Also gut! Vielleicht versuche ich heute einmal den Wiedereinstieg in meine Serie zur Musik.
Im Nachgang zu meinen Versuchen über die Tangokrise habe ich bemerkt, daß ich eigentlich die Erklärung schuldig geblieben bin, warum mir i.d.R. moderne Tanzmusik nicht gefällt. Ich gehe sogar noch etwas weiter und behaupte, daß m.E. die Tanzqualität beim übertriebenen Spielen dieser Musik leidet. Heute will ich das einmal mit einem Beispiel belegen.
Ich habe dazu Bajo un cielo de estrellas (komponiniert von Enrique Francini und Héctor Stamponi, Text: José María Contursi aus dem Jahr 1941) ausgewählt und stelle diese Vals in drei Versionen vor.
Da wäre zunächst die Einspielung von Miguel Caló. Diese Version atmet für mich eine spielerische Leichtigkeit. Caló gelingt es, dem Stück eine romantische Leichtigkeit zu verleihen, daß man meinen könnte, man schwebt über der Tanzfläche. In dem Arrangement ist die Instrumentierung ausgewogen. Einzelne Instrumente setzen glanzvolle Akzente ohne unangenehm hervorzutreten. Wenn ich die Augen schließe, dann denke ich an einen fluffigen Eischnee (meine Leserinnen und Leser mögen mir bitte den blumigen Vergleich verzeihen, aber anders kann ich meine Empfindungen nicht ausdrücken).
Miguel Caló (Gesang: Alberto Podestá) - eine Aufnahme vom 12. März 1941
Im Gegensatz dazu hört sich die Einspielung von Francisco Lomuto ein wenig erdverbundener an. Das ist jetzt kein subjektives Urteil von besser oder schlechter. Die Aufnahme hat für mich einen anderen Charakter. Es ist höchst subjektiv, aber ich würde dieser Einspielung einen größeren Einfluss der Gravitation zusprechen.
Francisco Lomuto (Gesang: Fernando Diaz) - eine Aufnahme vom 09. April 1941
Und dann kommen wir schließlich zu der Interpretation vom Sexteto Milonguero. Nun fällt es mir schwer, noch etwas positives zu finden. Grundsätzlich finde ich es ja sehr begrüßenswert, daß auch ein zeitgenössisches Ensemble versucht, die alten Titel zu interpretieren. Für meinen Geschmack kommt die Interpretation allerdings nicht annähernd an die Qualität der 70 Jahre alten Vorbilder heran. Die Instrumentierung bzw. das Abmischen erfolgte so, daß für meine Ohren einzelne Solo-Instrumente unmotiviert und damit unangenehm hervortreten. Die komplex verwobene Harmonie der Gesamtarrangements, die bei den alten Aufnahme durchaus besticht fehlt hier fast völlig. Wer es mir nicht glaubt, der höre sich einmal die verschiedenen Versionen mit geschlossen Augen an. Vielleicht tauscht man auch die Reihenfolge der Titel beim Hören durch. Es wird einfach für meine Begriffe nicht besser. Aber ich bin ja lernfähig und warte auf Anmerkungen, die mir den Zugang zu dieser Musik eröffnen.
Sexteto Milonguero
Ich habe hier einfach nur einmal meine höchst subjektive Meinung wiedergegeben und das kann man durchaus auch anders sehen. Mich würde einmal ein Leserkommentar freuen, der mir den Zugang zur Musik vom SexMil ermöglicht.
Für mich ist es leider immer noch so, daß im direkten Vergleich jeder Titel dieser Formation gegen das Original verliert und somit eigentlich kein Grund ersichtlich ist, warum man diese Musik - womöglich gleich in mehreren Tandas - auf einer Milonga spielen sollte. (Wer es nicht glaubt, der höre beispielsweise Paisaje von Pedro Laurenz im direkten Vergleich mit der SexMil-Version. Für meine Empfinden ist da der Qualitätsabfall noch gravierender. Das mag aber auch daran liegen, daß diese Vals zu meinen Lieblingsstücken gehört).
Allen Leserinnen und Lesern wünsche ich einen guten Start in die neue Woche.
13 Anmerkung(en):
Hallo Cassiel,
ich gebe Dir vollkommen recht mit Deinem Eindruck, dass dieser Walzer in der Caló- Interpretation wunderbar luftig daherkommt und dazu geeignet ist, Dich als Tänzer schweben zu lassen. Das ist es auch, was bei Milongas nicht fehlen darf: Die Walzer- oder auch Milongatandas geben einfach diese Note der Leichtigkeit und Beschwingtheit, ohne die man bei reiner Tango- Auswahl völlig am Boden "erdrückt" wäre, wenn die Milonga zu Ende geht.
