Freitag, 17. April 2009

Ein flammendes Plädoyer für "el cabeceo"

Eigentlich hasse ich es, Selbstverständlichkeiten zu wiederholen. Nachdem es vorgestern aber zu einem kleinen Zwischenfall gekommen ist schreibe ich hier zu diesem Thema noch einmal ausführlicher. (Ein Tanguero saß neben mir und wir haben über das argentinische Auffordern gesprochen - dann forderte ich eine Tanguera auf und er hatte es im selben Moment ebenfalls bei ihr probiert; klassischer Fall von Überbuchung - gleich beim ersten Versuch ein Betriebsunfall; schade, das wollte ich nicht).

Es ist schon eigenartig! Wir haben die argentinische Musik importiert, wir haben den argentinischen Tango importiert und wir werden nicht müde zu betonen, daß man den Tango "überall auf der Welt" tanzen kann. Nur bei dem Import des cabeceo hakt es gewaltig. Dabei ist das die reizvollste Art, Unfälle und Herabsetzungen beim Tango zu vermeiden. Aber gehen wir doch einmal die Standardsituation durch und betrachten wir einmal die verschiedenen Optionen. Ein Mann geht zu einer Frau und bittet um einen Tanz. Sie hat nun drei Möglichkeiten: Erstens, sie möchte gerne mit dem Tänzer tanzen, dann ist es kein Problem. Zweitens: Sie ist höflich und tanzt, obwohl sie es eigentlich nicht will - sie kann den Tango nicht genießen. Drittens: Sie möchte nicht tanzen und sagt: "Tut mir Leid, aber ich muss ein wenig Pause machen." Der Tänzer könnte wg. dieses Korbes verletzt sein und die Tänzerin ist - wenn sie höflich ist - für ein paar Tänze gesperrt. (Na ja, es gibt Tänzerinnen, die sich direkt danach auffordern lassen, das empfinde ich aber eher als etwas rücksichtslos). Das ist unbefriedigend.

Was aber passiert beim el cabeceo (Kopfnicken - vereinzelt habe ich auch schon den Begriff mirada für diese Art des Aufforderns gehört)? Alle Beteiligten sind aufmerksam und lassen ihre Blicke schweifen (ja, das gilt auch für die Frauen - mir ist es mehrfach passiert, daß ich hartnäckig versucht habe, eine Tanguera argentinisch aufzufordern und bin gnadenlos gescheitert, hat es dann doch endlich irgendwann einmal funktioniert, höre ich häufig: "Ach, ich werde so selten aufgefordert..."). Gelingt es dann, die Aufmerksamkeit einer Tanguera zu ergattern, gibt es erst einmal ein freundliches Lächeln. Kommt ein Lächeln zurück, dann reicht meist ein leichtes Kopfnicken in Richtung Tanzfläche und die Tanda ist perfekt. So einfach und so schwierig ist das.

Wo liegen die Vorteile? Es ist offensichtlich, daß hier eine wirkliche Wahl für die Tanguera besteht. Lässt sie sich per cabeceo auf eine Tanda ein, dann darf man davon ausgehen, daß sie ehrlich tanzen will. Das stellt sicher, daß der Tango nicht zu einer Pflichterfüllung verkommt. Will sie es nicht, dann ist überhaupt nichts passiert. Niemand hat es bemerkt und beide können unverletzt aus dieser Situation herausgehen. Außerdem schätzen Damen ein gewisse Höflichkeit beim Tango sehr.

Und wo liegen die Vorteile für die Frau? Ich bin mir nicht ganz sicher, ob es immer der Mann ist, der auffordert. Tangueras, die mit mir tanzen wollen, brauchen mich nur lange genug anzuschauen, dann fordere ich sie schon auf. Dieser Gedanke liest sich im ersten Moment vielleicht etwas ungewöhnlich, aber ich bin fest davon überzeugt, daß eine Frau auch ein Auffordern mittels cabeceo deutlich unterstützen kann.

Und nun wird es etwas persönlich. Wie ich zum cabeceo kam? Das war in meiner absoluten Tango-Frühphase (so drei Monate nach dem ersten Kurs). Ich war auf einer Milonga in einer großen Stadt in Süddeutschland und es war schon sehr spät. Ich schaute den anderen Paaren beim Tanzen zu und plötzlich lächelte mich ein Frau an. Ich lächelte zurück und sie erhob ich und kam in meine Richtung. Ich hatte überhaupt keine Ahnung was da passierte. Ich stand auf um sie zu begrüßen (ich bin schrecklich konservativ erzogen worden) und es ratterte in meinem Hirn, ob ich diese Dame vielleicht kennen sollte. Sie kam auf mich zu und machte Anstalten, in die Tango-Umarmung zu gehen. Na ja, was soll ich sagen? Ich bin hoffnungslos untergegangen, aber sie hat tapfer durchgehalten. Sie war Argentinierin und mein Spanisch ist nur sehr rudimentär. Wir haben es dann schließlich mit einer Mischung aus Spanisch und Englisch geschafft, daß sie mir den cabeceo erklärt hat. Wir haben viel gelacht und ich mußte mich nicht mehr über meine Tangolehrer ärgern, die mich auf diese Situation nicht vorbereitet hatten. Seit dieser Zeit fordere ich nur noch argentinisch auf (na ja, wenn ich direkt neben einer Frau sitze und mit ihr rede, dann frage ich schon einmal wenn eine schöne Tanda beginnt).

Zum Schluss gibt es die wichtigsten Punkte noch einmal in einer Zusammenfassung:

  • Der cabeceo erfordert Achtsamkeit von allen. Man sollte nicht introvertiert auf den Boden schauen, sondern freundlich und entspannt seine Umgebung wahrnehmen.
  • Der cabeceo erfordert Geduld. Gerade in meinen ersten Tangojahren habe ich teilweise über Wochen versucht eine Tanguera mit der ich unbedingt tanzen wollte, aufzufordern.
  • Der cabeceo erfordert eine freundliche innere Einstellung. Ich finde eine entspannt freundlich schauende Tanguera unglaublich attraktiv. Das ist keine Frage von Aussehen oder Alter. Missgunst und Neid sollten im Tango nicht vorkommen. Für die Tangueros gilt übrigens das gleiche; eine freundliche Ausstrahlung ist das Geheimnis eines beliebten Tangueros. Das ist fast so wichtig wie eine gute Führung.
  • Hat man sich per cabeceo verabredet, dann trifft man sich entweder auf der Tanzfläche, oder aber der Tanguero geht direkt zu ihr und holt sie ab (das ist häufig der Fall, wenn sich beide nicht kennen und es der erste gemeinsame Tango ist). Hier wartet die Tanguera am besten um Missverständnisse zu vermeiden.
  • Zu dieser Form der sozialen Interaktion gehört auch, daß die Tanguera am Ende der Tanda zu ihrem Platz zurückbegleitet wird.
  • Den Pseudo-cabeceo (sich in ungefähr einem Meter Entfernung vor der Dame aufbauen und intensiv starren) gilt es zu vermeiden!
So! Mit etwas Übung wird das schon. Wem meine Ausführungen zu diesem Thema nicht reichen, dem sei das Kapitel "el cabeceo" bei totango.net empfohlen (in englischer Sprache).

