Donnerstag, 7. Mai 2015

Von der scheinbaren Unmöglichkeit die eigene Entwicklung im Tango vorherzusehen…

No, I cannot teach you the feeling, nobody can teach you the feeling…
Carlos Gavito (1942 - 2005) in einem YouTube-Video (etwa ab 3:38)

Nobody can teach you feelings…
Ricardo Vidort (1929 - 2006) in einem YouTube-Video (ab etwa: 2:02)

Neulich habe ich an einem Workshop teilgenommen, in dem es noch einmal um die absoluten Grundlagen ging. Zum wiederholten Male wurde das Gehen analysiert und ich habe mich anfänglich bei dem hochmütigen Gedanken ertappt: „Gehen? Das habe ich nun doch wirklich häufig genug gelernt.“ Minuten später habe ich erkannt, ich habe es wohl immer noch nötig, gezeigt zu bekommen, wie man „richtig“ geht.


Aber ein Gedanke, der mir in der Folge zu diesem Workshop kam, erscheint mir doch eine nähere Erörterung wert. Es geht um die scheinbare Unmöglichkeit die eigene Entwicklung im Tango vorherzusehen oder anders ausgedrückt: Am Beginn des Tangolebens kann man sich kaum vorstellen, wie sich später das Tanzen anfühlen wird. Jüngere im Tango kennen wahrscheinlich den Zustand der Überforderung. In den ersten Workshops und Kursen prasseln die Informationen auf die Lernenden ein, wie die Sternschnuppen aus den Perseiden. Gerade stehen („Was meint denn nun bitte der Unterrichtende mit dem Begriff Achse?“), Füße zusammen, Knie locker, Becken schwer, Oberkörper aufgerichtet und gestreckt, Arme spannungsfrei, Schultern offen, Nacken entspannt, Kopf aufrecht und so weiter und so fort. Wenn ich an meine ersten Versuche im Tango zurück denke, dann fällt mir immer noch auf, wie nachlässig damals mit der Haltung umgegangen wurde. Erst viel später habe ich Lehrer gefunden, die mich liebevoll aber beharrlich und nachdrücklich auf Nachlässigkeiten hingewiesen haben. Und ein weiterer Gedanke erscheint mir an dieser Stelle noch berichtenswert: Ich habe mir damals nicht vorstellen können, wie es sich einmal anfühlen wird, wenn man nicht ständig an diese Grundlagen denken muss. Nichts anderes meinten vermutlich die beiden Großmeister im Tango, deren Zitate ich über diesen Text gestellt habe: Ein Tangolehrer, eine Tangolehrerin kann die Grundlagen vermitteln, sie oder er kann elementare Fehler im Unterricht korrigieren und dann nur noch hoffen, dass die Lernenden es irgendwie schaffen. Mehr wird wohl im Workshop oder im Kurs nicht möglich sein.

Nach meiner Überzeugung brauchen die meisten Menschen im Tango einige Jahre um diese anfänglichen Schwierigkeiten zu überwinden (es mag sicherlich Ausnahmetalente geben – für den ganz überwiegenden Rest dauert es). Ich denke tatsächlich, eine Tänzerin, ein Tänzer verlässt erst dann das Anfängerdasein, wenn diese elementaren Punkte geklärt sind. Wenn ich diese Meinung von Zeit zu Zeit artikuliere, dann werde ich dafür auch schon mal deutlich kritisiert. Es werden fast immer zwei wesentliche Argumentationslinien gebraucht. Die erste Argumentation ist von der scheinbaren oder realen Angst geprägt, neue Menschen im Tango gleich von Beginn an zu verschrecken. Wenn ich es richtig verstanden habe, dann argumentieren die Anhänger dieses Gedankens damit, dass man neuen Menschen im Tango nicht zu viel zumuten darf (sonst sind sie u.U. sofort abgeschreckt und gleich wieder weg). Ich stelle mir allerdings ernsthaft die Frage, welchen „Preis“ zahlen die nach dieser Überzeugung unterrichteten Lernenden dafür? Ihnen wird vermittelt, der Tango wäre einfach, man lernt eben ein paar Figuren und schon geht es los. Die entsprechenden Resultate sind m.E. leider häufig genug in Milongas zu sehen. Dabei ist es m.E. das geringste Problem, wenn diese Menschen im Muster Paso básico oder 8cb (eight count basic) verhaftet sind. Häufig ist es viel gravierender, dass diese Menschen erhebliche grundlegende Schwierigkeiten mit der Haltung und Umarmung haben.
Die zweite Motivation, eine längere Lehr- oder Entwicklungszeit zu negieren, folgt der Idee, es gäbe sozusagen einen Tango-light. Da wird mit dem ominösen „Normalverbraucher“ argumentiert und ausgeführt, jede bzw. jeder könne selbst bestimmen, wie tief er oder sie in den Tango einsteigen möchte. Das ist bei anfänglicher Betrachtung ja vollkommen in Ordnung. Leider ist nach meinen Beobachtungen diese Haltung häufig mit einer (Ab-)Wertung des Tangos der Menschen, die sich eben etwas mehr Mühe geben, intensiver auf ihre Haltung und Umarmung achten, verbunden. Ein derartiges Verhalten finde ich dann doch bedenklich.

Wenn es um andere Formen der Freizeitbeschäftigung geht, dann ist es nach meinen Beobachtungen kein Problem, längere Zeiten bis zum Erlernen der Basis anzunehmen. Denkt man etwa an Extrembergsteigen, Klettern oder fernöstliche Kampfkunst, dann sind Menschen i.d.R. bereit, zuzugestehen, dass es Jahre dauern kann, bis man ein gewisses Niveau erreicht hat. Intensives Lernen, an sich Arbeiten und der Besuch entsprechender Fortbildungen scheint da überhaupt nicht problematisch zu sein. Im Tango trifft man allerdings - so jedenfalls meine Beobachtungen - viele sehr ungeduldige Menschen. Manche buchen Kurs um Kurs, erlernen sehr viele Figuren oder analysieren daheim im Selbststudium die z.T. sehr fragwürdigen YouTube-Videos, nur um früher oder später an den Punkt zu gelangen, es braucht Zeit.
Es wird ja regelmäßig von den strengen alten Lehrern in Buenos Aires berichtet, die ihre Schüler monate- manchmal jahrelang im Kreis gehen lassen, bevor sie der Meinung sind, ihre Schüler wären nun endlich „reif“ für die Milonga (Carlos Espinoza berichtete Ähnliches von seinen Anfängen im Tango bei Carlos Malone - vgl. Portrait von Susanne Mühlhaus in der TangoDanza Nr. 4 2014 S. 5). Erwähnt man diese Umstände in Deutschland, so hat man gute Chancen, den Spruch: „Aber wir sind doch hier nicht in Buenos Aires!“ zu hören zu bekommen. Damit an dieser Stelle keine Missverständnisse entstehen: Der Tango Argentino in Europa ist bestimmt anders als in Buenos Aires; deswegen aber nun kategorisch alle (!) Verbindungen zu negieren, halte ich für äußerst problematisch.

Zum Schluss meiner Überlegungen möchte ich noch den Gedanken von Ricordo Vidort aufgreifen. Wenn ich ihn richtig verstanden habe, dann betont er, dass ein Grund für die fehlende Möglichkeit, das Gefühl zu unterrichten, auch in seiner Ansicht begründet ist, dass jeder einen individuellen Tango tanzt. Es fühlt sich subjektiv für jeden Tänzer, für jede Tänzerin anders an. Das ist allerdings nach meinem Verständnis keine Rechtfertigung dafür, dass man aufhört, seinen Tango, das Verständnis für den Tango und die Suche nach der ehrlichen Begegnung mit den Mitmenschen in der Milonga aufgibt. Ich möchte dazu ermutigen, sich auf die intensive Suche nach diesem individuellen Tango-Gefühl zu begeben. Dafür sind m.E. Fleiss, Zeit, Geduld und Shoshin unerlässlich. Shoshin wurde vor Jahren von der Tangobloggerin Bora erwähnt. Der Begriff ist nur unzulänglich mit dem deutschen Wort „Demut“ übersetzt. Er stammt aus der Tradition der fernöstlichen Kampfkünste und bezeichnet das Bewusstsein, in allem persönlichen Streben immer ein Anfänger zu bleiben. Im Rahmen dieser Überlegungen sind vielleicht auch die Konventionen im Tango Argentino in der Form von unaufgeschriebenen Vereinbarungen einfach nur begleitende Maßnahmen, für die einzelnen Tänzerinnen und Tänzern das Erleben des Tangos sicherzustellen und nicht, wie verschiedentlich behauptet wird, ein willkürlicher Akt des Drangsalierens um Individuen in ihrer „Freiheit“ zu beschränken.

101 Anmerkung(en):

Marion VO hat gesagt…

Lieber Cassiel, danke für diesen wunderbaren Post! Ich habe gerade nach einer etwas merkwürdigen Milonga genau dieses Thema mit einem befreundeten Pastor diskutiert. Der hörte mir geduldig zu und sagte dann: "Das ist wie mit dem Glauben - es gibt Menschen, die wollen oder können nur das Äußere sehen, und andere, die ihn (Glauben oder Tango) von innen erleben wollen." Wir leben in einer schnelllebigen Zeit - wir wollen Genuss, Erfolg sofort, haben einen sofortigen Anspruch auf "Glück". Da ist es schon schwer auszuhalten, dass man "ein paar Jahre" braucht, um einigermaßen über die Grundlagen hinweg zu kommen. Dazu kommt dann offenbar ein innerer Druck, der mit der Motivation verbunden ist, Tango zu lernen. Aber das ist noch mal ein ganz anderes Thema. Ich stimme Dir vollkommen bei, dass es reine Augenwischerei ist, das Gegenteil zu behaupten. Ich will Lehrer, die mit mir Tacheles reden, die mich korrigieren, die mich arbeiten lassen, die mir sagen, dass das jetzt gerade richtig schlecht war. Und ich bin befremdet wenn ich auf Milongas gehe, auf denen eine Mehrzahl sich offenbar noch nie mit Haltung, sondern ausschließlich mit wilden Schrittkombinationen beschäftigt hat. Ich finde es als Folgende immer mehr als Zumutung, wenn ich mit Herren Tanze, die offenbar schon eine Weile Tango lernen, aber keine gemütliche Umarmung zustande bringen und deren Haltung es mir nicht ermöglicht, ihre Führung zu verstehen. Ich frage mich immer: Was haben die die ganzen Jahre gemacht? Es erfordert Mut, sich auf den Tango einzulassen. Denn man muss ziemlich genau hinsehen. Und bereit sein, an sich zu arbeiten. Ich glaube, dieser Mut ist vielen abhanden gekommen. Wie schade!!! "Tango-light" ist wie "Sperma-light: Macht schwanger aber nicht dick." (Hab ich mir nicht ausgedacht, stand mal an einer Wand geschrieben!)

Und noch ein Gedanke zu dieser "scheinbaren Unmöglichkeit", eine Entwicklung im Tango vorherzusehen. Wir gehen mit unserer ganzen Gefühlswelt in den Tango (so wir denn wie gesagt den Mut dazu aufbringen). Mit dem was und wer wir sind. Wie wir mit dem Leben umgehen, mit unserem Temperament, mit unserer Melancholie, unserer Lebensfreude, Lethargie, Traurigkeit, Zögerlichkeit, Übermut... Und dort treffen wir auf die Musik. Und andere Menschen. Was diese Musik in uns auslöst und spiegelt können wir im Tanz ausdrücken. Und keiner kann vorhersehen, ob wir überhaupt eine Resonanz zur Musik in uns spüren werden, und wenn ja, ob wir es schaffen, diese Resonanz in Bewegung umzusetzen. Drei Hauptsäulen: Die Musik, die Bewegung, die Umarmung/das Zusammenspiel mit meinem Gegenüber. Ich glaube, dass es so unvorhersehbar ist, ob jemand die Fähigkeit entwickelt, diese drei Haupt-Säulen in Beziehung zu setzen.

Hui - ich habe mich richtig in Fahrt geschrieben. Danke für die schöne Anregung!

Toscabelle

cassiel hat gesagt…

Liebe Kollegin Toscabelle, vielen Dank für Deinen kraftvollen und leidenschaftlichen Text (ich finde ihn viel besser, als meine Versuche, das Thema greifbar zu machen).

Und für den Rest der hier Mitlesenden:

Mehr von Toscabelles wunderbaren Gedanken findet man in ihrem Blog, das ich mit großer Freude hier noch einmal verlinke und herzlichst zur regelmäßigen Lektüre empfehle:

I can tango – can I?

Blogger-Versteherin hat gesagt…

Also ich bemühe mich ja, Euch zu verstehen...
Ok, Tango ist demnach ein tiefes Mysterium: es ansatzweise zu ergründen darf frühestens nach 20 Jahren Training des "caminar" gehofft werden.

Aber was um Himmels willen soll die Geschichte mit dem Sperma light?

An meiner Wand stand: "Ein bißchen schwanger gibt es nicht." Das find ich stimmiger.
AUCH beim Tango. Also echt.

Anonym hat gesagt…

Blogger-Missversteherin, wo Du die 20 Jahre hergenommen hast, bleibt Dein Geheimnis. Es sind grob geschätzt mindestens drei bis fünf Jahre. Andererseits gibt es auch Menschen im Tango, die es nach 12 bis 15 Jahren leider immer noch nicht verstanden haben. Deswegen sind Jahreszahlen schwierig.

Wenn die Zahl der Jahre für Dich so zentral ist, daß sie das Einzige sind, was Dir zum Artikel einfällt, dann hast Du vermutlich nicht viel verstanden. Das tut mir Leid für Dich.

Anonym hat gesagt…

Hallo anonyme Miss Missverstehenswollerin,

nicht jede/r ist willens oder in der Lage, zwischen überzeichnender Ironie und einer der nächtlichen Stunde geschuldeten Kürze noch des Pudels Kern zu verstehen. Jetzt hat es also Dich mal wieder erwischt, sorry :-P

Die Frage der Jahreszahlen, die war es natürlich gerade NICHT, worum es hier geht.
Vermutlich macht es jedoch nicht den geringsten Sinn, Dir das jetzt detailliert erklären zu wollen, nich wohr?

Aber vielleicht versuchst Du für den Anfang, Dir beim nächsten Mal wenigstens ein Pseudonym zuzulegen und den Anteil der aggressiven Unterstellungen in Deinen Posts zu reduzieren.