Die Version vom Sexteto Milonguero ist anstrengend und wirkt angestrengt, das empfinde ich auch so. Eine an Caló angelehnte Interpretation liefert das Orchester Sans Souci ab, das läßt sich schon eher hören und ist dennoch aus den heutigen Tagen.
Eine nicht von klassischen Arreglos beeinflußte Version liefert Sergio Gobi mit Andorinha; es ist einfach weniger Tanzmusik, kommt mit einer ganz freien Einleitung, gibt diesem Walzer aber dennoch ein "schönes Gesicht", läßt sich also gut hören. Man sollte insgesamt aber nicht so streng sein; beinahe habe ich den Eindruck, als würdest Du an diesem Beispiel in der Spur von Christian aus Zürich wandeln, der diesen Gedanken ziemlich drastisch und apodiktisch geäußert hat, dass die heutigen Orchester es generell "nicht können", mit den EdO Aufnahmen mitzuhalten.
Vielleicht liegt es an der Besetzung, vielleicht ist ein individueller Instrumentenklang aber auch gewollt. Natürlich hört sich ein Di Sarli- Arreglo geschlossen an; dafür hat ein guter Solist aber auch "nichts zu sagen" d. h. darf nicht, wie bei anderen Orchesterdirektoren, solistisch hervortreten.
Ich finde es gut, wenn es mehr und mehr heutige (junge) Orchester gibt, die Tango spielen! Sexteto Milonguero ist nicht das schlechteste von ihnen, und eine Live- Aufführung ziehe ich jedem Konservenabend vor. Sexteto Milonguero sind auf der Bühne sehr lebendig und attraktiv. Da habe ich durchaus schon weniger attraktives erlebt...
Lieber Cassiel, herzlichen Dank für die Fortsetzung dieser Reihe - dazu noch mit einem großartigen Vals!
Lieben Gruß von La Perla
- die leidenschaftlich gerne Vals tanzt!(allerdings nur mit ausgesuchten wenigen Tänzern - leider kann sich nicht jeder diesem vergnüglichen Tanz, dem Spass und der Musik hingeben .-))
@PacoDaCapo
Vielen Dank für Deine ausführliche Anmerkung. Ich kenne die von Dir erwähnte Version von Sans Souci nicht, weswegen ich nicht darauf eingehen kann.
Und natürlich hast Du Recht, wenn Du erwähnst, daß bei Carlos Di Sarli kein Instrumentalist solistisch brillieren konnte. Dazu war Di Sarli auch wohl künstlerisch zu kompliziert.
Mit dem Beitrag wollte ich eigentlich belegen, daß es sehr wohl eine Einfluss der gespielten Musik auf die Qualität des getanzten Tangos gibt. Dieses isolierte Beispiel beleuchtet einen ganz kleinen Aspekt des von mir wahrgenommenen Problems.
Gerade heute las ich bei meiner geschätzten Kollegin MsHedgehog folgenden Satz:
There's a lot more brain available for leading when you can trust the couples in front, behind you, and beside you, to take their space and keep it and not flutter around like human-sized dragonflies.
Und dabei spielt m.E. die Musik eine wichtige Rolle.
Um diese Phänomen drehen sich gerade meine Gedanken. Das man natürlich auch andere Aspekte bei der Tangomusik sehen kann (wie Du es beschrieben hast), ist natürlich evident.
Liebe Grüße und einen schönen Tag
c.
@La Perla
Das war jetzt eine Überschneidung... auch Dir herzlichen Dank für Deine Anmerkung.
;-)
Erst dachte ich: so ein Blödsinn, die Sexteto-Version ist doch wunderbar (angemerkt: ich habe sie als erstes gehört). Doch dann habe ich die Caló-Variante dagegen gehalten und muss sagen: du hast recht! Das Beschwingte/Vergnügliche/Leichte geht beim Sexteto fast vollständig verloren, ja wird ersetzt durch eine gedämpfte Schwermut. Danke für diese direkte Gegenüberstellung der 3 Versionen..
auch ohne die Argumente von Christian zu der musikalischen Qualität der Protagonisten bemühen zu müssen, reicht es einfach Sexteto Milonguero ein paar mal zu hören. Nach einigen Malen ist es einfach zu viel. Zwei Live Auftritte innerhalb von 2 Wochen sind nicht mehr auszuhalten. Der erste Eindruck ist großartig, frisch, aber danach ist es nur noch übertrieben. Es ist wie mit dem Salz. Eine Prise in der Suppe ist gut, aber ein Pfund scheußlich. Calo dagegen, und auch andere des Kalibers, kann man unendlich oft hören, es wird immer besser.
