Freitag, 22. Mai 2009

Tango open-end?

Es ist hier in der letzten Zeit ruhiger geworden. Das hat zwei Gründe: 1. habe ich im Moment sehr viel Arbeit und dann fehlt mir die Ruhe, neue Beiträge zu verfassen; 2. lebe ich gerade sehr intensiv mit Tangomusik. Angeregt durch einen Kommentar, versuche ich zu ergründen, was gute, was weniger gute Tangomusik ist. Zwischendurch gibt es eine kleine Überlegung in Schriftform.

Gestern war ich auf einer open-end Milonga und es hat mich zum ersten Mal wirklich gestört. Nun kann es sein, daß ich alt und komisch werde - aber irgendwie ist eine Milonga, die Richtung Ende ausfranst, einfach unbefriedigend. Vielleicht ist es auch nur, daß ich La Cumparsita vermisse. Also plädiere ich hier einmal für ein definiertes (und vorher veröfentlichtes) Ende einer Milonga. Die ansonsten zu beobachtende Schwindsucht der Tangogemeinde finde ich nicht so schön.

Aber vielleicht bin ich mit dieser Ansicht ja allein. Gerne lese ich andere Meinungen in Kommentaren...

Schönes (Tango-)Wochenende...

9 Anmerkung(en):

Anonym hat gesagt…

Vorfreude! Händeklatsch! Aufundabhüpf! Schonmaldankesag!

Jean hat gesagt…

Geh doch einfach, wenn es am schönsten ist, dann bekommst du das Ausfransen gar nicht mit ...

cassiel hat gesagt…

Danke für die Kommentare

@Jean
TT! (toller Tipp)
Funktioniert aber nicht bei einer Tango-Fahrgemeinschaft... ;-)

Jean hat gesagt…

Oha! Tango in der Clique - das hasse ich wie die Pest.

Raxie hat gesagt…

Moin, moin,

interessantes Thema. Grundsätzlich stimme ich Jean zu, aber ganz so einfach ist es letztlich auch nicht, wie ich meine. Der Clique ausweichen, kann nicht wirklich ein Ausweg sein, weil km-Zahl und Anfahrt/Aufwand bisweilen einfach dagegen sprechen, wenn man außer der lüdden heimischen Szene auch mal was anderes sehen mag.

Wir waren am Samstag auf einer privaten Milonga (die aber offiziell unter Tango-Festival lief und auch im Netz stand, also keine geschlossene Gesellschaft war). Und dort gab es auch kein offizielles Ende. Wir hatten auch eine Fahrgemeinschaft (ca 80 km waren zu überbrücken, von unserer Tango-Gemeinde waren wohl mindestens 3 Autos dort) und somit stellte sich das Thema "wann Rückfahrt?" auch für jedes Auto.

Wenn man alleine ist, ist es kein Thema. DAnn geht man, wenn es reicht. Oder wenn jmd, dessenwegen man dort ist, gegangen ist. Aber in der Gruppe? Normal bleiben wir immer bis Ende, wenn wir mehrere sind. Das ist für alle klar definiert und niemand muss ein schlechtes Gewissen haben, anderen das Vergnügen genommen/verkürzt zu haben.

Aber ohne offizielles Ende? Das ist wirklich nicht einfach. Vier Leute unter einen Hut zu bringen - noch dazu Individualisten, als was sich ja fast alle Tangotänzer sehen - knapp dran an schwierig. Selbst im Idealfall, wenn man vorher eine Uhrzeit ausgemacht hat, birgt das seine Probleme, da sich Milongas im Laufe des Abends auch atmosphärisch sehr wandeln können. Wenn ich mich um 23 Uhr sehr wohl fühle, heißt das nicht, dass um 1 Uhr immer noch alles bestens ist. Oder umgekehrt. Es steht und fällt sehr mit den Tanzpartnern, wie ich finde. Und da bring mal vier Leute unter einen Hut! Wenn sich alle zur ausgemachten Zeit noch 100% wohl fühlen, was dann? Eine Stunde drauf schlagen? Kann sich als zu lang erweisen...

