Montag, 29. Juni 2009

Für die neue Woche 17: Carlos Di Sarli - Organito De La Tarde

Es ist schon wieder eine Woche vergangen und ich habe für heute ein Stück von Carlos Di Sarli ausgesucht: Organito De La Tarde. Letzte Woche sagte mir eine Tanguera, daß sie bei diesem Tango immer ein Bild im Kopf habe: Das Ende einer Milonga, es ist schon deutlich leerer und man ist auch schon ein wenig müde. Für eine letzte Tanda hat man sich mit einem vertrauten Tänzer noch einmal aufgemacht und tanzt ein wenig schwermütig und den eigenen Gedanken nachhängend...

Ein (wie ich finde) wunderschönes Bild!

Allen Leserinnen und Lesern wünsche ich eine gute Woche.




Und - wie immer- der Link zum Titel in voller Länge.

Montag, 22. Juni 2009

Ich habe es getan!

Unter dieser (zugegebenermaßen) reißerischen Überschrift berichte ich über meine ersten Versuche, den Tango weiterzugeben. Nun wird mich meine verehrte Leserschaft für komplett größenwahnsinnig halten, aber ich habe wirklich Anfänger unterrichtet... und das kam so: Am letzten Samstag war ich bei einem sehr schönen Sommerfest und weil die Zeit vorher etwas anstrengend und die zwei ersten Achtel Wein zu schnell getrunken waren, war ich sehr fröhlich, als es in einer kleinen Runde schließlich um das Thema Tango ging. Ein paar Anfänger, denen ich Mut machen wollte, auf Milongas zu gehen, sagten, sie gingen nicht auf Milongas, da sie noch nicht genügend Schritte beherschten. Das forderte natürlich meinen Widerspruchsgeist heraus und ich argumentierte, daß es so bestimmt nichts mit dem Tango würde. Irgendwann muß jeder einmal in das kalte Wasser springen. Im Verlauf des Gesprächs kamen wir dann irgendwie darauf, daß wir ja zusammen üben könnten und am Sonntagabend machte ich mich mit meinem Laptop (und ein paar CDs für den Notfall) zu einer privaten Tangostunde auf und es gab Unterricht von Cassiel. Wir haben so etwas zwei Stunden geübt und ich habe keine Figuren vermittelt (das kann ich ja auch gar nicht). Ausgehend von der Umarmung (die kann man bewußt gestalten oder achtlos eingehen) haben wir lange über Haltung, Gleichgewicht und Achse gesprochen. Überhaupt habe ich wohl mindestens ein Drittel der Zeit erzählt. Dann habe ich die Freiheit erläutert, die jedem Tanguero für den nächsten Schritt zur Verfügung steht. Meinen berühmten Satz: "Man kann den Tango leicht zu schnell, aber niemals zu langsam tanzen", mußte ich natürlich auch bemühen. Und... siehe da... es klappte. Es war unglaublich spannend zu sehen, wie sich meine Schüler frei tanzten. Die anfängliche Unsicherheit und Unruhe wich einer schönen harmonischen Bewegung und für meine Begriffe sind alle Milonga-tauglich. Mein großes Anliegen, die Musik zu achten, konnte ich auch vermitteln. Zum Schluss haben wir dann sogar einen etwas anspruchsvolleren Pugliese getanzt.

Nein, ich werde jetzt bestimmt nicht regelmäßig Unterricht geben - aber ab und zu werde ich auch zukünftig versuchen, den Tango weiterzugeben. Mir hat es noch einmal die Situation am Anfang vor Augen geführt und es hat wirklich Freude gemacht, Menschen bei der Entdeckung des Tangos zu beobachten.

[Edit 24.06.09] Eigentlich wollte ich an diesem Artikel noch arbeiten... dann fehlte die Zeit und die Ruhe... jetzt gebe ich ihn einmal so frei.

Für die neue Woche 16: Julio Sosa - Milonga del 900

Hmmm... Julio Sosa hatten wir zwar vorletzte Woche schon, aber ich habe noch eine sehr schöne Milonga gefunden, die ich meinen Leserinnen und Lesern nicht vorenthalten möchte. Leider sind die Titel bei imeem.com manchmal unvollständig bzw. falsch etikettiert; das macht die Suche manchmal etwas aufwändiger bzw. man ist auf Zufälle angewiesen.

Allen Leserinnen und Lesern wünsche ich einen guten Start in die neue Woche.



Und hier geht es zum Titel in voller Länge.

