Mittwoch, 7. November 2012

Tango-DJing Teil II: Von Tandas und Cortinas im Tango Argentino

In der Eröffnung dieser Beitragsserie zum DJing im Tango ging es vergleichsweise konsensual zu. Das wird in diesem 2. Beitrag vermutlich ein jähes Ende finden: Zu unterschiedlich ist leider das, was üblicherweise auf Milongas als Musik präsentiert wird. Doch bevor wir über die Tangomusik im eigentlichen Sinn sprechen, ist es m.E. notwendig, ein paar Gedanken auf die Anordnung der Musik in der Milonga nachzudenken. Da erlebt man an so mancher Milonga gar wunderliche Dinge. Es geht um Tandas und Cortinas (oder wie ich neulich in einem Gespräch lernen durfte: Tangas und Gardenas).


Nun ist es etwas schwierig, sich mit einer Auflegepraxis auseinanderzusetzen, die man nur auf Milongas erlebt und die niemand begründen kann. In dem Bemühen, nachvollziehen zu können, was Menschen bewegt, die derartig auflegen, habe ich nach einem entsprechenden Text im Internet gesucht und bin auf das Buch Tangosehnsucht von Peter Ripota gestoßen. Er hat nun eine komplett andere Vorstellung von der Präsentation der Musik an einer Milonga und begründet diese auch. Ich werde also aus der Leseprobe seines Buches zitieren und anschließend meine Sicht der Dinge formulieren.

Peter schreibt (ich zitiere hier ausführlich, da ich mich nicht des Vorwurfs eines sinnverkürzenden Zitates aussetzen möchte und diese Textstelle ebenfalls in der kostenlos erhältlichen Leseprobe öffentlich angeboten wird):
In Buenos Aires haben sich Sitten und Gebräuche herausgebildet, deren Übertragung auf europäische Verhältnisse Schwierigkeiten bereitet oder gar sinnlos ist. Hauptsächlich geht es um diese drei Grundsätze einer argentinischen Milonga:
(1) Aufgefordert wird per Augenkontakt (cabeceo = ich nicke). Das setzt voraus, dass Einzelpersonen und Paare einen festen Platz im Saal haben und Augenkontakt möglich ist. In Buenos Aires werden Eintretende vom Kellner bzw. Veranstalter auf ihren Platz gebracht - was heißen kann, dass jemand in der hintersten Reihe sitzt und keinerlei Augenkontakte möglich sind.
(2) Der Musikaufleger (neudeutsch DJ bzw. DJane, falls weiblichen Geschlechts) spielt drei bis vier Stücke der gleichen Art und möglichst auch vom gleichen Interpreten (tanda = Reihe), also z.B. drei Tangos von Carlos di Sarli, oder drei Milongas oder vier Tango-Walzer.
(3) Auf eine Tanda folgt ein nicht-tanzbares Stück, eine cortina (= Vorhang). Sie soll ein Signal für die Tänzer sein, sich zu trennen, auf den eigenen Platz zurück zu gehen und das Spiel der Paarung von neuem zu beginnen.

Und wie ist das bei uns?

(1) Die Aufforderung per Blickkontakt wäre auch hierzulande eine schöne Einführung, denn dann könnte man/frau sich die Demütigung eines Korbes samt des Gangs über die ganze Tanzfläche - und zurück! - ersparen. Es funktioniert nur recht schlecht. Die Sitze sind nicht so angeordnet, oft ist es zu dunkel, und vor allem: Schaut man in Deutschland jemandem direkt in die Augen, wird dies als Aggression empfunden, und die angepeilte Person blickt indigniert weg. Zudem fehlt die ständige Aufmerksamkeit: Die Nicht-Tänzer unterhalten sich angeregt, blicken tief in ihr Bier oder auf ihr Handy. Wie soll da ein Augenkontakt zustande kommen?
(2) Wozu eine Abfolge von drei Tänzen der gleichen Art gut sein soll, wird mir persönlich nicht klar. Wenn ich höre, dass jetzt drei bis vier Milongas angesagt sind, setze ich aus, denn ich bin kein Milongatänzer. Und wenn gerade meine Traumtänzerin in meinen Armen liegt, weiß ich, jetzt gibt es Enttäuschunge und Frust auf beiden Seiten. Merke ich dagegen, dass nun drei moderne Puglieses kommen werden, suche ich sofort nach einer Dame, mit der ich diese Tangos zelebrieren kann. Finde ich sie nicht, weiß ich, dass auch dies eine verlorene Zeit ist. Zudem werden Tandas bei Neo- und Non-Tangos ("NNT") sinnlos. NNTs dauern viel länger als normale Tanzstücke und erfordern eine derart hohe Aufmerksamkeit, dass ein zweiter NNT oft zum Tanzabbruch führt. Kurzum: Ein guter Tänzer stellt sich auf das ein, was kommt ein schlechter Tänzer wird es lernen Außerdem liebe ich die Abwechslung; selbst nach zwei Walzern, so schön sie auch sein mögen, möchte ich wieder was anderes tanzen.
(3) Vollends unverständlich sind die Tanzunterbrechungen, deren Sinn sich in unseren Landen nicht erschließt. Abgesehen davon, dass es bei NNTs keine Cortinas geben kann, weil Neotänzer alles vertanzen, sinkt durch die Pause der Energiespiegel.

[es folgen mehrere Zitate von gleichgesinnten Cortina-Verweigerern]

Zunächst einmal handelt es sich um eine zu respektierende Meinung eines Tangueros. Wenn man sich allerdings diese Ansichten zu eigen macht, dann läuft man nach meiner Ansicht unweigerlich in mehrere Fallen. Zum Thema Auffordern per Blickkontakt habe ich in anderen Beiträgen genügend geschrieben (ja, es funktioniert - auch außerhalb von Buenos Aires; vielleicht macht man sich aber die Mühe und geht am Rand der Tanzfläche entlang und nicht "über" die Tanzfläche). Bei Bedarf kann man die Suchfunktion (oben rechts) mit dem Begriff cabeceo füttern. Deswegen schreibe ich hier nicht gesondert dazu. Die Begründung für die Sinnhaftigkeit von Tandas hat Peter gleich geliefert. Wenn ich beispielsweise einen lyrischen Tango von Osvaldo Fresedo tanze, dann möchte ich mich darauf verlassen können, daß es die nächsten drei oder vier Stücke so bleibt und nicht plötzlich ein Non-Tango aus dem Lautsprecher knödelt. So etwas tanze ich nämlich nicht. Und es ist ein Unterschied, ob ich einen lyrischen frühen vokalen Fresedo oder z.B. einen rhythmischen instrumentalen d'Arienzo tanze (und diese Interpreten tanze ich auch - wenn möglich - mit entsprechend ausgesuchten und aufgeforderten Tangueras).

Die im Zitat vorgetragene Kritik an Cortinas kann ich nicht teilen. Ich finde, Cortinas strukturieren einen Abend in wunderbarer Art und Weise. Außerdem bieten sie m.E. einen enormen Vorteil: Zur gleichen Zeit sind alle Tangueros und Tangueras wieder "verfügbar". Ein nicht-strukturierter Abend verläuft nach meinen Beobachtungen so, daß man irgendwann es schafft, sich höflich aus einer Tanzpartnerschaft zu lösen, aber ausgerechnet zu diesem Zeitpunkt ist der gewünschte nächste Tanzpartner, die gewünschte nächste Tanzpartnerin nicht "verfügbar" (weil er oder sie gerade tanzt). Nach meiner Ansicht geht es nämlich gerade nicht um die Maximierung des eigenen Spasses in der Milonga, sondern um einen Ausgleich der unterschiedlichsten (Tanz-)Interessen der Besucherinnen und Besucher dieser Gemeinschaft auf Zeit (nebenbei bemerkt: Inzwischen finde ich es eher störend, wenn beispielsweise ein Tanguero eine Tanguera für vielleicht eine dreiviertel Stunde "blockiert"). Um für alles Besucherinnen und Besucher gleiche Ausgangsbedingungen zu schaffen, finde ich Cortinas sehr sinnvoll. Und wenn man einmal eine Tanda aussetzt, dann ist es eben zeitlich absehbar begrenzt. Ein weiteres Argument ist die Konzentration. Nach meinen Erfahrungen schwindet bei mir die Konzentration, wenn ich längere Zeit mit einer Tanguera tanze. Eine Tanda ist für mich die ideale Länge. Danach werde ich mit der gleichen Partnerin möglicherweise zum Takt-Hopser. :-)