Bei uns hat es zufällig gepasst, wir sind um ca 3 gefahren (ohne vorherige feste Absprache), was aber auch maßgeblich daran lag, dass zwei der Mitfahrer sich als extrem flexibel erwiesen haben. Einer war schon sehr früh sehr müde und saß am Rande (hat aber nichts gesagt), ein anderer hat einen sehr zufriedenen Eindruck bis zur letzten Sekunde gemacht - aber auch nichts gesagt, als ich (als Fahrerin) gegen 2.40 mal vorsichtig angefragt habe, wie es so allgemein mit Abfahrt aussieht.

Aber die Frage bleibt: Wie definiert man ein Ende, wenn es keines offiziell gibt? Mit etwas Glück stimmen alle Beteiligten etwa zeitgleich für ein Ende und sind dann alle mehr oder weniger zufrieden mit dem Abend. Aber ich denke, dass es auch ganz anders ausgehen kann. Gezwungenermaßen auf einer Milonga ab Mitternacht mit open end aushalten zu müssen, wo man sich nicht wohl fühlt: Grauenhafte Vorstellung. Da würde dann vermutlich der Grundsatz voll zuschlagen, dass Tango ein Stimmungsverstärker ist. Hatte ich auch schon mal. Nicht schön.

Für mich bedeutet das unterm Strich:
1. Eine Fahrgemeinschaft bilde ich ausschließlich mit Tangotänzern, denen ich auch persönlich verbunden bin und wo in jedem Falle Kompromisse gefunden werden können.

2. Sobald jmd mit im Auto sitzt, den ich nciht so gut kenne, gilt immer eine vorher festgesetzte Zeit (in der Regel das offizielle Ende, das sich ja durchaus nach hinten ziehen kann - das muss dann halt allen klar sein).

Sobald ich merke, dass mir die eigene Flexibilität da zu kurz kommt, fahre ich alleine. Da bin ich mir auch ganz sicher.

DAs wäre dann übrigens das nächste interessante Thema, Cassiel: Was machen Tango-Paare? Gehen die notwendigerweise immer gleichzeitig heim? Oder darf man da auch noch Individualist sein, ohne dem anderen zu nah zu treten?

cassiel hat gesagt…

Hmmm. interessante Richtung in der Diskussion...

Mir ging es eigentlich eher darum, daß die Dramaturgie einer Milonga auf ein definiertes Ende hin ausgerichtet ist und ihren Abschluss (hoffentlich) in La Cumparsita findet. Mir geht es primär nicht darum, ob das um Mitternacht, um drei Uhr früh oder kurz vor den Frühstück ist. Meine Anfrage ging dahin, ob es ein definiertes Ende geben sollte...

Muss da noch einmal nachdenken...

Danke für die Kommentare!

Raxie hat gesagt…

Was hat das mit La Cumparsita zu tun? Sorry, bin ein Milonga-Baby, kaum Erfahrung. Wird das immer zum Schluss gespielt? Nicht auf den Milongas, wo ich sonst bin. Oder lass es mich so sagen, es wäre mir noch nicht aufgefallen.

Ich lese überigens gerade ein Buch, wo ganz viele Tangotexte drin abgedruckt sind (auf deutsch, so dass auch Nicht-Spanier mal wissen, worum es in den Liedern eigentlich geht). Und ich bin total überrascht, obwohl ich ja grundsätzlich weiß, dass es um traurige Inhalte geht. Aber bisher waren die Lieder anonym für mich, jederzeit mit eigenen Gefühlen zu füllen. Und plötzlich haben die Lieder schon feste Inhalte und somit auch irgendwie feste Gefühlswelten, die mit meiner Gefühlswelt nichts zu tun hat. Insbesondere übrigens La Cumparsita... (um wieder auf Dein Thema zurück zu kommen und dem Ganzen nicht wieder eine andere Richtung zu geben).

lg
R.

cassiel hat gesagt…

Hui... da hat sich ein Kommentar an eine andere Stelle verirrt.

Inhaltlich gehört er offensichtlich hierhin. Deswegen kopieren ich den Kommentar:

*** Anonym (25.05.09 - 23:02) ***

Zu Raxie: Gehen Tango-Paare auf einer Milonga notwendigerweise gleichzeitig heim?