Cassiel, ich verstehe, was Du meinst. Ich finde auch, dass die beiden alten Aufnahmen erheblich besser den Walzer-Flow transportieren als die neue.
Meiner unmaßgeblichen Meinung nach liegt das daran, dass z. B. Calo die 1 mehr betont als die 2 und die 3, wie sich das beim Walzer auch gehört. Sexteto M (um 0:40 herum gut zu hören) betonen z.B. die 2 und die 3 mit dem Bandoneon sehr stark und nehmen den fließenden Charakter aus der Passage damit weitgehend raus. Ferner macht Calo eine recht organische Phrasierung, wohingegen es bei Sexteto M ziemlich deutliche Wechsel zwischen laut und leise gibt. Und zuguter letzt singt der Sänger on Sexteto M fast durchgehend "metallisch" (wie der Sänger sagt), wohingegend auf den alten Aufnahmen die Sänger mit dieser Technik sparsamer umgehen, was dem Stück besser bekommt, wie ich finde.
Ist das, was Sexteto M macht, jetzt deswegen schlechter? Ich meine, die Burschen von Sexteto M wissen sicher sehr genau, was sie tun, aber sie machen es bewusst anders. Unterm Strich finde ich ihre Interpretation dieses Walzers nicht so gut wie die alten Aufnahmen, aber am mangelnden Können liegt das sicher nicht. Und ich bleibe dabei, dass ich auf Milongas den Sound moderner Aufnahmen gerne höre.
Lieber Cassiel,
schön dass du wieder schreibst! Und danke fürs aufmerksam machen auf diese wunderbare Lomuto-Version! Grossartig. Bisher kannte ich nur die Calo-Version. Fällt euch auf, dass Lomuto einen Halbton tiefer spielt? Oder besser gesagt, dass wir vielleicht immer zu schnell auf diese Calo-Vals tanzen? Und was mir bei deinen Musikvergleichen immer wieder auffällt ist dass ein Lied oft innerhalb von kurzer Zeit von verschiedenen Orchestern aufgenommen worden ist. Ich stelle mich das so vor, dass die Stücke zu ein gewisser Zeitpunkt ein Hit waren, von den Leuten bei den Orchestern verlangt würden und dementsprechend viel gespielt und aufgenommen würden.
Bezüglich die Version vom Sexteto Milonguero muss ich dich leider enttäuschen, da muss mir den Zugang auch noch eröffnet werden...
Freue mich schon auf deine nächsten Beitrage!
@Mathias
Verzeih mir bitte die dirkete Frage: Bist Du der Mathias aus F. von neulich? Schön, daß Du noch einmal vorbeigeschaut hast. Es ist häufig erst beim direkten Vergleich möglich, die Unterschiede zu hören. Ich hoffe, Du bleibst noch eine Weile dabei...
@chamuyo
Ein Freund bezeichnete neulich SexMil als die Boy-Group im Tango. Solche pointierte Bezeichnungen laufen meiner hier praktizierten Tango-Höflichkeit natürlich zuwider, insofern mag ich das nicht einfach so übernehmen aber die tendenzielle Bühnenausrichtung der Formation kann bei Tonträgeraufnahmen zu den beobachbaren Schwierigkeiten führen.
@Austin
Ich gehe auch davon aus, daß die Mitglieder von SexMil genau wissen, was sie machen. Nur läuft das meinem Verständnis von Tango zuwider. Hör dir vielleicht mal das Violin-Intro in der Paisaje-Einspielung an (so ab 0:20). Das ist für mich kaum erträglich. Warum machen die das? Also entweder wollen die ein neues Konzept verwirklichen oder die haben es einfach nicht im Griff. Ich versthe es wirklich nicht und bin da hilflos. Die Aufnahmen hinterlassen bei mir den Eindruck, es handelt sich um eine Truppe Induvidualisten, die allesamt großen Wert darauf legen, daß jeder von ihnen deutlich differenziert wahrnehmbar ist. Anders kann ich mir das sonst nicht erklären. Hat sonst jemand irgendeine Idee?
