... wenn ein DJ auf einer Milonga Somewhere Beyond the Sea in der Interpretation von Robbie Williams direkt nach einem (einzelnen) Pugliese auflegt, werde ich auffällig oder vielleicht sogar grob.
Gleiches gilt für den Abend an dem wieder einmal vollkommen schmerz- und merkbefreit sechs Non-Milongas in Folge aufgelegt werden.
Also noch einmal zum Mitschreiben: Das Auflegen in Tandas ist keine Macke von Traditionalisten oder irgendwelchen Tango-Spießern! Es ist viel mehr ein Akt der Höflichkeit gegenüber den Gästen einer Milonga. Und wenn ich bei bestimmten DJs schon beim Betreten der Milonga weiß, welche Einzeltitel an dem Abend mit Sicherheit gespielt werden (Annett Louisan, Kevin Johanson, Patricia Kaas usw.), dann sollte man vielleicht ein Wettbüro einrichten. Werde ich schon um den Tangogenuss gebracht, würde ich wenigstens reich. ;-)
Natürlich wird nichts davon passieren, aber so ab und zu darf ich ja zumindest in der anonymen Umgebung dieses Blogs meinem Ärger Luft machen.
18 Anmerkung(en):
hallo cassiel, gegen die einzelnen stücke ist nichts zu sagen. allerdings sollten sie in maximal eine tanda zusammen gefaßt (gilt natürlich auch für neotango) und ganz normal zwischen cortinas gespielt werden.
die paare haben dann die möglichkeit die tanda zu tanzen oder eine pause einzulegen, sollte die fläche bei diesen tandas frei bleiben wird der dj das hoffentlich erkennen und reagieren ...
ich werde weiterhin KEINE neo-tango-tanda tanzen...
allerdings werde ich auch keine tänzerin auf tanzfläche verlassen wen mich der dj mit einem der ungeliebten stücke überrascht ...
und jetzt ne bitte an die dj´s
kümmert euch um die tänzer und tänzerinnen,
arbeitet mit cortinas und tandas und lasst die reihenfolge der titel nicht euren laptop entscheiden, erspart uns auf diese weise körbe ...
ich kenne einige tangueras die bei milonga, neo und nontango-stücken körbe verteilen und lieber eine kaffee/zigarettenpause einlegen...
Peter
Die einfachste Lösung: solche Milongas nicht mehr besuchen. Je nach Lust und Laune und Ärgerlevel kann man´s dem DJ und/oder Veranstalter ja mitteilen, warum man nicht mehr kommen wird. Oder auch nicht. Erfahrungsgemäß kommt es früher oder später zum Umdenken, wenn die Leute wegbleiben.
Ich stimme euch, Cassiel und Peter, 100% zu!
Zu Pugliese muss man sich hinarbeiten - und das ganz bestimmt nicht mit Nontangos! - , für mich ist das immer einer der Höhepunkte des Abends. Bei uns kam Pugliese neulich nahtlos nach dem "Vals D'Amélie" :(
Ich hasse Abende, bei denen man sich auf gar nichts einstellen kann. Ein Abend mit ständigem - jetzt sorry für die krasse Ausdrucksweise, mir fällt da gerade kein besserer Vergleich ein - Coitus interruptus-Gefühl frustriert ungemein. Ich meide inzwischen bestimmte DJs und treffe mich dann lieber mit meinem Leiblingstanguero, der ebenso empfindet, zur Übungssession bei einem von uns zu Hause. Zum Glück gibt es hier inzwischen einen "DJ-Fahrplan".
Ich weiß nicht, warum die guten "alten" Tangos langweilig sein sollen, wie manche - vermutlich Musikunerfahrenere und Radiogeschädigte? Figurensammler? - behaupten. Wenn man sich einlässt, hört man so Vieles heraus, ein und derselbe Tango kann sehr vielfältig sein und ebenso interpretiert werden, jenach Stimmung hört man ihn auch unterschiedlich.