Mir geht es in diesem Beitrag nicht um einen Disput. Wenn es Menschen gibt, die lieber gerne weiterhin eine Milonga ohne Tandas und Cortinas besuchen wollen, dann sollen sie das gerne tun. Ich möchte allerdings dafür werben, darüber intensiv nachzudenken (falls noch nicht geschehen). ob denn nicht eine Strukturierung einer Milonga eine gerechte und sinnvolle Sache ist und nicht, wie geschrieben, eine Einschränkung der persönlichen Freiheit. Für mein Empfinden sind Tandas und Cortinas untrennbar mit dem Tango Argentino verknüpft. Leider sehen das nicht alle so, eine deutliche Ankündigung der Milonga (... in Tandas mit Cortinas) würde also vielleicht helfen, Missverständnisse bei den Besucherinnen und Besuchern zu vermeiden.

Ich mag noch einmal gesondert, auf die ersten Zeilen des zitierten Textes eingehen. Wenn wir zukünftig eine "europäische Milonga" in Abgrenzung zur "argentinischen Milonga" propagieren wollen, dann müssen wir uns fragen lassen, was ist denn der Kern des argentinischen Tangos? In der ebenfalls in dieser Leseprobe zitierten Begründung der UNESCO für den Tango als Weltkulturerbe steht geschrieben: "Diese Mischung [gemeint ist der Tango Argentino mit seinen vielfältigen Wurzeln] hat Gewohnheiten, Überzeugungen und Rituale hervorgebracht, die sich zu einer unverwechselbaren kulturellen Identität entwickelt haben." Wollen wir diese Erbe pflegen oder wollen wir uns einfach nur das herausnehmen, was uns gerade gefällt? Diese Frage hat Peter in seinem Buch leider nicht beantwortet.

In der (hoffentlich sachlichen) Diskussion zu diesem Beitrag wünsche ich mir eine thematische Eingrenzung auf Tandas und Cortinas. Zur Musikauswahl kommen wir dann noch in einem gesonderten Artikel. Vielen Dank.


Leserinnen und Leser, die in meinem Blog auf eine Rezension des Buches von Peter Ripota warten, muss ich leider enttäuschen. Ich finde es sehr nobel, daß Peter eine ausführliche Leseprobe im Netz bereitgestellt hat. Nach der Lektüre dieser 50 Seiten habe ich entschieden, daß ich dieses Buch nicht lesen muss. Was ich gelesen habe, ist eine mehr oder weniger geglückte Zusammenstellung bereits bekannter Fakten (vom Weltkulturerbe, dem ursprünglichen Verbot durch den Papst, dem Zitat von Augustinus usw.). Kleinere (und größere) inhaltliche Fehler machen die Lektüre bisweilen schmerzhaft. So starb beispielsweise Osvaldo Pugliese (1905-1995) bestimmt nicht "100jährig am Klavier", sondern er starb ganz ohne Pathos im Krankenhaus (es war Aníbal Troilo, der aufgrund einer akuten Herz-Kreislauf-Attacke beim Verlassen der Bühne verstarb - Quelle: totango.net). Ich möchte mich mit diesem Buch nicht näher auseinandersetzen müssen.

37 Anmerkung(en):

cassiel hat gesagt…

Jetzt habe ich doch noch etwas vergessen. Die Cortina sollte einen deutlichen Kontrast zur Tango-Musik bilden (Jazz, die Beatles oder was auch immer), es gibt einige Tango-DJs bzw. DJanes, die 4'33'' von John Cage kurz anspielen :-))) das ist für eine Cortina denkbar ungeeignet (ebenso wie etwa Live-Aufnahmen aus dem Dschungel mit hoher Tinitus-Ähnlichkeit).

Manzge hat gesagt…

Lieber Cassiel,

seit Monaten nun verfolge ich Deinen Blog mit wachsendem Interesse. Ich habe vieles gelernt, was die "sozialen" Regeln an einer Milonga angeht. Meine Gedanken angeregt haben aber auch Beiträge zum Umgang als Paar miteinander auf einer Milonga, zu den Höflichkeitsregeln und natürlich zur Musik; herzlichen
Dank dafür!
Oft war ich beim Lesen der verschiedenen Beiträge erstaunt darüber, dass es überhaupt Milongas gibt, die nicht in Tandas und Cortinas aufgeteilt sind, unabhängig davon, welche Art von Musik gespielt wird; ich kenne nichts anderes hier in der Schweiz (zumindest in Genf, Lausanne und Zürich). Und ehrlich gesagt kann ich mir das gar nicht vorstellen, dass einfach einzelne Stücke aneinander gereiht werden, womöglich noch ohne inneren Zusammenhang, sei es nach Takt, Stil oder Komponist/Interpret: Wann ist dann genug mit einer Tanguera getanzt? nach einem Stück, wenn es nicht passt und nach fünf, wenn es passt? Was gehört sich, was nicht? ICh bin auf jeden Fall sehr dankbar für die Struktur, die eine Milonga gibt.
Manzge

cassiel hat gesagt…

Hallo Manzge, vielen Dank für Deine Rückmeldung. Und... ja, es gibt noch immer Milongas, an denen die Musik unstrukturiert präsentiert wird. Ich habe mich erst neulich wieder einmal dahin verirrt...

Chris hat gesagt…

wieder einmal beweist Cassiel, daß er manch anderen Protagonisten in diesem Metier intelektuell überlegen ist. Nur den Mehrwert dieser kleinen Demonstration bleibt er, wie so oft, schuldig. Durch diese vielen kleinen und größeren Seitenhiebe und Unsauberkeiten in der Argumentationstechnik beschädigt sich dieser Blog zunehmend selbst, was ich persönlich als sehr bedauerlich empfinde.

@ Manzge: Über die Frage, wie viele Tandas mit einer Tanguera zu tanzen sei, gibt es unzählige Abhandlungen und noch mehr Meinungen. Wer sich an die argentinisch-klassischen Codigos hält, wird es bei ein bis zwei Tandas belassen, egal wie schlecht oder gut es läuft. Die erste Tanda abzubrechen, gilt gemeinhin als unhöflich. Mehr als zwei zu tanzen als Angebot, die Milonga gemeinsam zu verlassen. In Europa wird zumindest letzteres nicht so streng gesehen, aber mit dieser Regel bist Du auf der sicheren Seite. Lieber fragen, ob Du Sie später noch einmal auffordern dürftest.

cassiel hat gesagt…

@Chris
Es ist bestimmt nicht meine Absicht hier irgendetwas zu demonstrieren. Ich habe mich um eine möglichst neutrale und deeskalierende Wortwahl bemüht. Meine andere Meinung werde ich allerdings weiterhin artikulieren. Seitenhiebe oder Unsauberkeiten in der Argumentation kann ich nicht entdecken und bitte höflichst um einen entsprechenden Hinweis.

Gerne darfst Du mich kritisieren - damit habe ich überhaupt kein Problem. Die latente Aggression finde ich allerdings bedauerlich. Verhindert sie doch, daß Diskussionen entstehen. Ich meine zu verspüren, daß bei wachsender Leserschaft die Kommentaranzahl leicht zurückgegangen ist. Aber auch das wird dieses Blog überleben.

peter w hat gesagt…

Lieber manzge,
gerade in Zürich habe ich das früher oft erlebt, stellenweise heute noch.

