräuchte diese Art von Effekten nicht.
Generell finde ich, dass Tango sehr viel Melancholie und Zerrissenheit verträgt, weil er ja stets rhythmisch bleibt und das schafft den Kontrast, von dem er lebt.
Es gibt manche Tangos, die mir richtig weh tun. Meistens sind es allerdings vor allem die Kombinationen aus Text und Melodie, die mich da direkt ins Herz trifft Wer nicht gut Spanisch kann, dem bleibt das erspart (kannst du eigentlich uebrigens Spanisch?) aber, wenn ich tanze, hoere ich immer auf die Texte. "Te aconsejo que me olvides", "Bandoneon arrabalero" und "Ahora no me conocés sind drei solcher Tangos. Die Texte finde ich so traurig, dass es an die Schmerzgrenze geht. Tanzen tue ich sie natuerlich nur umso lieber.
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