Mittwoch, 11. November 2009

Und noch einmal zur Umarmung im Tango

Mein Rechner lädt gerade noch ein online-update eines Software-Paketes. Trotz Monster-DSL soll es noch 23 Minuten dauern (das behauptet zumindest mein Rechner)... Hmmm... dann schreibe ich halt noch schnell einen Artikel im Blog...

Eigentlich (so dachte ich bis jetzt jedenfalls) ist zur Umarmung [oder für die Experten: Abrazo ;-) ] im Tango bereits alles gesagt bzw. geschrieben worden. Ein Gespräch in der letzten Woche belehrte mich eines Besseren. Eine Tanguera erzählte von einer Tanda mit einem sehr eigenwilligen und expressiven Tanguero. Aus dem Augenwinkel hatte ich die beiden verfolgt, weil ich zufällig auf der gleichen Milonga war. Für mich war da nichts Ungewöhnliches zumal dieser Tanguero für seinen sehr dichten und expressiven Stil hinlänglich bekannt sein sollte.

Die arme Tanguera fühlte sich genötigt, so berichtete sie jedenfalls einige Tage später. Ich habe sie dann nur gefragt, ob ihr bewußt ist, daß sie als Frau maßgeblich die Umarmung mitbestimmen darf und sich sogar ggf. gegen eine zu übergriffige Umarmung zur Wehr setzen kann? Rutscht die linke Hand der Frau Richtung rechte männliche Schulter, so ist dies für den ganz überwiegenden Teil der Tangueros ein Zeichen, die Umarmung zu öffnen. Sollte es der Tanguero nicht verstehen, so kann die linke Hand auch auf den Oberarm hinuntergleiten und dort mit einem leichten Druck die notwendige Distanz, die die Tanguera zum Wohlfühlen benötigt, sicherstellen. Kein Bodybuilder der Welt kann diese Sperre überwinden; also ist keine Tanguera der dichten Umarmung willenlos ausgesetzt. Ich habe es dann während einer Tanda mit der Tanguera geübt. Ich habe ihr in einer Pause gesagt, sie möge es doch ruhig einmal probieren. Und das hat ihr (so denke ich jedenfalls) ein wenig Sicherheit für zukünftige Tänze gegeben.

Da aber dieses Thema immer wieder auftaucht, möchte ich noch einige ergänzende Anmerkungen machen. Meine Herren, ist es denn nicht ein verlockend klingender Plan, sich auf den Wunsch der aktuellen Tanguera nach Mitbestimmung in der Frage von Distanz und Nähe einzulassen? Ich gebe zu, ich bevorzuge ebenfalls die geschlossene Umarmung. Aber ich handele es non-verbal während des Tanzens aus. Fast jede Tanguera lässt sich dann (auch wenn es unsere erste gemeinsame Tanda ist) auf diese Nähe ein. Will eine Tanguera das partout nicht, so denke ich mir überhaupt nichts und tanze eben offen mit ihr... solange es mir Freude bereitet (hmmm... es sind aber immer mindestens die berühmten drei Tangos - ich muß ja nicht unhöflich werden, nur weil eine Tanguera mit mir nicht in die Nähe gehen will). Ein beispielsweise guter Punkt im Tanzfluss, die Frage nach Nähe und Distanz neu auszuhandeln, ist ein offen geführter Vorwärts-Ocho. Bei der Rückkehr in die "normale" Tanzhaltung biete ich der Tanguera erneut an, die Nähe der Umarmung zu justieren. Sie entscheidet, wie dicht es weitergeht.

Etwas anstrengend wird es für mich, wenn eine Tanguera unentschlossen ist. Es gibt eine Tanguera, die wechselt ständig ihre Umarmung. Mal geht sie in die geschlossene Umarmung, mal wechselt sie unterm Tanz aus für mich nicht nachvollziehbaren Gründen plötzlich in die offene Umarmung. Sie begründet das auch nicht verbal. Ich frage dann so ab und zu zwischen den Tänzen, ob meine Umarmung angenehm ist, oder ob sie etwas anders haben will. Sie versichert stets, daß es für sie angenehm ist. Ich gebe zu, ein solches Wechselbad verunsichert mich manchmal. Das macht aber nichts.

Und dann schreibe ich vielleicht noch zum letzten Samstag. Eine für mich perfekte Umarmung mit einer großartigen Tanguera (sie tanzt deutlich über meinem Niveau und lässt sich dankenswerterweise auf meinen vergleichsweise simplen Tango ein). Die Tanguera ging ganz entspannt und federleicht in die geschlossene Umarmung. Keine Unruhe, keine Hektik; ein herausragendes Beispiel für die Präsenz in der Umarmung. Und dann entwickelte sich ein Dialog in der Umarmung mit dieser hinreißenden Tanguera. Ich justierte während eines Stückes meine rechte Hand, sie antwortete und legte vorsichtig wieder ihren linken Arm wie eine Vogelfeder erneut auf meine Schulter. Ich fasste mit meiner linken Hand vorsichtig nach, weil ihre Hand verloren zu gehen drohte und es kam dann ein leises Echo von ihren Fingern. Das ging ohne Hektik und ganz behutsam - das Spiel unserer Umarmung war Teil der durch die Musik inspirierten Kommunikation. Und da war die Idee vom Führen und Folgen plötzlich weg. Es war ein Dialog ohne Worte zur Musik. Wunderbar! Und ein knappes Dankeschön! setzt den Endpunkt in dieser wortlosen Unterhaltung. Da wird nicht nachverhandelt, da bin ich dann auch nicht traurig. Es ist so wie es ist und es ist gut so.