37 Anmerkung(en):

Anonym hat gesagt…

Mein erster Cabeceo….

Ein Tänzer fiel mir bereits seit längerem auf und stand bereits auf meiner „Wunschliste“ – da ich ihn nur sehr selten auf einer Milonga sehe, fiel er mir an diesem Abend sofort auf :-) Nachdem ich gerade von der Tanzfläche kam und mich zu einer anderen Tanguera setzte, ging mein Blick in die Runde und blieb bei ihm haften. Glücklicherweise blickte er auch gerade zu mir, so dass wir einige Blicke wechselten, diese führten dann auch zu einem gemeinsamen Tanz. Sehr angenehm fand ich, dass der Tänzer mich nach dem Blickkontakt direkt am Tisch abgeholt und freundlich aufgeforderte. Deshalb finde ich Deinen vierten Punkt auch sehr gut. Leider ist mir dies mit einem fremden Tänzer nicht wieder „passiert“ – irgendwie habe ich den Eindruck, dass doch eher direkt aufgefordert wird – mit allen Vor- und Nachteilen, die damit verbunden sind.
Ich würde mich über mehr Verabredungen per Cabeceo freuen, und werde in der nächsten Zeit mal wieder intensiver darauf achten ;-)
Vielen Dank für Deine Anregungen….

Raxie hat gesagt…

Interessanter Beitrag!!

Ich kann noch nicht wirklich über den cabeceo auffordern (wusste bis jetzt auch nicht, dass er/es so heißt). Aber das liegt auch sicher daran, dass er/es so unterschiedlich verwendet wird und es dabei sehr wohl zu Missverständnissen kommen kann, die ich gerne vermeiden wollte.

Auf einer internationalen Milonga ist es mir letzte Woche z.Bsp. so ergangen: Als völliger Neuling in einer fremden Großstadt u einem fremden Land habe ich mich einfach mal - neugierig - auf eine Milonga gewagt. Und wie das so meine Art ist, habe ich mich mal still u zurückhaltend an den Rand gesetzt, um überhaupt erstmal zu beobachten und zu schauen. Zunächst galten - aus reiner Sicherheit - meine Blicke ausschließlich den Tanzenden. Dann aber wanderte mein Blick auch um die Tanzfläche herum und natürlich ließen sich Blickkontakte da nciht vermeiden. Und bevor ich überhaupt irgendwie lächeln oder sonstwie auf einen Blick eines Tangueros reagieren konnte, war ich schon eindeutig aufgefordert worden.

Dieses ruhige "Spiel", oder besser "vorsichtige Vorfühlen" durch einen Blick gab es nicht. Ich hatte eigentlich kaum eine Wahl, sondern fühlte mich fast gezwungen, den Tanz anzunehmen. Genau so, als ob der Herr direkt vor mir gestanden hätte. Alles andere als den Tanz anzunehmen wäre sehr unhöflich gewesen, auch wenn es nicht alle so unmittelbar mitbekommen hätten.

Dasselbe ist mir in der Stadt dann wiederholt passiert. Gleich der erste Blickkontakt hat den Herrn genügt, um mich aufzufordern.

Ich bin mir nicht sicher, ob es an meiner durchaus freundlichen Art lag (ich wollte ja tanzen!) oder ob das in dieser Stadt einfach so üblich war.

Die vornehme Zurückhaltung, die Du, Cassiel, beschreibst, wo die Dame wirklich eine Wahl hat, ist mir noch nicht häufig untergekommen. Ein einziger Herr auf meinen heimischen Milongas beherrscht das. Ansonsten ist diese Art der Aufforderung eher selten dort, wo ich tanze.

Und wenn ich ehrlich bin, dann muss ich auch gestehen, dass ich es immer sehr nett finde, wenn ein Herr sich die Mühe macht, zu mir zu kommen und mich direkt auffordert. Quer durch den Raum aufgefordert zu werden überfordert und verunsichert mich häufig. Es wäre ein Alptraum für mich, zu denken, dass ich aufgefordert worden bin, dann aber feststellen muss, dass ich da etwas missverstanden habe... schrecklich.

Aber so, wie Du es schreibst, hört es sich einfach gut an. Ich werde mal mehr darauf achten. Vielleicht bin ich auch einfach zu unerfahren. Und ich schaue fast immer die Tanzenden an, selten die Herrn, die gerade nicht tanzen. All zu viele Möglichkeiten, mich per cabeceo aufzufordern, biete ich den Herrn wohl nicht...

cassiel hat gesagt…

Oho! Da habe ich ja einen Volltreffer gelandet...

Zwei wunderbare Kommentare (Vielen Dank!) und Platz eins bei der Google-Suche nach den Stichworten tango und cabeceo in deutscher Sprache (internationale Ergebnisse Platz 5)...

Eigenartig! Daß diese Selbstverständlichkeit nicht besser beschrieben ist...

Stirnrunzelnd grüßt der Blogger

c.

sophia hat gesagt…

Wow...

Ich liebe diesen Blog!

cassiel hat gesagt…

@sophia

;-))))

Danke!

affig hat gesagt…

Also ich persönlich finde das Getue um das argentinische Auffordern affig. Wenn ich eine Frau auf einer Milonga sehe, dann gehe ich davon aus, dass sie tanzen will. Wenn sie dann meine Aufforderung ablehnt ist das zwar unangenehm, aber das passiert mir nur einmal. Mir ist das argentinische Auffordern zu anstrengend und das dauert mir zu lange.

Dein Schreibstil nervt schon manchmal. Einige wenige Gedanken sind ganz OK.

cassiel hat gesagt…

Hmmm...

Danke für Deinen Kommentar. Wir haben wohl unterschiedliche Auffassungen. Damit kann ich leben... ;-)

Wenn Dir mein Schreibstil nicht gefällt, dann kann ich leider nichts ändern. Ich kann nur so schreiben...

Gruß

c.

Raxie hat gesagt…

@affig

Ich muss Dir einfach ein Kompliment machen! Du hast Dein Pseudonym wirklich unglaublich gut gewählt...

Nichts für ungut.

Aber Du hast natürlich recht: Eine Frau, die zur Milonga geht, möchte tendentiell tanzen. Aber eben nicht mit jedem... Ich denke, wir haben auch ein Recht darauf, Herren ablehnen zu dürfen. Aber das ist mitunter einfach schwierig. Und ob der/das (wie ist es denn nun richtig?) cabeceo da wirklich Abhilfe schafft bezweifel ich halt.

verrate ich nicht hat gesagt…

Weiß nicht warum ich hier bin...

