Donnerstag, 28. März 2013

Antwort eines sog. "Tango-Talibans" auf den offenen Brief von Annette Postel in der aktuellen TangoDanza

Einer muss es ja schließlich machen...
 (aus dem - noch zu schreibenden - Handbuch der unangenehmen Tätigkeiten)


Aufgrund eines Zufalls landete die aktuelle Ausgabe der Tangodanza nicht - wie üblich - sofort auf dem Stapel der irgendwann zu lesender Schriften, sondern ich blätterte die Ausgabe schnell durch. Warum auch immer... ich schlug die Seite mit dem offenen Brief von der Künstlerin Annette Postel "Stoppt die Tango-Taliban!" auf und las. Meine erste Reaktion war ein ungläubiges Staunen. Beim zweiten Lesen reifte der Plan Annette zu antworten. Doch bevor es losgeht möchte ich kurz in diesem Blog etwas zurückblättern. Vor knapp drei Jahren gab es hier einmal einen Gastbeitrag mit einer sehr ausführlichen Blattkritik zur TangoDanza. Leider hat sich in den vergangenen drei Jahren in Bielefeld kaum etwas getan. Meines Erachtens stagniert die TangoDanza in ihrem damaligen Zustand. Die Cover-Photos zeigen immer noch die gleichen, extrem langweiligen, gestellten Photos von Tango-Paaren [auch Chiropraktiker wollen schließlich leben :-) ] und der Abdruck des oben erwähnten offenen Briefes erfordert spätestens jetzt dringend eine intensivere Debatte über das "europaweit größte Magazin für den Tango Argentino". Möglicherweise sollten wir allerdings diese Diskussion an anderer Stelle führen und uns zunächst auf Annettes Pamphlet konzentrieren.


Hallo Annette,

mit diesem Beitrag antwortet Dir ein Tango-Taliban auf Deinen offenen Brief in der TD. So wie Du Dein offensichtliches Feindbild dargestellt hast, muss ich wohl zu dieser Gruppe gerechnet werden. Selbstverständlich habe ich keinen Jutesack als Kleidungsersatz übergeworfen, ich trage keinen Vollbart und ich laufe auch nicht tagein tagaus mit einem um den Kopf gewickelten Badetuch durch die Gegend. Ich besitze keine Kalaschnikow und tauche somit auch unbewaffnet und frei von sonstigem Sprengstoff in der örtlichen Milonga auf. Soviel zum Thema Tango-Taliban...


Dein offener Brief beginnt mit einer diffusen Vermutung, der ich an dieser Stelle zunächst einmal sachlich begegnen möchte. Kein seriöser traditioneller Tango-DJ wird nach GEMA-Gesichtspunkten eine Milonga konzipieren. Um nur ein Beispiel zu nennen: Osvaldo Pugliese starb 1995, somit sind seine Werke nach der momentanen Rechtslage erst nach 2065 GEMA-frei in der Milonga zu spielen, bei Carlos Di Sarli (gestorben 1960) müssen wir ebenfalls noch über 25 Jahre warten. Aus diesem Grunde laufen Deine Spekulationen diesbezüglich in eine komplett falsche Richtung. Ich will gar nicht verschweigen, daß es Listen mit GEMA-freien Titeln im Tango gibt - diese wird allerdings kaum ein Tango-DJ für seine Milonga-Planung heranziehen. Kannst Du Dir überhaupt nicht vorstellen, daß es tatsächlich Tänzerinnen und Tänzer im Tango gibt, die die alten Aufnahmen aufgrund ihrer musikalischen Qualität bevorzugen? Dann solltest Du hier in diesem Blog vielleicht ein wenig stöbern. Vielleicht erschließt sich Dir ja dann der Zugang zu diesem Schrummeltango. Mit der Wortwahl "Dreimal-von-der-Schellackplatte-kopiert-Schleifklang" diskreditierst Du sämtliche Bemühungen um gute Restaurationen der traditionellen Tangomusik. Wie würde es Dir gehen, wenn jemand derartig plakativ über Deine Kunst reden würde?

In dramatischer Weise beschreibst Du die armen unzufriedenen Tangueros, die aufgrund ihres "Schrummeltango-Frusts" zu kleinen "Geheim-Milongas mit gemischter Musik" gehen müssen. Da entstehen lebhafte Bilder im Kopf, die leider nicht richtig sind. Ich habe in meiner langen Karriere noch keinen derartig verfolgten Tanguero getroffen. Vielmehr steht es doch jedem Veranstalter frei, seine musikalischen Vorlieben in seiner Milonga umzusetzen. Folglich ist es auch den bedauernswerten Anhängern gemischter Musik möglich, eine entsprechende Milonga - gerne auch größer - aufzuziehen. Diese Folklore von einer suggerierten Verfolgung regt mich auf. Ist es möglich, daß diese "Geheim-Milongas" inzwischen deshalb so klein organisiert werden, weil immer mehr Tangueras und Tangueros erkannt haben, wie langweilig und öde diese Neo- bzw. Non-Tango Musik auf Dauer ist?

Bemerkenswert war für mich auch der folgende Satz:
Sicher gibt es die Angst einiger Tänzer, einen modernen Tango nicht mit Schritten interpretieren zu können. Aber warum sollen deshalb alle gezwungen werden, auf einem musikalischen Niveau zu bleiben?
Annette, hast Du Dir eigentlich überlegt, daß dieser Satz auch (mindestens genauso) richtig ist, wenn man ihn in die andere Richtung denkt? Als Liebhaber der traditionellen Tangomusik könnte mir einfallen, daß es in der Fraktion der Neo- und Non-Liebhaber sicherlich Tänzerinnen und Tänzer gibt, die Angst haben, die feine Struktur der traditionellen Tangos nicht in entsprechende filigrane Bewegungen umsetzen zu können, aber sollen wir deshalb nun alle gezwungen werden, auf dem "musikalischen Niveau zu bleiben", das durch Non- und Neo-Klänge vorgegeben wird?

Zu Non-Tangos und zum Begriff der Tanzbarkeit
In einem Nebensatz erwähnst Du wunderbare Nontangos. Da bin ich ratlos. Ich bin immer wieder erstaunt, mit welcher Selbstverständlichkeit versucht wird, aus diesen Non-Tangos nun endlich Tangos für die Milonga zu machen. So etwas ist - so glaube ich jedenfalls - einzigartig. Niemand käme beispielsweise auf die Idee, bei einem Heavy-Metal-Festival plötzlich Non-Metal Musik zu erwarten. Im Salsa wird auch niemand kommen, der endlich friesische Blockflötenmusik hören möchte, nur im Tango müssen wir uns mit derartigen Phönomenen immer wieder auseinandersetzen. Für mich grenzt die Argumentationsweise mancher Verfechter von Non-Tangos an spät-kolonialen Kultur-Imperialismus: "Schön, daß der Tango Argentino immaterielles Weltkulturerbe ist, alle fahren ja auch gerne mal für einen pitoresken Urlaub nach Buenos Aires und die Workshops südamerikanischer Lehrer sind ausgebucht... aber bitte: Bleibt uns weg mit der Musik. Da hätten wir dann doch gerne die Früchte der Pop-Kultur." Wer so argumentiert wird sich dem Tango, so wie ich ihn verstehe, niemals nähern. In eine Milonga gehört für mein Empfinden genuiner Tango. Erweitern wir die Grenzen der Musik, so laufen wir Gefahr, den Tango Argentino im Brackwasser der musikalischen Beliebigkeit zu ertränken.

Aber lesen wir weiter: Sexteto Milonguero, Otros Aires und Troilo und Pugliese (neben anderen) in einem einzigen Satz zur Tanzbarkeit zu erwähnen... da muss man schon sehr kühn sein. Leider bleibst Du mit Deinen Ausführungen sehr diffus. Was verstehst Du eigentlich unter Tanzbarkeit? Besteht für Dich kein hörbarer musikalischer Unterschied zwischen den traditionellen Stücken und den modernen Einspielungen mit frischem Klang und ohne Schellack-Kratzen? Dann wird der Dialog an dieser Stelle schwierig. Ich erzähle Dir vielleicht einmal von meinem Lieblingsexperiment zur Tanzbarkeit. Manchmal erkläre ich die Struktur eines traditionellen Tangos am konkreten Beispiel, erzähle etwas über Phrasen und Themen, über die Möglichkeit einzelne Instrumentenlinien zu tanzen und so weiter. Dann spiele ich genau ein solches Stück. Spätestens beim dritten Durchgang trauen sich Tänzerinnen und Tänzer, sich vom Taktgehen zu lösen und frei in ihrem Tanz zu werden. Sie achten auf die Details. Nach dieser Übung spiele ich den gleichen Titel (ebenfalls mehrmals) in einer zeitgenössischen Einspielung. Fast alle fallen in das Gehen analog zum Takt zurück. Es ist ein drastisches Beispiel, aber es wird sofort klar, welcher Reichtum in den traditionellen Tangos steckt. Versuche es vielleicht selbst einmal (ein geeigneter Kandidat wäre beispielsweise Ensueños in der Einspielung von Carlos Di Sarli und eine zeitgenössische Interpretation), Du wirst erstaunt sein.

traditionelle Musik als Zeichen der Faulheit des Tango-DJs?
Den von Dir erwähnten DJ, der angeblich Dir gegenüber zugab, eine traditionelle Setliste sei "einfacher zusammenzusetzen" und erfordere "weniger musikalische Regie", möchte ich ja mal kennenlernen. Nach meinen Erfahrungen ist es bedeutend schwieriger einen traditionellen Abend musikalisch gut zu gestalten, als die Hits aus der Neo- und Non-Welt weiterhin rauf und runter zu nudeln. Traditionell orientierte Tango-DJs (oder DJanes) sind große Könner und ich kenne nur ganz wenige, die dies perfekt beherrschen.

Du schreibst, Du hättest von DJs gehört, die "regelrecht unter Druck gesetzt wurden, ausschließlich historischen Schrummel zu spielen". Das verstehe ich nicht. Jede gute Tango-DJane, jeder gute Tango-DJ wird großen Wert darauf legen, daß ihre/seine Musik möglichst präzise angekündigt wird. Dann nämlich haben potentielle Besucherinnen und Besucher die Chance, eigenverantwortlich zu entscheiden, ob sie zu der Veranstaltung gehen oder lieber fernbleiben möchten. Für mich liegt die Wurzel des Übels in einer (bewusst oder unbewusst) unpräzisen Angabe. Das fängt bereits bei der TangoDanza an. Blättere vielleicht in Deinem Belegexemplar ein paar Seiten zurück und suche einmal rein traditionelle Angebot im Milongakalender. Du findest dort nur "traditionelle Veranstaltungen" - nach Meinung der Redaktion heißt das: Mit einem Anteil traditioneller Tangos von 80%. Zu einer solchen Milonga würde ich persönlich nicht gehen (und ich fühle mich nicht verfolgt - es ist meine freie Entscheidung). Außerdem finden sich dort Veranstaltungen, die zwar als traditionell angekündigt sind, dieser Ankündigung jedoch in keiner Weise gerecht werden. Da wird vollkommen schmerzfrei finnischer Tango und Non-Tango in erdrückender Dominanz gespielt und ich persönlich ärgere mich, wenn ich in eine derartige Veranstaltung gerate, die falsch (nämlich traditionell) angekündigt wurde.

In einer weiteren verbalen Eskalation forderst Du DJs und Veranstalter auf, sich nicht erpressen zu lassen. Was soll das? Niemand erpresst einen DJ oder Veranstalter, die einzige Anforderung, die erfahrene Tangueras und Tangueros haben, ist eine klare Beschreibung einer Milonga vorab. Damit stellen sie sicher, daß sie keine bösen Überraschungen erleben. So etwas finde ich legitim. Und das gern vorgetragene Argument, man könne ja auch mal eine Tanda lang aussetzen zieht für mich nicht. Ich habe es erst wieder einmal vorgestern erlebt, bei Gotan Project fing die Rempelei an und die Qualität des Tanzens war in der Milonga für mindestens eine halbe Stunde massiv gestört (es ging dann mit zwei Tandas Color Tango in Folge nach einer halben Stunde weiter - insofern war mir eine längerfristige Beobachtung nicht möglich).

In dem Interview mit Carlos Gavito ist nachzulesen, daß er dafür plädiert, Veranstaltungen, in denen kein traditioneller Tango gespielt und getanzt wird, einfach als Mamborambo zu etikettieren. Ich weiß, dieser Vorschlag wird kaum umzusetzen sein, zu groß sind die exotischen Verlockungen, die vom Tango Argentino ausgehen - es ist schließlich ein bedeutungsschweres Markenzeichen. Angebote, die sich aber vom Tango derartig weit entfernt haben, daß sie sogar Non-Tangos anbieten, sollte man aber zumindest meiden können. Da hilft eine klare und wahrhaftige Beschreibung des Charakters der Veranstaltung im Vorfeld.

Abschließend möchte ich als tip top Tango-Taliban einmal die Frage aufwerfen dürfen, von wem eigentlich die Aggression in dieser Debatte ausgeht? Liegt die Ursache bei den "unflexiblen Ewiggestrigen", die für eine sorgsame Trennung der Szenen plädieren, oder bei denen, die flott den Begriff Tango-Taliban in die Welt hinausposaunen, die Verfolgung und Erpressung suggerieren und musikalisch alles in einen Topf werfen?

Nachdenklich grüßt

Cassiel

137 Anmerkung(en):

Anonym hat gesagt…

Wahrscheinlich befreit man sich eher von Etiketten mit NonTangomusik. Aber reicht es einen Gancho zu machen und dann zu sagen das ist Tango? Neo ist Musikalisch meist unterirdisch im Vergleich zum Klassischen Tango, Keine Feinheiten, immer nur bumm bumm, die Diskomusik des Tangos. Wer Tango auf Nontango tanzt sollte dann allerdings erlauben auch auf Notangomusik auch Nontango zu Tanzen. Also auf zum Foxtrott ,Wiener Walzer etc ...

Dirk Steinkamp hat gesagt…

Als ich angefangen habe mit Tango tanzen, da habe ich zuerst keinen Draht zu den traditionellen Stücken gehabt. Das hat gedauert. Aber je länger ich hingehört habe, je mehr ich versucht habe, einen Bezug zu den Bewegungen zu suchen, desto reichhaltiger wurden mir diese Kleinode. Und die Neo-/Non-Tangos, die ich am Anfang so geliebt habe, blieben mir jedoch meist eindimensional.

Neo-/Non-Tangos können meiner Meinung nach eine wunderbare Brückenfunktion darstellen, um Zugang zum Tanzen zu ermöglichen, wenn die eigenen Hörgewohnheiten mehr auf Pop-Musik geeicht sind. Vielleicht gibt's da unter Tango-DJs zu wenig didaktische Ambitionen, das aktiv zu gestalten, um eine Community nach-und-nach mit traditioner Musik vertraut zu machen ...

Abgesehen davon scheint mir diese ganze Debatte jedoch ein ziemlich lokales Phänomen zu sein: Kürzlich in Buenos Aires ist mir aufgefallen, dass quasi in *allen* (sagen wir mal 95%, bevor ich talibanisiert werde) Milongas ausschließlich traditionelle Tango-Musik gespielt wurde - auch in den Läden, in denen man vom Interieur Disko-Musik oder Hip-Hop erwarten würde. Und da hat sich niemand drüber beschwert - egal, ob jung oder alt. Das war selbstverständlich.
Zwischendurch gab's am Abend evtl. mal eine Tanda Chacarera oder Rock'n'Roll. Aber da wurde dann auch Chacarera oder Rock'n'Roll drauf getanzt.

NB: auch mit Neo-/Non-Tangos kann man einen toll tanzbaren Abend gestalten - ich hab das bisher allerdings erst einmal erlebt, als Iwan und Isabella gemeinsam aufgelegt haben ... ansonsten ist mein Eindruck bei Neo-/Non-Tango-Veranstaltungen meist ziemlich viel Beliebigkeit/Shuffle ...

Anonym hat gesagt…

Dazu noch einen Nachtrag, Es gibt doch vielerlei Möglichkeiten zu Nontango Musik zu tanzen. Überall da wo es Tanzschulen gibt, gibt es Tanzangebote. Warum muss eine Milonga sein und sich "Schrammelmusik" aussetzen

bird hat gesagt…

DJs die genötigt werden traditionell Aufzulegen, wo gibt es denn so etwas ? Habe ich ja noch nie gehört. Und wenn es das geben sollte, stellt sich mir die Frage, warum DJs das tun. Sind sie so darauf aus Auflegen zu wollen, dass sie alles mitmachen, was andere von ihnen wollen ?
Und Non-Tangos sind einfach keine Tangos, da beißt die Maus keinen Faden ab. Und wer lieber zu sog. moderneren Tango-Orchestern und Elektrotango tanzt, nur zu, bitte aber nicht auf einer traditionellen Milonga erwarten. Und wenn man das so schön von einander trennt, erübrigen sich auch jegliche Kommentare wer nun besser, feiner oder richtiger tanzt. Und zu behaupten die auf traditionelle Musik Tanzenden würden die anderen in ihrer Weiterentwicklung behinder, wie kommt man denn auf so einen Quatsch ?!?? Die einen landen auf der traditionellen Milonga, die anderen auf der Nouevo-Milonga Und gut ist.

Nackter Tango aka Promisc hat gesagt…

Auch wenn ich das schweren Herzens eingestehe:

Dieses Mal hast Du uneingeschränkt recht, Casiel...

Sylvia Menzdorf hat gesagt…

@Dirk Steinkamp:Es ist dann ein lokales Problem, wenn man lokal definiert mit: Im Süden wie im Norden Deutschlands.
Mit der nördlichen Tangoszene habe ich gerade so meine Erfahrungen gemacht, die sehr viel zu tun haben mit Verunglimpfungen, sehr wenig mit Sachkenntnis und schon gar nichts mit einer gewissen Toleranz. Als in der übersichtlichen Tangowelt des übrigens gleichfalls übersichtlichen nördlichsten Bundeslandes Schleswig-Holstein bekannt wurde, dass wir ein Milonguero-Festival veranstalten würden, wo ausschließlich traditionelle Musik gespielt wird, wo außerdem bestimmte Códigos wie Mirada und Cabeceo als verbindlich für alle Teilnehmer gelten, wurde in einer Szene-Rundmail geäußert, dass sich "neue reaktionäre Kräfte" in der Region zu verzeichnen seien. Ein sich auf die übrigens von internationalen Tänzern besuchte Veranstaltung offensichtlich verirrter Kieler soll einem anderen Besucher gegenüber geäußert haben, er fühle sich wie "bei den Tango-Nazis". Solche Verbalinjurien sind unanständig,geschmacklos und beleidigend. In die gleiche Kategorie ordne ich die Beschimpfung Tango-Taliban ein. Wer mit solchen Vokalen operiert, spekuliert auf dumpfeste Reflexe. Das finde ich unanständig. So unanständig übrigens, dass ich mich auf die inhaltlich äußerst dünne Nontango-Scheindebatte nicht einlassen mag. Obwohl es dazu einiges zu sagen gäbe. Ich erwarte eine Entschuldigung von denen, die diejenigen, die die traditionelle Tangomusik lieben - und denen rechne ich mich zu, mutwillig aufs Derbste um billiger Effekthascherei willen beschimpfen. Frau Postel, bitte entschuldigen Sie sich!

Rettungsring hat gesagt…

Ich finde diesen Beitrag extrem dogmatisch und habe zu den einzelnen Teilen durchaus einiges anzumerken, aber leider ist die Zitatfunktion doch arg eingeschränkt und andere Kontaktwege gibts ja auch nicht.
Daher nur kurz - Du wählst deine Worte etwas feiner, polemisierst, verfälschst und polarisierst mit diesem Beitrag extrem

Rettungsring

cassiel hat gesagt…

@Rettungsring

Im sprachlichen Duktus habe ich mich natürlich dem ursprünglichen Text von Annette angenähert. Trotzdem versuche ich fair zu sein.

Kleinere ironische Seitenhiebe sind vielleicht erst einzusortieren, wenn man den Originaltext kennt.

Gerne kannst Du mir Deinen längeren Kommentar als Mail schicken, ich stelle den dann hier für Dich ein (Mein eMail-Adresse findest Du in der Fußzeile - mittlere Spalte).

Mein primäres Anliegen ist und bleibt eine klare und unmissverständliche Ankündigung von Musik in der Milonga. Je genauer die Ankündigung ist, desto weniger Frust gibt es bei Besuchern. Wenn dann die Musikzusammenstellung nicht passt, dann müssen sich Tango-Tänzer zusammenschließen und eine eigene Milonga aufziehen.