Matthias hat gesagt…

@Cassiel
ich verfolge Dein blog jetzt schon eine ganze Weile, ohne Kommentare veröffentlicht zu haben; auf Deine letzte Bemerkung über zurückgehendes Kommentaraufkommen war jetzt Anlass für mich eben dieser entgegenzuwirken. Ich empfinde Deine Haltung und die Art und Weise, wie Du Dein Blog moderierst als wohltuend gelassen. Trotz dieser (fast schon buddhistischen) Gelassenheit kann man immer den Menschen mit einer dezidierten Meinung (mit der ich nicht immer übereinstimme) erkennen. Das lässt Deine Sichtweisen spannend bleiben.

Deine Aussagen in geschriebenen und nicht geschriebenen Rezensionen (um keine Namen zu nennen - das löst ja immer gleich irgendwelche Stürme (Fäkal-, Wasserglas) aus) teile ich allerdings zu 100%.

Auch was Du zu Tandas sagst, trifft weitestgehend auf meine Zustimmung. Insbesondere kann es wirklich sehr nervenaufreibend sein, den richtigen Moment abzupassen, in dem die gewünschte Tanzpartnerin und ich beide nicht tanzen, damit ich sie auffordern kann (natüüürlich mit mirada und cabezeo ;-)), wenn keine Tandas und Cotinas gespielt werden.

@Chris
Auch ich fände es prima, wenn Du Deine Kritik durch Belege etwas unterfüttern könntest.
Ich glaube im übrgein nicht, dass Manzge um Hilfe bei der Entscheidung gebeten hat, wieviel Tandas er tanzen soll. Stattdessen hat er seine Fragen - so habe ich seinen Beitrag verstanden - formuliert, um zu zeigen, dass diese durch die schöne Einrichtung von Tandas beantwortet werden.

peter w hat gesagt…

@Chris
Der Cabeceo ermöglicht mir sicher zu sein, dass eine Frau auch wirklich mit mir tanzen möchte und nicht gezwnugen ist weil sie sich nicht getraut nein zu sagen. Die Cortina ermöglicht einen Moment bei dem alle aufmerksam sind und versuchen Kontakt aufzunehmen. Ohne dies funktioniert der Cabeceo nicht so gut. Dass eine Tanda eine sorgföltig gewählte Struktur hat ist wichtig, sonst verliere ich oder meine Partnerin beim zweiten oder 3. Stück plötzlich die Lust. Sowas merken allerdings nur die welche wirklich zur Musik tanzen. Diejenigen für die die Musik nur so ein Hintergrund ist (Taktgeber) merken das gar nicht. Leider gibt es zuviele davon.

Chris hat gesagt…

zum Cabecceo habe ich glaube ich gar nichts gesagt. Ebensowenig habe ich den Sinn von Cortinas oder Tandds angezweifelt, und ganz bestimmt habe ich mich nicht auf die Seite von Peter Ripota geschlagen, dies nur zur Klarstellung.
Es liegt mir fern, Herrn Ripotas Ansichten zu verteidigen, denn es sind nicht die meinen. Ich selbst bevorzuge die Unterteilung in Tandas und Cortinas, empfinde diese ebenfalls als willkommene Strukturierung und bin froh, wenn Cabecceo möglich ist.

Eben gerade deswegen stören mich gewisse Mängel in Cassiels Argumentationstechnik.
Eine klassische Milonga muß nicht erklärt oder gerechtfertigt werden, dazu besteht gar kein Anlaß. Es sei denn, man empfindet eine andere Praxis als Angriff auf die eigenen Ansichten oder die reine Lehre.
Die Strukturierung verläuft dann so, daß Cassiel sich ausdrücklich auseinandersetzen und nachvollziehen können möchte, wobei nicht erklärt wird, mit welcher Art von Auflegepraxis. Die wunderlichen Dinge scheinen zunächst die Tandas und Cortinas zu sein. Es folgt das Zitat und unmittelbar darauf werden die zitierten Aussagen widerlegt. Wer einen Disput - wiederum ausdrücklich - nicht will, will sich nicht auseinandersetzen, wer sofort widerlegt will nicht nachvollziehen.
Weiter muß und sollte man wissen, daß Herr Ripota kein Repräsentant irgendeiner Auflegepraxis ist, außer seiner eigenen.
Dem Zitat meine ich weiter zu entnehmen, daß Herr Ripota nicht über rein klassische Milongas schreibt, sondern zumindest über solche mit einem erheblichen Anteil an Neo- und Nontangos.
Ich bezweifle abschließend, daß Herr Ripota eine europäische Milonga insbesondere nicht in Abgrenzung zur argentinischen propagieren wollte, auch von "wir" ist da keine Rede. Die Frage, die Herr Ripota nicht beantwortet hat, scheint er gar nicht gestellt zu haben, Cassiel hat sie gestellt. Dafür bleibt Cassiel leider allzuviel schuldig. Was ist denn dieses wundervolle Erbe, diese unverwechselbare kulturelle Identität? Wer kann das beantworten? Ein Argentinier, ein Deutscher? Sind alle Bestandteile dieser Identität für alle Zeiten unveränderbar in Stein gemeißelt oder haben sich dieser Tanz und die Musik nicht auch entwickelt und dabei erheblich verändert?

Ich bedauere, daß nicht einfach für eine Einstellung geworben wird, sondern daß stets ein zu gewinnender Diskurs erforderlich zu sein scheint. Wer so vorgeht ohne angegriffen worden zu sein, transportiert den Zweifel an der eigenen Überzeugung.

cassiel hat gesagt…

@Chris
Danke für die Präzisierung. Nach meiner Wahrnehmung gibt es eben zu viele Tangoveranstaltungen, in denen keine Struktur zu finden ist (ich war erst am letzten Dienstag bei einer solchen Veranstaltung). Deswegen habe ich geschrieben.

Es ist richtig, daß ich die Ansichten von Peter zitiert habe und meine andere Ansicht dagegen gestellt habe. Es geht da nicht um ein Widerlegen sondern um eine andere Meinung. Nachdem Peter explizit über die "argentinische" Milonga geschrieben hat, habe ich den Gegenentwurf als "europäische" Milonga bezeichnet. Das halte ich für legitim. Gerne können wir da auch ein anderes Etikett verwenden - vielleicht "nicht-argentinische" Milonga? Ich klebe nicht an Begriffen.

Ich habe die Ansichten von Peter nich als Angriff verstanden, für mich ist das allerdings ein Hinbiegen des ursprünglichen Tangos und ich schreibe gegen die von mir empfundene schleichende Verwässerung des Begriffs an. Es steht jedem frei, meine Gedanken zu lesen oder es zu lassen.

Nur weil es keine Instanz gibt, die letztgültig über den Charakter des wundervollen Erbes bzw. der unverwechselbaren kulturellen Identität befinden kann, ist es m. E. noch lange nicht verboten, über den Tangobegriff zu debattieren.

Es geht hier in den Dsikussionen nicht um gewinnen oder verlieren, sondern es geht um Meinungen. Das ist das Wesen eines Blogs und jeder ist eingeladen, sich an der Diskussion zu beteiligen oder es zu lassen.

Peter Ripota hat ein Buch über die Tangosehnsucht geschrieben. Ich blogge halt eben zum Tango. Ist es deswegen nicht erlaubt anderer Meinung als Peter zu sein?

Gorriòn hat gesagt…

Selbstverständlich sind Tandas und Cortinas eine Einschränkung der persönlichen Freiheit! Wo er recht hat, hat er recht, der Herr Ripota! Doch, wie kommt ein Tanguero, eine Tanguera dazu, die Milonga als das eigene persönliche Universum zu sehen? Ist ja nicht alleine da. Tango tanzen an sich ist ja eine Einschränkung - man könnte eben so gut Walzer, Foxtrott oder ohne Grenzen wie in der modernen Musikkultur zu den gespielten Stücke tanzen. Die Milonga ist eben auch ein Gesellschaftsanlass. Die Regeln, die herrschen, dienen meiner Meinung nach in erster Linie dazu, einen gemeinsamen Konsens zu schaffen.

