Sonntag, 27. Dezember 2009

Tacheles mit Tangueras 2: Veronika "La potranca" Fischer, Augsburg - Teil B

Hier steht der erste Teil des Interviews

Teil 2 von 2

Cassiel: Du hattest vorab ein weiteres Thema erwähnt: „Tango & Coaching als Führungsinstrument“ – kannst Du da Deine Ideen einmal grob skizzieren?

Veronika Fischer: Zum ersten Mal mit dem Ansatz, Tango als „Begreifbar-Machen“ von Führung zu verwenden, bin ich über die Arbeit von Paul Shrivastava in Berührung gekommen, der darüber forscht. Ich finde seine Ansätze spannend - und wurde gebeten, mal ein Konzept auszuarbeiten, worüber ich jetzt grade sitze.

Im Wesentlichen geht es darum, (künftigen) Führungskräften begreiflich zu machen, was (gute) Führung bedeutet - und ich glaube, dass Tango dafür das richtige Instrument ist. Man kann viel theoretisch vermitteln, aber letztlich ist übertragbare Praxis n (wie z.B. die klare Führung des Tango zu spüren und selbst nachzubilden) einprägsamer und spricht neben dem Kopf auch den Körper an, d.h. geht direkt auch in andere Gedächtnis-Bereiche. .
Mein Ziel ist jetzt erstmal, meine Gedanken diesbezüglich zu sortieren - was ich theoretisch vermitteln will, und wie ich dies in Übungen umsetzen kann. Dann werde ich entsprechende Kurse für zwei Begabtenförderstiftungen, von denen ich selbst während meines Studiums gefördert wurde, anbieten.

Cassiel: Meine größte Anfrage: Wird da nicht Tango instrumentalisiert? Wird da nicht die Eigenständigkeit des Tanzpartners reduziert? Konkret: Wird es nicht ein "Überreden" statt "Dialog in Freiheit"?

Veronika Fischer: Ist das falsch? Ich meine, ist Tango immer nur zum Selbstzweck da? Tanzen die Leute Tango, weil sie Tango tanzen wollen? Ich glaube nicht. Tango gibt jedem etwas anderes, aber die Faszination ist sicher nicht, irgendeine argentinische Folklore zu betreiben.
Es gibt Leute, die nehmen Tango als Aufrissmasche (, als Kampfszene,als Körpererfahrung,als Psychotherapie. Und wenn es jemand dafür hernimmt, um sich selbst besser kennenzulernen und/oder um andere, tango-externe Dinge besser zu verstehen, dann ist das für mich genauso berechtigt und ok... „Dem Tango“ als Abstraktum entgeht dadurch doch nichts.

Cassiel: Sind wir da nicht auf ein Grundproblem des Tangos zurückgeworfen?
Mit welchen (geheimen) Erwartungen gehen die Menschen zum Tango?

Veronika Fischer: Ich weiß es nicht. Wahrscheinlich, verschwitzt und glücklich wieder nachhause zu kommen. Tunlichst noch nicht allein. Ich kann dir nur sagen, mit welchen Erwartungen ich gehe - und welche manchmal erfüllt werden ;-)

Cassiel: Für mich ist das größte Problem, daß es nur dann zu einem echten Verstehen von "Führung im Dialog" statt "hierarchischer Führung" kommen kann, wenn die Ziele in einem mehrheitlich anerkannten Kontext als "gut" angesehen werden. Das ist (für meine Begriffe) heute eher selten. Zum "Überreden" taugt (für mein Empfinden) der Tango nicht... Wie siehst Du das?

Veronika Fischer: Und wie würdest du das über den Tango sagen? Wo ist da das mehrheitlich anerkannte Ziel? Die Musik?

Cassiel: Ich begreife die Führung im Tango immer mehr als Dialog... Und ich lasse mich auch auf die "Kompliziertheit" von Tangueras ein (und natürlich auf meine eigene)... Ich finde das spannend!

Veronika Fischer: Ich glaube nicht, dass man (im Tango wie in Unternehmen)) immer nur konsensual führen kann. Generell kann ich mir Tänzer/Mitarbeiter aussuchen, die mit meinen/den Unternehmens-Zielen übereinstimmen, klar - aber dann? Manchmal muss was entschieden werden, was nicht allen passt (sei’s im Tango die Richtung oder im Unternehmen die Umsetzung von Maßnahmen)- aber die Geführten müssen trotzdem mit.

