Montag, 9. April 2012

Bericht zur Lage des Blog(ger)s

Ostermontag nachmittags, der Rinderbraten ist im Ofen (eher spießig: mit Gemüse und in einer Senfkruste im Niedertemperaturverfahren), der Spargel ist geschält und wartet darauf, daß er später gekocht wird, Kartoffeln, ebenfalls geschält stehen im Wasserbad bereit).

Vom Eise befreyt sind Strom und Bäche,
Durch des Frühlings holden, belebenden Blick,
Im Thale grünet Hoffnungs-Glück;
Der alte Winter, in seiner Schwäche,
Zog sich in rauhe Berge zurück.
Von dorther sendet er, fliehend, nur
Ohnmächtige Schauer körnigen Eises
In Streifen über die grünende Flur;
Aber die Sonne duldet kein Weißes,
Ueberall regt sich Bildung und Streben,
Alles will sie mit Farben beleben;
Doch an Blumen fehlts im Revier,
Sie nimmt geputzte Menschen dafür.
[...]
Ich höre schon des Dorfs Getümmel,
Hier ist des Volkes wahrer Himmel,
Zufrieden jauchzet groß und klein:
Hier bin ich Mensch, hier darf ich’s seyn.

[Osterspaziergang aus: Faust I - Johann Wolfgang von Goethe]

In der letzten Zeit bin ich sehr ruhig geworden. Erstaunlicherweise hat das meine Zugriffszahlen aber kaum beeinträchtigt. Nachdem sich mittlerweile die besorgten Anfragen gehäuft haben, möchte ich heute kurz zur äußerst hartnäckigen Schreibblockade schreiben. Es ist nicht so, daß mir die Themen ausgegangen wären (ich bedanke mich in diesem Zusammenhang natürlich für die zahlreichen Themenvorschläge, die von besorgten Leserinnen und Lesen eingereicht wurden), vielmehr erscheint mir momentan jeder Text, den ich verfasse banal. Andererseits stolpere ich bei meinen Streifzügen durchs Netz immer wieder über tango-verwandte Beiträge, die mit Inbrunst Banalitäten verbreiten, so daß ich mir denke, ich muss nun nicht unbedingt meine eher altmodischen Weisheiten auch noch einer größeren Öffentlichkeit präsentieren.



Da war beispielsweise ein Video über die Etikette einer Milonga von einem berühmteren Lehrerpaar aus den Vereinigten Staaten. In diesem Video wurde der staunenden Fan-Gemeinde der Cabeceo als modernste Errungenschaft im Tango präsentiert. Nun ja. Das ist ja prinzipiell sehr löblich, auch wenn es nicht mehr ganz neu ist, aber der Markt verlangt regelmäßige Aktivität - publish or perish. Was aber im Beipack an weiteren Weisheiten mit Verve erwähnt wurde ließ mich dann doch eher ratlos zurück. So ist es anscheinend vollkommen OK, wenn man mitten im Tanz Thank you sagt und den aktuellen Tanzpartner auf der Tanzfläche stehen lässt (das war für mich bislang die Höchststrafe - wenn beispielsweise ein Tanguero seine Tanzpartnerin unsittlich berührt oder so). Außerdem wurde mir in diesem Video erklärt, daß die Tanguera sich permanent umschauen muss, damit sie niemanden verletzt.
Ein weiteres Video aus norddeutscher Produktion löste bei mir blankes Entsetzen aus (milder kann ich es beim besten Willen nicht formulieren). Dieses didaktische Kurzvideo wurde vom Urheber kurzerhand mit einem anderen Tango vertont (nachdem der ursprüngliche Titel bei YouTube wg. der nach wie vor ungeklärten Auseinandersetzung zwischen YouTube und der GEMA gesperrt worden war) und erneut hochgeladen. Ist die Musik also immer noch von nachrangiger Bedeutung? Ich war eigentlich davon ausgegangen, daß selbst in der deutschen Tangoszene mittlerweile sorgsamer mit der Musik umgegangen wird.
Ein drittes Video aus dem süddeutschen Raum zeigte eine akrobatische Demo eines Lehrerpaares im Rahmen eines Anfängerkurses. Seit ich dieses Video gesehen habe, wundert es mich überhaupt nicht mehr, warum es so viele Geisterfahrer auf Milongas gibt.

Ich war zwischenzeitlich auch bei der einen oder anderen Milonga und habe verschiedenste DJs gehört. Das bietet Stoff für zahlreiche Beiträge in der nächsten Zeit. Letztes Wochenende habe ich übrigens bei einem Festival dann auch den nächsten Kandidaten meiner Serie "Tangueros zum Abgewöhnen" kennengelernt. "Moritz, der Motzer" war abwechselnd auf Spur 2 und Spur 1,5 unterwegs und machte seiner Tanguera unmissverständlich und für die Umgebung durchaus wahrnehmbar klar, daß ihre Fertigkeiten im Tango insuffizient sind. Es kostete mich einige Mühe, ruhig zu bleiben.

Ich möchte diesen Beitrag nicht beenden ohne daß ich noch auf die zwei shitstorms in jüngerer Zeit hier im Blog eingehe. Mich kosten diese Auseinandersetzungen unter meinen Kommentatorinnen und Kommentatoren regelmäßig sehr viel Energie. Andererseits sehe ich die Ventilfunktion, die ein Meinungsaustausch unter Pseudonym durchaus hat. Ich nehme auf der einen Seite einen Freundschaftsbegriff wahr, der bisweilen fast hysterische Züge annimmt (so mancher Diskussionsstrang bei Facebook mag als eindrucksvolles Beispiel herhalten). Auf der anderen Seite mag es auch für die Berufsnörgler durchaus reizvoll sein, einmal so richtig loszulegen und anderen die Meinung zu sagen. Ich bin mir noch unsicher, wie ich damit zukünftig umgehen werde. Wahrscheinlich werde ich bei verbalen Auseinandersetzungen früher einschreiten. Andererseits werde ich mich auch klar von diesem m.E. überspannten Freundschaftsbegriff, wie er in Zeiten sozialer Netzwerke etabliert und gepflegt wird, deutlich distanzieren. Nach meiner momentanen Überzeugung sind Tango und Freundschaft zwei vollkommen verschiedene Paar Schuhe und wir tun uns allen einen Gefallen, wenn wir das beherzigen.