Anonym hat gesagt…

...wie oben angekündigt, hab ich tüchtig geübt ;-) und gestern einen wunderbaren Cabeceo erlebt, mit einem phantastischen und überraschten Lächeln angenommen :-)))

cassiel hat gesagt…

@Anonym

Und?
Konnte dieses Erlebnis überzeugen?

Schön, daß Du noch einmal wiedergekommen bist und über Deinen Erfolg geschrieben hast.

Ein gute Woche wünscht...

cassiel

Anonym hat gesagt…

@cassiel

ja.....sehr!

...ich komme öfter her...;-) und wünsche Dir auch eine schöne Woche...

cassiel hat gesagt…

Nur eine Bitte:
Wenn Du häufiger herkommst, magst Du Dir nicht einen (Kunst-)Namen ausdenken und den verwenden?

Ich kann nämlich anonym1 bis anonym97 langsam nicht mehr unterscheiden... ;-)

... war nur so eine Frage...

persona hat gesagt…

Mirada y Cabeceo ist bestimmt die subtilste und tangogerechteste Art und Weise zur Tanzaufforderung. Leider sind die Voraussetzungen dafür häufig nicht gegeben: Cabeceo ist unbekannt oder wird nicht gepflegt, Raum und Lichtverhältnisse sind ungünstig, keine Tanda-Cortina Struktur, Cortinas sind zu kurz oder es wird während den Cortinas weitergetanzt. Ich empfinde es auch als mühsam, wenn die Damen immer an anderen Plätzen sitzen oder stehen und ich meine Wunschtänzerin jeweils zuerst im Raum ausfindig machen muss. Nicht dass ich deswegen dafür plädiere Männer und Frauen getrennt, sich gegenüber zu platzieren, wie das in den traditionellen Milongas in BsAs üblich ist. Das argentinische Mann-Frau Verständnis ist ein anderes als das europäische und alles was tangorelevant ist, kann und muss nicht importiert werden.
Was ich eigentlich sagen will. Es lässt sich einiges an persönlicher Erkenntnis gewinnen, wenn beim direkten Auffordern die Frau lernt, dies wäre dann die vierte Möglichkeit, ein freundliches aber bestimmtes und direktes Nein auszusprechen. Der männliche Empfänger dieses Neins hat dann die Möglichkeit sein Selbstbewusstsein dahingehend zu untersuchen, wie stark es von weiblichen Ja's und Nein's abhängig ist. Das ist unangenehm und kann verletzend und schmerzhaft sein. Aber möglicherweise findet Mann in der Akzeptanz und Gleichgewichtung der Ja's und Nein's sein wirkliches tänzerisches Ich.

cassiel hat gesagt…

@persona

Danke für Deinen Kommentar. Hmmm... also mir kommt das ein klein wenig wie Milonga-Darwinismus vor. Ich weiß nicht... das kann es doch irgendwie auch nicht sein...

Deine Bemerkung über fehlende oder beschädigte Tanda-Struktur finde ich übrigens sehr wichtig.

Anonym hat gesagt…

Hier ist meine Beschreibung des Cabeceos aus weiblicher Sicht (gilt auch als Bedienungsanleitung). Leider ist der Text auf Englisch. Ich kann sowas doch nicht in einer Fremdsprache schreiben:

The Cabeceo

You have to be quick with your eyes. There are two methods: the scattershot approach in which you scan the room quickly to see whose gaze you can capture and the targeted kill in which you stare intently at one chosen victim. In either case, at a crowded El Beso on a Sunday night, those first few bars of the tango are crucial if you want to catch a good dancer's eye. Only seconds into the first song of the tanda, many of the desirable men are already nodding at luckier women than you and striding purposely across the dance floor to the seats where the women sit demurely waiting for them. You need to shoot one down before the whole flock has flown. Because before long the floor will be full of couples, a thicket of bodies blocking your line of sight. It's Di Sarli and you know just whose long, smooth strides would fit this music perfectly. But he is so far away, in the opposite corner of the room. Luckily, though, he is a master of the long-distance cabeceo. He turns, catches your eye, smiles, nods. You are in luck. But, as he approaches your table, a doubt begins to form. Your neighbour's eyes are glinting, her legs uncrossing, her bottom inching forward on the seat. But no, she is mistaken. You are the chosen one: he comes to stand right in front of you, grinning broadly. You clamber clumsily past your neighbours, squashed together thigh to thigh, and the two of you shuffle into position amid the throng of couples. Alberto Podestá starts to sing. You close your eyes and abandon yourself to the dance.

Peter Pan hat gesagt…

Vorweg: ich find' ja auch, dass "Mirada y Cabeceo" die eleganteste Form der Verabredung zu einer gemeinsamen Tanda ist.
Mit den folgenden kritischen Anmerkungen zu dieser Methode will ich diese also keineswegs in Frage stellen.

Mich stört allerdings sehr (!) jedwede extremistische Festlegung darauf. Die generiert nämlich genau solche Soziotope, die man dann mit Cassiels Wort vom "Milonga-Darwinismus" umschreiben könnte. Daher plädiere ich entschieden gegen jede absolutistische Verpflichtung zu dieser Methode, gegen jede Ausschließlichkeit bzgl. erlaubter Aufforderungsmethode! Es kommt doch immer auf die konkreten Umstände an und die sollten jeweils flexibel beantwortet werden.

Ich kenne beispielsweise ebenfalls etliche Tangueras, die auch nach Jahren noch keine Kenntnis über "Mirada y Cabeceo" haben (ja, sowas gibts tatsächlich, s.o.) oder die einfach nicht gut damit umzugehen wissen:
sie lassen ihre Brille im Etui (weil sie beim Tanzen stören könnte), sie starren unverwandt auf die Tanzenden ohne einen Blick nach links oder rechts zu werfen, beziehungsweise plaudern ohne Pause mit ihrer Leidensgenossin.

Denen dann den sehr zwei-schneidigen Rat zu geben, eine verbale Aufforderung in jedem Fall abzulehnen, bewirkt lediglich folgendes: erstens werden diese Tangueras zuverlässig noch längere Phasen als bisher lediglich sitzen statt tanzen, und zweitens werden noch mehr Beginner-Männer frustriert die Tango-Szene wieder verlassen. Kurzfristig ist das zwar gut für mich .. 3:-) ... aber Spaß beiseite: langfristig schadet das der Kultur und damit dem Fortbestand der Tango-Szene!

