Am Montag letzter Woche veröffentlichte TangoTunes ein weiteres Paket mit 44 Audio-Tracks (Das Orchester von Miguel Caló – Aufnahmen von 1941 - 1943) in der Reihe „GoldenEars“. Die Ausgangslage bei diesem Orchester sollte allgemein bekannt sein. Es gibt bislang eine relativ ordentliche Sammlung der Titel dieses Orchesters auf CD in der Reliquias-Serie (herausgegeben von EMI, der Rechtsnachfolgerin des damaligen Labels Odeon, bei dem Miguel Caló unter Vertrag war).
Auf meiner sehr subjektiven Werteskala für die Qualität von CDs rangierten die Reliquias-CDs früher in der Kategorie „Sehr gut“, als es dann zunehmend einfacher wurde, an japanische CDs heranzukommen (CTA und AMP) hielten die Reliquias-Scheiben im Durchschnitt immer noch ein ordentliches „Befriedigend“; einzig die CDs des argentinischen Labels Euro-Records („Colección 78 RPM“, „Archivo RCA“ u.a.) waren – jenseits der japanischen Importe – für mein Empfinden im Durchschnitt signifikant besser im Bezug auf die Güte des Transfers bzw. der Restauration. Warum Akihito Baba, die Person hinter dem japanischen Label CTA, bestimmte Interpreten – neben Rodolfo Biagi und Aníbal Troilo auch Miguel Caló – in seiner CD-Serie unberücksichtigt ließ, kann man rational nicht begründen.
In meiner CD Sammlung befanden sich also bislang hauptsächlich die CDs der Reliquias-Serie und eine CD des japanischen Labels AMP mit dem Orchester von Miguel Caló. Insofern war ich sehr neugierig, wie diese Titel in einer sorgfältig gemachten Restauration mit der heutigen Technik klingen.
Die jüngste Veröffentlichung von TangoTunes: Miguel Caló 1941 – 1943 |
Also habe ich mir in der letzten Woche am Montag die Serie online bei TangoTunes bestellt. Das geht denkbar einfach: Man eröffnet ein Kundenkonto bei TangoTunes und legt das gewünschte Produkt in den Warenkorb. Beim Checkout wird man zu PayPal umgeleitet und kann dort, entweder mit seiner bei PayPal hinterlegten Bankverbindung, oder per Kreditkarte als Einmalzahlung bezahlen. Nach meiner Erfahrung ist PayPal seriös und sicher. Unmittelbar nach dem Bezahlen gibt es im Kundenkonto einen Download-Link mit dem man die gekauften Daten unmittelbar herunterladen kann.
TangoTunes bietet zwei verschiedene Versionen der Daten an. Da sind einerseits die Daten in CD-Qualität, die mit einer Sampling-Frequenz von 44,1 kHz und eine Auflösung von 16 Bit als PCM-codierte AIFF-Datei angeboten werden. Zum anderen gibt es auch hoch aufgelöste FLACs (ein Audiodormat mit einer verlustfreien Kompression) mit 96 kHz Sampling-Frequenz und eine Auflösung von 24 Bit. Ich werde weiter unten noch kurz zu den verschiedenen Optionen schreiben.
Bevor ich über den Prozess des Einpflegens der Daten in meine Sammlung und einem ersten Höreindruck genauer schreibe, möchte ich hier über meine persönlichen Gedanken zum Werk von Miguel Caló und seinem Orchester schreiben. Diese Erkenntnisse sind keineswegs neu; es ist eine Zusammenfassung von Details, die man sich inzwischen on- und offline mühelos beschaffen kann (z.B. aus dem Buch von Michael Lavocah; z.B. aus der Biografie bei TodoTango usw.).