Du, Cassiel, hast ja neulich Einblicke gegeben, wie du eine Tanda zusammensetzt. Es ist nicht ganz egal, in welcher Reihenfolge man die Stücke spielt, sie tun ja etwas mit einem. Das herauszufinden ist eine wahre Kunst und erfordert eine intensive Beschäftigung und somit Kenntnis der Musik. Wenn man dann noch weiß, mit welcher Musik man was bei den Tanzwilligen erreichen kann und dieses gezielt einsetzt, ist man mit ganzem Herzen dabei, eine Milonga "schön" zu gestalten. Dieses erfordert "Liebe" zu den Menschen, zur Musik und viel Zeit und Einfühlungsvermögen. Wer kann (oder will) das in der Form leisten? Kritisiert wird auch dann, denn heutzutage ist kritisieren schicker als loben...
Ich wünsche euch allen ein schönes Wochenende :)
Zitat Peter: (...) sollte die fläche bei diesen tandas frei bleiben wird der dj das hoffentlich erkennen und reagieren ... (...)
- tun sie leider oft nicht. Sie merken's nicht, sind mit sich selbst oder der Zusammenstellung der nächsten 'Tanda' oder dem Flirt mit der hübschen Blondine (steht hier für alle Haarfarben) oder mit sonstwas beschäftigt. Das ist die eine Seite. An diese Milongas geh ich nicht mehr. Und dann gibts die anderen Milongas, wo, ganz egal was der DJ für'n Quark auflegt, die Tanzfläche IMMER brechend voll ist. Da geh ich auch nicht mehr hin, weil - abgesehen vom Fruscht über die grottenschlechte Musikzusammenstellung - gibts da dann auch oft fliegende Beine in High-Heels, und für Stichverletzungen sind mir _meine_ Beine zu schade.
(Die Negativ-Betonung liegt hier auf 'fliegende Beine', nicht auf High-Heels, letztere trage ich selbst und liebe sie über alles)
'Coitus-Interruptus' ist klasse, Caren, darf ich mir das ausborgen und bei Gelegenheit mal benutzen, natürlich in Hörweite des entsprechenden DJs?!
> Gleiches gilt für den Abend an dem wieder einmal vollkommen schmerz- und merkbefreit sechs Non-Milongas in Folge aufgelegt werden.
Klingt so, als ob man bei "euch" vorher nicht so recht weiß, welche Musik einen erwartet. Bei "uns" in München hat es sich eingebürgert, dass die Veranstalter (z.B. auf http://www.tangomuenchen.de) ziemlich genau beschreiben welche Musik gespielt wird.
Das reduziert die Gefahr, dass Traditionalisten "ausfällig" werden und dass auf der anderen Seite Leute einen ganzen Abend lang mit verrauschtem 30er Jahre Sound gequält werden.
@Caren: Hallo Liebe! Du behauptest ja immer, Du hättest es nicht so mit den vielen Worten, aber das liest man doch gerne, was Du so schreibst! :-) Liebe Grüße!
@JochenEnglish: Dein letzter Absatz brachte mich zum Schmunzeln, denn ich sitze musikalisch zwischen allen Stühlen.
> denn ich sitze musikalisch zwischen allen Stühlen.
Hätte mich auch gewundert, wenn du nur auf "hart erarbeitetem" Pugliese stehen würdest ;-)
Mir geht dieses ganze Gedöns um die "richtige" Musik ziemlich auf den Senkel. Die einen mögen "Fahrstuhlmusik" (Zitat cassiel), die anderen halt verrauschtes Geschrammel und Gejaule. Na und? Chacun à son gout!
@JochenEnglish
Du tanzt noch nicht so lange Tango? Stimmt das?
Der Vergleich ist etwas unglücklich, ich probiere es trotzdem.
Bei manchen Menschen hat sich der Glaube an das Christkind oder den Weihnachtsmann im Laufe ihres Lebens nie großartig geändert. Als Erwachsene sind sie dann enttäuscht.
Der etwas unglückliche Vergleich: Bei manchen Menschen entwickelt sich auch nicht das Gespür für Tangomusik. Die sind dann auch irgendwann enttäuscht.
Cassiel schreibt hier Seite um Seite um Tangueros und Tangueras Hilfestellungen beim Zugang zur Musik und zum Tanz zu finden. Vielleicht lässt Du Dich einmal auf seine Gedanken ein.
Ich wünsche Dir einen spannenden Abend mit der für mich besten Lektüre zum Tango.