In Peter Ripotas Argumentation - mir ist ein bisschen schleierhaft, warum Du, Cassiel, ausgerechnet den stellenweise besserwisserischen Herrn zitiert hast - kommt mir gleich das Bild eines Tänzers, der sich in der mehr oder weniger vollen Milonga mit grossen schwungvollen Turnübungen auf der Tanzfläche bewegt und sich um seine Mittänzer foutiert. Ihm, als Modernierer der europäischen Tangoszene, geht es um das Tanzen an sich: Zitat: 'die Klassiker bestehen auf ihren Regeln...., die Modernierer tanzen'. Dass die 'Klassiker', um bei seiner Wortwahl zu bleiben, eben nicht nur tanzen, sondern auch hören, fühlen, leiden und den Abend (den Tango?) als Ganzes erfahren wollen, verschweigt er.

Bei grossen Milongas, wo ich weniger Leute kenne, helfen mir persönlich Tandas und Cortinas meinen Abend zu gestalten. Völlig unbewusst zähle ich die Anzahl Stücke einer Tandaund den Musikstil der Tandas. Ich will im voraus wissen, wen ich für die nächste Tanda suchen will. Dazu muss ich wissen, ob es Vals, Tango oder Milonga ist. Ist es dann anstelle einer Milonga ein Neotango oder Fusiontango, ok, eine schöne Überraschung. Denn für mich eignet sich nicht jede Frau für jeden Tanzstil (was aber um Himmels Willen nichts mit ihrem Können zu tun hat sondern mit dem Tanzgefühl meiner Führung).

Bei kleinen Milongas in bekanntem Umfeld sind Cortinas und Tandas weniger wichtig. Man kennt sich, tanzt sowieso mit allen zu allen Stücken, Empfindsamkeiten bei Beendigen des Tanzes gibt es nicht.
Lieber Cassiel, Deinen Gedanken kann ich nichts mehr anfügen, Du hast treffend geschrieben und ich möchte mich - auch wenn ich mich in Sachen Musikstil von Dir unterscheide - Dir anschliessen und den geneigten DJs und Djanes der Leser ans Herz legen, Tandas und Cortinas aufzulegen.

Anonym hat gesagt…

Lieber Cassiel,
viele Leser, weniger Kommentare - das mag schon stimmen. Woran das liegen könnte? Bestimmt nicht an Deinen Themen und Deinen Ausführungen dazu!
Was hier - teilweise - "verhandelt " wird, ist ein Idealzustand einer Milonga.
Optimale Anlagen, EdO - Musik in erlesenen Tandas, MIT Cortinas, und Cabeceo.
Das EdO - Erbe ist ewig, und ewig schön, aber der Tanz braucht Nachwuchs, der Tango braucht ständig mehr Menschen, die sich dafür interessieren. Nicht alle wohnen in den grossen Städten, wo Milongas nach den Kriterien, die hier zu recht angepriesen werden, ausgesucht werden können.
Meine jahrelange Erfahrung mit Tango " auf dem Land " haben mir gezeigt, dass Neulinge, junge Leute, Nichttänzer, Standardtänzer mit der EdO - Musik eher wenig anfangen können. Nuevo? ja! Otros Aires? ja! Allenfalls Yunta de oro von Colortango.
Fernandez Fierro und Ciudad Baigon finden sie "interessant" genug, "hämmernden Rhythmen" animieren sie zum mitmachen.
Sie kommen zu unserer ländlichen Milonga. Unsere Tanzfläche - perfektes Parkett, ist riesig (ländliche Mietskosten), unfallfreies Tanzen somit möglich, für alle.
Mit der Zeit.... fahren sie nach Berlin, nach HH und auch nach Baires, und kommen zurück mit dem Wunsch nach TANGO.
Den wir gerne bedienen. Ein Hoch auf die Tandas! Eine Tanda EdO, eine Tanda Nuevo, eine Tanda Nontango. Wir freuen uns über die aficionados, aber müssen auch an den Nachwuchs denken.
Denn Einige Wenige entdecken ihre Liebe zu der wunderbaren Tangomusik, in seiner ganzen Vielfalt - und DAS sind dann diejenigen, die weder Geld noch Anfahrtzeit scheuen, um an den Encuentros teilzunehmen.
Wir brauchen diesen Blog um uns weiterzubilden ! Aber Ihr braucht auch den Nachwuchs, die Lernwilligen.
Deshalb - an Einigen! Seid nicht ZU streng, und zu "Lehrerhaft" in Euren Kommentarerwiderungen!
Macht Euch nicht darüber lustig wenn Tanda mit Tanga verwechselt wird!
Der Tango ist ein langer Weg, mit Verirrungen.
Lieben gruss
Kerstin

Joachim hat gesagt…

Ich nehme nicht wahr, dass der Autor Ripotta nur für sich spricht und seine Vorliebe zur Gestaltung der Milonga.
In meiner Tanzerfahrung erlebe/erlebte ich sehr wohl die unterschiedlichen Wirkungen dieser hier idealtypisch beschriebenen Auflegeweisen: „Traditionell“ mit der Musik der EdO, in Tandas der benannten Abfolge, mit Cortinas, die nicht vertanzt werden oder „modern“ in freier Musikgestaltung wechselnd von EdO zu Neo oder Non. Jede(r) mag tanzen, wo und wie er/sie mag! Ich möchte jedoch gerne vorher wissen, was mich erwartet! Also bin ich sehr für eine klare Angabe des Stils der Milonga. Manchmal mag ich die moderne Form. Allerdings stören mich in meinen Tanzerfahrungsräumen folgende Aspekte:
Die Ronda geht verloren; ich muss sehr viel Aufmerksamkeit in den Tanzraum legen. Diese geht der Musik und der Partnerin verloren.
Die Musik ist viel weniger vertraut als in der klassischen Milonga. Das ist sowohl positiv spannend als auch den Genuss mindernd.
Ich bin dem „modern“ auflegenden DJ ausgeliefert, weil ich nicht weiß, was er wann spielt. Sehr negativ zu erleben: Er spielt mit mir zu seinem ( musikalischen und tänzerischen ) Vergnügen.
Ob Musik von der vorbereiteten CD oder ichfühlmichjetztso-bezogene Musikauswahl: als Tänzer bin ich nicht gemeint, der soziale Tanzraum wir nicht aufgenommen sondern manipuliert.
Ich habe allerdings auch im Guten erlebt, wie z.B. beim Oldenburger Festival klassisch und modern in zwei Räumen nebeneinander zeitgleich leben können. Jedoch: Beide Milongas liefen nach klaren Regeln und die moderne, videoanimierte Milonga spielte keine klassischen Stücke. Gut für den Tänzer: Ich entscheide, was ich tue.
Mir sind die „Regeln“ der klassischen Milonga sehr lieb, sie sind dem Tango verbunden und eröffnen durch die Vertrautheit mit dem Ablauf, mit der Musik, der Verlässlichkeit der Musik in einer Tanda etc erst die Türen zu dem besonderen Erleben des Tanzes mit Partnerin. Neo oder Non zu tanzen ist anders, nicht auf der Schiene des besser oder schlechter. Anders und nicht zuerst das , was ich am Tango liebe.
Ist es dann nicht so, dass wir hier von zwei Paar Schuhen reden ( Tanzschuhen ), die sich der gleichen oder einer Formensprache / eines Vokabulars bedienen, jedoch verschiedenen Grammatiken folgen?
Banal: Vergleichen wir Äpfel und Birnen?