Ansonsten höre ich gerade sehr viel Tangomusik. Ein Leser dieses Blogs hat mir als Sachspende zwei Tanoys (600A) überlassen und bei ebay fand neulich ein Paar 6D in einen hervorragenden Zustand für unglaubliche 399 € zu mir. Auch wenn es sich manche Leserin und mancher Leser nicht vorstellen kann, es ist ein komplett anderes Tangoerlebnis. Vielleicht werde ich auch dazu schreiben.

Stay tuned... :-)

28 Anmerkung(en):

Anonym hat gesagt…

Das wirklich frustrierende fuer mich beim letzten Shitstorm war, dass deine Leser Kommentare hier hinterlassen wollten, zu einem Text, der ganz anderswo veroeffentlicht wurde, der nichts im geringsten mit deinem Blogeintrag zu tun hatte -- und ohne den Original gelesen zu haben (einer hat sogar gemeint, er haette keine Lust den Original zu lesen, er wollte nicht wissen, worum es ging, wollte aber trotzdem seine heftige Meinung dazu hier auessern).

Noch skurriler wurde es, als Kommentare hier hinterlassen wurden, zu einer Diskussion, die auf einer Facebookseite stattfand, zu der also die meisten Leser deines Blogs gar keinen Zugang hatten.

Die Sachen aus dritter Hand zu besprechen finde ich eine merkwuerdige und nicht sehr hilfreiche Tendenz. Es ist, als wollten alle polemische Meinungen zu einem Buch auessern, ohne das jemand es ueberhaupt gelesen haette. Das kann nur zu Misverstaendnissen fuehren und ist sehr wenig fruchtbar, meiner Meinung nach.

Und ich muss zugeben, dass ich ein wenig den Eindruck haben, dass du hier in diesem Blogeintrag etwas aehnliches machst. Mich interessiert deine Meinung zum Video, das Homer und Christina Ladas gedreht haben -- doch finde ich es seltsam, dass du dazu einen Urteil fallen willst, ohne mit deinen Lesern den Link zu teilen, damit sie sich das Video zuerst anschauen koennen, und dann deine Meinung beurteilen koennen. Sich zu informieren, bevor man eine Meinung auessert, ist nie schlecht. Hier findet man das Video: http://youtu.be/JT7JKxywFvQ
Zum Video hatte ich auch meine Bedenken -- und habe die direkt bei Homer und Christina geauessert.

Zu den anderen Videos, die hier erwaehnt werden, habe ich ueberhaupt keine Meinung -- und kann keine Meinung haben, weil ich sie weder gesehen habe noch habe ich eine Ahnung, wo sie zu finden sind.

Am Schoensten finde ich diesen Blog, wenn du selber eine Sache detalliert beschreibst oder eine Stellung zu irgendetwas nimmst -- aber wenn es fuer alle klar ist, wovon du eigentlich sprichst. Wenn wir alle wissen, wir besprechen dasselbe Phaenomen, den selben Text, die gleichen Taenzer, die gleiche Meinung, etwas, was wir alle gelesen oder gesehen oder erfahren haben, die hier klar geauessert oder zum Ausdruck gebracht wird. Fuer mich macht es recht wenig Sinn, sich zum Beispiel ueber irgendwas zu aergern, was jemand vermutlich gesagt hat, obwohl wir keine Ahnung haben, *was* da eigentlich gesagt wurde.

Uff, ich hoffe, du verstehst, was ich meine. Diese Idee auf Deutsch zum Ausdrueck zu bringen war eher eine Herausforderung fuer meine deutsche Sprachkenntnisse.

Auf einen evt. Blogeintrag ueber Moritz der Motzer freue ich mich sehr.

Raxie hat gesagt…

@terpsichoral (puh - schwieriger Name :-) Dein Deutsch ist ausgezeichnet! Vielen Dank für Deinen interessanten Beitrag!

@Cassiel: Fein, dass Du über Facebook gepostet hast, sonst wäre mir dieser Beitrag entgangen. Direkt vorher hatte ich das Video von Homer&Christina kurz angetestet, aber ganz ganz schnell wieder gestoppt. Aus genau den Gründen, die Du aufgelistet hast. Olala, was für ein unbedachter Rat an Anfänger - lasst den Tanzpartner ruhig stehen, mittem im Lied, wenn es Euch nicht mit ihm taugt!!! Olala!!! Da hilft auch "Danke schön" nicht mehr...

Aber das sei nur am Rande erwähnt, weil es mir direkt vor der Lektüre Deines Beitrages ganz genauso wie Dir ergangen ist (das Video wurde übrigens von einer der Regensburger DJs in FB gepostet).

Was ich eigentlich sagen wollte: Vielleicht ist Deine Schreibblockade auch einfach nur Ausdruck dessen, dass es noch andere wichtige Dinge im Leben gibt und der persönliche Fokus nicht immer nur auf dem Tango liegen muss? Vielleicht geht es Dir einfach gut und Dein Leben dreht sich nicht ausschließlich um Tango und die Verteidigung vermeintlicher Werte? Ich finde das einen sehr schönen Gedanken!