Miguel Caló – ein typischer Orchesterleiter der 40er
Miguel Caló (Jahrgang 1907) begann Mitte der 20er Jahre mit seiner musikalischen Laufbahn. Er spielte Bandoneon – u.a. im Orchester von Osvaldo Fresedo – bevor er 1932 seine ersten Schellacks einspielte. Seine Einspielungen in den 30er Jahren „riechen“ noch ein wenig nach Fresedo oder auch di Sarli. Der Großteil seiner Einspielungen erfolgten in diesen Jahren mit dem Sänger Carlos Dante (der später mit dem Orchester von Alfredo de Angelis größere Bekanntheit erfuhr). Diese Serie der Einspielungen in den 30er Jahren endete 1938 und ist heute seltener in den Milongas zu hören (eine Ausnahme sind die beiden Titel Las campanas und Nostalgias, die vor einige Jahren moderner waren - der Trend hat sich allerdings nach meinen Beobachtungen nicht etablieren können).1941 meldete sich Miguel Caló sehr eindrucksvoll zurück. Er hatte sein Orchester umgestellt und diese Umstellung machte das Orchester zu einer typischen Formation der 40er. Caló war es gelungen, gute, junge Musiker zu verpflichten. Am Klavier hatte Osmar Maderna Miguel Nijensohn abgelöst. Sein elegantes Spiel mit virtuosen Verzierungen (nicht so ganz „wahnsinnig“ wie beispielsweise Rodolfo Biagi) bestimmt für meine Ohren maßgeblich den Sound des Orchesters. Violinsoli strukturieren z.T. die Titel in neuartiger Art und Weise. Die erste Violine wurde von Enrique Francini gespielt, der später mit Calós Bandoneonisten, Armando Pontier ein eigenes Orchester gründete. Neben diesen großen Namen muss vielleicht auch Domingo Federico (Bandoneon) erwähnt werden. Die Bandoneon-Sektion spielte häufig Stakkato-Passagen und unterstützte so den Kontrabass in der Rhythmus-Linie.
Bei der Auswahl der Sänger bewies Miguel Caló ähnlich großes Geschick (und betrat auch Neuland). Er verplichtete den erst 16-jährigen Alberto Podestá, der nur fünf Einspielungen mit dem Orchester machte (darunter Tangos und zwei Valses), bevor er einer Abwerbung durch Carlos di Sarli folgte (di Sarli stelle Podestá im Februar 1943 für die Einspielung zwei weiterer Titel mit Miguel Caló frei; u.a. das für Podestá beinahe emblematische Stück Percal). Als zweiten Sänger verpflichtete Caló einen in der Tangowelt bis dahin unbekannten Folklore-Sänger Raúl Berón. Er wird berichtet, dass die Verantwortlichen im Rundfunk Caló bearbeiteten damit dieser die Zusammenarbeit mit Berón beende. Die Kündigung war wohl schon ausgesprochen … da explodierten die Verkaufszahlen der ersten Schellack mit Berón (Al compás del corazón). Berón blieb im Orchester (1943 „lieh“ Caló ihn allerdings an Lucio Demare aus; Berón kehrte aber zurück). Nach der Abwerbung von Alberto Podestá verpflichtete Miguel Caló den Sänger Jorge Ortiz, der mit Rodolfo Biagi schon einige erfolgreiche Aufnahmen eingespielt hatte. Diese Zusammenarbeit funktionierte wohl nicht so, wie sich das die Beteiligten vorgestellt hatten und deshalb wurde sie nach wenigen Monaten beendet. Anschließend stieß der Bariton Raúl Iriarte zum Orchester und sollte einige Jahre bleiben.