Cassiel: Darf ich ehrlich sein? Ich glaube nicht, daß Tango da weiterhilft...Aber ich bin auch in meinem Verständnis sehr eigenwillig - das gebe ich offen zu!

Veronika Fischer: Doch! Wenn wenn du gut führen willst, musst du in der Lage sein, die Frau mitzunehmen dahin, wohin du gehen willst - im Zweifelsfall auch dann, wenn sie das nicht will. Wenn das jemand nicht kann, dann gibt es Chaos auf der Tanzfläche ;-) Einer muss führen, einer muss folgen. So ist das halt im Leben (und im Tango auch). Die Richtung muss vorgegeben werden, WIE sie geht, das kann die Frau selbst entscheiden.

Cassiel: Also gut - versuchen wir es noch einmal uns dem Thema zu nähern: Wir haben die Grundform: „Führen und Folgen“... Und wir haben (im Idealfall) die "hohe Schule"... Dialog - das heißt, Einladung und Reaktion... Wie sieht dann die Idee vom Coaching aus?

Veronika Fischer: Ein Coaching oder Training soll Menschen helfen, etwas zu erlernen - hier eine Einführung in die (Mitarbeiter)Führung. Darüber kann man lang labern - oder man kann versuchen, Prinzipien beGREIFbar, erlebbar zu machen. Letzteres gibt es sehr wenig. Im Laufe meiner Studien- und ersten Berufszeit habe ich nun doch schon einige Trainings erlebt – das ist alles ganz spannend anzuhören, aber es bleibt nichts hängen – weil es eben nur „graue Theorie“ ist.

Das möchte ich – zumindest für die oben angesprochene junge Zielgruppe – ändern. Beispielhaft denke ich hier an den Bereich: den Mitarbeitern klare Vorgaben stellen: wenn ein Chef kommuniziert, was er erwartet, ist es leicht, ihn zufriedenzustellen. Wenn ein Führender klarmacht, was er will (also z.B. die Richtung oder die Höhe des Boleos), ist es leicht, dem zu folgen. Wenn der Führende hingegen selbst nicht weiß, was er eigentlich will, hängt die Folgende rum, weiß nicht, was sie eigentlich tanzen soll und der Führende ist natürlich auch nicht zufriedengestellt, weil im Zweifel nichts oder das Falsche passiert. Übertragen bedeutet das: werde dir erstmal klar, was du willst und verlangst - und kommuniziere das in einer Art und Weise, die der andere verstehen kann. Erst dann kannst du erwarten, dass deine Anforderungen erfüllt werden, vorher nicht.

Cassiel: Ich vermute einmal, wir sind da jetzt an einem Kernproblem. Solange ein Ziel allgemein für gut befunden wird ist es einfach - schwierig wird es, wenn das Ziel nicht mehr erklärbar wird (z.B. das eigene Wegrationalisieren oder Abwickeln...) da kann (für meine Begriffe) der Tango nicht mit...
Reden wir gerade an einander vorbei?

Veronika Fischer: Ich glaube schon, ja. Es geht um Prinzipien - das sind grundlegende Dinge, die in vielen Situationen passen können, aber nicht in allen passen müssen. Klar wirst du immer eine Situation finden, wo es grade eben nicht passt. Was nicht ausschließt, dass es in 99% aller anderen Situationen passt ;-)

Cassiel: Vielleicht lassen wir das an dieser Stelle einfach so stehen. Die Zeit wird leider knapp. Ich bedanke mich dann zum Ende des Interviews ganz herzlich für Deine Zeit! Magst Du Deine Punktzahl im Anamnesebogen für die Tangosucht verraten?

