Mittwoch, 22. Juli 2009

Der 100. Beitrag - oder: Das große WARUM

Tja liebe Leserinnen und liebe Leser, kaum hat man sich entschlossen, in loser Form etwas über den Tango zu fabulieren und schwuppdiwupp sind schon hundert Beiträge entstanden. In den letzten Tagen geht mir das große "WARUM Tango" nicht mehr aus dem Kopf. Mit der wortgewaltigen Kollegin Elbnymphe hatte ich einen spannenden eMail-Wechsel zu Literatur über den Tango und auch zu dem Randgebiet Tango & Gender. Da tummelten sich ja unlängst bei Patrick und Elbnymphe recht schräge Vögel. Das reizt zu einer Standortbestimmung - jedenfalls näherungsweise. Außerdem mag das auch daran liegen, daß häufiger in Kommentaren die Frage gestellt wurde, warum gehen Leute zu einer Milonga (z.B. hier oder hier). Und weil ich es versprochen habe, gebe ich -natürlich höchst subjektiv- Auskunft.

Warum ich zu einer Milonga gehe...
bzw. überhaupt zum Tango kam. Das liegt sicherlich auch in meiner Daseinsform als alleinerziehender Hundehalter bgründet. Ich vertrete die These, daß Menschen, die zu lange allein sind, gerne manchmal komisch bisweilen sogar kautzig werden. Um diesem (m.E. unabänderlichen) Schicksal zu entrinnen, habe ich mich dem Tango verschrieben; für mich als Grobmotoriker ist das eine echte Herausforderung. Je länger ich in dem Tangozirkus unterwegs bin, desto wahrer wird für mich das Zitat von James Friedgen. Ich bin mir meines Daseins beim Tango bewußter als sonst. Es hat mit Kommunikation zu tun, mit Gefühlen und mit Distanz und Nähe. Nun gibt es Zeitgenossen, die müssen dieses fein austarierte Spiel mit gewagten Veranstaltungen (unbekleideter Art) unbedingt auf die Spitze treiben - das muss ich nicht haben; ich will es nicht einmal wahrnehmen müssen. Mehr will ich zu diesen bizzarren Veranstaltungen (und das ist neutral freundlich formuliert) gar nicht schreiben.

Aber noch einmal zu den Milongas: Was bewegt Menschen nach einem (Arbeits-)Tag zu duschen (hoffentlich!), die Kleidung zu wechseln, die Schuhe einzusammeln und zu einer Milonga zu gehen? Ist es das äußerst langweilige Fernsehprogramm? Die Angst vor dem Alleinsein? Eine Sucht nach den Momenten im Tangohimmel? Vermutlich liegt die Wahrheit irgendwo in der Mitte. Ich gestehe, daß ich manchmal fast zu müde bin, um mich abends noch einmal aufzumachen. Irgendwie schaffe ich es dann doch, die Schwerkraft des heimischen Sofas zu überwinden und gehe los. Häufig genug gibt es einen ordentlichen Tangoabend - ohne Katastrophen, aber auch ohne die ganz großen Highlights. Es ist eben vorab nicht entscheidbar. Und ab und zu (ohne daß vorab ein Muster erkennbar wäre) gibt es diesen Moment des Loslassens. Die Musik stimmt, die Tanguera tanzt hinreißend und die eigene Geisteshaltung ist irgendwo zwischen vertrauter Entspanntheit und müdigkeitsbedingtem Kontrollverlust. Dann blitzt der Tangohimmel...

Und warum ich ein Blog schreibe?
Ein Geständnis vorab: Schon viel länger habe ich mit dem Gedanken gespielt, zum Tango zu schreiben. Aus dem Plan wurde erst Realität, als ich mich furchtbar über Edgar (den Ehrgeizigen) aufregen musste. Insofern darf meine treue Fangemeinde anonyme Blumenspenden an Edgar überweisen (es dürfen natürlich auch Brennesseln sein).
Ich hatte ja schon neulich aufgrund einer eMail-Anfrage ein Eigen-Interview veröffentlicht und eine vorläufige Antwort auf die Frage zu geben versucht (nebenbei bemerkt: Das war für die Katz' - die eMail-Anfrage bzw. die angekündigte Besprechung von ausgewählten Beiträgen in diesem Blog versickerte dann doch im digitalen Schwarzen Loch).

