Normalerweise sind elektrische Gittaren im Tango überhaupt nicht auf meiner Favoritenliste, bei dieser Einspielung kann ich darüber hinweghören. Den Tango Ensuños (Träume) stelle ich hier in der Interpretation vom Quinteto Real (Horacio Salgan, Piano und Leopoldo Federico, Bandoneon) im Vergleich mit einer alten Interpretation von Carlos Di Sarli (von 1943) vor. Die Einspielung von Osvaldo Fresedo aus dem Jahr 1927 habe ich online nicht gefunden. Im direkten Vergleich gefällt mir die moderne Version besser (das ist natürlich Geschmacksache).
Wenn ich diesen Tango überhaupt auf einer Milonga auflege, dann passiert das sehr spät. Für mein Empfinden ist aber die Interpretation vom Quinteto Real hervorragend geeignet, auf die Melodieführungen der einzelnen Instrumente zu tanzen, dann kann es wirklich ein Traum sein. Gerade die Phrasierungen des Bandoneons (so etwa eine Minute nach Beginn des Stücks) machen ein Tanzen auf den Takt nahezu unmöglich.
Ganz kurz möchte ich auch noch einen fremden Gedanken einstreuen: Eine Tanguera schenkte mir neulich das kleine Heft: Tango Zen - Walking Dance Meditation von Chan Park. Ich will ein Zitat von Albert Einstein aus diesem Büchlein hier erwähnen; ich finde es passt gerade (vielleicht sogar zu der vorgestellten Musik):
Relativity teaches us the connection between the different descriptions of one and the same reality.Ich wünsche allen Leserinnen und Lesern eine gute Woche.
Carlos di Sarli (instr.) eine Aufnahme vom 07. September 1943
Direkter Link zum Titel bei goear.com.
[Diesen Beitrag habe ich am 3. September 2012 geändert. Die di Sarli Version funktionierte nicht mehr - es wurde eine andere Quelle verlinkt.]
25 Anmerkung(en):
@Cassiel
ein sehr passendes Zitat, wie ich finde. Insbesondere, wenn man es auf die Elektrogitarre bezieht. Ich finde sie eher verstörend in der Einspielung... aber ansonsten war es mal wieder ein perfekter Start in die Woche! Danke!
Lieber Cassiel,
jetzt hast du schon zweimal hintereinander einen temporären Lieblings-Tango (meine Lieblings-Tangos wechseln mehrere Male pro Jahr) von mir getroffen!
"Cascabelito" von Pugliese, das war vielleicht so 1998 mein Lieblings-Tango, macht mir heute noch Gänsehaut. Beim Auflegen bin ich aber mit diesem Stil ziemlich sparsam. Ensueños war es vor etwa 3 Jahren, allerdings in der geringfügig verschiedenen Fassung vom Nuevo Quinteto Real. Vom (Nuevo) Quinteto Real lege ich gelegentlich eine Tanda auf.
Übrigens findest du Ensueños von Fresedo (1927) auf www.todotango.com, wenn du nach "Partituras" suchst.
Und darf ich auch noch darauf aufmerksam machen, dass das Quinteto Angel auf seiner neuen CD Ensueños eingespielt hat, sehr inspiriert von Horacio Salgán. In meinen Augen eines der besten Stücke von einem modernen Orchester überhaupt.
Dir auch eine schöne Woche!
Theresa
Was müsste ich tun, um auch kleine Geschenke von den Damen zu erhalten?
;-)
Die Musik ist wunderschön, ich kannte sie aber schon. Seit heute weiß ich den Titelnamen und den Interpreten. Zukünftig macht es vielleicht noch mehr Freude, dazu zu tanzen. Danke.
@B.G.
1. göttlich tanzen
2. göttlich schreiben
3. göttlich männlich
schwupps - schon bekommst Du auch kleine Geschenkerl von Tangueras...
;-)
Ich wollte schon fast das Gleiche wie Theresa sagen. Aber sie war schneller. Ich lege nicht sehr oft Salgan auf, aber wenn, dann ist dieses Stück immer dabei. Und die Version von Quinteto Angel findet man in youtube, wenn man nach Christian Gerber sucht.
Die Fresedo-Version liebe ich auch.
Liebe Grüße
Jürgen
Puh... Mittagspause...
@Raxie
Ja, es ist wirklich total ungewohnt mit der E-Gitarre. Das gestehe ich gerne. Ich bin aber auch hin- und hergerissen zwischen dem Bewahren des Reichtums der alten Musik und einer drohenden Mumifizierung des Tangos. Da habe ich mir noch keine abschließende Meinung gebildet. Wer hier länger mitliest weiß, wie empfindlich ich in Musikfragen (geworden) bin. Aber ich ringe auch ständig mit mir.