Veronika Fischer: Nach Fragen sind es 13. Aber in letzter Zeit war ich selten Tanzen... mit Unterricht komme ich wohl gerade noch auf 2x in der Woche. Früher waren es bis zu 5x... können wir nicht ein bißchen schummeln? ;-)

Cassiel: Na ja, 24 (2 mal 12) mal 13 sind immerhin 312! Das ist ja schon sehr ordentlich ;-)

Veronika Fischer: Ok.... nicht glänzend, aber immer noch genug tangosüchtig. Wobei ich mich nicht als süchtig verstehe - ich glaube, mittlerweile könnte ich auch zwei, drei Monate ohne Tango durchhalten. Das ist auch eine Entwicklung - irgendwann ist man so "voll Tango", dass es nicht wehtut, es ein bißchen zurückzustellen.

Cassiel: Hättest Du noch ein Schlußwort? (einen Deiner Tangotexte?) Einen der Dich momentan bewegt...

Veronika Fischer: Das ist wohl ein Zitat von Jaimes Friedgen. Ich habe ihn in Washington kennengelernt, und dann für die Tangodanza interviewt - dabei ist diese Aussage von ihm gefallen, die ich gut nachvollziehen kann:
There are two secrets to being a great tango dancer. The first is having a hole in yourself that you cannot fill, and the second is the luck to fall upon tango as the thing you try to fill it with.

16 Anmerkung(en):

Apfelmus hat gesagt…

Tja, mit Coaching ist einiges an Geld zu machen, daher bietet das heute schon quasi jeder an. Und die "lustigen" Ideen hören sich ganz gut an und werden daher von Unternehmen eingekauft, ganz gleich, für wie absurd die Mitarbeiter die Ideen halten. Bin selbst "Opfer" von jährlich mehreren Tagen an den Haaren herbeigezogenen, in der Praxis völlig unbrauchbaren Coachingaktivitäten - ich sollte mich endlich dazu durchringen, es als soziales Projekt zur finanziellen Unterstützung der Coaches zu sehen, klappt aber irgendwie nicht.
Tango als Coachinginstrument halte ich für ziemlich seltsam, besonders wenn man bedenkt, dass viele Männer überhaupt keinen Bezug zum Tanzen haben und nicht tanzen wollen. Die sind dann sicher sehr glücklich, wenn sie so ein Coaching von oben verordnet bekommen.

B. G. hat gesagt…

@Apfelmus

Ich she das ähnlich. Wenn man es stärker verallgemeinert, dann werden immer neue Mechanismen entwickelt, wie der Mensch in die - für mein Empfinden - "seelenlose" Arbeits- und Wirtschaftswelt eingefügt wird. Tango wird da verbogen. Lese ich zwischen den Zeilen, dass Cassiel das auch so sieht?

Vielleicht ist es ja auch eine Altersfrage?

Veronika, es ist ja uncharmant eine Frau nach ihrem Alter zu fragen, aber sehe ich das richtig? Du bist noch jünger oder? Unter 30?

Trotzdem habe ich das Interview mit großem Interesse gelesen. Vielen Dank Euch beiden!

Thomas hat gesagt…

Lieber Cassiel,

vielen Dank, für die viele Arbeit in Gespräch und Redigierung, die du dir hier wieder gemacht hast. Nach dem Lesen bleibt ein wenig das Gefühl, dass hier um den heißen Brei geredet wurde, er aber nicht gegessen wurde.

Nur ein paar Zitate, „Wenn ... jemand ... die Frau nicht dahin mitnehmen kann, wohin er will,... dann gibt es Chaos auf der Tanzfläche“ führt bestenfalls zu schlechtem T.A. und ist eine Haltung, die andere gefährden kann und leider zu oft auch tut.
Die Stelle “... Mit welchen (geheimen) Erwartungen gehen die Menschen zum Tango?“ Antw.: „Ich weiß es nicht. Wahrscheinlich,..“ erweckt den Eindruck, dass die Interviewpartnerin von Tango nicht viel versteht, darüber aber reden kann. Nun ja, lassen wir es offen, ob der Eindruck trügt.

Ich möchte nun zu vier Stichwörtern kurze Anmerkungen machen:
1. Viele Lehrer (wobei das Wort Lehre/r noch einmal eine eigene Diskussion wert ist), v.a. die seit vielen Jahren unterrichten, haben durchaus einen Geschäftsplan, auch wenn sie das nicht öffentlich machen. Das Problem ist eher, dass der Markt nicht unbedingt nach Qualität schreit. Geschäftlichen Erfolg sehe ich da, wo viele Kunden unterhalten oder beschäftigt werden oder der Stolz ein wenig gestreichelt wird. Ich höre immer wieder Lehrer klagen, dass die Teilnehmer wegbleiben, wenn sie tiefgreifende Grundlagenkurse anbieten wollen.

