Montag, 8. Juni 2009

Leserbrief

Da schaut man aus Gewohnheit zwischendurch schnell in den Posteingang und schon findet man eine Zuschrift...

Hallo Cassiel,

[...] in meiner ganzen Not wende ich mich jetzt einmal an dich und frage dich um Rat. Vielleicht ist es ganz gut, dass wir uns nicht kennen und deshalb kannst du mir vorurteilsfrei sagen, wie du die Sache siehst. Ich habe vor Wochen beim Tango ein verheiratete Frau kennengelernt und wir haben an einem Abend wundervoll getanzt. Ich habe noch nie erlebt, dass es fast Trance sein kann, wenn alles stimmt. Sie ist eine attraktive Frau, aber ich war immer sehr zurückhaltend, weil ich ja wusste, sie ist verheiratet. Ein paar Tage später gestand sie mir, dass sie sich in mich verliebt hat, gleichzeitig aber ihren Mann liebt. Es kam wie es kommen musste und wir haben eine sehr schöne Nacht gehabt und in der Zeit danach wich meine Zurückhaltung und ich verliebte mich in sie. Wir haben wundervolle Tangoabende und noch schönere Nächte gemeinsam erlebt und es war einfach nur schön. [...] Immer wenn ich sie gedrängt habe, es ihrem Mann zu erzählen, dann wich sie aus. [...] Am letzten Freitag wollte sie nicht mehr mit mir tanzen sie wollte nicht einmal mehr mit mir reden. Sie sagte, es war ein Fehler und sie liebe nur ihren Mann. Sie sagte noch, es liege nur am Tango, dass das zwischen uns "passiert" ist, deshalb schreibe ich jetzt auch dir und bitte um Rat. Ich bin total verzweifelt. Sie antwortet auf keine Sms oder Email. Ich will diese Frau aber unbedingt zurückhaben. Kannst Du mir irgendwie raten, wie ich es machen soll.

Bitte antworte schnell - ich warte drauf!

Viele Grüße

J.

Hi,

hmmm... schnell antworten? Kein Problem! Warum ich jetzt ausgerechnet einen Rat geben soll, verstehe ich zwar nicht - aber das ist jetzt auch egal. Ich erlaube mir allerdings, Deine eMail deutlich einzukürzen (intime Details gehören hier nicht hin), ich ändere den Anfangsbuchstaben Deines Vornamens und lasse keine Rückschlüsse auf Dich zu. Ich antworte jetzt öffentlich - ich denke, die Fragestellung ist nicht ganz untypisch für das Tango-Soziotop. Um es frei von Mißverständnissen zu formulieren: Ich werde bestimmt keine lebenskundliche Beratungsecke in der Tango-Plauderei etablieren ;-) Du bekommst allerdings einige Überlegungen in Schriftform hier im Blog.

Vielleicht fange ich mal ganz dicht an Deinem Text an: "Ich habe noch nie erlebt, dass es fast Trance sein kann...": Tja! Willkommen im Tangohimmel, das gibt es und aus eigener Erfahrung kann ich Dir berichten, es ist wunderbar... nur... man darf es m.E. nicht aus dem Tangokontext herauslösen. Das gehört nur in den Tango und bleibt dort, dann kann es auch nie weh tun. Aus Deiner eMail lese ich heraus, daß Du schon vorher gewußt hast, sie ist gebunden. Auch wenn es jetzt vielleicht ein wenig hart klingt: Was willst Du eigentlich? Es war Dir bekannt und nun beschwerst Du Dich. Das verstehe ich nicht. Natürlich kommt es in jeder Beziehung und damit auch in jeder Ehe einmal vor, daß es nicht so gut läuft. Trifft dann die Frau beim Tango auf einen Mann, mit dem es harmoniert, dann können sich Gefühle auch schon einmal verirren... aber es gilt eine alte Grundweisheit von mir:

Gefühle haben keine andauernde Existenzberechtigung;
sie bleiben flüchtige Momentaufnahmen.