Ich wehre mich nur dagegen, nit meiner Vorliebe für die traditionelle Tangomusik in eine Ecke geschoben zu werden - so einfach ist das.

tangochristian hat gesagt…

...ein unendliches und sicherlich interressantes Thema über das man trefflich streiten kann, nur leider kann ich noch nicht richtig mitreden, da die Post bei uns im Ostwestfälischen wohl wiedermal bummelt...:-(
Als (mittlerweile)bekennender "EdO"-Fan und entsprechend auflegender Tango-Dj fällt es mir schwer, dem Wunsch nach "Non- Tango" nachzukommen, da es doch auf einer Milonga um "Tango" geht.... Leichter fällt es mir da schon bei entsprechender Stimmungslage einen Ausflug zum Neo-Tango, ala Pugliese oder Troilo o.ä. zu unternehmen, aber wirklich nur wohldosiert.
Auch gebe ich einem meiner Vor-Schreibern recht in Pkto. Milongas in BsAs, eine Spaß-Tanda mit Swing-, Jive oder Rock`n Roll zur vorgerückter Stunde, oder auch eine Chaccarera ist witzig und bringt Spaß. - und darum geht es doch schließlich, oder?
So sehr ich Traditions - Milongas liebe und bevorzuge, so sehr abstoßend finde ich aber auch das arrogante Lehrmeister - Erhobener Zeigefinger - Gehabe Derer, die da meinen "Ihre" Art, den Tango zu zelebrieren wäre die einzig Richtige.
Ich hatte z.B. durchaus mit dem im vorstehenden Beitrag erwähnten Tango-Festivalito im äußersten Norden geliebäugelt, wurde dann aber u.A. auch durch den Text der Veröffentlichung abgeschreckt.
Da vergeht mir einfach die Lust am Tango, und das hat auch nicht mehr viel, wie immer behauptet wird, mit der Art des Tangos und der Milongas in Buenos Aires zu tun. Dort geht man nämlich auch nicht zum Lachen in den Keller, und wohldosierte Saccadas, Ganchos und Boleos sieht man durchaus auch auf rappelvollen Tanzflächen,....und ohne Blessuren der Mittänzer.
Bin mal gespannt auf die neue Tangodanza...
Grüße aus OWL!
Christian

Anonym hat gesagt…

Fuer mich ist Tango zuallererst eine Musik -- und auf diese Musik tanzen wir. Diese Musik inspiriert uns zum tanzen. Zu Nontangomusik zu tanzen ist für mich persönlich ein Wiederspruch in sich. Wenn andere das aber wollen, habe ich überhaupt nichts dagegen -- jeder soll ja frei sein (und ist es ja auch), das zu machen, was er will. Aber auch ich vermeide Milongas mit viel Alternativmusik fast immer, wenn ich im Ausland bin (in Buenos Aires gibt es keine solche Milongas).

cassiel hat gesagt…

@tangochristian

Nur zur Klarstellung, bei Aníbal Troilo und Osvaldo Pugliese handelt es sich um zwei Schwergewicht der Epocha de Oro, daß sie später (>1955) als der Tango kaum mehr getanzt werden konnte, Ausflüge in andere Richtungen unternommen haben, ist sekundär.

Es ist natürlich Deine freie Entscheidung, nicht zu Festivalitos zu gehen, auf denen Dir die Regeln zu streng sind. Ich persönlich finde diese Klarstellung durch die Veranstalter vorab äusserst hilfreich und wohltuend. Es ist ein andere Qualität des Tangos. Nach meinen Beobachtungen reichen 3 Paare in einer 200 Personen-Milonga um nachhaltig Unruhe zu stiften.

Ich finde ja immer noch die Idee von Carlos Gavito bestechend: Vielleicht etikettieren wir tatsächlich die sportlicheren Veranstaltungen als Mamborambo. :-)

Und zu Deiner Anmerkung zu Boleos in Buenos Aires: Natürlich können die Füße unten bleiben - dann wird auch niemand verletzt.

Anonym hat gesagt…

Danke für diesen Beitrag, Cassiel! Ich habe mich schon oft gefragt, warum Leute "Non-Tango", also NICHT Tango, tanzen wollen und das dann mit Tango bezeichnen, das löst bei mir schon mal grundsätzlich Verwirrung aus. Meine persönliche Theorie zu diesem Thema ist, dass es z.Zt. "schick" ist, Tango Argentino zu tanzen, dass aber viele "Mainstreamer" nicht die Feinheiten und Energien, die die "alten Tangos" beinhalten, hören können, mögen oder wollen, aus den unterschiedlichsten Gründen. Tango zu tanzen, ist eine sehr komplexe Angelegenheit, die einen mitunter Gefühlen und auch vielleicht Grenzen nahe bringt, die nicht immer leicht auszuhalten sind. In einer vernetzten Welt, in der man zig 'Freunde' hat und trotzdem irgendwie allein ist, kann man sich eher hinter Oberflächlichkeiten in der Menge, einfachen Strukturen und blitzblanker Technik verstecken, als "das Wesentliche, das für die Augen unsichtbar ist", zuzulassen, dafür braucht man Zeit und Erfahrungen.
Was jeder für sich vom Tango erwartet, divergiert u.U. ungemein, allerdings glaube ich, dass die Erwartungen derer, die am liebsten nach Tangos der Epoca de oro tanzen mögen, ziemlich ähnlich, wenn nicht sogar identisch, sein werden.

Ich empfinde es als wohltuenden Service einer Veranstaltung, wenn ich VORHER wegen guter und klarer Beschreibung einschätzen kann, was mich erwarten wird und ob ich dafür Kosten und Mühen auf mich nehmen möchte! Überraschungen gibt es genug im Leben, die mag ich beim Tango ganz gerne reduzieren (überraschend schöne Tänze ausgeschlossen ;))

Liebe Sylvia, die wenigen anwesenden Kieler beim VIENTO NORTE waren - bis auf vielleicht den einen, der mit der Situation (viele gute TänzerInnen, begrenzter Raum, weil fast alle IMMER tanzten, viel Innigkeit) insgesamt nicht umgehen konnte - begeistert und überwältigt und durchaus mit dir / euch auf einer Wellenlänge! Und es gibt auch noch ein paar weitere Nichtanwesende, die das ebenfalls sind :) Abzählbar noch, ok, aber wir arbeiten daran, weil Flüchten für die meisten von uns keine Alternative ist. Ihr habt ja beeindruckend mit dem Organisieren dieses Festivals an diesem idealen Ort bewiesen, dass man auch im Norden wunderschön tanzen kann!

Viele reden heutzutage über Dinge, von denen sie nicht wirklich etwas verstehen, damit erhoffen sie sich Aufmerksamkeit und "Quoten".
Ich handele meistens nach dem Motto: Ungewünschtes ignorieren, Positives verstärken. Jedenfalls diskutiere ich schon lange mit niemandem mehr 'Tango' auf Stammtischniveau mit irgendwelchen dummen Floskeln, und ich stimme dann mit den Füßen ab, wo ich mich wohl fühle und wo nicht. Wer eine feste vorgefertigte Meinung, also Vor-Urteile, hat, lässt sich in aller Regel nicht von etwas anderem überzeugen.
Die Tango-Danza lese ich übrigens schon lange nicht mehr....
C.

Dirk Steinkamp hat gesagt…

@Sylvia Menzdorf: Sorry, ich hatte mich unklar ausgedrückt: mit "lokal" meinte ich tatsächlich "lokal" im Gegensatz zu "global" ... will heißen: Phänomen in Deutschland ... okay, in den Niederlanden auch ;-) ...

Aber aus Italien z.B. habe ich solche Diskussionen noch nicht gehört (geschweige denn Argentinien) ... aber vielleicht bin ich auch nur schlecht informiert ;-) ...

Chris hat gesagt…

Dirk wrote:

"Neo-/Non-Tangos können meiner Meinung nach eine wunderbare Brückenfunktion darstellen, um Zugang zum Tanzen zu ermöglichen, wenn die eigenen Hörgewohnheiten mehr auf Pop-Musik geeicht sind. [... ]
Abgesehen davon scheint mir diese ganze Debatte jedoch ein ziemlich lokales Phänomen zu sein
"

It's not local to Germany. It's here in the UK too. But here the idea that pop is a bridge to tango is fading, replaced by recognition that fundamentally some people prefer do tango class steps to pop music, and others prefer to dance tango. Pop-for-tango is now rarely played at milongas. It's confined to teacher-run events for classgoers such as this - click here.

"Vielleicht gibt's da unter Tango-DJs zu wenig didaktische Ambitionen, das aktiv zu gestalten, um eine Community nach-und-nach mit traditioner Musik vertraut zu machen ... "

Didacticism is something DJs generally leave to dance teachers. To acquaint dancers with tango, all the DJ needs to do is press Play. The music speaks for itself!

Johannes Kuhn hat gesagt…

Hallo Cassiel,

Deinem Artikel kann ich uneingeschränkt zustimmen! Du schreibst mir aus dem Herzen....

Hier mal zur Auflockerung der Diskussion ein älterer "Neo-Tango", der die Problematik auch textlich aufgreift :-)

http://www.youtube.com/watch?v=mXB138E_tpY

Gruß Joh

Anonym hat gesagt…

Über Geschmack läßt sich wohl nicht streiten. Neo, Non und Tango haben ihre Fans und alle sollen dies tanzen können, wenn sie wollen.
- Es ist aber einfach erfrischend, nach viel zerkratzter Musik plötzlich einen Neotango zu hören oder eine Aufnahme ohne Kratzer durch moderne Aufnehmetechnik.

Es gibt allerdings zwei Dinge, die mich häufig stören:
- Die Kratzer in der Aufnehme sind so stark zu hören, daß es die Musik beeinträchtigt. Dann höre ich nurmehr schlechte Aufnahmetechnik und kriege eine Staublunge.
- Der andere Tänzer versucht, mir seinen Stil aufzudrücken, meist in Richtung Milongero.
Ich tanze häufig als "Neuling", weil ich oft auf Reisen bin und Tanzschuhe mit dabei habe. Ich habe lange Beine, meine Schritte sind natürlicherweise recht lang. Das will ich tanzen, wenn und solange Platz da ist - ich fühle mich regelreht amputiert wenn die Schritte zu klein sein müssen.
Ich will mich dann nicht ansprechen lassen müssen "so tanzen wir hier nicht" oder einkreisen lassen von den Tänzern, die zur Einrichtung der Milonga gehören (sowas nenne ich für mich Tangopolizei).
Solange meine Partnerin nach der Tanda lächelt und zufrieden ist, dann sollte das genau das sein, was "wir hier so tanzen" - und zwar jeder auf seine Weise.

cassiel hat gesagt…

@Anonym (28. März 2013 23:31)

Danke für Deine Anmerkung. Ich möchte nur kurz darauf hinweisen, daß die Aufnahmetechnik im traditionellen Tango nicht schlecht war, sie war nur älter (in mancher Hinsicht war sie der heutigen Technik sogar überlegen). Wenn es also gute Wiedergabetechnik an einer Milonga gibt, dann stören die alten Aufnahmen auch nicht. (Dazu gibt es in diesem Blog viele Artikel.)

Dein anderer Punkt ist etwas schwieriger. Ich weiß nicht, wie häufig Du schon angesprochen worden bist, aber grundsätzlich muss es einem Veranstalter möglich sein, diskret Besucher seiner Milonga anzusprechen, wenn es Probleme mit dem Tanzstil gibt. Ich weiß, daß klingt nun wahnsinnig unpopulär, aber ich bin tatsächlich dieser Auffassung.

Ich bin mir ziemlich sicher, daß so eine Situation auch für einen Veranstalter unangenehm ist, es wird sich aber dazu entschlossen haben, weil er um die Sicherheit, das Wohlbefinden o.ä. der übrigen Gäste besorgt ist. Es ist aber wohl eher ein Die-Reißleine-ziehen als ein Neo-Tanguero-Drangsalieren.

Ich gebe offen zu: Wenn ich Veranstalter wäre und jemand fiel durch übermäßig rücksichtsloses Tanzen auf, dann würde ich versuchen, diese Person diskret anzusprechen (und wenn es nach der zweiten oder dritten Bemerkung nicht besser wird, dann müsste ich den unangenehmen Weg gehen und diesem Störenfried sein Eintrittsgeld zurückzuerstatten und ihn bitten, die Milonga zu verlassen).

Das klingt jetzt alles antiquiert und rigide aber ich habe es in meiner Tangokarriere nur ein paar Mal beobachtet, daß Veranstalter eingeschritten sind. Aus meiner Sicht hatten sie keine andere Wahl. Es war jedesmal mehr als gerechtfertigt.

Wenn sich ein Veranstalter zu einem derartig drastischen Schritt entscheidet, dann sollte man immer bedenken, daß er seine natürliche Scheu einzuschreiten schon überwinden muss. Üblicherweise macht so etwas niemand gerne. Statt entrüstet "Tangopolizei" zu rufen, könnten der Angesprochene aber auch tatsächlich einmal sein Verhalten überdenken.

TwoToTango hat gesagt…

Als vermutliche Urheberin des Begriffs Tango-Taliban muss ich wohl mal richtig stellen, dass es bei dem Begriff darum ging, eine gewisse Hartnäckigkeit beim Einfordern von traditioneller Musik darzustellen - mit einer expliziten Distanzierung von jeglicher Gewaltbereitschaft, Unterdrückung, etc. Man mag mir das als naive Verwendung eines "hässlichen" Worts auslegen, mir ging es um die Aliteration (T-T), die offensichtlich im Sinne der Eingängigkeit gewirkt hat, wenn jemand wie Cassiel diesen Begriff - völlig freiwillig!! - aufgreift.

Und ich finde es absolut legitim, sich zu wünschen, dass Veranstalter klar deklarieren, was sie spielen und welche Codigos sie sich wünschen. JedeR kann selbst entscheiden, sich darauf einzulassen oder eben fern zu bleiben. (It's a free country...)

TwoToTango hat gesagt…

Hartnäckigkeit so verstanden, dass alle anderen als "wohl noch nicht so weit" deklariert werden. Als ob es ein einziges Ziel oder einen einzigen selig machenden (EdO)Tangohimmel gäbe, den es zu erreichen gälte. Womit wir dann bei den Taliban (oder anderen Fundis) sind.

Anonym hat gesagt…

@TwoToTango

Ich halte es für sehr bedenklich den Begriff Taliban in den Tangosprachgebrauch zu importieren. Das liegt u.a. daran, dass leider in der deutschen Alltagssprache immer noch Worte fallen, welche historisches Gedankengut versteckt in die Gegenwart weitertragen. Es gibt genug andere Worte. Deine Wortwahl ist unnötig und ist ein tickender Sprengstoff im Kopf!

cardillac hat gesagt…

Taliban ist nicht ohne, aber mit dem Wort "Kombinat" habe ich aus eigener leidvoller Erfahrung sehr persönliche Erinnerungen, das "Tangokombinat" finde ich begrifflich absolut daneben.

Johannes Kuhn hat gesagt…

Jetzt konnte ich den Artikel von Annette auch lesen. Als einer, der von ihr dann wohl unter "Tango-Taliban" fallen würde, möchte ich dazu auch noch etwas anmerken:

Nein - es ist weder Faulheit, noch Unvermögen, noch Sparsamkeit, wenn man irgendwann keine modernen Orchester und schon gar keinen Neotango auf Milongas mehr hören mag. Es ist schlicht die Faszination für das Tanzen auf traditionelle Tangos, für die Vielfalt in der Musik und in jedem einzelnen Stück selbst. Dafür, daß man ein und dasselbe Stück in unendlichen Variationen tanzen kann. Da kommen die modernen Orchester in aller Regel nicht mit. Ganz selten, daß mir ein modern interpretiertes Stück wirklich (zu tanzen) gefällt. Das kann sich ändern - aber ich habe Entsprechendes noch nicht gefunden. Mir kommt es dann wie vertane Zeit vor, wenn ich darauf tanze. Und deswegen gehe ich nur noch in Ausnahmefällen zu Milongas, die nicht explizit traditionell sind. Weil sie mir zu langweilig sind, mich nicht auf die Tanzfläche locken - weil sie zu wenig zum Tanzen inspirieren. Es gibt noch mehr Gründe: Sie sind chaotischer, Tango als "Sozialer Tanz", Milonga als Gemeinschaftserlebnis steht weniger im Vordergrund u.v.m.

Das mag jemand anders erleben - dann soll er halt auf andere Milongas gehen oder selber welche veranstalten. Es ist ja auch gut, daß das Angebot immer größer und vielfältiger wird. Und ich kann das sogar verstehen, daß es jemand anders sieht. Bei mir persönlich war der Punkt nämlich auch erst nach 5 Jahren intensiven Tanzens (das entspricht dann mehreren hundert Milongas) da, an dem ich nicht mehr so dachte. Damit will ich mich keineswegs über andere erheben, diese gar als Anfänger oder nicht auf meinem Niveau tanzend diffamieren. Eine traditionelle Milonga ist ganz einfach etwas anderes (für mich schöneres) als eine bunt gemischte. Ich will auch niemandem meinen Tanzstil aufzwingen oder seinen nehmen. Aber ich möchte auch nicht diffamiert werden als "Taliban" oder anderes.

Gruß Joh

cassiel hat gesagt…

@Johannes

Danke! So sehe ich das weitestgehend auch.

Und ganz generell: Dieser Artikel wird (im Vergleich zu anderen Artikeln) häufig gelesen (bis jetzt waren es über 2.500 Leserinnen und Leser). Es gibt aslo in dieser Frage immer noch enormen Diskussionsbedarf.

Bemerkenswert finde ich, daß sich vergleichsweise viele Leserinnen und Leser per eMail gemeldet haben. Ich versuche zumindest kurz jede Zuschrift zu beantworten, aber auf Dauer wird mir das zu viel. Ich beobachte die Kommentare im Blog, bei Facebook und nun betreue ich auch noch einzelne Zuschriften. Das werde ich auf Dauer nicht durchhalten können.

Ich möchte alle ermutigen, im Blog zu kommentieren. Das mag im Einzelfall wg. des vergleichsweise schwierig zu entziffernden Cptcha-Bildchens (zus SPAM-Vermeidung), mühsam sein, aber andere schaffen das schließlich auch. Außerdem möchte ich meine gelegentlich vorgetragene Bitte wiederholen, sich ein Pseudonym zu wählen. Das ermöglicht anderen Kommentierenden sich auf Äußerungen zu beziehen. Dann bleibt der Kommentarstrang auch lesbar.

Zwei Fragen tauchten mehrmals in den eMails auf:

1. Warum ich derartig polemisch formuliert habe...

In dieser Frage bin ich unentschieden, ich habe den Beitrag mit der Intention geschrieben, in etwa in der Sprache und mit dem Duktus von Annette zu antworten (man kann sich ja auf seine Gesprächspartner einstellen). Ich empfand meine Sprache nicht als übertrieben polemisch - gebe aber zu, daß es im Einzelfall auch anders gesehen werden kann.

2. Warum ich mich gegen Milongas mit gemischter Musik so stemme...

Das ist eine verkürzte Sicht. Ich habe keine grundsätzlichen Einwände. Nur möchte ich vorher den Charakter einer Milonga kennen. Wenn sie als rein traditionelle Milonga in Tandas mit Cortinas angekündigt wird, dann ist das gleichsam die Geschäftsgrundlage für das Zahlen des Eintrittspreises. Erklingt dann eine Tanda Gotan Projekt oder Otros Aires fühle ich mich - drastisch formuliert - betrogen - milder ausgedrückt: getäuscht.

Eine Leserin schrieb, daß sie den Eindruck habe, bei den rein traditionellen Milongas wären die "besseren" Tänzer anwesend. Die hätte sie schon gerne, aber eben auch die moderne Musik. Deshalb findet sie die unpräzise Ankündigung von Milongas ganz gut. Sie könne sich dann "die besseren Tänzer holen". Diesen Ansatz finde ich eher bedenklich.

Ein weiterer Kommentator hat sehr ausführlich "in meinen Ursprungstext hinein" kommentiert und mir das als Word-Dokument geschickt. Das Engagement hat mich berührt, aber ich kann solche Beiträge nicht veröffentllichen (das wäre ein 30-teiliger Kommentar). Insofern muss ich darum bitten, Kommentare als eigenständige Texte online einzufügen.

Ganz allgemein bedanke ich mich bereits jetzt für einen friedlichen Umgang in der Diskussion und wünsche allen Leserinnen und Lesern schöne, frohe und ruhige Ostertage mit vielen erfüllenden Tandas...

Unknown hat gesagt…

"Gute" Tänzer, "schlechte" Tänzer. Ich mag das nicht. Es gibt gute Tangolehrer und, sagen wir, nicht so gute Show-Tänzer. In den sozialen Kontext eine Milonga machen solche Wertungen keinen Sinn, die sind sogar schädlich. Trotzt diese Überlegungen hat mich die Aussage "bei den rein traditionellen Milongas wären die "besseren" Tänzer anwesend" beeindruckt. Ich weiß nicht, was diese Leserin zu Ausdruck bringen wollte, ich vermute, sie meint damit die erfahrenere Tänzer. Es sind einige Posts zu diesen Beitrag, die meinen Vermutung bestätigen. Einige schreiben, dass sie eine gewisse (meist längere) Zeit gebraucht haben um die Liebe zu traditionelle Musik zu entdecken. Ja, bei mir war es auch so – ich habe einige Jahre gebraucht um die Faszination der EdO zu erforschen. Ich weiß aus eigene Erfahrung, dass es eine intensive Hören voraussetzt, um die Feinheiten der traditionelle Tangomusik zu „entdecken“.

@TwoToTango, ich bin der Meinung, dass die Aussage "wohl noch nicht so weit" für EdO gar nicht so abwertend gemeint ist. Um diese faszinierende Subkultur, die wir hier als traditionelle Tango bezeichnen, braucht man Zeit. Zeit um die Stücke ein Dutzend Mal zu hören, ein Dutzend mal sie zu vertanzen. Zeit um die Feinheiten zu entdecken und diese in Körperbewegungen umzusetzen.