An dieser Stelle wird jetzt die absolute Grenze sichtbar. Eine andere Tanguera erzählte mir von einer Tanda mit einem begnadeten Tanguero. Er führte sensibel und fein, mit großer Leichtigkeit. Sie konnte es richtig genießen. Bis zu dem Zeitpunkt, an dem er mit seiner Hand ihren Nacken kraulte... das geht ja mal gar nicht...

Und jetzt wird es wahrscheinlich Proteste hageln... Für meine Begriffe ergibt sich aus dieser Schilderung, daß man als Tanguero auch unter keinen Umständen offensiv auf die Tanguera zugeht und sie etwa nach ihrer eMail-Adresse oder gar Telefonnummer fragt. Das wäre ein Bruch der ungeschriebenen Regel: Die Frau bestimmt in der Frage von Nähe und Distanz. Da bin ich äußerst zurückhaltend. Ergibt sich aus anderen Gründen ein weitergehender Kontakt, so versuche ich, jede eMail gewissenhaft zu beantworten (manchmal tappe auch ich in die Falle, daß ich mir eine Antwort für einen weniger stressigen Moment aufhebe und dann bleibt es ggf. dabei - ab und zu ist auch mein Tag hektisch). Ich halte aber eher größeren Abstand und versuche die Bedürfnisse nach Distanz bzw. Nähe wahrzunehmen und darauf einzugehen. Und so ergeben sich wunderbare Freundschaften innerhalb und außerhalb der organisierten Unverbindlichkeit einer Milonga.

Dieser Artikel lag jetzt ein paar Tage. Es gab verschiedene Gründe, warum ich ihn zurückgehalten habe. Einer der Gründe war mögliche Redundanz zu bereits geschriebenen Artikeln. Patrick griff das Thema am Sonntag auf und schrieb über eine Tanda in offener Umarmung... da sind sie wieder... die morphischen Felder, die elbnymphe in einem Kommentar erwähnte.

Und was macht der Blogger, der sich unsicher ist, ob er einen Beitrag veröffentlichen soll... oder ob er es lässt? Richtig! Er mailt den Entwurf einer Vertrauten und lässt ihn einmal lesen und wirken. Die hinreißende Tanguera (Danke! Liebe K.!) hat dann gesagt, ich möge den Beitrag doch bitte veröffentlichen. Er hätte ihr einige neue Denkanstösse geliefert.

Ich habe wieder einmal sehr deutlich geschrieben, wie ich denke; das ist natürlich höchst subjektiv und ich ahne, es gibt durchaus andere Vorstellungen zum Thema. Ich freue mich auf andere Ansichten und ergänzende Anmerkungen in Kommentaren.

36 Anmerkung(en):

Sophia hat gesagt…

Lieber Cassiel,

ein soooo schöööner Artikel. Ich lese diese Beiträge so gerne. Mich erinnert der an den Artikel über die ersten 20 Sekunden, den finde ich leider nicht mehr. Schade!

Danke!

Liebe Grüße

Sophia

affig hat gesagt…

Wieder mal typisch! Wortreiches Gelaber um eine Nebensächlichkeit. Das kann ja nur einem impotenten Frauenversteher einfallen. Mir gibt jede Frau ihre Telefonnummer. So geht das!

Anonym hat gesagt…

@ affig: Ich würde Dir auch gerne meine Telefonnr. geben. Nur leider kann ich das hier auf dem Blog nicht. Wenn Du mir aber eine E-Mail an meintherapeut@trollhusen.de schickst, antworte ich Dir garantiert! Versprochen! Ich stelle mir das sehr heiß vor mit Dir.

B. G. hat gesagt…

Hallo Cassiel,

ich lese ja hier erst seit kurzer Zeit mit. Aber was meinst Du denn bitte mit "organisierter Unverbindlichkeit"? Für mich gibt es das nicht. Ein Tango kann verbindlich sein. Sonst würde ich es nicht mehr machen.

MfG

Anonym hat gesagt…

Also ich finde den Begriff der "organisierten Unverbindlichkeit" ganz große Klasse. Beschreibt er doch dieses Grenzgebiet sehr gut. Für mich als Frau ist dieser Rahmen schon sehr wichtig. Neulich hat mal jemand hier geschrieben, es würde mehr Körbe geben, wenn es anders laufen würde. Den Gedanken fand ich sehr zutreffend. Cassiel, woher stammt denn dieser Begriff?

cassiel hat gesagt…

@Sophia

Danke für Deine Rückmeldung. Daß Du den alten Artikel nicht mehr gefunden hast, das ist aber nicht Dein Ernst oder?

Einfach oben rechts in Das Suchfeld "20 Sekunden" entippen, dann sollte der schon erscheinen. Aber ich kann ihn hier auch noch einmal verlinken. ;-)

@elbnymphe

He he, die TP ist aber keine Singlebörse! :-)))

@B. G.
Danke für Deine Zeilen. Ich sehe es aber tatsächlich so: Der Tango ist unverbindlich, sonst kämen wir vermutlich ziemlich schnell in des Teufels Küche. Ich gebe aber gerne zu, daß das meine Meinung ist. Vielleicht schreibst Du noch einmal ausführlicher?