So einfach ist das. Gewaltig aufgestoßen ist mir die Formulierung, Du wollest sie unbedingt zurückhaben; da gehen bei mir alle Warnlampen an. Niemand hat jemanden anderen. Nicht im Leben und erst recht nicht beim Tango. Was Du also nicht gehabt hast, kannst Du auch nicht zurückhaben wollen. (Ich hoffe, das war jetzt nicht zu hart - es ist meine ehrliche Meinung.) Ihr seid Euch in Freiheit begegnet, sie hat gesagt: "Ich will" und Du hast es ihr gegeben; Ihr habt Euch im Wissen um die Lebensumstände aufeinander eingelassen und jetzt hat sie eine Entscheidung getroffen. Es wird Dir nichts übrig bleiben; Du wirst damit leben müssen wie es jetzt gekommen ist.

Ich würde die Kontaktversuche per SMS oder eMail sofort unterlassen. Das wird mit hoher Wahrscheinlichkeit nichts bringen. In ein paar Wochen kannst Du ihr ja noch einmal schreiben, wenn Du noch mit ihr über die Vergangenheit reden willst. Ich warne Dich allerdings vor: Es kann sehr gut sein, daß sie Dir nicht antworten wird. Es würde mich zumindest nicht wundern.

Deine eMail bestätigt mir einmal mehr, daß im Tango äußerste Zurückhaltung in der Frage möglicher Beziehungen angesagt ist. Es ist und bleibt eine emotionale Ausnahmesituation, die überhaupt nicht oder zumindest nur ganz selten in den Alltag zu übertragen ist. Hinzu kommt vermutlich die besondere psychische Struktur der Tangotanzenden. Niemand wird ohne entsprechende emotionale Konditionierung zum Tango gehen. Leider vergessen Viele diese Tatsache.

Und weil Du mir geschrieben hast, mute ich Dir jetzt meine persönliche Sicht der Dinge zu. Ich spüre natürlich auch manchmal unverholene Zuneigung von Tangueras. Das bewerte ich aber im Normalfall nicht über. Es legt sich von allein. Geht man mit solchen Situationen unaufgeregt und entspannt um, dann ist man auch ziemlich unempfänglich für Annäherungsversuche. Werden die Gefühle bei einer Tanguera stärker und ihre vermeintlichen Ansprüche steigern sich, dann mache ich sofort zu. Das ist zum einen sicherlich ein Selbstschutz, zum anderen ist es auch ein Schützen der Gefühlswelt der betroffen Tanguera. Ich entziehe mich keinem Gespräch, aber ab und zu muß ich eine Pause beim Tango mit zu anspruchsvollen Tangueras machen. Es ist (auf lange Sicht betrachtet) besser so.

Meine Zeilen klingen vermutlich ziemlich hoffnungslos. Es ist aber meine ehrliche Überzeugung und ich betone jetzt noch einmal ausdrücklich: Ich kann mich irren und alles ist ganz anders. Für diesen Fall wünsche ich Dir "Alles Gute". Sollte es bei diesem Schweigen von ihr bleiben, dann wird es vermutlich ein wenig hart für Dich. Du wirst aber nicht die äußeren Umstände Deines Problems ändern können. Also schlage ich Dir vor, Deine Einstellung zu diesem Problem zu ändern. Sei einfach dankbar für das, was Du mit dieser Frau erleben durftest. Du zahlst jetzt einen hohen Preis, aber das hätte Dir vorher klar sein können.

Um noch etwas Tröstliches anzuhängen: Ganz sicher wird diese Erfahrung Deinen Tango verändern. Vielleicht liest Du noch einmal dieses Zitat. Ich denke, Dein Tango wird besser werden. Dieser Verlust, dieses Nicht-Verstehen und der Schmerz werden in Deinen Tango kommen. Das ist ja zumindest etwas...

Ich weiß nicht, ob meine Zeilen Dich irgendwie berühren. Ich habe es zumindest versucht...

take care

cassiel


Noch eine Anmerkung in eigener Sache: Mich erreichen immer häufiger Leserzuschriften. Diese beantworte ich i.d.R. auch persönlich. Ich wähle aber immer noch selbst aus, welche Zuschriften ich veröffentliche und welche Zuschriften nicht den Weg in das Internet finden - bis jetzt habe ich noch keine Rubrik "Leserbriefe" eröffnet und das habe ich eigentlich auch nicht vor. Bitte nicht böse sein.