@JochenEnglish
Naja, soooo toll ist das in München nicht beschrieben. Klar, die ganzen Non und Neo-Milongas sind beschriftet ebenso wie Theresas 20er/30er-Milonga. Aber jenseits der Schubladen muss man seine DJs schon kennen, um auf seine Kosten zu kommen.
> Naja, soooo toll ist das in München nicht beschrieben.
Habe ich ja auch nicht behauptet. Die Beschreibungen reduzieren lediglich die Gefahr, dass jemand wie cassiel von "schmerz- und merkbereiten" DJs gefoltert wird ;-)
Ich verfolge diesen Blog bereits eine Weile mit Interesse, fasziniert und teilweise amüsiert, mit welcher Ernsthaftigkeit und wohlgesetzten Worten über alle möglichen Tango-Themen geschrieben wird.
Obwohl ich seit ca. 6 Jahren Tango tanze, gibt mir dieser Blog das Gefühl, nicht allzuviel Ahnung zu haben von dem, was beim Tango passiert .. soviel mal voraus..
Ich stimme hier der Meinung von JochenEnglish zu, dass jeder nach seiner Facon glücklich werden möge, was die Auswahl der Musik angeht.
Ich mag eher Neo-Tango, kann mit den "alten schrammeligen" Tangostücken meist nicht so viel anfangen, ich tanze zwar darauf, es begeistert mich aber nicht wirklich. Wie Sophia sagt „bei manchen Menschen entwickelt sich auch nicht das Gespür für Tangomusik“ vielleicht gehöre ich zu dieser Spezies, vielleicht brauche ich auch nur etwas länger um auf den Geschmack zu kommen.
Es mag auch daran liegen, dass Tango für mich nicht der allein selig machende Tanz ist, ich teile meine Zeit immer noch auf zwischen Salsa und Tango, was für viel „Hardcore“ Tangotänzer undenkbar ist…So unterschiedlich die Tänze sind, ich möchte auf keinen der beiden verzichten, ich liebe Salsa für seine Lebensfreude und Tango für die eher ruhige, konzentrierte Art des Tanzens.
@Katrin
> Ich mag eher Neo-Tango
Kennst du http://www.plastictango.com/flux.html ? Hör dir mal Apocalyptica "Bittersweet" und René Aubry "Salento" an, da schaut Osvaldo alt aus ;-) Wenn du die Maus links oben auf 'music' bewegst, gibt es noch weitere Playlisten.
> Es mag auch daran liegen, dass Tango für mich nicht der allein selig machende Tanz ist
Geht mir genauso. Ich schätze Tango ebenfalls für "die eher ruhige, konzentrierte Art des Tanzens", muss mich aber zwischendurch bei Street Dance, Hip Hop oder Dance Aerobic austoben. Variety is the spice of life ;-)
@ JochenEnglisch
… und im Vergleich zu dem Plastikzeug soll der große Don Osvaldo alt aussehen??? - Da machen sich ja nicht mal die Hühner die Mühe zu lachen…
Ja, die Geschmäcker sind sehr, sehr verschieden…
Was mich immer wieder wundert: Wie unwidersprochen hier die Behauptung gepflegt wird, am Anfang tanze der Tanguero/die Tanguera eher auf alles Mögliche, um dann als Fortgeschrittene(r) erst die wahre Tiefe des Tangos zu begreifen und hinfort um alle Non..., Neo... und sonstigen nicht wahren Tangos einen großen Bogen zu machen. Bei mir war das ganz anders.