Ich höre schon sonst wieder Cassiel, wie er sich (zu Recht) Sorgen um die feine Diskussionskultur in seinem schönen Blog macht ... Viel Spaß beim Grübeln über Deiner substanziellen Replik ;-)

Anonym hat gesagt…

Das oben eingefügte Pseudonym wurde von der Blog-Software offenbar geschluckt, ergibt sich jedoch vermutlich aus dem Kontext ... Dennoch sorry ;-)

Blogger-Versteherin hat gesagt…

Also zurück zu einer der noch offenen Fragen:

Was soll bloß der abwegige Verweis auf das Graffiti in Sachen "Sperma light"?

Wie gesagt:
"Ein bißchen schwanger gibt es einfach nicht."

Auch nicht beim Tango!

cassiel hat gesagt…

Um die Diskussion auf dem Nebengleis schnell zu beenden: Ich denke, der Gaffiti-Künstler oder Toscabelle haben es versehentlich vertauscht. Es müsste natürlich heißen: macht dick aber nicht schwanger.

Können wir dann jetzt zum Thema zurückkehren?

Donato hat gesagt…

Liebe Toscabelle!
Du meinst, dass es wohl unvorhersehbar ist, ob jemand die entscheidenden Säulen des Tango lernt. Ich meine, entscheidend wäre bei so einer Vorhersage (und das gilt ja für vieles in unserem Leben),zu wissen, ob die betreffende Person den Tango wirklich verstehen will. Das heißt eigentlich auch, ob man/frau den Paar-Tanz - und letztendlich den Tanz generell - verstehen will. Verstehen heißt natürlich auch Bemühung und Arbeit. Aber mit einer guten Tanz-Partnerin und guten Tanz-Lehrern (ein Thema für sich) ist diese "Arbeit" sehr vergnüglich. Der Weg ist das Ziel!Bei Vielen in den Tanzschulen und in der Tangoszene sehe ich dieses Verstehenwollen nicht. Das ist auch nicht schlimm, solange sie meiner Tanzpartnerin nicht in die Hacken treten. Wahrscheinlich gibt es wiederum Gebiete im Leben, in die sie wesentlich mehr Intensität hineinstecken als ich. Und, naja, ein bißchen Bewegungstalent beschleunigt die Angelegenheit. Aber das kann (fast) jeder lernen.
Gruß von Donato.

haribold hat gesagt…

Einer der Gründe, warum mir Tango nicht langweilig wird, ist die Einsicht: Ich kann am Tango wachsen, werde ihm aber nie gewachsen sein. Schnell und schmerzvoll habe ich gelernt, dass ich Tango nicht mal eben schnell lernen kann. Nachdem ich das akzeptieren konnte, fing es langsam an, Spaß zu machen. Heute hoffe ich, dass ich den Spaß am Lernen behalten kann. Im Sinne von: Der Weg ist das Ziel.

Länger als Tango versuche ich, Golf spielen zu lernen. Da gibt es erstaunliche Parallelen. Z.B. kann der kürzeste Golfwitz 1:1 auf Tango übertragen werden. Er lautet: "Ich kann's!" Und in beiden Disziplinen lernt man Demut. Oder Shoshin, wie ich von Cassiel gelernt habe.

Noch eine Bemerkung zu toscabelle:
Tango ist auch nonverbale Kommunikation im Paar. Bei Kommunikationsstörungen gibt es generell drei Ursachen: 1. Senderfehler. 2. Empfängerfehler. 3. Leitungsstörung. Denk mal drüber nach, bevor Du der Umarmung oder Haltung Deiner Tanzpartner die Schuld daran gibst, wenn DU die Führung nicht verstehst.

Anonym hat gesagt…

@haribold

den wichtigsten Fehler hast du übersehen, das Sende/Empfangsprotokoll nicht eigehalten
z.b. das Quittieren nicht abgewartet

Unknown hat gesagt…

Zurück von einer herrlichen Wochenend-Tango-Veranstaltung, die meinen Herzen mit aufregende Cabaceos, sinnliche Umarmungen und erfühlende Tandas erfreut hat, entdecke ich diese zwei bemerkenswerten Beiträge - danke an Cassiel und an Toscabelle.

Warum ist es wichtig die Basics zu beherrschen?
Warum ist es unmöglich Gefühle zu Unterrichten?
Warum ist es unmöglich die eigene Entwicklung im Tango vorherzusehen.

Diese Fragen beschäftigen mich seit längerer Zeit und offensichtlich bin ich damit nicht allein.

Ich habe auch weitere Fragen, die ich hier gerne Stellen möchte:

Warum gibt es Tänzer, die glauben, dass ohne das Beherrschen des „Handwerks“ tanzen können? Wer gibt solche Tänzer das Recht auf eine Milonga zu erscheinen und die Mitmenschen zu quellen. Ich schreibe hier nicht über Tänzer mit geringen Tanzerfahrungen, die selbstverständlich zu Milongas kommen sollen und seine Tanzfähigkeiten in der Ronda ausbauen. Wenn ich mit eine Anfängerin tanze, merke ich relativ schnell auf welche Level sie ist und passe mein Tanz auf ihre Fähigkeiten an. Ich denke eine fortgeschrittene Tänzerin macht das gleiche. Ich schreibe hier über Tänzer, die nach Jahre nicht begriffen haben (oder haben wollen), dass eine Figur ohne Führung zu tanzen gleich einen körperliche Missbrauch der Partnerin ist. Ich schreibe über Tänzerinnen, die nicht begriffen haben, dass Tanzen ohne seine eigene Achse zu beherrschen für den Partner stundenlange Kreuzschmerzen bedeutet. Lieber Cassiel, bitte entschuldige meinen rauen Ton - für mich ist das Ignoranz.

Warum gibt es Tänzer, die nicht bereit sind, sich mit diese wunderbare Musik, die wir als Welkulturerbe gekrönt haben, zu beschäftigen? Viel muss man nicht investieren - zuhören und sich einlassen reicht. Musikalität kann man unterrichten (viele Tangolehrer praktizieren es bereits) und lernen. Sich für die Musik öffnen, seine Bewegungen mit den Feinheiten, die uns der Tango bietet „syncronisieren“ - das muss man selber tun. Sich auf den Takt zu bewegen ist relativ simpel und jeder der in der Ronda steht kann das. Aber gibt es was schöneres, als der Tanzpartnerin seine Gefühle durch die eigenen Bewegungen zu vermitteln, ihr seine eigene Geschichte über ein diSarli Stück zu erzählen?

Rückblickend, gebe ich zu, dass ich meine eigene Entwicklung im Tango nicht vorhersehen konnte. Als mein Vater mir meine erste Fotokamera schenkte, konnte ich meine Entwicklung auf dem Gebiet der Fotografie auch nicht abschätzen. Ich denke, Grund dafür ist das eigene Unwissen über dem solchen riesengroßen Gebiete wie Tanz oder Fotografie. Grund dafür ist auch, dass der Tango sich weiter entwickelt hat und ich heute ein ganz anderes Verständnis dafür habe als damals. Grund dafür ist, dass ich mich auch selber entwickelt habe und längst nicht mehr so denke wie damals, leider :)

Anonym hat gesagt…

@Swetoslaw Beltschew ..Beherrschen des „Handwerks..
Um da drum herum zu kommen hat man doch die Definition des Umarmungsorientieren Tango erfunden. Das Handwerk beherrschen ist eher Sache des bewegungsorientierten Tangos und bedeutet Arbeit. Daher auch der schlechte Ruf des hiergetanzten Milonguerostils. Wer braucht da schon Achse, Verdrehung etc ..
nur das Gefühl zählt. Sowas kann aber jeder erzeugen ohne eine Stunde Tangounterricht.
- Tja und das mit der Musik, ist es nicht eher so das viel zu oft > 90% Programm getanzt wird, völlig egal was gespielt wird und Tanzstil unabhängig. Ob Ryhtmische oder Melodiegeführte Musik, es sieht gleich aus.
- Bei der Entwicklung sehe ich sowas positiv, wäre doch sonst langweilig.

Gruesse Bert

Chris hat gesagt…

so ist es cassiel, d'accord.

Nur eines fehlt mir in der Aufzählung der skills, ahh ich bitte um Verzeihung, wieder was auszusetzen, aber ich finde es ist wichtig, das Selbstbewußtsein.

Ich meine ein gesundes Selbstbewußtsein, keinen Wahn. Der Tango erfordert Präsenz, unabhängig vom Können darf und soll ein Tänzer, eine Tänzerin das Bewußtsein seiner/ihrer selbst haben, daß er/sie etwas kann und etwas anzubieten hat. Das kann neben technischem Niveau die Musikalität sein, Körperlichkeit, Empathie, Freude.

cassiel hat gesagt…

Da sind ja inzwischen viele schöne Kommentare zusammen gekommen. Ich bedanke mich bei allen Schreibenden. Zu einzelnen Gedanken möchte ich kurz Stellung nehmen:

@Sweti 

Deine Fragen sind sicherlich berechtigt, aber der Versuch einer Antwort auf diese Fragen führt in ziemlich destruktive Regionen. Ich bin da auch in einem Lernprozess, aber ich bin mittlerweile fest davon überzeugt, dass sich die überwiegende Beschäftigung mit Negativem nachteilig auf den eigenen Tango auswirkt. Es ist ja derzeit gerade wieder populär, die „Ich-bin-dagegen“-Haltung (etikettiert als „Satire“) in das Internet hinaus zu dröhnen – ich mag mich daran nicht beteiligen. Es wäre wahrscheinlich ein Leichtes, einige bitterböse Zeilen zu diesen hartnäckig Lernresistenten zu schreiben. Es bringt nichts. Sie werden sich weiterhin für das Zentrum ihres Universums halten, ihre kruden Ideen tapfer weiter veröffentlichen und es wäre nichts gewonnen. [Nebenbei bemerkt: Diese Menschen sind, wenn sie sich im Internet äußern, häufig davon überzeugt, ihre doch recht dünn begründeten Ansichten –häufig mit Unverschämtheiten und/oder Halbwahrheiten verziert– wären jeder Kritik entzogen; schließlich ist es ja „Satire“, die durch die Kunstfreiheit geschützt sei. Der TV-Moderator, Satiriker und Zyniker Stefan Raab war auch lange dieser Ansicht. Einige zehntausend Euro Straf- und Schadensersatzzahlungen später sieht er es vielleicht inzwischen auch ein wenig differenzierter. Ein Großteil dieser möchtegern-satirischen Äußerungen kommen leider über das Niveau von Stefan Raab nicht hinaus. Ich verspüre keinerlei Lust oder Bereitschaft, mich mit diesen negativen Gedanken – in welcher Form auch immer – auseinander zu setzen. Da halte ich es doch lieber mit den vornehmen Engländern: Never argue with a fool, people might not see the difference.]

@Bert 
Da haben wir wohl komplett unterschiedliche Wahrnehmungen. So wie ich es sehe, ist der ganz überwiegende Teil der umarmungs-fokussierten Tänzer in der Lage, auch komplett ohne Arme zu führen. Die sind nur Dekoration bzw. umschließen sanft den Partner, die Partnerin. Die Führung erfolgt aus dem Oberkörper. Bei der bewegungs-fokussierten Tänzern bin ich mir da nicht immer so sicher.

@Chris 
Vielen Dank für Deine Ergänzung. Wieso sperrt sich in mir etwas, wenn ich den Begriff „Selbstbewusstsein“ im Tango lese? Vermutlich, weil ich zu viele Tänzerinnen und Tänzer getroffen habe, die darunter etwas Falsches verstehen. Häufig genug habe ich den Satz gehört: „Das steht mir zu, weil …". Diese Selbstbewusstsein halte ich für extrem gefährlich. Das Selbst-Bewusstsein, so wie Du es beschrieben hast (im eigentlichen Wortsinn), als Bewusstsein für das eigene „Selbst“ ist natürlich wichtig und notwendig für die Entwicklung im Tango. Gepaart mit Demut oder Shoshin (siehe Artikel) gehört es zu den Grundvoraussetzungen.

Anonym hat gesagt…

@cassiel,

da habe ich andere Beobachtungen gemacht. Klammergriff des Mannes, Führung mit der Hand meist in Höhe des Beckens. Ich würde mal sagen mit dem Körper führen nur sehr, sehr wenige. Ohne Arme könnten so manche nichtmal die Tanzhaltung aufrecht erhalten.
Aber man könnte ja mal eine Tanda auf einem Encuentro, ist ja immerhin gehobenes Tanzniveau, ohne Armhaltung, die locker runterhängen lassen, machen. Das Ergebnis wäre bestimmt epochal

Gruesse Bert

cassiel hat gesagt…

Unsere Beobachtungen sind wohl einfach unterschiedlich. Ich will überhaupt nicht ausschließen, dass es unter den Tänzern der geschlossenen Umarmung die von Dir beschriebenen Exemplare gibt. Die „Busfahrer“ sind aber m.E. erheblich häufiger unter den Liebhabern des Tangos in offener Umarmung zu finden.

Anonym hat gesagt…

@Caasiel,

hatte leider vergessen gehört noch dazu, besonders interessant in dem Zusammenhang sind Vorwärtsschritte der Dame, auch Vorwärtsochos

Gruesse Bert

cassiel hat gesagt…

Und selbstverständlich kann man auch Vorwärts-Schritte der Dame ohne Armeinsatz führen… Vorwärts-Ochos ebenso…

Bezweifelst Du das?

Anonym hat gesagt…

nein, ich weiss wie das geht. Ich hatte aber die Erfahrung gemacht das bei einem WS die hochgelobte M-Stil Lehrerin genau da mit der Hand am Becken zog

Gruesse Bert

cassiel hat gesagt…

Also Bert, ich denke, das hat so keinen Sinn. Im ursprünglichen Beitrag ging es weder um den Stil im Tango (offene vs. geschlossene Umarmung), es ging auch nicht darum, wie Tänzerinnen und Tänzer bei einem Encuentro tanzen. Wenn Du bei einer hochgelobte[n] M-Stil Lehrerin im Workshop unzufrieden warst, dann hättest Du das mit ihr besprechen können. Ich will gar nicht bestreiten, dass es auch schlechte Lehrer(innen) gibt, aber Deine Verallgemeinerungen hier finde ich wenig hilfreich.

Könnten wir dann jetzt zum Thema zurückkommen?

Anonym hat gesagt…

Der Gerhart dreht gerade durch .....

cassiel hat gesagt…

Wer ist Gerhart?

Anonym hat gesagt…

Na Gerhart Riegel

Theresa hat gesagt…

Ich habe schon lange ein Problem mit der Unterscheidung zwischen "umarmungsorientiertem" und "bewegungsorientiertem" Tanzen, die, glaube ich, ursprünglich von Cassiel stammt. Ich spreche jetzt nur von mir und meinen Motiven beim Tanzen, aber ich denke, vielen anderen geht es ähnlich.