@Anonym
Ja, ich denke Austin hat das neulich geschrieben. Der Begriff ist von mir (ich kann nicht ausschließen, daß ich ihn irgendwo aufgeschnappt habe). Sprachlich finde ich ihn wunderschön... beschreibt er doch ein kleines Paradoxon: Die Unverbindlickeit ist normalerweise eigentlich immer unorganisert. Dann finde ich die organisierte Unverbindlichkeit spannend.

Im Handbuch für C-Bloger steht auf Seite 4711: "Überraschen Sie Ihre Leser mit ungewöhnlichen Formulierungen, das hält Ihre Leser im Blog ..."

:-)))

Schönen Abend allerseits.

Jochen Lüders hat gesagt…

> Und ein knappes Dankeschön! setzt den Endpunkt in dieser wortlosen Unterhaltung.

Gibt es eigentlich eine unausgesprochene Regel, dass man eine Tanguera wieder "freigeben" sollte oder kann man sie fragen, wo sie vielleicht gleich wieder mit einem tanzen würde? Was sagt da die (konservative)Tango-Etikette? Falls du das Thema schon mal behandelt hast, darfst du auch gerne auf den Artikel verlinken.

cassiel hat gesagt…

@JochenEnglish

Also für mein Empfinden verbietet es sich, sofort wieder um einen Tanz zu bitten. Es gibt Menschen im Tango, die tanzen mehrfach (über den Abend verteilt) miteinander. Wenn aber das berühmte "Dankeschön" gefallen ist, dann sollte man es m.E. für den Moment unbedingt respektieren.

Das Mehrmals-Tanzen ist bei mir selten. Ich habe da irgendeine Sperre. Ich tanze meist nur einmal am Abend mit einer Tanguera. Manchmal fordere ich für die letzten drei oder vier Tangos auch eine Tanguera auf, mit der ich schon einmal am Abend getanzt habe.

Aber meine Meinung ist höchst subjektiv. Wie verhalten sich denn die anderen Leserinnen und Leser hier in dieser Frage?

Raxie hat gesagt…

Wenn das "Danke" gefallen ist, dann ist ganz klar, dass man sich für den Augenblick trennt u jeder mit jemand anderem als nächstes tanzt (zumindest ist das für mich absolut klar). Aber: Es kommt darauf an, wie man sich trennt. Mit mir vertrauten Tanzpartnern, bei denen ich mir sicher bin, dass sie gerne mit mir tanzen u umgekehrt, trennen wir uns schon mal mit den Worten "es wäre schön, wenn wir heute nochmals miteinander tanzen würden - schauen wir mal, ob es sich ausgeht".
Bei mir unbekannten Herrn meine ich zu spüren, ob es ihm genauso taugt, wie mir. Wenn ja, dann verabschieden wir uns ebenfalls mit Worten, die offen lassen, ob wir heute erneut miteinander tanzen. Und wenn es sich dann ergibt u beide gleichzeitig frei sind, tanzen wir erneut miteinandern. Solche "Ereignisse" mag ich besonders gerne - weil es das Neue/Spannende und das Wissen um den garantierten Wohlfühlfaktor, den ich bei mir bekannten Herrn habe, ineinander vereint. Fein!

Ich denke, man spürt, wie es um den Wunsch des Tanzpartners steht, ob er am Abend erneut mit einem tanzen möchte...

tango1001 hat gesagt…

zu dem Begriff "organisierte Unverbindlichkeit":
ich habe da noch Schwierigkeiten zu verstehen, was damit gemeint ist.
Ich halte den Tangotanz für sehr verbindlich, aber von kurzer Dauer. Und was hier als ORGANISIERT erscheint, ist zum großen Teil in Argentinien ORGANISCH gewachsen. Deshalb tauchen ja immer wieder Schwierigkeiten auf, wenn man bei uns alles, ohne zu hinterfragen, übernimmt.

Aurora hat gesagt…

@tango1001

so schön wie "orgarnisierte Unverbindlichkeit" klingt, hab auch ich meine Probleme mit dem Begriff.

Sich meine körperliche Nähe und Hingabe während des Tanzens ist unverbindlich. Und so will ich es auch verstanden haben.

Mein Sozialverhalten auf einer Milonga ist jedoch verbindlich.

@JochenEnglish

Eine Regel, dass man eine Tanguera wieder frei geben sollte kenne ich nicht.
Abr als eine Tanguera, die viel auf fremden Milongas alleine untwerwegs ist, begrüße ich jeden Tanguero, der seine Tanzpartnerin wechselt.
Es spricht ja nichts dagegen eine Tanguera nochmal aufzufordern, aber muss es am selben Abend sein?
Ist es nicht viel reizvoller auf ein Wiedersehen zu hoffen?
Schön finde ich es auch die letzten drei noch einmal mit jemanden zu tanzen, bei dem man sich wohlgefühlt hat.

Gegen ein Durchtanzen spricht bei mir auch nachlassende Aufmerksamkeit.

@cassiel
Pauschalurteile gehen gar nicht!

cassiel hat gesagt…

@Aurora

> Pauschalurteile gehen gar nicht! 

Hab ich Deine Ironie übersehen oder habe ich mich mißverständlich ausgedrückt?

Wo war denn ein Pauschalurteil?