27 Anmerkung(en):

Anonym hat gesagt…

Ooch Cassiel, dabei sind wir hier doch alle verliebt in Dich! :-)

cassiel hat gesagt…

So virtuell geht das doch gar nicht...

:-)))

Oder: Vielleicht gerade deswegen doch... Ich bin ungefähr 1,60 cm groß, wiege 105Kg, habe Pickel und keine Umgangsformen...

Aber ich kann halt ein wenig schreiben...

Anonym hat gesagt…

Also genau mein Typ (ich meine die Pickel, Schreiben kann ich selber.)!

;-)

affig hat gesagt…

160cm 105kg Pickel keine Umgangsformen

Wusst ichs doch!

verwirrt hat gesagt…

Was ist denn das? Sie liebt ihren Mann - ist aber in den Briefschreiber verliebt? Wie soll das gehen?

cassiel hat gesagt…

@verwirrt

Das ist doch nun wirklich kein Widerspruch. Ja, so etwas gibt es wohl tatsächlich...

Anonym hat gesagt…

| Niemand wird ohne entsprechende
| emotionale Konditionierung zum
| Tango gehen.

Wie wahr, wie wahr!

Schließt du auch Tango-Blogger ein?

Ich frage ja nur...

cassiel hat gesagt…

@anonym

Natürlich kannst Du fragen...

Selbstverständlich schließe ich Tango-Blogger ein (ich spreche nur für mich).

;-)

Anonym hat gesagt…

was versteht ihr unter "emotionaler Konditionierung"? Kann mir da nicht wirklich was vorstellen unter diesem Begriff.

cassiel hat gesagt…

Hmmm... wird wohl schwierig, das zu erklären. Vielleicht versuche ich es über Gegenfragen...

Warum gibt es Menschen, die zu jeder Milonga in der Umgebung gehen?

Warum schreiben Menschen vollkommen überflüssige Blogs zum Tango?

Warum lesen wiederum andere Menschen diese vollkommen überflüssigen Blogs?

Es wird also dafür einen Grund geben, der rational nicht fassbar ist. Da ungefähr liegt die eigentümliche emotionale Konditionierung...

Alles klar?

:-)))

Anonym hat gesagt…

Tja, so ganz klar wird's wohl nie. Wenn ich 10 Leute frage, bekomme ich wahrscheinlich 12 verschiedene Antworten, wovon höchstens die Hälfte ganz ehrlich ist. Die Motivation, regelmäßig zu Milongas zu gehen ist ja sehr verschieden und sehr persönlich. Von echtem Interesse an dieser Kultur über Partnersuche, Selbstdarstellung und intensiver Suche nach körperlicher Nähe bei gleichzeitiger Unverbindlichkeit gibt's bestimmt noch viele Gründe, die aber fast immer die eigene Wichtigkeit in so einem sensiblen Umfeld betreffen. Deshalb wäre es schön, wenn mal die vielen Sehnsüchte, die im Tangos entstehen und manchmal auch gestillt werden, genauer beschrieben werden könnten. Ich verliebe mich ständig beim Tanzen.

Anonym hat gesagt…

....und außerdem bin ich der Überzeugung, daß es doch faßbar ist, wenn man nur tief genug in sich hineinhorcht.

cassiel hat gesagt…

letzter und vorletzter Anonym: Seid Ihr eine Person?

Na ja, Motivationen zum Tango zu gehen gibt es viele. Das ist ja auch vollkommen OK. Schwierig wird es erst dann, wenn man versucht, das besondere Miteinander beim Tanzen in den Alltag zu transferieren.

Das habe ich nun schon sehr häufig beobachten können und die eMail, die diesen Beitrag motivierte, zeigt das auch auf sehr eindrucksvolle Weise.

Ich denke gerade über den Satz nach: Ich verliebe mich ständig beim Tanzen. ... hmmm... nein, ich verliebe mich nicht beim Tanzen. Aber ich versuche immer meiner aktuellen Tanzpartnerin mit Zuneigung und Offenheit zu begegnen - wissend, daß dies am Ende der Tanda wieder aufgelöst wird. Ich mit einer anderen Frau und sie mit einem anderen Mann tanzen wird.