Und zu Letzt möchte ich noch deine Urheberansprüche auf den Bezeichnung Tango-Taliban streitig machen. Ich werde damit seit Jahren in meine Tangoszene etikettiert und ein wenig stolz bin ich auch darüber :)

42 hat gesagt…

Vielleicht spielt auch - samt Terminologie - eine Rolle, wodurch jemand zum Tango gekommen ist (oder der Tango zu ihm/ihr), welche musikalischen Vorlieben vorherrschen. Geschah es über die Musik oder über einen Showbesuch oder über Erzählungen von Freunden / Bekannten, dass Tango so toll sein soll oder ein zufällig bei Youtube gesehenes Video u. dgl. mehr?
Bei mir war es so, dass mich mein Sohn auf ein Piazzolla-Stück, gespielt von den 12 Cellisten der Berliner Philharmoniker, aufmerksam machte, ich daraufhin begann, Tango zu seinen Wurzeln zurückzuverfolgen und dann *klick*, als ich in der Edo und früher angekommen war, eindeutig ein klares Signal aus dem Bauch empfing, dass ich das unbedingt tänzerisch ausdrücken können möchte, denn mein ganzer Körper war berührt von der Vielschichtigkeit und einer unglaublichen Energie. Alle andere Musik war für mich dann einfach nicht "richtiger" Tango, der (süchtig machende?) Energieschub blieb aus.
Andere, mit denen ich dann immer mal wieder diskutierTe, legen Wert auf einen sportlichen Charakter, wieder andere wollen das Gefühl der Umarmung und eines Schwebens, egal, welches Geräusch das untermalt, manche Geführte wollen in der Umarmung *sorry* "bespaßt" werden, andere mögen gerne etwas in ein wenig verruchten Klamotten unternehmen, oder einen Partner suchen, usw. Es gibt also ganz verschiedenartige Ansätze und meiner Ansicht nach werden die nur schwer zusammenfinden.
Wohlgemerkt, ich möchte nicht werten (die o.a. Motivationen haben die Leute selber geäußert), soll jeder tun, was ihn glücklich macht und ebenfalls despektierliche Ausdrucksweisen zu Vorlieben anderer unterlassen. Gut, wenn man weiß, was einen an einem Abend erwarten wird, dann kann jeder seine "location" finden, das erspart sogar mögliche Enttäuschung.

Christian Tobler hat gesagt…

@ Talibannette,

Teil 1: zuerst dachte ich, du machst dich über dich selbst lustig – von wegen Kabarettistin. Aber dann wurde mir klar, dass es dir damit ernst ist, weil der Schalk fehlt. Dein offener Brief ist ein Ärgernis, weil deine Aussagen sachlicher Überprüfung nicht standhalten. Und damit meine ich nicht nur das GEMA-Missverständnis.

ich werde versuche genauso fordernd zu antworten, wie du deinen offenen Brief formuliert hast. Vielleicht wird dir dann klar, wie sehr deine Stellungnahme traditionell orientierte Tänzer verärgert, da du sie auf einen viel zu simplen Nenner reduzierst.

Der Grund für die von Dir so sehr beklagten Entwicklung im deutschsprachigen Tango Argentino ist schrecklich simpel und glücklicherweise unumkehrbar. Tango Argentino lässt hierzulande – lange genug hat es ja gedauert – die Pubertät hinter sich und macht sich daran, allmählich erwachsen zu werden. Mehr ist nicht.

Christian Tobler hat gesagt…

Teil 2: Sehr schön finde ich, wie Dirk das mit der Brückenfunktion erklärt. Die unvergleichlichen Aufnahmen, die nie mehr zu toppende Kreativität der Gran Orquestas der Epoca de Oro im Tango Argentino klingt für heutige Ohren tatsächlich gewöhnungsbedürftig. Das ist nicht nur musikalisch und damit tänzerisch komplex und anspruchsvoll – es ist auch einen völlig anderer Sound, der schon seit Jahrzehnten nicht mehr Mainstream ist. Und vor Fremdem, Neuem wie Altem zucken viele Menschen erst mal zurück, weil sie dafür von Routine auf Bereicherung umschalten müssten. Dafür wäre Aufmerksamkeit und Entdeckerlust gefragt. Wer Tango Argentino lediglich als Zeitvertreib in einsam-hektischen Zeiten versteht, wird von so viel Intensität kaum begeistert sein. Denn vorgestern war vielleicht Pilates Thema, heute ist es mehr zufällig Tango Argentino und übermorgen wird vielleicht Kungfu sein – oder was auch immer. Diesen Konsumerismus hat Tango Argentino nicht verdient.

Es ist zentrale Aufgabe von Tango-Argentino-Tanzlehrern und noch viel mehr von DJs, ihren Tänzern für das Entdecken dieser musikalischen Hochkultur immer und immer wieder verschiedenste Türen zu öffnen, bis die Ohren irgendwann aufgehen und der Cent fällt. Wer musikkulturell nicht in Klassik und/oder Jazz verankert ist, muss dazu eine Schwelle überwinden. Lokale Szenen, in denen diese Mittler diesen Teil ihres Job nicht erledigen, leiden an einer Überzahl von Tänzern, welche in dieser rudimentären Vorhalle des Tango Argentino stecken bleiben und sich in wahrhaft talibaner Manier weigern, noch einen einzigen Schritt in Richtung Tango Argentino zu machen. Das ist wie wenn man sich auf die Reise nach Buenos Aires begibt, um bereits in Gibraltar auszusteigen und dann unwiderruflich zu konstatieren, man wäre bereits im Mekka des Tango Argentino angekommen.

Im deutschsprachigen Raum andere Musik-Genres an einer Milonga auflegen zu wollen zeugt von Ignoranz. Tango Argentino ist ein eigenständiges Genre und kein Vehikel für Karnevalskapriolen. Sag mal einem Salsa-DJ, er soll zur Abwechslung einen Slowfox oder Heavy Metal auflegen. Der wird dir zu Recht den Vogel zeigen. In Buneos Aires wird an manchen Milongas einzweimal am Abend eine Tanda mit anderen Genres aufglegt, weil dort genug Tänzer diese Genres tänzerisch beherrschen. In Europa ist das leider in keiner Stadt gegeben und daher ist so was hier grober Unfug. Nicht weil es irgendwelche abstrakten Regeln verletzt, sondern weil es nicht funktioniert. Wenn ein DJ eine ganze Tanda einem Genre widmet, das die Mehrzahl der Tänzer zum Sitzenbleiben zwingt, weil sie dieses Genre nicht tanzen können, sackt die Stimmung im Raum in den Keller. Aber genau das zu verhindern, gehört mit zu den Aufgaben jedes DJs.

Christian Tobler hat gesagt…

Teil 3: Tänzer die sich darauf beschränken, den splitterfasernackten Takt zu tanzen – und davon gibt es leider viele – können logischerweise nicht verstehen, warum nicht alles musikalische, das sich im Rahmen von 4/4-Takt bewegt, mit Tango-Schritten betanzt werden kann. Klar kann man das. Nur hat das nichts mit Tango Argentino zu tun. Das ist allenfalls Tango Parodia. Tango Argentino beginnt dort, wo Tänzer sich der Herausforderung stellen, Note für Note spontan zur Musik zu improvisieren anstatt Figuren abzuspulen. Ja das ist anspruchsvoll. Und ja, für die meisten Tänzer ist das eine Herausforderung für den Rest dieses Erdendahseins. Aber genau das ist Tolle an Tango Argentino.

Klar kann man zu den richtigen, sprich den tanzbaren Aufnahmen von Troilo wie Pugliese trefflich Tango Argentino tanzen – und wie. Diese Halbgötter des Genre mit einem Quark wie Tango Five im selben Satz zu nennen ist aber ein Unding. Ob jemandem Tango Five gefällt mag Geschmackssache sein und über Geschmack lässt sich bekanntlich nicht streiten. Das ändert aber nichts daran, dass Tango Five im social dance nichts verloren hat, weil da nicht für Tänzer musiziert wird. Vergiss nicht, dass Piazzolla es gehasst hat, wenn die Leute zu seiner Musik tanzen. Wie wäre es, wenn Piazzolla-Liebhaber ihrem Idol etwas mehr Respekt zollen würden. Tanzbare Tango-Argentino-Musik ist nicht cool sondern vereinnahmend.

Es ist das alte Lied, von wegen neu sei immer besser. Keine Ahnung, wer dir diesen Floh ins Ohr gesetzt hat, zumal du von dir sagst, dass du auf die Musik der 20er-Jahre stehst. Es gibt kein einziges hervorragendes modernes Tango-Orchester und noch viel weniger irgend eine grandiose moderne Tango-Entwicklung – leider. Die nachäffen alle lediglich oder verwursten – und das auch noch auf tiefem Niveau. Im Gegensatz zu Tänzern, bei denen eine erfreuliche Entwicklung stattfindet, ist bei Musikern betreffend tanzbarer Musik seit vielen Jahren Hopfen und Malz verloren. Neben Pedro Laurenzens seminalem Gran Orquesta zB –  kein anderes Orchester vermag auch nur annähernd so viel Energie in die Musik zu pumpen – wird jede aber auch wirklich jede kontemporäre Formation zum lendenlahmen Langweiler, zum inspirationslosen Stümper, zum kulturellen Ärgernis, zum milongalen Lachnummer. Dasselbe gilt in Bezug auf Modernität für de Caro. Die Liste dieser Aspekte liesse sich für verschiedenste Gran Orquestas dutzendfach erweitern.

Christian Tobler hat gesagt…

Teil 4: Alles was heutige Tango-Musiker drauf haben, ist entweder ein übler Piazzolla-Verschnitt oder eine noch schlechtere Epoca-de-Oro-Kopie. Daher fehlt jegliche Weiterentwicklung. Bei Piazzolla-Karaoke mit Instrumenten fällt vielleicht weniger auf, wenn Musiker ihr Handwerk nicht beherrschen, weil sie kaum einen Ton sauber treffen und dem Zusammenspiel im Ensembe in keiner Weise gewachsen sind. Hauptsache es klingt progressiv-depressiv-invasiv. Beim Nachspielen von Arrangements der Epoca de Oro sind diese eklatanten handwerklichen Mängel nicht mehr zu überhören. Da wird es zappenduster. Die Formationen von heute spielen möglichst expressiv, wollen sich selbst verwirklichen und im Vordergrund stehen, was mit tanzbarem Tango Argentino nicht vereinbar ist.

Es überrascht, dass jemand wir du –  die für sich in Anspruch nimmt Musikerin und Tänzerin zu sein und damit ihren Unterhalt verdient und offenslichtlich keine Eintagsfliege aus Bohlens Musikschrottimperium ist –  keinen Zugang finden soll zur künstlerischen Kongenialität der Aufnahmen der Epoca deo Oro, als die Musiker ohne wenn und aber für Tänzer musizierten und ihnen dabei pausenlos einen spannenden Dialog anboten, der auch noch Jahrzehnte danach so vielfältig ist, dass er Tänzer jedesmal von neuem auf immer wieder andere Weise zu beflügeln vermag. Dazu wird es im Tango Argentino nie eine Alternative geben. Die Gründe dahinter sind einigermassen komplex. Sie hier zu erklären würde den Rahmen sprengen.

Deine Web Site ( http://www.annette-postel.com ) belegt eine solide Ausbidung und etliche Erfolge. Also muss du doch nach wenigen Sekunden hören, dass zB Javier di Ciriaco von Sex Mil beim Singen wie ein Anfänger presst und damit seine Stimme blockiert anstatt es flissen zu lassen. Dann musst Du doch sehen, dass einem Tänzer, der tatsächlich zur Musik improvisiert zB nach spätestens 30 Sekunden nichts mehr einfallen kann zu den todlangweiligen, computergenerierten Loops von Gotan Project. Otros Aires zB mag ganz lustig sein, um sein Auto mit 260km/h über eine nächtliche Autobahn zu jagen, falls man auf so was steht. Aber an einer Milonga ist Otros Aires ein kolossaler Langweiler, sobald man tatsächlich zur Musik tanzt anstatt diese auszublenden, damit man ungestört von der Musik irgendwelche Moves aus sieben Dutzend Schritten absolvieren kann. Für Moves braucht es keine Musik. Dafür reicht ein Metronom, bei dem gelegentlich jemand das Gewicht verschiebt.

Christian Tobler hat gesagt…

Teil 5: Mir ist schon klar, dass die Gran Orquestas der Epoca de Oro an zu vielen Milongas kaum besser klingen als eine räudige Katze, der ein notorischer Tierquäler pausenlos auf den wundgescheuerten Schwanz tritt. Diese weit verbreiteteten Defizite kann man aber nicht den Könnern von damals anlasten, weder den Kreativen noch den Technikern. Die Verantwortung dafür tragen einzig und allein Milonga-Veranstalter und DJs von heute. Bemerkung am Rand: In Eckerförde kürzlich, war genau das für einmal nicht der Fall und das war toll – herzlichen Dank an Sylvia und Jürgen. Endlich gibt es nicht mehr nur einzelne Milongas mit Epoca de Oro pur und dafür angemessene Klangqualität, sondern auch internationale Encuentros.

Das ist alles keine Hexerei sondern lediglich banales Handwerk. Falls Du neugierig genug bist zu risikieren, dass zumindest dieser Teil deiner Vorurteile akustisch pulverisisert wird, kann ich dir einen Abstecher nach Zürich anbieten, für eine Hör-Session bei Argentango daheim. So was dauert mindestens zwei Tage. Und du wärst lediglich eine von vielen in einer langen Reihe. Neugierig? Hier in diesem Blog kannst Du nachlesen, was andere dabei entdeckt haben: http://tangoplauderei.blogspot.ch/2011/01/ein-besuch-bei-monika-diaz-und.html

Schade, dass die TangoDanza der Ausgewogenheit halber auf Seite 78, also unmittelbar neben deinem offenen Brief keinen zweiten veröffentlich hat –  Titel: Stoppt die Tango-Dilettanten! Untertitel: Ein Appell für mehr inhaltliche und klangliche Qualität der Musik an Milongas und weniger Beliebigkeit. Lead: Als Tänzer...

herzlich – Christian

Anonym hat gesagt…

Cassiel der Ober-Fascho im Tango hat wieder mal geschrieben und die Speichellecker folgen ihm wie Lemminge.

Merke: "Tradition ist nicht die Anbetung der Asche, sondern die Weitergabe des Feuers."
(Gustav Mahler, 1860-1911)

bird hat gesagt…

Hi Anonym,


wen siehst du der die Fackel ins hier und jetzt weiterreicht ?
Wäre spannend eine fundierte Aussage, deinerseits hier zu lesen.

Christian Tobler hat gesagt…

@ anonymen Fascho-Fachmann,

das mit dem zitieren ist so eine Sache. Auch so was will gekonnt sein. Von diesem Bonmot sind im Verlauf der Jahrhunderte rund ein Dutzend Versionen überliefert worden. Das ursprüngliche Zitat stammt aber nicht vom österreichischen Komponisten Gustav Mahler sondern vom englischen Humanisten Thomas Morus, den sein König köpfen liess und den die katholische Kirche später heilig gesprochen hat. Es ist daher rund 500 Jahre alt und lautet: "Tradition ist nicht das Halten der Asche, sondern das Weitergeben der Flamme." Damit ist die Bedeutung und der Kontext ein völlig anderer als von dir kolportiert. Es ging Morus um Philosophie, Religon, Politik – aber egal.

All den Tango-Argentino-Liebhabern, die sich darum bemühen, die Grossartigkeit, das Feuer, die Perfektion der Gran Orquestas der Epoca de Oro weiter zu reichen, geht es tatsächlich einzig und allein darum: das Weitergeben der Flamme. Warum? Weil man eine Flamme nur von dort weiterreichen kann, wo tatsächlich ein Feuer gelodert hat. Mit dem Coup d'Etat im Jahr 1955 wurde Tango Argentino als tanzbare Musikform in Argentinien der Boden unter den Füssen entzogen. In der einen oder anderen Form hat Tango Argentino während den darauf folgenden 30 Jahren weiter existiert. Aber verglichen mit der Blütezeit der goldenen 40er-Jahre war das tatsächlich nur noch Asche, leider.

Erst danach entstand das Revial des Tango Argentino. Das wäre ohne die verbliebene Untergrundkultur des Tango Argentino zwischen 1955 und 83 zwar kaum möglich gewesen. Aber seine eigentliche Inspiration fand dieses Revival logischerweise in der Blütezeit vor 1955. Oder kennst Du eine einzige Milonga die sich strikt auf Musik aus dieser dunklen Epoche des Tango Argentino beschränkt, weil hier die wahre Flamme des Tango Argentino zu finden sei? Danke, dass Du die Leser hier so unmissverständlich darauf aufmerksam gemacht hast, was Sache ist.

herzlich - Christian

Käthe hat gesagt…

Kann mir mal jemand erklären, warum immer nur die Menschen die traditionellen Milongas kritisieren, die NonNeoWasauchimmer tanzen/hören? Ich habe es noch nie erlebt, dass ein Traditionalist (auch Ewiggestriger genannt) in eine NuevoMilonga geht und sich dort beschwert. Warum lassen mir (ich gehöre nämlich auch zu diesen rigiden, merkwürdigen Menschen) diese Leute nicht mein Tangoparadies? Ich lass denen doch auch ihres....

Köthe hat gesagt…

Und wenn ich das schon höre: Es wird dafür plädiert, dass man tangotanzbare Musik aushalten sollte... Mensch, das ist doch meine Freizeit. Aushalten muss ich bei der Arbeit schon genug...

Käthe hat gesagt…

Und warum sind immer so viele gegen Regeln? So funktioniert doch generell gesellschaftliches Leben. Diese Regeln sorgen tatsächlich auf der Milonga für mehr Spaß. Kein normaler Mensch ärgert sich darüber, dass er in der Stadt 50 km/h fahren muss oder dass man sich in einer Schlange hinten anstellt oder dass man etwas bezahlen muss, wenn man es haben möchte. Oder, oder, oder... Regeln erleichtern das Leben in der Gesellschaft mit anderen Individuen und machen es sicherer. Milongaregeln tun dies genauso und garantieren zusätzlich einen phantastischen Abend - wie man beim Viento Norte gesehen hat.

Käthe hat gesagt…

Den Ewiggestrigen wurde ja schon viel an den Kopf geworfen, aber
Speichelleckende Lemminge
Das bietet uns doch mal eine vollkommen neue Perspektive, oder?
Ich weiß schon, warum ich nicht so gern mit solchen Leuten die Milonga/meine Freizeit teile!

Anonym hat gesagt…

Es wurde von einigen beobachtet, dass du Cassiel und Christian Tobler bei Viento Norte sehr wenig getanzt habt. An eurer Liebe zu traditioneller Musik zweifele ich ueberhaupt nicht und frage aus Interes nach: was bewegt euch eigentlich zum tanzen? Warum tanzt ihr so wenig, wenn die Musik euch angeblich gefaellt? Oder tanzt ihr grundsaetzlich wenig?

mittelalt hat gesagt…

Leute, die Ära des Fraktionendenkens ist doch längst vorbei. Aber wenn Sprache eine Wirkung hat, dann herzlichen Glückwunsch Annette für deinen Beitrag, wenige Worte zeigen eine große (sprachliche) Reaktion, deine Worte haben getroffen.
@Käthe Ich habe auch noch nie "Neo-Tänzer" erlebt, die sich auf einer traditionellen Milonga beschweren. Eher fahren sie 100km (und mehr), um auf einer schönen Milonga zu sein. Andere fahren ebenso weit, um zu schöner klassischen Tangomusik zu tanzen. Richtig ärgerlich wird es, wenn einer, der sich als "klassischer" Tango-DJ hinstellt, plötzlich Pugliese aus den 70ern spielt und ernsthaft überzeugt ist, dass das klassisch ist. Die übliche klassische Milonga (damit meine ich nicht die Encuentro-events) erlebe ich als lieblos und langweilig und leider beschwert sich niemand, sondern ist dankbar, dass das Ohr nicht mit schrägne Klängen malträtiert wurde. Entsprechend auch der Tanzstil, v.a bei Führenden. Bei ausgewiesenen "Neo-Veranstaltungen" erlebe ich fast nur gute Tänzer, die wissen, was sie tun. In einer Ankündigung neulich stand so schön "wir brauchen keine Tanzregeln, denn hier sind die Tänzer alle erwachsen genug, um aufeinander Rücksicht zu nehmen" (So war es dann auch).
@anonym, das gleiche habe ich bei einer anderen Veranstaltung auch schon beobachtet, eine der wenigen Tänzerinnen konnte das auch klar benennen (was ich nicht zitiere, aber sinngemäß: Er hat noch einen langen Weg vor sich) Die Kompetenz der beiden Herren ist das Schreiben. Das gelingt ihnen wirklich, und ich bin für viele fachlich guten oder provokative Beiträge dankbar. Das Problem dabei ist, sie schreiben aus der Perspektive des Schreibers und nicht eines erfahrenen Tänzers, erwecken aber den Eindruck als ob. Ich selbst lese viele Beiträge, v.a. die meinungsausdrückenden als "Etappen bei der Entdeckung des Tango". Die Autoren machen ihre eigene Entwicklung transparent und können Kleinigkeiten sehr schön ausdifferenzieren vertiefen und manchmal auch absolutieren. Soweit dazu.
Nun aber frohe Ostern!
Höre, umarme und tanze!