In diesem Sinne: Guten Appetit, genieße den Spargel und vielleicht noch einen guten Wein und dazu gute Musik! Was für ein wunderbares Leben!

tangopeter hat gesagt…

We dance the music, not the steps. (Gavito)
Yo soy El Tango. (Homero Expósito)

Wer ist "wir"? Wodurch sind wir "wir"?
Cassiel, ich liebe Deinen klaren Standpunkt zum Tango und
zur Musik, er deckt sich weitgehend mit meiner Meinung.
Wir Traditionalisten sind die Guten. Wir sind der Tango. Ganz einfach.
Aber:
Tango ist immer noch von nachrangiger Bedeutung, um eine von Dir nicht
gestellte Frage zu beantworten. Im Bereich Freizeitgestaltung, Abteilung
Musik und Tanz rangiert er weit abgeschlagen hinter Standardtanz und Disco.
Diese im Vergleich sehr kleine Tangoszene müssen wir(?) uns dann auch noch
mit Musikvergewaltigern, Schritteverkäufern, Tangueros zum Abgewöhnen
und unsensiblen Pistenrambos ohne Respekt und Manieren teilen. Nicht mehr ganz einfach.
Denn:
Wir sind wir durch die, die wir kritisieren. Es sind Floorfiller, es sind Neofreaks,
es sind Veranstalter, es sind DJs, es sind Klamottenverkäufer, es sind
Hochglanzpublizisten, es sind Musiker, es sind Trittbrettfahrer, es sind...
...es sind die, welche die Tangoszene erst ermöglichen, sonst wäre sie tot,
inklusiver unserer Kritik und der Frage, was ist Tango und was nicht.
Es geht auch um Marketing. Es geht auch um Geld. Wieder einfach. Und b-anal.
Und nun?
Wir drehen uns im Kreis. Alles ist schon gesagt, ob banal, altmodisch
oder das Rad neu erfindend aufgeregt. Und manchmal vielleicht so:

Ihr naht euch wieder, schwankende Gestalten,
Die früh sich einst dem trüben Blick gezeigt.
Versuch ich wohl, euch diesmal festzuhalten?
Fühl ich mein Herz noch jenem Wahn geneigt?

Sischer datt. Hau rein, is' Tango!

comilona hat gesagt…

Lieber Cassiel,
weitaus am meisten an Deinem Beitrag hat mich dieser kleine Nebensatz berührt:
"Nach meiner momentanen Überzeugung sind Tango und Freundschaft zwei vollkommen verschiedene Paar Schuhe und wir tun uns allen einen Gefallen, wenn wir das beherzigen."
Das ist genau meine Erfahrung. Wenn man jedoch bedenkt, dass so viele Menschen mit der gleichen Leidenschaft zum Tango immer und immer wieder zusammentreffen, dann wundert es mich so so sehr, wie wenig Freundschaften sich tatsächlich bilden.
Warum? Das verstehe ich nicht! Ich wäre an einem Erklärungsmodell interessiert!
Vielleicht ist es auch eine Erfahrung, die an meine Persönlichkeitsstruktur gebunden ist, aber ich habe auch in meinem Umfeld den Eindruck, dass ein immer intensiveres Eintauchen in den Tango zu einer starken Ich- Zentriertheit führt.
Und gleichzeitig ist es so unglaublich berührend, wie ein Tango- Neuling diese Tango- Intensität empfinden und sich gewissermassen naiv öffnen kann, wo langjährige TangotänzerInnen wissend sich verschließen.
Ich bin einigermassen ratlos (und hoffe natürlich dass dieser Text nicht zu kryptisch anmutet)
Liebe Grüße!

bird hat gesagt…

@ comilonga,

schön das du das erwähnt hast mit den zwei Paar Schuhen von Tango und Freundschaft. Hab` es zwar gelesen und doch nicht wirklich wahrgenommen.
Danke für die Erinnerung.
Mir geht es da anders im Tango. Habe einige Freundschaften gefunden, intensivere und auch lockerere und was mich völlig überraschte, Freundschaften gegengeschlechtlicher Art, die ich, in meinem sonstigen Leben längstens resigniert abgehakt hatte und im Tango weder gesucht noch erwartet hatte.

Anonym hat gesagt…

Lieber Cassiel,
schön mal wieder von Dir zu hören. "Tango und Freundschaft" dies Problem ist auch mir schon aufgefallen. Ich meine dass es vielleicht daran liegt , dass wir im Tango gewohnt sind, den Atem der Seele unseres Tangopartners zumindest immer mal wieder sehr nah zu spüren; der Tango schenkt uns dabei die Mittel zur Kommunikation, auf diesem Niveau würden wir sonst wohl meistens stumm bleiben. Nicht jeder ist geübt auf dieser schmetterlingsflügelempfindlichen Herzhaut-Ebene ins Gespräch zu kommen. (Übrigens auch von Goethe: "Was ist erquicklicher als das Licht? Das Gespräch!")So mag es die Tiefe des Tangos, den Mut, zu Melancholie und dem eigenen Scheitern zu stehen, wenn man Texte und Musik vieler Tangos durchdringt, verhindern, leicht eine Freundschaft zu finden. So mag die Subtilität einer Milonga-Gestimmtheit es erschweren, eine übliche Freundschaft zu begründen. Daneben gibt es aber auch auf vielen Milongas das Ultraschallgeplappere, was ja in positivem Sinn ein laut hörbarer Beweis ist, dass Freundschaft und Tango sehr wohl zusammen passt. Ob dies personengleich mit Pisten-Rambos zusammenfällt, müsste genauer untersucht werden.
Liebe Grüße von jemandem, für den Tango eine Geisteshaltung ist.