Genauso wie übrigens auch jene stolze Tanguera, die - weil's ja jetzt sooo schön einfach geht - nur bei den drei Top-Tänzern des Abends den Blick sucht und beim geringsten Zweifel an den Qualitäten des per Mirada anfragenden Tangueros einfach zur Seite geguckt. Das ist bei einem "Cabeceo-only"-Diktat nämlich ein oft gesehenes Ergebnis, sozusagen eine "aus dem Ruder gelaufene Abhilfe" (dies @ Raxie's Statement "Und ob der/das (wie ist es denn nun richtig?) cabeceo da wirklich Abhilfe schafft bezweifel ich halt".)

Peter Pan hat gesagt…

Ich finde: die eine oder andere 'Social-Tanda' pro Abend zur Förderung des Führenden-Nachwuchses hat bisher noch kaum eine Tanguera überfordert (Ausnahmen gibt's natürlich). Eine ausgeprägte Kultur von ganz selbstverständlich praktizierten 'Social-Tandas' würden genauso zur Entwicklung einer angenehmeren Milonga-Kultur beitragen, wie die so oft von den (bitte nur guten!) Führenden mit großem Nachdruck eingeforderte Bereitschaft, die vielsitzenden Damen im sogenannten 'fortgeschrittenen Alter' öfter aufzufordern.

Da ist oft eine seltsame (geraddezu blauäugige) Anspruchshaltung in der verehrten Damen-Welt zu beobachten, wobei der daraus resultierende Katzenjammer doch ganz leicht durch folgende Strategie vermieden werden könnte:
ermutigt die viel-sitzenden Damen doch, durchaus auch mal verbale Aufforderungen von Tänzern ohne Guru-Status zu akzeptieren (oder diese sogar gezielt selbst anzusprechen)! Nach einiger Zeit werden sie dann die Früchte ernten können in Form von zahlreicher vorhandenen und geübteren Tangueros, die irgendwann auch zum Spiel "Mirada y Cabeceo" taugen.
Ein bisschen mehr Engagement, Initiative und eine Bereitschaft zum Umdenken unter den Folgenden wäre dafür allerdings hilfreich ... ;-)

Ich gehe aber fast jede Wette ein, dass jetzt wieder Beschwerden über die doch ach so fortbildungs-faulen männlichen Tänzer kommen, die eine solche Förderung angeblich gar nicht zu schätzen wissen, sondern sich auf der üblichen Gender-Dysbalance ausruhen und irgendwie schon zu ausreichend Tänzen kommen (zum Bsp. durch sog. "verbale Nötigung") ...

An deren Adresse:
Meine Wahrnehmung (und die vieler Bekannter) ist eine ganz andre, denn fast alle Führenden, die ich kenne, arbeiten in Kursen, Workshops und Praktikas engagiert an der Verbesserung ihrer Fähigkeiten. Viele Folgende dagegen sagen sich doch: "Ich gehe einfach mal auf die Milongas. Schau'mer mal... Wenn der Mann gut führt, wird das schon klappen ... " (Und die können sich heutzutage bei verbalen Aufforderungen auch durchaus mit einem freundlichen "Nein, Danke." jeder "Nötigung" erwehren.)

Was diese Folgenden allerdings bedenken sollten: mit dieser Grundhaltung tragen relativ anstrengungslos zum Fortbestehen der Gender-Dysbalance bei, ohne vorher allzuviel Zeit und Engagement in Kursen oder Workshops investiert zu haben..

Nix für ungut, aber das muss auch mal gesehen und angesprochen werden..
Euch allen viele erfreuliche Tango-Abende !!! ;-)

cassiel hat gesagt…

Hallo Peter Pan, es ist wirklich ein seltsames Gefühl, wenn ein vergleichsweise alter Artikel von mir noch so ausführlich kommentiert wird. Trotzdem freue ich mich sehr.

Ich musste jetzt den Artikel, den ich vor ca. vier Jahren geschrieben habe noch einmal lesen und ich muss gestehen, ich würde es heute sogar noch strikter sehen. Allerdings bewege ich mich im Tango durchweg auf Veranstaltungen in denen die Verwendung von Mirada und Cabeceo eine Selbstverständlichkeit ist. Im Gegensatz zu Dir sehe ich eine Festlegung bei einer Veranstaltung auf ein gewünschtes Aufforderungsverhalten seitens des Veranstalters bei einer Milonga, keineswegs als extremistisch. Die Kultur von Mirada und Cabeceo gehört zum Tango dazu. Jede "Aufweichung" dieser Idee ist für mich eine relativistische Verwässerung des Tangos. So unterschiedlich können Ansichten sein.

Dort wo ich tanze, tragen Tangueras duchaus ihre Brille und legen diese ab, wenn sie tanzen. Nach einer Tanda werden sie selbstverständlich von dem Herrn zu ihrem Platz (und damit auch zu ihrer Brille) zurückgebracht. Sollten Tangueros Brillenträger sein, so lasen sie ebenfalls ihre Brille einfach am Platz der Frau liegen, schließlich kommen sie dahin nach der Tanda ja zurück.

Und zu Deinem weiteren Punkt mit den Sozial-Tandas: Ich sehe es auch so, dass es Tangueros und Tangueras nicht schadet, mal eine Tanda mit einem Partner unterhalb des eigenen "Niveaus" zu tanzen. Allerdings möchte ich eindringlich davor warnen, dies zu einer Regel zu machen. Mir geht es doch auch so: Manchmal tanze ich gerne mit einer Tanguera, die in Tangojahren eben erheblich jünger ist, manchmal habe ich dazu einfach keine Lust. Auch in dieser Situation empfiehlt sich m.E. dingend die Verwendung von Mirada und Cabeceo.

Und weil Du das Stichwort Tango-Gurus verwendet hast: Ich bemerke leider nur einen sehr geringen Anteil an Tänzerinnen und Tänzern, die konsequent an der Verbesserung der eigenen technischen Grundlagen arbeiten. Einen großartigen geschlechtsspezifischen Unterschied mag ich da nicht machen.

Es tut mir Leid, Deine Argumente konnten mich nicht überzeugen. Ich hoffe, Du kannst meine Zeilen nachvollziehen. Ich bedanke mich noch einmal für Deine ausführliche Anmerkung.

Not-TallTango hat gesagt…

Ach kuck an, das letzte Worte in der Cabeceo-Diskussion ist hier doch noch nicht gesprochen ... Like!

Schön, dass es hier nochmal etwas kontroverser beleuchtet wird. Auf einer anderen Plattform gabs schonmal ne recht interessante Wortmeldung, die ich hier mal zitieren möchte. Sie ist es wert ;-)

"Tangotänzer vergessen gerne dass Tango nicht der einzige Tanz ist - und dass bei anderen Tanzabenden dasselbe Grundproblem besteht um das es eigentlich geht: Eine Aufforderung sowohl die Antwort darauf sollten so sein dass beide Beteiligten sachte und respektvoll genug vorgehen dass selbst wenn die Aufforderung nicht angenommen wird sich beide in Ordnung damit fühlen.