Ein einfaches Tanzpaar hat gesagt…

Ansicht einer einfachen Tänzerin und eines einfachen Tänzers zum Tango und diesem Blog

Wir sehen uns als einfache Tänzerin und einen eher „unbegabten“, aber sehr interessierten Tanguero. Jeden Schritt, den wir tanzen, haben wir uns aufgrund mangelnder Körperlichkeiten hart erarbeitet.
Die ersten Schritte haben wir in einer ADTV-Tanzschule in drei Kursen zu je fünf Abenden erlernt. Bei einem Kurzurlaub vor ca. vier Jahren haben wir unsere Lehrer (Ein Tanzpaar seit 28 Jahren – Profis) kennengelernt und mussten feststellen, dass wir gar nichts konnten. Die Schönheit der beiden hat uns sehr berührt und das wollten wir gerne lernen.
Nach dieser Erfahrung war es uns unmöglich, in der Tanzschule weiter zu machen und wir begannen, uns mit den anderen interessierten Paaren aus unserem Umfeld eine kleine Tangogemeinschaft aufzubauen. Wir waren unwissend, unvoreingenommen, aber leidenschaftlich, interessiert und wissbegierig dem Tango verfallen.
Da wir in unserer Stadt trotz einiger Versuche niemanden finden konnten, der die von uns so geliebte Art des Tangos vermitteln konnte, haben wir jede finanzielle und zeitliche Gelegenheit genutzt, um ein- bis zweimal im Jahr unsere Lehrer zu besuchen und Unterricht zu nehmen.
Zwischen diesen Terminen haben wir uns mit den befreundeten Paaren ca. 14-tägig zu einem Übungsabend getroffen. Alles ganz hemdsärmlig nach Hausfrauenart. Irgendwann konnten wir dann unsere Lehrer überreden, für ´n Apel und ´n Ei zu uns zu kommen und Workshops zu geben. Inzwischen waren sie schon sechsmal da und unsere Community ist stetig gewachsen. Mit der Zeit erkannten wir unsere Defizite in Bezug auf Tangomusik und begannen, uns intensiv mit den Orchestern, Perioden, unterschiedlichen Stilen und Wiedergabetechnik auseinander zu setzen.
Der Tango ist für uns neben Hingabe zur Musik und zur Bewegung ein weit tiefer gehender Tanz mit Open-End. Dazu gehören wechselnde Ansichten und Vorlieben zum Musikstil, Bewegungsart (Distanz/Nähe), Tanztechnik etc.. All das ist ständig in der Veränderung für uns, dadurch entwickelt sich unser Tango.
Und genau diese Veränderung, diese Entwicklung ist unser Anspruch. Und wir leisten uns den Luxus, damit nie fertig zu sein. So sehen wir unseren Weg, der nur für uns gültig ist.
Tango beinhaltet für uns neben schöner Musik und Tanz eine Sehnsucht nach mehr. Nach Schönheit, Achtung, Umarmung, Nähe und Hingabe. Genau diese Sehnsucht und die Suche nach diesen Eigenschaften, Gefühlen, Erlebnissen bringt uns an unsere eigenen Grenzen und erfordert intensives Arbeiten an mir. Ja, Tango hat fast etwas von einem spirituellen Weg. Vor dem Vergnügen steht immer Arbeit an sich selber.
Für uns ist es nicht die Reibung am anderen, sondern das Erkennen und Verändern meiner eigenen Unzulänglichkeiten.

(Ende Teil 1 - Längenbeschränkung)

Ein einfaches Tanzpaar hat gesagt…

(Teil 2)

In diesem, unserem bescheidenen Werdegang haben wir uns von wild Durcheinander-Tänzern zu Freunden der Ronda entwickelt, weil sich in dieser „Ordnung“ ein gutes Miteinander aller Tänzer auf der Tanzfläche schöner verwirklichen lässt. Wir achten darauf, dass niemand gefährdet oder verletzt wird, wobei wir bei Platz auf der Tanzfläche nichts gegen Ganchos und Boleos haben, wenn die Musik dazu inspiriert und niemand gestört wird.
Wir haben uns von weiter Umarmung zur engen Tanzhaltung hin entwickelt und wählen heute je nach Gefühl, Musik und Situation die für uns stimmige Technik, gerne auch nach Platz und Takt wechselnd.
Über allem steht für uns die Achtsamkeit im Paar und mit allen anderen. Menschlichkeit, Höflichkeit, Gelassenheit und auch Geduld.
Achtung auf der Tanzfläche entsteht durch die Bereitschaft, an meiner eigenen Achtung immer wieder zu arbeiten. Das bedeutet für uns: Socialdance beginnt bei mir.
Das Kritisieren und Verurteilen von anderen ist leicht und geht schnell, aber letztlich zeigt mir meine Kritik nur mein eigenes Defizit, nämlich, dass ich an meiner Achtung noch arbeiten kann. (Die angemessene Reaktion auf das Verhalten unverbesserlicher Störenfriede oder Querulanten ist davon ausgenommen, sollte aber auch achtungsvoll sein.)
Menschlichkeit und Achtung begrenzen sich für uns nicht auf die 100qm Tanzfläche, sondern ist Lebenseinstellung.

Cassiels vollkommen überflüssiges Tangoblog war uns auf diesem Weg oft eine Hilfe mit Informationen und Anregungen zu der jeweiligen Tangosituation, bzw. Tangophase, in der wir uns befanden. Die Leichtigkeit, der Humor und die Tatsache, sich selbst nicht so wichtig zu nehmen, hat uns immer gut gefallen und bei uns den Eindruck hinterlassen, dass wir freiwillig unseren Tangoweg gehen dürfen.

Wir würden uns wünschen, dass diese Unbegrenztheit bestehen bleibt und die Achtung für Anders-Denkende und Tanzende nicht verloren geht. Ich vermute, dass letztlich jeder oder fast jeder an den gleichen Punkt kommt, der sich intensiv mit Tango, Tangotanz und Tangomusik auseinander setzt, nur möchte ich jedem seinen eigenen Weg zugestehen.
Es ist ein bisschen wie mit den Religionen: Jede Religion hat das gleiche Ziel, aber viele Wege führen zum Ziel. Nur leider müssen die Menschen Kriege führen, weil sie den ihrigen als den einzig richtigen Weg erkämpfen wollen.
Deshalb ist es für uns hilfreich, wenn eine Milonga eindeutig gekennzeichnet ist und wir uns im Vorfeld dafür- oder dagegen entscheiden können. Deshalb ist Neotango nicht schlecht, sondern vielleicht nur nicht mein Fall. Ich bevorzuge klassische Milongas wegen dem Zauber der alten Musik oder aber ich bevorzuge gemischte Milongas wegen der geilen Location oder Abwechslung in der Musik. Wichtig ist für mich nur zu wissen, was auf mich zu kommt, damit ich mich darauf einstellen und freiwillig entscheiden kann.

Ein einfaches Tanzpaar hat gesagt…

(Teil 3)

Von dem „vollkommen überflüssigen“ aber gern gelesenen Blog wünschen wir uns Cassiels Gedanken auch wieder vermehrt zu den ganz einfachen Themen, wie beispielsweise Cabeceo und Mirada, oder wie erst kürzlich zu Tandas und Cortinas (Du hast ja zu ganz vielem schon geschrieben), genauso wie komplexe Themen und Expertenwissen zu Musik, Orchestern oder Buchbesprechungen und Veranstaltungstipps in der Leichtigkeit, die uns am Anfang so inspiriert haben.

Lieber Cassiel, Gott sei Dank, sind wir nicht Herr Deiner Gedanken und wir nehmen sehr wohl wahr und respektieren, dass der Blog ein Spiegel Deiner jeweils momentanen Gefühlswelt im Tango ist. Wir würden uns mehr Beiträge wünschen, die uns inspirieren, d.h. positive Erlebnisse, Beobachtungen und Kritik aus der großen oder auch kleinen Tangowelt, ohne alleinigen Anspruch auf Richtigkeit, mit vielen Kommentaren und Schilderungen, wie dies in den anderen Welten gesehen bzw. erlebt wird. Wir würden gern viele andere „einfache“ Tänzer dazu animieren wollen, ihre Erfahrungen und Erlebnisse bei Dir zu kommentieren, um einen Spiegel, eine Übersicht der realen Tangowelt zu bekommen.