Käthe hat gesagt…

@ Mittelalt
Komisch - ich erlebe es ständig, dass sich Nuevotänzer über klassische Milongas beschweren. Und das nicht nur im Netz...

Unknown hat gesagt…

@mittelalt
ich bin der Meinung, dass du dich in deine Aussagen bezüglich Cassiel und Cristian Tobler, ich kenne beide sehr gut, gewaltig tuschst. Ich kenne auch kein einziges Diskussion in diese Blog, die als Thema die tänzerische Fähigkeiten der beiden Herren hatte. Um meine Aussagen auf deine Art zu bekräftigen, muss ich gestehen, dass ich auf Viento Norte fast keine Tanda ausgelassen habe :)

meuma hat gesagt…

Vorhab: Bevor ich zum Tangohören und -tanzen kam, habe ich erstmal 25 Jahre Klassik und Jazz gehört. Das mit den Standardtänzen in der Tanzschule habe ich übersprungen, weil ich das substanzlose Gedudel, zu dem man dort tanzte, nicht ertragen konnte.

Dann hörte ich Tanghetto, Otros Aires und Gotan Projekt. Interessante Sache, dachte ich, so ne Vermischung von Popmusik und Tango, so etwa wie Fusion Jazz. Aber auch dieses Genre krankte daran, oft angestrengt zu klingen und nach der ersten Überraschung des ungewohnten Klangerlebnisses nicht mehr viel zu bieten zu haben.

Das eigentliche Aha-Erlebnis kam mit dem Hören einer geballten Ladung von Tangos aus der EdO. Dieser Musik hört man ganz deutlich an, dass sie in zahllosen Tanznächten und Probenachmittagen geschliffen wurde, um diesen Grad an Perfektion überhaupt zu erreichen. Die Orquestas Tipicas der damaligen Zeit lagen in permanentem Wettstreit miteinander um die Gunst des Tanzpublikums, ähnlich wie zur gleichen Zeit die Bigbands in New York.

Ich habe bisher kein neuzeitliches Tangoorchester kennengelernt, das in der Intensität der Interpretation auch nur annähernd an die alten Aufnahmen herankommt. Hauptursache ist dabei wohl, dass eben dieser äußere Druck fehlt, durch Qualität und ständige Präsenz Tanzpublikum an sich zu binden, die Nachfrage (bei Festivals) ist halt größer als das Angebot. Die Auftrittsfrequenz dieser Orchester ist doch eher niedrig, vielleicht einmal alle zwei Wochen, und meistens haben die Musiker noch Verpflichtungen in Klassikformationen, was ihre Spieltechnik hörbar verändert.

In der aktuell laufenden Diskussion lese ich u.a. heraus, dass sich manche Leute vielleicht einen einfacher konsumierbaren Tango wünschen. Das würde vielleicht zu unserer Fastfood-Kultur passen, hat aber mit der ursprünglichen Intention des Tango nichts mehr zu tun. Dieser ist vielschichtig und kompliziert und ein bisschen mehr als nur "eins, zwei, Wiegeschritt". Es ist die eigentliche Faszination des Tango, in sich eine ganze Welt zu sein, mit einer Geschichte, einem Emotionsspektrum und einem Regelwerk.

Sich in dieser Tradition zu bewegen, ist in meinen Augen nicht etwa reaktionär, sondern erfordert immense Mengen an Neugier und Aufnahmefähigkeit. Der traditionelle Tango ist weit entfernt davon, tot und verstaubt zu sein. Diese Tradition mit Neuem befruchten zu wollen, ist auch nicht gleich mit 'Innovation' gleichzusetzen. Klar ist es mal ganz nett, in einem Versuch ein paar dieser Regeln aufzubrechen und eine Weiterentwicklung zu versuchen; Aber leider ist IMHO bisher noch nicht viel dabei herausgekommen. Z.B. habe ich in einigen Workshops "Tango & Kontaktimprovisation" zwar interessante Erfahrungen zu Bewegungsdynamik und Körpergefühl machen dürfen, fühlte mich aber trozdem irgendwie blöd dabei, gleich die Regeln von etwas in Frage zu stellen, ohne es vorher adäquat zu beherrschen. Etwa so als würde man die erste Stunde des Grundkurses Spanisch gleich mit "Kreativem Schreiben" kombinieren wollen.

Nur meine Meinung. Denkt halt was anderes, wenn ihr wollt.

Unknown hat gesagt…

@meuma: "...Nur meine Meinung. Denkt halt was anderes, wenn ihr wollt." - nein, ich denke genau so, Danke!

bird hat gesagt…

@meuma,

ich ebenso und herzlichen Dank für deine gute Beschreibung dessen, wo der Unterschied liegt.
Fülle halt .... fast möchte ich sagen für ein Leben kaum ausschöpfbar.
Ähnlich wie bei großen Klassikern, ob nun musischer Art oder mehr literarisch ... bleiben einfach immer gut.

federleicht hat gesagt…

Auch bei mir ist zwischenzeitlich die Tangodanza angekommen und kopfschüttelnd habe ich den offenen Brief von Annette Postel gelesen. Es ist wohl ein gewaltiger Ausrutscher und der Versuch, den Tango für eine Europäerin fassbar zu machen - vielleicht spielt auch die Angst mit, der traditionellen Tangomusik nicht gewachsen zu sein. Der Artikel ist in meinen Augen eine Katastrophe, reiht sich aber nahtlos in die längere Reihe "komischer" Artikel in der Tangodanza ein.

In einem Kommentar wurde es ja schon angesprochen. Wenn man so eine Polemik als Fachillustrierte veröffentlicht, dann hätte wenigstens ein Pro-trad.-Tango-Text diesem Artikel gegenüber gestellt werden müssen. Es ist mir unbegreiflich, wie das in der Redaktion der Tangodanza übersehen werden konnte.

Der Rest der Ausgabe ist schnell quergelesen. Ein Interview mit Michael Lavoccah, welches brav auf dem üblichen Niveau der Tangodanza dahinplätschert. Eine Zweitverwertung eines Artikels von Melina Sedo angereichert mit Fotos, die mir persönlich nicht gefallen. Die obligatorischen Beiträge von Ute Neumeier aus Buenos Aires und ein überflüssiger Werbebericht über Tangomode. Die Beitrag über den Bandoneonstimmer war vergleichsweise informativ. Das Protrait von Rodrigo auch (es gab ja hier in diesem Blogg schon ein Interview mit ihm). Dazu die üblichen CD-Kritiken - immerhin dieses Mal eine CD mit Titeln der EDO.

Warum schaffe ich es nicht, endlich das Abonement zu kündigen? Ist es Bequemlichkeit? Oder ist es die mikroskopisch kleine Hoffnung, daß die Tangodanza endlich wieder inhaltlich solider wird. Ich "leide" und hoffe Jahr um Jahr und Ausgabe um Ausgabe. Mittlerweile hole ich mir die spannenden Themen und Anregungen hier in diesem Blogg und in meinem Tango-Bekanntenkreis ist es ähnlich. (Im Gegensatz zu dem anonymen Schreiber oben, der behauptet Cassiel sei ein Tanguero und tanze - ähnlich wie Christian Tobler - zu wenig, gehe ich mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit davon aus, dass Cassiel im echten Leben eine Frau ist. Der Stil und die dialogorientierte Art sind verräterische Anzeichen.)

Was wird sich ändern? Ich befürchte: Gar nichts, es wird weiterhin von Menschen, die vom Tango leben wollen, der Versuch unternommen werden, den Tango gemäß der eigenen Vorlieben "hinzubiegen". Die Tangodanza wird sich nicht ändern. Sie hätte spätestens vor drei Jahren die Chance dazu gehabt. Und ich werde sie vermutlich weiterhin im Abonement behalten. Immerhin habe ich mein anonymes Schweigen überwunden. Vielleicht ist das ein erster kleiner Schritt.

Cassiel, lass Dich nicht entmutigen von den teilweise unverschämten Kommentaren, mach doch bitte weiter. Ich sehe dieses Blogg als eine Quelle der Inspiration. Ich weiß nicht, wie viele Menschen hier lesen, aber ich denke Du bietest allen, die den wirklichen Tango suchen, eine Anlaufstelle und Anregungen für den weiteren Weg.

Anonym hat gesagt…

Zur Klaerung: ich finde nicht, dass Cassiel, Christian (oder sonst jemand) "zu wenig" tanzt. Wenig oder viel zu tanzen ist jedermanns Recht. Es interessiert mich einfach wirklich, warum die beiden so spaerlich tanzen. Es wird so viel hier davon gesprochen, wie eine Milonga sein sollte, was fuer Musik am besten gespielt werden sollte, wie man Cabeceo handhabt, usw (Themen bei denen ich 100%ig mit Cassiel in Uebereinstimmung bin). Aber zur eigentlichen Tanzerfahrung verliert Cassiel kein Wort. Und bei einem Encuentro, wovon er berichtet, es haette ihm sehr gefallen, hat trotz Begleitung seiner Freundin sehr wenig getanzt. Ich moechte aus reinem Interes und weil Cassiels Schreibstil mir so sehr gefaellt und viele seine Themen so interessant sind, dazu mehr hoeren -- zum tanzen. Es geht mir nicht darum, ob er 'gut' oder 'schlecht' tanzt. Das ist mir wirklich wurst. Aber wie erlebt er die eigentliche Tanzerfahrung?

cassiel hat gesagt…

Es gibt gerade ein kleines SPAM-Problem. Heute Nachmittag waren es türkische Brustvergrößerungen, jetzt sind es Link-Farmen aus Dubai. Leider musste ich vorübergehend die Kommentarmoderation aktivieren.

Sorry C.

Anonym hat gesagt…

Frau Postel,
Sie haben in der Tangodanza einen provozierenden offenen Brief geschrieben. Offene Briefe schreibt man, damit ein Thema diskutiert wird. Hier findet diese Diskussion jetzt statt. Sie ist spannend und interessant. Warum beteiligen Sie sich nicht? Fehlt Ihnen der Mut dafür? Oder sind Sie sich zu gut für die Diskussion? Jetzt kommen Sie mal zu Potte!
Hugo

KlausPP hat gesagt…

Liebes Anonym, ich lerne mit der Zeit, dass es doch sehr unterschiedliche Disziplinen im Tango gibt.
Wider meiner eigenen Erwartung sind da nicht nur Tänzer.

Es gibt auch Musikliebhaber, Musikkenner, Musikbessene, DJs, Lehrer, Veranstaltungsorganisatoren, Showtänzer, Studiobetreiber, Journalisten, Blogger, Kommentatoren, Techniker, Forscher, usw.

Und Du möchtest jetzt von Cassiel (und wohl auch von Christian) wissen, wie er das Tanzen empfindet.

Cassiel schreibt hier über Musik, Tanzregeln, Festivals, führt Interviews und vieles mehr. Er fühlt sich, wenn ich das richtig verstehe, doch eher für Tangopolitik und nicht so für Tangoemotionalität zuständig.

Christian ist da mehr DJ, Equipmentspezialist und Forscher und was weiß ich noch.

Beide behaupten nicht voneinander, dass sie begnadete Tänzer sind. Cassiel hat dazu und auch von seinem Tanzen schon mal irgendwo geschrieben (ich sitze aber in der Bahn und die Netzverbindung ist grottenschlecht, so dass ich das jetzt nicht finde).

Ich bin der Meinung, dass sich Cassiel sowieso ständig mit seiner Meinung weit aus dem Fenster hängt und viele Risiken ein- und selten einem Streit aus dem Wege geht. Aber das sind meist (tango)politische Themen derer er sich annimmt.

Das eigenen Tanzen ist doch aber etwas ganz anderes, etwas mit dem man nicht so einfach an die Öffentlichkeit geht, dass man nicht so einfach rausbloggt.

Das eigene Tanzen zu beschreiben würde ich als sehr intim empfinden.

Anonym hat gesagt…

KlausPP

Danke! Was du schreibst macht viel Sinn.

Christian Tobler hat gesagt…

@ anonym 1. April 05:23 + 2. April 17:14,

Deine Frage ist schnell beantwortet und Antwort fast schon banal. Da du zweimal gefragt hast, will ich trotzdem versuchen zu antworten. Menschen sind verschieden. Man muss kein Vielfrass sein, um auf seine Kosten kommen –  finde ich. Damit will ich aber nichts gegen tänzerische Vielfrasse gesagt haben.

Ich tanze eigentlich immer – vorausgesetzt an einer Milonga fallen mehrere Aspekte auf stimmige Weise an ihren Platz: der DJ macht einen rundum guten Job – die Musik inspiriert und beflügelt mich – ich finde für die Tanda eine passende Tänzerin. Wenn eine oder mehrere dieser Voraussetzungen nicht ständig gegeben sind, tanze ich gezwungenermassen nicht ständig. Und in Bezug auf die aufgelegte Musik bin ich tatsächlich ziemlich wählerisch. Falsch aufgebaute Tandas und ein disharmonischer Spannungsbogen sind sind für mich Killerfaktoren, die mir die Lust am Tanzen verderben. Wenn ein DJ damit lange genug Dummheiten anstellt, bin ich unter Umständen so wenig in Stimmung, dass auch drei tolle Tandas hintereinander den Abend nicht mehr retten können.

Ausserdem sind Milongas für mich auch sozialer Anlass, wo Tanzen lediglich einer von mehreren Aspekten ist. Dort führe ich auch gerne Gespräche mit anderen Menschen, macht es mir auch Spass für eine Weile nur zu beobachten was sich im Raum tut. Und wenn man an einer Milonga auch was Feines essen kann, dann schätze ich das ungemein.

Gegen das an Encuentros bei manchen Tänzern verbreitete Trophäen-Syndrom bin ich dagegen völlig immun. Ich muss nie unbedingt noch mit dieser und jener Tänzerin tanzen, damit ich die Milonga als Erfolg abbuchen kann. Bei über 20h Milonga an drei Tagen kommt bei mir zudem irgendwann der Moment, an dem ich für eine Weile müde bin –  egal ob im Kopf oder in den Knochen. Auch dann lasse ich das Tanzen sein. Wie gesagt, die Menschen sind verschieden.

Zur eigentlichen Tanzerfahrung, die für mich in jeder Tanda und mit jeder Tänzerin eine andere ist, werde ich vermutlich nie etwas schreiben, weil ich diese Komponente, welche ich so weit wie irgend möglich von bewusst agierenden Hinwindungen fern halte, nicht zum Thema eines intellektuellen Austausches machen will. Das läuft sicher nicht nur bei mir auf einer ganz anderen Ebene ab und das musste ich mir erarbeiten. Daher will ich das Erlebte keinesfalls zerreden. Denn damit würde ein Teil meiner Erinnerung daran mindern. Warum sollte ich mir das antun?

herzlich – Christian

Austin hat gesagt…
Dieser Kommentar wurde vom Autor entfernt.
Austin hat gesagt…
Dieser Kommentar wurde vom Autor entfernt.
Don Xello hat gesagt…

Ich hab diesen Brief vor längerer Zeit schon per mail bekommen, und auf diese Fassung bezog sich diese Antwort, die ich dem blog nicht vorenthalten werde. Dies zur Klarstellung meiner Kritik an der Ortographie der Autorin bezüglich der Schreibweise der Orchester. Offenbar war ein guter Lektor in der Tangodanza am Werk!

***

Dieser Brief kursiert schon seit längerem im Netz.

Zunächst einmal unterliegt die Autorin selbst auferlegten Vorurteilen, die offenbar nicht so durchgedacht wurden, dass sie zum Urteil werden.
Sondern sie bleiben ein Vorurteil.
Und das müssen sie auch, weil die Autorin keine Ahnung von Tango hat. Ich hoffe sie leidet nicht an Dyslexie, aber in einem offenen Brief fast jedes angeführte Orchester falsch zu schreiben ist entweder eine Provokation oder eine temporäre cerebrale Insuffizienz.
Liebe Frau Postel, wir schreiben Sexteto und nicht Sextetto (hat auch mit Sex nichts zu tun, nur zur Anmerkung, da Sie keine Musikerin sind), es ist Troilo nicht Toilo, Piazzolla nicht Piazolla und das Gotanprojekt nennt sich selbst gerne Gotan Project (Gotan übrigens die Silben von Tango vertauscht, aber ich will nicht angeben).

Wie naiv muss man sein, um die GEMA (bei uns AKM) als Begründung zu nennen, dass keine moderne Musik gespielt wird.
Es gibt übrigens in Summe um die 200 Tangos, die tatsächlich GEMA befreit sind, der Rest unterliegt ganz normal den Gebühren.
Die Angst der Tanzenden? TJs spielen keine moderne Musik, weil sie die Angst der Tanzenden falsch darauf zu tanzen fürchten? Mir fällt nichts ein darauf, so absurd ist das.

Es ist leichter für traditionelle TJs? Frau Postel, ich weiß nicht, mit wem sie gesprochen haben, aber ich vermute, der Herr oder die Dame schreibt Troilo auch nicht richtig.

Fakten:
1. Es gibt keine jüngere Szene als auf Milongas wo versierte TJs, traditionelle Musik spielen, sowohl in Buenos Aires, als auch in Europa (es gibt ein Nord-Süd-Gefälle was das Alter betrifft, unabhängig von der Musik).
2. Die Crossoverszene in Wien stellt bis auf ganz wenige Ausnahmen die am wenigsten begabten Tanzenden (keine Achse, keine Eleganz, wenig Gefühl - sie tapsen eher alle, v.a. die Männer)
3. Moderne Tangos sind eintönig zum Tanzen, komplexe Tangos sind mühsam zum Tanzen.
4. Niemand, der sich intensiv mit der Tangomusik von 1926 bis ca 1958 beschäftigt, ist der Meinung, dass moderner Tango so gut ist, dass er gleichberechtigt neben den traditionellen Tangos gespielt werden sollte.

Mein Resumée
Es scheint so zu sein, dass der Antrieb, der Appell der Autorin vorwiegend aus der Oppositionsenergie gegen den traditionellen Tango, den sie nicht kennt, gespeist wird. Populistische, einfache Worte von verstaubt, ausgestopft bis hin zu Taliban werden bemüht. Das funktioniert woanders auch sehr gut. Es gibt nichts Bedrohlicheres als den Ausländer, den man nicht sieht.
Wir kennen das auch aus Wien aus der Crossoverszene, die sich aus künstlerischer Sicht Gardel sei Dank nicht durchgesetzt hat. Vielmehr gibt es in Wien ausgezeichnete traditionelle TJs, die sich definitiv qua ihrer höheren Tangokompetenz durchgesetzt haben. Und das wird geschätzt.
Es dürften hier soviele persönliche Herausforderungen der Autorin in ihrem Leben mit hineinspielen, dass es schon mitleidserregend ist.
Der Aufruf "nicht stehen zu bleiben", "sich nicht erpressen zu lassen", die flehentlichen Rufe. Sorry, da gehts nicht mehr um Tangomusik.

Und liebe Flehende, seien sie versichert, die Leute stimmen immer mit den Füßen ab, das ist wie in der Demokratie, in Summe kriegt das Volk immer, was es verdient.

Don Xello
Obertaliban und Gott-sei-bei-uns der anderen.

Austin hat gesagt…

Mir ist Frau Postels Anliegen nicht klar. Sollen traditionelle Milongas künftig weniger strikt traditionell sein, damit Frau Postel und ihre Gleichgesinnten sich dort wohler fühlen? Oder sollen die Besucher von Traditionsmilongas (zwangsweise) erleben dürfen, dass es auch gute Neo-Tangos gibt?

Ich glaube nicht an solche Bekehrungsversuche, denn sie gehen davon aus, dass die Besucher einer Traditionsmilonga nicht wissen, was es sonst noch an Tangos gibt und dass man ihnen etwas zeigen muss, was sie nicht kennen. Das ist aber vermutlich falsch. Z.B. weiß ein Besucher von Theresas Milonga in München vermutlich genau, was Otros Aires ist, aber er/sie will Otros Aires generell nicht hören, oder zumindest an diesem Abend nicht. Welchen Sinn sollte es denn haben, einem Besucher einer Milonga das nicht zu geben, weswegen er gekommen ist?

Unterm Strich ist es für die Vielfalt der Tangosszene doch viel besser, wenn es traditionelle Milongas, alternative Milongas und noch ein paar Stufen dazwischen gibt. Das ist besser, als wenn sich alle auf einen Mix verständigt haben.

Und zur Wortwahl: klar ist es schmissig, irgendwen als Taliban zu bezeichnen. Aber leider finden das nur die Gleichgesinnten cool. Die, die man zu überzeugen hofft, gewinnt man nicht, indem man sie zur Begrüßung beschimpft.