Für mich ist Tanzen Bewegung mit der Musik. Schön umarmen kann ich mich mit jemand auch ohne Musik und ohne Tanzen; ich kann auch tanzen, ohne jemanden dabei zu umarmen. Aber Tango ist Tanzen in der Umarmung. Worauf ich fokussiere, ist die Bewegung *in der* Umarmung, also nicht auf eines mehr als auf das andere. Ich persönlich liebe es - wenn die Musik dazu einlädt - mich richtig kraftvoll und/oder schnell und/oder technisch raffiniert zu bewegen (ich meine mit "schnell" nicht durch den Raum pesen, schnell kann man auch auf ganz wenig Platz tanzen, z.B. mit Drehungen). Und da geht viel mehr in der engen Umarmung, als manche denken und auch lehren; nämlich dann, wenn man eine ausgezeichnete Dissoziation hat, eine gute Technik, und Spannung und Entspannung in den richtigen Körperteilen. Das herzukriegen, das braucht wirklich jahrelanges Training.

Die Unterscheidung zwischen umarmungsorientiert und bewegungsorientiert legt die Einteilung in zwei Typen nahe, die als Zerr- oder Feindbild bei den Lager-Diskussionen auftauchen: Der schlurfende, kaum sich bewegende Encuentro-Tänzer, und der rücksichtslos durch den Raum stechende, kaum mit der Partnerin verbundene "Frei-"Tänzer. Beide Typen gibt es, aber jenseits dessen gibt es eine große Vielfalt an mehr oder weniger dynamischen und gleichzeitig mehr oder weniger innig umarmenden Tanzstilen. Ich persönlich liebe, wie gesagt, dynamisches Tanzen in der engen Umarmung.

cassiel hat gesagt…

@anonym 
Aha. Du weißt aber schon, dass er sich Gerhard Riedl schreibt?

@Theresa
Ja, diese Begriffe sind von mir aus einem Artikel, in dem ich vor vier Jahren scheinbare Widersprüche bearbeitet habe. Sie sind mittlerweile auch für mein Empfinden zu Ikonen in der Diskussion geworden - Deine formulierten Bedenken teile ich. Ich denke aber, die Begriffe können ganz gut unterschiedliche Herangehensweisen an den Tango erklären.

Hier geht es zum ursprünglichen Artikel aus dem Juni 2011. Zum Teil sind die Kommentare auch sehr lesenswert.

Marion VO hat gesagt…

Oh, eine hübsche, bunte Diskussion - fein! Ich nehme meinen locker dahin assoziierten Beitrag mit dem Sperma-light zurück. Hat mich einfach nur gereizt. Bitte vergessen.

@Donato: Danke, ein Treffer, genau das meinte ich als ich sagte, man kann den Tango (oder den Glauben oder den Golfsport oder das Fotografieren...) von außen oder von innen sehen. Von außen ist es wie wenn man auf das Meer blickt - es glitzert schön, wenn die Sonne sich darauf spiegelt, es ist beeindruckend, wenn die Wellen sich auftürmen. Schaut man aber unter diese glitzernde Oberfläche, entdeckt man eine unglaubliche Welt darunter, ein ganzes Universum mit eigenen Wesen, Klängen, Farben, Dimensionen... Jeder Taucher oder Schnorchler kennt dieses Gefühl. "Wer den Tango wirklich verstehen will", taucht ein, taucht unter. Die Oberfläche ist auch schön. Aber ich will untertauchen. Und ja, die "Arbeit" daran ist sehr vergnüglich und macht süchtig!

Ach, schon wieder so ein Bild - ich bin einfach Bildermensch, kann nicht anders.

Unknown hat gesagt…

@toscabelle, schönes Bild, danke!
Wenn man versucht nur an der Oberfläche zu schwimmen, wird man ja trotzt dem nass. Ich bedaure Schwimmer, die sich nicht trauen unterzutauchen, es sei es nur mit einen Schnorchel. Und ich mag nicht, wenn mich Schwimmer als Rettungsring missbrauchen, wiel sie zu faul sind schwimmen zu lernen :)

Anonym hat gesagt…

nein , ich bin nicht Riedl und recht hast du Theresa. Ich sehe diese Definitionen sogar als hinderlich an, da wird die tänzerische Qualität vernachlässigt, weil fürs Gefühl braucht man das ja nicht. So vergisst man leider zu leicht Tango ist Tanzen, komplizierter wie manch andere Tänze, aber wie andere Tänze zum Vergnügen und Spass und kein Mantra.

Gruss Bert

Die M. hat gesagt…

@Bert: Wenn ich zwischen einem Tänzer ohne Gefühl und einem Tänzer ohne Technik wählen müsste, dann würde ich mich wohl fast immer für den Tänzer mit technischen Defiziten entscheiden.

haribold hat gesagt…

Gefühl kann man nicht lehren oder lernen, behaupten Cassiels Eingangszitate - nicht zu unrecht. Also hört mir doch auf mit dieser esoterischen Gefühlsduselei!

Ich bin schon höchst glücklich, wenn ich mit einer Tanguera tanze, die auf die Musik hört und ihre Bewegungen und Schritte mit dieser Musik in Einklang bringen kann! Ob sie das kann merke ich meist schon bei der ersten Molinette.

Und zum "Gegensatz" bewegungs-/umarmungsfokussiert: Da bin ich doch sehr für die flexible Umarmung. Geschlossen, wenn von Beiden erwünscht und möglich, offener wenn erforderlich. Die tänzerische Umarmung ist eben kein freundschaftlicher oder liebevoller hug, sondern Mittel zum tänzerischen Zweck! Nicht mehr, nicht weniger! Wer Tango tanzt, damit er mal umarmt wird, soll´s besser lassen!

wolfgang_wi hat gesagt…

Vorweg: Ich genieße die Breite des Meinungsspektrums, daher vertreten wird. Meine Anmekrung bezieth sich auf einen Formaspekt - wichtig ist er aus meiner Sicht trotzdem. Das Thema heißt "Gendering".

Ich nehme mal exemplarisch den Teil eines Antwort-Kommentars von Cassiel:

... Teil der umarmungs-fokussierten Tänzer in der Lage...(die Arme)umschließen sanft den Partner, die Partnerin.

Wenn schon, denn schon: warum am Anfang nur "Tänzer" und nicht "TänzerInnen" oder sonstwas, "Tanzenden...". Worauf ich rauswill: Die deutsche Sprache ist nicht genderkompatibel, und dies ist nicht reparabel, es sei denn, durch völlige Zerstörung des Textbilds (auf so eine Reparatur kann ich verzichten). Stellen wir uns den gleichen Text in Englisch vor - 0 Probleme.

Mein Vorschlag (an Dich, lieber Cassiel): Den ganzen Gender-Krampf lassen. Political correctness-Lippenbekenntnisse finde ich ziemlich peinlich. In einer Community, bei der immer noch die "klassischen" Geschlechterrollen und die Welt der um die 40er hochgehalten werden, außerdem sowieso reichlich deplaziert.

Etwas, das jeder bessere Suchen und Ersetzen-Algorithmus hinbekommt, sagt nichts über den Grad des Respekts Frauen gegenüber aus, oder sonst etwas Wertvolles. Es wird nur Bildschirmfläche und Zeit beim Lesen verschwendet.

Anonym hat gesagt…

@M,

warum so schwarzweiss ? Das eine schliesst das andere nicht aus. Es ist aber so je besser die Technik desto vielfältiger und interresanter können die Erlebnisse sein. Ohne Technik gibs nur viel Schunkeln und geradeaus tippeln

Gruss Bert

cassiel hat gesagt…

Schön, dass da noch Meinungen formuliert wurden. Ich bedanke mich bei allen Schreibenden für das Bemühen, eigene Gedanken zu notieren.

@haribold
In mit sperrt sich etwas, wenn ich etwas von esoterischer Gefühlsduselei lese. Das ist mir persönlich zu wertend. Ich denke, es gibt unterschiedliche Einstellungen zur Umarmung im Tango … und es ist für mein Empfinden auch durchaus gerechtfertigt, sie als freundschaftlichen bzw. liebevollen hug zu sehen. Warum nicht? Natürlich reicht das Bedürfnis, in den Arm genommen zu werden bzw. in den Arm zu nehmen, regelmäßig nicht als einzige Motivation, warum man Tango erlernt. Ich denke aber, die Umarmung ist ein wesentlicher Aspekt dieser Kulturtechnik.

@wolfgang_wi
Wir haben ja schon einmal zu dieser Frage diskutiert. Ich werde Dich vermutlich nicht von meiner Sicht der Dinge überzeugen können. Wenn man feststellt, dass das eigene Denken Sprache formt, dann wird man wahrscheinlich keinen Widerspruch zu erwarten haben. Wenn ich umgekehrt behaupten würde, Sprache formt auch das Denken, dann bin ich mir nicht mehr so sicher.
Du sprichst m.E. zu flott von Political correctness-Lippenbekenntnissen. Vielleicht versuche ich eine andere Vorstellung vorzustellen: Gerade wenn wir im Tango einer Frau die Möglichkeit eröffnen wollen, ganz in die Musik und in die Umarmung abtauchen zu können, dann ist es m.E. notwendig, ihr die Sicherheit zu vermitteln, es wird nicht auf den Rest des Lebens übertragen. Ein Baustein für diese zu vermittelnde Sicherheit ist nach meinem Verständnis eine sorgfältig Sprachwahl. Darum bemühe ich mich.
Für mich sind schon die Begriffe Führende(r) und Folgende(r) schwierig. Das hat nach meinem Sprachempfinden wenig mit der Vorstellung vom Tango als Dialog in Umarmung zur Musik zu tun. Ich assoziiere da eher einen Monolog. Nun wäre die Verwendung des Begriffspaars Vorschlagende(r) und Interpretierende(r) eher ungewöhnlich (wobei ich auch das schon diverse Male gelesen habe). Für meine Wahrnehmung beschreibt aber dieses Begriffspaar das, was da zwischen zwei Tanzenden abläuft, wesentlich besser.
Es tut mir Leid, ich werde meinen Sprachgebrauch aus den skizzierten Gründen nicht umstellen. Ich hoffe, Du liest trotzdem weiter mit und kommentierst auch.

@Bert
Ich begrüße es, wenn Du versuchst, schwarzweiss-Extreme zu vermeiden. Ich nehme aber in Deinen Texten genau dieses Überzeichnen wahr. Wenn Du von Schunkeln und geradeaus tippeln schreibst, dann versuchst Du da Bilder zu evozieren, die m.E. nicht den Kern der Unterschiede in den Auffassungen treffen. Natürlich benötigt man eine saubere Technik – aber ebenso benötigt man nach meinen Erfahrungen eine schöne und bequeme Umarmung. Gerade wenn wenig Platz auf der Tanzfläche ist, stellt eine angenehme Umarmung eine schöne Tanda sicher. Ich präsentiere hier einmal ein Video. Noelia Hurtado und Carlos Espinoza, die ich hier schon verschiedentlich mit Demos vorgestellt habe, tanzen in der gut besuchten Milonga. Für mich gehört das zur Basis im Tango: Sich auch ich in der vollen Milonga zusammen zur Musik bewegen zu können und wenn es eben nicht weiter geht, weil der Platz beschränkt ist, dann hilft eine schöne Umarmung alleine schon weiter.

haribold hat gesagt…

Lieber Cassiel, Deine Ausführungen zum Gebrauch der deutschen Sprache reizen doch ungemein zum Glossieren. Versteh es bitte so:

Du schreibst anonym und bemühst Dich trotzdem um eine "sorgfältige Sprachwahl", damit die Damen, mit denen Du tanzt, nicht denken, dass Du mehr von ihnen willst. Das funktioniert? Echt jetzt? Oder flüsterst Du ihnen ins Ohr: Keine Sorge, mein Kind, ich bin's, Cassiel, der Korrekte.

Und wenn Du einen Vorwärtsschritt machen möchtest, ist das dann als Vorschlag an sie gemeint, rückwärts zu gehen? Sie kann auch stehen bleiben oder einen Gegenvorschlag machen? Jetzt verstehe ich endlich, warum manche Paare so lang brauchen, bis sie endlich lostanzen!

cassiel hat gesagt…

@haribold

Bei Deinen Zeilen habe ich geschmunzelt. Auf den ersten Blick hast Du vollkommen Recht: Beim Schreiben unter Pseudonym ist es eigentlich überflüssig, sich tiefere Gedanken über die Sprachverwendung zu machen. Allerdings möchte ich zu bedenken geben, dass auch ich die Aufspaltung in einen realen Tänzer und eine virtuelle Bloggerpersönlichkeit nicht zu weit treiben möchte. :-)

Und zu Deinem letzten Absatz kann ich nur schreiben, dass ich die Schärfe aus dem scheinbaren Konflikt nehmen möchte. Natürlich kann man alles auf die Spitze treiben und jeden noch so unmöglichen Fall als scheinbares Beispiel für eine unzutreffende These heranziehen. Wenn wir uns beide auf Extrempositionen zurückziehen, werden wir uns immer glänzend missverstehen. Klar lassen sich manche Paare enorm viel Zeit vor dem ersten Schritt. Solange sie damit nicht andere Paare behindern, ist das m.E. im Bereich der persönlichen Freiheit. Ich könnte jetzt hier von Tangueros schreiben, die in eine unerklärliche Hetzerei verfallen, sobald sie eine Frau in den Arm nehmen. Das würde unser gegenseitiges Nicht-Verstehen nur weiter zementieren. Ich kann es nicht anders ausdrücken: Für mich bleibt der Tango Dialog zur Musik und ich möchte nicht, dass diese Kommunikation im Paar zu einem Monolog verkommt.

Anonym hat gesagt…

@Cassiel, "tanzen in der gut besuchten Milonga". das sehe ich als schlechtes Beispiel. Die Milonga sehe ich nicht als besonders voll eher normal. Das Paar das du ansprichst tanzt in der Mitte, so habe ich sie auch bei uns in de Milonga erlebt. Dazu ewiger Stehtango, in der Aussenbahn nogo, da würden sie andere Paare lange blockieren und wenn sie sich bewegen geht es in alle Richtungen. Dann eher schon sowas
https://www.youtube.com/watch?v=yYkOT5yUfD8

zur Technik, diese sehe ich essentiell, nur damit bekommt man Ruhe in den Tango, dann bekommt man Zeit für die Tanzpartnerin und die Musik, andernfalls muss man Laufen bestenfalls Taktlaufen, ewige Gewichtswechsel am Platz mit der Tanzpartnerin im Schlepp.