Für mein Empfinden ist diese Entwicklung beinahe typisch für ein Orchester der 40er Jahre. Miguel Caló bot der prosperierenden urbanen Gesellschaft einen neuen Klang und der wurde wohl begeistert aufgenommen. Da ist für meine Ohren ein klares Absetzen von der Tradition der 30er Jahre hörbar. Allerdings steht Caló in der Tradition von Fresedo und di Sarli, er bietet damit eine Alternative zu den vielen Orchestern, die sich in der decareanischen Tradition sahen (Troilo, Publiese, Laurenz usw.). Die hohe Qualität der Musiker war Segen und Fluch gleichermaßen. Viele große Namen, die später mit eigenen Orchestern ebenfalls erfolgreich wurden, garantierten ein Maß an Perfektion beim Musizieren und gleichzeitig war das auch der Grundstein für das spätere künstlerische „Ausbluten“ des Orchester (1945 verließen innerhalb kürzester Zeit Osmar Maderna, Armando Pontier und Enrique Francini das Orchester, damit verlor Miguel Caló beinahe auf einen Schlag seinen Pianisten, sein 1. Bandoneon und seine 1. Geige). In meiner Wahrnehmung hört man die Probleme, die dieser Exodus hinterließ, in den späteren Aufnahmen deutlich heraus.
Diese kurzen Anmerkungen mögen vielleicht verdeutlichen, welchen Stellenwert das Werk von Miguel Caló im Tango der 40er Jahre einnimmt. Selbstverständlich muss man sich diese Fakten nicht merken; man kann auch einfach nur der Musik staunend lauschen. Für mich ist es allerding immer hilfreich, diese Begebenheiten im Hinterkopf zu haben, sie erleichtern das Einordnen von Eindrücken auf die Dauer.
Das jüngst veröffentlichte Paket von Audio-Daten durch TangoTunes umfasst diese spannende Gründungsphase des Orchesters von Miguel Caló in den Jahren 1941 bis 43 (nach einer zweijährigen Pause). Es sind beinahe alle Titel in dieser Compilation enthalten (nur auf eine Polka aus dem Jahr 1941 mit Alberto Poestá wurde verzichtet). Zusätzlich gibt es ein interessantes Special: Der oben schon kurz erwähnte Titel Percal ist in zwei verschiedenen Einspielungen eines Aufnahmetages vertreten. Das ist in mancherlei Hinsicht interessant. Diese zwei Titel verdeutlichen sehr anschaulich, wie perfekt die Musiker einen Titel abrufen konnten und beinahe identisch erneut einspielen konnten. Es ist vielleicht auch eine gute Übung für die eigene Wahrnehmung, diese beiden Einspielungen gegeneinander zu hören und die tatsächlichen minimalen Unterschiede heraus zu hören. Aber das ist optional, wer solchen Übungen nichts abgewinnen kann, lässt es einfach und genießt die Aufnahmen.
Der – eher technische – Höreindruck und ein paar Anmerkungen zum Import der Daten
Nach diesen inhaltlichen Vorbemerkungen komme ich nun zum Höreindruck der neuen Daten. Die Stimmen der Sänger in diesem Daten bekommen urplötzlich ein bislang unbekanntes Leben eingehaucht. Das habe ich in den nämlichen Caló-Stücken bisher so noch nicht hören können. Dies ist vielleicht der spektakulärste erste Eindruck. Daneben bestechen diese Restaurationen durch einen klaren, trockenen, aber immer deutlich hörbaren Kontrabass. Das ist für mich eine neue – auch tänzerische – Herausforderung. In vielen bisherigen Transfers wurde der Kontrabass durch einen zu großzügig eingestellten LowCut herausgefiltert. Die Stimmführung der Violinen und der Bandoneons ist radikal transparent. Bei - auch nur halbwegs – genauem Hinhören kann man die Instrumente wesentlich besser differenzieren als bei allen bisherigen mir bekannten Transfers dieser Stücke. Das ist atemberaubend. Zusätzlich haben die Aufnahmen ihre vermutlich ursprüngliche Dynamik zurückbekommen. Damit wird erfahrbar, wie präzise diese Musiker die Lautstärke ihres Musizierens steuern konnten (in vielen anderen Transfers wurden die feinen Nuancen mit einem Kompressor oder mittels GainRiding einfach egalisiert). Mir ist