TJoerg hat gesagt…

So schlimm die Art und Weise der Autorin auch ist, man kann es den Leuten mitunter nicht verübeln.
Wenn man nicht über die Musik zum Tango kommt, dann hört man diese vermutlich das erste mal auf einer Milonga. Mir (nunmehr bekennender T-Taliban) erging es so wie vielen Anderen auch: "Das Geschrammel klingt doch alles gleich" Woran liegt denn das? Feine Nuancen der Musik sind schlichtweg nicht hörbar. Ursachen hierfür:
- billiges oder falsch eingestelltes Equipment
- DJ hat schlechte Quellen oder regelt den Klang nicht, Bzw. falsch nach.
-Die Lautsprecher sind falsch platziert, so dass die Gäste gezwungen sind, bei Gesprächen die Musik übertönen zu müssen.
-Die Stücke haben mitunter einen derart hohen Dynamikumfang, dass die Musik manchen Leuten in den Spitzen zu laut ist, bei geringerer Lautstärker die leiseren Töne wegen Gesprächen, Schleifgeräuschen... nicht mehr wahrgenommen werden können.
Ein guter Dj ist hiermit oft im Konflikt...
Wer die Musik auch zu Hause hört, ist hier deutlich im Vorteil, da er auf Milonga die fehlenden Musikanteile aus dem Gedächtnis ergänzen kann.
Das ist in meinen Augen auch eine der Ursachen, warum oft immer wieder die selben Stücke laufen. Auch dies führt wiederum bei Einigen zum Frust gegen traditionelle Stücke.
Sie wollen einfach mal was "neues" hören!
("neues" darf auch "altes" sein ;))

Anonym hat gesagt…

Tangodanza,
der offen Brief von Frau Postel kursiert schon länger im Internet. Damit macht Ihr die Tangodanza zum Zweitverwertungskanal! Warum werden solche Artikel nicht gekennzeichnet? So viel Ehrlichkeit darf man als Abonnent erwarten. Der Preis für so ein Heft muss natürlich gesenkt werden. Warum sollen Leser für Inhalte zahlen, die es im Internet kostenlos gibt? Dann macht Euch mal an die Arbeit, Redaktion. Journalismus ist etwas anderes!
Hugo

Anonym hat gesagt…

Es wurde hier öfters behauptet, dass die meisten Tänzer mit zunehmender Erfahrung ihre Vorliebe zum klassischen Tango verstärken bis dahin, dass sie anderes (non- und neo- und sonstiges Zeug) nicht mehr ertragen können.
Das stimmt leider nicht absolut. Wenn es auch m.E. in über 50% der Fälle so ist, müssen auch noch andere Faktoren dazu kommen, wie Reisetätigkeit, Neugier etc. damit diese Entwicklung eintritt.
In der Stadt, aus der Frau Postel kommt, wird seit 20 Jahren chaotische Musik auf den Milongas gespielt. Die Leute sind damit sozialisiert und wollen nichts anderes. Wenn man Hijo de la Luna und Tango tis Nefelis tausend mal gehört hat, findet man das irgendwann auch toll und vermisst es, wenn so komplizierte Musik wie D'Arienzo und d'Agostino kommt ..
Manche der dortigen DJs versuchen sich auch in anderen Städten und preisen sich als "traditionell" an. Spätestens nach der zweiten Sexteto M. Tanda fangen die Tänzer an sich zu beschweren und nach der 2. non- Tanda auch der Veranstalter. Die armen DJ verstehen überhaupt nicht was los ist. Sie erzählen dann zu Hause dass sie von Tango-Talibans unter Druck gesetzt wurden..
(Polemik war doch das Thema? ;-)

Anonym hat gesagt…

Also - mit Verlaub - wenn ein DJ seine Dienste überregional anbietet, dann darf man von ihm erwarten, dass er weiß, wie eine traditionelle Milonga aufgebaut ist und dass z.B. Sexteto Milonguero nicht dazu gehört.

Wenn also die Szene, aus der Annette Postel kommt, ewig die gleichen Non-Tangos spielt, dann sollte das nicht als der Maßstab für den Tango Argentino im deutschsprachigen Raum betrachtet werden und vielleicht sollte Annette Postel etwas reflektierter über Musik schreiben, schließlich ist sie selbst Musikerin.

Anonym hat gesagt…

@Don Xello

Ich würde mich bei zukünftigen Antworten dieser Art über Quellenangaben am Ende einer Antwort freuen. Vielen Dank für die künftige Arbeit! Wozu ich gerne handfeste Quellen hätte:

- Dieser Brief kursiert schon seit längerem im Netz.

- Es gibt übrigens in Summe um die 200 Tangos, die tatsächlich GEMA befreit sind, der Rest unterliegt ganz normal den Gebühren.

- Fakten

Auch wenn ich Deinen Unmut gut nachempfinden kann, sollte für eine fundierte Diskussion besonders geschrieben werden.

cassiel hat gesagt…

Darf ich an dieser Stelle noch einmal meine periodisch vorgetragene Bitte wiederholen? Jede Kommentatorin und jeder Kommentator ist herzlichst gebeten unter einem frei wählbaren Pseudonym (oder unter dem entsprechenden Google-Account) zu schreiben. Das macht die Diskussion lesbarer.

Vielen Dank!

... und @letzter Anonym:

Ein gutes Verzeichnis GEMA-freier Titel findet sich z.B. hier. In der Milonga möchte ich aber nicht auf diese Auswahl reduziert werden.

TwoToTango hat gesagt…

@Swetoslaw Beltschew
Offenbar habe ich (im Nachgang zum Vortrag von Christian Tobler und Monika Diaz in Biel) vermeintlich einen Begriff erfunden, der aus anderer Quelle bereits durch die Tangowelt geisterte. Und ich habe ja erklärt, wie ich ihn verstanden wissen möchte.
Wobei ich mittlerweile meine, verstanden zu haben, dass er aus diesen anderen Quellen durchaus abwertend gemeint ist. Somit werde ich ihn nicht mehr verwenden.

Käthe hat gesagt…

@ TwoToTango,
wie kann man glauben, dass das Wort Taliban nicht abwertend gemeint sein könnte. Müssen wir tatsächlich darüber aufklären, was ein Taliban ist? Ich kann es nicht fassen....

Aurora hat gesagt…

Meinetwegen können Liebhaber von Non-Tango etc. weiterhin darauf Tango tanzen, sogar auf Rock´n´Roll wie von Annette Postel in ihren offenen Brief gefordert.
Ich persönlich tanze zu Rock´n´Roll lieber Rock´n´Roll und Tango lieber zu Tango. Passt nach meinem Empfinden einfach besser zueinander.

Ich persönlich bin nach Jahren, dank intensiven Kontakt zur traditionellen Tangomusik in den Milongas von Buenos Aires, dem "Hijos de la Luna" überdrüssig geworden. Sicher ist dies nicht zwingend der Verallgemeinerung fähig. Aber über den eigenen Tellerrand zu blicken, erweitert nach meiner Erfahrung stets den Horizont.
Solange die Bezeichnung der Milongas verlässlich ist, können traditionelle Milongas und Neo-Milongas aus meiner Sicht ohne weiteres nebeneinander existieren. In meiner Tango-Umgebung gibt es genügend traditionelle Milongas neben Neo-Milongas. Mit einer Kalaschnikow überzeugen müsste ich hierfür noch niemanden. Auch eine enge Umarmung wurde mir eher aufgrund eines Lächelns zu teil.

Keines der Argumente von Annette P. mag auch nur ansatzweise überzeugen. Der gesamte Brief ist auf Polemik aus. Und spricht inhaltlich weder für die Autorin, noch für das Blatt welches ihn veröffentlicht.

Auch wie gern bin ich ein "Tango-Taliban" - und hab auch ein ganzes Netzwerk zu anderen Tango-Talibanen. Hoffentlich ließt hier der BND nicht mit
;-)
So, jetzt muss ich aber schleunigst auf mein nächstes Tango-Taliban-Treffen

BND hat gesagt…

@aurora Der hiesige Blog gehört zu blogspot und ist damit Teil des google-Imperiums, da liest eher die CIA mit.
Was der BND mitliest, da kannst du hier mal reinhören
http://ondemand-mp3.dradio.de/file/dradio/2013/04/05/dlf_20130405_1314_d82128ed.mp3
bzw.
http://ondemand-mp3.dradio.de/file/dradio/2013/04/05/drk_20130405_1241_37f52e1e.mp3

Anonym hat gesagt…

Was mich mal interessieren würde, ein Effekt der gerade im "moderneren" Tango an Oberköperbewegung häufig zu sehen ist. Warum wird da so oft mit dem Oberkörper geschaukelt und mit dem Armen gedreht(gerührt)? Ich finde eher Unruhe aber keinen Zusammenhang zur Musik. Warum macht man das?

Grüsse Ernil

B. G. hat gesagt…

Schade, dass die Diskussion hier eingeschlafen ist. Andererseits macht eine weiterführende Diskussion nur Sinn, wenn sich Annette und/oder die Redaktion der Tango danza hier auch einmal äußern würden.

Anonym hat gesagt…

Warum sollte Annette oder die Tangodanza hier lesen? Wahrscheinlich wissen die nicht einmal von diesem Text. Ist ja auch total "überflüssig" (siehe oben).

cassiel hat gesagt…

Nur ganz kurz zur Information (bevor es da nun ein längere Diskussion gibt):

Selbstverständlich habe ich Annette Postel (mit einer privaten Nachricht bei FB) unmittelbar nach Veröffentlichung informiert. Bei der TD ging das nicht über Facebook und die eMail ist dann doch über das Wochenende liegen geblieben und somit erst einige Tage später verschickt worden.

Olaf Herzog hat auf meine eMail geantwortet und mir mitgeteilt, daß er die Diskussion in seinem Medium (also in der TangoDanza) führen wird. Deswegen wird es hier zu keiner weiteren Diskussion kommen.

B. G. hat gesagt…

Lassen wir für einen Moment die Aufregung um das Wort "Taliban" unbeachtet. Ich finde es sehr schade, dass sich die Tango danza der Diskussion hier nicht stellt. Es wäre interessant geworden. Andererseits zeigt mir dieses Verhalten zwei Dinge: 1. Die Redaktion ist zu einem Diskurs nicht willens bzw. fähig. 2. Die Redaktion begreift dieses Blog als Konkurrenz und verhält sich entsprechend. Zu diesem 2. Punkt ist anzumerken, die Tango danza hat von der internet-gestützten Kommunikation und Meinungsbildung im Tango bislang noch wenig begriffen und sie verkennt in dramatischer Weise, dass sie die Position des meinungsmachenden Trendsetters schon vor Jahren eingebüßt hat. Ich halte das für eine dramatische Fehleinschätzung, die auf längere Sicht das Blatt immer weiter in die Bedeutungslosigkeit führen wird.

Möglicherweise wird in der nächsten Ausgabe ein irgendwie relativierender Text veröffentlicht (das würde zumindest die Vermutung von einem Funken Restverstand nahelegen), den Flurschaden, der mit der Veröffentlichung des dumm-dreisten Textes von Annette Postel angerichtet wurde, kann man damit aber nicht beseitigen.

Anonym hat gesagt…

naja, sorry B.G., ich schätze deine Beiträge sehr, muss aber hier mal was gegensetzen:
1. Auch wenn Faz und taz konkurrierende Mitbewerber des Printmarktes sind, findet deren Debatten noch immer im eigenen Medium statt. So auch hier.
2. Erscheint mir Annettes Artikel eher als Aufhänger, um mal wieder TangoDanza-bashing zu betreiben. Egal, was Olaf oder sonst wer hier schreiben würde, die Gefahr wäre doch viel zu groß, dass er sich sich doch nur Angriffen statt einer Diskussion stellen müsste. Es ist einfach sehr schwer, keine verkrusteten Meinungen zu sehen.
3. Der Autor/die Mitschreiber benutzen den Artikel um eine jahrealte Forderung aufzuwärmen, die besagt: Ich mag EdO-Tango hören und dass man mir das vorher sagt. Warum sollte sich die TD dazu äußern?
4. Der Tango findet auf der Tanzpiste statt. Und wer mal wiederholt erlebt hat, mit welcher Begeisterung ausgesprochene EdO-Verfechter zu Metallica aufspringen und tanzen, mag an dem Sinn solcher Diskussionen stark zweifeln. Beim Tango geht es nun mal nicht um das musikwissenschaftliche/-historische Erfassen und Verstehen, auch wenn dessen Beitrag sicher sehr hilfreich ist.
In diesem Sinne rufe ich B.G. (9.4., 14:48) zu: Ja, lasst die Diskussion einschlafen und tanzt tanzt tanzt.

B. G. hat gesagt…

@anonym 22.51

Ich will hier höflich bleiben, muss Dir aber leider widersprechen:

1. Diskussionen werden immer noch da geführt, wo sie entstehen. Da hilft auch der Vergleich von taz und Faz nichts. Diskussionen finden nach meiner Beobachtung in der Tango danza nicht statt, es werden vermutlich handverlesene Leserbriefe abgedruckt.

2. Tango-danza-bashing lese ich hier nicht. Stattdessen allgemeine Ratlosigkeit -um nicht Entsetzen schreiben zu müssen- angesichts der verbalen Entgleisung von Annette und unkommentierten Übernahme dieser Ansammlung von kruden Gedanken in der Tango danza. Eine Erklärung dafür ist bis heute nicht in Sicht.

3. Die ganz überwiegende Zahl der Milongas in Buenos Aires spielen traditionelle Musik. Warum wohl? Wir haben alle den Anspruch Tango Argentino zu tanzen, nur die Tango danza scheint da einen Sonderweg propagieren zu wollen.

4. Ich habe noch keinen Liebhaber traditioneller Tangos erlebt, der nun zu Metallica aufspringt und tanzt. Mag sein, dass Du so einen Tänzer erlebt hast. Die Verallgemeinerung ist vollkommen abwegig.

Abschließend möchte ich noch einmal den Blick auf die Ursache dieser Diskussion richten: Eine Autorin hat einen m.E. unmöglichen Text geschrieben, der vollkommen unkritisch von der Tango danza -ohne jede Kommentierung- abgedruckt wurde. Hier wurde eine wie ich finde adäquate Antwort formuliert und diskutiert und was ich von den Vertretern des Spaß-Tangos hier überwiegend lese ist ein vehementes gebetsmühlenartig wiederholtes Ablehnen genau etikettierter Milongas. Das ist in meinen Augen grotesk.

Ich möchte diese Diskussion icht länger als nötig fortsetzen aber vorzeitig sollte man sie auch nicht einschlafen lassen.

B. G.

der gerade vom Tango heimkommt -will sagen: Ich war tanzen! Gott sei Dank zu richtiger Tangomusik.

Anonym hat gesagt…

Anonym,
Du willst für Milongas keine faire Inhaltsdeklaration. Viel Tanzen kann das nicht lösen. Du förderst Pantscher und Hochstapler. Im Alltag erlebst Du was geschieht, wenn Gauner am Drücker sind. Findest Du es toll wenn Du teures Rindfleisch halal kaufst aber saubilliges Schweinefleisch bekommst oder antibiotikaverseuchter Pangasius anstatt Red Snapper? Deutsches Bier ist weltweit erfolgreich dank unserem strickten Reinheitsgebot. Was geschieht, wenn Wein Frostschutzmittel beigemischt wird? Wenn Du an der Zapfsäle Dein Auto tankst, ist deklariert was aus dem Schlauch kommt. Wie weit fährst Du, wenn der Schlauch mit Benzin 30% Diesel enthält? Mann-o-Mann, Du hast sie wohl nicht mehr alle!
Hugo

B. G. hat gesagt…

@Hugo

Bei mir hat in der Vergangenehit auch schon die Aufregung die Oberhand gewonnen. Inzwischen weiss ich, warum es hier möglich ist, über Themen zu diskutieren. Also halten wir den Ball flach.

Ich würde gerne die Motivation hinter dem Artikel und hinter der Veröffentlichung des Artikels verstehen.

Ich sehe eigentlich keinen Grund auf ein oder zwei Lesebriefe in der nächsten Tango danza zu warten. Es sollte auch möglich sein, es hier zu besprechen.

Chris hat gesagt…

da habe ich die TD schon vor Jahren abbestellt und nun den Aufreger des Monats verpaßt, wie ärgerlich. Dabei finde ich den Begriff Tango-Taliban so putzig. Wer sich davon nachgezeicnet fühlt, mag anders empfinden, sollte aber trotzdem nicht der Versuchung erliegen, ganz ernst darauf zu antworten.
Nun ist es aber passiert. So verständlich der Wunsch nach genau charakterisierten Milongas ist, so bedauerlich ist die feindselige Lagerbildung. Gewiß, ich habe mich auch schon gelegentlich in die endlose musikalische Ödnis einer Nontangomilonga (ElektroDisko)verirrt, und mich fremdgeschämt ob der halsbrecherischen Verrenkungen. Unter manchem Stein findet sich Leben, und ansonsten eben früher ab nach Hause.
Was mir vielmehr weh tut, ist eine verbitterte Feindseligkeit mancher "Liebhaber" gegenüber Andershörenden. Vor allem die Unterstellung, man sei im Besitze der einzig wahren Wahrheit und alles andere kein Tango. Dies ist eine Haltung die vielleicht auch zu dem Begriff 'Taliban' inspiriert hat.

So nebenbei ist eine andere interessante Frage aufgetaucht: Wie gut muß man Tangotanzen können, um darüber schreiben zu dürfen. Da wird jeder so seine Meinung haben. Ich denke: muß gar nicht. Anders jedoch, wer darüber urteilen will.

B. G. hat gesagt…

@Chris

Du solltest vielleicht den Artikel von Annette in der TD lesen. Anschließend wirst Du Dich vermutlich nicht mehr über die 'verbitterte Feindseligkeit mancher "Liebhaber" gegenüber Andershörenden' beschweren. Mir kommt es so vor, als verwechselst Du Ursache und Wirkung.

Schöne Grüße und ein schönes Wochenende!

Chris hat gesagt…

"Wie gut muß man Tangotanzen können, um darüber schreiben zu dürfen."

A good question. I think the answer is: You do not have to be able to dance well at all. But but would be better if more of the writing from bad dancers was under real names. If readers knew the dancing, they'd find it much easier to decide how seriously to take the words.

Chris hat gesagt…

@ B.G., ich fürchte, Du hast mich mißverstanden. Mit "Liebhaber" habe ich nicht die Anhänger einer bestimmten Musikrichtung oder eines Zeitalters angesprochen. Angesprochen sind die Menschen mit einer negativen/ablehnenden Haltung zu Menschen mit abweichenden Ansichten und Neigungen. Inwieweit A.P. selbst ein solcher Tango Taliban ist, kann ich nicht beurteilen.

@Chris(english): Muß man ein Huhn sein, um ein Omlett beurteilen zu können? Das vielleicht nicht, aber es hilft, wenn man kochen kann. Ich stimme Dir also zu.

haribold hat gesagt…

Lieber Cassiel,
sporadisch schaue ich mal in Deinen Blog und bin 100%ig einverstanden mit dem Untertitel „völlig überflüssig“!
Einverstanden bin ich auch damit, dass Du Dir den „Tango-Taliban“-Schuh anziehst! Ohne den Artikel von Annette Postel zu kennen, die Bezeichnung ist originell und für das, was Du in Deinem Blog absonderst, höchst zutreffend!
Es treibt mir immer wieder kalte Schauer über den Rücken, wenn ich lese, mit welch fundamentalistischem Eifer Du definierst, was und wie Tango und die Tangoszene Deinem Geschmack nach zu sein hat. Bei allem begrenzten Respekt vor Deiner kompetenzheischenden Tangofaktenhuberei: Der Tango ist offensichtlich nicht so angestaubt, wie Du ihn gern hättest, Mann! Ich erlebe den Tango als etwas sehr Lebendiges und wenig Museales. Man kann die alten „Meister“ klasse finden und darf ihre Musik trotzdem mal als Geschrammel bezeichnen, ohne gleich wegen Gotteslästerung verketzert zu werden. Wie schön, Canaro und Co. zu hören, aber nicht nur! Wie schön, dass es Menschen gibt, die Tangomusik machen und noch nicht tot sind! Wie schön, dass es Menschen gibt, die auch gerne auf diesen Tango tanzen! Wie schön, dass es Milongas gibt, die nicht an Benimm-Regeln ersticken!
Nix dagegen, wenn es dann auch weihrauchige „Golden-Ära“-Revivals für konservativ-bildungsbürgerliche todernst-Tänzer, selbsternannte Tangopuristen, naserümpfende Cabeceo-Fetischisten und sonstige Abziehbilder gibt, alles gut überwacht vom Saal-Tango-Taliban! Die sollte man auch klar so ankündigen – schau mal, da bin ich doch ganz Deiner Meinung!

Paul hat gesagt…

@ haribold
Endlich einer der mich versteht. Die Encuentros/Marathohns bei denen die Talibans, Tangopuristen und naserümpfenden Cabeceofetischisten sich fast auf die Zehen steigen werden einfach zu eng. Es ist nicht die geistige Enge die für Beschwerden sorgt, nein, das Problem ist, dass zuviele Leute aus der "Lebendigen Tango-kunst-kicker-szene" diese Veranstaltungen entdeckt haben und dort tanzen möchten. Keine Ahnung warum?
Die Lösung könnte wohl sein dass es diese "Golden-Ära-Revivals" für uns bildungsbürgerlichen todernst-Tänzer auch als ganz normale und gekennzeichnete "Traditionelle Milonga" gibt.
Die normalen "lebendigen" Boleo-lastigen Takthopser Milongas werden wir dann gänzlich meiden.