2. Führung und Folgen – das sind umgangssprachliche und vereinfachte Begriffe, damit sie der ungebildete Leser/Rezipient verstehen möge.
Veronika beschreibt Führen/Folgen als Machtgefälle zwischen zwei Parteien, z.B. Tänzern. Das k a n n, aber m u s s es nicht bedeuten und kommt aus einem, hm – älteren - zum Teil noch bestehenden Gesellschaftsmodell. (politisch: Festschreiben von Macht; psychoanalytisch: Suche/Projektion nach Vaterqualitäten, etc.) Dies schlägt sich vielleicht noch heute in der ein oder anderen Paarbeziehung, Firmenorganisation etc. nieder und zeichnete höchstwahrscheinlich die gesellschaftliche Realität Argentiniens zur Einwanderungszeit.
So weit so gut.
Im Europa des beginnenden 21. Jahrhunderts haben mittlerweile doch eher demokratische und emanzipatorische Tendenzen die Oberhand gewonnen und so ist es nur gut und recht, dass die Beziehung beim Tango auch eine gleichberechtigte Beziehung ist. Sicher, bei Gefahr interveniert der, der die Gefahr sieht. Der Mann beim Navigieren, die Frau(Folgende), wenn ihr Tänzer einen Tretminenschritt gehen möchte (blind nach hinten oder rechts). Gute Tänzer tanzen gemeinsam, das geht auch innerhalb 3 Minuten Wirklichkeit.
Oder, um die Unsinnigkeit von dem platten Führen und Folgen von einer anderen Seite zu erklären: Wenn es ausreichen würde, dass der eine gut führt und der andere lediglich gut folgt, wäre es egal, mit wem ein „Star“tänzer gerade tanzt. Es ist aber nicht egal, sondern wird heftig diskutiert, weil die „Führung“squalität eben auch wichtig ist. Die Frage ist lediglich, ob man das verbalisieren möchte.

(Fortsetzung...)

Thomas hat gesagt…

(... Fortsetzung)
3. B.G., wenn Veronika nun unter 30 ist, dann freuen wir uns doch über ihren jugendlichen Idealismus. Die U30er Ende des letzten Jahrhunderts hatten noch nicht diese Pläne mit Coaching etc., sie mussten an ganz anderen Dingen scheitern oder reifen. Das heißt ja nicht, dass Veronika scheitern muss, sie geht (auf chinesisch) die ersten Schritte von tausend, bzw. (amerikanisch) packt was an, egal, was raus kommt. Und wenn hier jemand meint, er hätte Altersweisheit, der möge ihr die Jugendlichkeit zugestehen und ihr beim Aufstehen helfen, sollte sie fallen.

Ob Tango zum coaching taugt? Ich sehe es wie Apfelmus, es gibt Klettern, Schreien, Meditieren, Feuerlaufen (Töpfern?) zur Effizierung von Managerarbeitskraft, warum nicht auch Tango? Solcherlei Dinge gab's mal zur Selbsterfahrung, so richtig schädlich wars ja auch nicht. Das Thema taucht an der ein oder anderen Ecke auf, es geht darum, dass die 'Tangocoaches' davon überzeugt sind, es so rüberbringen und gut verkaufen können. Das scheint bei Veronika der Fall zu sein. Warum also nicht, a ver.

Der für mich entscheidende Punkt liegt zwischen Businessplan und Erkenntnisweg. Veronika schreibt von Business, Arbeitsqualität, andere belehren, eigene Zufriedenheit etc. Cassiel, so mein Eindruck aus dem Interview wie aus dem Blog, sucht nach Erkenntniswegen im Tango. Um seinen Tango Argentino zu verbessern. Verstehbarer zu machen. Um sich besser zu fühlen beim Tanzen. Um vielleicht Ideen des Tango auch auf den ein oder anderen Lebensbereich anzuwenden. Daher und aus der Unschärfe zwischen Tango und Tango Argentino tritt der Dialog hier ab und zu auf der Stelle.