Gruss Bert


Anonym hat gesagt…

https://www.youtube.com/watch?v=uScpMc-C9oo

wäre mein Beispiel für gut getanzten Tango in der Milonga, da ist auch nicht dieses Schwingen, was man leider so oftsieht, was meiner Meinung nach durch das "ich muss was tun auf jeden Taktschlag" entsteht

Gruss Bert

wolfgang_wi hat gesagt…

Ich habe mir die beiden letztgenannten Videos angesehen. Das vom letzten Anonym vorgeschlagene (letzte Ziffern UfD8 in der URL) Video wäre für mich der Anlaß, diese Milonga zu meiden. Nur auf der Stelle drehen, egal ob die Musik nun „Drehung“ oder „Linear“ sagt, einfach weil nichts anderes möglich ist - Berts Beispiel (C9oo) zeigt, um wieviel mehr die tänzerischen Ausdrucksmöglichkeiten schon zunehmen, wenn es nur einen halben Meter mehr "Auslauf" pro Paar gibt.

Ich vergleiche die Tango-„Technik“ mit einer Sprache. Je mehr Vokabeln und Grammatik ich beherrsche, desto komplexere Gedanken kann ich ausdrücken und desto interessantere Gespräche kann ich führen. Eine überfüllte Tanzfläche – oder durch „Stehlampen“ blockierte Räume – ist wie eine lärmerfüllte Umgebung, die mich zwingt, mein Vokabular zu reduzieren, damit mein Gegenüber die Worte noch durch Raten voneinander unterscheiden kann.

Das Gleiche gilt nebenbei auch für eine ständig enge Tanzhaltung.

Natürlich hilft eine bessere Technik, mit solchen Beschränkungen klarzukommen, und als Spitzentänzer ist bestimmt auch das gelegentliche „einfach nur in Zeitlupe drehen“ sehr angenehm. Mit dem gleichen Technik-Level kann man aber bei besseren Raumbedingungen wesentlich mehr Spaß haben, einfach weil man – analog wieder zur Sprache - ein breiteres Spektrum von Dingen ausdrücken kann. Und – lieber Cassiel, in dieser Hinsicht habe ich meine Einstellung nicht geändert – Tango ist wirklich mehr als Zen mit Bandoneon. Es wurde mal der Vergleich mit Martial Arts gezogen – der Weg ist das Ziel und so weiter. Da kenne ich mich wirklich ein klein wenig aus – mit dem Gürtelgrad oder der „Mönchsweisheit“ steigt in der Regel der „Spaß haben und Dinge entspannt sehen“ – Faktor.

wolfgang_wi hat gesagt…

Und..ach ja, Cassiel, zu Deiner letzten Replik.
Du schreibst: „ Wenn man feststellt, dass das eigene Denken Sprache formt, dann wird man wahrscheinlich keinen Widerspruch zu erwarten haben. Wenn ich umgekehrt behaupten würde, Sprache formt auch das Denken, dann bin ich mir nicht mehr so sicher.“

Oh ja, ich bin sicher, daß Sprache Denken formen kann. Der Fachausdruck dafür ist „Manipulation“ (bestimmt erinnern wir uns alle noch an „1984“). Wer versucht, die Kontrolle über die Sprache zu erlangen, strebt oft eben die Kontrolle über das Denken an. Egal wie hehr die Motive sind, die dabei ins Feld geführt werden – es geht im Kern darum, daß eine Minderheit versucht, einer Mehrheit vorzuschreiben, wie sie denken soll. Da gibt es immer auch untergeordnete Rollen, jemand, der die Mode aufgreift, um den eigenen Status zu verbessern oder sonstige eigene Interessen zu verfolgen.

Glücklicherweise ist es so, daß die meisten Menschen recht gute Sensoren für solche Manipulationsversuche haben, auch wenn sie nicht direkt den Finger darauflegen können. Die Sprache wird dadurch irgendwie „falsch“, gestelzt, unauthentisch. Zumal – das ist ähnlich wie bei Alarmismus auf anderen Gebieten – die Manipulatoren werden gerne ungeduldig, oder die Ziele entwickeln Resistenz – die Dosis muß ständig erhöht werden, damit die Herde ruhig bleibt. Manchmal dauert es eine Weile, bis das Ganze auffliegt – der „Kaisers neue Kleider“-Effekt. Das Ärgerliche dabei ist – es entsteht meist ziemlicher Kollateralschaden. An sich vernünftige Dinge werden dann gleich mit beerdigt oder zurückgedreht.

Wen es interessiert, wohin sowas führend kann – einfach mal „Harald Eia“ und „Gender“ in Google eingeben und selberdenkend weiterschauen/lesen.

wolfgang_wi hat gesagt…

Aller guten (?)Dinge sind 3...da werfe ich angesichts von so viel Modernität, Gender-Sensibilität und "Neuer Mann"-Sanftmut mal folgende Fragen in den Raum:Wie halten wir es denn mit der Symmetrie in der Rollenverteilung - ist ein 2-Frauen-Paar beim Encuentro denn okay? Und: Ist ein Cabeceo-Auffordern nicht eigentlich total symmetrisch? Will sagen, haben wir da nicht das Auffordern durch die Frau bzw. den/die Folgende(n) schon die ganze Zeit und es nur nicht gemerkt?

cassiel hat gesagt…

@wolfgang_wi 

Mit Deinem 3-teiligen Kommentar hast Du Dir richtig Arbeit gemacht. Vielen Dank. Ich versuche auf die wesentlichen Punkte einzugehen, obwohl wir uns mittlerweile sehr weit vom ursprünglichen Gedanken diese Diskussion entfernt haben.

In Deinem ersten Teil bemängelst Du den fehlenden Platz. Wie soll man es denn bitte lösen? Wenn eine Milonga zu voll ist, dann steht jedem Paar eben weniger Platz zu. Nach meinem Verständnis gehört es zum sozialen Tanzen dazu, sich den vorhanden Platz zu teilen und es ist die Aufgabe für die Führenden, mit dem eingeschränkten Platzangebot zurecht zu kommen.
Wenn Du die geschlossene Umarmung nicht magst, dann ist das ja Deine persönliche Angelegenheit. Da muss man sich nicht über Mitmenschen aufregen, die diese geschlossene Umarmung praktizieren. Du kannst ja Deine Umarmung flexibel gestalten und Folgende haben dann die Wahl, ob sie gerne mit Dir tanzen wollen oder es lieber lassen. Der Rest Deiner Ausführungen wird dann ein wenig persönlich (Zen mit Bandoneon). Schade.

In Deinem zweiten Teil kommst Du noch einmal zum Gender-Thema zurück. Wie Du aus meiner Beschreibung meines Sprachgebrauchs gleich eine Manipulation machst, finde ich dann doch etwas konstruiert. Vielleicht überschätzt Du da die Reichweite meines Blogs erheblich. Es ist noch immer ein privat geführtes Blog und jeder bzw. jede ist frei, hier mitzulesen (oder es eben zu lassen). Wenn ich mich also um eine ausbalancierte Sprache bemühe, dann kann ich vielleicht noch zustimmen, dass damit evtl. wach gerüttelt werden soll, eine Manipulation halte ich dann doch für sehr weit hergeholt.

Zu Deiner Frage in Teil 3: Ja, es ist in der Tat eine Frage, die sich ein Veranstalter stellen muss: Wie geht man mit Anmeldungen führender Frauen um? Wenn man das Ziel Parität hat, dann kann man eine Rollenparität oder eine Geschlechterparaität etablieren. Da es sich (noch) um eine zahlenmäßig geringes Phänomen handelt, ist das momentan nicht so drängend (das kann sich aber ändern). Und selbstverständlich ist die Frau schon jetzt nicht zur Passivität in der Aufforderungssituation verurteilt. Kennst Du den Begriff Mirada? Eine Folgende kann so einem Führenden unmissverständlich ihren Tanzwunsch übermitteln. Das ist doch unproblematisch.

Ganz generell entsteht der Eindruck, Du suchst hier primär nach Dingen, die Dir eigentlich nicht passen. Das ist zunächst vollkommen legitim, führt aber m.E. vom Tango weg. Wenn ich ständig nach dem Haar in der Suppe suche, dann werde ich es vermutlich irgendwann finden, nehme mir aber vorher die Möglichkeit, die Suppe zu genießen. Als Blogger habe ich es gelernt, mit derartig negativ intendierten Beiträgen zu leben, als Tanguero mache um solche Umgebungen einen großen Bogen. Schließlich will ich den Tango genießen.

wolfgang_wi hat gesagt…

Lieber Cassiel,

na..heute auch ein Brückentag?

Mühe…danke, geht so. Wenn es fließt, geht das Schreiben eigentlich ziemlich mühelos (ähnlich wie beim Tanzen ).

Hm…Du meinst, ich wäre eher negativ drauf, würde Punkte zum Kritisieren suchen? Eher nicht…mein Anliegen ist nur gegen „Lufthoheits“-Ansprüche aller Art gerichtet. Wie Du weißt, bin ich ein Freund der Vielfalt und der Flexibilität. Ob es nun die Musikmischung, die Bandbreite bei der Enge der Umarmung oder sonstiger „Spielregeln“ (bim Auffordern, beispielsweise). Interessant finde ich Deine Wahrnehmung – einer von uns schafft es regelmäßig, eine enorme Menge an Text mit Normierungsanspruch zu Themen wie MP3, Musikauswahl, Tanzstil und so weiter zu produzieren – kleiner Tip – ich bin es nicht.

Den fehlenden Platz auf der Milonga im ersten Video habe ich nicht bemängelt – ich habe geschrieben, eine Milonga, die regelmäßig so voll ist, würde ich meiden. Und was die Art der Umarmung angeht – lies einfach meinen Text nochmal, sicher findest Du dann die Stelle, an der steht, daß ich alle Arten von Umarmung mag.

Was den Ausdruck „Zen mit Bandoneon“ angeht – sorry, das ist nun mal das Bild, das ich da bekomme. Tango ist vieles, unter anderem hat er eben auch erotische Komponenten. Wenn Du klare Worte lieber magst als Bilder - Ich empfinde Deine Texte manchmal als etwas zu bemüht „mönchisch“, sie kommen wir wie eine Pose vor, machen mich mißtrauisch (womit wir auch wieder beim Thema Manipulation wären). Deine Empfindlichkeit auf meine eher harmlose Formulierung (sagen wir mal, auf der Skala anderer Diskussionsthemen wie das schon angesprochene „MP3“ oder „100% traditionell“) verstärkt jedenfalls meinen Eindruck, daß da unter der Oberfläche ordentlich was am Brodeln ist. Oder ich müßte Dir völlige Naivität unterstellen, was auch kein Kompliment wäre.

Zum Thema Cabeceo – ja, Du hast richtig erkannt, daß ich hier die Mirada meine. Offenbar war mein Text hier nicht deutlich genug. Es war als Einladung gemeint, das doch etwas trockene Thema Gendering mit etwas Leben zu füllen und es mal auf die Dinge der täglichen Tangopraxis anzuwenden – eben „EdO-Reenacting“ vs. Geschlechtersymmetrie. Hier würde mich nicht nur eine neutrale Auflistung der Möglichkeiten, sondern ganz konkret Deine Stellungnahme interessieren. Nicht nur Deine; vielleicht hat ja der eine oder andere Leser/Kommentierer dies Blogs dazu auch was zu sagen.

cassiel hat gesagt…

@wolfgang_wi

Nein, ich habe heute keinen Brückentag, allerdings genieße ich das Privileg, auch neben meiner Arbeit mein Blog führen zu können.

Du schreibst von Lufthoheit… ganz abgesehen davon, dass ich den Begriff nicht mag, weil er mir zu militärisch/martialisch klingt, weiß ich nicht, wie Du darauf kommst. Ich schreibe in meinem Blog von meiner Sicht der Dinge (alles andere wäre kein Blog mehr). Ich schreibe kein Sachbuch, keinen wissenschaftlichen Aufsatz. Nun listest Du auf, was Dir alles an meinen Einstellungen nicht passt. Kannst Du Dir vorstellen, dass sich auch meine Meinung im Laufe der Jahre entwickelt hat? Ich war früher ähnlich unterwegs wie Du. Mit der Zeit habe ich gemerkt, dass ich bestimmte Dinge für Fehlentwicklungen halte und dann habe ich geschrieben. Ich stelle hier Standpunkte zur Diskussion (manchmal formuliere ich sehr deutlich um ein Überlegen bei den Leserinnen und Lesern anzuregen). Lufthoheit beanspruche ich nicht. Wenn jemand - extrem formuliert - Milongas mit Neo- oder Non-Tango als MP3 bevorzugt, dann kann er das machen. Ich möchte das für mich nicht. Unter der Oberfläche brodelt bei mir nichts. Ich entwickle eine Leidenschaft für Tango und schreibe darüber; ich denke, andere halten es ähnlich. Nur weil ich zufällig ein Blog schreibe, dass einigermaßen gelesen wird, heißt das noch lange nicht, ich würde irgendwelche Dinge beanspruchen. Um das einmal zu konkretisieren: Wenn ich hier – z.T. vehement – gegen die Verwendung von MP3s anschreibe, dann folgt das meiner Überzeugung, dass die Verwendung von komprimierten Audiodateien eine unmittelbare Auswirkung auf die Qualität des Tanzens hat. Aber natürlich werde ich nicht in einer kleinen Milonga, die häufig genug mit viel Engagement und Herzblut organisiert wird, zum DJ gehe und ihm eine Grundsatzvortrag halte. Das sollte eigentlich auch hier aus dem Kontext heraus deutlich werden.

Und weil Du nach meiner persönlichen Meinung gefragt hast: Ich persönlich bin voll und ganz damit beschäftigt, die Rolle als Führender bzw. Vorschlagender zu lernen. Damit habe ich mehr als genug zu tun und darauf konzentriere ich mich. Ich meine sogar manchmal feststellen zu können, dass Frauen, die beide Rollen tanzen, im Folgen bzw. Interpretieren verändert sind, es fehlt für meine Wahrnehmung manchmal die Leichtigkeit. Aber ich spreche hier nur von meinem Eindruck; keinesfalls erhebe ich einen Anspruch auf Allgemeingültigkeit oder gar Lufthoheit. Aufgrund des fast durchgängigen Männermangels im Tango kann ich verstehen, warum manche Frauen die Führenden-Rolle erlernen wollen. Sie zahlen nach meinem Eindruck einen „hohen Preis“ dafür (u.U. leidet ihr Tango als Folgende).