Anonym hat gesagt…

Sehr verehrter Cassiel,
sehr geehrte Bloggemeinde,
ich möchte die Anonymität hier nutzen und - halbwegs passend zum Thema Freundschaft im Tango - eine Frage der Moral aufwerfen, die sich mir immer wieder mal stellt, so auch gestern Abend.
Zur Einführung: ich habe meine jetzige Partnerin beim Tango kennen gelernt. Wir haben den ersten Abend nach langem, frustrierendem Sitzen miteinander getanzt. Jede Tanda näherten wir uns stärker an, jede Figur wurde zum Störfaktor, ein Ocho oder ein Stopp unterbrach den gemeinsamen Fluss und das Erlebnis zweier suchender Seelen, die zusammen zur Musik schweben. Ein wunderschönes Erlebnis, gemeinsames Gehen zur Musik, zum Ende der Titel ein stilles Verharren in Entzückung, dann Auftauchen in die Wirklichkeit und Rückkehr in den Saal. Auf zur nächsten Tanda ohne Worte, Blicke sprechen Bände, die erste Berührung in der Umarmung ist ein unendlicher Genuss und braucht Zeit, noch mehr Zeit der erste Schritt, mehr wünscht man sich nicht. Wir sind gemeinsam glücklich und seit einem guten Jahr zusammen.
Das gemeinsame Gehen zur Musik ist für mich die Quintessenz des Tango. Aber wecke ich damit bei den Tanzpartnerinnen, die das so nicht kennen (z.B. Anfänger), Gefühle, Gedanken, Sehnsüchte oder Befindlichkeiten, die nicht gerechtfertigt sind? Ich hab es mehrfach erlebt, dass die Partnerin im Anschluss an eine solche Tanda sichtlich verstört gewirkt hat, die Milonga verlassen hat, sich in die Spülküche verzogen hat oder Ähnliches. Wecke ich damit Hoffnungen, die mit Sicherheit enttäuscht werden? Ist es gerechtfertigt, diesen Eindruck beim Tanzen zu forcieren, um den Damen eine schöne Tanda zu schenken mit der Gefahr, dass anschließend Enttäuschungen folgen oder falsche Hoffnungen geweckt werden? Ist es ein großspuriges Spiel mit den Gefühlen anderer? Schreibe ich das hier nur auf, um insgeheim Anerkennung zu genießen? Welch toller Tänzer ich bin? In der Hoffnung auf Entdeckung meiner Anonymität? Oder geht es im Tango nicht genau darum? Die strengen Regeln, nach einer oder spätestens nach zwei Tandas den Tanz zu unterbrechen und sich zu setzen bzw. den Partner zu wechseln? Darf ich mich in diesem Wohlgefühl sonnen und so weitertanzen, wenn mir eine solche Tanguera begegnet (häufig ist es ja nicht, eher die seltene Ausnahme). Darf ich so etwas vortäuschen, um den Damen etwas Gutes zu tun? Sie zu erfreuen und ihnen einen schönen Abend und ein kleines Abenteuer zu bescheren?
Für eine Antwort wäre ich sehr dankbar.
Viele Grüße
Der Schuhträger

uralt hat gesagt…

@Cassiel,
schön, dass du wieder einmal schreibst. Aber auch dein wöchentlicher Musikbeitrag wird vermisst.

@tangopeter,
auch wenn es mir nicht in den Kram passt, du hast mit deinem sehr gut geschriebenen Beitrag ganz einfach recht.

Anonym hat gesagt…

@Schutraeger

Wenn in deiner lokalen Milonga die Bedingungen dafuer herrschen, dass man nur laufen kann, warum nicht? Ob das der Frau gefaellt oder nicht wird wohl darauf ankommen, wie GUT du lauefst (und es ist gar nicht einfach, gut zu laufen). Aber in vielen Milongas hier in BA zumindest ist das schlichtweg unmoeglich (nur laufen). Wenn die Milonga sehr voll ist und alle tanzen viele Giros auf dem Fleck (eine natuerliche Reaktion auf diese Tanzbedingungen) wirst du auch Drehbewegungen machen muessen -- oder sehr sehr viele Pausen, die vielleicht zu einer flotteren Musik wie D'Arienzo gar nicht passen (und eigentlich haben fast alle klassischen Orchester ausser Biagi kaum Pausen -- 'Breaks' aber keine Pausen). Dem Tanzfluss zuliebe waere es gut, auch andere Figuren tanzen zu koennen, ausser nur Laufen. Die Innigkeit, die du mit deiner Partnerin suchst, wird auch stark beintraechtigt, wenn deine Art zu tanzen zur Musik nicht passt (weil die nicht so viele Pausen hat) oder zu Zusammenstoessen fuehrt. Laufen ist schoen -- aber es ist nicht alles.

bird hat gesagt…

@ Der Schuhträger,

darf ich fragen wie es dir damit geht, wenn du spürst, dass du Hoffnungen weckst die du nicht erfüllen möchtest ?
Wie es dir damit geht, wenn du siehst, wie eine Tanguera, sichtlich verstört nach dem Tanzen mit dir, die Milonga verlässt ?

cassiel hat gesagt…

Vielen Dank für die Kommentare.

@Schuhträger
Deine Premiere? Gratulation. Ich denke, es ist hilfreich, wenn wir die einzelnen Themenkomplexe in Deinem Beitrag voneinander isolieren. Das erleichtert die Diskussion.

Zunächst wäre da einmal die Frage nach der Beziehung, die im Tango Ihren Ursprung nimmt und das zarte Glück, das auf der Tanzfläche entsteht (Du hast von Dir und Deiner Freundin geschrieben). Nach all dem, was ich mitbekommen habe, muss sich allerdings diese Liebe im Tango später auch im Alltag bewähren - zwischen herumliegenden Socken von ihm und Dauertelefonaten von ihr mit ihrer Mutter (um zwei Klischees noch einmal zu strapazieren).

Zu dem Punkt Gehen vs. Figuren hat Kollegin Terpsichoral schon geschrieben.

Beim letzten Punkt Deiner Ausführungen möchte ich allerdings eindringlich vor der Rolle des Tango-Sugar-Daddys warnen. Es ist Jahre her, daß mir auf einer Milonga ein Tanguero ohne größere Vorrede eröffnete, daß nun wirklich jede Tanguera beim Tanzen mit ihm zum Orgasmus käme [so genau wollte ich es eigentlich gar nicht wissen :-) ]. Das wirkte äußerst skurril und auch ziemlich rücksichtslos den Damen gegenüber. (Darf ich in diesem Zusammenhang vielleicht noch einmal auf meine Glosse: Kasimir, der Casanova hinweisen?)