Aurora hat gesagt…

@cassiel

wenn ich mich nicht verzählt habe am Ende des 6. Absatzes deines Originalbeitrags.. war in meinen Augen ein Pauschalurteil..und das aus deinem Fingern hat mir aufgestossen..entschuldige, sollte ich dich missverstanden haben.

cassiel hat gesagt…

@Aurora

So, wenn ich mich nicht verzählt habe, dann habe ich den entsprechenden Absatz gefunden. ;-)

Ja, es ist ein Pauschalurteil. In der Tango-Umarmung gibt es für meine Begriffe ganz klare Grenzen. Mit einem versuchsweisen (d.h. zwischen den Tanzpartnern unüblichen) Nackenkraulen unterm Tanz sehe ich diese Grenzen überschritten.

Aber das ist meine persönliche Meinung. Und ich hoffe, ich habe in dem Beitrag meine Subjektivität deutlich genug betont.

Anonym hat gesagt…

Nackenkrauler finde ich als Frau TOTAL unangebracht, selbstverständlich auch wenn es Frauen bei Männern machen (frau tut sich da leichter, weil linker Arm/Hand viel näher beim männlichen Nacken ist...) geht gar nicht jedenfalls.
Was ich in der Umarmung anstrebe, beschreibt für mich am besten das Wort "innig". Es ist, als öffnete ich meine Brust und mein Inneres strebt in sanfter, unaufdringlicher Weise dem Partner zu. Innig wird die Umarmung dann für mich, wenn mir mein Tanzpartner ebenso offen und liebevoll begegnet für die Momente des Tanzes. Dann wird dieses gegenseitige Annehmen zu einem wortlosen Einverständnis, zu einem dieser schönen Tangoerlebnisse. Zu dem, wonach wir alle süchtig sind ;-). Und ganz jenseits von diesem Erlebnis gibt es noch etwas, das glaube ich ganz ganz selten ist - für mich ist es jedenfalls ein kaum beschreibbares Erlebnis, das mich zutiefst berührt hat - irgendwo in einem anderen Land mit jemandem so zu tanzen, dass Zeit und Raum und Umgebung überraschend und schlagartig jede Bedeutung verlieren, dass nur mehr ein Wesen mit 4 Beinen existiert in der Musik, und beiderseitiges Staunen am Ende jedes Tanzes. Müßig, es beschreiben zu wollen, ich kann es nicht. Aber ich bin glücklich, das erlebt zu haben. Skurril, dass ausgerechnet ich das schreibe, bin so gar nicht ein esoterischer Typ. Was der Tango argentino alles aus einem machen kann... ;-)

cassiel hat gesagt…

@Anonym

;-)

Peter hat gesagt…

zum thema nackenkraulen hat mir eine tanzpartnerin folgendes erzählt

im einem berliner frauentechnik -kurs kam das thema auf und die leiterin hat folgendes gesagt: niemals den nacken kraulen... das wäre wie eine einladung mit ihr nach hause zu gehen...

Jochen Lüders hat gesagt…

@Aurora

> Es spricht ja nichts dagegen eine Tanguera nochmal aufzufordern, aber muss es am selben Abend sein?
Ist es nicht viel reizvoller auf ein Wiedersehen zu hoffen?

Nö, was weiß ich wann ich sie wiedersehe? Nutze den Tag bzw. den Abend ;-)

cassiel hat gesagt…

@JochenEnglish

Nö, was weiß ich wann ich sie wiedersehe? Nutze den Tag bzw. den Abend ;-) 

Und hier liegt für mich der besondere Reiz im Tango. Gerade wenn man viel im Tango unterwegs ist, dann könnte man nach einem hinreißenden Tanz unruhig werden. Nun ist aber die Tangoszene überschaubar und so darf man darauf vertrauen, daß man den Menschen, mit dem man eine wundervolle Tanda erlebt hat, binnen Jahresfrist wiedersieht. Die Frage nach einer weiteren unmittelbar anschließenden Tanda, nach der eMail Adresse oder gar nach der Telefonnummer würde für mein Empfinden die Situation zerstören. Es bleibt bei der Möglichkeit und die Chancen stehen nicht schlecht, daß aus der Möglichkeit in naher Zukunft Realität wird.

Insofern sehe ich das genauso wie Aurora.

;-)

Aurora hat gesagt…

wenn man oder freu weit genug reist wird die szene mehr und mehr unüberschaubarer.
Dennoch, wirklich traumhaft sind einzelne Momente mit einem spitzen Tanguero. Selbt wenn ich den ganzen Abend mit dem mit dem gleichen,klasse tanguero tanze, kann ich eine Wiederholung solcher Momente nicht garantieren. Deshalb habe ich kein Problem mich zuverabschieden.
Und niemand kann wissen was als nächstes kommt.
Genau das macht für mich auch einen Grossteil des Reizes am Tango aus!