Ich habe es einmal in einer Diskussion sehr provokant formuliert:
Es gibt Männer, die haben das große Glück, ihre große Liebe zu finden und können in dieser Liebe zu einer Frau, alle Frauen dieser Welt lieben. Anderen Männern bleibt das vorenthalten, die "lieben" alle Frauen dieser Welt für jeweils drei Minuten, weil sie ihre große Liebe nicht halten konnten. Die tanzen Tango.

Zugegeben: Da wollte ich ordentlich provozieren, aber ein Kern Wahrheit steckt da vielleicht schon drin...

;-)

Anonym hat gesagt…

ja, die letzten 2 Anonyme und das hier bin ich.
Für mich gibt's das schnelle Verlieben, woraus sich aber nichts entwickeln muss. Dann ist es nur der Moment, den ich so geniesse.
Trotzdem glaube ich, daß es sich lohnt, sich die Mühe zu machen, das angeblich "Unfaßbare" doch faßbar zu machen, und zwar nicht intellektuell oder analytisch, sondern so wie es einfach ist. Manchmal nervt es einfach, wenn plötzlich sehr schwammige Begriffe benutzt werden, wo es gerade spannend wird.

cassiel hat gesagt…

@Anonym
Wäre schön, wenn Du Dir einen Namen ausdenken würdest, dann wird das Antworten leichter...

Doch nun zur Unschärfe in Formulierungen: Ich denke, die Gefühlswelt bleibt in letzter Konsequenz dem Verstand entzogen. Sonst gäbe es ja vermutlich auch keine Gefühle mehr. Nach meiner Erfahrung ist das sogar notwendig um gesund zu bleiben. Die Vorstellung von einem Restgeheimnis in uns selbst finde ich ganz sympathisch...

Anonym hat gesagt…

Ok - ein Name kommt bald.
Und was die "Unschärfe" betrifft:
das Restgeheimnis bleibt sowieso. Aber ein Stück konkreter sagen, was man auf den Milongas eigentlich will, würde sich lohnen.

cassiel hat gesagt…

Hmmm... ich denke, wir reden fast aneinander vorbei. (Weiß gerade auch nicht, wie sich das vermeiden ließe...)


Ich gehe zum Tango, weil ich die Musik mag - manchmal aktiv, dann tanze ich, manchmal passiv, dann sitze ich am Rande der Tanzfläche und hänge meinen Gedanken nach. Es ist irgendetwas zwischen Meditation und aktiver Freizeitgestaltung. Nicht mehr und nicht weniger will ich von einer Milonga. Hmmm... wenn sich nebenbei noch mein Tango verbessert, dann habe ich nichts dagegen. ;-)

Ich bin nun lange genug in dem Tangozirkus unterwegs, daß ich mir nichts mehr konkretes von anderen Menschen erwarte. Zu unverbindlich ist die Umgebung. Ich erwarte allerdings, daß ein gewisser Rahmen eingehalten wird - auch ich bewege mich innerhalb dieser unsichtbaren Grenzen (das nennt man wohl Etikette).

Das ist nun mein Ansatz. Andere können das durchaus anders sehen... das ist ja gerade das Reizvolle am Tango...

tango1001 hat gesagt…

jetzt mit einem Namen: statt anonym "tango1001"

ich glaube nicht, daß wir aneinander vorbeireden. Ich wollte allerdings nicht direkt dich ansprechen, sondern auch alle anderen, die sich mit Kommentaren an dem sehr interessanten Blog beteiligen.
Aber weil du gerade von deiner Motivation geschrieben hast...Was ich vorher von dir gelesen habe lässt schon darauf schliessen, daß es dir um mehr geht als nur zu schöner Musik zu tanzen.
Ich will ja nicht aufdringlich sein, aber beim Tango kommt man schon sehr nahe ans Suchtverhalten. Und da muss schon mehr dahinterstecken als eine einfache Freizeitbeschäftigung. Und das hat bestimmt mit allen möglichen Formen von Beziehungen zu tun. Und wenn in der Tangoszene darüber gesprochen oder geschrieben wird, dann hört man oft da auf, wo es interessant wird. Vieles klingt "political correct". Und ich kann das einfach nicht immer so glauben.

cassiel hat gesagt…

Hallo tango1001,

wahrscheinlich muß ich da jetzt ein wenig nachdenken. Sicherlich stimmt es, daß man häufiger an dem Punkt aufhört, wo es interessant wird. Da stellt sich aber für mich die Frage, ob ein Reden (frei von Mißverständnissen) gerade wenn es um Beziehungen geht (und damit meine ich nicht nur die Beziehungen im engeren Sinne - also die exklusiven Beziehungen), wird die Gefahr von Mißverständnissen sehr groß.