bewusst, dass diese geschilderten Eindrücke ein reines „Kopfkino“ bei den Leserinnen und Lesern bleiben müssen; es geht um die eigene Wahrnehmung und die kann diese Besprechung niemals ersetzen.Mit dem Kauf und dem Download der Stücke ist es aber nicht getan, man muss die Musik auch sehr sorgfältig in den eigenen Datenbestand einpflegen. Meine digitale Bibliothek von Audiodaten umfasst inzwischen einige zehntausend Titel. Wenn man in einer solchen Situation nicht sorgfältig und genau arbeitet, dann hat man m.E. gute Chancen, Titel in der Datenbank dauerhaft zu „versenken“ – man findet sie später schlicht nicht mehr wieder. Dafür braucht man nach meiner Einschätzung eine durchgehende Konvention, wie man die Titel mit entsprechenden ID3-Tags versieht und da hat jeder ein anderes, individuelles Schema. In meinem Fall ist es beispielsweise so, dass ich in das Feld Interpret den Orchesterleiter notiere ([name]KOMMA [vorname]). Die Daten haben aber in dem entsprechenden Feld den Sänger eingetragen (dafür habe ich bei mir das ID3-Feld „Grouping“ vorgesehen). Außerdem schleichen sich leider manchmal kleinere Flüchtigkeitsfehler seitens TangoTunes ein. In meiner Lieferung war ein Titelname unüblich (Der Name: Tango y copas wurde bei der CD aus der Reliquias-Serie verwendet, die ältere Version dieses Namens lautet: Otro tango - solche Unsicherheiten lassen sich schnell mit Hilfe der Website todotango.com aus dem Weg räumen), die ID3-Tags „Album“ und „Cover“ waren bei den Titeln Bajo un cielo de estrellas und Yo soy el tango vertauscht. Ich kann mir es nur so erklären, dass in der Datenflut bei TT sich manchmal leider kleinere Fehler einschleichen und anschließend – allein aufgrund der Größe des Datenbestands - kaum entdeckt werden. Es ist auch überhaupt nicht schlimm, solche Fehler können sehr einfach korrigiert werden, man muss sich nur die Zeit nehmen, es zu tun.
Einige ausgewählte Beispiele
Vielleicht sind ein paar detailiertere Anmerkungen zu ausgesuchten Stücken aus diesem Paket hilfreich. TangoTunes bietet neben dem Paket natürlich auch Einzeltitel zum Kauf an. Sollten also noch Unsicherheiten bestehen, können Leserinnen und Leser vielleicht auch erst einmal ein paar Einzeltitel kaufen und versuchen, das Besondere dieser Transfers zu entdecken. Ich beschränke mich auf die Vorstellung von vier gesungenen Tangos. Ein Titel mit jedem Sänger (s.o.) aus der Zeit. (Selbstverständlich kann man natürlich auch andere persönliche Favoriten aus dem Paket bestellen – wenn man ein Stück besonders gut kennt, so jedenfalls meine Erfahrung, erschließt sich die neue Version viel intuitiver.)- Ber der Wahl zu einem Titel mit dem Sänger Alberto Podestá fiel mir die Auswahl schwer. Sicherlich wäre es reizvoll, seine erste Aufnahme mit dem Orchester von Miguel Caló, Yo soy el tango zu wählen. Was der damals 16-jährige an Sicherheit, künstlerischen Ausdruck und Reife zeigte, ist fraglos außergewöhnlich. Trotzdem soll es hier um den Titel Percal gehen. Wie bereits geschrieben, haben wir hier eine Besonderheit. Zwei Aufnahmen (Matrizen-Nr.: 12804 bzw. 12804-1), die an einem Tag entstanden sind, blieben erhalten. Auch in dieser Aufnahme agiert Podestá mit beinahe schlafwandlerischer Sicherheit und zeigt alle Qualitäten, die ihn zu einem der ganz großen Sänger dieser Zeit macht. Die Modulation ist reichhaltig. Vom leise, fast gehauchten Interpretationstil bis zum druckvollen markanten Halten eines Tons ist in dieser Darbietung alles vertreten, was, im Werkzeugkasten eines großen Sängers vorhanden war. Vom Charakter her nehme ich die verschiedensten Nuancierungen wahr. Es ist zart, es ist druckvoll, mal lyrisch, mal vehement. Sänger und Text verschmelzen, gehen für ein paar Minuten eine Symbiose ein. Ich finde die Aufnahmen grandios.