Montag, 15. Juni 2009

Für die neue Woche 15: La Cumparsita

Heute bin ich sehr spät mit meinem Tango für die neue Woche.

Diese Woche gibt es endlich einmal La Cumparsita. Es wurde ja nun auch wirklich Zeit. Es gibt das Stück in wiederum in zwei Versionen. Zunächst einmal einen Ausschnitt der Interpretation von Carlos Gardel und zusätzlich in der Version von Francisco Canaro. Dieser Tango wird traditionell am Ende einer Milonga gespielt (manchmal auch in verschiedenen Versionen).







Der Text findet sich in der spanischen und englischen Version bei Planet Tango.

Weitere Anmerkungen zu diesem Tango gibt es bei Todo Tango.

Allen Leserinnen und Lesern wünsche ich eine gute Woche.

Dienstag, 9. Juni 2009

Wegweiser zur Tangomusik im Internet

Gestern ist es doch sehr spät geworden, also gibt es den angekündigten Beitrag über Internetseiten zur Tangomusik erst heute früh. Ich beginne einmal mit vier höchst subjektiv ausgewählten Internetadressen - meine Zusammenstellung erhebt nicht den Anspruch auf Vollständigkeit; sie ist nur als erster Einstieg für interessierte Leserinnen und Leser gedacht.

Die wohl die älteste und meistverlinkte Seite ist das Textarchiv von Planet-tango.com. Das Design ist etwas antiquiert, aber es gibt dort einige Texte sehr bekannter Tangos (einige Beispiele: La Cumparsita, El Choclo, Vida Mia, Verdemar, Desde el Alma, Media Luz usw.). Die Seite ist deshalb so wertvoll, weil häufig englische Übersetzungen der Texte angegeben sind. Zu vielen Tangos gibt es auch ein entsprechendes MP3. Somit kann man das Stück auch sofort hören.

Ein ähnliches Angebot bietet Todo Tango; eine sehr gute Adresse für biografische Informationen zu Komponisten und Interpreten. Auch hier gibt es Hörbeispiele - allerdings in irgendeinem Microsoft-Format, das die Installation vom MediaPlayer voraussetzt - so etwas mag ich nicht. Also kann ich über die Qualität der Tangos zum Hören nichts sagen.

Ein echtes Juwel, das optisch sehr bescheiden an die Öffentlichkeit tritt, ist die Datenbank von tango.info. Hier finden sich beispielsweise umfangreiche Informationen zu Tangostücken auf CDs. Will man z.B. wissen, auf welcher CD Bahía Blanca zu finden ist, dann ist man hier genau richtig. Allerdings ist die Suchfunktion etwas eigenwillig; gibt man beispielsweise "Bahía Blanca" ein, so findet man die entsprechenden Informationen, gibt man "Bahía Blanca di Sarli" ein, so erhält man keine Suchergebnisse.

In dieser kurzen Übersicht darf Tango Argentino de Tejas nicht fehlen. Besonders hervorzuheben sind zwei Unterseiten. Da ist ein solider Überblick über gute Tango-CDs zu finden (wer Tango-CDs kaufen möchte, darf diesen Empfehlungen bedenkenlos vertrauen) und weiterhin gibt es dort ein kommentierte Liste von Tandas. Sehr lesenswert.

To be continued...

Wer es lieber altmodisch offline mag... dem sei das Buch Tango von Arne Birkenstock und Helena Rüegg empfohlen (erschienen bei dtv).

Montag, 8. Juni 2009

Leserbrief

Da schaut man aus Gewohnheit zwischendurch schnell in den Posteingang und schon findet man eine Zuschrift...

Hallo Cassiel,

[...] in meiner ganzen Not wende ich mich jetzt einmal an dich und frage dich um Rat. Vielleicht ist es ganz gut, dass wir uns nicht kennen und deshalb kannst du mir vorurteilsfrei sagen, wie du die Sache siehst. Ich habe vor Wochen beim Tango ein verheiratete Frau kennengelernt und wir haben an einem Abend wundervoll getanzt. Ich habe noch nie erlebt, dass es fast Trance sein kann, wenn alles stimmt. Sie ist eine attraktive Frau, aber ich war immer sehr zurückhaltend, weil ich ja wusste, sie ist verheiratet. Ein paar Tage später gestand sie mir, dass sie sich in mich verliebt hat, gleichzeitig aber ihren Mann liebt. Es kam wie es kommen musste und wir haben eine sehr schöne Nacht gehabt und in der Zeit danach wich meine Zurückhaltung und ich verliebte mich in sie. Wir haben wundervolle Tangoabende und noch schönere Nächte gemeinsam erlebt und es war einfach nur schön. [...] Immer wenn ich sie gedrängt habe, es ihrem Mann zu erzählen, dann wich sie aus. [...] Am letzten Freitag wollte sie nicht mehr mit mir tanzen sie wollte nicht einmal mehr mit mir reden. Sie sagte, es war ein Fehler und sie liebe nur ihren Mann. Sie sagte noch, es liege nur am Tango, dass das zwischen uns "passiert" ist, deshalb schreibe ich jetzt auch dir und bitte um Rat. Ich bin total verzweifelt. Sie antwortet auf keine Sms oder Email. Ich will diese Frau aber unbedingt zurückhaben. Kannst Du mir irgendwie raten, wie ich es machen soll.