4. Zum Stichwort Finanzen, wir hatten das ja schon öfters, mal als Frage an die versammelte Runde: Ein DJ erzählte mir neulich folgende Zahlen: Eine Milonga in den Räumen eines Geschäftes, das sich so neue Kunden erhoffte, also mietfrei. Ca. 100 Gäste, Eintritt 6 Eur, der DJ erhielt 70 Eur Gage. Werbung per Email, fallen also höchstens evtl. Gemakosten an. Ist das in Ordnung?

Grüße, Thomas

cassiel hat gesagt…

So, gestern abend bin ich dann doch erst sehr spät nach Hause gekommen, daher antworte ich erst jetzt.

Vielen Dank für die Anmerkungen ich versuche kurz darauf einzugehen. Zunächst zum Grundtenor, daß das Interview in der Oberflächlichkeit bleibt: Veronika und ich kamen beide aus unseren jeweiligen Arbeitstagen... und hatten nur zwei Stunden Zeit. Vielleicht war ich auch nicht gut genug vorbereitet. Veronika hatte mir vorab ein paper von dem erwähnten Paul Shrivastava gemailt. Möglicherweise habe ich es nicht richtig verstanden. Mir ist dieser Denkansatz, das gebe ich gerne zu, vollkommen fremd.

@Apfelmus
Nur weil Coaching momentan in aller Munde ist, muß es ja im Bezug auf den Tango nicht gleich falsch sein. ;-)

@B. G.
Vielleicht lassen wir einmal das Alter von Veronika aus der Diskussion. Wir sind doch hier alle sehr altmodisch höflich... und... Thomas hatte es ja schon angesprochen: Auch wenn man älter ist, kann man sich ja ruhig einmal auf frische Gedanken einlassen. ;-)

@Thomas
Deine Halbsatz: "Gute Tänzer tanzen gemeinsam", fand ich sehr treffend. Möglicherweise muß ich das o.g. paper noch einmal lesen.

Und es ist richtig, Veronika und ich haben offensichtlich verschiedene Zugänge zum Tango. Die Tangoplauderei im Allgemeinen und die Serie: "Tacheles mit Tangueras" im Besonderen waren aber nie als Kuschelgruppe konzipiert worden. ;-)

Ich finde den Austausch (gerade im Bewußtsein der verschiedenen Zugänge) sehr spannend!

Noch einmal vielen Dank für Eure kommentierenden Anmerkungen.

cassiel hat gesagt…

Ach so! Thomas, das hatte ich jetzt ganz vergessen.

Zum Thema Unterricht: Ich denke, da kommen wir auch wieder in die Angebot-Nachfrage Situation. Ich denke, ein Kurs: Ganchos und Boleos effektvoll getanzt wird eher angenommen als ein Kurs: Die Musik der 30er und 40er in Buenos Aires. ;-)

Zum Thema: "Lernen" darf man aber m.E. nicht einfach alles auf die Lehrer schieben. So ein wenig sollte es auch im Verantwortungsbereich der Schüler liegen, daß sie sich mit der Materie auseinandersetzen und ggf. auch im Selbststudium versuchen, neue Ideen kennenzulernen. Ich finde, es gibt tolle Seiten im Internet (ich hatte hier neulich ein wirklich herausragendes englischsprachiges Blog verlinkt).

Anonym hat gesagt…

"...Tanzen die Leute Tango, weil sie Tango tanzen wollen? Ich glaube nicht. Tango gibt jedem etwas anderes, aber die Faszination ist sicher nicht, irgendeine argentinische Folklore zu betreiben"

peinlich, peinlich...wo sind die Kommentare dazu???????

Apfelmus hat gesagt…

@Anonym 11h50: Ich denke, diese Aussage/Ansicht ist selbsterklärend, für mich jedenfalls, sie bedarf keines wie auch immr gearteten weiteren Kommentars. Dir fällt ja offenbar auch nicht mehr ein als Peinlich peinlich zu sagen, oder?

cassiel hat gesagt…

Darf ich mir etwas wünschen?