Wir selber trauten uns in der Vergangenheit oft gar nicht zu kommentieren, weil wir keine Lust haben, dass unsere Meinung von anderen Kommentatoren niedergebügelt wird, bzw. wir für unsere Offenheit angegriffen werden. Für konstruktive Kritik sind wir jederzeit offen.
Wir wissen, dass unsere Auffassung unvollständig, vielleicht auch mal fehlerhaft ist, aber wir würden uns im Sinne unserer Entwicklung freuen, von Dir und in der Folge von anderen und ihren Erfahrungen mehr zu lesen.

Dein Blog ist dafür ein wunderbares Instrument und Deine Themen waren in der Vergangenheit ja immer treffend und interessant.
Bitte lass Dich von niemandem entmutigen! Man erkennt, dass es Dir im Kern immer um den Tango geht und Du für die Sache kämpfst.

In diesem Sinne wünschen wir Dir viel Tangovergnügen und uns viele inspirierende Ideen und Erlebnisse.

B. G. hat gesagt…

@Ein einfaches Tanzpaar

Ich lese euren Beitrag jetzt schon zum zweiten Mal und bin ratlos. Ich verstehe nicht, worauf ihr hinauswollt.

Was mir auffällt ist dieses "Sich-Kleinmachen", also etwa "einfach", "unbegabt" etc. Was soll das? Ihr könnt hier doch mitargumentieren. Egal wie weit ihr im Tango seid. Ich habe den Eindruck, ihr wollt Stress aus dem Weg gehen. Das finde ich in Ordnung. Aber dann überlasst ihr das Feld den argumentierenden Experten.

Auch ich habe hier in letzter Zeit vermehrt Stress wahrgenommen und habe es vermieden, mich an den Diskussionen zu beteiligen. Manchmal habe ich den Eindruck, dass der Stress bewusst von einigen wenigen verbreitet wurde um da auch ein wenig das eigene Ego zu streicheln.

Ich finde es geht hier als Folge dieser Störungen ab und zu so diplomatisch zu, dass ich manchmal keine Lust habe so sorgfältig zu formulieren. Deswegen bin ich dann stumm. Vielleicht ist die Entwicklung auch nur eine Folge des wachsenden Stellenwertes von diesem Blog und steigenden Leserzahlen.

Ich werde mich zukünftig wieder aktiver an den Diskussionen beteiligen und nicht denen das Feld überlassen, die Cassiel durch aggressive Kommentare das Leben schwer machen.

Seid ihr dabei?

bird hat gesagt…

Hi @,

was ich an Cortinas liebe:
Die Möglichkeit sauber, höflich und freundlich ein Tanzvergnügen zu beenden, die Orquester in ihrer Unterschiedlichkeit bewußter wahrnehmen zu können, bei Fortsetzung des Tanzes evt.ein kleines Schwätzchen halten zu können und wie cassiel schon schrieb, viele Paare tauschen zu dieser Zeit den Partner, was neue Tanzpaare ermöglicht.
Und nun zum Auflegen in klassischen Tanden.
Ich nehme hier die ganz schlichte Variante T T V T T M ...
Mit ein bischen Übung kann man diese Struktur leicht über den ganzen Abend verfolgen oder gegebenenfalls nach einer Milonga - oder einer Valstanda wieder updaten. Wer mag, kann so zumindest für die Vals - und Milongatanden, seinen Partnerwunsch präzisieren. Im Zusammenhang mit den Cortinas kann man so nicht von einer Milongatanda überrascht werden. Vier zusammenpassende Stücke geben mir, immer wieder auf´s Neu, die Möglichkeit beim ersten in´s Tanzen zu kommen, den noch unbekannten Tänzer kennenzulernen, beim zweiten schon etwas schöner miteinander tanzen zu können, den dritten richtig zu genießen und beim vierten vielleicht leicht schwermütig zu werden, ob des Wissens das alles Schöne mal ein Ende hat aber mit der Hoffnung auf eine erneute Begegnung.
Das eine Tanda nur mit Stücken des gleichen Orquesters gestaltet wird, diese möglichst aus der gleichen Zeit ect.pp sind, gibt mir die Sicherheit nicht alle 3 Miunten von einer Stimmung in die Nächste geschleudert zu werde oder noch schlimmer von einem Tango zu einer Milonga zu einem Vals der dann vielleicht noch von einem Elektrotango abgelöst wird. Das sind auch vier Stücke aneinander gereiht die zumindest mir diverse Stimmungen und damit krasse Brüche, um die Ohren werfen, mich brutal von einer Empfingung innerhalb kurzer Zeit zur nächsten nötigen. Da geht es mir dann ähnlich wie beim Pop-Radio hören. Nach spätestens 15-30 Minuten habe ich in der Regel genug. Und beim Tango Argentino Tanzen geht das wesentlich schneller.
Ich habe aber auch DJs erlebt die Tango an Tango reihen können, so das ein schöner Tanzfluss, entstehen ohne diese Struktur. Das ist dann keine klassische Milonga und erfordert, meiner Meinung nac, eine extrem hohe Kenntnis der Stücke, ihrer Klangfärbung, ihres Rhythmuses, dessen was sie verbindet, vereint trotz unterschiedlicher Musikrichtungen. Für jemanden der klassische Musik liebt sicher keine Alternative.

Unknown hat gesagt…

@bird,

Du hast es auf dem Punkt gebracht! Genau das sind die Vorteile, wenn man eine traditionelle/klassische Milonga strukturieret gestaltet, also mit Tandas und Cortinas. Allerdings, damit das Ganze funktioniert, sind einige Voraussetzungen zu erfühlen. Ich denke, das sind folgende:

Die Milonga wird von den Teilnehmern als ein soziales Ereignis verstanden, als einen Ort, wo man sozial miteinander Umgeht. "evt. ein kleines Schwätzchen halten", "viele Paare tauschen zu dieser Zeit den Partner" - das sind Verhaltensmuster die soziale Kompetenz erforder. Wenn die Milonga als einen Ort für Spaß versteht und seine Verhalten der Spaß-Maximierung ausrichtet, dann braucht man keine Tandas.

Die Tänzer sind bemüht mit den jeweiligen Partner zu kommunizieren, den Partner zu achten. Nur dann entsteht das, von dir wunderbar beschriebene, Prozess: "in´s Tanzen kommen, schöner miteinander tanzen, richtig genießen, schwermütig werden". Wenn man bemüht ist sich selber darzustellen und seine ganze Energie nach außen richtet, dann ist die Reihenfolge der Stücke in eine Tanda egal.

Die einzelne Tänzer (nicht nur die Führende) sind bemüht die Stücke musikalisch zu interpretieren. In diesen Fall wählt man seinen Partner, je nach gespielter Musik ,bewusst aus. Es ist wichtig zu wissen, ob eine Tango-, Milonga- oder Vals-Tanda kommt, um den Partner auszusuchen. Es ist wichtig das Orchester zu kennen, um seinen Tanzstil an der Musik anzupassen. "mir die Sicherheit nicht alle 3 Minuten von einer Stimmung in die Nächste geschleudert" - ganz genau, vorausgesetzt die Musik wirk auf deine Stimmung. Wenn man die Musik nur als Metronom benutzt, um den Takt zu halten, benötigt man keine gut strukturierte Tandas - eine bunte Strauß von verschiede Orchester wirkt in diesen Fall nicht störend, sondern Spaß-Maximierend :) "mich brutal von einer Empfingung innerhalb kurzer Zeit zur nächsten nötigen" - wie ein Achterbahn - Spaß pur!

Wenn diese wenige Voraussetzungen nicht erfüllt sind, wirkt eine Struktur (Tandas/Cortinas) störend - die unterbricht das Spaßgefühl.

"Ich habe aber auch DJs erlebt die Tango an Tango reihen können, so dass ein schöner Tanzfluss, entstehen ohne diese Struktur." - das hebe ich nur an einen Ort erlebt - Nijmegen - sonst nirgendwo.