Bitte antworte schnell - ich warte drauf!

Viele Grüße

J.

Hi,

hmmm... schnell antworten? Kein Problem! Warum ich jetzt ausgerechnet einen Rat geben soll, verstehe ich zwar nicht - aber das ist jetzt auch egal. Ich erlaube mir allerdings, Deine eMail deutlich einzukürzen (intime Details gehören hier nicht hin), ich ändere den Anfangsbuchstaben Deines Vornamens und lasse keine Rückschlüsse auf Dich zu. Ich antworte jetzt öffentlich - ich denke, die Fragestellung ist nicht ganz untypisch für das Tango-Soziotop. Um es frei von Mißverständnissen zu formulieren: Ich werde bestimmt keine lebenskundliche Beratungsecke in der Tango-Plauderei etablieren ;-) Du bekommst allerdings einige Überlegungen in Schriftform hier im Blog.

Vielleicht fange ich mal ganz dicht an Deinem Text an: "Ich habe noch nie erlebt, dass es fast Trance sein kann...": Tja! Willkommen im Tangohimmel, das gibt es und aus eigener Erfahrung kann ich Dir berichten, es ist wunderbar... nur... man darf es m.E. nicht aus dem Tangokontext herauslösen. Das gehört nur in den Tango und bleibt dort, dann kann es auch nie weh tun. Aus Deiner eMail lese ich heraus, daß Du schon vorher gewußt hast, sie ist gebunden. Auch wenn es jetzt vielleicht ein wenig hart klingt: Was willst Du eigentlich? Es war Dir bekannt und nun beschwerst Du Dich. Das verstehe ich nicht. Natürlich kommt es in jeder Beziehung und damit auch in jeder Ehe einmal vor, daß es nicht so gut läuft. Trifft dann die Frau beim Tango auf einen Mann, mit dem es harmoniert, dann können sich Gefühle auch schon einmal verirren... aber es gilt eine alte Grundweisheit von mir:

Gefühle haben keine andauernde Existenzberechtigung;
sie bleiben flüchtige Momentaufnahmen.


So einfach ist das. Gewaltig aufgestoßen ist mir die Formulierung, Du wollest sie unbedingt zurückhaben; da gehen bei mir alle Warnlampen an. Niemand hat jemanden anderen. Nicht im Leben und erst recht nicht beim Tango. Was Du also nicht gehabt hast, kannst Du auch nicht zurückhaben wollen. (Ich hoffe, das war jetzt nicht zu hart - es ist meine ehrliche Meinung.) Ihr seid Euch in Freiheit begegnet, sie hat gesagt: "Ich will" und Du hast es ihr gegeben; Ihr habt Euch im Wissen um die Lebensumstände aufeinander eingelassen und jetzt hat sie eine Entscheidung getroffen. Es wird Dir nichts übrig bleiben; Du wirst damit leben müssen wie es jetzt gekommen ist.

Ich würde die Kontaktversuche per SMS oder eMail sofort unterlassen. Das wird mit hoher Wahrscheinlichkeit nichts bringen. In ein paar Wochen kannst Du ihr ja noch einmal schreiben, wenn Du noch mit ihr über die Vergangenheit reden willst. Ich warne Dich allerdings vor: Es kann sehr gut sein, daß sie Dir nicht antworten wird. Es würde mich zumindest nicht wundern.

Deine eMail bestätigt mir einmal mehr, daß im Tango äußerste Zurückhaltung in der Frage möglicher Beziehungen angesagt ist. Es ist und bleibt eine emotionale Ausnahmesituation, die überhaupt nicht oder zumindest nur ganz selten in den Alltag zu übertragen ist. Hinzu kommt vermutlich die besondere psychische Struktur der Tangotanzenden. Niemand wird ohne entsprechende emotionale Konditionierung zum Tango gehen. Leider vergessen Viele diese Tatsache.