@Florian
Hmmm... ja die Lomuto-Version ist etwas tiefer. Aber dazu muss ich mich noch einlesen. Ich habe neulich (ich denke es war bei Royce) über die Apsielgeschwindigkeit beim Ditilalisieren gelesen. Unlängst habe ich erstmalig die AudioPark CDs (Juan D'Arienzo) gehört. La Bruja ist da deutlich langsamer als bei CTA, Sony (El Rey del Compás 70 Años) bzw. El Bandoneon ein komplett anderer Charakter der Musik. Darüber muss ich noch mehr erfahren. Vielleicht blogge ich irgendwann zu der Fragestellung.
Allen lieben Dank für die Anmerkungen!
Bajo un cielo de estrellas von Miguel Caló, gesungen von Alberto Podestá ist für mich eine der schönsten Valses.
Die Aufnahme von Francisco Lumoto /Fernando Diaz ist interessant, aber nach meinen Ohren nicht so beschwingend wie dei Aufnahme von Caló. Sehr gut bei Caló gefällt mir die junge Stimme von Podestá.
Die Aufnahme von Sexteto Milonguero kommt an keine der beiden Aufnahmen heran, dazu fehlt es nach meinem Empfinden an Verspieltheit und Leichtigkeit.
Das Sexteto Milonguero habe ich vor kurzem mehrere Abende in Folge live gehört. Abend für Abend wurde mehr oder weniger der selbe Beat gespielt, dazu treibend und laut. Mir war die Live-Musik zu eintönig, zu wenig inspirend, außerdem gab´s auf der Tanzfläche ein großes Gedränge und Geschiebe. Mag sein dass der nahezu gleich bleibende Beat die Livemusik gut tanzbar macht, meins war es nicht. Alle die nichts gegen Rempeleien und ein paar Comme-il-faut-Absätze im Schienbein hatten, hatten vermutlich die größte Tango-Party ihres Lebens. Ich hab mich auf die nachfolgegenden Dj´s gefreut und Sexteto Milonguero als Partyband/ Bierzelt abgespeichert. Im Vergleich zur Livemusik gefällt mir die hier vorgestellte Musik noch relativ gut. Wahrscheinlich lags auch an den Verstärkern. Bei einer Probe habe ich die Violinistin - also keine reine BoyGroup- kurz ohne Verstärker gehört und bis der Verstärker angestellt wurde, klang es auch gut. Vielleicht würden die alten Orchester mit Verstärker auch schlechter klingen. Unabhängig von den technischen Voraussetzungen habe ich beim Sexteto Milonguero Verspieltheit und Raffinesse vermisst. Dann doch lieber Musik aus der Konserve. Nach mehreren Abenden Sexteto Milonguero in Folge habe ich leider keine milderen Worte für die Band.
Zur Frage der Geschwindigkeit:
Da musst Du Dir wirklich viel Zeit nehmen, Cassiel...
Meine bisherigen Erfahrungen in Kürze sind:
- es gibt Geschwindigkeitsunterschiede der diversen CD.
- es gibt kein eindeutiges objektives Kriterium um die ursprüngliche Geschwindigkeit herauszufinden.
Am Beispiel der Lomuto und Calo Version von Bajo... kann man sehen, dass sie beide ungefähr den gleichen Takt haben (ca. 68) und dass Diaz einen halben Ton tiefer singt als Podesta. Das war's auch mit den Tatsachen. Wenn man die veröffentlichte Partitur (Todo Tango)zu rate zieht sieht man, dass sich beide nicht daran halten. Der Anfang des Gesangs "Mu-cho tiem-" ist mit e-dis-e notiert. Podesta singt c-h-c und Diaz h-b-h. Im übrigen ist das Arrangement völlig unterschiedlich. Aus dem halben Ton darauf zu schließen, dass Calo zu schnell abgespielt ist, hieße ein Korrektur von 6% einzuführen, womit das Tempo von 68 auf 64 fiele, was eindeutig zu langsam ist. Da in diesem Fall die Intonation ziemlich genau auf die richtigen Noten fällt, habe ich keinen Anlaß eine Manipulation oder Fehler in der Übertragung zu vermuten.
Anders ist der Fall bei dem häufig zitierten Pensalo bien (D'Arienzo /Echague)von El Bandoneon. Da fallen die wichtigsten Töne genau zwischen zwei Noten. Man kann überlegen, ob man einen viertel Ton runter oder rauf geht. Da es eh recht schnell ist, ist das runterdrehen die angenehmere Wahl. Ob es die richtige ist, ist Geschmackssache.