- Mit den Aufnahmen mit Raúl Berón habe ich persönlich eine vergleichsweise lange Geschichte (ich hatte in meiner Anfangszeit im Tango eine intensive Phase mit diesen Titeln). Inzwischen höre ich diese Stimme nicht mehr ganz so gern – für mein Empfinden ist da ein Spur Gekünsteltes in der Stimme, aber das ist meine persönliche Meinung – großartige Titel sind es trotzdem. Der Titel Un crimen mag hier als Beispiel dienen (der Titel Al Compás del corazón ist auf der gleichnamigen CD aus der Reliquias-Serie nachträglich massiv mit künstlichem Hall versehen worden, aus diesem Grund habe ich darauf verzichtet, ihn hier als Beispiel zu nennen – es wäre kein fairer Vergleich gewesen). In dem Moment, in dem Raúl Berón anhebt zu singen, wird die Musik über eine Violin-Passage noch ein Spur romantischer. Der Sänger intoniert frei und sicher. Sehr beeindruckend ist für mein Empfinden auch der Stimmumfang. Von den sonoren tiefen Lagen, bis in die oberen Regionen seiner Stimme bewegt sich Berón sehr sicher. Das ist sehr beeindruckend.
- Jorge Ortiz arbeitet nur ein paar Monate mit Miguel Caló zusammen. Dass er singen konnte hatte er bereits vorher in der Zusammenarbeit mit Rodolfo Biagi eindrucksvoll unter Beweis gestellt. Ich wähle hier einmal bewusst einen Titel, der für mein Empfinden etwas „schwächer“ ist. Pa' que seguir fordert dem Sänger eine große Breite im Stimmumfang ab und da höre ich zumindest ein paar Unsicherheiten. Gleich zu Beginn des Gesangs ist die Stimme von Ortiz den tiefen Lagen nicht 100%ig gewachsen. In der Folge finden – so zumindest meine Wahrnehmung – Sänger und Orchester nicht richtig zusammen. Eine alternative Einspielung (Troilo/Fiorentino) zeigt, wie es auch gehen kann. Natürlich ist auch Ortiz ein großartiger Sänger und auch in diesen Titeln spielt das Orchester sehr präzis; allein das Zueinanderfinden im Musizieren ist nach meiner Meinung phasenweise etwas müsam.
- Für den Sänger Raul Iriarte habe ich den Titel Gime el viento als Beispiel gewählt. Diese Stimme ist etwas tiefer angesiedelt und kommt damit dem Timbre des Orchesters m.E. sehr entgegen. Raúl Iriarte hat auch sehr eindrucksvoll überaus komplexe Arrangements eingesungen (als Beispiele seien hier der di Sarli Klassiker Verdemar und der Titel Mañana iré temprano genannt). Auch bei diesem Interpreten höre ich einen eindrucksvollen Dynamikumfang. Es gibt leise, zarte Stellen und natürlich auch überaus druckvolle Passagen. Dabei entsteht der Eindruck, dass Raúl Iriarte niemals gegen das Orchester „kämpft“. Beide ergänzen und beflügeln sich gegenseitig.
An dieser Stelle möchte ich den unschlüssigen Leserinnen und Lesern einmal den Kauf dieser vier Titel empfehlen. Jeder Titel kostet 1,49 € (in der Summe als 5,96 €) in der AIFF Version. Wer es noch um einen Titel erweitern mag, der möge vielleicht noch die alternative Version von Percal erwerben und versucht, die oben beschriebenen Unterschiede zwischen den beiden Einspielungen dieses Titels heraus zu hören.