Und weil Du mir geschrieben hast, mute ich Dir jetzt meine persönliche Sicht der Dinge zu. Ich spüre natürlich auch manchmal unverholene Zuneigung von Tangueras. Das bewerte ich aber im Normalfall nicht über. Es legt sich von allein. Geht man mit solchen Situationen unaufgeregt und entspannt um, dann ist man auch ziemlich unempfänglich für Annäherungsversuche. Werden die Gefühle bei einer Tanguera stärker und ihre vermeintlichen Ansprüche steigern sich, dann mache ich sofort zu. Das ist zum einen sicherlich ein Selbstschutz, zum anderen ist es auch ein Schützen der Gefühlswelt der betroffen Tanguera. Ich entziehe mich keinem Gespräch, aber ab und zu muß ich eine Pause beim Tango mit zu anspruchsvollen Tangueras machen. Es ist (auf lange Sicht betrachtet) besser so.

Meine Zeilen klingen vermutlich ziemlich hoffnungslos. Es ist aber meine ehrliche Überzeugung und ich betone jetzt noch einmal ausdrücklich: Ich kann mich irren und alles ist ganz anders. Für diesen Fall wünsche ich Dir "Alles Gute". Sollte es bei diesem Schweigen von ihr bleiben, dann wird es vermutlich ein wenig hart für Dich. Du wirst aber nicht die äußeren Umstände Deines Problems ändern können. Also schlage ich Dir vor, Deine Einstellung zu diesem Problem zu ändern. Sei einfach dankbar für das, was Du mit dieser Frau erleben durftest. Du zahlst jetzt einen hohen Preis, aber das hätte Dir vorher klar sein können.

Um noch etwas Tröstliches anzuhängen: Ganz sicher wird diese Erfahrung Deinen Tango verändern. Vielleicht liest Du noch einmal dieses Zitat. Ich denke, Dein Tango wird besser werden. Dieser Verlust, dieses Nicht-Verstehen und der Schmerz werden in Deinen Tango kommen. Das ist ja zumindest etwas...

Ich weiß nicht, ob meine Zeilen Dich irgendwie berühren. Ich habe es zumindest versucht...

take care

cassiel


Noch eine Anmerkung in eigener Sache: Mich erreichen immer häufiger Leserzuschriften. Diese beantworte ich i.d.R. auch persönlich. Ich wähle aber immer noch selbst aus, welche Zuschriften ich veröffentliche und welche Zuschriften nicht den Weg in das Internet finden - bis jetzt habe ich noch keine Rubrik "Leserbriefe" eröffnet und das habe ich eigentlich auch nicht vor. Bitte nicht böse sein.

Für die neue Woche 14: Julio Sosa - Que falta que me haces

Nachdem ich ja in der letzten Woche das Freigeben meines musikalischen Grußes zum Wochenanfang einfach vergessen habe, gibt es diese Woche eine kleine Besonderheit. Die Idee hatte ich schon länger, leider scheiterte es am Auffinden von den jeweiligen Hörbeispielen. Am vergangen Wochenende habe ich dann durch Zufall das gefunden, was ich Wochen gesucht habe. Zwei unterschiedliche Interpretationen von einem Tango.


Hier gibt es den Tango in voller Länge.

Man muß kein Musikexperte sein, um den Gesamteindruck der Interpretation von Julio Sosa als feierlich und etwas getragen zu charakterisieren - das mag auch an der sonoren und tiefen Stimme liegen. Wenn ich auf einer Milonga auf diesen Titel "warten" würde, dann würde er zu etwas vorgerückter Stunde so in der zweiten Hälfte des Hauptteils (je nach Anfangs- und Endzeitpunkt der Milonga ca. zwischen 0:30h und 1:30h) gespielt werden. Er ist komplex genug um den Fortgeschrittenen interessante Wechsel vom Takt zur Melodie und zurück zu bieten. Andererseits ist dieses Stück vielleicht leichter für Anfänger zu tanzen (auch wenn es nicht ganz einfach ist). Im Gegensatz dazu kommt nun die deutlich schlankere Interpretation von Roberto Goyeneche. Die Tempiwechsel sind jetzt nicht so schwierig, aber auch nicht ganz einfach. Die gesamte Interpretation würdig ich als "bluesig" bezeichnen (kann man Blues überhaupt adjektivieren?). Für mein Empfinden ist das tänzerisch schon anspruchsvoller und so würde diese Interpretation eher an das Ende der Milonga passen.