Noch eine Bitte an alle: Sobald es wirklich alle Arten von Neo, gemischten und rein Traditionellen Milongas gibt, braucht sich niemand mehr aufregen. Jeder geht dorthin wo es ihm gefällt und hält sich an die in dieser Milonga üblichen Benimmregeln.

TT Paul

Anonym hat gesagt…

@haribold

Applaus! Endlich geht mal jemand gegen diesen verstaubten geistigen Brandstifter und Tango-Reaktionär vor. Bravo! Wir brauchen keine Regeln, wir brauchen mehr Lebendigkeit, mehr Raum für die persönliche Entfaltung im Tango.

Anonym hat gesagt…

Zu Anonym 23. April 2013 14:56

warum geht jemand in eine Milonga wo einem die Regeln, Musik nicht gefällt, derjenige sich nicht entfalten kann? Masochist? Ist da die Diskothek nicht viel besser geeignet. Moderne Musik. Applaus und Aufmerksamkeit ist garantiert. Da gibts doch eher die nötige wohlwollende Bühne zur Verwirklichung.
Warum muss es dafür die Milonga mit "alter" Musik sein?

gruesse Bernd

Anonym hat gesagt…

@Haribold

brillanter und inhaltlich vollkommen zutreffender Kommentar von Dir, ich stimme jedem Satz zu. Der Beitrag von Annette Postel war schon länger überfällig. Diesen selbstgefälligen Gralshütern des Weltkulturerbes TA muss auch mal mit verbal schärferer Klinge entschieden entgegengetreten werden.

Jetzt reicht's hat gesagt…

Was soll man dazu schreiben? Nichts? Vielleicht eine Option für den überaus höflichen Cassiel. Was aber hier von den Widergängern des bis zur Unkenntlichkeit verwässerten Tangos zum Besten gegeben wird, verlangt eine Klarstellung.

Außer persönlichen Attacken auf den Autor dieses Blogs ist nicht viel gehaltvolles zu lesen. Fakt ist doch, dass es bislang nicht einen nennenswerten Versuch gegeben hat, den Neo oder Nontango in Blogform zu erläutern. Wahrscheinlich muss auch jeder Versuch misslingen.

Ansonsten kann die erstaunte Öffentlichkeit nur davon lesen, dass Regeln im Tango scheiße sind, dass der Autor angeblich "kompetenzheischend" ist und andere "Freundlichkeiten".

Nur zur Erinnerung: Ihr seid Gäste in Cassiels Blog, benehmt Euch vielleicht dementsprechend. So wie Ihr Euch aufführt, ist es klar, dass Ihr den Cabeceo ablehnt: Ihr würdet im fairen Wettbewerb keine Tanguera finden.

Ihr dürft gerne Eure Kunstturnmilongas veranstalten, bitte lasst aber die erwachsenen Tangotänzer auf Ihre Milongas gehen. Nichts anderes hat Cassiel vorgeschlagen und er hat verdammt noch mal Recht damit.

cassiel hat gesagt…

Vielleicht kehren wir dann doch nach den jüngsten Aufregungen zur achlichen Diskussion zurück? Wie wär's?

Vielen Dank

c.

Riedl-Leser hat gesagt…

Gerhard Riedl hat Dich mal auf seiner Facebook-Seite erwähnt. Äusserst Du Dich nicht dazu?

cassiel hat gesagt…

@Riedl-Leser

Ich hatte das bislang noch nicht entdeckt und habe es jetzt gerade nachgelesen. Ich sehe keinen Grund, mich dazu zu äußern. Wenn mich Gerhard nicht für seine Seite blockiert hätte, dann würde ich dort vielleicht etwas schreiben. Nachdem er aber eine besondere Form der einseitigen Kommunikation bevorzugt, erübrigt sich das.

Und so bleibt mir nur, mich über einen eifrigen Leser zu freuen, der (vermutlich in Ermangelung eigener Inhalte) sich an den Geschehnissen hier abarbeitet. :-)

bird hat gesagt…

Hi haribold,

wieso schaust du sporadisch in einen für dich völlig überflüssigen Blog ?
Langeweile ?
Niemand zwingt dir kalte Schauer über den Rücken, dass veranlasst du völlig selbstständig. Irgend ein bizarres Vergnügen muss dir das bereiten. Mit Diskussion hat das nichts zu tun.
Schade, denn grundsätzlich ist hier niemand, dich und ein paar anonyms ausgenommen, gegen sachlich und kontrovers geführte Diskussionen.

Chris hat gesagt…

haribold hat mich an die Frage erinnert, die mich immer wieder umtreibt: Wann sieht es nicht nur irgendwie aus wie Tango, wann ist es Tango?

Ich schreibe dazu, weil es hier in München, und vielleicht auch anderso, so eine Art Randsubkultur der Tangoszene gibt. Sie wird von Tänzern gebildet, die Tangotechniken beharrlich ablehnen, bevor sie sie (jemals) richtig erlernen konnten. Jede Musik, die gefällt, ist willkommen, und auch mit der Körperhygiene nehmen es einige locker.

Ich kann mit ihnen nicht tanzen, ich will mit ihnen nicht tanzen, ich will nicht mal im gleichen Raum tanzen. Ich schäme mich, wenn sie herumlaufen und erzählen, sie würden Tango tanzen. Selbstzweifel scheinen ihnen fremd zu sein, im Gegenteil, sie schreiben Tangoführer.

Theresa hat gesagt…

Danke, Chris, für diese prägnante Zuspitzung.
Die Abneigung gilt erfreulicherweise auch umgekehrt, und führt z.B. dazu, dass in 8 Jahren Giesinger Bahnhof noch nie einschlägigie "Propeller" aufgetaucht sind; die Androhung von Schrammel-Musik kann einiges bewirken.
Theresa

cassiel hat gesagt…

Bei aller vielleicht berechtigten Erregung möchte ich doch noch einmal dafür plädieren, zur Sachlichkeit zurückzufinden. Daß sich hier einige Kommentatoren in der Rolle des Enfant terrrible gefallen, ist nicht zu ändern. Zieht man die persönlichen Angriffe ab, so bleibt leider wenig Substanz. Allerdings sollte man m.E. diesen Zeitgenossen nicht die Macht geben, eine Diskussion auf die Ebene der persönlichen Kränkungen zu ziehen. Dann hätten sie ihr Ziel erreicht. Ich würde mir wünschen, daß man diese Menschen inhaltlich stellt. Ich vermute einmal, daß es da sehr schnell sehr dünn wird.

Ich wünsche allseits einen schönen Abend

Anonym hat gesagt…

was für eine deutschtümelige Regelversessenheit sich hier breitmacht - was hat das denn mit TA zu tun ??

cassiel hat gesagt…

@Anonym

Guten Morgem!

Ganz kurz: Ich sehe hier keine Regelversessenheit - weder eine deutschtümelnde, noch irgendeine andere. Aber es ist eine gute Idee, ich sollte vielleicht einmal zu den Regeln im Tango Argentino schreiben, zu den Regeln, die über Jahrzehnte hinweg in Buenos Aires im Tango funktioniert haben und die scheinbar nun von einigen Freigeistern in Frage gestellt werden. Es kann nur vermutet werden, warum diese Regeln plötzlich von einigen Zeitgenossen vehement abgelehnt werden. Möglicherweise ist die tiefere Ursache gar nicht so freiheitsliebend - möglicherweise ist der Grund schlicht Gedanken- bzw. Rücksichtslosigkeit.

Aber jetzt muss ich erst einmal arbeiten...

Lydia hat gesagt…

Ich möchte gern auf die Frage zurückkommen, wie gut man Tango tanzen können muss, um darüber schreiben zu können.

Die erste Schwierigkeit dabei ist ja schon mal: Was heißt das, gut tanzen zu können? Wenn ich mich zurückerinnere, wie oft sich mein Verständnis in der Hinsicht gewandelt hat, seit ich meine ersten Tangoschritte aufs Parkett wagte, werde ich sehr still und nachdenklich. Im Moment bin ich wohl wieder in einem solchen Wandlungsprozess, zumindest fällt es mir gerade sehr schwer mein eigenes Tanzen und auch das meiner Partner einzuschätzen.

Aber um über Tango schreiben zu können kommt es doch auf sehr viel mehr an als nur tänzerische Fertigkeiten. Mal ganz abgesehen davon, dass der Tango mehr beinhaltet als nur den Tanz. Mal ganz abgesehen davon, dass beim Schreiben über Tango das Schreibenkönnen mindestens ebenso wichtig ist wie das Tanzenkönnen.

Was das Schreiben über Tango auch für andere interessant macht, ist doch: Kann der oder die Schreibende sein eigenes Tanzen, seinen Zugang zum Tango, das, was er oder sie auf Milongas erlebt, reflektieren, immer wieder in Frage stellen und in größere Zusammenhänge einordnen? Kann er oder sie die richtigen Fragen stellen, die auch andere zum Mitdenken anregen? Was ja letztlich die Voraussetzung ist für fruchtbare Diskussionen, wie sie hier stattfinden.

Ach ja, mit Cassiel habe ich sehr gern getanzt.

Erich hat gesagt…

Jetzt muss ich hier auch einmal schreiben. Deutschtümelnder Anonym und andere Kommentatoren, ich finde Euer Auftreten hier ziemlich "deutsch". So langsam gewinne ich den Eindruck, dass Ihr aus Neid versucht, diesen Blog zu sabotieren bzw. zu zerstören. In all Euren Beiträgen habe ich nur Beschimpfungen und Kränkungen gelesen, Besonders dreist sind Versuche, Cassiel in eine faschistische bzw. deutschtümelige Ecke zu drängen.

Was Ihr vielleicht nicht bedacht habt: Eure Beiträge hinterlassen auch einen Eidruck von Eurem offensichtlichen Tango-Verständnis. Ihr macht hier lebhaft abschreckende Werbung für das, was Ihr für Tango haltet.

Ich nenne so ein Verhalten als Gast in einem Blog mindestens kleinlich, wahrscheinlich eher niederträchtig. Vielleicht gibt es ja noch ein paar andere Menschen im Tango, die nun auch landsam aufstehen und sich wehren. Ich jedenfalls möchte Euch nicht die Definitionshoheit im Tango überlassen.

Gruß

Erich

P.S. Und Riedl, du hast offensichtlich gar nichts begriffen. Wenn ich das hier richtig verstanden habe, hast du Cassiel gesperrt und meinst, Du kannst bei Facebook fröhlich auf ihn eindreschen. Das mag ja kurzfristig ganz reizvoll sein und auch einen gewissen Effekt zeigen. Langfristig zerfrisst deine Verbissenheit und dein offensichtlicher Neid deinen Tango - wenn es nicht bereits längst passiert ist.

Anonym hat gesagt…

Tangotanzen ist auch ein Spiel, für alle Spielarten gibt es den passenden Sandkasten. Ob nun Bühne, Neo oder Salon ... Neomusik passt im Moment eher zur zeitgenössischen U-Musik. Auch EdO ist /war U-Musik. Das es Neo gibt ist wichtig, auch wenn ich kein Fan davon bin. Aber es ist eine Tür für Junge Leute, ein Zugang zum Tango, die über die EdO nie zum Tango gekommen wären. Spätestens wenn man merkt das Ganchos, Sacadas und turmhohe Boleos allein nicht der Tango sind, ist man bei der EDO Musik. Darauf muss man nicht verzichten, aber alles im Rahmen der freien tänzerischen Umgebung, kein anderes Paar stören. Wenn Platz ist, können die Argentinier auch anders. Milonguero ist kein Stil sondern die Notwendigkeit wegen Platzmangel.


Gruesse Bernd

Oskar hat gesagt…

Vorsicht Satire @ Anonym 14:56 vom 23. April 2013 im Blog von Cassiel Tangoblogger

Zitat: "Applaus! Endlich geht mal jemand gegen diesen verstaubten geistigen Brandstifter und Tango-Reaktionär vor. Bravo! Wir brauchen keine Regeln, wir brauchen mehr Lebendigkeit, mehr Raum für die persönliche Entfaltung im Tango."

Nun, ich sehe du bist des rechten Glaubens. Wir sollten dich in das zurückgebliebene Buenos Aires schicken, um die dortigen Eingeborenen und die zahlreichen Pilger vom rechten Glauben (Tanzstil) zu überzeugen.

Solltest du nach einem Jahr unversehrt nach Europa zurückkehren, werden wir dich als großen Propheten feiern. Falls die Portenios dann tatsächlich modern und freigeistig ohne Cabeceo und dem sonstigen Schmarrn tanzen, ja dann ist dir die zusätzliche Heiligsprechung sicher .

Also wirklich, ich gehe heute Abend auf eine deklarierte "Traditionelle Milonga", werde mit Cabeceo auffordern und habe auch später nicht vor in eine wilde Disko zum freigeistigen kultivierten Head Bangen zu wechseln.

Amen

Tango_hat_viele_Facetten hat gesagt…

Klassische Musik, etwa von Ludwig van Beethoven, muss man häufiger gehört haben, um sie richtig zu verstehen und würdigen zu können. Personen die fast nur Musik auf VIVA hören, können mit klassischer Musik nichts anfangen. (Umgekehrt genauso, ich möchte da nicht wertend werden.) Hat jemand die Liebe zur klassischen Musik entdeckt, kann er da stehen bleiben und sagen: das da will ich und nichts anderes, oder auch im Umfeld schauen, was es noch so gibt, etwa die Zwölftonmusik von Arnold Schönberg. Ein Streichquartett kann durchaus auch von beiden Komponisten Stücke in seinem Repertoire haben, warum denn nicht, oder auch nur bei einem Stil bleiben.
Mit der Tangomusik ist es ähnlich. In jede "Tangoart" ob goldene Ära oder Neotangos muss man sich erst rein hören, kann lernen sie zu schätzen und tänzerisch zu interpretieren. (Auch in Neotangos steckt manchmal mehr drin, als der gemeine EdO-Fan meint und nicht jedes Stück aus der EdO ist automatisch musikalisch anspruchsvoll.)
Schade ist es, meiner Meinung nach, wenn jemand, der gerne mehr Facetten des Tangos mag (in jede Richtung), dafür verurteilt wird und ihm praktisch gesagt wird, er wäre zu blöd, zu wenig intelligent oder ähnliches, um die einzig wahre Art des Tangos zu begreifen und zu verstehen.
Wenn ein DJ auf einer klassischen Milonga eine einzelne Neotanda oder Piazzolla-Tanda zu später Stunde einfließen lässt, muss sich der ausschließliche Liebhaber des klassischen Tangos doch nicht gleich vor den Kopf gestoßen fühlen und seinen Protest lautstark dem DJ gegenüber bekannt geben oder gar sofort gehen. (Wenn eine Tanda ausnahmsweise Mal aus grauenhaften Stücken der EdO besteht, muss ich ja auch nicht sofort aus Protest gehen.)
Leider tun dies einige Tänzer aber wirklich. Annette Postel bezeichnet diese dann eben als intolerante Tango-Taliban. Der Vergleich mit der Taliban ist extrem, aber gar nicht so weit her geholt, da damit die Intoleranz, von welchen die meinen, sie hätten den einzig wahren Tango, gegenüber den Andersgläubigen, die die einzig wahre Art des Tangos nicht begreifen und verstehen, treffend ausgedrückt wird. Aber nicht jeder, der ausschließlich den klassischen Tango der EdO mag, ist damit ein Tango-Taliban.
Wenn ich die Milongas hier im Südwesten (vom Rest Deutschlands kann ich nicht reden) betrachte, so sind viele im Laufe der letzten Jahre immer klassischer geworden. Auf derselben Milonga, auf der vor drei, vier Jahren noch ab und zu mal eine Tanda mit einem modernen Orchester lief, wird heute nur noch klassisch gespielt. Wenn ich mit Tänzern rede gibt es aber durchaus sehr viele, die gerne auch mal auf den einen oder anderen moderneren Tango tanzen würden, wie eben Annette Postel. Im Gegensatz zu den ausschließlichen Liebhabern der EdO beklagen diese sich aber nicht, weil sie ja AUCH Liebhaber der EdO sind, halt nicht ausschließlich, was aber eine Ursache dieser Entwicklung sein könnte.

Oskar hat gesagt…

@ Tango-hat-viele-Facetten
Hoffentlich wirst du von den Erben Schönbergs für deinen Vergleich mit Otros Aires & Co nicht wegen Rufschädigung verklagt.
Wenn du nett bei Christian Tobler anfragst, kannst du dir vielleicht Vergleiche anhören. Dann wird aus dem Vorurteil ein Urteil. Ich weiß wovon ich spreche, denn ich hab direkte Vergleiche gehört.

Nach dem Hörvergleich können wir weiter diskutieren - derzeit sehe ich nur einen Wald von Vorurteilen bei den "Freigeistern" und "Regelfreier Tango Verfechtern".

Schönen Sonntag aus Österreich

cassiel hat gesagt…

Ich finde es etwas anstrengend, wenn hier immer wieder die Diskussion in eine Richtung gelenkt wird, in der behauptet wird, hier würde seitens der Vertreter eines traditionelleren Tangobegriffs gewertet. Das sehe ich nicht unbedingt so. Ich meine mich zu erinnern, daß ich im ursprünglichen Artikel lediglich für eine möglichst genaue Etikettierung der Musik geworben habe. Weitergehende Vermutungen sind reine Spekulation.

Auch ich habe in meiner Tango-Karriere eine Entwicklung durchgemacht und bin schließlich nun da angekommen, wo ich stehe. Ich mag keine Non- bzw. Neo-Tangos in der Milonga hören. Wenn jemand eine solche Milonga organisiert, dann gehe ich da nicht hin - ich bevorzuge EdO-only Angebote (und nebenbei bemerkt: auch da kann ein unsensibler DJ viel Unheil anrichten und eine langweilige Milonga zusammenstellen).

Also noch einmal zum Mitschreiben: Hier wird niemand geächtet, der unbedingt moderne Musik für seinen Tango will. Ich plädiere allerdings dafür, daß bei traditionell angekündigten Milongas eben nicht Otros Aires oder sonst irgendwelche modernere Musik gespielt wird. Nicht mehr und nicht weniger.

Und das ist keine Frage von Toleranz oder Intoleranz. Es ist in meinen Augen eher eine Frage von vorherige Festlegung eines bestimmten Stils, einer bestimmten Richtung. Wenn jemand (um ein möglichst breites Publikum anzulocken) seine Milonga falsch oder schwammig beschreibt, dann finde ich das schwierig. Sollte es also Tänzerinnen und Tänzer geben, die sich auf den rein klassischen Milongas nicht wohlfühlen, dann sollten diese einfach eine Milonga gemäß ihren Vorstellungen aufziehen. Einen Anspruch zu formulieren, in einer klassischen Milonga, die man besucht, nun neben klassischen auch zeitgenössische Titel zu hören, finde ich problematisch.

Oskar hat gesagt…

@ Cassiel
Vermutlich ist die Mehrheit die diesen Blog liest schon lange nicht mehr Abonnent der Tango Danza. Daher sollte man diesen Lesern das Original, sozusagen den Stein des Anstoßes, nicht vorenthalten. Ich selbst hab diesen offenen Brief per Mail heute erhalten.

Hier ein offener Brief an die Tangoszene von Annette Postel, er soll "als Diskussionsgrundlage" (so Annette Postel ) gelten.
Here it goes:

Liebe Tangueros und Tangueras, Milongueros und Milongueras, liebe Tanzlehrer, liebe Milonga-DJs,

ich habe mich nach langer Zeit und nach vielen Unterhaltungen mit Bekannten, entschiedenen, mal einen offenen Brief als Diskussionsgrundlage zu schreiben:

Was ist der Grund, dass viele Milongas immer einseitiger werden?

Dass oft nur noch historische Tangos gespielt werden z.T ohne einen einzigen musikalischen Abstecher in die Zeit nach 1950?

Ist es die GEMA? Müssen wir nun immer auf Tangos tanzen, deren Komponisten und Interpreten schon 70 Jahre tot sind?

Wie soll sich da die Tangoszene verjüngen? Tango lebt doch, ist nicht angestaubt, ausgestopft und im Museen in schlechter Tonqualität zu bewundern!

Ist es eine Modeerscheinung? Dann hoffe ich, sie geht jetzt bald vorüber, zumal so viele Tangueros unzufrieden sind, weil sie wie ich gerne gemischte Musik am Abend hätten. Zur Zeit entstehen aus Schrummeltango-Frust immer mehr kleine Geheimmilongas mit gemischter Musik. Die sind wunderschön, aber verfügen eben nicht über große Locations und haben keine Möglichkeit zur Regelmäßigkeit.

Sicher gibt es die Angst einiger Tänzer, einen moderneren Tango nicht mit Schritten interpretieren zu können. Aber warum sollen deshalb alle gezwungen werden, auf einem musikalischen Niveau zu bleiben? Dafür übt man ja, entwickelt sich weiter, nimmt Tanzstunden. Flexibilität ist ein Zeichen von Weiterentwicklung. Und nach 1950 wurden viele Tangos geschrieben, die auch für Anfänger tanzbar sind. Auch gibt es wunderschöne traditionelle Tangos in modernen Aufnahmen, Interpretationen und Arrangements, ohne den 3-mal-von-der-Schellackplatte-kopiert-Schleifklang und Schrum-Schrum-finde-die-eins-Tanzrhythmus. Es muss ja nicht gleich ein Technobeat-Tango ohne Melodie sein, der einen ähnlich langweiligen Charakter hat, wie so mancher historischer Schellack-Schrumm-Schrumm-Tango.

