In dieser Woche gibt es einen Tango: La ultima copa (eine Komposition von Francisco Canaro mit einem Text von Juan Andrés Caruso vermutlich aus dem Jahr 1925 oder 1926). Dieser Tango wurde schon von Carlos Gardel (nur mit Gitarrenbegleitung) eingespielt.
Ich habe die Interpretationen für heute bewußt auf drei Aufnahmen aus drei Jahrzehnten beschränkt. Neben Carlos Gardel, dessen Interpretation als tango canción nicht zum Tanzen sondern zum Zuhören gedacht war, fehlen auch zwei weitere Aufnahmen mit dem Orchester von Francisco Canaro: zum einen die Version mit Ada Falcón aus Jahr 1930 (die weibliche Stimme ist in der Aufnahme so dominant, daß sie m.E. nur bedingt tanzbar ist) und zum anderen die Einspielung mit Alberto Arenas aus dem Jahr 1948 (für meine Ohren klingt das schon arg kommerziell abgenudelt, die Version würde ich auch nie auflegen).
Bei den verbliebenen Aufnahmen in diesem Beitrag handelt es sich drei Interpretationen aus drei Jahrzehnten. Diese Aufnahmen repräsentieren für meine Ohren sehr gut die unterschiedlichen Stile ihrer jeweiligen Zeit. Ein früher Francisco Canaro mit dem Ausnahmetalent Charlo als Sänger. Dann gibt es als zweite Version eine Aufnahme von 1943 mit dem absoluten Popstar der Epocha de Oro, Alberto Castillo (der mit dem näselnden Gesang) begleitet von Ricardo Tanturi und seinem Orchester. Und an dritter Stelle gibt es aus den 50ern Osvaldo Pugliese mit dem sehr ausdrucksstarken Alberto Morán. Jede Leserin, jeder Leser mag sich ihre, seine Lieblingsversion aussuchen. Für mich ist angesichts des dramatischen Textes die Interpretion von Pugliese und Morán am eindrucksvollsten. Der strenge Aufbau eines gesungenen Tangos aus den 30er und 40er Jahren (die Stücke beginnen mit der rein instrumentalen Vorstellung der Hauptthemen und erst dann setzt der Gesang ein) wird hier zu Beginn der 50er schon aufgelöst und einem dramatisch intonierten Gesang geopfert.
Es geht um das Gejammer eines Mannes an der Bar, der seinen Kummer über die "Abreise" seiner Liebsten im Alkohl zu ertränken versucht. Die ganze Situation hat noch einen dramatischen Anstrich, da er Zeugen der Situation beauftragt, seiner Ex von diesem Exzess zu berichten. (Hier gibt es den Text in Spanisch und Englisch.)
Francisco Canaro (Gesang: Charlo) - Eine Aufnahme vom 13. Mai 1931
Direkter Link zum Titel bei goear.com.
Ricardo Tanturi (Gesang: Alberto Castillo) - Eine Aufnahme vom 29. April 1943
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Osvaldo Pugliese (Gesang: Alberto Morán) - Eine Aufnahme vom 06. Oktober 1953
Direkter Link zum Titel bei goear.com.
Allen Leserinnen und Lesern wünsche ich einen guten Start in die neue Woche.
7 Anmerkung(en):
Einer meiner Lieblingstangos. Ich mag Pugliese, auch mit Moran (obwohl in der Regel an der Grenze der Tanzbarkeit, wenn überhaupt), und ich bin großer Fan von Charlo. Aber hier ist es für mich ganz klar die Version von Tanturi. Castillos Gesang hier ist ganz große Klasse, und in perfektem Einklang mit dem Orchester (und umgekehrt).
Anbei ein kleiner Testversuch, da du dich, Cassiel, ueber das Timing etlicher Kommentare hier gewundert hast. Jetzt ist es gerade 20.30h, hier in San Francisco. Mal sehen, um wieviel Uhr Blogger behauptet, dass der Kommentar gemacht wurde...
Hoppla, fuer Blogger ist es schon 05.30h morgens. Das heisst, Blogger ist auf deutsche Zeit eingestellt. Jetzt ist das Geheimnis also gelueftet. Elementary, my dear Watson. Du kannst gerne diese zwei Kommentare jetzt loeschen. Gruesse.
Ach wie gut, dass jeder weiss,
dass ich Terpsichoral heiss'.
Lieber Cassiel,
kannst Du nicht mehr und detaillierter über die Musik schreiben? Mir wäre es wichtig zumal in meinem Unterricht praktisch nichts zur Musik gesagt wird, ich aber meine, das ist wichtig. Wenn ich mit einem sehr musikalischen Mann tanze, dann wundere ich mich manchmal, weil ich denke, er kennt das Stück auswendig. Einmal erzählte mir ein älterer Tanguero, da gäbe es ein paar Tricks und auch er kenne zwar viele Stücke, aber nicht alle. Kennst Du diese Tricks?
Ich wüsste eigentlich keine Anlaufstelle im Netz, wo solche Themen behandelt werden.
Ich wollte noch kurz schreiben, dass ich Dein Blog fantastisch finde. Deine Art zu schreiben ist gleichzeitig sensibel und kraftvoll. Wie Du wohl tanzt?
Liebste Grüße
K.
Ich bin der gleichen Meinung wie K -- wuerde gerne durchgehender, detailliertere Musikanalysen hier lesen. Nicht nur historische, sondern auch musikwissenschaftliche Details waeren fuer mich, und sicher auch fuer andere, vom groessten Interess.
"Spieglein, Spieglein an der Wand, wer ist die Meistgenannte im ganzen Land?"
"Frau Terpsi, Ihr seid die Meistgenannte, aber hinter den sieben Bergen, bei den sieben Zwergen, da lebt eine Frau die tauasend Mal häufiger genannt wird als Ihr."
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