Hier gibt es den Tango in voller Länge.

Den Text zu diesem Lied gibt es übrigens hier.

So. Jetzt habe ich hier einmal nebenbei skizziert, wie ich mich der Tangomusik nähere. Ein Weg ist es, mir verschiedene Versionen eines Tangos anzuhören. Dann konzentriere ich mich auf die Gemeinsamkeiten und auf die Unterschiede in der Interpretation. Vielleicht sollte ich einmal einen Beitrag über verschiedene Internetquellen zur Tangomusik schreiben. Möglicherweise komme ich heute abend dazu. Jetzt muß ich erst einmal arbeiten.

Allen Leserinnen und Lesern einen guten Start in die neue Woche!

Donnerstag, 4. Juni 2009

Ratlos

Gestern abend: Schwerer Treffer Nummer drei von Grimbald (nur in den letzten vier Wochen gezählt). Ich war friedlich auf der Außenbahn unterwegs und Grimbald schob seine Tanzpartnerin von der Mitte der Tanzfläche kommend in uns rein. Ihr Absatz landete direkt auf meinem rechten Mittelfuß (es war glücklicherweise kein Stöckel sondern "nur" ein harmloser geschätzter 3cm Absatz eines braven Tanguera Schuhs). Er muß uns eigentlich gesehen haben, vermutlich war er nur hilflos, der Situation auszuweichen. Keine Entschuldigung - nichts. Bei der Varabschiedung habe ich den Vorfall auch nicht erwähnt. Ich überlege gerade, ob ich demnächst ein Wort verlieren werde. Eigentlich bin ich dafür zu höflich. Also stelle ich die Frage einmal hier im Blog: Reden oder Schweigen?

Mittwoch, 3. Juni 2009

Die ersten 20 Sekunden...

Puhhh... gerade ist das Leben etwas mühsam und ich finde keine Ruhe die großen Themen anzugehen. Gestern war ich am frühen Nachmittag schnell auf einen spontanen Café mit einer Tanguera, die kurzfristig gemailt hatte. Das war eine schöne Ablenkung aus dem (Arbeits-)Alltag, eigentlich das Highlight des Tages. Im Miteinander ging es natürlich um... Richtig! Den Tango! Aus diesem spannenden Austausch wurde die Idee für den folgenden Beitrag geboren. Die großen Themen liegen noch in der Pipeline und warten auf den geeigneten Moment... ;-)

Was passiert eigentlich in den ersten 20 Sekunden, wenn ich mit einer mir bis dahin unbekannten Tanguera tanze? Ich bin jetzt einmal verwegen und behaupte, da wird eigentlich ohne Worte abgesteckt, wie wir uns synchronisieren und diese ersten 20 Sekunden entscheiden über die Tanda, die wir miteinander tanzen. Aber betrachten wir doch einmal in Ruhe die Einzelheiten nacheinander.