Ganz generell noch einmal zum Stichwort „Kritik“: Ich kann hier im Blog einigermaßen ordentlich mit Kritik umgehen. Ich finde es ab und zu auch bereichernd zu diskutieren. Wenn sich dann irgendwann im Verlauf der Diskussion herausstellt, dass Standpunkte nicht abgeglichen werden können, dann kann man die Unterschiedlichkeit auch einfach einmal so stehen lassen. In der Milonga versuche ich, Dinge, die mich stören, auszublenden. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass mein Tango erheblich leidet, wenn ich mich nur auf negative Aspekte konzentriere.

wolfgang_wi hat gesagt…

Lieber Cassiel,

möglicherweise kennst Du den Ausdruck „Lufthoheit über den Stammtischen“ nicht. Okay, wir können auch „Deutungshoheit“ nehmen.

Im übrigen – klar, Du vertrittst Deine Ansicht. Und da Du Kommentare zuläßt, wir Leser unsere. meine. Daß Du Positionen, von deren Richtigkeit überzeugt bist, auch mit Leidenschaft vertrittst, ist ebenfalls völlig in Ordnung.
Was das angeht – ich wünsche mir sogar mehr Leidenschaft und weniger „Sachbuch“ und „Technik“. Ich würde gerne mehr über den „sense of wonder“ beim Tango lesen. Klar könnte ich auch versuchen, sowas selbst zu schreiben. Dafür bin ich aber ehrlich gesagt zu faul (und wer weiß, ob ich es hinkriegen würde – ich bin von Beruf her auch eher „Techie“.

Keine falsche Bescheidenheit (Pose, Cassiel!) – ich denke schon, daß Du Einfluß hast und das auch weißt und genießt. Mir ist daran gelegen, daß die Sichtweise, die Du vertrittst und die ich als ein Element einer Vielfalt für völlig okay halte, nicht überhand nimmt. Weil ich sie für zu eng halte und ich kein Interesse habe, daß sie sich in der Tangowelt weiter ausbreitet. Darüber hinaus darfst Du es gerne als Kompliment nehmen, daß mir der Austausch mit Dir so die Zeit dafür wert ist.

Sicher, daß Du die Phase der Leidenschaft für Themen hinter Dir gelassen hast? Ob Du es nun „deutlich formulieren, um ein Überlegen anzuregen“ nennst – was treibt Dich an? Klingt ein bißchen nach einem weisen Philosophen, der ab und zu ein Stichwort in die Arena wirft, um auch den anderen eine Chance auf Erleuchtung zu geben. Nicht mißverstehen – wäre vollkommen okay für mich; solange es mir selbst oder dem (Tango-) Umfeld, in dem ich mich bewege, etwas bringt.

Wenn ich dieser Stelle nur auf einen kleinen gefühlten Widerspruch in Deinem Kommentar hinweisen darf – wenn Du „Themen zur Diskussion stellst, um Überlegen anzuregen“ – dann aber schreibst Du, Du fändest es „ab und zu bereichernd, auch zu diskutieren“. Und ja, ich sehe auch nicht das Ziel einer jeden Diskussion darin, daß am Ende alle den gleichen irgendwie gewichteten Mittelwert aller Positionen haben. Ohne Energie und Herzblut bleibt eine Diskussion fade, und es gibt ein breites Band von Intensität, in dem diese Energie positiv bleibt.

Danke für das Beziehen der Position zum Thema „führende Frauen“. Hoffe Du denkst jetzt nicht „oh Gott, schon wieder eine Kontraposition“ – ich habe das große Privileg, eine „führende Frau“ als Kurspartnerin zu haben. Auf meiner „Bucket List“ steht auch das Folgen-Lernen, d.h. ich bin da auch noch auf das Führen beschränkt. Fest steht aber, daß das Tanzen mit dieser Frau eine besondere Qualität hat - vielleicht eine spezielle Art, in der Musik zu sein, die aus der Erfahrung des Führens kommt? Und gleichzeitig ist sie eine der „femininsten“ Tanzpartnerinnen, die ich kenne. Da leidet gar nichts.

cassiel hat gesagt…

@wolfgang_wi 

Schön, dass Du noch einmal geschrieben hast. Ein Teil meiner Motivation für dieses Blog ist es auch, mit Menschen zu diskutieren. Dabei ist es häufig sogar spannender mit Menschen zu debattieren, die eine andere Meinung vertreten. Ich achte übrigens sehr wohl die Mühe, die Du Dir mit Deinen Beiträgen gibst und schätze das auch sehr.

Das Thema führende Frauen finde ich ein gutes Beispiel für unterschiedliche Erfahrungen und Wahrnehmungen. Ich habe von meinen Wahrnehmungen berichtet (allerdings erst nach einer expliziten Aufforderung von Dir - ungefragt hätte ich das so nicht geschrieben) und Du hast von Deiner Wahrnehmung geschrieben. Beide Standpunkte sind berechtigt und beide Standpunkte lassen sich begründen. Das kann für mein Empfinden wunderbar nebeneinander existieren. Ich hoffe, Du kannst diese Einschätzung teilen.

In einem anderen Punkt muss ich vielleicht einige ergänzende Anmerkungen machen. Für meine Verbreitung oder Leserzahlen kann ich nichts. Ich denke, die Lesenden sind freiwillig gekommen und kommen auch freiwillig wieder (übrigens schreiben mir regelmäßig Menschen, dass sie nicht mehr weiter mitlesen weil ihnen mein Stil und/oder meine Themenwahl nicht gefallen; auch damit lernt man im Lauf der Zeit umzugehen). Klar weiß ich um meine Verbreitung, ob ich es auch genieße sei einmal dahingestellt. Ich kann Dir schreiben: Manchmal ist es auch ein Last, aber ich will mich nicht beklagen. Ich hatte ursprünglich einmal gedacht, ich blogge für drei Jahre; jetzt sind es mehr als sechs und mir gehen die Themen nicht aus. Das nun gewisse Themen (und u.U. meine Meinung dazu) in der Tangowelt verbreiten, kann man mir nicht vorwerfen. Ich denke die einzelnen Individuen sind frei und entscheiden das autonom. Wenn Du nun meinst, dagegen vorgehen zu müssen, dann steht Dir das natürlich frei. Ich werde allerdings zu der jeweils in meinem Blog vorgetragenen Kritik Stellung nehmen. Das finde ich vollkommen gerecht. Nebenbei bemerkt: Allein der Umstand, dass die Kommentarfunktion vollkommen frei und offen ist, mag für meine Haltung ein Indiz sein. Ich verlange von Beitragende kaum etwas. Ich wünsche mir, dass sie ein Pseudonym wählen (das erleichtert in der Diskussion den Bezug aufeinander) und ich wünsche mir, dass elementare Formen der Höflichkeit gewahrt bleiben - mehr nicht.

Ich will überhaupt nicht leugnen, dass sich mein Stil in den letzten Jahren verändert hat. Kritik (z.T. ungerechtfertigte und polemische) hat mich im Formulieren vorsichtiger werden lassen. Wenn nun bei Dir der Eindruck eines Philosophen entsteht, dann muss ich damit leben; ich kann es nicht ändern. Ich bin in meinem Schreiben auch Produkt meiner Umwelt.

Ich sehe gerade, dass ich in meinem letzten Beitrag unserer Diskussion nicht sorgfältig genug formuliert habe. Wenn ich geschrieben habe, ich fände es ab und zu bereichernd zu diskutieren dann bezog ich mich damit einzig auf meine begrenzte Zeit. Ich habe innerhalb und außerhalb des Tangos noch viele andere Tätigkeitsfelder und kann nicht immer in diesem Umfang diskutieren.

[Jetzt geht mir gerade die Zeit aus; ich kann erst wieder am Abend in mein Blog schauen – Dir und allen anderen Mitlesenden wünsche ich einen schönen Tag.]

wolfgang_wi hat gesagt…

Hallo Cassiel,

ich schon wieder - kleine Anregung noch: Möchtest Du nicht mal über Deine Erfahrung mit "führenden Frauen" schreiben? Ich bin sicher, das wäre interessante und sicher auch Diskussionen anregende Lektüre. Falls Du darüber schon mal gebloggt hast - ich habe nichts gefunden, aber es veilleicht auch übersehen. ggf. wäre ein Link auf den entsprechenden Artikel nett.

cassiel hat gesagt…

@wolfgang_wi 

Also ich denke, ich bin nicht der Richtige für einen Text über führende Frauen. Da gibt es sicherlich geeignetere Autoren. Aber da sind wir (wieder einmal) bei einer interessanten Frage zu den Texten hier im Blog angekommen (möglicherweise klingt das zunächst erstaunlich, aber vielleicht kannst Du meine Gedanken trotzdem nachvollziehen):

Ich bemühe mich ja, nicht gegen, sondern eigentlich stets für etwas zu schreiben. Leider verzerrt sich da manchmal die Rezeption (bzw. da werden auch häufig unzulässig meine Thesen verkürzt um ein scheinbares Skandälchen hoch zu kochen). Um bei Deinen Beispielen (s.o.) zu bleiben: Ich habe nicht primär gegen die Verwendung von MP3s in der Milonga geschrieben – eigentlich habe ich für die Verwendung unkomprimierter Audiodaten geschrieben. Ähnlich verhält es sich in der Frage der Musik. Mein Fokus liegt nicht auf Gegen-zeitgenössisch, sondern eigentlich schreibe ich vehement für die eigentliche Tangomusik aus dem sog. goldenen Zeitalter. Und so bemühe ich mich, hier stets positiv zu schreiben. Würde ich mich als Blogger darauf konzentrieren, immer (oder häufig) nur negativ gegen Dinge anzuschreiben, die mir nicht passen, dann würde sich das hier ganz schnell wie übelste Agitprop der Linken aus den 70ern oder 80ern lesen. Das war ziemlich spaßbefreit damals.

Ich sehe das Thema führende Frauen (oder auch: folgende Männer) nicht unkritisch. Ich sehe aber auch die Schwierigkeiten, die sich durch den häufig zu beobachtenden Frauenüberschuss ergeben. Wie sollen es denn Frauen, die ihrer eigenen Meinung nach nicht genug zum Tanzen kommen, anders machen? Aber vielleicht erzähle ich einmal exemplarisch aus einer Unterhaltung mit einer führenden Frau. Ich denke, das darf ich hier anonymisiert schon wiedergeben. Eine Frau, die gerade die Führenden-Rolle lernt, hatte einen Intensiv-Workshop zum Kreuz besucht und berichtete von der folgenden Milonga, dass sie festgestellt habe, ihre Tanzpartnerinnen hätten sie ausnahmslos nicht verstanden. Sie hatte nach eigenen Angaben intensiv versucht, das Kreuz „verkehrt“ zu führen (also die Rolle der jeweiligen Beine zu vertauschen – das linke Bein sollte also stehen und das rechte Bein sollte einkreuzen). Das hat – trotz intensiver Versuche mit vielen verschiedenen Frauen – an dem Abend nicht geklappt. In dieser Schilderung schimmerte durch, dass die Technik im Vordergrund stand und die entsprechende Dame versucht hat (mit mehreren verschiedenen Partnerinnen) ein Detail zu verwirklichen. Wenn ich es richtig verstanden habe, dann war die entsprechende Dame frustriert, weil sie dieses Detail in ihrer Führung nicht umsetzen konnte – damit war ihr Milongaerlebnis wahrscheinlich sehr unbefriedigend. Nun kann es sein, dass die entsprechenden folgenden Damen alle „unterhalb“ des Niveaus der Führenden getanzt haben, es kann natürlich auch daran gelegen haben, dass die Führende in der Kommunikation ihres Impulses möglicherweise eine Unschärfe hatte, da will ich jetzt gar nicht weiter spekulieren. Entscheidend ist m.E., dass sie immer wieder versucht hat ein technisches Detail zu realisieren und daran gescheitert ist. Damit hat sie sich (so meine Gedanken) selbst die Freude an dem Abend genommen. Es passiert mir natürlich auch, dass ich es nicht schaffe, ein Detail im Tanz zu kommunizieren. Der Unterschied liegt darin, dass ich es vielleicht noch ein zweites Mal versuche, dann aber aufgebe und nicht an diesem Detail weiter arbeite. Dafür ist mir das gemeinsame Erleben der Musik in der Milonga zu wichtig.
Das war jetzt eine Detailschilderung und ich persönlich halte dieses geschilderte Ereignis für ziemlich typisch. Das ist aber meine persönliche Meinung. Gerne veröffentliche ich einen Gastbeitrag zu dem Thema. Ich selbst kann in der Frage kaum etwas Konstruktives beisteuern. Deswegen schreibe ich keinen eigenständigen Artikel darüber.

Theresa hat gesagt…

Lieber Cassiel,

ich finde dein Beispiel für die Schattenseite führender Frauen nicht passend. Dass der Genuss der Milonga in diesem Fall eingeschränkt war, lag daran, dass sie neue Unterrichtsinhalte gleich in der Milonga anwenden wollte. Das klappt normalerweise nicht, sondern es sollte eine Phase des Übens außerhalb der Milonga dazwischen sein. Dass das Probieren unausgegorener technischer Dinge die Konzentration auf die Musik trübt, gilt jedenfalls für beide Rollen und Geschlechter. Wie viele führende Männer probieren das in den Milongas und verderben sich und der Partnerin den Musikgenuss, und ebenso folgende Frauen. Ich kann also kein spezielles Problem führender Frauen in deinem Beispiel erkennen.

Als ich vor vielen Jahren selbst zu Führen anfing, hatte ich in den ersten Monaten das Problem, dass mir die Frauenrolle nach dem Führen schwerer fiel. Aber das gab sich ab einem gewissen Level, also auch kein Grund, ein Problem bei führenden Frauen zu sehen.

cassiel hat gesagt…

@Theresa 

Vielleicht hast Du Recht und ich habe eine Kausalität gesehen, die so nicht vorhanden ist oder erst sekundär zum Tragen kommt.

Möglicherweise ist das Grundproblem ein m.E. falsch verstandener Ehrgeiz und diese Einstellung ist u.U. gehäuft bei Frauen, die die Führungsrolle lernen, zu beobachten. Damit ist dann nicht die Frau als Führende das Problem, sondern das überambitionierte Verhältnis zum Tango.

Im Endergebnis können allerdings (für mein Empfinden gehäuft) die komischen Phänomene beobachtet werden.

haribold hat gesagt…

@ Cassiel:

Dann sag doch mal im Klartext, was Du gegen führende Frauen oder folgende Männer hast?

cassiel hat gesagt…

@haribold 

Meine subjektiven Bedenken habe ich formuliert. Wie bereits geschrieben, bin ich mir durchaus bewusst, dass es ich um eine sehr subjektive Einschätzung handelt. Ich mag dazu nicht mehr schreiben – ich habe übrigens auch begründet, warum ich nur ungerne gegen etwas schreibe. Ich denke, das sollte ausreichen.

