So ab und an muß die Tanguera / der Tanguero seine Heimatszene verlassen um einmal neue Impulse für den Tango zu finden. Ich war nun schon lange nicht mehr weiter unterwegs, also wurde es höchste Zeit. Am letzten Samstag war ich dann schnell in Innsbruck beim 10 jährigen Jubiläum von Libertango. Ein wunderschöner Ball in der Orangerie vom Congress-Zentrum.
Es zeichnete sich schon vor Wochen ab: Ich wollte Vilma und Fernando mal wieder live sehen (obwohl ich Show-Einlagen bei Bällen und großen Milongas nicht so mag) und zur Wahl standen Dresden am vorletzten Wochenende und Innsbruck am vergangen Wochenende. Und weil ich im Moment sehr viel Arbeit habe, ist es dann doch ein Kurzbesuch für einen Abend bei Libertango in Innsbruck geworden. Einige hundert Kilometer sind jetzt auch kein Pappenstiel, aber es macht immer wieder Spaß. Eine Tango-Fahrgemeinschaft hat sich schließlich gefunden (zum Thema Tango-Fahrgemeinschaft muß ich wohl noch einmal gesondert schreiben) und so starteten wir am späten Nachmittag auf einem Parkplatz in der Nähe der Autobahn.
Wir kamen rechtzeitig in Innsbruck an und so blieb noch Zeit für einen kleinen Imbiss vor der Milonga (irgendwelche Nudeln mit Schafskäse und Spinat für schmale neun Euro... Hmmm... Na ja). Die Stimmung bei Bällen ist schon immer etwas Besonderes. Einige Damen kamen ernsthaft im langen Abendkleid und ein besonderer Ort verleiht einem Tango-Abend eine besondere Note.
Hervorzuheben ist die hervorragende Organisation der Veranstalter, eine gute Live-Band (Tango Tinto - die kannte ich bis jetzt noch nicht) und ein stark gewöhnungsbedürftiger DJ Francesco (der bekommt bei mir nun den Ehrennamen: "Eso fantastico"; er hat jeden - in Worten: j e d e n - Titel anmoderiert. Die Hitliste der Vokabeln führten Eso bzw. fantastico an. ;-)
Aber vielleicht berichte ich der Reihe nach. Meine Erfahrungen sind höchst subjektiv, aber für meine Wahrnehmung tanzten einige Tangobegeisterte an dem Abend deutlich körperbetonter, mit anderen Worten: Der Anteil der Rempler war leicht erhöht. Das stresst mich bei vollen Tanzflächen manchmal. Ich dann auch schon gleich zwei exponierte Vertreter dieser Gattung, die ich aus Salzburg kannte, wiedergesehen. OK! Ich bin ja tolerant und die Tanzfläche war groß genug - so konnte ich immer großen Sicherheitsabstand zwischen uns bringen, aber merkwürdig war es schon: Ich war friedlich auf der Außenbahn unterwegs, plötzlich tanzt ein Tanguero von der Mitte der Tanzfläche nach außen und kam mir (gegen die Tanzrichtung) entgegen. Ich sah direkt in seine Augen und blieb enfach stehen. Er machte keine Anstalten, langsamer zu werden. Ich konnte gerade noch meine Tanzpartnerin mit einem Vorwärts-Ocho Richtung Außenseite der Tanzfläche bewegen und schon kam der Treffer. Das verdirbt mir dann doch irgendwann die Freude. Also setzte ich mich still an den Rand der Tanzfläche und schaute erst einmal in Ruhe zu. Nach knapp einer Stunde habe ich dann erneut einen Versuch unternommen. Während der ganzen Zeit saß am Nachbartisch eine Tanguera, die nicht aufgefordert worden war. Irgendwann hab ich mich dann getraut und siehe da: Meine Blockade war weg. An dieser Stelle gibt es einen kurzen Gruß an M. aus Brixen. Nach Mitternacht wurde es dann auch deutlich leerer auf der Tanzfläche (ein schöner Parkettboden - nur an einigen Stellen leicht rutschig) und so gab es noch einige sehr schöne Tandas.
Größere Tango-Events haben (zumindest bei mir) eine hohe Anziehungskraft. Mich rührt es immer besonders, wenn sich Menschen unglaublich viel Mühe geben, einen besonderen Abend zu gestalten. So wurde auch die gute Seele der Tangoszene in Innsbruck am Abend gesondert geehrt. Die Musiker bekamen ordentlichen Applaus (sie haben gut angefangen und wurden immer besser). Eine Tanguera aus dem Veranstalter-Team erzählte mir, daß ursprünglich das Cuarteto Rotterdam angefragt war. Die waren aber schon gebucht (bei Patrick ist nachzulesen wo). Da ich das Cuarteto Rotterdam schon mehrmals gehört habe, war ich ganz froh, eine neue Gruppe kennenlernen zu dürfen.
Natürlich habe ich die CD gekauft. Solche Musikgruppen leben schließlich auch davon, daß sie CDs bei Konzerten und Milongas verkaufen können. Wenn man es also ernst meint mit der Tango Live-Musik, dann sollte man auch in dieser Frage nicht zu sparsam sein.
Die kleineren Irritationen um die hoffnungslos überlastete Gastronomie fielen praktisch überhaupt nicht ins Gewicht.
Zu jedem größeren Ereignis gehört natürlich auch ein fliegender Tangoschuhladen dazu. Das war auch in Innsbruck nicht anders. Das ist schon fast familiär und im Vorbeigehen sieht man Tangueras mit funkelnden Augen... sie probieren, prüfen und kaufen dann vielleicht...
Gegen halb drei haben wir uns dann wieder auf den Heimweg gemacht und sind erst deutlich nach Sonnenaufgang daheim gewesen. Auch das ist lange nicht mehr vorgekommen. Mein Sonntag war dann zwar schon ziemlich beeinträchtigt... aber... ich war glücklich und zufrieden.
3 Anmerkung(en):
Danke für den interessanten Bericht, Cassiel. Nur eine Frage bedarf meinerseits der Klärung: die Spinatnudeln waren der von Veranstalterseite angebotene Imbiß des Abends? Wenn dem so wäre, so hätte ich als Tanguera lieber gehungert, als mich evtl. Loriot'scher Tragikomik auszusetzen.
Nein, verehrte Elbnymphe, die Gastronomie wurde von dem Restaurant im Congress betrieben. Aber immerhin: es gab ein vegetarisches Gericht.
;-)
Dann warst Du also doch da!
Ich habe das Kärtchen von Dir in meinem Straßenschuh gefunden. Eine süße Idee. Ich hätte so gerne mit Dir getanzt.
Einen tollen Blog schreibst Du.
Liebe Grüße aus Österreich
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