Die Frage nach Cabeceo oder nicht ist falsch. Es geht stattdessen um die Frage ob die jeweilige Tangoszene eine gute Kultur des gegenseitigen Umgangs hat. Leider gibt es bei Tango recht viele einsame Menschen die sozial etwas unkompetent sind (zB im Ggs zur Salsa- oder Swingszene).
Und wenn dann auch noch der Cabeceo dazukommt dann entstehen so komische Szenen dass der Grossteil des Publikums entweder am Handy rumfummelt, auf seine Schuhe starrt, oder verzweifelt durch die Gegend guckt. Gesprochen wird sehr wenig weil man Angst hat eine Unterhaltung könnte in einer ungewollten Aufforderung enden.

Also Leute: es kommt nicht darauf an ob man mit Augen oder Mund auffordert, es kommt darauf an wie man es tut. Immer freundlich sei und niemanden bedrängen oder dreimal hintereinander fragen wenn er/sie nie Ja sagt.
Folgende verhalten sich auch oft komisch: da wird rumgedruckst und rumgetan als sei es eine totale Zumutung mal jemandem sagen zu müssen dass man gerade oder prinzipiell nicht mit ihm tanzen möchte. Wenn man das nett macht (Grundregel: erstmal bedanken dass man gefragt wurde, bzw wenn es nonverbal war vieleicht kurz nett zublinzeln), dann ist eine Absage auch ok. Frauen: stellt euch mal vor was wohl für Männer angenehmer ist: man möchte eine Frau auffordern, aber als man in ihre Gegend kommt kuckt sie beklemmt weg/auf den Boden. Oder: sie lächelt einen kurz an, entschuldigt sich dass sie nicht tanzen möchte und winkt in Richtung Uhr/auf ihre Beine oder macht sonst eine Geste die bedeutet: sorry, gerade keine Lust/müde/..., Dir aber noch viel Spass heute abend! Ich kann mir nicht erklären warum die erstere Version die bessere sein soll (ok, für Sozialneurotiker vieleicht).

Letztlich wird der Cabeceo nur nötig wenn man nicht die nötige Sozialkompetenz für diese eben aufgeführten Verhaltensweisen hat. Und wenn das nicht der Fall ist, dann wird es durch den Cabeceo noch schlimmer weil Leute sich darauf konzentrieren ihre Blickrichtung zu kontrollieren und sich idR nur noch mit guten Freunden unterhalten.

Ich tanze seit 8 Jahren Tango, war schon in ziemlich vielen Städten (New York, Boston, Montreal, Chicago, Düsseldorf, Lissabon, Berlin, Hamburg, Tübingen, Heidelberg, Stuttgart, Mannheim, ...) und kenne auch diverse andere Tanzszenen ganz gut. Und ich muss sagen dass das Auffordern bei Tango am dysfunktionalsten ist - vor allem in Szenen in denen es den Cabeceo gibt. Ganz schlimm: Orte wo irgendwelche Argentinische Machos rumlaufen und Frauen erzählen es ziehmte sich nicht für eine Frau zu fragen - und die dann Tänzerinnen blacklisten die es trotzdem tun..."

Not-TallTango hat gesagt…

Zitat Teil 2: "Also Leute: wenn ihr nicht nur mit euren 3-6 Bekannten tanzen wollt sondern mit UNBEKANNTEN dann gehört es einfach dazu das Risiko einzugehen
a) dass man fragt und abgelehnt wird
b) dass man gefragt wird und ablehnen muss/will.

Jeder Tänzer muss lernen mit diesen beiden Dingen vernünftig umzugehen - ist fast noch wichtiger als irgendwelche Schrittfolgen.

Andere 'Vorschriften' aus den Codigos sind viel sinnvoller als der Zwang per Blickkontakt aufzufordern. zB dass man eine kleine Rücksichtspause macht wenn man jemanden abgelehnt hat anstatt dann 5 Sekunden später begeistert mit jemand anders auf die Tanzfläche zu stürmen...

Daher bin ich dafür aufzufordern/anzunehmen/abzulehnen wie es sich eben am natürlichsten aus der Situation heraus ergibt: manchmal ist verbal viel natürlicher, manchmal ergibt es sich per Blickkontakt. Worauf es ankommt ist dass man rücksichtsvoll ist um niemandem den Abend zu verderben.

Und bitte erzählt mir hier nichts von wegen "Gesichtsverlust". In welchem Jahrhundert leben wir denn? Muss ich mich entleiben wenn es irgendwo eine Frau gibt die nicht mit mir tanzen will? Die Idiotie ist doch: Gesichtsverlust entsteht nicht durch die Tatsache dass man abgelehnt wurde, sondern durch die Tatsache dass man auf grobschlächtige Art und Weise abgelehnt wurde. Und das kann sowohl ein Fehler seitens des Auffordernden oder der Aufgeforderten sein. Und wenn man sozial grobschlächtig ist dann ist auch egal ob man mit oder ohne Cabeceo unterwegs ist - man wird Leuten die Tanzlaune verderben."

@ Cassiel: ich hoffe, das ist für Dich in Ordnung, wenn hier etwas Diskussions-Futter mittels Zitat aus einer anderen Plattform den Weg in Dein Blog findet?!

cassiel hat gesagt…

[Teil 1] @Not-TallTango 

Wenn Du schon fragst, dann will ich Dir kurz schreiben, dass bei mir nicht uneingeschränkter Jubel ausbricht, wenn Teilnehmerinnen bzw. Teilnehmer hier in der Diskussion Beiträge aus anderen Diskussionen komplett mit Copy & Paste übernehmen. Mich hätten Deine Gedanken interessiert. Wenn aber von Dritten irgendwelche Beiträge hierher kopiert werden, dann entsteht keine Diskussion. Ich habe den Eindruck, es geht lediglich um das Verbreiten von (m.E. sehr komischen) Standpunkten Außerdem ist es für mein Empfinden eine Frage der Fairness, das man nicht ungefragt fremde Inhalte einfach übernimmt und weiterträgt. Aber: Es ist kein Drama; jetzt steht der Text hier und ich nehme gerne dazu Stellung.

Ein Vorbemerkung, die sich schon in meiner letzten Antwort auf Peter Pan angedeutet hat: Mein ursprünglicher Artikel ist vier Jahre alt. Ich würde ihn heute anders formulieren. Wer weiß, vielleicht schreibe ich ihn demnächst noch einmal um und veröffentliche dann eine erweiterte und korrigierte Version (in dem Ausgangstext bin ich beispielsweise nicht näher auf den aktiven Part der Frau in diesem Spiel bei der Aufforderung eingegangen).