Donato hat gesagt…

Tanzende Frauen-Paare, tanzende Männerpaare? Für mich das selbe wie Frau-und-Mann-Tanzpaare. Mache mir auch keine Gedanken, warum sie zusammen tanzen. Wenn sie zusammen tanzen, weil sie sonst herumsitzen: auch super - frau macht sich unabhängig! Habe öfters hingeschaut, um zu sehen, welchen Tanzstil führende Frauen bevorzugen; brachte aber keine tiefschürfenden Erkenntnisse. Die entsprechenden Führungs-Qualitäten sind unterschiedlich. Sie sind halt auch erst - wie wir Männer - auf dem Tanz-Lernwege. Eigentlich sollte jeder einmal die "andere" Rolle ausprobieren. Wegen der tänzerischen Herausforderung, und wegen des besseren Verständnisses für die Rolle der Tanzpartnerin bzw. des Tanzpartners. Im Übrigen bewundere ich unsere Frauen, die sich von uns Männern tänzerisch führen lassen. In unserer emanzipierten Welt keine Selbstverständlichkeit und eine tänzerische Verpflichtung!

bird hat gesagt…

Hi Cassiel,

was du über das Probieren dieser "führenden" Frau geschildert hast, erlebe ich häufig bei Männern während der Milonga. Mal schwächer,damit kann ich gut leben, mal stärker ausgeprägt und wenn es zu heftig ist verweigere ich mich mittlerweile, denn das macht keine Freude, weil ich zur Puppe mutiere die die bitteschön endlich tun soll, was der Führende üben möchte und zur Musik passt das dann schon lange nicht mehr. Ich sehe da auch keinen spezifischen Zusammenhang mit "führenden" Frauen. Ganz im Gegenteil, ich habe schon eine tolle Milongarunde, mit einer dir bekannten Tanguera gehabt, für dich ich viele Männer stehen gelassen hätte, so schön innig, heiter, rhythmisch, musikalisch und gekonnt war das.

Chris hat gesagt…

auch der Rollentausch kann eine Möglichkeit sein, den eigenen Tango zu verbessern.
Allerdings gibt es viele Tänzer und Tänzerinnen, die wie Cassiel eine kritische Haltung dazu einnehmen, vor allem, weil sie eine Beeinträchtigung der erworbenen Fähigkeiten befürchten.
Ich persönlich denke, es ist einen Versuch wert. Nicht zu behebende Beschädigungen des Niveaus durch einen Versuch sehe ich als unwahrscheinlich an.

Theresa hat gesagt…

@Cassiel
Und wann ist der Ehrgeiz "falsch verstanden" und wann ist das Verhätnis zum Tango "überambitioniert"? Ja, die Leute haben verschiedene Ambitionen. Aber die mit den höchsten Ambitionen probieren nicht mal eben in der Milonga den Stoff vom Workshop, sondern üben ihn ernsthaft in einem geeigneten Ambiente. Und darin, behaupte ich, gibt es keinen Unterschied zwischen führenden Männern, führenden Frauen, folgenden Männern und folgenden Frauen.

cassiel hat gesagt…

@Theresa 

Das erstaunt mich jetzt ein wenig. Ich halte jede Form von Ehrgeiz, wenn sie das Stadium von „sich-in-Beziehung-setzen“ erreicht hat, für ziemlich kontraproduktiv.

Theresa hat gesagt…

Lieber Cassiel, ich verstehe deinen letzten Beitrag nicht. Vielleicht meinen wir mit Ehrgeiz auch was Verschiedenes? Ich meine damit das Bestreben, immer weiter zu lernen und immer besser zu tanzen, das "intrinsische Interesse" am Tango, das ja bekanntlich immer neues Feuer bekommt.

cassiel hat gesagt…

Ich weiß es nicht, ob wir verschiedene Dinge unter dem Begriff Ehrgeiz verstehen. Für mich kommt da ganz schnell ein kompetetives Moment ins Spiel und da gehen bei mir sämtliche Warnlampen an. Das halte ich für schädlich. Ich meine, auch so etwas häufiger zu beobachten Unabhängig von der ursprünglichen Gender-Frage). Allerdings gebe ich zu, es ist ein subjektiver Eindruck…

Chris hat gesagt…

kompetitiv! Aha, das Motiv, den eigenen Tango verbessern zu wollen, kann aus vielen Facetten bestehen und ich würde jetzt keine rundweg verdammen. Aber zugegeben, etwas nur zu tun, um herauszustechen, ist auf die Dauer gesehen eine ziemlich krampfige Geschichte, in jedem Lebensbereich.

Ab einem bestimmten Level, so meine persönliche Beobachtung, verlieren kompetitive Elemente an Bedeutung.

Austin hat gesagt…

Der Wettbewerbsgedanke streift fast jeden mal, zumindest fast jeden Mann, vermute ich. Bei mir war es so: als ich begann, mehr tanzen zu gehen, war ich noch nicht besonders selbstbewusst und befürchtete immer, dass Frauen, die ich auffordern würde, das Tanzen mit mir nicht gut finden würden. Also war ich sehr zögerlich und schaute viel mehr zu als ich tanzte. Und ich bewunderte die guten Tänzer, und ich beneidete die nicht so guten, denen es aber wurscht war, dass sie nicht so gut waren, weil sie trotzdem aufforderten und offenbar Spaß hatten. Eine Freundin fragte mich damals, warum ich so missmutig dreinblicke, und ich meinte, dass ich nicht sicher sei, ob dieser ausgepägte Schwanzvergleich auf den Milongas das richtige für mich sei. Sie antwortete, dass sie die Milonga überhaupt nicht als Schwanzvergleich ansehe, aber meine Äußerung verrate ihr, dass ich mich als stark im Wettbewerb stehend empfinden würde und dass mir das unangenehm sei. Trefflich erkannt, kann ich nur sagen. Eine kluge Frau.

Heute bin ich ein besserer Tänzer und ich empfinde die Milonga nicht mehr als Wettbewerb. Es gibt immer noch Typen, die deutlich besser tanzen als ich (denen schaue ich gerne zu), und es gibt immer noch die, die schlechter sind und es ist ihnen egal (denen gönne ich ihren Spaß und bewundere ihre Unbekümmertheit). Aber ich habe meine Art gefunden, beim Tango großartige Erlebnisse zu haben (klappt mal besser, mal schlechter), und dass ich das mal als Wettbewerb angesehen habe, kann ich nicht mehr nachvollziehen.

Dann noch ein Wort zu führenden Frauen: die führenden Frauen, die ich kenne, tanzen großteils einfach sehr gut und sie folgen auch großartig. Dass das eine unter dem anderen leidet, kann ich nicht beobachten.

Und noch was fällt mir ein: seit meine Partnerin einmal einen Frauen-führen-Workshop gemacht hat, versteht sie total, dass manche Musik mich nicht inspiriert und ich dann einfach schlechter tanze. Das war für unsere Tangobeziehung wirklich wertvoll, weil sie es nicht mehr für eine schwache Ausrede hält, wenn ich mal nicht gescheites zustande bringe.

haribold hat gesagt…

Hier wird viel geschwurbelt. Deshalb danke für Deinen erfrischend authentischen Beitrag, Austin! Ich kann eigentlich allem zustimmen!

wolfgang_wi hat gesagt…

Schließe mich an, Haribold. Gute starke Worte,. Austin. A propos Worte: Cassiel, Du sagst, Du möchtest für und nicht gegen etwas sein. Ehrgeiz ist ein eher negativer Begriff und drückt auch eine Einstellung aus - ein und dieselbe Sache läßt sich in weiten Bereichen auch mit positiven Begriffen beschreiben.

Noboru Wataya hat gesagt…

Ich möchte noch einen Aspekt ansprechen, den ich von mir selbst, von Gesprächen mit Tangolehrern bzw. meinen eigenen bescheidenen Erfahrungen in der Lehrerrolle kenne:

Zu Beginn einer Tangotänzerlaufbahn neigen Führende dazu sich auf das "Sammeln" von Schritten und Figuren zu konzentrieren. Anfangs wird alle Mühe und Konzentration darauf verwendet, möglichst flüssig möglichst viele auswendig gelernte Figuren aneinander zu reihen und dabei noch den Takt der Musik zu halten. Erst wenn ein "disruptiver Faktor" ins Spiel kommt, entstehen Zweifel an der Richtigkeit dieser Lernstrategie. Faktoren dieser Art wären:

1. Meine Tanzpartnerin beschwert sich immer wieder, dass es unbequem / unangenehm ist, mit mir zu tanzen.
2. Ich bin von meinem eigenen Tanzstil gelangweilt, weil ich immer wieder die gleichen Figuren tanze.
3. Ich möchte einige anspruchsvolle Figuren erlernen, scheitere aber an meiner eigenen unzulänglichen, weil vernachlässigten Technik (Gehhaltung, Körperspannung, Achse...)

Nun möchte man die Lehrer fragen: Warum legt ihr nicht schon von Anfang an höchsten Wert auf saubere Technik, gute Kommunikation im Paar und musikalisches Hören / Tanzen? Die Antwort ist: Man muss sich bei allem Bemühen um Qualität fast immer auf einen Kompromiss mit den Erwartungen der Tanzschüler einigen. Und die sind außerhalb von Bs. As. und insbesondere im Anfängerstadium alles andere als gewillt, für ihr Geld überwiegend Abende mit Gehübungen und elementaren Führen/Folgen-Übungen zu absolvieren, wie es vielleicht besser wäre. Mache ich mit den Schülern zu viele Trockenübungen, deren Sinn sie nicht einsehen (können), wird der Kurs zügig schrumpfen. Wenn ich von meinem Einkommen her auf die Einnahmen als Tangolehrer angewiesen bin, werde ich das zu vermeiden versuchen.

Was die Musikalität angeht, liegt meiner Meinung nach durchaus bei vielen Lehrern etwas im Argen. Ich hätte mir als Schüler in den ersten Jahren schon noch gewünscht, etwas über den Aufbau der klassischen Tangostücke zu erfahren, auch etwas Elementarwissen über die großen Orchester der EdO und ihre Hauptunterschiede wäre nicht schlecht gewesen, um besser einordnen zu können, was ich da gerade tue. Leider ist dieses Wissen aber bei vielen Lehrern nicht vorhanden, und ein Aerobic-artiger Ansatz wird propagiert: Zappel halt los, wenn die Musik losgeht, und wenn sie aufhört, bleibst du wieder stehen. Diese Weisheit mag für das Tanzen von Neotango meist ausreichen...

Aber auch bei der Musikalität gilt: Auch bei gut vorbereiteten Übungen zum Thema ist es schwierig, damit Tangoanfänger zu erreichen, weil der Stoff erst trocken und theoretisch wirkt und der dahinter liegende Sinn / Nutzen erst später (wenn überhaupt) verstanden wird.

Unknown hat gesagt…

@Noboru Wataya

Das was Du geschrieben hast ist sehr schön! Die Übereinstimmung mit meinem Verständnis zu den angesprochenen Themen ist fast 100%.

Nur beim Thema Musikalität möchte ich ein wenig differenzieren. Es sind mehrere Aspekte die unmöglich unter einen Nenner zu bringen sind, denke ich. Musikalität fängt für mich mit dem Tanzen auf den Takt. Ich denke Menschen mit durchschnittlichen Musikempfinden haben damit kaum Probleme. Das wird auch nicht explizit unterrichtet, sondern bestenfalls korrigiert, wenn ein Führenden grob gegen den Takt tanzt. Was unterrichtet wird sind Variationen wie z.Bsp. Verdopplungen. Allein Getanzt machen diese Variationen kein großes Problem, nur die Führung… Da scheitern die meisten Anfänger. Und was noch schlimmer ist - sie frustrieren, bis das Entschluss kommt: "ich tanze nur auf den Takt"

Ab da wird es schwierig. Tangomusik, abgesehen von einige Nuevos, hat bekanntlich auch Melodie. Die Herausforderung ist: wie bringe ich jemand bei, der jahrelang auf den Takt getanzt hat (soz. „objektiv“ - den Takt höht ja jeder), auf der Melodie zu tanzen - so zu sagen, subjektiv, unstrukturiert. Eine Melodie kann man auf 1000 verschiedene Arten vertanen, jeder Tänzer hat seine individuelle Art und jede Interpretation ist für sich gültig.

Und dann kommt noch die Sache mit den verschiedene Bewegungsarten und Qualitäten. Wann passt eine runde Bewegung (Drehung) in der Musik und wann eine gradlinige? Wann mache ich eine Pause? Wann tanze ich mit kleine, schelle Schritte, wann mit tiefe, langsame. Ich muss die Musik hören können und ja auch die Musik kennen um diese Fragen zu beantworten, falls ich das möchte. Da hilft das Erlernen der Struktur der traditionellen Tangomusik und die einzelne Style (Orchester) sehr.

Nur... wer möchte schon so tief in diesen Tanz, der wir Tango nennen, eintauchen - auf die Oberfläche bleiben ist auch einen Art zu schwimmen. Also "Zapple halt los, wenn die Musik losgeht, und wenn sie aufhört, bleibst du wieder stehen" :)

Anonym hat gesagt…

Ich würde es so sagen, Musikalität fängt dann an wenn man nicht mehr auf Takt tanzt. Es macht den Tango ruhig und nimmt dem Tänzer den Zwang immer was tun zu muessen. Dafür ist aber ebenso Technik notwendig, ohne Technik gibt es keine Ruhe.
Für das Takttanzen ist die Musik eigentlich egal, denn den Takt gibt es in EDO wie in der Disko.

Gruesse Bert

Unknown hat gesagt…

Schöne Worte @Bert.

Ich frage mich immer noch, was Musikalität im Wirklichkeit ist. Wie führt man musikalisch, wie fühlt es sich bei den Folgenden? Welche Techniken braucht man um musikalisch zu Tanzen? Warum können technisch nicht so gute Tänzer musikalisch tanzen und DJs, die jede Orchester und Richtung der EdO kennen, nicht? Und nicht zuletzt, wie vermittelt man im Unterricht Musikalität?

Anonym hat gesagt…

@Swetoslaw Beltschew

Tanzmusikalität sehe ich in Umsetzung von Dynamik und Timing, Melodiebögen, Gesang und Instrumente in Bewegung. Im Gegensatz dazu wäre bei Takttanzen die Basedrum eines Schlagzeuges führend, und mehr als Bum Bum ist es dann nicht. Oder anders, der Unterschied z.B zwischen Di Sarli und Donato liegt nicht im Takt, der ist bei beiden gleich.
Nehmen wir als Beispiel:
https://www.youtube.com/watch?v=hX6fBtiURuk&list=PL91F4DD87B62C3121&index=3
bis 0:30 Ryhmtmus, Energisch,dann fliessend weich bis 0:56, dann die Wahl zwischen Gesang und Rythmus. ab 1:32 wieder fliessend weich danach wieder erergisch Rythmisch etc ...
oder ein anders schönes Stück, schade wenn man diese Wechsel ignoriert
https://www.youtube.com/watch?v=RRumsC-CWWo&index=4&list=PL91F4DD87B62C3121
Ich finde es Schlimm wenn alles gleich vertanzt wird. Entweder wird immer gerannt oder geschlurft.