Hierzu wäre zunächst zu klären,
• wann kann von einem "Tango-Paar" gesprochen werden,
• ist „gleichzeitig“ heimgehen im Sinne von "zusammen" (mit dem gleichen Ziel) oder nur zur gleichen Zeit zu verstehen
• Hat „notwendigerweise“ mehr die Bedeutung von "empfehlenswert" oder mehr von „unabdingbar“ für den Fortbestand der (doch hoffentlich) intakten Beziehung?

Diese Fragen bzw. die Antworten gehören wohl zu dem von Cassiel in seinem Beitrag zum "TBD/TPD" noch ausgeklammert Themenbereich „intakte Tango-Partnerschaft“.

Nicht gleichzeitiges Heim- wie auch Hingehen führt dazu, dass einer der beiden Tango-Partner auf der Milonga sich mit einem anderen Tango-Tänzer dem Tango-Feeling hingibt.

Eine „intakte Tango-Beziehung“ muss dann verkraften, dass der/die PartnerIn sich in einer - wie von Cassiel beschriebener und eigentlich erstrebenswerter - inniger Umarmung erlebt.

Ob und wie lange eine intakte Tango-Partnerschaft dies aushält, hängt von vielen Umständen ab.

Unter anderem davon, wie der jeweils andere Partner die Situation gerade jetzt einschätzt. Räumt er dem anderen die gleichen Rechte ein, die er für sich in Anspruch nimmt, dürften keine Probleme entstehen. Leider dürfte sich – so meine Erfahrung - diese Toleranzgrenze jedoch -situationsbedingt und daher manchmal schlecht vorhersehbar – als unzuverlässig erweisen.

Also: Ausprobieren und an dieser Stelle mitteilen. Viele (ich auch) können davon profitieren.

Raxie hat gesagt…

:-)

Das verlockt zu einer Antwort:

- Definition eines Tango-Paar: Ein Paar, wo beide Partner Tango tanzen. Die Definition von Paar setze ich gemeinhin als bekannt voraus.

- Gleichzeitig heimgehen: Was macht es für einen Sinn, wenn man zwar zur gleichen Zeit die Milonga verlässt, aber nicht gemeinsam heim geht? Ich hatte intakte Partnerschaften im Sinne, als ich die Frage aufgeworfen habe.

- "notwendigerweise": Das ist interessant, wie Du das zerlegst. "Empfehlenswert" wäre wünschenswert. "Unabdingbar" wird der Lebensrealität nicht immer ganz gerecht, wie mir scheint.

- Dem Tango-Feeling (schöner Begriff!!) kann man sich aber auch hingeben, wenn man gemeinsam zur Milonga geht. Ich setze jetzt mal voraus, dass ein Tango-Paar nicht ausschließlich mit sich selbst tanzt während eines ganzen Abends (wobei das auch traumhaft schön sein kann!), sondern auch mit anderen Tanzpartnern. Und sucht da nicht jeder das Tango-Feeling? Und nimmt das Tango-Feeling mit einem anderen Tanzpartner dem eigenen Partner etwas? Da müssten wir vermutlich den Begriff Tango-Feeling erstmal klären. Konkret vermutlich wäre zu klären: Unterscheidet sich das Tango-Feeling mit dem eigenen Lebenspartner zu dem Tango-Feeling mit einem anderen Tanzpartner?

Meine Erfahrung: Ja, es unterscheidet sich. Beim eigenen Partner ist noch eine Gefühls-Ebene mehr angesprochen als bei allen anderen Tanzpartnern. Da kommt sonst keiner ran. Was keinesfalls ausschließt, dass es auch mit diesen Tanzpartnern zu wunderschönen Tänzen kommen kann und darf, wie ich meine.

Aber ich gebe Dir in sofern recht, als Theorie und Wirklichkeit nicht immer ganz überein stimmen. Kann ich auch aus eigener Erfahrung sagen. In jedem Falle ein spannender Bereich, der Partnerschaft aber unter Tango-Tänzern möglicherweise nicht immer leicht macht...

Aber wie Du schon sagst: Ausprobieren!

Im besten Falle gibt das Lebens-Feeling pur!
:-)