Kathi hat gesagt…

Weiß nicht, wohin mit meinen Gedanken, aber hier sind sie sicher gut aufgehoben ;-)
Erlebnisse der gestrigen Milonga haben mich die Nacht über begleitet und in mir "gegärt", und heute morgen fand ich dann noch dies bei Mari http://mytangodiaries.blogspot.com/2010/03/from-embrace-to-entrega-feeling.html.
Aber der Reihe nach: ich hatte in letzter Zeit mit einigen anderen Frauen und meinen Tangolehrern immer wieder Gespräche über unsere "einheimischen" Tänzer, da gibt es viele, die grundlegende Dinge nicht tun: sich vor der Milonga Duschen, Deo benützen, Parfüm benützen, wenn total naßgeschwitzt pausieren oder umziehen, usw. - daher hier wieder mal die Bitte: tut es, ihr tut euch und uns viel Gutes!
Das war der leichte Teil, jetzt kommt der schwierigere: mir fiel gestern bei allen außer 2 meiner Tanzpartner auf, dass auch vermeintlich gute, versierte, langjährige Tänzer, die viel "können" und deswegen nachgefragt sind, Schwierigkeiten mit der Umarmung haben - da kann man beobachten, wie Männerhände über Frauenrücken "schweben" (gehalten wird nur mit dem Arm). Wo frau wie eine heiße Kartoffel nur mit den Fingerspitzen berührt wird. Wo die Partnerin zu Beginn des Tanzes einfach "geschnappt" wird und schon geht´s los, ohne Einstimmen, Einladen, Einlassen. Wo die Männer Schritte und Figuren robotermäßig abspulen, wo ich als Frau das Gefühl hab, mit zu müssen, ob ich will oder nicht, von einladendem Führen keine Spur - technisch wohl gut, aber Tanzgenußfaktor gleich Null. Wo mir während des Tanzes erklärt wird, dass ich das, was ich gerade gemacht habe, nicht machen hätte dürfen, weil er das nicht so geführt hat, weil nur wenn er genau jenes macht, dann darf ich das tun, was ich getan habe. Wo Männer mit schlechter Achse, aber umfangreichen Figurenkenntnissen mich herumwirbeln, angeblich damit mir nicht "langweilig" wird, dabei hab ich doch schon zig mal erklärt, dass mir schönes Gehen 100mal lieber ist als schlecht geführte Figuren.
Während ich das alles bei der Milonga wahrnahm, kamen plötzlich drei Paare, die vorher eine Performance andernorts gemacht hatten, Argentinier, aber nicht nur, und sie tanzten so, wie ich es gerne hätte, einfach, stimmungsvoll, weich, mit Pausen, hingegeben in die Umarmung und die Musik. Und für mich war sicht- und spürbar, dass das nicht eine Frage des "Profitänzer-Seins", überlegener Technik oder sonstwas ist, sondern eine Frage der Einstellung und des Einfühlen-Wollens, des Sich-erlauben-Könnens, sich auch als Mann der Tanzpartnerin zu öffnen. Ich wünsch mir, dass der eine oder andere mal probiert, sich mehr einzufühlen und weniger zu "machen". Ich möchte meine Ausführungen nicht als Angriff oder Forderung aufgefaßt wissen, sondern als Denkanstoß, schließlich haben wir ja alle dasselbe Ziel - genußvoll Tango tanzen.

Tangosohle hat gesagt…

Hallo Kathi,
also, das sind ziemlich unfeine Tangoerlebnisse von gestern. Eine traurige Aufzählung, wie es halt nicht sein sollte. Deinem "Bitte nicht so" kann ich nur zustimmen und von tangueros Seite hinzufügen:
Wie oft muss ich mir anhören: Oh entschuldigung, das hast du bestimmt anders gemeint - äh, was soll ich jetzt machen?
Natürlich denke ich darüber nach, merke aber auch, was tanguera in dem moment wichtig war, nämlich eine Figur.

Die bescheidene Spitze war eine Tänzerin, mit der ich mich sehr schön über Tango und Tanzen unterhalten habe, wie intensiv schönes Gehen sein kann, wie unwichtig Figuren sind, etc. Sie war Gast dort, wo ich zu Hause war. Als wir dann tanzten, viel ich aus den Socken. Es müsse mir doch langweilig sein und es sei mir eigentlich viel wichtiger, meine Figuren schön vorzuführen. Und dann: Was hast jetzt gemeint, führ doch den Voleo deutlicher oder sollte das ein Ocho sein. No comment, aber das passiert halt auch.

Zu den drei Paaren am Schluss: Die Wünsche, die du äußerst, halte ich auch allgemein für wichtig. Allerdings, beim Zuschauen kann man sich ganz schön täuschen. Du schreibst, sie kamen von einer Performance, d.h. sie können (möglicherweise) in genau dieser Konstellation für ein Publikum tanzen. Alles weitere kannst du erst sagen, wenn du wirklich mit einem der Bewunderten getanzt hast.

Unvermeidlich für mich ist die Werbung in eigener Sache: Herr Oswald hat aus diesem Ärger heraus eine streitbare Schrift geschrieben.

cassiel hat gesagt…

Hallo Kathi,

vielen Dank für Deine ausführlichen Zeilen. Mein Wochenende war ziemlich voll und so komme ich erst jetzt dazu, Dir zu antworten.

Deine Beschreibungen sind wahrscheinlich ziemlich allgemeingültig und jede bzw jeder steht vor dem Problem. Vielleicht ist der Kern eben die erwähnte Präsenz in der Umarmung - das kann man nicht immer steuern, aber ich denke, ein Einüben ist immer wertvoll.

Ich muss leider schon wieder weiter...

Liebe Grüße
c.