Gewiss bist Du nicht für das Seelenheil der weiblichen Besucherinnen der Milonga, die Du besuchst verantwortlich. Du solltest aber auch nicht danach trachten, mit den Gefühlen zu spielen bzw. diese als Booster für Dein eigenes Ego mißbrauchen. Du lebst doch schon in einer erfüllenden Beziehung. Oder habe ich da etwas falsch verstanden?

Über die Frage, ob man ein oder zwei Tandas gemeinsam tanzt oder sich potentiell open-end auf die gemeinsame Suche nach dem Tango-Flow begibt sollten wir dann vielleicht gesondert eingehen.

Di Sarli hat gesagt…

(Teil 1)
@Schuhträger

Ein Stück weit auch die Aussagen von Cassiel und Bird integrierend,

möchte ich Euch als Tanz- und „Lebenspaar“ gratulieren! Genießt es, schätzt es wert und die allerbesten Wünsche, auf dass dieses Glück möglichst lange anhalten möge!!!

Aus meiner Sicht tatsächlich ein hochsensibles Thema im Tango.
„Moral“ ist natürlich ein großes Wort, aber ich finde es ehrt Dich sehr, dass Du dieses Wort im Zusammenhang mit der aufgeworfenen Fragestellung verwendest. Das signalisiert mir, dass Du Dir der möglichen Wirkungen eines intensiven Tangotanzes bewusst bist.
Aber: genau dieses „Phänomen“ dürfte – neben Anderen - ein Punkt sein, warum sich der Tango, wenn auch in einem Nischensegment, weltweit so großer Beliebtheit erfreut und momentan wohl auch ein wahren „Boom“ erlebt, sprich: beim Tango können die miteinander Tanzenden tatsächlich ganz plötzlich – wie aus dem Nichts – von solchen, auf Grund Deiner sehr eindrücklichen Beschreibung Eures ersten gemeinsamen Tanzabends gut zu erahnenden Gefühle „ergriffen“ werden. (Entschuldigung für dieses „Satzungetüm“, aber sonst hätte ich den zusammenhängenden Kontext auseinandergerissen;-)!))

Di Sarli hat gesagt…

(Teil 2)

Da der Tango nun mal zu einem sehr intensiven (und teilweise sogar innigen) Körperkontakt führen kann, ist das Aufkommen solcher Gefühle fast zwangsläufig nicht zu verhindern.
In der Tat müssen beide Seiten damit umzugehen lernen und genau das könnte aus meiner Sicht ein Grund für die von Dir geschilderten Reaktionen nach derartig intensiven Tänzen sein: die Frauen mussten damit zuerst einmal zu recht kommen, insbesondere dann, wenn es „das erste Mal“ war! Im Laufe der Zeit werden die Frauen lernen, mit diesen Gefühlen umzugehen und sich dennoch immer wieder nach solchen Tänzen sehnen! [Frauen, bitte widersprecht mir heftig, wenn es nicht so sein sollte!!!]
In folgendem Punkt kann ich „Schuhträger“ wiederum zustimmen: solche Tänzen werden nicht „am Fließband aus dem Ärmel geschüttelt“ – sind eher eine Seltenheit. Deshalb versuche ich persönlich solche Momente in Demut zu würdigen – ich betrachte sie als wunderbare Geschenke, die man sich mit keinem Geld er Welt „erkaufen“ kann!

In diesem Bewusstsein sollte man als Mann auch sehr behutsam, sensibel und achtsam mit dem gemeinsam erlebten Tanzgefühl umgehen. Auch mit deutlicher Blickrichtung eigener „Tanz-/Lebenspartnerin“!!! Daher ist m.E. großes Verantwortungsbewusstsein gefordert, damit man der Versuchung widersteht, zum „Egomanen“ oder gar – noch viel schlimmer! -zum „Seelentrampler“ zu werden. In solchen Situationen versuche ich mich komplett in die Musik zu vertiefen und darauf zu konzentrieren, dass ich meine Tanzpartnerin in meinen Bewegungen mitnehme, sie daran partizipieren lasse.
Aber grundsätzlich ist meine persönlich Meinung: Nein, Du solltest Dich nicht zurücknehmen und diese Art des Tanzens allein für Deine „Lebenspartnerin“ in der Schublade lassen! Ansonsten, behaupte ich, würdest Du seelenlos und nicht mehr authentisch tanzen. Folglich halte ich es auch nicht für „unmoralisch“ so zu tanzen!
Natürlich verkenne ich nicht die Tatsache, dass immer auch Menschen zum Tanzen kommen und sich vielleicht – zumindest insgeheim – erhoffen, nicht nur jemanden zum Tanzen kennen zu lernen. Es ist ja auch wunderbar, wenn es dazu kommt – z.B. wie bei Euch;-)!

Di Sarli hat gesagt…

(Teil 3)

Aber andererseits sollte eigentlich klar sein: ich gehe auf eine Milonga um Gleichgesinnte zu treffen und mit etwas Glück auch den einen oder anderen schönen Tanz haben zu können. Genau eben aus diesen Gründen haben sich im Laufe der Jahre in Buenos Aires wohl eben auch diese für uns manchmal schwer nachzuvollziehenden Milongaregeln herauskristallisiert, z.B. die „Wechselregel“…;-)!