Ich wünsche mir etwas mehr verbale Achtsamkeit. Worte wie peinlich, peinlich mögen im subjektiven Sprachgebrauch neutral gemeint sein, in der Anonymität des Netzes könnten sie missverständlich sein.

Ich sehe dieses Interview (wie meine übrigen - höchst subjektiven - Beiträge im Blog) als Ausgangspunkt einer Sachdiskussion und ich nehme mich selbst nicht aus, wenn ich schreibe: Es gibt viele verschiedene Zugänge zum Tango.

Ich würde mich sehr freuen, wenn wir (auch verbal) respektvoll miteinander umgehen.

Vielen Dank!

Anonym hat gesagt…

Ich bin ein Fan von Achtsamkeit, aber nur dann, wenn für alle gleiches gilt. Das ist hier nicht der Fall - wenn du deine Leser zu verbaler Achtsamkeit ermahnst, dann solltest du auch für die verbale Achtsamkeit deiner Interviewpartner sorgen. Rundumschlag-Beurteilungen/Abwertungen in Interviews geäußert tragen sicher nicht dazu bei, unwidersprochen stehen zu bleiben. Und üblicherweise kommts auf der Ebene zurück, auf der es "ausgeteilt" wurde, was hier an diesem Beispiel gut zu sehen ist.
Ich hoffe, du kannst die Konflikte, die manchmal hier entstehen, aushalten, du brauchst dich nicht immer für alle verantwortlich fühlen.

cassiel hat gesagt…

Ich kann einiges aushalten - schließlich bin ich Blogger mit einem originalen Blogtroll. ;-)

Bei allen Unterschieden zwischen Veronika und mir habe ich sie um das Interview gebeten - nicht umgekehrt.

Ein schriftliches Interview via Skype (ich nenne das gerne Klickerei) ist gewöhnungsbedürftig. Aber es ist wie ein Gespräch. Da gibt es schon einmal spontane Äußerungen. Insofern ist das etwas anderes als ein Kommentar hier.

Im Übrigen habe ich Veronika ermutigt, nicht das Skript totzuredigieren. Dann wäre es künstlich geworden.

Insofern muß ich das hier einmal klarstellen.

So, das habe ich jetzt gemacht.

Nix für ungut.

Thomas hat gesagt…

Danke Cassiel für die klärenden Worte, du hast ja früher schon erinnert, hier wird Tacheles geredet und nicht gekuschelt. Da darf man auch mal subjektiv sein, solange das Ziel nicht aus den Augen verloren wird. Vielleicht muss dann halt der nächste, übernächste,... den Faden wieder aufnehmen. Das ist schon ok.

Immerhin, Cassiel hat diesmal eine Interviewpartnerin, die einen anderen Zugang zum Tango hat. Soll sie, eine Spannung baut sich auf, die Diskussion ist am Laufen. Veronika liest sicher mit und wird sich, wenn die Emotionen abgeflacht sind, äußern. Das gehört zum hohen Niveau dieses Blogs (Stichwort Wien) und ist gut so.

Zu den von anonym zitierten Worten fällt mir erstmal mein eigener Kommentar ein (...dass die Interviewpartnerin von Tango nicht viel versteht, darüber aber reden kann...)
Damit bringt sie den Tango Argentino auf den Milongas vielleicht nicht weiter. Vielleicht hat sie aber einen Zugang zu der Coachingszene und erweckt dort Neugier auf den T.A. Ich persönlich mag Leute, die auf Milongas kommen und sagen "ich hab da was von Tango gehört und wollt mir das mal anschauen". Vielleicht war's ja ein Coaching, ein Magazinbeitrag o.ä. Dann erklär und zeige ich gerne, verhandle ein wenig mit der Kasse, dass sie als Nochnichttänzer weniger Eintritt zahlen müssen.
Das größere Problem für Milongas sind Tangolehrer, deren Schüler selbstbewusst aber nichtswissend auf die Milongas laufen (Stichwort Rückwärtsschritt).