Mein Tangolehrer spielte bei seinen Übungs- und Tanzabenden vor allem klassische Tangos, dazwischen mal eine Runde Valses oder Milongas. Am Anfang tanzten mein Tanzpartner und ich nur zu den ganz langsamen und rhythmischen Tangos, an alles andere trauten wir uns erst mal gar nicht heran. Schon bald tanzte ich auch mit anderen Partnern, und wenn mich dann manchmal ein fortgeschrittener Tänzer zu einer Runde von Valses oder anspruchsvollerer Tangos aufforderte, war das eine große Herausforderung. Ich weiß noch, dass mir in der ersten Zeit beim Tango überhaupt keine Non-Tangos, auch keine Elektrotangos begegnet sind. Nach ein paar Monaten war ich zum ersten Mal auf einer Milonga, wo gegen Mitternacht auf einmal ganz andere Musik gespielt wurde. Ich fragte mich: Warum spielen die jetzt hier Salsa? Ob das wirklich Salsa war, weiß ich nicht mehr, es war auf jeden Fall lateinamerikanische Musik, und einige tanzten dazu Salsa, andere Milonga. Mich haben diese Einlagen lange Zeit vollkommen befremdet, hatte ich doch gerade erst mit dem Tango nach vielen Jahren des Ausprobierens und Herumexperimentierens mit verschiedensten Musik- und Tanzrichtungen meine tänzerische Heimat gefunden. Jedenfalls hatte ich nicht die geringste Lust, auf diese Musik zu tanzen, die mir hier so fehl am Platze schien.
Fortsetzung:
Für mich war es zu jener Zeit viel aufregender, meine ersten Valses und Milongas auszuprobieren, und ich werde nie vergessen, wie mich nach einigen Monaten ein fortgeschrittener Tänzer zu einem Piazzolla-Stück aufforderte und ich unsicher vor ihm her stolperte, wie ich schließlich öfter auch zu solch herausfordernden Stücken zu tanzen Gelegenheit fand, wie ich es langsam lernte, die Impulse meiner Partner zu erspüren, in Ruhe zu bleiben, wenn kein Impuls kam, ganz bei der Musik und meinem Partner zu sein.
Elektrotangos entdeckte ich erst zwei, drei Jahre später. Es gab damals recht neu einen Tanzabend, an dem nur Elektro- und Non-Tangos gespielt wurden. In meinem Freundeskreis war diese Veranstaltung total umstritten, die einen schwärmten davon, die anderen wollten nichts davon hören. Ich wäre wahrscheinlich nie hingegangen, wenn nicht Freunde mich überredet hätten, einmal mitzukommen. Was ich dort erlebte, war wie eine Erleuchtung für mich: Man konnte dort auch allein tanzen. Es war nicht einmal so sehr die Musik, auch nicht, dass ich einfach tanzen konnte, ohne auf einen Partner angewiesen zu sein. Was für mich das wirklich ganz neue Erleben dieser Musikstücke war: Ich konnte sie selbst frei interpretieren, so tanzen, wie ich die Musik empfand, das Tempo, den Rhythmus wählen, Aktzente setzen, wie ich es fühlte, ohne auf die Führung eines Partners achten zu müssen. Das habe ich als ungeheuer befreiend erlebt.
Fortsetzung 2:
Nicht dass ich den Tango zu zweit deshalb weniger genossen hätte, im Gegenteil, gerade den Wechsel zwischen beidem erlebte ich als unglaublich bereichernd. Selber frei zu tanzen, mich dabei völlig auf die Musik einzulassen, auf der Tanzfläche zu navigieren, das hat mir auch geholfen, noch mehr mit meinen Tanzpartnern zu empfinden. Auch wenn natürlich vieles beim Alleintanzen nicht möglich ist, Ochos gehen gar nicht, Drehungen - schwierig ... Aber es hat meinen Tango verändert, und ich glaube nicht, dass es zum Schlechteren war. Irgendwann gab es diese Veranstaltung dann nicht mehr, anfangs war ich sehr traurig darüber.
Heute weiß ich nicht einmal, ob ich noch Lust hätte, in einem tangoaffinen Umfeld allein zu tanzen. Aber nach wie vor genieße ich es, zwischen Tangos auch mal eine Runde Non-Tangos zu tanzen, und gehe auch immer wieder mal gern zu Milongas, bei denen verstärkt auch Non-Tangos gespielt werden. Tango ist immer noch das, wo ich tänzerisch immer hin wollte, aber es gibt auch Tango-Stücke, die mir nicht gefallen. Davon gibt es bei den Non-Tangos allerdings wesentlich mehr. Vor allem aber: Nicht alles, was kein Tango ist, geht als Non-Tango.
@ JochenEnglish
danke für den Tip! Ich habe die Seite gleich unter meine Favoriten eingereiht, auch wenn mir die beiden genannten Stücke nicht wirklich zum Tanzen gefallen, mehr zum Zuhören. mir gefallen z.B. die Stücke von Otros Aires
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