Es gibt hervorragende moderne Orchester, grandiose moderne Tangoentwicklungen und auch einige wunderbare Nontangos mit Melodien und neuen Harmonien, die nicht an Hiphop oder Disko erinnern. (u.a. Sextetto Milonguero, Otros Aires, Sextetto major, Toilo, Pugliese, manche Piazollas und einige Gotanprojekt-Tangos sind wunderbar tanzbar!)

Oskar hat gesagt…

Teil 2

Warum wollen wir stehen bleiben? Weil es so bequem ist? So GEMA-günstig? Weil, wie ein DJ mir gegenüber zugab, eine traditionelle Setliste einfacher zusammenzusetzen ist und weniger musikalische Regie erfordert? Ich empfinde das als Armutszeugnis. Faulheit kann doch keine Entschuldigung sein. Weder für Tänzer, noch für DJs.

Wieso sollte man heute Angst haben, einen Pugliese oder Piazzolla zu spielen?

Weil die ausladenden Neo-Tango-Bewegungen der 2000er Jahre auf der Tanzfläche die anderen Tänzer gestört haben? -Wer unsozial tanzen will, kann das auf jede Musik!

Ich habe nun von DJs gehört, die regelrecht unter Druck gesetzt wurden, nur historischen Schrummel zu spielen, sonst würden Tänzer gehen. Doch warum sollen die Agressiven sich durchsetzen? Die Mehrheit möchte gemischte, unverstaubte Musik.

Lasst Euch von den Tangotaliban nicht unter Druck setzen!
Man liebt nur, was man kennt. Also geht es auch um Weiterbildung. Und falls man wirklich mal mit einer Musik nichts anfangen kann, dann kann man ja auch mal eine Tanda lange aussetzen und anderen Tänzern zusehen. Vielleicht kommt die Lust dann doch…

Liebe DJs und Milonga-Veranstalter: Bleibt nicht stehen und laßt Euch nicht zum Stehenbleiben erpressen.

Ich freue mich über dieTanzlehrer, die ihren Schülern nicht nur Improvisation in den Schritten, sondern auch Flexibilität in der Musikinterpretation lehren, die modernere Musik beim Unterricht auflegen und die moderne Tanzpaare und moderne Tanzorchester holen, nicht nur aus Argentinien, sondern auch aus Paris, Rom, London und Singapur, denn der Tango entwickelt sich weltweit.

Wer viel reist, wird mir bestätigen können, dass in anderen Ländern die Milongamusik z.T. viel mutiger gemischt wird, als bei uns im Raum.

Deshalb die Bitte an alle Tanzlehrer im Raum:

Verjüngt unsere Milongamusik, mischt mehr, zeigt Mut zur Musik. Nicht mit einem Rock’n Roll-Stück als Cortina, sondern in den Tandas selbst. Tango ist so vielfältig!

Und bitte führt Eure Schüler und Euer Publikum zu dieser Musik, denn man liebt nur, was man kennt.

Damit Tango nicht zum verstaubten Museumsstück für ein paar unflexible Tango-Taliban wird, sondern Tradition und Moderne sich verbinden können.

Mit herzlichen Grüßen,

Eure Annette (Musikerin, - keine Tangomusikerin :-))

PS: ich bitte um Weitergabe als Denkanstoß…

cassiel hat gesagt…

Nur zur Klarstellung: Selbstverständlich achte und schütze ich das Copyright der TangoDanza. Da es sich bei dem Text offensichtlich um die Version handelt, die seit einiger Zeit im Internet kursierte und mit der Bitte um Weitergabe versehen war, lasse ich den Text jetzt einmal so stehen.

Die Version in der TangoDanza war etwas anders formuliert, inhaltlich aber m.E. identisch.

mittelalt hat gesagt…

und nebenbei bemerkt: auch da kann ein unsensibler DJ viel Unheil anrichten und eine langweilige Milonga zusammenstellen
mit Verlaub vermerkt: Das ist der Normalfall. Genau diese DJs treiben ja die Tänzer zur Suche nach Alternativen und verhindern, die Qualität von Tangoorchestern ihrer jeweiligen Epoche zu hören und zu erkennen. Egal welcher Epoche.
Belege? Zitate und Aktionen von klassisch orientierten DJs: "Man kann einem DJ nicht zumuten, dass er sich um den Klang auf der Milonga kümmert" - "wir spielen den authentischen klassischen Tango aus BsAs"... und ich höre irgendwann Pugliese der 70er Jahre, oh je. Aber Pugliese ist ja klassisch ;) - "Die Milonga läuft schon eine halbe Stunde, jetzt spiel mal Milonga, damit die Leute in Schwung kommen" (EdO bekennender Veranstalter zum DJ) usw.
@Oskar: Was C.T. anbietet entspricht in etwa dem Vergleich von J.S. Bach im Original mit den Bearbeitungen der Bachwerke von Max Reger des frühen 20. Jahrhunderts. J.S. Bach bleibt einfach unübertroffen, da können ihn noch so viele Komponisten bearbeiten. Aber es sind dann eben zeitauthentische Bearbeitungen. Emmerson, Lake und Palmer haben einst gruselige Bach-bearbeitungen produziert, aber viele Menschen haben dadurch zu JSBs Werken gefunden. Warum also nicht dito bei den hier von vielen verschmähten Neotangos?
und dann noch: Bei FB würde man sagen: Danke, Tango-hat-viele-Facetten

cassiel hat gesagt…

Also, lieber Mittelalt, das kann ich so nicht unkommentiert stehen lassen. Nur weil einige DJs zwar das Etikett traditionell führen, es aber nicht abwechslungsreich hinbekommen bzw. sich einfach keine Mühe geben, sehe ich noch lange keinen Grund, nun eine Lanze für Neo- und Non-Tango-Stücke zu brechen.

Ich ärgere mich zwar auch über schlechte Musikauswahl auf sog. traditionellen Milongas, aber wenn der DJ (oder die DJane) nicht überzeugt, dann bekommt er (oder sie) eine zweite Chance und dann gibt es einen Platz auf meiner Sperrliste. So einfach ist das.

(Vielleicht wird es nun langsam dringender noch einmal zur Musikauswahl in der traditionellen Milonga zu schreiben.)

bird hat gesagt…

Hallo Annette,

ein paar Anmerkungen zu deiner offenen Mail über die Tangomusik auf den Milongas … so du ein offenes Ohr dafür hast.

„ Zur Zeit entstehen aus Schrummeltango-Frust immer mehr kleine Geheimmilongas mit gemischter Musik. Die sind wunderschön, aber verfügen eben nicht über große Locations und haben keine Möglichkeit zur Regelmäßigkeit. “

Es erschließt sich mir nicht, wieso, diese von dir beschriebenen Geheimmilongas, keine großen Locations haben und nicht regelmäßig stattfinden können, wo deiner Meinung nach der Bedarf so groß ist. Normalerweise regelt doch die Nachfrage das Angebot. Das ist bei traditionellen Milongas nicht anders.
Und was du über die von dir gewünschte Milonga schreibst, ist in diesem Land, wenn genügend Menschen ähnliches wollen, umsetzbar. Es gibt keinen Grund zu jammern, sondern die Aufforderung, was du gerne haben möchtest umzusetzen. Das trifft auf die Entstehung jeder Art von Milonga/Tanzveranstaltung zu.
Dort könnten alle von dir genannten Kriterien erfüllt werden, dass Publikum sich verjüngen, moderne Orchester gespielt werden, sich wer will in der von dir beschriebenen Art und Weise weiterentwickeln und sämtliche Schrammeltangos vermieden werden.

„ Warum wollen wir stehen bleiben? “

Hm, ich habe nicht den Eindruck stehen zu bleiben, weil ich traditionellen Tango bevorzuge. Würde mir andersherum aber nicht anmaßen dies, von sich gerne zu anderer Musik bewegenden Menschen, zu behaupten.

„ Warum wollen wir stehen bleiben? Weil es so bequem ist? So GEMA-günstig? Weil, wie ein DJ mir gegenüber zugab, eine traditionelle Setliste einfacher zusammenzusetzen ist und weniger musikalische Regie erfordert? Ich empfinde das als Armutszeugnis. Faulheit kann doch keine Entschuldigung sein. Weder für Tänzer, noch für DJs. “

Du findest es ist bequem, wenn man lieber nach traditioneller Musik tanzt ?
Du meinst die Menschen machen das, weil sie zu bequem sind anderes lernen zu wollen ?
Das ist eine ganz schön arrogante Annahme deinerseits und wirkt auf mich ziemlich bevormundend.
Es ist jedermanns eigene Entscheidung seinem Hobby, seiner Leidenschaft so nachzukommen, wie es ihm besonders lieb ist und dies dort zu tun, wo das möglich ist.
Und was hat die GEMA damit zu tun ?
Bis jetzt wird GEMA pauschal und nicht nach Musikrichtung,Orchester entrichtet.

„ Wieso sollte man heute Angst haben, einen Pugliese oder Piazzolla zu spielen? “

Keine Ahnung, aber vielleicht darf man selber entscheiden zu was man gerne tanzt und zu was weniger.

„ Weil die ausladenden Neo-Tango-Bewegungen der 2000er Jahre auf der Tanzfläche die anderen Tänzer gestört haben? -Wer unsozial tanzen will, kann das auf jede Musik! “

Das Eine hat doch mit dem anderen nichts zu tun. Natürlich kann sich jeder unsozial verhalten aber ausladende Neo-Bewegungen sind, dessen ungeachtet, nicht wirklich kompatibel mit Salontango.

„ Ich habe nun von DJs gehört, die regelrecht unter Druck gesetzt wurden, nur historischen Schrummel zu spielen, sonst würden Tänzer gehen. Doch warum sollen die Agressiven sich durchsetzen? Die Mehrheit möchte gemischte, unverstaubte Musik. “

Diese von dir beschworene Mehrheit könnte sich mit dem von dir beschriebenen DJ zusammen tun, wie oben schon geschrieben, aktiv werden und eigene Milongas nach ihrem Gusto gestalten. Dem steht ja nix im Wege, außer vielleicht eine gewisse Bequemlichkeit oder Faulheit ?
Mit Menschen die sich bewusst für den traditionellen Tango entschieden haben, ob als Veranstalter, DJs oder Tänzer hast du nicht viel geredet, oder ?
Das könnte aufschlussreich sein und vielleicht den ein oder anderen Denkanstoß bieten.

B. G. hat gesagt…

@bird

Ein wunderschöner Kommentar, der mir aus dem Herzen spricht. Eigentlich wollte ich mich ja nicht äußern, aber warum soll eigentlich nur Cassiel die Drecksarbeit machen und alle anderen dürfen vornehm schweigen?

Für mich wäre noch eine andere Frage interessant: Wer hat die Bearbeitung des Textes für die Tango Danza gemacht? Wurde diese Bearbeitung durch Annette oder die Redaktion der Tango Danza vorgenommen? Aber vermutlich wird diese Frage ebenso unbeantwortet bleiben, wie der Rest der Kommentare hier .....

mittelalt hat gesagt…

Vielen Dank für deine Anmerkung, lieber Cassiel. Zu meinem Verständnis, - ich werde da wohl missverstanden - ich möchte keine Lanze für Neo- und Non-Tango brechen, sondern beschreiben, warum Tänzern diese Stilrichtung schackhaft gemacht wird. Nämlich dadurch, dass sie auf ihrer Suche nach guter tanzansteckender Tangomusik auf vielen Milongas nicht fündig werden.

Anonym hat gesagt…

Dann haben aber vielleicht die Lehrer vorab etwas verkehrt gemacht und Musik im Tango Unterricht verwendet, die eben nicht dem klassischen Tango entsprach...

Das erlebt man leider immer wieder.

Anonym hat gesagt…

Die neue Tango Danza ist erschienen. Wird dazu hier noch einmal geschrieben?

cassiel hat gesagt…

[Teil 1]

Wir sind nicht nur für das verantwortlich, was wir tun,
sondern auch für das, was wir widerspruchslos hinnehmen.

Arthur Schopenhauer (* 22. Februar 1788 † 21. September 1860)

Eigentlich wollte ich mich zu der aktuellen Ausgabe (3/2013) der TangoDanza nicht äußern. Ich habe schlicht den Eindruck, wir reden von unterschiedlichen Dingen. Hinzu kam der letzte Kommentar eines anonymen Kommentators, der ohne weitere Umschweife m.E. leicht gereizt fragte, ob zu der neuen Ausgabe geschrieben wird. Nun habe ich nur sehr eingeschränkte Ambitionen, hier die Krawallschachtel oder die Volksfesthupe im traditionellen Tango zu geben. Ich denke da spontan an die geniale Bühnenfigur Lothar Dombrowski des großartigen Kabarettisten Georg Schramm. Dieser Lothar Dombrowski, ein desillusionierter Rentner, kämpft einen beinahe aussichtslosen Kampf gegen die herrschenden Verhältnisse. Da bin ich in einer vergleichsweise komfortablen Lage. Ich nehme wahr, daß es mittlerweile eine rapide wachsende Anzahl von komplett ausverkauften Encuentros, Festivalitos und Marathons gibt, an denen ausschließlich traditionelle Tangomusik gespielt wird. Die Zahl der erfolgreichen traditionellen Milongas wächst stetig. Dieser Umstand wird von der Redaktion der TangoDanza augenscheinlich nicht registriert. In Bielefeld ist man offensichtlich der Meinung, daß 80% traditionelle Musik ausreichend für eine klassische Milonga sind. Wir dürfen alle miteinander gespannt sein, wie sich das zukünftig entwickeln wird. Ich benötige keine Kristallkugel um vorherzusagen, daß sich entweder die Haltung in der Redaktion der TangoDanza ändern muss, oder aber der schleichende Leserschwund einsetzen wird (wenn er nicht schon längst eingesetzt hat).

Im Editorial der letzten Ausgabe wird betont, daß "aktuell alle" Leserzuschriften abgedruckt wurden. Das wirft meines Erachtens ein bezeichnendes Licht auf die Struktur der Leserschaft der TangoDanza. Ich kann mir zwei Szenarien vorstellen: Entweder haben es die Anhänger des traditionellen Tangos aufgegeben, ihre Meinung in Leserbriefen zu artikulieren, oder aber es gibt nur noch wenige Tänzerinnen und Tänzer dieser Spezies unter den Abonnentinnen und Abonnenten des Blatts. Ich halte das langfristig für eine bedrohliche Entwicklung. Die TangoDanza verliert m.E. den Anschluss zu einer stark wachsenden Gruppe von Tänzerinnen und Tänzern.

Ebenfalls im Editorial findet sich die altbekannte Argumentationskette gegen den "anonymen Austausch", der nicht übernommen wird, da "die Qualität der Kommunikation, der Respekt im Umgang mit einander und der Stil Konflikte auszutragen ein anderes Niveau erreichen, wenn jeder mit seiner Person für eine Überzeugung eintritt". Da habe ich die Entscheidung der Redaktion, den gewollt polarisierenden Text von Annette Postel ohne Kommentierung so abzudrucken wohl falsch verstanden. Natürlich muss ich mich in diesem Blog ab und zu mit Troll-Meldungen herumschlagen, aber die Zahl der qualitativ guten bis sehr guten Beiträge (auch unter Pseudonym) überwiegt deutlich das Rauschen, was durch einige Störenfriede verursacht wird. Im übrigen kann ich als ausschmückendes Detail hinzufügen, daß sich die TangoDanza früher nicht zu schade war, Artikel von mir unter meinem Pseudonym zu drucken.

cassiel hat gesagt…

[Teil 2]

Wenn ich mir die Leserbriefe so durchsehe, dann staune ich, wie viele Menschen es vermutlich doch gibt, denen Annette Postel angeblich mit ihrem offenen Brief aus dem Herzen spricht. Wir haben den spannenden 5-Zeiler von H.V. aus Berlin, der darauf hinweist, daß sich diese Gedanken ebenfalls im Nachwort eines Lehrbuchs für den Tango Argentino finden.
Leser B.J. aus Köln fragt sich, woher DJs "all ihre Vorurteile und Bretter vor dem Kopf haben". Das ist ja ein prächtiges Beispiel für die im Editorial vertretene These, die Diskussion unter Klarnamen stelle das Niveau und einen angemessenen Stil, sicher. Dazu fallen Begriffe, wie Schrummel-Tango, Hüpf-Tangos und Monotonie. Da wird der Respekt vor den Anhängern traditioneller Musik doch so richtig deutlich.
Leser A.W. schreibt da ein wenig ausgewogener, kann es sich aber zum Schluss nicht verkneifen, zu suggerieren, die Musik des "undogmatisch" arbeitenden DJs "kann Spaß machen".
Leser G.R. kommt es in seinem Leserbrief darauf an, "das musikalische Spektrum der Milongas nicht auf die Zeit der 30er bis 50er-Jahre zu verengen". Er etikettiert den Wunsch von traditionellen Tänzern, eine genaue Ankündigung der Musik vorab zu erhalten als "Vollkasko-Mentalität" um schließlich zu verkünden, daß "Menschen, welche ihre Zukunft in der Vergangenheit suchen und sie daher dort nicht finden werden". Leser R.W. lobt die ausgewogene Auswahl der Beiträge und wünscht sich eine online-Version des Veranstaltungskalenders.
Den Abschluss bildet Leser F.L. und schreibt überschwänglich an Annette Postel und beschwert sich über "high noise/low output" in der Milonga. Bei den klassischen Tangos (leider wird er nicht genauer) glaubt er wahrzunehmen, daß mit Einsetzen des Sängers 85% der Musiker die Bühne verlassen. In einer Aufzählung nennt er die typischen Vertreter der zeitgenössischen Ensembles und vergisst auch nicht Thomas Morus zu zitieren... Tradition, Feuer, Asche...

Ich möchte nicht im Detail auf diese Leserzuschriften eingehen aber ich kann das nun auch nicht einfach so widerspruchslos so stehen lassen. Der Tango wird in Europa nun endlich erwachsen und besinnt sich auf die musikalischen Qualitäten der Zeit zurück, in denen der Tango seine Blüte hatte. Ich kann über weite Strecken den Argumentationen nicht folgen und frage mich, wie jemand vorgeben kann, Tango zu tanzen und gleichzeitig die damit verbundene Musik mehr oder weniger vehement abzulehnen.

[Anmerkung: Ich habe die Namen der Leserbreifschreiber auf ihre Initialen eingekürzt. Das geschah aus Vorsicht um nicht ungewünschte "Treffer" bei Google zu produzieren. Ich habe erst unlängst auf Bitten eines Lesers seinen Namen aus dem Index bei Google entfernt. Das war mühsam. Keinesfalls soll die Reduktion auf die Intialen eine Respektlosigkeit sein.]

cassiel hat gesagt…

[Teil 3]

Im Rest dieser Ausgabe der TangoDanza sucht man vergeblich nach einer anderen Meinung nach der verbalen Entgleisung von Annette Postel in der Ausgabe zuvor. Ralf Brand schreibt einen braven längeren Beitrag der in der Reihe Discusión veröffentlicht wird. Er gliedert seinen Beitrag in 10 Punkte von denen ich immerhin die ersten 5 vorbehaltlos unterstützen kann. Im der zweiten Hälfte des Artikels wird es dann wieder ziemlich beliebig. „Tango ist kein verstaubtes Museumsstück“ oder „DJs werden überbewertet“... das sind in meiner Wahrnehmung die bereits bestens ausgetretenen Pfade des Tangos europäischer Prägung mit zig Schrittfolgen bzw. Figuren, den wir hoffentlich hinter uns gelassen haben. Ich werde jetzt hier wahrscheinlich einen Proteststurm auslösen, aber ich kann kaum mit einem Tangolehrer über Musik debattieren, der eines seiner didaktischen Kurzvideos nach einem Rechteproblem bei der Musik kurzerhand mit anderer Musik unterlegt und wieder veröffentlicht. Schon bei der Ankündigung habe ich damals vorsichtig gefragt, ob das denn sein Ernst sei. Das Video steht heute noch im Netz. Da finde ich kaum eine Basis für eine Diskussion über die Musik im Tango. Ralf und ich ticken offensichtlich komplett unterschiedlich. Um es in Ansätzen doch einmal zu probieren: Wenn das Verständnis vom Bewegen zur Musik im Tango derartig flexibel ist, daß ich einen ursprünglichen Titel durch einen beliebigen modernen Instrumentaltitel ersetzen kann, wo bleibt da bitte das Einzigartige im Tango? Wo bleiben die Pausen (die nach Gavito so essentiell sind)? Wo variiert man die Geschwindigkeit und Dynamik in der Bewegung?