Im Zusammenhang mit den Hinweisen von Terpsichoral bin ich über Deine Schilderungen, dass „jede Figur zum Störfaktor wurde, ein Ocho oder ein Stopp den gemeinsamen Fluss unterbrochen habe“, etwas überrascht. Deine hohe Einschätzung bezüglich des Gehens „in der Musik“ in allen Ehren und so schön es auch ist (auch ich bin der Ansicht, dass darauf bedauerlicherweise zu wenig Wert gelegt wird), aber da bin ich vollständig bei Terpsichoral: allein Gehen zu können ist selbst in Europa auf einer halbwegs gut besuchten Milonga auf Dauer etwas monoton. Nach meinem Empfinden liegt die zusätzliche Würze in Drehungen welcher Art auch immer: Ochos vorwärts, rückwärts, Giros, vollständig, halb, Contra-Girps etc. und das Ganze dann nach Möglichkeit noch richtig schön „in der Musik“. Dazu dann noch auf der Stelle stehen zu bleiben (weil es mangels Platz nicht anders geht ;-(!) und dennoch zu „tanzen“. Genau in diesen Momenten kann so viel Spannendes im Tango passieren, dass man sich als außenstehender Zuschauer fragt: „wie können die im Stehen so intensiv miteinander kommunizieren?“ Und wenn man so tanzt, dann stören diese vermeintlichen Pausen (oder Breaks - @Terpsichoral: was ist für Dich der Unterschied zwischen einer Pause und einem Break? Vielleicht mit Angabe der argentinischen Begriffe?) nicht den Tanzfluss, sondern gehören genau in diesen mit dazu und gestalten letztendlich das Tanzgefühl noch intensiver.

Abschließend möchte ich ausdrücklich betonen und unterstreichen, was Cassiel auch immer wieder herausstreicht: meine Ausführungen sind meine persönlichen, rein subjektiven Eindrücke, Erfahrungen, Empfindungen und Meinungen und der Versuch eines kleinen, ganz bescheiden „Lösungsansatzes“ auf die von „Schuhträger“ gestellte Frage!

Anonym hat gesagt…

Di Sarli: Ich bin mir gar nicht sicher, ob ich da die richtige Begriffe benuetze, aber, fuer mich ist es ein Break wenn fast alle Instrumente schweigen und, zB ein Solo-Violin, Bandoneon oder Klavier weiter spielt (dies kommt im Tango oft als Verbindung zwischen zwei Phrasen vor, bei D'Agostinos Orchester ist das besonders deutlich zu merken). In einer Pause wiederum schweigen alle Instrumente und es ergibt sich eine Funkstille. Mir scheint, Pausen sind bei den Orchestern der Bluetezeit des Tangos eher selten zu finden. Die kommen dann hauefig bei Pugliese und anderen spaeteren, hoch dramatischen Orchestern vor. Die Ausnahme ist Biagi, der mit Pausen und Syncopationen ein (fuer mein Gehoer) 'jazziges' Gefuehl schafft. Aber ich bin keine Musikkritikerin und koennte mich taueschen. Das sind subjektive Eindruecke. Ich hoffe, irgendein Sachverstaendiger wird sich hier zu Wort melden und das besser erklaeren (oder mich notfalls korrigieren).

Di Sarli hat gesagt…

Danke Terpsichoral! Mir ging es hauptsächlich darum zu verstehen, was Du mit diesen beiden Begriffen konkret meinst und dafür waren Deine Erläuterungen für mich sehr aufschlussreich!

Tangosohle hat gesagt…

@ Schuhträger:
Ein weit verbreiteter Satz für Tangueros lautet: Tanze so, dass deine Tanguera dabei gut aussieht und sie sich sichtbar und spürbar wohlfühlt.
Es ist selbstredend, dass ein evtl. Erfahrungsunterschied dabei keine Rolle spielt.
Wenn ihr nach einer oder mehreren Tandas beide spontan sagt: Danke, ich freu mich aufs nächste Mal, dann kann dein Tanzen so falsch nicht gewesen sein. Wenn deine Tanguera sich nach dem gemeinsamen Tanzen verstört zurück zieht, und das öfters vorkommt, dann würde ich dringend eine Unterrichtsstunde bei einem Lehrer deines Vertrauens empfehlen.
Ich gehe mal davon aus, dass deine Tangueras erwachsene Frauen sind, die für sich und ihre Gefühle durchaus selbst verantwortlich sind.
Im Übrigen kann ich mich meinen Vorrednern nur anschließen.

dansante hat gesagt…

Ich möchte noch einmal zu dem anfangs erwähnten Video von Homer und Christine Ladas zurückkommen (@terpsichoral: danke für den Link)
Zu Beginn des Videos wird ausdrücklich erwähnt, es sei für Anfänger („beginners“) gedacht. Ich wäre froh gewesen, wenn ich als Anfänger eine solche Anleitung und Erklärung bekommen hätte. Ich habe ca. 5 Jahre Tango getanzt, bis mir die Begriffe des Cabeceo und der Tanda zum ersten Mal begegnet sind. Von keinem meiner Tanzlehrer wurde zu diesem Thema etwas gesagt oder zumindest Hinweise gegeben, wie und wo man sich über die ungeschriebenen Gesetze und Spielregeln des Tango kundig macht.

Was zum Einsatz des „Thank You“ zur Beendigung des Tanzes / der Tänze gesagt wurde, finde ich in Ordnung. Für mein Verständnis war es so ausgedrückt worden, dass man sich von einem Tänzer nur ganz ausnahmsweise dann mitten im Tanz verabschiedet, wenn man sich sehr unwohl fühlt. Ich interpretiere das so, wenn sich der Tänzer unangemessen verhält, mich z.B. laufend kritisiert („Moritz, der Motzer“) oder die Hände unschicklich einsetzt, dann nehme ich mir sehr wohl das Recht, den Tanz vorzeitig zu beenden.

Und zum Schluss möchte ich noch meine Freude an diesem Blog zum Ausdruck bringen, daran, mit welchem Niveau und wie interessant hier diskutiert wird. Es ist der einzige Blog, den ich regelmäßig verfolge. Danke Cassiel.

Anonym hat gesagt…

Zum Video von Homer und Christina Ladas:

Das Homer und Christina ihr Video damit angefangen haben, dass eine Frau, die sich sehr unbequem fuehlt, das Recht hat, den Tanz zu Ende zu bringen, fand ich gut. Ich habe das vielleicht vier oder fuenfmal im ganzen Leben gemacht, aber ich finde es eine wichtige Freiheit -- auch fuer die Maenner, denen das passiert (sie sollten wissen, dass ihr Benehmen unangebracht und respektlos ist).