Jetzt klingelt das Telefon und ich muß wieder arbeiten... :-(

tango1001 hat gesagt…

von der Arbeit will ich dich nicht abhalten. Trotzdem die Frage: auch wenn du es dir selbst verbietest (so habe ich das bisher verstanden), kommen nicht hin und wieder Beziehungssehnsüchte beim Tanzen auf?
Mir ist das schon passiert, und zwar mit Männern und mit Frauen. Andererseits hatte ich schon traumhafte Tänze, aber sobald einer von uns den Mund aufmacht, ist es aus mit der Romantik.

di Sarli hat gesagt…

@tango1001

...oh ja, das ist eine sehr interessante, jedoch m.E. nicht so einfach zu beantwortende Frage und auch ich werde mir mal ein paar Gedanken machen, warum ich eigentlich auf eine Milonga gehe...

cassiel hat gesagt…

@tango1001

So, jetzt habe ich wieder Zeit... ;-)

Ich denke schon an Beziehungen, aber das ist nur ein Gedanke beim Tanzen, ein flüchtiger Moment. Das hat kaum etwas mit der konkreten Tanzsituation zu tun - wenn das nicht wäre, wäre der Tango vermutlich auch lengweilig.

Na ja, mit Männern tanze ich nicht - deshalb kann ich da nicht mitreden.

Raxie hat gesagt…

veto!

@cassiel

Ich zitiere Dich: "Es gibt Männer, die haben das große Glück, ihre große Liebe zu finden und können in dieser Liebe zu einer Frau, alle Frauen dieser Welt lieben. Anderen Männern bleibt das vorenthalten, die "lieben" alle Frauen dieser Welt für jeweils drei Minuten, weil sie ihre große Liebe nicht halten konnten. Die tanzen Tango."

Willst Du damit andeuten, dass alle Männer, die tango tanzen, Versager sind? WEIL SIE IHRE GROSSE LIEBE NICHT HALTEN KONNTEN?

Das ist doch wohl nicht Dein Ernst? Tangotänzer als Homo sapiens der gescheiterten Art? Nicht liebensfähig oder nicht bindungsfähig oder nicht beziehungsfähig?

Ergo: Alle Tangotänzer sind single, bzw die Herren, die sich in einer Beziehung befinden, sind nicht wirklich glücklich in ihrer Beziehung und suchen eigentlich noch mehr im Tango bzw kompensieren dort etwas?

Na Cassiel, da bist Du aber mit einer gewagten These unterwegs... (natürlich stammt die Auslegung Deiner Provokation von mir, aber Du forderst das ja fast heraus).

Gilt das umgekehrt auch für die Tangueras? Falls ja, würde es fast schon wieder passen. Phsycho trifft Phsychine... ;-)

cassiel hat gesagt…

@Raxie

keinen Stress bitte - es war eine Provokation - ungefähr so wie die evolutionsbiologischen Totalausfälle

:-)))

tango1001 hat gesagt…

in der Tangoszene gibt es ja wirklich alles. Irgendwie ist das schon ein Spiegelbild zumindest von Teilen der Gesellschaft, allerdings mit sehr deutlichen Verschiebungen und unterschiedlichen Schwerpunkten wie sich die Menschen während des Tanzens ausdrücken. Und manches kann man beim Tanzen nicht verstecken, was bei nur verbalen Kontakten gut möglich ist. Und genau das doch in Worte zu fassen, wäre doch ein spannender Versuch. Oder?

di Sarli hat gesagt…

@cassiel aber auch @ tango1001 und raxie

Erlaube mir eine Anmerkung zu Deiner Motivation, immer wieder auf Milongas zu gehen:

Du schreibst, Du seist zu lange im „Tangozirkus“ (netter Begriff;-)!) unterwegs, um von anderen Menschen etwas Konkretes zu erwarten. Daher würdest Du zum
Tango gehen, weil Du die Musik magst - manchmal aktiv, dann tanzt Du, manchmal passiv, dann sitzt Du am Rande der Tanzfläche und hängst Deinen Gedanken nach. Es sei irgendetwas zwischen Meditation und aktiver Freizeitgestaltung. Nicht mehr und nicht weniger wollest Du von einer Milonga.
Hmmm... wenn sich nebenbei noch Dein Tango verbessern würde, dann hättest Du nichts dagegen.