Und nun zu dem Text von Tall Tango:

Selbstverständlich vergessen Tangotänzerinnen und Tänzer nicht, dass es auch andere Tänze gibt. Das hat sich sogar bis in die Kreise hartgesottener Tangueras und Tangueros herumgesprochen. Aber im Tango gibt es das tradierte Spiel von Mirada und Cabeceo und es ist - zumindest in Teilen der Szene - üblich. Warum sollte man darauf verzichten, wenn es doch unschätzbare Vorteile gibt? (Als Vorteile sehe ich u.a.: Die Chancengleichheit zwischen den Geschlechtern, echte Bereitschaft zu einer gemeinsamen Tanda - ohne ggf. Rücksichtnahme auf Höflichkeiten... usw.)

cassiel hat gesagt…

[Teil 2] Mich erstaunt immer wieder die verbale Vehemenz mit der versucht wird, diese Kulturtechnik wegzuschreiben. Warum eigentlich? Ich finde die sehr flott vorgetragene Meinung, es gäbe im Tango recht viele einsame Menschen die sozial etwas unkompetent sind, einfach nicht zutreffend. Da werden die Anhänger einer gewisen Kultur des Miteinanders in der Milonga mal eben diffamiert und in eine Ecke geschoben. Ich habe zu dem Thema schon häufiger geschrieben und meine Argumente vorgetragen, ohne dass auf diese eingegangen wird. So z.B.: Die Ablehung einer verbalen Aufforderung birgt immer in sich die Gefahr, dass diese Handlung mit Außenwirkung versehen ist. Andere Tänzer konnten abgeschrecktt sein, wenn sich eine Tanguera entscheidet, sie mag mit diesem Tanguero nicht tanzen. Ich habe dazu ausführlich im ersten Teil meines Tango-Knigges geschrieben. Vollkommen absurd wird es, wenn der Autor der Zeilen sich zu folgender Äuß0erung hinreißen lässt: Letztlich wird der Cabeceo nur nötig wenn man nicht die nötige Sozialkompetenz für diese eben aufgeführten Verhaltensweisen [gemeint ist u.a. die Ablehnung einer verbalen Aufforderung] hat.

Auch wenn der Autor der Zeilen angibt, er tanze seit mehreren Jahren an den unterschiedlichsten Orten ("New York, Boston, Montreal, Chicago, Düsseldorf, Lissabon, Berlin, Hamburg, Tübingen, Heidelberg, Stuttgart, Mannheim, ..."), so hat sich für ihn die feine Struktur des Miteinanders in der Milonga wohl noch nicht erschlossen. Ich vermute einmal starkt, dass dies nicht unwesentlich aus seiner offensichtlichen Herkunft aus anderen Tänzen (Salsa, Swing etc.) erklären lässt.

Ich bin immer wieder erstaunt, wie es manche Menschen im Tango schaffen, sich aus einem Kulturgut die Rosinen herauszupicken, die ihnen gerade schmecken und den Rest eben einfach für nicht relevant erklären. Aber dazu werde ich in einem anderen Artikel schreiben.

bird hat gesagt…

Hi Peter Pan,

ich sehe das zum einen wie Du:
Wenn verbales Auffordern üblich ist, sollte das für beiderlei Geschlecht gelten, wo leben wir denn !
Andererseits, wieso erst lernen das man verbal Auffordert, um später den Cabeceau einzuführen, dessen Vorteile und dessen Charme du nicht in Frage stellst ?

Ich hatte neulich das Vergnügen an einem wirklich entzückenden und die Sache gut verdeutlichenden Cabeceau-Workshop teilnehmen zu dürfen. Das hat geschlagen 30 Minuten gedauert, um im Ansatz allen Beteiligten klar zu machen, um was es geht, wie es funktioniert und was diese Art und Weise so charmant/elegant macht. Das war herrlich erfrischend, humorvoll und didaktisch so gut und nachvollziehbar/erlebbar aufgebaut, dass ich gedacht habe, schade, warum habe ich das nicht in den ersten 5-10 Tangounterrichtsstunden so lernen dürfen ???
Einmal Gelerntes geben wir ja nicht so gerne wieder auf, insofern erscheint mir dein Ansatz, erst verbal dann Cabeceau nicht wirklich praktikabel.
Ich finde die Variante erst Cabeceau besser und folgerichtiger.
Und wenn man dann doch mal Gefragt wird nicht pampig, genervt oder angespannt zu reagieren. Vielleicht die Tanda annehmen und im Anschluß über den Cabeceau informieren und das man sich beim Nächstenmal diese Form des Aufforderns wünscht, oder freundlich ablehnen.

Es soll auch Frauen geben die gerne zwischendurch mal sitzen, der Musik lauschen und der letzten Tanda nachspüren wollen.

-" Genauso wie übrigens auch jene stolze Tanguera, die - weil's ja jetzt sooo schön einfach geht - nur bei den drei Top-Tänzern des Abends den Blick sucht und beim geringsten Zweifel an den Qualitäten des per Mirada anfragenden Tangueros einfach zur Seite geguckt."-

Das wird es wohl immer mal wieder geben, nicht nur Seitens der Damenwelt, schmunzel, so what ?
Möchtest Du mit so einem Menschen tanzen ? Wenn ja, versuche es weiter, wenn nein, lass es bleiben und kümmere dich um die vielen anderen die mit echter Freude dabei sind und keine Staralüren haben.

Mit den Frauen hast Du es nicht so, oder ? Die einen sind zu stolz, die anderen zu faul. Da habe ich schon etwas schmunzeln müssen.
Ich bin Folgende und bin noch nie mit dem Gedanken auf eine Milonga gegangen, na ja der Führende wirds schon richten .... und kenne auch keine einzige, mit mir befreundete Frau, die je mit solch einer Einstellung auf eine Milonga gegangen ist.

Unknown hat gesagt…

Hallo "bird",

eine wirklich nette Idee: "Vielleicht die Tanda annehmen und im Anschluß über den Cabeceau informieren und das man sich beim Nächstenmal diese Form des Aufforderns wünscht, oder freundlich ablehnen."

Das ist es, was ich für das Wichtigste halte. Nicht Cabeceo oder nicht, ist entscheidend. Nein, entscheidend ist, dass wir rücksichtvoll miteinander umgehen! Dogmatische Formen des Aufforderns als das Alleinseligmachende zu postulieren, ist nicht rücksichtsvoll, denn es ignoriert, dass das Gegenüber wasauchimmer für Schwierigkeiten damit hat (Kurzsichtigkeit, unsicheres Auftreten, etc.) oder die Methode gar nicht kennt (ein Fehler der Schule, in der er gelernt hat).

Gerade deshalb finde ich diese freundliche Form der "Belehrung" darüber, wie man gerne aufgefordert werden möchte, nach einer Tanda, sehr zuvorkommend.

Grüße aus Berlin!

Unknown hat gesagt…

(ganz übersehen)
@cassiel:
"im Tango gibt es das tradierte Spiel von Mirada und Cabeceo und es ist - zumindest in Teilen der Szene - üblich."