Peter hat gesagt…

Hallo Kathi,

wer mit ungeplegten, verschwitzten oder schlechte gekleideten tänzern tanzt darf sich nicht beschweren ... ein klares NEIN, DANKE zum richtigen zeitpunkt genügt. wer sich dann noch von diesen "einheimischen helden" auf plumpe art auf die fläche zwingen läßt sollte vielleicht auch mal die milonga wechseln um neue impuse zu bekommen ...

lg Peter

Anonym hat gesagt…

Peter, Du magst in der Sache Recht haben – letzten Endes sind wir alle für uns selbst verantwortlich – aber dennoch fand ich es ein wenig uncharmant, wie Du Kathi für ihre Offenheit mit einem „Selber schuld“ abwatschst.
Ich wurde kürzlich von einem Mann aufgefordert, der sich auf die Milonga vorbereitet haben mußte, indem er sich am Vortag Sapghetti aglio e olio, am Mittag einen Döner und kurz vor dem Ausgehen noch einen Tüte Zwiebelringe einverleibt hatte. Der Gestank war so schlimm, daß mir während des Tanzens richtiggehend schlecht wurde.
Wann wäre der richtige Zeitpunkt für das von Dir geforderte „Nein, Danke“ gewesen? Mitten im Tanz, als es mir zum ersten Mal auffiel? Nach der ersten Nummer? Keine Ahnung – ich habe bis zum Ende der Tanda nichts gesagt!
Bei aller Eigenverantwortung: es fällt mir unheimlich schwer, einen Menschen derart bloßzustellen.

Tanguera hat gesagt…

@Elbnymphe

Ich finde Peters Reaktion total gut. Mich hat auch ein seltsames Gefühl beschlichen, als ich Kathis Beitrag gelesen habe. Ich finde es ziemlich arrogant zu lesen. Vermutlich hat sie es nicht so gemeint. Aber offensichtlich sind in ihrer Szene ausschließlich ungewaschene u unsensible Kerle unterwegs, die keine Ahnung vom Tanzen u von Frauen haben. Vielleicht hat ja sogar mal einer der Herren versucht, sich einzufühlen u Kathi den Dialog im Tango angeboten - und Kathi hat dieses Angebot möglicherweise nicht erkannt u nicht angenommen? Weil sie zu sehr mit sich selbst beschäftigt war u zu sehr innere Forderungen aufgestellt hat, die der beteiligte Tanguero bitte per Gedankenübertragung umgehend erfassen und umsetzen soll! Da kann Frau dann schon abgelenkt sein u verspannt... jedenfalls nicht unbedingt die weiche u präsente Folgende, die ein sensibler Tanguero sich mitunter wünscht...

Noch etwas zu der "heißen Kartoffel Führung": Viele der sehr guten Herren, mit denen ich gelegentlich tanzen darf, berühren mich nur sehr sehr wenig u lassen mir sehr viel Raum beim Tanzen. Und ich liebe es. Keiner wirft mich aus der Achse, immer stehe ich im richtigen Abstand zu ihnen u dennoch sind sie mir ganz nah u wissen, wo ich bin, wo ich stehe, ob meine Achse passt, ansonsten warten sie geduldig... ein Traum. Das geht natürlich nur, wenn Frau auch wirklich alleine tanzen kann u immer ihre Achse hat. Was wiederum nicht bei vielen Frauen der Fall zu sein schein - sagt Mann mir. Aber das nur am Rande.

Ich habe die Weisheit auch nicht mit Löffeln gefressen, aber mal eben so die gesamte eigene Szene über einen Kamm scheren u alle sind übel, nur man selbst ist ein einziger Lichtblick (ach nein, ein paar andere Damen u der Tanzlehrer sind auch noch ganz ok), das find ich übel.

Und wer so übel stinkt, dass der beteiligten Tanguera fast übel wird, der darf stehen gelassen werden. Punkt.

Peter hat gesagt…

Hallo zusammen,

mit meinem kommentar wollte ich kathi nicht "abwatschen". ich bin im gegenteil froh darüber das dieses thema endlich mal auf den tisch gebracht wurde, denn es ist in vielen milongas zu beobachten. frau muß sich einfach mal die zeit nehmen und die tanzenden paare beobachten und kann danach entscheiden ob eine aufforderung angenommen wird oder nicht(cabecceo ist da für beide seiten sehr hilfreich). manch mal ist es wirklich anzusehen schlimm wie tänzerinnen behandelt werden und wie sie sich fühlen kann jeder sehen .... mann/frau muß ihnen nur in die augen schauen ...

Peter

Kathi hat gesagt…

@Tanguera, wer lesen kann, ist klar im Vorteil, ich empfehle dir, lies noch mal. Offensichtlich hast du in meinen Beitrag Dinge hinein interpretiert, die nicht drin stehen. Mir Arroganz zu unterstellen spricht ganz deutlich für deine. Übel ist hier nur deine Pauschalaburteilung meiner Person. Nicht-Einverstanden-Sein mit einer fremden Meinung ist in Ordnung, gegen die Form, in der du es hier tust, verwehre ich mich allerdings entschieden.
Der beschriebene Abend war schlimm für mich, die beiden darauf folgenden Milongas an anderen Orten mit 2/3 anderem Publikum hingegen gar nicht - für mich ein klarer Hinweis darauf, dass es nicht nur an mir liegt und dass ich diesen erstgenannten Ort in Hinkunft meiden werde. Bislang war ich auch nur alle heiligen Zeiten mal dort (eben weil es dort so ist wie beschrieben, aber ich vergesse das nach einigen Monaten anscheinend immer wieder), Auslassen wird also kein großer Verlust sein. Die Stimmung dort ist ganz eigen - es gibt übrigens auf keiner anderen Milonga so viele Tritt-Opfer und Rempeleien - und tut mir offenbar nicht gut.
@Peter: danke für deine guten Tipps, mir persönlich ist das alles bekannt, was du empfiehlst, und ich praktiziere es auch, aber gut, dass du es wieder in Erinnerung ruftst. Nichts desto trotz kann ich es schlecht beeinflussen, wenn Tänzer, die ich als an sich ok kennen, aus unerfindlichen Gründen plötzlich glauben, sich weißgottwie produzieren zu müssen (bloß weil das alle anderen auch machen??). Klar kann ich sie auf der Tanzfläche stehen lassen, dann werden sie mich aber auch auf den anderen Milongas sitzen lassen, "zur Strafe" - sattsam bekannt. Vielleicht ist es aber besser, weniger zu mutmaßen, ich frage daher: wie gehen Männer mit Kritik seitens der Tanzpartnerin um, wie gehst du, Peter, damit um? Wie kann ich es ausdrücken, ohne dass der Mann sich gekränkt fühlt? Das interessiert mich ernsthaft!

