Ich weiß nicht, ob es nur mir so geht: Ich bin einer der größten Namensvergesser im Tango und es ist noch nicht einmal eine böse Absicht. Mir fallen Namen von Tangueras und Tangueros [können wir das eigentlich zukünftig so halten, daß Tanguer@s für beide Formen steht?] einfach nicht mehr ein. Es kann sogar so sein, daß ich mit einer Tanguera wirklich schön getanzt habe und ein paar Wochen später sehen wir uns wieder und meine Kurbelkiste zwischen Ohr und Ohr gibt den Namen nicht mehr preis.
Natürlich habe ich inzwischen schon ausgeklügelte Strategien entwickelt, der Peinlichkeit die Schärfe zu nehmen. So erwähne ich schon in dem Moment, in dem ich mich vorstelle, meine Vergesslichkeit und mache ein Witzchen darüber - ungefähr so: Ich bin übrigens Cassiel. Ich erwarte nicht, daß Du Dir den Namen merken kannst, ich kann mir nämlich Namen im Tango überhaupt nicht merken. Also: Gleiches Recht für alle!" Das kann ja auch nur eine Hilfskonstruktion sein.
Mit gut bekannten Tanguer@s habe ich einen unausgesprochenen Pakt. Fällt mir ein Name nicht mehr ein, dann frage ich diskret bei den Verbündeten nach. Dieser Kontrakt besteht natürlich auf Gegenseitigkeit; ich helfe auch schon einmal aus bzw. stelle mich mir bis dahin Unbekannten (deren Namen einem Mitglied des Geheimbundes entfallen ist) einfach vor und berichte anschließend unauffällig.
Würde ich nach meiner Erklärung für das Phänomen gefragt, würde ich vermutlich argumentieren, daß es eben eine leichte professionelle Oberflächlichkeit im Tango gibt und das ist nicht einmal schlimm. Es liegt wohl in der Natur der Sache.
Vielleicht sollte ich doch einmal intensiver über eine pharmakologische Therapie mit einem Gingko-Präparat nachdenken. ;-)
6 Anmerkung(en):
Eigentlich konnte ich mir Namen und Gesichter immer gut merken. Beim Tango tue ich mir mit Namen allerdings auch schwer. Ich frage mich, ob das damit zu tun hat, dass Namen in den Bereich Sprache/Logik gehören und beim Tango meine andere Gehirnhälfte aktiv ist. Sprechen während ich tanze klappt nämlich auch nicht sehr gut.
Wenn ich den Namen eines Tangueros nicht mehr weiß und glaube, ihn kennen zu müssen, entschuldige ich mich und frage ihn noch mal. Die häufigste Reaktion: Erleichterung, weil er meinen Namen auch nicht mehr weiß.
Einmal hatte ich ein ganz außergewöhlich schönes Tanzerlebnis mit einem mir unbekannten Tanguero. Monate später sah ich ihn wieder, ging gleich auf ihn zu und schwärmte ihm vor, wie schön wir damals getanzt hatten. Er konnte sich überhaupt nicht an mich erinnern, bat mich aber gleich auf die Tanzfläche. Nach einer halben Runde flüsterte er mir zu: "Weißt du, Namen und Gesichter kann ich mir ganz schlecht merken. Aber deinen Tanzstil würde ich unter Tausenden heraus erkennen." :-)
Ich mach mir da nicht soviel Gedanken, sage meist so etwas wie "pardon, bin schon etwas älter, ich erinnere mich gut an unser letztes Tanzen und dein Lächeln, aber nicht mehr an deinen Namen" (und bitte jetzt nicht auswendig lernen). Das entspannt nicht nur, was diese Frage angeht, sondern auch bzgl. des Tanzens.
Interessant der Gedanke zu den Zuordnungen der Hirnareale.
Jetzt bin ich etwas geplättet über den letzten Satz, der direkt über diesem meinem Beitrag steht. Dieser ist mir vertraut, ziemlich gut, wortwörtlich.
Lydia, haben wir denn schon mal zusammen getanzt? ??? :-)
Total menschlich!
Mir ergeht es jedenfalls nicht anders.
Anderen offensichtlich ähnlich. Mir wird auch nicht nach getragen, wenn ich mit einem charmanten Lächeln gestehe, meinem aktuellen Gegenüber gerade keinen Namen zuordnen zu können...
Lydias Ansatz, mit den Aktivitäten der verschiedenen Gehirnhälften, scheint eine Erklärung zu sein. Wobei ich dann wohl meine Muttersprache mit einer niedrigen Aktivität meiner entsprechenden Gehirnhälfte ausübe, da ich auch die Namen derjenigen vergesse, die sich am Rande der Tanzfläche unterhalten...
Schleichende Demenz? Soll ja weit verbreitet sein und auch schon in jüngeren Jahren auftreten... ach nein! Milongas sind zum Tanzen da, Musik hören, natürlich auch zum Menschen treffen. Die haben auch Namen, klar, aber der Name alleine ist auch nicht alles!
In meinen frühen Tangotagen/-nächten, wollte ich mir noch die Namen einprägen. Inzwischen freue ich mich, wenn ich ein Gesicht verbunden mit schönen Tangoerlebnissen wieder entdecke. Aber funktioniert auch nicht immer.
Denn, ähnlich ratlos kann mich die Frage "Haben wir schon einmal mit einander getanzt?" machen. Sicher, kann ich viele namenlose Tangueros am Gesicht, Körper, an der Haltung, Führung ... identifizeren, aber längst nicht alle, unabhängig vom Tanzerlebnis.
Vielleicht reicht meine geistige Aufnahmekapazität zu späer nächtlicher Stunde nur für eine begrenzte Anzahl an Informationen...und die will ich auch gar nicht zwanghaft mit Namen, Gesichter erschöpfen.
So werden mir die Tangur@os die sich gar nicht vorstellen immer sympatischer... oberflächlich? Alleine die Information, xy aus z, bringt doch auch keinen Tiefgang.
Oh, wo wollte ich heute Abend hin? ;-)
@ Tangosohle: Wer weiß ... ;-)
Ich mach's so, dass ich immer etwas an den Namen anhänge, z. B. Adelstitel (Caroline - Caroline von Monaco, Alexandra - Alexandra die Große) oder Eigenschaften (lila Liliane, Köpfchen Karin, Handkneter Heinz). Mit solchen Zusätzen verklebt man sozusagen den Namen im Gedächtnis. Macht nicht nur Spaß, sondern beim nächsten Mal auch mächtig Eindruck bei den Damen.
Vielleicht eine Frage der Technik. Ich trage einige Kontakte von einer Milonga in ein Adressbuch im Computer ein. Im Falle wenn ich Telefonnummer und/oder E-Mail-Adresse von einer Person habe. Merkwürdigerweise sind die Namen wenn sie festgeschrieben sind auch im Kopf fest.
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