Anonym hat gesagt…

z.A.(ziemlicher Anfänger)
Es gibt im Netz eine umfangreiche Schrift zum dem Thema, die ich vor Kurzem bemerkte :
"Vom Tun und Lassen eines Tango-DJs". Wenngleich sie stellenweise etwas streng klingt ist in ihr doch alles Wesentliche enthalten.
Die Adresse:
http://tangoblog.sprach-atelier.de/ und dort im Archiv vom 19.Mai 2011

Anonym hat gesagt…

Danke!
"Vom-Tun-und-Lassen-eines-Tango-DJs"

Anonym hat gesagt…

Das gab es bei Cassiel bereits vor 1,5 Jahren:

http://tangoplauderei.blogspot.com/2011/05/zwei-neue-deutsche-tangoblogs.html

Austin hat gesagt…

Wenn es schlecht läuft, schafft die Tandastruktur die Möglichkeit, ohne Unhöflichkeit oder ein verlegenes "also das mit uns klappt irgendwie nicht so recht" aus einer schlechten Konstellation rauszukommen.

Ich glaube, dass eine Tandastruktur es Frauen leichter macht,mit ihnen unbekannten Männern zu tanzen, weil das "Risiko" begrenzt ist. Das ist für die ganze Veranstaltung gut.

Das finde ich einen großen Vorteil. Die Nachteile der Tandastruktur vermag ich nicht zu erkennen, bzw. ich finde sie nicht relevant.

Anonym hat gesagt…

An Anonym, ziemlicher Anfänger!
Peter Bengtson, ein Landsmann von mir, ist ein berühmter schwedischer Musiker und Komponist - Opern, Ballettmusik, das europaweit augefürt wird. Derzeit unterrichtet er an der Musikhochschule, seit mehr als 20 Jahren ist er der gefragteste TJ in Skandinavien. Danke für den Link!
Kerstin

bird hat gesagt…

Hallo Kerstin,

wenn du die Möglichkeit hast eine gültige e-mail anderesse von Peter Bengston zu bekommen, wäre ich an dieser interessiert, um ihm ein Dankeschön für diesen Text zukommen lassen zu können.

Anonym hat gesagt…

Hallo Bird,
auf seiner Homepage :

http://peterbengtson.com/pages/contact

findest Du alle Angaben.
Gruss Kerstin

Anonym hat gesagt…

ein uneingeschränktes "pro" zu Tandas und Cortinas - sie entspannen die Kommunikation der Partner auf der Tanzfläche ganz ungemein (wenn man sich nicht kennt). Für mich können Cortinas auch deutlich kurz sein - so eine Art "Jingle" - halt nur eine Zäsur. Es muss den Paaren nicht die Zeit gegeben werden, sich während der Cortina hinzusetzen.

Zur Länge von Non-Tango-Tandas (und manchen Neos): Bitte nur drei Stücke je Tanda. Die Non-Tangos sind oft mit 4 oder über fünf Minuten überlang - im Vergleich zu einem klassischen Tango mit knapp 3 Minuten. Zum anderen sind die häufig unbekannten Stücke - viele DJ´s entdecken dann ihre "Lieblinge" :-/ - idR eine Herausforderung bis Zumutung insbesondere für den Führenden, will er eine sinnfällige Choreografie - anders als stumpf im Beat hip-hoppen oder pseudokreativ "´rumhopsen" - aufs Parkett bekommen.

LG
Eike

Oskar hat gesagt…

Meine dringendsten Wünsche an die TJs: Cortinas so lange spielen bis die Tanzfläche wirklich leer ist.
Keine Rockn Roll Nummern - die verführen dazu die Cortina zu tanzen. Heavy Metal muss auch nicht sein.
Nun zum Musikmix:
Wenn es in einer lokalen Szene so dringend gewünscht wird, der Veranstalter drauf besteht, etc. dass Neotangos, Tangos von modernen Orchestern und Nontangos gespielt werden müssen - dann bitte nie, aber wirklich niemals, 2 oder 3 Tandas davon hintereinander spielen (alte Tangos von heutigen Orchestern zähle ich persönlich zu den Neotandas, Piazzola auch) - da müssen Menschen wie ich dann flüchten und wir meiden diesen DJ für mindestens 1 Jahr. 10 - 15 % Neo halte ich ganz gut aus - das sind dann halt die natürlichen Pausen die ich mit den Rauchern im Freien verbringe. Diese modernen Tandas dürfen aber auch nicht länger als 12 Minuten dauern! Der Rest sollte aus der Goldenen Zeit von 1928 bis 1957 (Definition Christian Tobler) sein. Keine Tandas, die ausschließlich mit "unbekannten" Kostbarkeiten die kein anderer DJ hat, bestritten werden. Eine "unbekannte" in einer Tanda ist o.k. wenn sie wirklich gut tanzbar ist.
Dies ist mein Zugeständnis an die Tangueros die Piazzola und diese modernen Tangos lieben. Damit es kein Missverständnis gibt - so richtig wohl fühle ich mich, wenn es eine traditionelle Milonga gibt, wie es Christian Tobler so grandios am 15. September in St. Valentin in Österreich vorgezeigt hat.

Nun noch eine genaue Begründung für meine Wünsche an die TJs: Immer mehr Tangueros tanzen nur mehr ausschließlich die gut tanzbaren Nummern aus der EdO (keinen Piazzola und manche keine späten Pugliese). Ab und zu eine Zwangs-Pause von 12 - 13 Minuten ist für viele kein Problem. Wenn nun aus Versehen der DJ nach einer Piazzola Tanda eine Narkotango Tanda auflegt, die dann vielleicht noch 16 Minuten dauert - ja dann ist der Abend richtig kaputt! Und wir, die wir in kleinen Städten tanzen, können nicht einfach zwischen 10 Milongas in der Woche auswählen! Also liebe TJs, wenn ihr schon nicht an Piazzola, GotanProjekt usw. vorbeikommt, dann bitte so strukturieren, dass nach jeder "Neo-Tanda" eine richtig gut tanzbare aus der EdO kommt!

Anonym hat gesagt…

Hallo Oskar,

sind wir da also wie von Cassiel angekündigt am "jähen Ende" angekommen ? ;-)

Leider kenne ich Tobler nicht und was er in St. Valentin aufgelegt hat: Aber ein Arienzo von 1940+ kann eine ziemliche Graumsankeit sein, von den "Goldenen" aus dieser Zeit mit ihrem Hang zum Big Band Sound oder den nie sterbenden, trällernden Tenören zu schweigen - da bin ich weg vom Parkett.

Andererseits ist ein Pugliese eigentlich immer tanzbar, der hatte uns Tänzer fest im Blick. Klar: Manchmal geht´s rhythmisch schon munter daher. Aber welcher Tanguero kennt schon die rhythmischen Feinheiten von Donatos "con tu besos"? Man muss halt seine Literatur ´rauf und ´runter im Ohr haben - und dann geht ein Pugliese genauso wie ein Donato. Und ich persönlich schätze auch Piazolla.

Und andererseits: Wer schmilzt nicht zu Edith Piafs "la vie en rose" einfach nur hinweg oder treibt bunten Unfug zu Lousians" Katze oder dem ach so schönen und schlauen, kölschen "Tangokönig Eduard" oder träumt viel zu kurz zu Alexious "To tango tis Nefelis"?

Und übrigens: Auch die "Grandes" des EdO mussten täglich ihre Brötchen bezahlen und haben deshalb nicht nur "Goldenes" produziert. Da ziehe ich bei Weitem Gideon Cremers Oblivion oder Quartangos Androgyne vor - ehrlich: Aus meiner Sicht sind die letztgenannten schon wieder "Goldene Klassiker".

LG
Eike

KlausPP hat gesagt…


@Eike, also nichts für ungut, aber auf Milongas, auf denen

- Edith Piafs "la vie en rose"
- Louisan "Katze"
- der mir nicht bekannte Tangokönig Eduard
- Haris Alexiou "To tango tis Nefelis" (ertrage ich nur beim Tango auf Kreta)
- Gideon Kremer "Oblivion"
-.Quartango "Androgyne"
- oder der von mir (außerhalb von Milongas) sehr geschätzte Piazzolla
- (eigentlich fehlt in dieser Liste noch John Powell "Assassin's Tango")

aufgelegt wird, da wird man mich regelmäßig vermissen.