Wenn ich eine mir unbekannte Tanguera mittels Cabeceo aufgefordert habe und wir schließlich uns auf der Tanzfläche gegenüber stehen, dann nehme ich mir die Zeit und schlage in aller Ruhe meine Hemdsärmel jeweils zweimal um. (Habe ich schon einmal gesagt, daß ich Rituale liebe?) Das ist eine Marotte von mir und ich signalisiere vielleicht damit, es gibt überhaupt keinen Grund zur Hektik. Anschließend schaue ich der Dame direkt in die Augen (und zwar einen ganz kleinen Augenblick länger als es höflich distanziert wäre); ja, das ist schon eine kleine Herausforderung, aber auch ich zeige mich in diesem Blick. Da findet schon Kommunikation statt (ohne daß wir unsere Namen kennen... auch so eine Marotte von mir: Einer mir unbekannten Tanguera stelle ich mich fast immer erst nach dem ersten oder zweiten Tango namentlich vor - ungefähr so: "Ach übrigens... ich heiße Cassiel - und wer bist Du?" Auch das mute ich einer Tanguera bewußt zu.) Anschließend gibt es eine Einladung mit meiner linken Hand. Schon da arbeitet mein Scanner, ich konzentriere mich darauf, wie sie meine linke Hand nimmt, wie warm ihre Hand ist, wie entspannt sie ihre Hand in meine legt usw. Zwischendurch bemerkt: Wir haben noch keinen Schritt getanzt. Nun warte ich auf die Dame, wie sie ihre linke Hand auf oder um meine Schulter legt. Auch da versuche ich achtsam zu sein. (Hier greift das seltsame "Schaulaufen-Phänomen" - so nenne ich es jedenfalls... auf einer Milonga entscheiden die ersten Tandas des Abends, wie ich von den Damen wahrgenommen werde. Deswegen habe ich ich auch in der Regel kein Problem damit, daß eine mir unbekannte Tanguera nicht weiß, auf was sie sich mit mir einlässt. Sie hat mich bereits tanzen gesehen und hat eine ungefähre Vorstellung davon, was sie erwartet. Umgekehrt gilt natürlich Ähnliches.) Im Regelfall entscheidet sich die Dame zur geschlossenen Umarmung, wenn sie es nicht wünscht, dann ist es mir auch recht. Noch immer haben wir keinen Schritt getanzt. Langsam und bewußt lenke ich meine rechte Hand auf ihr Schulterblatt. in jüngster Zeit verändert sich meine Tanzgewohnheit. Ich lege meine rechte Hand eigentlich immer weiter oben auf (fast in Höhe des Schultergelenks) - das kann sich aber auch wieder ändern. Jetzt korrigiere ich noch einmal meine linke Hand und fasse gegebenfalls vorsichtig nach (die linke Hand ist meine Dauerherausforderung beim Tango). Ich versuche unsere Achsen zu synchronisieren (bei mir ist es so ein Gefühl, als ob ich an einem Faden, der zwischen Schlüsselbein und Sternum bei mir befestigt ist, hochgezogen werde). Ich balanciere meinen Körper aus und neige mich leicht nach vorne (der Schwerpunkt verlagert sich; war er zuerst oberhalb von meinem Knöchel, so schiebt er sich nun langsam nach vorne; irgendwann ist er über meinen Zehenspitzen - so ungefähr jedenfalls). Wir haben noch immer keinen Schritt getanzt. Nun versuche ich meine Synchronisierungsgewichtswechsel für die Frau bemerkbar zu machen. Hier habe ich noch eheblichen Lernbedarf. Ich versuche darauf zu achten, in welcher Intensität ich diese vollführen muß, damit die Tanguera sie spürt. ... und noch immer haben wir keinen Schritt getanzt.

Nun gibt es meinen ersten Schritt. Bewußt und entschlossen mache ich mit meinem linken Fuß einen Seitschritt nach links. Und ich weiß nach diesem ersten Schritt, wie ich mit der Tanguera tanzen werde (natürlich gibt es ab und zu auch Überraschungen)... Es ist mir vollkommen gleich, ob die Tänzerin verwegene Voleos (bzw. Boleos) oder ausgefallene Volcadas tanzen kann. Wichtig ist mir das Gefühl synchroner und im non-verbalen Dialog ausgehandelter Bewegung zur Musik...

So einfach und so schwierig ist das mit den ersten 20 Sekunden.

So...

Jetzt muß ich wieder arbeiten. Ich warte gespannt, ob ich später einige Anmerkungen und Kommentare lesen darf.

[Edit 08.06.09: Eine aufmerksame Kommentatorin hat mich auf einen anderen Blog-Artikel zum Thema aufmerksam gemacht. Hier kann man diese ersten Sekunden aus weiblicher Sicht nachlesen. Dank an Kommentatorin Malena!]

Dienstag, 2. Juni 2009

Für die neue Woche 13: Sexteto Mayor - Uno

Für die neue Woche habe ich einen Klassiker ausgesucht. Uno in der Interpretation eines vergleichsweise jungen Sextetts, dem Sexteto Mayor. Ich höre die Musik vom Sexteto Mayor sehr gerne. Das Album Quejas de Bandoneón gehört zu meinen Lieblings CDs. Dieses Stück ist aber von einer anderen CD, die ich nicht kenne...

Allen Leserinnen und Lesern wünsche ich einen guten Start in die neue Woche.




Und weil die Musik nur in einem 30 Sekunden Ausschnitt zu hören ist, gibt es hier den Link zum Titel in voller Länge.

[Edit um 14:15h: Vermutlich liegt es an der laufenden Nummer 13 - ich habe zwar den Beitrag heute früh rechtzeitig verfasst, ihn aber nur gespeichert und nicht freigegeben. Sehr beunruhigend... ich hatte dann so viel Arbeit und habe erst gerade meine Mail abgerufen und den Hinweis einer aufmerksamen Leserin gefunden, die den Gruß für die neue Woche vermisste. Meine Entschuldigung für die Verspätung!]