Dienstag, 7. April 2009

Die Frage nach Distanz und Nähe im Tango...

Heute fließen die Formulierungen nicht so richtig in mein Laptop. Eigentlich arbeite ich immer noch an meinem Tango-Knigge. Dieser wird aber einfach sprachlich nicht rund - also kommt der noch einmal eine Runde in die Warteschleife und ich schreibe einmal über Distanz und Nähe.

Eine Fragestellung, die mit schöner Regelmäßigkeit immer wieder auftaucht ist Grenze zwischen Distanz und Nähe beim Tango. Dabei gibt es nach meinen Beobachtungen zwei Aspekte zu berücksichtigen. Zunächst geht es um die rein äußerliche Nähe bzw. Distanz. Oder ganz praktisch: Wer bestimmt eigentlich den Abstand beim Tanzen? Da habe ich verschiedene Meinungen gehört. Einerseits höre ich, daß es mit zu den Führungsaufgaben des Mannes (bzw. des Führenden) gehöre, die Umarmung zu gestalten. Andererseits höre ich, die Frau (bzw. die Folgende) bekommt als Einladung die linke Hand geboten und bestimmt selbst, wie dicht sie die Umarmung wünscht. Ich gehöre zur zweiten Fraktion und lasse meine jeweilige Tanzpartnerin die Frage entscheiden. Meistens regelt sich das sowieso innerhalb von drei oder vier Tangotiteln.

Viel komplexer ist für mein Empfinden die innere Komponente bei einer Milonga - oder anders formuliert: wieviel Nähe lasse ich in den Gesprächen am Rande der Tanzfläche zu. Auch hier bin ich intuitiv zurückhaltend. Sollten die Nerven beim Tango tatsächlich blank liegen, muß ich nicht einem Mitmenschen zu nahe treten. Jetzt könnte man zu Recht einwenden, daß dadurch eine gewisse Oberflächlichkeit entsteht. Ja, das stimmt. Ich sehe aber ein solches Verhalten als Garanten für eine stressfreie Umgebung beim Tango, denn zur besonderen emotionalen Situation kommen noch die üblichen gruppendynamischen Prozesse hinzu. Das macht es nicht immer einfach. So ab und an hört man, daß es örtliche Tangoszenen gibt, die heillos zerstritten sind. Das wundert mich überhaupt nicht.

Also bin ich dann doch eher ein Verfechter einer etwas größeren (und höflichen) Distanz.

Vielleicht lese ich ja andere interessante Gedanken in Kommentaren?

6 Anmerkung(en):

Raxie hat gesagt…

Tango in ausschliesslicher, hoeflicher Distanz ist irgendwie seelenlos... langweilig, zu leblos. Spannend wird es, wenn etwas mehr zwischen Fuehrendem und Folgender passiert. Ganz egal, auf welcher Ebene genau.

Der Anstand muss immer gewahrt bleiben, das ist er aber auch, bei relativer Naehe... Es muessen halt beide spueren, wie weit sie sich jeweils annaehern duerfen. Und das kann Mann spueren, wie Frau meint...

sophia hat gesagt…

Nein, nicht ausschließlich in höflicher Distanz... aber es gibt nichts Schlimmeres - zumindest nach meinem Empfinden - als distanzlose Menschen beim Tango.

Für mich ist es ein Vorgang der allmählichen Öffnung der ganz eigenen (aber sehr strengen) Gesetzmäßigkeiten folgt. Dann ist es wunderbar... ;-)

Anonym hat gesagt…

M.E. kann man diese Frage nicht pauschal beantworten, sondern muss in das eigene Innere hineinspüren: wieviel Nähe bzw. Tiefe (v)ertrage ich gerade in diesem Moment? Das wechselt doch permanent.Bei Menschen,die ich fast als Freunde betrachte, bin ich-sofern meine eigene Verfassung stimmt-auch beim Tango offen für "tiefere"/ emotionalere Gespräche und eher enttäuscht, wenn ausnahmslos flapsige oder oberflächliche Sprüche kommen...

cassiel hat gesagt…

@all

Danke für die Anmerkungen!

@Raxie
Vielleicht habe ich mich mißverständlich ausgedrückt; mir ging es um den Wohlfühlaspekt beim Tango. Ich erwarte nicht, daß eine Frau ihren Selbstschutz beim Tango aufgibt (schließlich tue ich das ja auch nicht). Mir ging es um die (Be-)Achtung der Grenzen - sowohl beim Tanz, als auch bei anderer sozialer Interaktion.

@sophia ... ein Vorgang der allmählichen Öffnung... wunderschöne Formulierung. ;-)

@Anonym
Du hast Recht! Die Clowns beim Tango wollen wir eigentlich ja alle nicht. Der Gedanke: wieviel Nähe bzw. Tiefe (v)ertrage ich gerade trifft es ziemlich genau. Das gilt es m.E. zu erspüren.

... einen wunderschönen Tag allerseits... ;-)

Aphrodite hat gesagt…

Solang Respekt und Achtung beim Tanzen gewahrt bleibt, regelt sich das mit dem körperlichen Abstand ganz von allein meines Erachtens. Dann ist ein "distanzierter" Tanz genauso innig wie ein "enger". Es spielt keine besondere Rolle, welche Form gewählt wird und wer sie wählt. Weniger reden ist aber im Zweifelsfall oft besser, wenn man offensichlich nicht auf einer gleichen Wellenlänge ist nach meiner Erfahrung.

cassiel hat gesagt…

Danke für Deinen Besuch und Deinen Kommentar...

So, ich schaue mich jetzt mal bei Dir um...

lg

c.