Frage 1: Warum wird denn überhaupt Tradition so hoch gehalten beim Tango?

Frage 2 bzw. Anmerkung: Wenn etwas "in Teilen" der Szene üblich ist, warum sollte es dann für alle gelten müssen?

Ich habe da einen etwas radikalen Ansatz, obwohl ich mit 54 wohl auch schon zu den "Tradierten" gehöre: Traditionen sollte man pflegen, wenn sie gut sind. "Gut" heißt für mich beim Tango immer bezogen auf die Sozialkompetenz. Beispiel: Wenn ich es mit tradierten Verhaltensweisen Newbies in der Szene schwer mache, dann sollte ich mindestens mal darüber nachdenken! Traditionen, die keine andere Funktion haben als andere - nicht Wissende - auszuschließen, würde ich ablehnen.

Gruß!

Tango-Liebhaber hat gesagt…

Hallo Cassiel,
ich hätte eine Frage zum Einsatz des Cabeceo in einer bestimmten Konstellation.
Eh ich mir die Mühe mache, sie zu beschreiben: antwortest Du hier noch? Liebe Grüße!

cassiel hat gesagt…

Also ich habe auch ältere Kommentarstränge im Blick und bemühe mich, Fragen, die dort auftauchen ebenfallszu beantworten…

Tango-Liebhaber hat gesagt…

Cassiel: " ... bemühe mich, Fragen, die dort auftauchen ebenfallszu beantworten… "
Super & Danke schonmal vorab! :-)

Vorweg vielleicht gesagt, dass ich "mirada/cabeceo" schon seit Jahren gerne nutze, inzwischen ein auf den meisten Milongas recht viel tantender Tanguero bin und insofern die wichtigsten Grundlagen vermutlich schon begriffen habe. ;-)
Auch hab ich alles dazu Erreichbare in den deutsch- und englischsprachigen Tango-Blogs schon das ein oder andere Mal gelesen ...
Trotzdem scheint es mir nicht für alle Konstellationen auf Milongas eine befriedigend funktionierende "mirada/cabeceo"-Routine zu geben. :'(

Beispiel 1:

Bei großen Tanzflächen (oder auch bei Open Air Milongas ab ca 1h nach Sonnenuntergang ;-) ) ist eine Mirada von vis-à-vis praktisch nicht mehr präzise möglich, da die Distanz einfach zu groß ist (oder das Licht nicht mehr ausreicht). Dies selbst unter der Voraussetzung, daß alle Tanzpaare während der cortina die Fläche räumen (was ja selten genug vollständig befolgt wird).

Folglich bleibt nur die mirada seitlich entlang der Begrenzungsline der Tanzfläche.
Da sitzen nun also in >6m Abstand die tanzbereiten Tangueras und kucken im besten Fall auch noch in meine Richtung... und haben kaum eine Chance zu erkennen, welche denn gemeint sein könnte, weil sie einfach alle unter fast demselben Blickwinkel (von mir aus gesehen) positioniert sind. Folglich kommt kein Cabeceo zustande: jede vermutet, die Nachbarin habe vielleicht schon genickt.

Um die Unterscheidbarkeit des Blickwinkels zu verbessern, könnte man(n) vom Rand weg und in die Fläche hineingehen, womöglich in Richtung vor die Tangueras hin ... und schwupps, mach ich mich der "Nötigung" verdächtig :-/ Das lass ich also doch besser sein.

Aber schade, wenn die Sache dann häufig so ausgeht:
Es kommt bei den Tangueras ein codigo-befreiter Tanguero vorbeispaziert, fragt freundlich in die Mitte der Tanguera-Gruppe hinein "Mag eine der Damen tanzen?" und führt sodann eine von Ihnen (evtl. die reaktionsschnellste?) aufs Parkett ...

0:1 gegen den "nicht verbal nötigenden" Gentleman ... Eigentlich doch schade, oder?
=> Lieber Cassiel, hast Du mir dazu die passende codigo-kompatible Strategie?

PS: Beispiel 2 folgt demnächst.

Tango-Liebhaber hat gesagt…

:-/ ... tauschen ein "t" gegen ein "z"!
Eine Editierfunktion gibt's nicht, oder?

cassiel hat gesagt…

@Tango-Liebhaber 

Vielen Dank für die Mühen, die Du Dir mit der Beschreibung der Situation gemacht hast. Vorweg auch bei mir eine Anmerkung: Der Artikel zum Cabeceo ist aus dem April 2009. Mit sechs Jahren Abstand muss ich sagen, ich würde ihn heute auch anders formulieren. Die Einzelheiten haben sich nicht geändert; ich würde nur eine andere Form der Argumentation wählen. Und einige Ideen anders bzw. besser erklären.

Zu Deinen Fragen muss ich vielleicht erst einmal generell anmerken, dass ein wesentlicher Punkt die Einstellung zum Tango ist. Ich bin nach Jahren ruhiger geworden und meine innere Sehnsucht in der Milonga nun wirklich jede (!) Tanda zu tanzen hat sich etwas gelegt. Deswegen stellen sich manche Deiner Fragen für mich nicht so drängend. Wenn sich beispielsweise die Besucheranzahl gegen Ende einer Milonga stark ausdünnt, dann beobachte ich manchmal Führende, wie sie ihre momentane Partnerin für eine weitere Tanda „festhalten“ und sich so einen vermeintlichen Vorteil sichern. Da kann ich (mal mehr, mal weniger) entspannt sitzen bleiben und nur der Musik zuhören.

Die große Tanzfläche oder suboptimale Lichtverhältnisse sind nach meiner Erfahrung eigentlich kein Problem. Ich kann nur aus meiner Erfahrung berichten, dass es mich noch nie behindert hat. Zur Not klappt es auch bei schon begonnener Tanda zwischen den Tanzenden hindurch. Wo eine Wille ist, ist meist auch ein Weg. :-) Außerdem bleibt auch immer der Weg, zur Bar zu gehen und sich ein Wasser zu holen. Das ist häufig ein guter Ausweg, wenn man an einem etwas ungünstigen Platz sitzt.

Die verbale Aufforderung in eine Gruppe von Folgenden hinein (so wie Du sie beschreibst), wäre für mich keine Option. Das führt nur zu einem vermeintlichen Vorteil (wie Du schreibst: 0:1 für den Verbalaufforderer). Für mich ist die Wahl der Tanzpartnerin mit über die Jahre stark zunehmender Wichtigkeit abhängig von der Musik. Eine Folgende, der Pausen in der Musik (und im Tanz) unangenehm sind, werde ich zu entsprechender Musik beispielsweise nicht tanzen.