Mal die kraftvolle Arrestre oder die klagende Geige nehmen bei
https://www.youtube.com/watch?v=RR-M6KiMFjk&index=5&list=PL91F4DD87B62C3121

Gerade an der Umsetzung von Dynamik fehlt es meistens. Die Schritte selber sind nicht so wichtig.
Ohne Achse keine Zeit für die Bewegung, da man nur kurz auf einem Bein stehen kann.
Gleiches gilt für die Haltung, wer nach vorn oder hinten auf den Schritt fällt hat auch keine Zeit für die Musik.
Dissoziation für einen guten Kontakt, welcher für das Führen der Feinheiten wichtig ist.

Gruesse Bert

haribold hat gesagt…

Zum Thema Musikalität gibt es einen lesenswerten Artikel von Veronica Toumanova:

https://www.facebook.com/notes/veronica-toumanova/why-musicality-is-hard-to-teach-but-not-impossible/10152958488222499

Ich habe ihr den nachstehenden Kommentar dazu geschrieben:

Your analysis is excellent as usual. But I don't go with your conclusion. You can teach skills and technique successfully , but not musicality. Someone has it, or not. And it is frustrating to dance with a dancer without musicality. So please don't teach him but tell him the truth. Nobody except the commercial teacher has a benefit teaching such a dancer!

Anonym hat gesagt…

Gerade das Fresedostück,
https://www.youtube.com/watch?v=RR-M6KiMFjk&index=5&list=PL91F4DD87B62C3121,
ein sehr schwerer Tobak aber spannend und bestimmt sehenswert wenn Sie die Geige vertanzt und er den Rhythmus.

Gruesse Bert

Noboru Wataya hat gesagt…

Zum Thema Musikalität noch ein relativ neues Video, in dem die Musikalität und die Bewegungsqualität im Mittelpunkt stehen. Weitere Erklärungen werden überflüssig, einfach wunderbar:
https://youtu.be/uWdu3wC7GYw

bird hat gesagt…


Hi haribold,

„You can teach skills and technique successfully , but not musicality. Someone has it, or not.“

wie bist du zu dieser Meinung gekommen ?

Es ist eine finde auch ich schwer zu beantwortende Frage.
Ist man musikalisch oder hat man das Gelernt bzw. kann man das Lernen ?

Ich habe mich das auch schon gefragt und muss gestehen, zu einer befriedigenden Antwort bin ich nicht wirklich gekommen.
Vom Tangolernen oder Tangotanzen habe ich es nicht.
Das gab es entweder, wie du vermutest, als Geschenk mit in die Wiege, vielleicht hat aber mein, wenn auch nicht sehr geliebte Geigenunterricht in Kindheit und Jugend dazu beigetragen, denn Melodiebögen, Staccatos, Legatos, Ritardandis, Pianissimo ... and so on, waren tägliche Begleiter.
Musikalische Erinnerungen, vor allem des eigenen Tuns und insbesondere dessen, ob das damals Anlage war oder woanders herkam, habe ich keine greifbaren.
Die fangen bei mir erst mit dem Geigenunterricht in der zweiten Klasse an.

Kennst du irgendwelche Studien dazu ? Oder warum bist du dir so sicher, dass man das nicht Lernen kann ?

haribold hat gesagt…

@bird: Hi,

nein, ich kenne keine Studien zum Thema "Musikalität beim Tanzen angeboren oder nicht?" Immerhin ist Veronica Toumanova in ihrem oben angesprochenen Artikel auch der Meinung, es gäbe den "natural born dancer" bzw. "natural dancer" ("people who dedicate themselves to dance have this gift from birth.") Und sie räumt ein, dass sich der "not a natural dancer" viel schwerer tut.

Das entspricht meiner Erfahrung aus Tanzzusammenhängen. Ich könnte viele Beispiele machen, aber das würde den Rahmen sprengen. Letztendlich räume ich natürlich die Subjektivität meiner Meinung ein. Vielleicht haben andere Menschen andere Erfahrungen.

Ich habe einmal einen Tangokursblock besucht, in welchem es schwerpunktmäßig um Musikalität gehen sollte. Ein einzelner Tangotitel wurde in seine Bestandteile zerlegt und langsam wieder zusammengesetzt. Das ging zwangsläufig über den Kopf, aber Musikalität ist Intuition. Diesen Tangotitel kann ich jetzt "vernünftig" aber nicht mehr aus dem Bauch tanzen. Toumanova bestätigt auch diese Erfahrung: "The “naturals” often prefer not to hear too much of musical theory for it takes them out of their intuitive following of music, confuses them, requires a mental effort they never had to do. They would dance to a syncope naturally but have a hard time analysing why and how they do it."

Ich glaube auch nicht, dass man Musikalität beim Tanzen eindeutig definieren kann. Eine meiner Tanzpartnerinnen, die nach meiner Meinung über viel tänzerische Musikalität verfügt, mag es gar nicht, wenn ich bei einer Milonga (gemeint der Tanz) mal das Tempo rausnehmen möchte, weil ich eine Passage langsam empfinde. Das geht gegen ihren musikalischen Strich... Ich führe sie dann und nicht mehr die Musik uns beide.

pragmatischer Tango-Philosoph hat gesagt…

Wikipedia weiß:

Esoterik (von griechisch ἐσωτερικός esōterikós ‚innerlich‘, ‚dem inneren Bereich zugehörig‘) ist in der ursprünglichen Bedeutung des Begriffs eine philosophische Lehre, die nur für einen begrenzten „inneren“ Personenkreis zugänglich ist ... "

Hier bekommen wir mal ein Exempel aus der Tango-Szene kredenzt:
"You can teach skills and technique successfully , but not musicality."

Was mich betrifft: not my cup of tea!
Ich kenne sympathischere philosophische Denkgebäude...

Just my 2 cents ...

Austin hat gesagt…

Wir alle sind mit unterschiedlich viel und unterschiedlich geartetem musikalischem Talent gesegnet. Ein Absoluthörer muss nicht zwangsläufig gut in Rhythmus sein und umgekehrt. Oder jemand, der mit einer schlagzeugerhaften Präzision ein Tempo über eine Minute schlagen kann, muss nicht zwangsläufig hören, welche Passagen eines Tango sich für welche Bewegungen besonders eignen.

Ich stimme diesem "you cannot teach musicality"-Ansatz grundsätzlich zu, aber aus zwei Gründen sollte man ihn nicht zu ostentativ vor sich her tragen:

1. Tendenziell werden die meisten, die so etwas sagen, sich selbst für ziemlich musikalisch halten, so dass das ganze schnell mal etwas dünkelhaftes bekommen kann

2. Auch wenn jeder musikalisch irgendwo limitiert ist, finde ich es nicht verkehrt, wenn man im Rahmen seines Talents probiert, nicht nur mit dem Körper, sondern auch mit dem Ohr besser zu werden. Ich war noch nie auf einem solchen Workshop, aber ich glaube, dass so etwas eher nützt als schadet.

bird hat gesagt…

Hi haribold,

Danke für deine Antwort.
Der Text von Toumanova, den du erwähntest, hat mir gefallen.
Ja, es gibt Naturtalente und vielleicht haben andere Menschen die eben so ein "natürliches" Talent nicht besitzen es schwerer dahin zu kommen oder aber werden es, trotz Übens, nie soweit bringen wie ein "Naturtalent" das sein Talent fördert.
Was Du von dieser einen Tanzpartnerin als Beispiel schilderts, könnte doch auch nur ein verschiedenes Empfinden, Hören derselben Musik sein - daher der Wunsch nach unterschiedlicher Interpretation.
Klassische Tangomusik ist ja ziemlich komplex bzw. reich an Möglichkeiten, Fülle, da kann ich gut nachempfinden, dass du für dein Empfinden gerne Verlangsamen würdest und deine Partnerin gerade einem anderen Bereich der Musik ihre Aufmerksamkeit widmet und gerne gehabt hättet, dass du dies aufnimmst.
Wenn das passiert und einen vielleicht sogar aus dem Tanzfluss bringt, finde ich ist es schön, wenn beide im Wissen und Verstehen des anderen darüber schmunzeln können und man erkennt, ah, du bist gerade da mitgeschwungen - ich dort.

Unknown hat gesagt…

Es ist eine spannende und für mich interessante Diskussion über Musikalität entstanden. Alle Autoren - vielen Dank.

Musikalität ist für mich eine universelle Fähigkeit, die auch beim Tango zum Ausdruck kommt - sowohl beim Tanz aber auch bei Musizieren bzw. Musik wahrnehmen. Universal ist Musikalität, wie sie in so große Bereiche unserer Leben wie Interpretation von Musik, Tanz, Musikimprovisation, Wahrnehmung von Musik u.s.w. eine Rolle spielt. Ich möchte jetzt keine theoretische Abhandlung anfangen (wer sich darüber interessiert kann Internet nach dem Begriff Musikpsychologie durchforsten), sondern nur ein paar Gedanken über Musikalität zusammenstellen.

Ich finde der Gedanke von @Austin "Wir alle sind mit unterschiedlich viel und unterschiedlich geartetem musikalischem Talent gesegnet." sehr interessant. Für mich zeichnet sich folgendes Bild: 1) wir haben alle eine individuale Grenze, was Musikalität betrifft; bei einigen ist sie höher bei andern niedriger; wir kenne unsere Grenze nur sehr ungenau. 2) Unsere Startbedingungen sind nicht gleich - einige von uns hatte Musikunterricht, andere spielten oder spielen immer noch einen Musikinstrument. 3) Die Beschäftigung mit Musik führt auf jeden Fall dazu, unsere musikalische Empfinden, unsere Musikalität, zu verbessern und näher an unsere Grenzen zu kommen.4) Für mich stellt sich die Frage: kann man die eigene "Musikalitätsgrenze" überschreiten oder nicht?

Wenn man diese Gedanken weiter verfolgt, kommt man zu einige interessante Schlussfolgerungen. Z.Bsp. jemand der eine niedrige "Musikalitätsgrenze" hat aber eine Musikalische Ausbildung genossen hat bzw. sich intensiv mit Musik beschäftigt und dadurch nahe an seine Grenze gekommen ist, weist "mehr Musikalität" auf als jemand der eine hohe "Musikalitätsgrenze" besitzt aber keine Interesse für Musik entwickelt.

Ich bin überzeugt, dass man seine Musikalität in Rahmen seine individuelle "Musikalitätsgrenze" entwickeln kann und zwar indem man sich mit Musik beschäftigt. Wie man das Unterrichten kann zeigt das bemerkenswerte Artikel von Veronica Toumanova (Danke @haribold), die eine wunderbare Tänzerin und Pädagogin ist.

eine dankbare Anfängerin hat gesagt…

Ich verfolge die Diskussionen in diesem Blog seit einigen Wochen und möchte mich einmal herzlich bei allen Autoren bedanken. Wo gibt es das heute noch? Eine sachliche und respektvolle Diskussion zu einem Thema. Ich lese hier weiterhin gerne mit. Ich kann mich leider nicht zur Sache äußern weil mir das Wissen fehlt. Im Unterricht bekomme ich das auch nicht erklärt. Ich habe den Eindruck, meine Lehrer können mit der Musik auch nicht so wirklich etwas anfangen. Schade.

Noburu Wataya hat gesagt…

Derzeit scheinen Musikalitäts-Workshops (z.B. Murat Erdemsel, Joaquin Amenabar) voll im Trend zu sein. Das finde ich eine positive Entwicklung.

Wenn man vor ca. 8 Jahren einen Tänzer, der seit etwa 4 Jahren Tango tanzte, gefragt hat, was er als nächstes lernen möchte, dann waren es Rückwärts-Sacadas und gedrehte Colgadas. Heute wollen sie an Musikalität und Bewegungsqualität arbeiten.

Anonym hat gesagt…

Ich sehe das Problem nicht im Hören von Musikalität, sondern in der Umsetzung. Es fehlen die Werkzeuge das Gehörte in Bewegung zu bringen. Daher glaube ich auch nicht das diese Musikalitäts WS viel bringen. Durch Klatschen, Armwedeln oder Pfeifen verbessert sich kein Tangotänzer. Da ist der Lehrer gefragt Werkzeuge zur Umsetzung zu lehren und da sehe ich die eigentliche Baustelle. Werden diese beherrscht, dann habe ich auch Zeit für die Musik. Sonst bleibt einem nichts anderes übrig als auf das übliche Tanzprogramm zurückzugreifen auch wenn ich hundertmal bei Murat Erdemsel oder Joaquin Amenaba war.

Gruesse Bert

C. hat gesagt…

Hallo Bert,
was meinst du mit dem üblichen Tanzprogramm?
Es geht hier ums Tanzen! Und das macht man zur Musik!
Und ja, Musikalität ist lernbar. Ich kann es bestätigen
als ehemaliger Taktlegastheniker. Es dauert halt.

Für einen guten Tanz reichen Basics in der Musik.

Sei zuversichtlich.

LG C.

cassiel hat gesagt…

@Bert 

Die Diskussion hat ja nun eine erstaunliche (und spannende Entwicklung) durchlaufen. Das finde ich immer sehr reizvoll. Zu Deinem letzten Kommentar möchte ich dann doch eine Frage stellen: Wie sollen denn Deiner Meinung nach, Lehrer Musikalität unterrichten? Ich habe bei den von Dir Genannten jeweils Workshops besucht. Joaquin Amenábar fordert tatsächlich Kursteilnehmer auf, den Tango mitzusingen (oder summen). Nach seiner Überzeugung ist die Erfahrung viel intensiver (wenn ich ihn richtig verstanden habe, dann ist es wesentlicher einfacher, sich musikalisch zu bewegen, wenn man die Musik aktiv wieder akustisch wahrnehmbar von sich gibt). Da er Musiker ist, habe ich nicht unbedingt einen Grund ihm in dieser Frage zu misstrauen - es ist eben einer von vielen möglichen Wegen. Murat Erdemsel versucht über Visualisierungen seinen Schülern die Struktur des Tangos näher zu bringen. Ich habe es auch erlebt, dass er angeregt hat, Bewegungen im Workshop bewusst zu überzeichnen um der Intention der Musiker gerecht zu werden und dafür ein Wahrnehmung zu entwickeln. Natürlich kann man diese Konzepte hinterfragen, allerdings sollte man dann einen „besseren“ Vorschlag machen können.