Ich habe ja nun schon einige Diskussionen über die Musik im Tango geführt. Gemeinsam war allen Diskussionen, daß nach einer gewissen Zeit meine Gesprächspartner von den inhaltlichen auf formale Aspekte auswichen. Beliebte Notausgänge aus der Diskussion sind z.B. Fragen nach dem Diskutieren unter Pseudonym vs. Diskutieren unter eigenem Namen, der Generalvorwurf, ich würde beanspruchen "Wahrheitseigentümer" zu sein, oder Vertreter des traditionellen Tangos wären Regelversessen und stünden somit der musikalischen Vielfalt im Wege. Bislang habe ich es noch nicht erlebt, daß auch nur ansatzweise der Versuch unternommen wurde, die Beziehung zwischen Tanz und zeitgenössischer Musik zu erläutern (so wie ich es z.B. mit Fresedos Araca la cana oder Di Sarlis La torcacita versucht habe). Somit wird es schwierig da einen Dialog zu eröffnen. Weiterhin möchte ich zu bedenken geben, daß ich es als Bestandteil eben jener häufig bemühten musikalischen Vielfalt sehe, daß traditionelle Milongas stattfinden können. Es ist bezeichnend, daß in dieser Frage bei den Verfechtern der musikalischen Vielfalt scheinbar das Ende der Toleranz erreicht ist.

cassiel hat gesagt…

[Teil 4]

Eine Tanguera, die ich sehr schätze, brachte mich darauf: Sie sagte mir, daß sich die Behandlung der ganzen Thematik in der letzten und in der aktuellen Ausgabe der TangoDanza so liest, als ob man in Bielefeld sich nun bewusst bei Non- und Neo-Tangos positionieren möchte. Das kann natürlich sein. Ich finde das ein wenig riskant, immerhin erscheint es wahrscheinlich, daß sich die Masse der Tänzerinnen und Tänzer in eine andere Richtung bewegt.

Ich habe lange überlegt, ob ich mich in der Angelegenheit noch einmal äußern soll oder ob ich lieber schweige (wie der überwiegende Teil der Anhänger traditioneller Tangomusik). Ich habe mich – etwa in der Intention des eingangs erwähnten Schopenhauer Zitats – für ein Schreiben entschieden. Ich kann es nicht verhindern, daß sich bestimmt wieder einige Mitmenschen im Tango über diese Zeilen aufregen, ich habe versucht bei der Sache zu bleiben und nicht persönlich zu werden. Zur Klarstellung: Daß ich hier einen Tangolehrer namentlich nennen und kritisieren musste mag ungewöhnlich erscheinen, ich denke aber, wer mit dem Tango Geld verdient muss auch damit leben, daß es Menschen gibt, die ihn kritisieren. Meine vorgetragene Kritik beschränkt sich natürlich nur auf seinen Umgang mit der Musik, er mag durchaus andere Qualitäten haben.

chamuyo hat gesagt…

ich gehöre wohl zu der seltenen Sorte Menschen, die diesen Blog gelegentlich verfolgt und trotzdem aus alter Verbundenheit noch Abonnent der TangoDanza ist. Nach den letzten Leserzuschriften habe ich das Gleiche wie Cassiel gedacht, dieses Blatt hat wohl eine anderes Zielpublikum. Ich werde mal die Kündigungsfrist recherchieren...

Sophia hat gesagt…

Chamuyo, das sehe ich ähnlich. Ich bin dabei. Es darf doch nicht sein, dass sich alle traditionell orientierten Tänzerinnen und Tänzer hinter Cassiel verstecken. Hast Du schon etwas bezüglich der Abo-Fristen herausgefunden?

Aurora hat gesagt…

Hm, mein Freund hat die Zeitschrift seit Ewigkeiten abonniert. Nach dem Erscheinen der aktuellsten Ausgabe haben wir mehr über eine Kündigung diskutiert als über die Zuschriften zu Annettes Brief.

Ich äußere mich nicht mehr zu diesem Thema, da es mir zwecklos erscheint. Vieles kann man durch Worte erklären, alles jedoch nicht. Den Schatz der klassischen Tangomusik kann jeder nur selbst entdecken.
Es gibt nützliche Hilfestellungen, wie diesen Blog beispielsweise. Das eigene Empfinden kann durch keine Worte ersetzt werden.
Vergleichbar mit gutem Essen. Man kann noch soviel über das Essen schreiben, den Uunterschied zwischen Fastfood und Slowfood kann man nur selbst erleben.

Anonym hat gesagt…

Ich sehe es auch so: da wird in der Redaktion wohl versucht, Politik und Stimmung zu machen und das ist ja auch das gute Recht der Tangodanza.

Wenn ich mal überlege warum ich es nicht schaffe, das Abo endlich zu kündigen, dann fällt mir der Vergleich mit stark gefallenen Aktien ein. So muss es sich wohl anfühlen. Halten oder Abstossen? Wahrscheinlich habe ich insgeheim noch die Hoffnung es könnte wieder besser werden. Nach diesem Heft sehe ich aber auch das wiederum in etwas weitere Ferne gerutscht. Ich grüble noch.

Käthe hat gesagt…

Aufgeregt blätterte ich in der neuen Ausgabe der TangoDanza - und war enttäuscht, als ich mit dem Lesen fertig war. Journalismus ist etwas anderes...

Ich frage mich, ob tatsächlich kaum "Traditionalisten" einen Leserbrief geschrieben haben. Da ich selbst nicht genug von Musik verstehe (ich liebe aber diese wunderbaren alten Tangos in denen so viel steckt...), habe ich mich nicht getraut, hatte aber gehofft, dass andere dies tun würden. Aber wahrscheinlich finden sie diese Diskussion in der TD genauso ermüdend. Ist es nicht so, dass diese "Lager" sich wohl nie aufeinander zubewegen werden? Das einzige, was mir wichtig wäre ist, dass traditionelle Milongas traditionell bleiben dürfen und kein Mainstream-Mischmasch daraus wird.

Thomas F. hat gesagt…

Was spricht eigentlich dagegen auf einer Milonga EINE Tanda mit Neotango zu spielen?

Wir haben ja auch Tandas mit Tango, Vals und Milongas.

Musikalisch liegen zwischen dem klassische Tango und dem Neotango Welten, jedoch empfinde ich Neotango als eine gute Gelegenheit meine Schritte anderst zu tanzen.

Unknown hat gesagt…

@Tomas F.
"Was spricht eigentlich dagegen auf einer Milonga EINE Tanda mit Neotango zu spielen?" ...und was spricht eigentlich dafür? Wie du selber richtig bemerkt hast, zwischen den beiden Richtungen liegen Welten. Würdest Du gerne bei einen klassischen Konzert zwischendurch ein Dieter-Bohlen Stück hören um sich deine Ohren von dem anstrengende klassische Musik zu erholen? Ich glaube der Vielfalt der traditionellen Tangomusik ist so groß, dass Du jederzeit deine Schritte auch "anders" tanzen kannst

bird hat gesagt…

Hi Thomas F.,

- "... jedoch empfinde ich Neotango als eine gute Gelegenheit meine Schritte anderst zu tanzen."


- "Was spricht eigentlich dagegen auf einer Milonga EINE Tanda mit Neotango zu spielen?"

_ "Wir haben ja auch Tandas mit Tango, Vals und Milongas."

Würde es nicht oft reichen nach ein-zwei Tanden den Partner zu wechseln und wieder völlig offen, neugierig und freudig auf den nächsten und dessen Fähigkeiten, Möglichkeiten, sein Sehnen oder Wünschen mit dem eigenen Können ... in Einklang zu bringen ? Kann dabei nicht immer wieder etwas völlig Neues entstehen ? Und eine Tanda zwischendurch sitzend und zuhörend oder mit dem Nachbarn schwatzend zu verbringen kann Wunder wirken.
Electro-Neo-oder Nontango-Tanden in eine klassische Milonga einzubetten ist keine einfache Sache und man kann sehr wohl zu der Meinung gelangen, dass das eigentlich gar nicht passt. Klassischen Vals und klassische Milongas kann man damit nicht vergleichen, denn sie sind Teil des klassischen Tango Argentinos, passende und wie du wünschst, erfrischende Ergänzungen des Tangos.

cassiel hat gesagt…

@Thomas F

Es spricht gar nichts dagegen - solange das vorher klar angekündigt wird (dann nämlich werde ich eine solche Milonga nicht besuchen). Ich bin gerade zu faul zum Suchen, irgendwo habe ich dazu schon geschrieben. Nach meinen Beobachtungen "wirkt" eine Neo-Tanda mindestens eine halbe Stunde nach. Es ist einfach unruhig. Deswegen besuche ich ausschließlich rein traditionelle Milongas. Selbstverständlich bestimmt der Veranstalter die Musikauswahl, aber ich als Gast habe ebenso ein Wahlrecht. Ich möchte auf solche Veranstaltungen nicht gehen. Wenn eine Milonga als traditionell vorab angekündigt wird, dann möchte ich auch das bekommen, was versprochen wurde.

Viele Grüße

c.

Thomas F. hat gesagt…

Zunächst mal Danke für die Antworten, Neotango ist hier im Blog ein heißes Eisen ;-)

Ich tanze jetzt seit ca. 2 Jahren und habe daher natürlich die Erfahrung wie Ihr, auf der anderen Seite möchte ich meinen eigenen inneren Zugang zum Tango finden und entwickeln.

@Swetoslaw Beltschew
Den Vergleich mit einem klassischen Konzert und Dieter Bohlen kann ich für mich nicht nachvollziehen. Mit den dazwischenliegenden Welten meinte ich, dass mir der Unterschied zwischen dm klassischen Tango (musikalische Form mit verschiedenen Teilen die jeweils 4 Phrasen beinhalten etc.) und dem NeoTango (=keine Form) bewusst ist.

@bird
Danke für Deine Anmerkungen, werde ich mir zu Herzen nehmen!

@cassiel
Es hängt vielleicht auch von der Art der NeoTango Musik ab.

Ich war letztens auf einer traditionellen Milonga und dort wurde ausnahmweise - wegen eines traurigen lokalen Ereignisses - eine ruhige NeoTango-Tanda gespielt.

Ich habe dann die Dame mit der ich zuvor getanzt hatte nochmal aufgefordert und diese Tanda war für mich bisher der absolute Traumtanz.

Soweit meine eigenen bisherigen Erfahrungen Stand heute - in ein paar Jahren sehe ich es vielleicht anders.

Bis dahin nehme ich Minderheitenschutz in Anspruch ;-)

Wobei ich natürlich für die Erfahrungen anderer Tangueros offen bin und bleibe.

Grüße

cassiel hat gesagt…

@Thomas F.

Schön, daß Du noch einmal geschrieben hast. Nein, Neo-Tango ist kein heißes Eisen, ich habe ja auch nur Non- und Neo- zum Lernen vorgespielt bekommen.

Ich denke, da erging es 80 - 90 Prozent der inzwischen traditionellen Tänzerinen und Tänzern ähnlich. Vor Jahren liebte ich auch die dramatischen, späten Puglieses. Inzwischen meide ich die. Ja länger ich Tango unterwegs bin um so "unsichtbarer" wird mein Tango von außen betrachtet. Es ist diese Kommunikation im Paar zur Musik. Und nach meiner Erfahrung bietet die traditionelle Tangomusik viel mehr Möglichkeiten zur musikalischen Interpretation als Neo- und Non-Tango Musik. Vielleicht achtest Du einmal darauf: Fast alle tanzen bei Non- und Neo- auf den Takt (insbesonders dann, wenn perkussive Instrumente zu hören sind). Nach einem Zitat soll man aber die Stille und die Geigen tanzen. :-)

Unknown hat gesagt…

@Thoma F

Ich versteh, dass mein Vergleich für dich schwer nachvollziehbar ist und übertrieben klingt. Für mich sind diese beide Musikrichtungen (traditionelle Tango und NeoTango) wirklich zwei verschiedene Welten. Die musikalische Komplexität und Vielfalt der Stücke der EdO, die von Professionalsten für Tänzer komponiert, arrangiert und interpretiert wurden steht gegenüber der strukturlose, durch Modeerscheinungen motivierte Mischung von traditionelle Motiven (des argentinischen Tangos) mit anspruchslosen populären Musik. Ich kann wirklich nicht nachvollziehen, warum man dem riesigen Fundus von mehrere tausend gut tanzbare Stücke aus der EdO aufgibt um aus dem geschätzt 50 tanzbare NeoTangos eine Tanda zu basteln. Da ich nicht in der komfortablen Lage von Cassiel bin und die 80%-Milongas nicht meiden kann/möchte, beobachte ich 2,3 Mal in der Woche wie es auf der Tanzfläche bei Neo-Tandas aussieht. Meine Beobachtungen stimmen mit diesen von Cassiel überein – nach so einem Tanda herrscht Chaos und über eine Ronda kann man nicht reden. Ich kenne in meine Umgebung auch kein einziges Paar (auch keine Vorgeschrittene), die diese Musik adäquat vertanzen kann – das ist, zugegeben, eine subjektive Feststellung.

Die wichtigste Fähigkeit beim Tangotanzen ist für mich die Möglichkeit seine Körperbewegungen (ich schreibe absichtlich nicht "Schritte") an den Partner und an der Musikstruktur anzupassen. Gerade beim Tänzer mit wenigen Tanzerfahrungen sind diese Fähigkeiten noch nicht gut ausgebildet. Ich bin überzeugt, dass NeoTango-Musik diese Fähigkeiten nicht fördert.

Chris hat gesagt…

Cassiel wrote: " Deswegen besuche ich ausschließlich rein traditionelle Milongas."

May I ask: have you ever visited what you'd call a pure traditional milonga in Buenos Aires?

cassiel hat gesagt…

@Chris

Haven't been to Bs As yet... :-(

chamuyo hat gesagt…

Chris, what's your message?
a) Cassiel has no clue
b) Cassiel is right
c) I have no message, just asking silly questions
d) ....?

Thomas F. hat gesagt…

@Swetoslaw Beltschew @cassiel
Grundsätzlich stimme ich Euch zu, dass es beim Tango darum geht zusammen mit der Partnerin die Musik und die Stille zu interpretieren. Das ist das hehres Ziel dem ich zustrebe.

Auf der anderen Seite habe ich persönlich mit NeoTango sehr positive Erfahrungen gemacht, die kann mir auch keiner nehmen.

cassiel hat gesagt…

@Thomas F

Ich denke, niemand will Dir Deine Wahrnehmung verdrehen. Für Tanguer@s, die schon länger im Tango unterwegs sind (das soll jetzt nicht irgendwie diskriminierend oder gar altklug wirken), klingen Deine Gedanken wie eine Erinnerung an alte Zeiten. Wahrscheinlich haben das fast alle in ihrer Tango-Jugend so erlebt. Ich bin ein großer Freund von eigenen Erfahrung, die man eben vielleicht einfach machen muss.

Mir geht es in dieser Frage eigentlich auch nur um Verständnis dafür, daß es Menschen gibt, die - nachdem sie alles andere probiert haben - sagen, sie wollen eben rein traditionlle Musik hören. Ich habe da häufiger den Eindruck, daß dieses Anliegen einfach und ohne weitere Begründung zurückgewiesen wird. Deswegen habe ich auch die ursprüngliche Antwort auf den offenen Brief von Annette Postel geschrieben...

Chris hat gesagt…

Cassiel wrote: "Haven't been to Bs As yet... :-(<"

OK, then I'd be interested to hear the basis for your belief that all the milongas you visit are pure traditional.

And to hear one or two examples of milongas outside Bs As that you consider to be pure traditional.

cassiel hat gesagt…

I think, most european encuentros are traditional. Moreover I enjoy every milonga offering traditional music (form the late twenties until ~55) structured in tandas with people respecting the ronda, inviting each other by cabeceo...

Chris hat gesagt…

Cassiel wrote: "I think, most european encuentros are traditional."

Aha. Cassiel, do be prepared for a surprise when you visit Bs As. The number of traditional 'encuentros' you'll find there is approximately zero! :) Good luck!

tangochristian hat gesagt…

...wie schon so oft frage ich mich, wenn ich sowas über BsAs, bzw. über das Tango-Tanzen in BsAs lese, wo ich denn eigentlich war, und das nun schon drei mal. War das wirklich Buenos Aires? Aber im nächsten Mai binn ich ja wieder dort, und dann schaue ich mal, lieber Cassiel und werde es Dir dann berichten.
Grüße aus OWL!
Christian

_wannadance hat gesagt…

Zum Thema traditionelle Musik kann tatsächlich auch ich in meinen jungen Jahren und als relativer Tangoneuling etwas dazu beitragen. Sogar gleich zwei Erfahrungen.

Teil 1: Ich stecke zurzeit mitten in meinem Musikstudium und da werden wir dazu genötigt [ ;-) ] klassische Werke („klassisch“ natürlich im Sinne der sog. „klassischen“ also E[rnsten]-Musik) aus allen erdenklichen musikalischen Epochen zu spielen. Viele meiner KomilitonenInnen halten das – insbesondere wegen der „alten Musik (sprich: Renaissance und alles was davor war) – für reine Zeitverschwendung – Stunden, in denen sie andere, „wichtigere“ Werke hätten üben können. Ich jedoch (als grosser Freund der ganz alten Musik) sehe das als sehr sinnvoll. Wenn man viele verschiedene Werke spielt versucht man sie meist historisch korrekt zu spielen. Das führt zu einer „Stilkopie“. Dadurch lernt man auf einem Instrument sehr vieles anzuwenden, von Machaut über Mozart zu Chopin, Brahms, Bruckner, Stockhausen und Penderecki, worauf man sich ev. noch an einem Luigi Nono versucht... Das öffnet doch den Horizont für alle nachfolgenden Projekte und Werke, die man in Angriff nimmt, egal ob man in diesem Stil bereits hundert Stücke gespielt hat. Mein Dozent sagt mir immer: „Du kannst nur Bach spielen wenn du Mahler spielen und verstehen kannst. Du kannst aber Mahler auch nur dann spielen wenn du Bach und das damalige Musikverständnis und Kompositionshintergrund verstehst.“ Da gebe ich ihm vollkommen Recht!
Soviel einfach dazu, vielleicht meint jemand, das tut hier gar nichts zur Sache, dann sei es so.

_wannadance hat gesagt…

Teil 2: Eine weitere Erfahrung in meinem bescheidenen Leben besteht aus meinem Tangounterricht. In Zürich haben wir Studenten die tolle Möglichkeit, gratis an sehr vielen sportlichen Aktivitäten teilnehmen zu können. Da sind also Leute aus allen verschiedenen Richtungen der Erde und der Studienfächer, somit auch mehr oder weniger musikalische dabei. So haben wir auch zwei Tangoklassen, eine Anfängerklasse und eine für Mittlere bis Fortgeschrittene. Aus Loyalität und auch aus Freude am Tanzen besuche ich auch nach einem halben Jahr noch die Anfängergruppe, obwohl es dort eigentlich „nur“ ums gehen und führen bzw. Fühlen des Partners/der Partnerin geht. (Man hört ja schliesslich nie auf, das Gehen zu lernen!) Der dortige Tangolehrer gibt sich sehr viel Mühe, damit auch die etwas weniger musikalischen Studenten überhaupt eine Chance haben, irgendwann einmal solche Musik tänzerisch zu interpretieren. Als ich Anfangs bei ihm war hat er nur ganz traditionelle Tangomusik gespielt, eben aus der goldenen Zeit, die die man sich von den Milongas (an die ich zumindest gehe) gewohnt ist. Irgendwann aber hat er gemerkt, dass die meisten Männer (und auch Frauen, denn bei ihm lernen immer beide das Führen zumindest des einfachen Gehens) sehr viel Mühe mit dem Puls, dem Tempo und der Betonung dieser Musik haben. Für die meisten ist die „alte“ Tangomusik eher eine schwierige Musik, die sie nicht gleich verstehen. Also konnten sie auch nicht das einfache Gehen im Takt dazu üben. Was tat der Lehrer also? Er begann, auf andere Musik umzusteigen. Anfangs waren es Nuevo– und Neotango-Stücke, Gotan-Projekt, Narcotango, usw. Aber selbst das war manchen noch zu schwierig, also ist er irgendwann auf Discolieder, Swing, Jazz, Foxtrott, umgestiegen, eigentlich alles, was einen klaren Puls hat, an welchem man sich als arhythmische Person gut orientieren kann. Zu Beginn hat mich das ziemlich gestört, ich habe mich aufgeregt über diese „Banausen-Musik“, mittlerweile muss ich sagen: dadurch dass ich geübt habe, zu jeder Musik zu gehen und mich führen zu lassen bzw. zu Führen wurde auch mein Tango besser. Ausserdem ist es einfach witzig, zu einem bekannten Lied von Louis Armstrong in Tangomanier über die Fläche zu tanzen! ;-)
Diese Horizonterweiterung hat mich zu einer besseren Tänzerin gemacht, ich habe gelernt, immer meinen ganzen Körper zu spüren, zu jeder Zeit, ich brauche dazu nicht die “richtige Musik“ um in Stimmung zu kommen.
Natürlich bevorzuge auch ich die Musik aus der guten alten goldenen Zeit, besonders an Veranstaltungen wie Milongas, diejenigen, die da unbedingt das Neuste vom Neuen haben wollen, na bitteschön, es gibt ja genug solche Non-Tango-Veranstaltungen.... Wir müssen da ja nicht hin ;-)

Mein Fazit: auch ich kann nicht ganz nachvollziehen, warum man Tango zu nicht-Tangomusik tanzen möchte, aber ich halte es durchaus für sinnvoll, es einmal auszuprobieren. Für mich gilt genau dieses obige Zitat meines Dozenten auch für das Tangotanzen. Horizonterweiterungen sind schliesslich immer gut, auch im Tango. :-)

So, ich hoffe, das war nicht zu viel des Guten!
Herzliche Grüsse aus der Schweiz
Mirella