Tanguera hat gesagt…

@Kathi

Ich wollte Dich gar nicht aburteilen oder abwatschen oder was auch immer. Pauschal verurteilen eigentlich auch nicht. Dein neuer Beitrag liest sich ja auch um ein Vielfaches differenzierter, als der erste, wo eigentlich alle Männer nur schlecht abgeschnitten haben. Tut mir leid, wenn ich Dir zu nahe getreten bin, das war nicht meine Absicht.

Aber ich glaube wirklich, dass auch Tangueras ihren Teil mitunter dazu beitragen, dass es zwischen ihm u ihr einfach nicht harmoniert. Mein Tangolehrer macht mich recht häufig auf Kleinigkeiten aufmerksam, die mir selbst bei mir natürlich gar nicht auffallen, die er aber als so störend beim Tanzen empfindet, dass er sich von Damen, die genau diese "Kleinigkeiten" machen, immer relativ schnell wieder trennt.

Wenn man das regelmäßig, detailliert u gut erklärt zu hören bekommt, dann macht man/frau sich schon so seine Gedanken, warum es mitunter beim Tanz nicht harmoniert. Da suche ich schon auch bei mir - durchaus nicht nur beim TAnguero. Das war es, was ich mit meinem vorherigen Beitrag meinte.

Versöhnt Kathi? Hoffe ich mal!

cassiel hat gesagt…

Meine überaus geschätzte Kollegin Terpsichoral hat mir folgende Anmerkung per eMail übermittelt. Irgendwie klemmte das Kommentarsystem:

Zum Tema linke Hand der Frau. Wenn ich einen Mann umarme, der eine feste Tanzpartnerin hat, guck ich oft mal erst zu und umarme ihn auf die gleiche Art und Weise wie seine Partnerin, weil ich davon ausgehe, diese Art von Umarmung ist fuer ihn bequem oder zumindest gewoehnt. Aber wenn ich selber auswaehlen kann bzw. darf, sollte der Mann Salon tanzen, lege ich oft die linke Hand auf seinen rechten Schulterblatt (wenn er eher Milonguero tanzt, tue ich meistens die Arm um beide Schulter). Als Salontaenzerin wurde mir das naemlich beigebracht. Viele in Buenos Aires unterrichten diese Umarmung. Insbesondere tut das Carlitos Perez, z.Z sicher der bekannteste und einflussreichste Salonlehrer hier in BA. Das bedeutet aber keineswegs, dass ich in einer offenen Umarmung tanzen will und wird auch nicht von den argentinischen Maennern so verstanden. Im Gegenteil moechte ich in einer engen Umarmung laufen und alle Schritte/Figuren ausfuehren, die mann in einer engen Umarmung bequem ausfuehren kann. Wenn der Mann Salon tanzt, wird er dann die Umarmung oeffnen, um laufende Giros und eine paar andere Salon-Schritte zu tanzen, die mehr Abstand erfordern. Wenn er Nuevo tanzt, kann es sein, dass er viel und oft die Umarmung oeffnen muss. Aber auch gute Nuevo-Taenzer laufen meistens in einer geschlossenen Umarmung. Die Philosophie, die die meisten Taenzer teilen, ist, dass man nur dann oeffnet, und nur soweit oeffnet, als noetig ist, fuer das, was man fuehren will. Und die Entscheidung faellt der Mann, meiner Meinung nach. Ich weiss nicht, was er fuehren will, also wieviel Abstand er braucht. Ich reagiere einfach auf ihn und bin bereit zu oeffnen, wenn er das will. Die Ausnahmen sind a) wenn er mich gleich in einer eindeutigen Milonguero-Umarmung schliesst -- da weiss ich ziemlich sicher, dass wir die Umarmung nicht mehr oeffnen werden und versuche nur, moeglichst gerade zu ihm zu stehen, und ihm Kontakt mit beiden Seiten meines Oberkoerpers zu bieten b) der Mann ist Anfaenger, braucht also moeglicherweise mehr Abstand, weil er die enge Umarmung noch nicht beherrscht c) der Mann ist sehr, aber sehr gross -- ich bin 158cm und manche sind einfach so gross, dass ich Schwierigkeiten habe, sie eng zu umarmen (das kommt in Buenos Aires nicht oft vor, in Europa aber schon ab und zu).

Unknown hat gesagt…

@ Terpsichoral
Was für eine wunderbare Beschreibung. Diese Posting solle alle Tangueras und Tangueros in Deutschland, ja auch in Europa lesen. Danke!