Geschwindigkeit die 2.
Wo kommen diese Unterschiede her?
Wenn man annimmt, dass die veröffentlichte Platte (78) richtig erstellt und der Vorstellung des Künstlers entsprach, bleiben einige Quellen bei der Digitalisierung.
- die Geschwindigkeit des Plattenspielers. Plattenspieler haben per se Gleichlaufschwankungen und hatten es vor 60 Jahren erst recht. Je nach Modell kann es von der Netzspannungs- und Frequenzschwankung abhängen.
- Die Einstellung, die der Mensch vor dem Plattenspieler vornimmt. Wenn er nicht genau messen kann, macht er das nach Gehör/Geschmack.
- Digitale Manipulationen anschließend. Man kann mit fast jede Software Geschwindigkeit und Ton gleichzeitig, oder beide getrennt verändern. Wenn er das dazu benutzt, um den Klang und den Takt jeweils nach eigenem Geschmack zu verändern, kann man gar nicht mehr rekonstruieren, was richtig war.
M.E. wird das Thema überbewertet. Es gibt prozentual wenige Aufnahmen mit deutlichen Unterschieden, oder welche die sich deswegen merkwürdig anhören. Keith Elshaw hatte die Frage stark aufgebauscht am Anfang als Verkaufsargument für seine Restaurationen, inzwischen reitet er gar nicht mehr so drauf rum.
Die einzigen objektiven Kriterien, die ich bisher finden konnte sind die Lage des 50Hz Peaks und die Frequenz von Instrumenten, die man nicht einfach verstimmen kann, wie das Bandoneon. Der 50 Hz Peak kommt sowohl bei der Produktion als auch beim Abspielen rein. Liegt er nicht genau bei 50, ist es ein Anzeichen von nachträglicher digitaler Manipulation. Das Bandoneon kann wie das Klavier nur diskrete Töne produzieren z.B. das A mit ca. 440- 442 Hz. Die benachbarten Töne sind G# bei 415 und A# bei 466. Dazwischen gibt es nichts. Liegt ein Peak bei 450, ist etwas nicht OK. Wenn das an einigen Stellen nachprüfbar ist, kann man die Geschwindigkeit um 450/440 = 1,023 verlangsamen oder seltener um 466/450 = 1,035 erhöhen. Ob das jemand hört, wenn er nicht genau darauf aus ist, ist etwas anderes.
Das Thema Geschwindigkeit(sunterschiede bei der Abspielen von Schallplatten) zusammen mit andere sagenumworbene Probleme wie zb. Jutter-Fehler bei Abspielen von CDs, sind Sachen, mit den man sich endlos beschäftigen kann, ohne einen produktiven Ergebnis zu bekommen. Vor einige Jahre postulierte Keith Elshaw (ja, ich glaube er war der erste, der diese Thema in Verbindung mit Restaurierung von Tangoaufnahmen in Verbindung brachte, totango.net), dass die minimalste Abweichungen in den Abspielgeschwindigkeit von eine analoge Aufnahme extrem hörbar und dem entsprechend sehr störend bei tanzen sind. Nun, ich bin ein leichtgläubiger Mensch und schätze kompetente Meinungen von Experten sehr. Ich fing damals an meine Sammlung zu untersuchen. Kostet ja nichts (foobar stellt die notwendige Spektralanalyse bereit), braucht nur Zeit, viel Zeit. Bei ca 25% aller Titel hörte ich auf. Meine Ergebnisse decken sich bis zu 100% mit der von @chamuyo beschrieben Erfahrungen. Ja es gibt Unterschiede, meistens bewegen sich diese in der Größenordnung 5%. Solche Schwankungen höre ich nicht.
Wenn wir aber bei der Spektralanalyse eines Tangostück gelangt sind, lohnt sich ein Vergleich zw. verlustbehaftete und verlustfreie Kodierung anzustellen. Durch die Spektralanalyse merkt man Unterschiede, die (für mich) nicht unbedingt hörbar sind. Mit ein wenig Übung kann man lernen, wie man diese Unterschiede eindeutig erkennt (eine Einleitung findet man unter www.audiohq.de) und man staunt über die Tatsache, wie viele „Orginal-CDs“ aus BsAs in Wirklichkeit aus schlechte mp3-Sammlungen stammen.
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