Pugliese ist am späten Abend und in Tandadosierung in Ordnung.
Aber bitte nicht immer dieselben Yumbas und Ciegos.

Ich habe mir gerade vier mal Donatos "Con tu besos" angehört.

Die von Dir angedeuteten rhythmischen Feinheiten erschließen sich mir dabei allerdings nicht,
ich finde da nur einen sauberen 3/4 Takt und auffällig sind nur die gelegentlich eingestreuten Pizzicatos.

Da finde ich eher das obige Androgyne rhythmisch wirklich etwas vertrackter und herausfordernder.

vg Klaus

PS
Zum Glück genieße ich das Privileg solchen Milongas meist weiträumig ausweichen zu können,
da ich meinen Lebensmittelpunkt in einer sehr großen Stadt habe und ich mich beruflich meist auch in Metropolregionen bewege.

Oskar hat gesagt…

@ Eike!

Meine Wünsche an die TJs sind nicht das Ende sondern der Beginn! Es handelt sich um Minimalanforderungen die man an TJs stellen muss, wenn der Tango seit mehr als 10 Jahren unterrichtet/getanzt wird. Jetzt können wir darüber schreiben was wir von einem guten TJ erwarten. Du schreibst dass du Christian Tobler nicht kennst, ich empfehle dir das nachzuholen. Monika und Christian waren in den letzten 2 Jahren in Regensburg, in Augsburg, in Biel CH und in Österreich. Vielleicht sind die beiden ja demnächst irgendwo im Norden Deutschlands anzutreffen. Vertraue deinen Ohren und höre was M & C musikalisch zu bieten haben. Cassiel wird es uns hoffentlich wissen lassen, wann und wo der nächste Whorkshop stattfindet.

Unknown hat gesagt…

@Eike

Die Gefühle, die Du so treffend beschreibst kenne ich zu gut. Leider reichen meinen tänzerischen Ausdrucksmitteln (noch) nicht die, von Dir erwähnte Stücke zu vertanzen. Da ich einen mittelmäßigen Tänzer bin, versuche ich mich auf bestimmte Stilrichtungen zu konzentrieren und das sind die, mir bekannten und in den vielen Jahre liebgewordene, 1600 Stücke Kern-Repertoire der EdO. Wenn ich eines Tages diese Stücke adäquat tanzen kann, werde ich mich an den Repertoire von Frau Lousian widmen – ich befürchte nur, meine Zeit auf diese Erde wird nicht dafür reichen. Mir ist bewusst, dass ein guter und erfahrener Tänzer (dabei denke ich an professionelle Tänzer, nicht an Tangotänzer) praktisch jede Stück vertanzen kann. Leider sind solche Tänzer selten auf eine Milonga verträten. Ich staune immer über dem unendlichen Selbstbewusstsein von Tangueros, die d’Arienzo, Pugliese, Gotan, Otros Aires und sämtliche Non-Tangos mit eine beliebig gewählte Partnerin ohne weiteres vertanzen können. Das kann ich nicht und das möchte ich nicht – das ist meine persönliche Einstellung.

Für mich ist Piazolla ein bedeutender Komponist, dessen Meinung ich sehr schätze und achte. Wenn er selber betont, dass seine Musik nicht für Tänzer gedacht ist, sehe ich keinen Grund diese Meinung nicht zu respektieren. Die Musik von Piazolla berührt mich zu tiefsten, leider auch in diesen Fall würden mir die tänzerische Ausdrucksmittel fehlen, diese hochkomplexe Stücke zu vertanzen.

Ich kann in den Stücken von d’Arienzo nach 1940 nichts Grausames entdecken, höchstens nach 1955. Ich gebe aber zu, dass ich DJ’s kenne, die grausame Tandas mit diesen Stücken bauen können. Obwohl ich der Meinung bin, dass die Gesangsfähigkeiten der „Tenöre“ wesentlich die Möglichkeiten von, dir erwähnten, Interpretern (Edith Piaf, Annet Louisan u.s.w.) übersteigen, muss nicht jeder diese Musik mögen. In diesen Fall empfindet man tatsächlich eine traditionelle Miloga als grausam.

Unknown hat gesagt…

@Oskar,

da ich kein Raucher bin benötige ich die 15-Minutige Pausen nicht :) Für mich sind die Schäden, die eine Non-Neo-Tanda einrichtet nicht so marginal. Meine Beobachtungen zeigen, dass die Tänzer nach so einem Tanda so aufgewühlt sind, dass ein entspanntes Tanzen danach mindestens für 3-4 Tandas unmöglich ist. Besonders anstrengend sind die Tänzer, die nach der Neo-Non-Tanda keinen Partnerwechsel gemacht haben. Ich bin der Meinung, in großen Städten mit mehrer Milongas in der Woche besteht die Notwendigkeit 10-15% Non-Neo-Musik auf traditionelle Milongas zu spielen wirklich nicht – weder aus kommerzieller, noch aus tänzerischer Sicht.

Unknown hat gesagt…

@Oskar,

da ich kein Raucher bin benötige ich die 15-Minutige Pausen nicht :) Für mich sind die Schäden, die eine Non-Neo-Tanda einrichtet nicht so marginal. Meine Beobachtungen zeigen, dass die Tänzer nach so einem Tanda so aufgewühlt sind, dass ein entspanntes Tanzen danach mindestens für 3-4 Tandas unmöglich ist. Besonders anstrengend sind die Tänzer, die nach der Neo-Non-Tanda keinen Partnerwechsel gemacht haben. Ich bin der Meinung, in großen Städten mit mehrer Milongas in der Woche besteht die Notwendigkeit 10-15% Non-Neo-Musik auf traditionelle Milongas zu spielen wirklich nicht – weder aus kommerzieller, noch aus tänzerischer Sicht.

Monika hat gesagt…

lieber Sweti, !!11eins1elf für Deinen Kommentar von 15.38 h :-)

Oldie hat gesagt…

Keine Frage, ich bin ein Verfechter der Tanda / Cortina Struktur.
Nebst den oben genannten, praktischen Gründen, erzeugt sie eine eigen Art von Musik:
Während der Gesprächs- und Ausgelassenheitspegel bei der Cortina raumgreifend anschwillt - gelegentlich wähnt man sich an einem bunten Jahrmarkt -, weicht diese Stimmung mit den ersten Takten der nächsten Tanda einer konzentrierten und angespannten Stille.
Dieser Art der sozialen Musik, dem Herzschlag, welcher massgeblich den Charakter einer Milonga bestimmt, zu lauschen, ist ein zusätzlicher Genuss.
Und es gibt bemerkenswerte DJ’s, welche die optimale Länge einer Cortina erfühlen und im genaue richtigen Moment, am oberen Totpunkt, mit der nächsten Tanda die Umkehr einleiten.

BirgitMarita hat gesagt…

Hat sich in dieser Runde eigentlich schon mal ein DJ geäußert?

Ich finde es gut und hilfreich, pro und kontra und Vorlieben der Tänzer zu sammeln. Doch bei einigen Kommentatoren vermisse ich Achtsamkeit, Respekt und Dankbarkeit gegenüber dem DJ (und auch gegenüber dem Schreiber dieses Blogs).

Jeder DJ sollte die Musik auflegen, die aus seinem Herzen strömt. Ich mag authentische DJs und Djanes.
Die Tänzer haben die Wahl, ob sie auf die Milongas gehen, die von den jeweiligen DJs angeboten werden. Klarheit darüber ist wichtig.

Ich freue mich, wenn es immer mehr Milongas gibt, die einen respektvollen Umgang miteinander und den DJs pflegen und nicht ihre eigenen Vorlieben in den Vordergrund stellen und streiten.