AIFF oder hochaufgelöstes FLAC Dateiformat?
TangoTunes bietet die Tiel in der GoldenEar-Edition in zwei verschiedenen Ausführungen an. Einmal werden die Daten in CD-Qualität angeboten. Mit einer Sampling-Frequenz von 44,1 kHz und einen Datenbreite von 16 Bit; andererseits gibt es für einen Aufpreis von 30 ct pro Titel auch hochaufgelöste FLACs (mit einer Sampling-Frequenz von 96kHz und einer Tiefe von 24 Bit). Ich möchte hier kurz zu den verschiedenen Formaten schreiben. Man sollte sich m.E. sehr genau überlegen, welche Daten man kauft und anschließend spielt. Vielleicht helfen ein paar technische Anmerkungen zu den Zahlen. Mit der Sampling-Frequenz wird die Anzahl der Abtastpunkte eines Signals pro Sekunde angegeben. Bei 44,1 kHz sind es also 44.100 Einzelwerte pro Sekunde, bei 96 kHz sind es 96.000 Einzelwerte pro Sekunde. Ich habe schon häufiger die Ansicht vorgetragen gehört, die höhere Sampling-Frequenz bedeute „genauere“ Daten. Das stimmt so nicht. Nach dem Nyquist-Shannon-Theorem ist die Konvertierung eines digitalen in ein analoges Signal eineindeutig solange das analoge Signal unterhalb der halben Sampling-Frequenz bleibt. Es macht also für den Frequenzbereich bis 22,05 kHz keinerlei Unterschied, ob das Signal mit 44,1 kHz oder mit 96 kHz gesampelt wird. Bei den Schellacks ist der Frequenzbereich mit einer oberen Schranke von 14 kHz sicherlich mehr als großzügig geschätzt. Insofern ist die höhere Sampling-Frequenz im Alltag unerheblich.Die höhere Bittiefe (24 statt 16 Bit) bedeutet, dass mehr unterschiedliche Lautheitswerte für den einzelnen Abtastpunkt codiert bzw. decodiert werden können. Damit ergibt sich (theoretisch) ein Dynamikgewinn von 96 dB auf 144 dB (da müsste man z.B. noch das Quantisierungsrauschen abziehen). In einer „normalen“ Milonga-Umgebung haben wir aber bereits einen Grundsockel von 50 - 60 dB (A) an Umweltgeräuschen. Gehen wir also ruhig einmal von theoretisch optimalen 40 dB Umgebungsgeräuschen aus, so haben wir mit 96 dB genügend Headroom um die einzelnen Werte zwischen 40 dB und 130 dB (Schmerzschwelle) abbilden zu können. Auch bei der Bittiefe ist die höhere Auflösung in der Milonga ohne Auswirkung.