Vor einigen Tagen kam mir dann erneut eines meiner Lieblingszitate vom ollen Schopenhauer wieder unter:

Stil ist die Physiognomie des Geistes

Und so werde ich weiterhin etwas eigentümlich hier meine Beobachtungen und Gedanken zum Besten geben.

Eigenartig ist die Wechselwirkung von Tangotanzen und Bloggen. Ich kann mir das Eine ohne das Andere fast nicht mehr vorstellen. Und so wurde der Tango viel mehr als nur ein Tanz für mich.

Ich möchte diesen 100. Beitrag nicht beenden ohne mich ganz herzlich bei allen Kommentatorinnen und Kommentatoren zu bedanken. Häufig sind diese ergänzenden und begleitenden Ausführungen wesentlich fundierter und lustiger als meine Versuche. Nach einhundert Beiträgen und gefühlten vier- bis fünfhundert Kommentaren bin ich sehr zufrieden. Weniger zufrieden bin ich mit den Besucherzahlen; deutlich vierstellige Besucherzahlen täglich hätte ich mir ja eigentlich schon gewünscht. Das wird aber erst noch kommen. Zufrieden bin ich allerdings mit der durchschnittlichen (!) Verweilzeit von über drei Minuten. Dann kann es ja hier nicht so schlimm sein. Auch der Herkunftsmix ist in Ordnung (ein Drittel direkte Zugriffe - beispielsweise aus den Bookmarks, ein Drittel über die Suchmaschinen und ein Drittel über verweisende Websites - vielen Dank an alle Seitenbetreiber, die mich verlinkt haben). Das macht mich sehr zufrieden.

Darf ich mir etwas wünschen? Ich wünsche mir natürlich weiterhin kluge, nachdenkliche und lustige Anmerkungen. Um die direkten Besucher mache mir keine Sorgen, um die Suchmaschinen kümmere ich mich selbst und von anderen Webmastern wünsche ich mir Links auf diese Seiten (natürlich nur, falls ihnen die Seiten gefallen). Dann mache ich mir über die Zukunft der Tangoplauderei keine Sorgen.


So, meine Mittagspause ist beendet. Vielleicht darf ich ja später einige Anmerkungen lesen. Bis dann...

20 Anmerkung(en):

sophia hat gesagt…

*seufz*

Ach! Cassiel...

affig hat gesagt…

1000 Besucher am Tag - du hast ja nicht einmal 10

Anonym hat gesagt…

Darf man fragen, wann (ggf. mit wem) du zuletzt im Tangohimmel warst? Oder ist die Frage zu indiskret?

Fragende hat gesagt…

Habt Ihr Euch (ich meine Patrick und Dich) in Tremmelhausen getroffen? War Elbnymphe auch da? Werdet Ihr jetzt zusammen schreiben?

cassiel hat gesagt…

... nur schnell freigeschaltet - antworte später...

cassiel hat gesagt…

So... ein paar kurze Antworten:

@sophia
;-)

@affig
...

@anonym
Du darfst sicherlich fragen. Du willst aber keine ladungsfähige Anschrift oder? ;-)
Letzter Tangohimmel war mit [... jetzt muß ich mir schnell einen Namen ausdenken ...] Annette, der Adretten. Ist schon einige Wochen her. Vor ein paar Tagen wäre es beinahe mit der magischen Maureen dazu gekommen - wäre vielleicht möglich gewesen - mußte dann aber leider fahren. So ist das Leben.

Ich hoffe, das war ausführlich genug. ;-)

@Fragende
Nein, ich habe weder mit Patrick noch mit Elbnymphe in Tremmelhausen gesprochen.

@elbnymphe
Leider funktioniert der Player bei last.fm irgendwie nicht. Schade!
Trotzdem lieben Dank!

cassiel hat gesagt…

@elbnymphe

Hab einen Ausschnitt bei jpc gefunden. Wunderschön!

Anonym hat gesagt…

Last.FM ist von einer tollen Idee zu einem Schrottplatz verkommen. Ich bin dort die meiste Zeit genervt.
Dafür funktioniert bei mir jpc nicht! :-)
Sei's drum, Hauptsache, Du bekommst einen Eindruck. Die CD habe ich zu Weihnachten von meinem Vater bekommen, und sie war ein Glücksgriff.