Ich denke, dass Tangueras und Tangueros, die die grundlegenden Prinzipien von Umarmung und Kommunikation im Paar bereits begriffen haben, sich anschließend in diesen Workshops zur Musikalität entspannt voll und ganz auf die Musik konzentrieren können. Ich sehe da zunächst zwei verschiedene Disziplinen: 1. den Dialog im Paar und 2. die Musikalität. Ich denke, beide Fähigkeiten entwickeln sich zunächst parallel um irgendwann in einer Synthese aufzugehen.

Sollte ich Dich missverstanden haben, müsstest Du Deine Kritik vielleicht noch einmal präzisieren.

Anonym hat gesagt…

@cassiel

Was ich meine, als Beispiel nehme ich mal die Verdopplungen. Auch ein Musikalisches "Werkzeug". Wenn du keine Verdopplungen tanzen kannst, weil der Lehrer Sie die noch nicht beigebracht hat, nützt dir doppeltes Händeklatschen auf Schlag nichts, da noch kein (Körper)Wissen für die Tanzumsetzung da ist. Genauso ist es mit den anderen Elementen der Musikalität. Weiches oder Energisches Tanzen, dafür muss das (Körper)Wissen da sein. Das gilt gerade auch für die Führung sonst tanzt man sich nur selber. Ohne das bleibt der WS eine schnell vergängliche Theorie. Zumindest mögen diese Kurse einem das Gefühl geben was ganz Wichtiges gemacht zu haben, nun dafür legt man ja auch Geld hin.

@C. Es geht nicht darum auf dem Takt zu laufen, aber schön das du es geschafft hast.

Gruesse Bert

cassiel hat gesagt…

@Bert 

Schön, dass Du das noch einmal konkretisiert hast. Um Verdopplungen tanzen zu können ist es m.E. essentiell, dass man die Kommunikationsidee der gegenläufigen Oberkörperbewegung (häufig auch mit dem engl. Ausdruck counter body movement bezeichnet) verstanden und verinnerlicht hat. Das ist nach meiner Meinung ein Basisprinzip beim Tango und sollte daher idealerweise gleich von Anfang an unterrichtet (und praktiziert) werden. Du hast Recht, wenn man beispielsweise Verdopplungen nicht sicher und entspannt führen (bzw. tanzen) kann, dann läuft natürlich jede Bemühung, jenseits des reinen Taktes zu tanzen, ins Leere. Auf der anderen Seite ist es aber bestimmt nicht schädlich, wenn man in speziellen Workshops tiefer in das Thema Musikalität einsteigt. Vielleicht ist es aber auch primär eine Frage von Erfahrung (und somit von Zeit im Tango).

Unknown hat gesagt…

@cassiel: gut erklärt!

@Bert: Verdopplungen ist eine Variation des Tanzens auf den Takt und hat für mich wenig mit Musikalität zu tun. Auf Grund der Struktur der Tangomusik kann man (fast) auf jeden Schlag verdoppeln. Erst wenn Verdopplungen als Ausdruckselement verwendet werden, wird es musikalisch :)
Verdopplungen werden von jeden, mir bekannten Tangolehrer, in verschiedene Kontexten unterrichtet.

haribold hat gesagt…

@ Anonym, der immer nur Bert grüßt (who the fuck is Bert?):

Gefällt mir nicht, wie Du C. abgemeiert hast!

Anonym hat gesagt…

@Swetoslaw Beltschew

Ihc habe es als Bild verwendet, um das was ich meinte zu erklären

gruesse Bert

@Haribold
was meist du was
"Sei zuversichtlich."

von C. war

C. sorry war nicht so gemeint

Unknown hat gesagt…

Bitte, sei mir nicht böse, @Bert.

Ich hab verstanden, dass Du die Verdopplungen als Beispiel für die Verbindung von Musikalität und Technik verwendet hast. Meine Überzeugung ist, dass so eine Verbindung nicht gibt. Selbstverständlich ist es einfacher Musik zu interpretieren, wenn man einen großen tänzerischen "Vokabular" beherrscht. Wer bestimmte Techniken anwendet, hat für ein musikalisches Tanzen nur Vorteile, oder wie Du treffend schreibst "Ohne Achse keine Zeit für die Bewegung, da man nur kurz auf einem Bein stehen kann." Auch die Tanzerfahrungen machen es einfacher musikalisch zu Tanzen. Trotz allem, bin ich überzeugt, dass man mit sehr bescheidenen technischen Mitteln auch musikalisch tanzen kann, wenn man das möchte und wenn man die Musik spürt. Ich denke auch, dass tanzen nach erlernte Muster (das was man in den meistens Tangoschulen unterrichtet) für eine musikalische Tanzen hinderlich ist - man ist zu sehr mit den Bewegungsabläufe beschäftigt um sich auf den Musik zu konzentrieren.

Jeder muss für sich eine Mischung zw. technische skils und Musikalität finden - die Musik nur als Taktgeber zu missbrauchen finde ich schade.

Anonym hat gesagt…

@Swetoslaw Beltschew

böse ? warum denn, es ist doch eine Diskussion.
"..dass tanzen nach erlernte Muster (das was man in den meistens Tangoschulen unterrichtet) für eine musikalische Tanzen hinderlich ist."
Ich finde die Muster in dem Fall nicht hinderlich, es kommmt für Musikalität nicht auf die Schritte selber an, sondern auf das "Wie" der Schritte, ob es nach links, rechts, geradeaus oder gedreht wird ist dabei egal. Voraussetzung ist das der Ablauf der Schritte in Timing und Dynamik gesteuert werden kann, das gilt aber für Figuren wie für Improvisitation. Dafür sehe ich Technik als wichtig an, ohne Technik kein Steuern, es wird zum Zufall.

Gruesse Bert

Anonym hat gesagt…

Cassiel: Kannst Du mir das mit der gegensätzlichen Oberkörperführung erklären? Ich tanze zwar jetzt schon zwei Jahre, habe den Begriff im Unterricht aber noch nie gehört. Übrigens mein Kompliment zu diesem Forum. Mir gefällt es sehr gut.

haribold hat gesagt…

Ich versuche mal die Synthese zwischen den scheinbar gegensätzlichen Positionen von Swetoslaw und Bert: Ja, man kann mit bescheidenen technischen Mitteln auch musikalisch tanzen kann. Wenn die technisch anspruchsvolleren Schritte aber sitzen und problemlos aus dem Bewegungsgedächtnis abgerufen werden können (wichtige Voraussetzung!), kann man die natürlich auch musikalisch gut tanzen.

Bei mir ist das jedenfalls so: Wenn ich mich zu sehr auf die Technik konzentrieren muss, weil sie halt noch nicht sitzt, tanze ich mit dem Kopf und nicht mehr mit dem Gefühl für die Musik.

Noboru Wataya hat gesagt…

@Anonym "gegenläufige Oberkörperführung": Macht man beim lockeren Gehen oder Joggen ganz automatisch, der Oberkörper verdreht sich gegenüber der Hüfte bei jedem Schritt. Rechtes Bein vor, linke Schulter kommt vor usw. Als Tango-Beginner neigt man dazu, mit steifem Oberkörper zu tanzen, was man sich anschließend mühevoll wieder abgewöhnen muss, weil die leichte Verdrehung des Oberkörpers beim Gehen/Tanzen in der engen Umarmung ein wichtiges Führungssignal ist.

(@Cassiel: Könntest Du bei Gelegenheit vielleicht eine automatische Nummerierung der Beiträge einbauen? Das würde es erleichtern, in der Diskussion auf einen bestimmten Beitrag Bezug zu nehmen.)

cassiel hat gesagt…

@Noboru Wataya 

Ich habe Deinen Vorschlag aufgegriffen und ein wenig experimentiert. Leider ist (aufgrund der recht eigenwilligen Struktur der LayoutTags) eine fortlaufende Nummerierung nur mit dem Startwert 0 halbwegs elegant zu implementieren. Wenn ich die Kommentare beginnend mit 1 durchnummerieren möchte, dann müsste ich den sehr holperigen Umweg über JavaScript wählen. Das würde den Seitenaufbau extrem ausbremsen.

Ich werde das jetzt mal ein paar Tage so stehen lassen und überlegen. Momentan bin ich eher der Meinung, diesen zusätzlichen Kommentarindex braucht es nicht. Wenn man auf einen bestimmmten Kommentar verweisen möchte, dann kann man auch den Zeitstempel (unter jedem Kommentar) mit Copy & Paste einfügen.

Wolfgang_wi hat gesagt…

Lieber Cassiel, ich hoffe es ist okay wenn ich mich auf diesem Weg an Herrn Riedl wende. Ich bin aber auch nicht böse, wenn Du diesen Post löschst.
Lieber Gerhard, - eigentlich wollte ich Sie ja ignorieren, weil Sie meine Privatsphäre nicht respektieren. Ich glaube, mit Ihrer Forderung nach Offenlegen der Identität haben Sie sich einfach verrannt und wissen jetzt nicht, wie Sie ohne Gesichtsverlust wieder aus der Sache rauskommen. Ich denke, wir wissen beide, daß ihre angeführten Gründe albern sind und Sie da nur ein Hühnchen mit Cassiel rupfen wollten - hat nicht funktioniert und ich glaube, Sie sind eitel genug, um darunter zu leiden. Anyway. Das Tragische ist - ich mag Ihren Schreibstil. Okay, die Grantelei nervt manchmal etwas. Trotzdem, Sie liefern eins der Gewürze, um die Tangoblog-Suppe interessanter schmecken zu lassen; ich bin, Cassiel weiß das, ein Freund der Vielfalt und finde Uniformität langweilig.
Genug der Vorreden. Herr Riedl - Sie haben Terpsi beleidigt, und das kann ich nicht so stehen lassen. Von all den Tangoschreibern liefert sie noch am ehesten Poesie, bringt den 'sense of wonder' im Tango rüber. Grantler und Technophile gibt es schon genug. Versuchen Sie bitte nie wieder, Ihr Englisch zu übersetzen. Die feine Ironie und sprachliche Ästhetik kriegen Sie offenbar nicht adäquat übersetzt. Das ist nicht schlimm - ich glaube, nur wenige würden das schaffen.
Ansonsten - ich lese Ihre Texte schon gerne und wenn Sie es mal schaffen würden, Ihren Irrtum bezüglich der Bedeutung von Pseudonymen zu korrigieren - ich würde das Ergebnis einfach 'Respekt vor Privatsphäre' nennen - könnten wir schreibtechnisch bestimmt gute Freunde werden.

cassiel hat gesagt…

Ja, ich habe hier einen Kommentar gelöscht. Dabei war der Kommentar inhaltlich überhaupt nicht zu beanstanden, er stand nur einfach an der falschen Stelle im Internet. Sollte der Verfasser, der ein Pseudonym verwendet hat, weiteren Diskussionsbedarf haben, so kann er sich einfach bei mir per eMail melden (selbstverständlich auch von einer neu eingerichteten, neutralen eMail-Adresse).

Wolfgang_wi hat gesagt…

Nein, diskutieren wollte ich nicht. Ich glaube, wenn mal etwas Zeit ist, richte ich eine Meta-Seite mit Verweisen auf Tangoblogs und der Möglichkeit offener Bruefe etc ein..dafür war ich bisher schlicht zu faul.

cassiel hat gesagt…

Vielleicht ist das eine gute Idee (mit der zusätzlichen Seite für offene Briefe). Ich bitte noch einmal um Verständnis, dass ich derartige Kommentare hier nicht stehen lassen kann.

Viele Grüße und einen schönen Abend.

wolfgang_wi hat gesagt…

Hallo Cassiel,

ich habe meine Faulheit überwunden und eine Seite gestartet, über die ich dann auch zu Leuten sprechen kann, über deren Stöckchen ich nicht springen möchte. (https://tangoblogblog.wordpress.com/)...auch hier, ich werde es Dir nicht nachtragen, wenn Du diesen Kommentar wegen zuviel Werbung löschst. Na ja. Mal sehen, wie sich das Ganze entwickelt. Eine Offene-Brief-Seite auf deinem Blog finde ich immer noch eine gute Idee.

Viele Grüße

wolfgang_wi alias Yokoito

cassiel hat gesagt…

Lieber wolfgang_wi, warum sollte ich Deinen Kommentar löschen? Ich finde eine Vielfalt an Blogs zum Tango sehr gut. Allein schon aus diesem Grund begrüße ich Dein jüngstes Projekt. Vielleicht habe ich es in meinem Hinweis anlässlich der Löschung Deines Kommentars an eine dritte Person in meinem Blog nicht deutlich genug formuliert: Mir ging es nicht um inhaltliche Schwierigkeiten mit Deinem Beitrag. Mein Blog war nur der falsche Ort dafür. Bei bestimmten Themen und Ideen muss ich leider passen. Mein Tango leidet, wenn ich mich mit extrem negativen bzw. destruktiven Gedanken beschäftigen muss. Deswegen begrenze ich auch die Themenwahl in meinem Blog. Und nach einigen Jahren im Blogger-Zirkus muss ich nicht mehr in jeden Teich springen um zu bemerken, dass Wasser nass macht. Mir kann man immer eine eMail schreiben und ich freue mich über Vorschläge oder Texte als Gastbeiträge. Thematisch möchte ich aber nicht gezwungen sein, jedes erdenkliche Thema bearbeiten zu müssen. Ich bitte Dich herzlich um Verständnis.

Damit es angenehmer für die hier Mitlesenden wird, mache ich aus Deiner URL einen Link. Das neue Meta-Blog von wolfgang_wi:

Das TangoBlogBlog

Viel Spaß beim Lesen und viel Erfolg für wolfgang_wi…

Ich wünsche allseits ein schönes Wochenende.

die M. hat gesagt…

Wann schreibst Du eigentlich wieder? Deine Gedanken fehlen mir. Viele liebe Grüße

die M.

Anonym hat gesagt…

Liebe Leute. Es ist jetzt 2019. Keine Gedanken und Sätze finden sich hier mehr. Die ersten beiden Beiträge zum Tango haben mir am besten gefallen ganz am Anfang. Danach wurde es hier nicht mehr Austausch, sondern mehr ein Zwiegespräch und Diskussion. was ich schätzen würde, wäre eine Fortsetzung und Erzählen von schönen Begegnungen und Beispielen von positiver Weiterentwicklung. Vermutlich ist aber Cassiel schon weiter gezogen und denkt sich, was soll ich hier noch schreiben, da schreibe ich lieber woanders oder tanze mehr, als das ich irgendwas schreibe und austausche mit leuten, die ich nie wirklich treffe, die nur virtuell sind und nicht real in kommunikation. wie schade, aber vieles schöne hat ein ende und erneuert sich auf andere art. Hexos