Die höher aufgelösten Daten werden für diejenigen im Tango angeboten, die diese Titel noch weiter bearbeiten wollen. Für ein solches Vorhaben machen höher aufgelöste Daten durchaus Sinn (in diesem Text gehe ich jetzt nicht näher auf die Details ein). Nun könnte man ja auf die Idee kommen, quasi vorsorglich die hochaufgelösten Daten zu kaufen. Das ist allerdings mit einigen Konsequenzen verbunden. Das eigene Setup sollte dann natürlich in der Lage auch Daten mit einer Sampling-Frequenz von 96 kHz zu spielen (sonst muss der Computer in Echtzeit die Daten herunterrechnen, und das ist in dem Fall 96 kHz nach 44,1 kHz eine komplexere Aufgabe). Außerdem soll an dieser Stelle auch nicht verschwiegen werden, dass die höher aufgelösten Daten einen mehr als dreimal so hohen Streaming-Aufwand für den Rechner bedeuten (44,1 kHz | 16 Bit => 44.100/sec * 16 Bit = 705.600 Bit/sec = 705,6 kBit/sec und alternativ dazu 96 kHz | 24 Bit => 96.000/sec * 24 Bit = 2.304.000 Bit/sec = 2.304 kBit/sec). Auch wenn alle derzeit verfügbaren neuen PCs diese Datenmengen locker verarbeiten können … es steigt das Risiko von Latenzen (das kann sich im schlimmsten Fall in deutlich hörbaren Jitter bemerkbar machen). Außerdem sollte natürlich der Wandler in der Lage sein, entsprechend hoch aufgelöste digitale Daten in ein analoges Signal zu konvertieren. Das sollte allerdings jeder halbwegs vernünftige, derzeit am Markt angebotene Wandler hinbekommen. Die Klangunterschiede sind minimal und für die Milonga nicht mehr hörbar. Insofern empfehele ich im Normalfall den Kauf der Daten in CD-Qualität. Das ist vollkommen ausreichend und eine Anlage, die den Qualitätsgewinn durch Verwendung der hochaufgelösten Daten abbilden könnte, habe ich persönlich noch nie in einer Milonga erlebt (die FLACs machen nur für diejenigen Sinn, die die Daten weiter bearbeiten möchten).
Neugierig? Die besprochenen Titel können bei TangoTunes online erworben werden. Viel Spaß beim Hören.
In einer Nachbemerkung möchte ich noch einige Texte in diesem Blog hinweisen, die u.U. zum tieferen Verständnis lesenswert wären. Zunächst möchte ich einen Artikel über die Diskografie von Rodolfo Biagi empfehlen. Dort wird erläutert, warum wir einigermaßen sicher sein können, dass wir alle Titel eines Orchesters aus einer Zeitspanne hören können. Das ist möglicherweise von Interesse. Außerdem möchte ich noch einmal einen Artikel aus dem Jahr 2014 in Erinnerung rufen. In dem Artikel: Reden wir vielleicht einmal über das Hören geht es um grundlegende Fragen der Audiowiedergabe (besonders um die Frage der Lautstärke und des ausgeglichenen Frequenzspektrums). Auch die Lektüre dieses Artikels wäre für das Einordnen der neuen Musik-Daten hilfreich. Vor ein paar Wochen habe ich über Fragen der Qualität im Tango geschrieben. Jetzt liegen mit den neuen Transfers bestmögliche Versionen einiger Titel aus den 40ern vor. Nun ginge es in einem zweiten Schritt darum, die Technik in der Milonga zu ertüchtigen, damit man diesen Qualitätsgewinn in der Milonga auch erfahrbar machen kann. Ich bin fest davon überzeugt, dass sich auch die Qualität des Tanzens dadurch erheblich steigern kann.
Ich möchte es am Ende dieses Artikel nicht versäumen, eine unmittelbar bevorstehende Veröffentlichung eines sehr ausführlichen Gastbeitrags von Christian Tobler in diesem Blog anzukündigen. Christian hat in einem Gastbeitrag überaus gründlich den Stand der Dinge in Sachen Wiedergabetechnik aufbereitet. Der Artikel befindet sich in der Endredaktion für die Blogform und erscheint in mehreren Teilen als Sommer-Special zur Technik. Für die Endredaktion bitte ich noch um etwas Geduld. Es liegt an mir – ich finde momentan nicht genügend Zeit, die Texte und Abbildungen in das Blogsystem zu transferieren.
8 Anmerkung(en):
Sehr schöner Beitrag über die Caló-Edition, Cassiel! Vor allem die Bespiele mit den Sängern finde ich sehr anregend! Hier noch ein Kommentar und eine Frage.
1) Ich habe mal ein paar Stücke zum Testen heruntergeladen: Der Pitch wurde wirklich korrigiert (vermutlich/hoffentlich auf analoger Seite), was ebenfalls eine Qualitätsverbesserung gegenüber früheren Aufnahmen ist. (Leider muss man an dieser Stelle dann auch sagen, dass der Pitch bei den Di Sarli Music Hall - Aufnahmen nicht bei allen Stücken korrigiert worden ist!).