Anonym hat gesagt…

hier ist ja heute gar nichts los.

:-(

Yvonne hat gesagt…

Hallo Cassiel....hm, ich frage mich jedes Mal VOR der Milonga, weshalb ich mir das alles antue. NACH der Milonga hin und wieder auch, aber manchmal kenne ich auch das Gefühl des Tangohimmels, den Du so schön beschrieben hast. Tja, irgendwie lässt sich das Warum nicht so einfach erklären. Ich wünsche Dir auf jeden Fall viele schöne Tangos mit netten und sensiblen Tangueras und hin und wieder ein Schweben im Tangohimmel ;-). Ich bin übrigens auch alleinerziehende ZweiHundeHalterin...muss ich mir jetzt Sorgen machen??? Liebe Grüsse, Yvonne

cassiel hat gesagt…

@anonym

Alle haben Hitzefrei! ;-)

@Yvonne
Ich bin übrigens auch alleinerziehende ZweiHundeHalterin...muss ich mir jetzt Sorgen machen??? 

Willst Du eine ehrliche Antwort? Ja! :-)))

Danke für die Anmerkungen!

tango1001 hat gesagt…

- wie sehen denn die Sorgen von HundehalterInnen aus?
- und was ersetzt man durch den Tango, bzw. kompensiert der Tango etwas, was im Alltag fehlt, und wenn's dann da ist, hört man mit dem Tango auf?
Also jetzt mehr Fragen als Statements, aber wenn ich Antworten habe, gebe ich sie weiter.

cassiel hat gesagt…

@tango1001

Vielleicht liegt der Schlüssel zu dieser Frage in dem erwähnten Zitat. je nachdem, ob der Schaden dauerhaft entstanden ist - oder aber nach einiger Zeit abheilt... das entscheidet wahrscheinlich darüber, ob man beim Tango einen Zwischenstop einlegt oder dauerhaft bleibt

Anonym hat gesagt…

Wie meinst Du denn das?

Anonym hat gesagt…

Magst Du nicht noch mehr dazu schreiben?

cassiel hat gesagt…

Also... ich finde, ich habe schon fast zu viel geschrieben. Ich bin durchaus bereit, einmal einen Gedanken vorzuformulieren. Ein wenig geistige Anstrengung wünsche ich mir allerdings auch von meinen Leserinnen und Lesern. Außerdem sollte auch noch Raum für Phantasie bleiben. Deswegen will ich dazu nicht mehr schreiben.

Yvonne hat gesagt…

@Yvonne
Ich bin übrigens auch alleinerziehende ZweiHundeHalterin...muss ich mir jetzt Sorgen machen???

Willst Du eine ehrliche Antwort? Ja! :-)))

OH! MEIN! GOTT! Geahnt habe ich es ja immer....aber nun Deine Bestätigung...!! ;-) Habe mich durch Deine Page gelesen und viele interessante Beiträge und Kommentare gefunden. Bin mittlerweilen etwas verwirrt und frage mich ernsthaft, weshalb ich zur Milonga gehe. Hm! Dieser Blogg schient mir besser zu sein als jede Therapie. Viel Erkenntnis ist über mich gekommen...mehr wird folgen...befürchte ich...oder erhoffe ich...ten un muy buen fin de semana, un saludo Yvonne

cassiel hat gesagt…

@Yvonne

Na dann gibt es ja noch Hoffnung. Vielleicht bringst Du Deinen Hunden den Tango bei. Dann können sie ja mit zur Milonga. (War ein Scherz!)

sophia hat gesagt…

Sag mal Cassiel, weisst Du eigentlich, was Du hier anrichtest? Oder bist Du ein Phantom? Solche Männer wie Du werden in jeder Tangoszene wohl dringend gesucht.

P.S. Was hast Du denn für einen Hund?

cassiel hat gesagt…

@sophia

Ich nehme das jetzt einfach einmal als Kompliment und bedanke mich herzlichst.

Nein, ich bin kein Phantom. Ich denke, es gibt viele Tangueros, die ähnlich denken und ticken wie ich es tue. Ich kenne jedenfalls eine Menge von denen. Vielleicht mußt Du Deine Suchmuster ändern.

Mein Mitbewohner ist ein Labrador und wie es sich für einen tango-affinen Hund gehört ist er schwarz.