Anonym hat gesagt…

@Sweti Danke fuer die Blumen! (Ich erroete ein bisschen).

Anonym hat gesagt…

Zu meiner Philosophie der Umarmung schreibe ich mehr hier, falls es jemanden interessiert, einen Vergleich mit Cassiel aufzustellen. Auf Kommentare freue ich mich immer:

http://tangoaddiction.wordpress.com/2011/06/13/embrace-me-my-sweet-embraceable-you/

Mirella hat gesagt…

Ich finde es etwas schönes dass wir Frauen den Abstand oder die Nähe bestimmen können, die wir haben möchten. Gleichzeitig behalte ich bei jedem Tanz mit einem mir noch nicht bekannten Mann im Hinterkopf, dass es auch gut ist, einmal etwas auszuprobieren, zum Beispiel eng zu tanzen mit einem völlig Fremden. Das kann ein ganz bereicherndes und spannendes Gefühl sein. Für mich spielt es keine Rolle ob ich eng oder offen tanze, wenn ich mich auf den Tanz und den Mann einlasse, kann ich mit diesem Menschen einige wundervolle Tänze haben, kann mich völlig in die Musik gleiten lassen, und denke nicht über irgendetwas nach. Das ist ja auch das was ich erreichen möchte, was für mich ein "guter Tanz" ist. Wir können dann zu zweit sozusagen unsere Poesie ausmalen, die mit jedem Partner und bei jedem Tanz wieder anders aussieht. Dazu muss man nicht die schwierigsten Figuren und was-weiss-ich-was können, dazu muss man den Tanz und den Partner fühlen.

Einmal jedoch habe ich bei einem Partnerwechsel an einer Practica mit einem jungen irischen Herr geübt. Er war auch schon etwas besäuselt von einigen Bieren (seinen Ausdünstungen zufolge, vielleicht auch noch andere Spirituosen ;-) ) und nahm mich sofort an seine Brust. Ich wollte diese Umarmung jedoch nicht, zumal wir auch Figuren übten, die etwas einfacher in der offenen Umarmung sind. Also habe ich - wie immer - leichten Druck auf seinen Oberarm ausgeübt um mich quasi etwas von ihm "wegzuschieben". Das schien den Herrn jedoch überhaupt nicht zu stören, im Gegenteil, je mehr ich drückte, desto fester zog er meinen Oberkörper an sich heran. Das Ganze endete damit, dass ich etwa zehn Minuten lang krampfhaft versuchte, mich von ihm wegzudrücken, er das leider aber immer noch nicht kapierte. Getanzt habe ich mit diesem Herrn nie wieder, aber am nächsten Morgen tat mir ganz schön der Arm weh vom vielen Drücken... ;-)

Herzlich
Mirella

_wannadance hat gesagt…

Ich habe noch eine Frage an alle Tänzerinnen!

ich bin sehr klein (155cm). Deswegen habe ich mit der engen Umarmung manchmal etwas Mühe. An einer Practica sowieso, denn da tanze ich immer in flachen Schuhen, da ist es halt mega anstrengend für die Zehen ;-)
Wie macht ihr das, wenn ihr mit jemandem tanzt, der grösser ist? Stimmt ihr auch mit mir überein, dass es ab einem gewissen Grössenunterschied nicht mehr möglich ist in enger Umarmung zu tanzen? Ich tanze auch nicht so gerne mit Männern die so viel grössen sind als ich, habt ihr das auch? Bei uns in der Tanzkursgruppe hat es halt wirklich Männer die z.T. fast 190cm gross sind, keine Ahnung wie ich da hoch kommen soll.......

TangoFee hat gesagt…

Immer wieder entdecke ich hier so spannende Themen.. und möchte gerne etwas zur Umarmung schreiben.

Ich habe darüber nachgedacht weil ich sehr oft - und mich manchmal verblüffende - Kommentare über meine Umarmung im Tango bekomme, die offensichtlich als besonders angenehm empfunden wird. Was mich natürlich sehr freut :) Da ich inzwischen auch tanztechnisch auf einem recht hohen Niveau tanze, traue ich mich auch mich dazu zu äußern ;)
Ohne damit kokettieren zu wollen muss ich einfach sagen, daß es für mich "normal" ist auf diese Weise mit jemandem zu tanzen. Und die Gründe sind auch sehr einfach: ich liebe Menschen und ich liebe es, sie zu umarmen. Ich mache auch keinen Unterschied im Hinblick auf Geschlecht, Alter oder Tanzerfahrung. Es ist ein Geschenk was ich dem/der anderen und mir selbst mache. Ich möchte nicht anders tanzen. Das hat wenig mit Etikette und auch wenig mit "folgen" zu tun. Vielleicht mit Hingabe und Freude am Kontakt.
Natürlich gibt es auch Situationen in denen ein Tänzer mich einklemmt oder eine Grenze überschreitet (die erwähnte Hand die den Nacken krault). Die Grundqualität meiner Umarmung bleibt aber deshalb unverändert, ich tanze die Tanda zuende, und dann kann ich immer noch entscheiden ob ich diesem Herrn in Zukunft einen Korb geben will oder nicht.
Ich glaube ich will einfach nur sagen: es ist eigentlich überhaupt nicht schwer zu umarmen - es ist eine wunderbare, liebevolle, menschliche Geste. Auch im Tango.