@Theresa
Ich habe mich gefreut als ich Deine Anmerkung gelesen habe. Und dann ging mir die Frage durch den Kopf, ob es vielleicht doch einen common sense im Bezug auf die Tangomusik gibt. Vielen Dank übrigens für den Hinweis auf die Fresedo-Version bei Todotango.com. Die ist aber (zumindest bei mir) nicht mehr funktionstüchtig. Der kleine Hinweis "404" deutet darauf hin, daß die Audio-Datei nicht mehr auf dem Server ist. Schade! Ist es eine Frage der Rechte? Irgendwie ist es für mich nicht mehr nachvollziehbar. So findet man aktuelle Titel bei YouTube (die Plattenfirma hat z.B. das komplette Video von Amy Winehouse: Back to Black eingestellt - wohl als Promo), Tangotitel von 1927 sind aber nicht mehr auffindbar. Ich achte die intellektuellen Rechte von Dritten. Aber nach über 80 Jahren kann es dann auch einmal gut sein. Mein Einbinden von Audio-Daten verstehe ich als Werbung für die Musik. Niemand wird ernsthaft dauerhaft gestreamte Audiodateien über Trötlautsprecher im Laptop hören.
@B. G.
Tja, die Frage kann ich Dir auch nur indirekt beantworten. Ich habe letztens eine kleine Milonga zur ursprünglichen Musik veranstaltet (vielleicht nenne ich sie zukünftig Milongita). Es ist ein kleines liebevoll eingerichtetes und betriebenes Café. Der Wirt ist Tango-affin, aber (bis jetzt) nur zur Musik. Er war sogar schon in Buenos Aires und hat dort aber nur der Musik zugehört. Wir kamen ins Gespräch und dann wurde der Plan geboren: Einmal im Monat gibt es eine kleine Milonga. Der Steinboden ist teilweise einige hundert Jahre alt und Platz gibt es faktisch nicht. Ich habe es dennoch gewagt und war überwältigt von der Resonanz. Es war eine traumhafte Stimmung und alle haben sehr rücksichtsvoll kleinflächig getanzt (die Musik hatte ich natürlich auf die Verhältnisse anzupassen versucht). Der gute Besuch der ersten Veranstaltung ist vermutlich auf die Premierensituation zurückzuführen. Also werde ich drei Veranstaltungen machen und dann entscheiden, ob es weitergeht. Als einzige Tanzmöglichkeit für eine Szene wäre so ein Abend natürlich total unbefriedigend, als Ergänzung zu einer bestehenden Milonga finde ich es durchaus legitim. Es ist Platz für acht rücksichtsvoll tanzende Paare. Es waren aber deutlich mehr Tangueras und Tangueros gekommen. Die haben dann einfach geplaudert oder einen Wein getrunken. Möglicherweise hilft ein solcher Abend auch den sozialen Aspekt einer Milonga wieder zu fördern. Ich plane gerade im Hinterkopf musikalische Themenschwerpunkte für die weiteren Veranstaltungen. Und zum Thema Boden: Der Tango wurde anfänglich wahrscheinlich auch auf Lehmboden getanzt - ob es zu Beginn des letzten Jahrhunderts Comme il fauts gab darf bezweifelt werden. ;-)
Zu meiner ersten Milongita schenkte mir die betreffende Tanguera dieses liebevoll ausgesuchte Büchlein. Das hat mich sehr gefreut.
...
...
@Tanguera
Ups... jetzt bin ich rot geworden. Aber nichts davon trifft auf mich zu. Ich betrachte mich noch immer als Anfänger beim Tango, meine Versuche hier sind (wie mehrfach geschrieben) als Eigentherapie zu sehen und mit dem Attribut "männlich" kann ich so isoliert nur wenig anfangen - trotzdem: Danke.
Vielleicht werde ich auch ein wenig nachlässig in dem Schutz meines Pseudonyms. Natürlich gibt es mittlerweile einige Menschen im Tango, die mich erkannt haben und nun wissen wer ich bin. Aber der ganz überwiegende Teil weiß es nicht und das ist auch vollkommen OK so. Es geht mir um den Tango und die Musik. Dieser Blog ist mein Weg, für meine Ansichten zu werben.
@Jürgen
Vielen Dank für den Hinweis auf das Quinteto Ángel, ich bin gerade in der Mittagspause, aber so viel Zeit musste sein und ich habe schnell gesucht. So gibt es jetzt noch einen Link zum Video bei YouTube.
Vielen Dank für die Anmerkungen.
[Und wenn ich alt und weise bin, dann schaffe ich es auch, mich kürzer zu fassen ;-) ]
@ cassiel
ich habe die Aufnahme von Fresedo. Vielleicht finden wir einen Weg, wie ich sie dir zukommen lassen kann.