2) Hier noch ein Frage: Von dem Stück Qué Te Importa Que Te Llore habe ich 2 verschiedene Versionen von Caló-Beron auf meinem Computer. Die bekanntere ist auch in der TangoTunes-Edition enthalten. Die weniger bekannte findet man zB hier https://www.youtube.com/watch?v=-_jWg6L2bAk Ich habe im Internet vergeblich versucht, dazu Informationen zu finden, z.B. bei tango.info und todotango.com. Hast Du eine Idee dazu?
Hallo Rainer, schön, dass Du kommentierst. Ich muss nachher los und deshalb gibt es nur eine ganz kurze Anmerkung zwischendurch.
zu 1): Das Thema Pitch-Korrektur ist wohl ein riesiges Fass beim Restaurieren. Da kenne ich mich überhaupt nicht aus. Es gibt da wohl verschiedene Annäherungen an die Fragestellung: Technisch (messen) oder intuitiv (hören) usw. …
Ich muss da leider passen und müsste Dich auf den Artikel von Christian Tobler vertrösten … danach können wir dann weiter diskutieren.
zu 2): Da hast Du ja einen seltenen Exoten ausgegraben. :-) Ich musste mich auch auf die Suche machen, aber ich erinnerte mich noch an eine Diskussion in Truds TIA Forum. Im letzten Herbst kam dort die Frage auf und nach einer Fachsimpelei kam heraus, dass dieser Titel ein moderner Edit einer Originalaufnahme ist. (Das ist die Version u.a. von der El Bandoneon CD 0092 „Miguel Caló y sus orquesta de las estrellas“).
Die Diskussion findet sich hier zum Nachlesen.
Leider habe ich um 10:30h einen beruflichen Termin und muss jetzt unterbrechen (gerade ist sehr viel zu tun). Vielleicht schreibe ich später noch einmal.
Vielen Dank & einen schönen Tag …
Vielen Dank Cassiel, ich bin sehr einverstanden mit deiner Beschreibung der Stücke.
Die Problematik des Einordnens habe ich allerdings ganz einfach und unproblematisch gelöst:
Ich verwende Dateien unterschiedlicher Qualität, da sie sich einfach durch viele Jahre angesammelt haben und es zu sehr vielen Stücken noch keine bessere Dateien gibt.
1. Tangotunes
2. Selbst von Cd gerippte als flag gespeicherte Dateien (Sehr viele aus Buenos Aires im lafen von 10 Jahren mitgebrachte.
3. MP3 von Totango (Keith) grosse Sammlung.
4. mp3 aus verschiedenen Quellen ( DJ's in Buenos Aires usw.) seltene Aufnahmen.
Alle 4 Kategorien sind getrennt gespeichert und und haben eigene Playlisten. Beim Auflegen suche ich der Qualität entsprechend von oben nach unten, also immer zuerst Tangotunes, oder wenn ich seltene Stücke suche gleich bei 4.
Nachtrag:
Die AIFF's von Tangotunes wandlich selbstverständlich in Flac's um.
@ Peter Wenger hat gesagt...
Nachtrag:
Die AIFF's von Tangotunes wandlich selbstverständlich in Flac's um.
Darf ich fragen warum?
Hallo cassiel,
was für ein anregender Beitrag. Herzlichen Dank dafür.
sehr gespannt auf die fortsetzung von dir und christian - beziehe gerade meine neue wohnung und möchte u.a. (tango)music ohrenfreundlich abspielen - grosser dank für eure bisherigen beiträge - möchte über den winter eine neue anlage anschaffen, klassisch in kombi mit "multiroom"... ohne zuviel geld zu verschwenden für fehlausgaben ... sonstige plauderei und schöne rondafreundliche, akustischintensive milondas europaweit schätze ich natürlich auch...
hoy von audiotango
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