Das Homer und Christina ueberhaupt das Video gemacht haben, fand ich auch sehr lobenswert. Und Homer hat sehr offenherzig und schoen auf meine Kritiken reagiert.

Ich hatte zwei spezifische Bedenken. Das erste ist, die Art und Weise, wie sie Cabeceo beschreiben, mag in den Staaten funktionieren, in Buenos Aires aber nicht. Bei uns, wenn eine Frau mit einem Mann tanzen will, schaut sie ihn an bis er entweder wegguckt oder positiv oder negativ reagiert -- wenn er mit ihr tanzen will, schenkt er ihr ein Kopfnicken. Erst dann nickt sie ihm auch zu. Die Beschreibung von den Ladas ist ja anders.

Mein zweites, und wichtigeres Bedenken, ist, dass sie meinen, die Frau sollte beim "floor craft" (ich finde keine gute Uebersetzung fuer diesen Begriff und hoffe, ihr Deutschsprachige koennt mir eine vorschlagen) helfen: sprich, hinter sich schauen wenn sie tanzt, usw. Das finde ich unpraktisch und kontraproduktiv.

Allerdings wurden durch das Video und die Diskussionen, die es ausgeloest hat, viele dazu gebracht, ueber Cabeceo und Floor craft nachzudenken. Und das ist sehr gut. Man hat mir versichern, dass das in ihrer Lokalszene (San Francisco) sehr benoetigt wird.

Rory Dixon hat gesagt…

Ich denke, eine Frau die mit Homer tanzt sollte sehrwohl 'floor-craft' benutzen. Wenn er in Berlin ist, fällt er nämlich immer als ziemlicher Pistenrowdie auf.
Mit einem Tänzer, der die achtsame, soziale Komponente des Tangos beherrscht, ist das allerdings unnötig.

Tangosohle hat gesagt…

@Rory Dixon:
Homer scheint ein vielseitiger Tänzer zu sein. Mir wiederum ist er ganz anders aufgefallen, nämlich als er einmal 20-30 Minuten mit einer sehr unerfahrenen Tänzerin getanzt hat und alles daran gesetzt hat, dass sie sich sicher und wohl fühlen kann. Wohlbemerkt auf der äußeren "Spur" und immer ungefährdet.

Araja hat gesagt…

Lieber Cassiel,

dies ist kein Kommentar, sondern nur ein kurzes Hallo von einer, die Deinen hier anbietenden Raum neu entdeckt hat und sich in die Liste der Lobenden einreiht. Beim Lesen Deines Blogs an Tagen ohne Milonga fühle ich den Tango weiter in mir.

Danke, und vielleicht ab und an auch mal ein Kommentar von mir, wenn ich mich traue (trotz Anonymität :)). Araja.

Paul hat gesagt…

@Cassiel! In deinem Kommentar hast du auf deinen Beitrag Kasimir der Tangocasanova hingewiesen. Eine Ergänzung über die Auswirkungen dieser Kasimirs auf eine Szene fehlt meiner Meinung nach noch, Mark Word hat dazu folgendes gebloggt:

Anyway, I wondered what became of the tango community in which Kasimir was the teacher. Cassiel wrote me from Germany and told me that the weekly milonga dwindled to a poorly attended once a month milonga. In the end, Cassiel said, "[Kasimir] almost completely ruined the local tango scene." [Er hat die örtliche Szene fast vollständig zerstört.]....

Hier noch der Link dazu
http://tango-beat.blogspot.com/2011/09/whatever-happend-to-kasimir.html
p.s.: Ich hoffe doch dass es eines Tages einen Tango-Knigge von Cassiel gibt! Herzlich Paul

Anonym hat gesagt…

Ich warte sehr ungeduldig auf deinen naechsten Blogeintrag, lieber Cassiel!

Peter Fangmeier hat gesagt…

mañana,mañana der nächste eintrag wird kommen...

Dominio hat gesagt…

Gerne habe ich wieder all die interessanten Beiträge gelesen, die so viele spannende Themen gleichzeitig ansprechen oder berücksichtigen.

Zum Thema Tango und Freundschaft fällt mir ein, daß ich nicht wüßte, WANN auf einer Milonga irgendwelche Gespräche möglich sein sollten, die in den Beginn einer Freundschaft münden könnten. Ich finde mich, meistens neben anderen Single-Damen sitzend, in die Musik vertieft wieder oder ich schaue anderen Tänzern zu. Ab und zu gibt es Small Talks mit anderen Damen.
Es gibt sicherlich Veranstaltungen, bei denen es kommunikativer zugeht, besonders wenn es eben nicht nur um Tango geht, sondern man auch gemeinsam Yoga, Meditation und freien Tanz praktiziert ;-)
Oder bei den Marathons und vergleichbaren Veranstaltungen mit gemeinsamen Mahlzeiten und Betten.
Was jetzt nicht heißt, es hätten sich bei mir rein gar keine Freundschaften entwickelt, doch ich gebe zu, daß ich sie auf den Milongas nicht suche. Lieber beim Kaffee im Café (was ja in BsAs wieder eine ganz andere Bedeutung hat, aber darauf gehe ich jetzt mal nicht ein ;-)).