Nein Cassiel, ich meine, man sollte die Motivation, immer wieder auf Milongas zu gehen, nicht aus Gründen der „Grenzziehung“ (hinsichtlich der Beziehungs- bzw. neutraler formuliert, der Begegnungsthematik) auf diese Punkte reduzieren, denn das wäre meiner Ansicht nach eine sehr egoistische Einstellung und würde – zumindest meiner Meinung nach, und soweit ich die Kultur des argentinischen Tangos verstanden habe – diese komplett mit Füssen treten!

„La vida es una milonga“ –
gehen wir nicht auch auf Milongas, um uns mit anderen, gleichgesinnten Menschen zu treffen, und zwar sowohl Männern als auch Frauen, um vielleicht etwas zu trinken und uns zu unterhalten?

Und beim Tanzen wünsche (träume?) ich dann von einer angenehmen, harmonischen, körperlich engen Begegnung mit einer anderen Frau, um mit ihr für die Dauer eines Tangos (oder eines Valses oder einer Milonga;-)!) zusammen mit der Musik zu einer Einheit zu "verschmelzen"! Für mich ist die erste Priorität, dass sich die Frau wohl fühlt: für sie tanze ich, sie ist die Königin, ich versuche , dass es für sie "stimmig" ist, sie sich gut und sicher fühlt (was ja heutzutage nicht mehr ganz so einfach ist (vgl. "ratlos"...;-)!) und damit sie(für eventuelle Beobachter, die für mich jedoch zweitrangig sind, denn während dieses Tanzes kommuniziere ich non-verbal sehr intensiv mit meiner Tanzpartnerin!) )gut aussieht.
Denn erst dann kann ich zufrieden sein und wir hatten (hoffentlich!) beide ein wundervolles Tangoerlebnis!

Vielleicht ist das „bei uns in Europa“ ja etwas anders und es gibt doch eine nicht geringe Anzahl an Tangueras und Tangueros, die mehr oder weniger insgeheim doch mit „Beziehungssehnsüchten“ auf eine Milonga gehen. Aber vielleicht fängt bei diesem Punkt so ein bisschen das Problem an: wäre es nicht für alle etwas einfacher, entspannter und unkomplizierter (vgl. den diese Diskussionsrunde auslösenden Leserbrief…), wenn wir neben den oben aufgezählten Gründen in der Hoffnung auf ein paar schöne, harmonische Tänze auf eine Milonga gehen würden?

Aber ich kann es nicht leugnen, dass sich auch mir hin und wieder der so schön von Raxie formulierte Gedanke „Phsycho trifft Phsychine... ;-)“ aufdrängt.

An dieser Stelle möchte ich zunächst einmal inne halten, werde jedoch versuchen noch auf andere Aspekte in diesem Zusammenhang einzugehen.

Bis dahin wünsche ich allen möglichst viele schöne Tänze, die dem Gefühl der „Leichtigkeit des Tango“ so nahe wie möglich kommen mögen…;-)))!

tango1001 hat gesagt…

ob die Leute, die in die Milongas gehen immer so "gleichgesinnt" sind, glaube ich nicht so ganz...Deshalb hat es ja nicht so sehr mit dem Tanzniveau zu tun, ob sich die Tänze zu himmlischen Momenten entwickeln.
Und Milonga-Beziehung: oft trifft es ja die Milongueras,-os aus heiterem Himmel, ohne daß man sich vorher etwas vorgenommen hat. Es verliebt sich ja kaum jemand, weil er das plant.
Wer war noch nicht überrascht über sich selber, was der Tango in einem auslösen kann, was man in seiner eigenen Persönlichkeit noch nicht gekannt hat?