Zurück zu den von anonym zitierten Sätzen. Die Frage ist gut. Der dritte Satz ist Nonsens. Der zweite Satz ist -pardon, halte ich für - irre. Eine als Tangomultitalent (selbst)dargestellte Tanguera glaubt, warum Leute Tango tanzen? Auf diese Frage hat man mit Neugier, ein paar direktiven und non-direktiven Gesprächen schnell ein paar gute Antworten zusammen, aber bitte keinen Glauben! Und: Es tanzen Gäste, Tanguero/as, Milonguero/as, aber bitte bitte keine Leute. Bitte!
Auch danach bleibe ich dabei: Die Dame redet gerne über Tango und verkauft Tangocoachings. Das "Tacheles-interview" löst eine Diskussion, wie viele andere Blogbeiträge aus, und das darf gerne so sein.
Ich persönlich freu mich auf die nächsten Beiträge zur Sachdiskussion.

Grüße

cassiel hat gesagt…

@Thomas

Du sprichst da wichtige Punkte an.

Für mich (und da bitte ich um Verständnis) ist es wichtig, daß mit Interviewpartnern hier pfleglich umgegangen wird. Möglicherweise bin ich da übervorsichtig. Aber wenn sich ein Tanguero / eine Tanguera mit seinen / ihren Ansichten exponiert hat, dann möchte ich vermeiden, daß es zu robust wird. Schließlich soll ja dieser Beitrag nicht das Ende der Serie sein. ;-)

So, jetzt aber ab nach Hause - ich sitze noch immer im Büro. Die Ruhe bei der Arbeit zwischen den Jahren ist einfach toll. da kann man mal so richtig was wegschaffen. ;-)

Theresa hat gesagt…

Also ich meine, die Crux liegt darin, unter dem Abstraktum "Führung" zwei grundverschiedene Dinge gleichzusetzen.

Das Verhältnis Chef/Mitarbeiter ist ein Machtverhältnis, in dem es darum geht, Leute zu etwas zu bringen, das sie von sich aus nicht wollen. Wer hier führt, hat Machtmittel, und wer geführt wird, ist erpressbar.

Das Verhältnis zweier Tango-Partner ist ein freiwilliger Zusammenschluss zwecks gemeinsamen Genießens. Das Führen ist dabei ein tanztechnischer Vorgang, der notwendig ist, damit man sich in der Umarmung gemeinsam bewegen kann. Selbst wenn man Tango nicht als Selbstzweck betreibt, sondern als Instrument für was anderes, ist das Führen darin immer noch tanztechnisch begründet und hat nicht im Entferntesten was mit Machtverhältnissen zu tun wie im Chef/Mitarbeiter-Verhältnis. Dass die Frau nicht dorthin will, wohin sie geführt wird, ist konstruiert; vielleicht bringt sie es mangels Können nicht hin, aber im Prinzip ist sie mit der Zustimmung zum miteinander Tanzen bereit, sich führen zu lassen.

Die Feinheiten von Führen/Folgen/Dialog sind für diese Unterscheidung zwischen dem Verhältnis Chef/Mitarbeiter und dem Verhältnis von Tanzpartnern gar nicht wichtig. Beides gleichermaßen als "Führen" oder "Informationsübermittlung" zu fassen, wird jedenfalls beidem nicht gerecht. Deshalb glaube ich sofort, dass, wenn Tango beim Coaching verwendet wird, ein ziemlicher Krampf herauskommt.

tango1001 hat gesagt…

meine Frage an diejenigen, die beruflich oder hobbymäßig mit Tango zu tun haben: wo liegt die Grenze zwischen Laientum und Professionalität? Ist das die Absicht, davon leben zu können? Ist es die Ausbildung bzw. die Qualifikation, die es ja als Berufsbezeichnung so nicht gibt? Ist es der Preis, der verlangt wird (für Milongas und Kurse)?
Die Grenzen sind gerade in der Tangoszene extrem fliessend, und gerade deshalb auch problematisch. Z.B. wird ein reiner Liebhaber fast immer die Preise unterbieten können, die jemand verlangen muss, wenn die Existenz davon abhängt. Auf der anderen Seite sagt die Tatsache der beruflichen Abhängigkeit von Lehrer- oder Veranstaltertätigkeit absolut nichts über die Qualität des Angebots aus. Ich denke, daß das auch häufig zu Mißstimmungen zwischen reinen Idealisten und "Professionellen" führen kann. Wie sind denn da die Erfahrungen?

Unknown hat gesagt…

Test