Ich stimme Comilonga zu, was die "Ich-Zentriertheit" der Tangotänzer angeht. Auch ich stelle eine starke Hinwendung eines jeden zu sich selbst fest, die ich in dieser Ausprägung kaum irgendwo jemals gesehen hätte. Nur Anfänger scheinen da eine Ausnahme zu sein. Stolz, Arroganz, ein gewisser Narzissmus (ob jetzt pathologisch oder nicht, das sei mal dahin gestellt) und es wird wahnsinnig viel schlecht über andere geredet. Das ist etwas, was ich am Tango nicht mag und mich frage, warum sich diese Charakterzüge so ausgeprägt gerade in der Tango-Szene zeigen. Im Übrigen nehme ich mich da nicht aus. Aber ich habe auch immer das Gefühl, in gewisser Weise "eine Rolle" zu spielen. Ein bißchen wie im Theater.
Die Authetizität kommt dann aber im Tanz, mit der Musik wieder. Dann geht es um authentische Kommunikation und die Liebe zur Musik, die ich auch bei meinem Partner spüren möchte. Andere Tanzpartner, die gedanklich bei den eigenen Schritten oder Zuschauern sind, interessieren mich wenig.
Und ich finde diese "Tiefe" im Tanz, die Anonym (Beitrag vom 10.04.) anspricht, sehr intensiv und ja, auch verführerisch. Ich glaube manchmal, daß sie nur vor dem Hintergrund der Unverbindlichkeit überhaupt möglich ist. Gerade aus diesem Grund tanze ich längstens mal zwei Tandas und nehme besondere Rücksicht auf (Ehe-)Paare. Mit anderen Worten: ich habe im Blick, wie es der Frau geht, wenn ich mit ihrem Mann tanze.
Grundsätzlich finde ich es sowieso einfach schön, ein, höchstens zwei Tandas zu tanzen und den Mann dann wieder frei zu geben (wie wir alle wissen, gibt es einen Frauenüberschuss beim Tango). Ich weiß aber auch, daß diese Haltung nicht unbedingt geteilt wird. Vielmehr begegnen mir eher Frauen und Männer, die, wenn sie ihre/n LieblingstänzerIn erst einmal aufgefordert bekommen haben, kaum mehr von ihr oder ihm lassen mögen.
Trotzdem finde ich den sozialen Gedanken im Tango für mich richtig und praktiziere es deshalb so. Entwickelt hat sich diese Haltung durch das Tanzen in Oregon, wo nahezu nach jeder Tanda gewechselt wird. Die ganze Stimmung im Raum wird einfach netter!
Ich habe sehr über den Begriff des Tango-Sugar-Daddys gelacht; diese Männer hatte ich vorher immer "Eintänzer" genannt. Fortgeschrittenere Männer, die vornehmlich mit Anfängerinnen tanzen, ihnen den vielleicht ersten Flow bescheren und dafür dann von serselben Dame bewundert und verehrt werden.
Die Frage ist doch immer: um was geht es hier? Tango? Verführung? Die Befriedigung eigener Bedürfnisse? Show? Da ist ja vieles denkbar und für verschiedene Bedürfnisse gibt es auch verschiedene Milongas, Veranstaltungen und TanzpartnerInnen......und ich bin mir bewußt, dass "Tango", um den es ja jedem hier geht, für jeden auch etwas anderes bedeutet.

Liebe Grüße!

Anonym hat gesagt…

Hallo, und oha, ich hatte nicht mit solch vielen Reaktionen gerechnet und deshalb die Antworten erst jetzt entdeckt. Vielen Dank erstmal

@terpsichoral: das war jeweils eine total leere Wochentagsmilonga und auf dem Parkett waren nur zwei-drei Paare unterwegs, also ausreichend Platz fürs ungehinderte Gehen. Das war auch der Grund, dass wir mehr als zwei Tandas miteinander getanzt haben.

@bird: genau das ist mein Problem, wenn ich tanze, dann lasse ich mich auf die Musik ein und auch auf die Partnerin/den Partner. Wenn der oder die damit ein Problem haben weil sie aus dem Alltag geweckt werden, was dann? Mit genau diesem Thema wollte ich mich an euch wenden um Tipps oder Antworten zu erhalten.

@cassiel: ich suche kein Booster für mein Ego, ich glaub, ihr habt mich missverstanden. Ich suche nach einer Möglichkeit, damit umzugehen, das zu vermeiden ohne mich im Tanz zu verstellen. Dabei trotzdem mit den Parntern zu tanzen und der Musik. Vielleicht geht es ja anderen ähnlich oder ich muss bei mir was ändern oder aufpassen oder was weiß ich.

@di Sarli: Danke für die Wünsche, auch an die Anderen, Weiterhin Dank für deine Erklärungen, bisher haben noch keine Damen widersprochen, es scheint also in Ordnung zu sein, innig zu tanzen. Nicht zum Egomanen zu werden ist eh schwierig im Tango. Sobald man halbwegs im Takt ist, ist man schon ein gefragter Tanzpartner, dann noch der geforderte Gaucho mit Machogehabe, Führungsanspruch usw. Dabei den Bodenkontakt nicht zu verlieren ist nicht einfach, wie man leider oft genug sieht.

@Tangosohle: besten Dank für deine Anmerkungen, ich hatte schon den Eindruck, dass die Damen gern noch mal mit mir tanzen würden. Und wie gesagt, das sind seltene Glücksmomente für beide.

der Schuhträger

bird hat gesagt…

@Schuhträger,

ich versuche auch mich auf den Partner und die Musik einzulassen, inklusive dem Gespür, so gut ich es vermag, für die entstehenden Schwingungen im Miteinander.
Es gibt Tangueros da ist, zumindest erlebe ich das so, mehr Innigkeit von beiden Seiten aus möglich, ohne solch heftige Reaktionen, wie du sie beschrieben hast, hervorzurufen. Bei anderen kann es sein, dass zumindest ich für mich spüre, dass ich mich da etwas zurücknehmen möchte.
Bei dir klang es so, als passierte es dir öfter, deswegen meine Fragen, wie es dir selber damit geht.
Und bei Anfängern ist es wohl so, wie überall im richtigen Leben, dass der weiter Fortgeschrittene mehr gefragt ist auf das, für beide schöne, Miteinander zu achten.
Di Sarli hat es wunderbar beschrieben und der Satz von Tangosohle: " Tanze so, dass deine Tanguera dabei gut aussieht und sie sich sichtbar und spürbar wohlfühlt.", beschreibt es auch sehr schön.
Eine Frage hätte ich noch.
Bist du solch einer vormals „verwirrten Frau“, beim Tanzen wieder begegnet und wie war diese erneute Begegnung, für dich, für sie ?