Grüße
Jürgen
Als in Sprachdingen pingelige Hispanophile erlaube ich mir einen orthographischen Hinweis: Es heißt Milonguita, nicht Milongita. Sonst würde das "g" wie das "j" in "Juan" ausgesprochen.
Theresa
@Jürgen
Sehr aufmerksam! Aber ich habe sie auch...
Nur online ist sie eben nicht zu finden. Das ist schade! Gerne hätte ich diese frühe (weitgehend monophone) Version hinzugefügt.
@Theresa
Danke für den Hinweis. Ich muss mich immer mit meinen Lateinkenntnissen und anderen Krücken retten. Ich habe niemals Spanisch gelernt. (Das müsste ich auch dringend in Angriff nehmen, ich habe aber keine Zeit.)
Also bei mir erklingt auf der todotango-Seite Ensueños von Fresedo, wenn ich über "partituras" und den alphabetischen Index suche. Der genaue Link ist
http://www.todotango.com/spanish/las_obras/partitura.aspx?id=2386
Schönen Abend allerseits!
Theresa
@Theresa
Das ist ja merkwürdig - auf der Seite mit den Texten funktioniert die Audio-Datei nicht, bei den Noten schon.
Ich habe in der Eile den falschen Weg gewählt. Danke für Deinen Hinweis. Damit es bequem ist, mache ich daraus noch einen Link. ;-)
Und hier geht es zur (funktionsfähigen) Version von Fresedo.
[Und noch ein Hinweis für Benutzer von Mac OS X: Bei Microsoft kann man gratis Flip for Mac herunterladen. Dann kann man auch die Microsoftformate abspielen. ;-) ]
Solcherlei Besprechungen von einzelnen Stücken (weniger von CDs) lösen in mir immer wieder neue Auseinanderetzungen mit dem Stück und dem Umfeld aus. Unter Umfeld meine ich Interpret, Phase oder CD. So habe ich jetzt mal wieder das Quinteto Real auf meiner Festplatte entdeckt, lege die Sarli-version von Ensueno immer wieder mal gerne auf (mit anderen Stücken von der CD 40/47) und danke euch für den Zugang zur Fresedoversion. Diese ist mir neu.
Herzliche Grüße und schöne Woche
wünscht
T.
Eine kleine Bemerkung, die Aufnahme von "Ensueños" ist in 1960 entstanden, Leopoldo Federico spielte noch nicht in "Quinteto Real", der Bandoneonist ist Pedro Laurenz, der Violinist Enrique Mario Francini.
Es gibt noch 2 Aufnahmen von "Ensueños" mit dem "Nuevo Quinteto Real" (beide mit Néstor Marconi aus den Jahren 1999 bzw. 2003)
Saludos
Carlos
... es ist gerade kaum Zeit...
Vielen Dank für die Anmerkungen!
Albert Einstein wird natürlich in Englisch zitiert - ja, das hat Klasse!
@Anonym: Besser englisch zitiert als anonym gestänkert!
Anonym: Cassiel kann das nicht übersetzen. Deshalb lässt er es im Original.
Oh wow! Hier muß irgendwo ein Nest sein …
Also, affig, für Dich auf Denglish: Dein Monkey-Business nervt!
Elbnymphe: du bist wahrscheinlich auch nur so eine frustrierte und unbefriedigte Tanguera. Es ist peinlich wie du dich an den Dilettanten Cassiel ranschmeisst.
@affig: Im Gegensatz zu Dir stehe ich aber zu meiner Verehrung. Bei Dir sehe ich nur unterdrückte Homophilie gemischt mit einer gehörigen Portion Masochismus (wer folgt schon über einen so langen Zeitraum einem Blogger, den er so ausdauernd scheiße findet?).
[wie anstrengend...]
@Anonym & affig
Wie liebreizend von Euch! Benehmt Ihr Euch beim Tango auch so?
;-)
Aber nun einmal im Ernst: Ich habe den Spruch im englischen Original zitiert, weil ich es so vorgefunden habe. Falls es denn nun wirklich ein Problem ist:
Relativität lehrt uns den Zusammenhang zwischen verschiedenen Beschreibungen ein und derselben Realität.
Zufrieden?
Und affig... bevor Dein Weltbild ins Wanken gerät... ich habe ein Übersetzungsbüro beauftragt. ;-)
Da Einstein ungefähr 20 Jahre in den USA gelebt hat, könnte es übrigens durchaus sein, dass das Zitat in englischer Sprache das richtige ist.
@cassiel
gracias por la musica!
Mein internetfähiger PC war ca ein Monat lang lautlos (keine Lautsprecher).
Schon nach den ersten Takten ist mir bewußt geworden, was mir die letzten Wochen fehlte!
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