Meine gesamten Anmerkungen hier sind natürlich höchst subjektiv. Ich kann Dir aber noch aus meiner Erfahrung berichten, dass ich es als erheblichen Vorteil sehe, dass ich meine Aufforderungsstrategie über den Abend hinweg nicht ändere. Ich meine bemerken zu können, dass sich die Damen daran gewöhnt haben, dass ich nur mit Blickkontakt auffordere. Entsprechend bemerke ich auch das Bemühen bei den Damen, die mit mir tanzen wollen, meinen Blick zu erwidern.

Ich hoffe, ich habe Deine Fragen beantworten können, ansonsten müsstest Du entsprechende Punkte ggf. konkretisieren.

Einstweilen viele Grüße…

KlausPP hat gesagt…

Lieber T-Liebhaber,

so, wie Du das jetzt durchgeführt hast ist die Vorgehensweise natürlich etwas statisch.
Wenn alle immer an denselben Stellen sitzen, dann wird es mit dem Cabeceo wirklich schwierig, dann werden bestimmte Paare nie zueinander finden.

Bewährt hat sich auf den meisten Veranstaltungen, dass die Damen immer wieder feste Plätze einnehmen, was mehrere Voreile hat:
a) sie können die Füße entlasten, weil das Stehen auf den hohen Schuhen auf längere Zeit sehr unangenehm ist
b) wenn man eine bestimmte Dame sucht, dann weiß man wo sie zu finden ist.

Und die Herren nehmen eben nicht unbedingt immer dieselben festen Plätze ein, sondern sitzen mal hier und mal da, bzw. stellen sich mal hier und mal da hin.

Ich war kürzlich auf einer Veranstaltung, da haben die Damen feste Plätze gehabt und für die Führenden (da waren eben auch einge Damen dabei) waren einfach gar nicht genug Stühle vorhanden (es gabe rote und blaue Stühle bei getrennter Sitzordnung).
Die Herren wurden direkt aufgefordert sich für die Cortinas verschiedene Positionen zu suchen.

Das kann man natürlich kritisieren, aber ich fand es gut und es entspricht auch meinem normalen Verhalten auf einer Milonga.

Anonym hat gesagt…

Lieber Herr Cassiel,
wieso diese Unsicherheit ihrerseits bezüglich der Aufforderung mittels Cabeceo u. Mirada? Sie scheinen nicht eindeutig zu bemerken, dass beide Geschlechter hierbei völlig gleichberechtigt sind. Aber das liegt doch auf der Hand:
Bemerke ich, dass eine Frau meinen Blickkontakt sucht, kann ich diesen erwidern oder nicht.
Ebenso:
Bemerkt die Frau, dass ich ihren Blickkontakt suche, kann sie ebenfalls diesen erwidern oder nicht.
Somit können beide mittels Blicklontakt auffordern und beide können reagieren indem sie zustimmen oder ablehnen (den Blick erwidern oder den Blick ausweichen). Klarer geht es doch wirklich nicht mehr.
Dass ein Herr Riedl dies nicht begreift, der sogar Verschwörungstheorien entwickelt, wonach solche Rituale, genauso wie die Tatsache, dass es wesentlich mehr traditionelle Milongas als andere gibt, wie er sagt "von oben gesteuert sind" wundert mich nicht (der Herr hat noch immer nicht begriffen, dass jeder, der eine Milonga veranstalten will, entscheiden kann welcher Art diese MIlonga sein soll), aber wieso ihre Unsicherheit?

cassiel hat gesagt…

Hallo letzter Anonym {Kommentar #33 vom 14. Okt. 19), 

vielen Dank für die zusätzlichen und wertvollen Gedanken. Für mich ist das „Sie“ im Tango sehr ungewohnt, deswegen bleibe ich beim „Du“ (und bitte schon vorsorglich um Verzeihung, sollte das nicht angebracht sein).

Inhaltlich hast Du natürlich vollkommen Recht. Beide Geschlechter (oder beide Rollen) sind vollkommen gleichberechtigt bei der Anwendung von Mirada und/oder Cabeceo. Als einzige Erklärung kann ich nur anbieten, dass der obige Artikel zum Cabeceo schon 10 Jahre alt ist.
Ich bin momentan viel unterwegs und lande häufiger mal in einer Milonga, in der ich wirklich Niemanden kenne. Es ist so angenehm. Ein paar Blicke und schon findet sich eine Tanzpartnerin. Nur in Berlin (das ist schon ein paar Wochen her) hat es etwas länger gedauert. Möglicherweise sind die Tanguer@s in Berlin etwas vorsichtiger beim Tango mit einem Unbekannten. Ich habe es mehrmals (u.a. im Nou und in der Villa Kreuzberg) erlebt, dass ich erst einmal 30-40 Minuten gesessen bin (bevor ich eine Touristin per Mirada und Cabeceo zu einer gemeinsamen Tanda einladen konnte). Anschließend war es überhaupt kein Problem mit den Berlinerinnen und ich konnte den ganzen Abend schöne Tänze finden.

Zu Gerhard Riedl mag ich mich eigentlich nicht mehr äußern. Ich habe in der Vergangenheit nie verstehen können, warum er sich so vehement gegen Mirada und Cabeceo sträubt. Ob der Hinweis auf die Verschörungstheorien nun ernst gemeint sind oder in die Kategorie „merkwürdige riedlsche Satire“ fällt, vermag ich nicht zu beurteilen; es bleibt dabei: Mirada und Cabeceo sind die einzigen erprobten Mechanismen, die eine gleichberechtigte Situation beim Auffordern sicherstellen. Das habe ich auch 2013 so im Tango-Knigge formuliert:

„Für mich ist der Cabeceo eine notwendige Voraussetzung für einen komplizierten Interessensabgleich, der in der verbalen Aufforderungssituation nur schwer oder gar nicht möglich ist.“

Vieln Dank für die Anmerkung und einen schönen Tag wünscht …

c.

Anonym hat gesagt…
Der Kommentar wurde von einem Blog-Administrator entfernt.
joachimb hat gesagt…

So richtig verstanden hast Du das mit dem Cabeceo ja nicht. Merkwürdig für jemanden, der einen Tangoblog schreibt. Zum Beispiel ist "Mirada" kein anderes Wort für Cabeceo sondern ein anderer Teil des Aufforderns. Die Mirada ist der Blick, der hoffentlich zum Kontakt führt. Der Cabeceo ist das bestätigende Kopfnicken, das eigentlich erst dann kommt, wenn die Musik beginnt. Weil man erst dann weiß, ob man tanzen möchte.

cassiel hat gesagt…

@joachimb 

Du hast schon das Datum der Veröffentlichung des ursprünglichen Beitrags gesehen? Der Text ist rund 15 Jahre alt. Es war nicht genau genug beschrieben. Inhaltlich hast Du ja vollkommen Recht: Cabeceo und Mirada sind zwei unterschiedliche Dinge im Vorfeld einer gemeinsamen Tanda.
Ich wünsche Dir ein schönes Wochenende.